Verwandeln Sie Ihre PDFs in ePaper und steigern Sie Ihre Umsätze!
Nutzen Sie SEO-optimierte ePaper, starke Backlinks und multimediale Inhalte, um Ihre Produkte professionell zu präsentieren und Ihre Reichweite signifikant zu maximieren.
Mies Van der Rohe
das gebaute werk
Mies van der rohe
das Gebaute Werk
Carsten Krohn
Mies Van der Rohe
das gebaute werk
Carsten Krohn
Birkhäuser
Basel
Layout, Covergestaltung und Satz:
Annette Kern, Hamburg
Lektorat und Projektkoordination:
Henriette Mueller-Stahl, Berlin
Library of Congress Cataloging-in-Publication data
A CIP catalog record for this book has been applied for
at the Library of Congress.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in
der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten
Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks,
des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der
Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf
anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten.
Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses
Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen
Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden
Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig.
Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechts.
Dieses Buch ist auch in einer englischen Sprachausgabe
(ISBN 978-3-0346-0740-7) erschienen.
© 2014 Birkhäuser Verlag GmbH, Basel
Postfach 44, 4009 Basel, Schweiz
Ein Unternehmen von De Gruyter
Gedruckt auf säurefreiem Papier, hergestellt aus chlorfrei gebleichtem
Zellstoff. TCF ∞
Printed in Germany
ISBN 978-3-0346-0739-1
987654321
www.birkhauser.com
Wir danken dem Unternehmen FSB Franz Schneider Brakel
GmbH+Co KG für die freundliche Unterstützung.
Inhalt
8
Einleitung
16
Haus Riehl
Neubabelsberg, Deutschland, 1908
20
Haus Perls
Berlin-Zehlendorf, Deutschland, 1911–12
24
Haus Kröller-Müller, Fassadenmodell
Wassenaar, Niederlande, 1912–13
28
Haus Werner
Berlin-Zehlendorf, Deutschland, 1912–13
32
Haus Warnholtz
Berlin-Charlottenburg, Deutschland, 1914–15
33
Haus Urbig
Neubabelsberg, Deutschland, 1915–17
35
Grabstein Laura Perls
Berlin-Weißensee, Deutschland, 1919
36
Haus Kempner
Berlin-Charlottenburg, Deutschland, 1921–23
40
Haus Eichstaedt
Berlin-Nikolassee, Deutschland, 1921–23
41
Haus Feldmann
Berlin-Grunewald, Deutschland, 1921–23
42
Haus Ryder
Wiesbaden, Deutschland, 1923–27
43
Turnhalle Lyzeum Butte
Potsdam, Deutschland, 1924–25
44
Haus Mosler
Neubabelsberg, Deutschland, 1924–26
49
Haus Urban, Umbau
Berlin-Charlottenburg, Deutschland, 1924–26
50
Siedlung Afrikanische Straße
Berlin-Wedding, Deutschland, 1925–27
56
Haus Wolf
Guben, Polen, 1925–27
57
Denkmal für Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg
Berlin-Lichtenberg, Deutschland, 1926
58
Wohnblock Weißenhofsiedlung
Stuttgart, Deutschland, 1926–27
62
Glasraum, Werkbundausstellung „Die Wohnung“
Stuttgart, Deutschland, 1927
63
Café Samt und Seide, Modeausstellung
Berlin-Charlottenburg, Deutschland, 1927
64
Galerie Fuchs, Anbau an Haus Perls
Berlin-Zehlendorf, Deutschland, 1927–28
68
Haus Lange und Haus Esters
Krefeld, Deutschland, 1927–30
128
Crown Hall
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1950–56
76
Barcelona-Pavillon
Weltausstellung, Barcelona, Spanien, 1928–29
134
IIT Wohnbauten
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1951–55
81
Pavillon der Elektrizitätsindustrie
Weltausstellung, Barcelona, Spanien, 1928–29
136
Association of American Railroads Mechanical Laboratory
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1952–53
82
Haus Tugendhat
Brünn, Tschechien, 1928–30
137
Commons Building
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1952–54
88
Haus Henke, Anbau
Essen, Deutschland, 1930
138
Electrical Engineering and Physics Building
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1954–56
89
Verseidag-Fabrik
Krefeld, Deutschland, 1930–31, 1935
139
Association of American Railroads Engineering Laboratory
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1955–57
94
Haus auf der Bauausstellung
Berlin-Charlottenburg, Deutschland, 1931
140
Siegel Hall
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1955–58
95
Trinkhalle
Dessau, Deutschland, 1932
142
Farnsworth House
Plano, Illinois, USA, 1945–51
96
Haus Lemke
Berlin-Hohenschönhausen, Deutschland, 1932–33
148
Promontory Apartments
Chicago, Illinois, USA, 1946–49
102
Illinois Institute of Technology
Chicago, USA, 1941–58
152
Algonquin Apartments
Chicago, Illinois, USA, 1948–50
106
Minerals and Metals Research Building
Illinois Institute of Technology Chicago, USA, 1941–43, 1956–58
153
Arts Club of Chicago
Chicago, Illinois, USA, 1948–51
111
Engineering Research Building
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1943–46
154
860–880 Lake Shore Drive
Chicago, Illinois, USA, 1948–51
112
Perlstein Hall
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1944–47
159
Haus McCormick
Elmhurst, Illinois, USA 1951–52
114
Alumni Memorial Hall
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1945–46
160
Haus Greenwald
Weston, Connecticut, USA, 1951–56
118
Wishnick Hall
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1945–46
161
Commonwealth Promenade Apartments
Chicago, Illinois, USA, 1953–57
120
Central Vault
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1946
162
Esplanade Apartments
Chicago, Illinois, USA, 1953–57
121
Institute of Gas Technology Building
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1947–50
166
Seagram Building
New York, USA, 1954–58
122
Association of American Railroads Research Laboratory
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1948–50
172
Lafayette Park
Detroit, Michigan, USA, 1955–58
123
Boiler Plant
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1948–50
178
Colonnade and Pavilion Apartments
Newark, New Jersey, USA, 1958–60
124
Kapelle
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1949–52
182
Bacardi-Verwaltungsgebäude
Mexiko-Stadt, Mexiko, 1958–61
126
Test Cell
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1950–52
184
One Charles Center
Baltimore, Maryland, USA, 1958–62
127
Mechanics Research Building
Illinois Institute of Technology, Chicago, USA, 1950–52
186
Lafayette Towers
Detroit, Michigan, USA, 1959–63
6
188
192
194
196
202
204
206
208
216
220
224
226
228
230
232
234
236
237
238
240
Federal Center
Chicago, Illinois, USA, 1959–74
Home Federal Savings and Loan Association
Des Moines, Iowa, USA, 1960–63
2400 Lakeview
Chicago, Illinois, USA, 1962–63
Highfield House
Baltimore, Maryland, USA, 1962–64
Social Service Administration
University of Chicago, Illinois, USA, 1962–64
Meredith Hall
Drake University, Des Moines, Iowa, USA, 1962–65
Science Center
Duquesne University, Pittsburgh, Pennsylvania, USA, 1962–68
Neue Nationalgalerie
Berlin-Tiergarten, Deutschland, 1962–68
Toronto-Dominion Centre
Toronto, Kanada, 1963–69
Westmount Square
Montreal, Kanada, 1964–68
Martin Luther King Jr. Memorial Bibliothek
Washington, D.C., USA, 1965–72
Museum of Fine Arts
Houston, Texas, USA, 1954–58, 1965–74
Nuns’ Island Apartments
Montreal, Kanada, 1966–69
IBM-Gebäude
Chicago, USA, 1966–72
111 East Wacker Drive
Chicago, Illinois, USA, 1967–70
Tankstelle
Montreal, Kanada, 1968
Sachregister
Bildnachweis
Chronologisches Literaturverzeichnis
Über den Autor
7
Haus Riehl
Neubabelsberg, Deutschland, 1908
Obwohl das Haus für einen Philosophieprofessor im heutigen Potsdam
in einer Villenkolonie liegt, sagte Mies: „Es war keine Villa.
Es war eigentlich so im märkischen Charakter, wie die märkischen
Häuser in Werder, ganz schlichte Dachformen mit Giebel und ein
paar Dachhauben, meistens geschweifter Art.“ 1 Doch so unscheinbar
der Bau zunächst auftritt, so sehr ist das Gewöhn liche auch abgeändert
und uminterpretiert. Während ein derartiger Gebäude typ
sonst immer längs zur Straße steht, ist er hier um 90 Grad gedreht
und wendet sich vom öffentlichen Straßenraum ab, eine Geste, die
durch eine vorgelagerte Mauer noch verstärkt wird.
Auf dem steil abfallenden Grundstück oberhalb des Griebnitzsees
wurde durch einen Erdaufwurf zunächst eine gewaltige Geländestufe
geschaffen. Es ist ein Sockel entstanden, auf dem das
eigentliche Haus steht; die beiden Elemente Haus und Sockel verschmelzen
zu einer Einheit. So wird bereits beim Duchschreiten
des Gartentores die Architektur betreten, denn der obere Terrassengarten
kann als Bestandteil des Bauwerks betrachtet werden.
Dieser mit einer Mauer umschlossene Garten erzeugt eine klösterliche
Intimität, die sich im Inneren des Hauses noch fortsetzt.
Mit dem zentralen Raum des Hauses (Abbildung S. 9) schuf
Mies bereits zu Beginn seiner Karriere einen „Allgemeinraum“,
ein Ausdruck, mit dem in einer damaligen Publikation ein Raum
definiert wurde, dessen Programm unbestimmt ist. 2 Dieser als
Halle bezeichnete „Mittelraum eines Hauses“ wurde dort detailliert
beschrieben.
„Die Halle hat stets, auch im kleinen Hause, einen Kamin. Sie
ist mit Möbeln besetzt und ihr Boden mit Teppichen belegt. Die
Wände verkleidet man mit Vorliebe mit Holztäfelung, die als der
eigentliche Wandschmuck [...] betrachtet wird. [...] Auf jeden Fall
[...] vermeidet man es, sie durch zwei Stockwerke gehen zu lassen
[...]. Der Fußbodenbelag besteht [...] aus hartem Holz. Durchgehenden
Teppichbelag vermeidet man [...]. Dagegen fehlt nie ein
[...] Mittelteppich und ein dicker Teppich vor dem Kamin [...]. Wo
sich die Treppe aber anschließt, zeigt man nicht gern den ganzen
Lauf offen, sondern begnügt sich damit, den Treppenanfang mit
einigen Stufen in die Erscheinung treten zu lassen. [...] In dem [...]
Landhause wird sie schon deshalb eher den Blicken entzogen, weil
sie lediglich den Zugang zu den als privat betrachteten Schlafräumen
vermittelt. [...] Es gibt aber einige Möbel, die in der Halle jeder
Art wiederkehren. Dahin gehören der schwere Hallentisch und
die Hallenbank. [...] Sehr beliebt ist [...] der [...] runde [...] Hallentisch
[...]. In kleineren Hallen stehen lediglich mehrere Holzstühle und
außer ihnen noch eine Holzbank.“ 3
Um so einen „Allgemeinraum“ aufzugreifen, den der Autor
Hermann Muthesius hier beschrieben hatte, war die Kenntnis seines
Textes nicht notwendig, da es sich nicht um eine persönliche
Erfindung, sondern um etwas bereits Etabliertes handelt: um einen
Typus.
Dieser zentrale Raum mutet bei geschlossenen Türen zwar asketisch
an, ist aber gleichzeitig durch eine Weitläufigkeit gekennzeichnet,
einen Charakter, den Muthesius als wesentlich für den
Raumtyp der Halle herausgestellt hat. Indem sich die Halle direkt
zum Freiraum öffnet, mit einem Austritt auf eine Loggia und einem
weiten Panoramablick über den See mit einem Wald am anderen
Ufer, ist ein architektonisches Erlebnis inszeniert. Die in die
Halle Eintretenden laufen zwar zunächst auf eine Treppe zu, doch
wird ein Richtungswechsel der Bewegung zum Licht hin noch dadurch
bewirkt, dass lediglich der Treppenanfang mit einigen Stufen
in Erscheinung tritt. Eine Tür auf dem Treppenpodest macht
unmissverständlich deutlich, dass dieser Weg dem privaten Bereich
vorbehalten bleibt.
Der Grundriss des Hauses ist so organisiert, dass sich vom Mittelpunkt
der Halle bei geöffneten Türen Ausblicke in zahlreiche
Richtungen ins Freie ergeben. Wenn eine Gruppe um den Esstisch
versammelt war, bot sich jedem der Gäste bei geöffneten Türen
ein Blick nach draußen, während sich alle Blickachsen sternförmig
16
Grundriss Erdgeschoss
Straßenansichten 17
im Zentrum des Raumes schneiden. Dies verleiht der Architektur
eine extreme Offenheit. Zwei an die Halle angegliederte Kojen
können durch Vorhänge abgetrennt werden, so dass unterschiedliche
Situationen entstehen: eine intime und eine offene. Ein derartiges
Gegensatzpaar zeigt sich auch in den unterschiedlichen
Gesichtern des Hauses: der introvertierten Seite zum öffentlichen
Straßenraum und der extrovertierten Seite zum privaten Garten.
Bauliche Veränderungen
Das Haus wurde 2001 saniert. 4 Bei der Gartenmauer, dem Balkon,
der Biberschwanzdachdeckung und den Schornsteinen handelt es
sich um Rekonstruktionen. Eine schon früh erfolgte Schließung der
Loggia mit einer umlaufenden Verglasung wurde nicht wieder in
den Originalzustand zurückgebaut. Die historische Innentreppe mit
einem Speiseaufzug ist durch eine offene Treppenanlage ersetzt
worden, und die Eingangstür wurde verändert. Die fest eingebaute
Möblierung ist bis auf wenige Elemente im Dachgeschoss verloren.
Da auch die Bauakte und die Ausführungspläne verschollen sind
und die publizierten Grundrisse Idealisierungen darstellen, die
von den Bauaufnahmen abweichen, lässt sich der ursprüngliche
Grundriss im Untergeschoss und im Dachgeschoss nicht mehr
eindeutig bestimmen.
Der Bau aus heutiger Sicht
Mit einem „Allgemeinraum“ oder Universalraum, wie er später
bezeichnet wurde, konzipierte Mies gleich zu Beginn seiner Karriere
eine Architektur, die unabhängig von einer spezifischen Funktion
war. Er erklärte: „Ich habe immer gerne große Räume gehabt,
wo ich drin machen konnte, was ich wollte. [...] Ich habe gesagt:
‚Menschenskind, mach doch die Bude groß genug, dann kannst
du hin und her laufen und nicht bloß in einer vorgezeichneten Bewegung.’
[...] Wir wissen ja gar nicht, ob die Leute das so benutzen,
wie wir es gerne möchten. Die Funktionen sind erstens mal nicht
eindeutig, und dann sind sie nicht beständig, die wechseln viel
schneller als der Bau.“ 5
Mies wollte offenbar genau diese räumliche Konstellation
und genau diese Proportionierung. Das Verhältnis der Breite zur
Länge der Halle beträgt 2:3, ebenso wie das Verhältnis der Höhe
zur Breite. Von der gleichen Proportion sind auch die an die Halle
angegliederten Kojen und der Vorraum sowie die Fenster- und
Loggia öffnungen. In Hinblick auf seine folgenden Bauten wissen
wir, dass Mies die Proportionierung nicht dem Zufall überließ. Er
erklärte: „Das Künstlerische drückt sich aus in den Proportionen.“ 6
Um diesen Grundriss zu erzielen, musste ein enormer konstruktiver
Aufwand betrieben werden, denn die räumliche Organisation
widersprach der Gebäudestruktur. Die stützenfreie Halle konnte
in ihrer Dimensionierung und Ausrichtung nur mit Hilfe einer verborgenen
Hilfskonstruktion erzielt werden. Versteckte Stützen und
ein versteckter Unterzug aus Doppel-T-Trägern fangen die quer
liegende Giebelwand des Dachgeschosses ab. Diese teure „Krückenkonstruktion“
zeigt, wie weit Mies hier von seinem späteren
Ideal einer konstruktiven Klarheit entfernt war. Sie zeigt aber auch,
dass er im Rahmen dieses schlichten typischen Baukörpers genau
diesen Grundriss kompromisslos umsetzen wollte.
Das Haus Riehl lässt sich auch mit Gottfried Sempers Theorie
der vier Elemente analysieren. Mit dem Anspruch, das Wesen der
Architektur zu bestimmen, hatte Semper im 19. Jahrhundert die
Urarchitektur mit vier Elementen charakterisiert – der Feuerstätte,
dem Dach, der Umfriedung und dem Erdaufwurf – und diese mit
einer spezifischen Materialität in Verbindung gebracht. So wurde
die Feuerstätte in Beziehung mit den Materialien Metall und Keramik
gebracht, aus denen auch der „Kamin“ vom Haus Riehl besteht.
Zwar handelte es sich tatsächlich nur um eine Heizkörperverkleidung,
doch die altarartige Platzierung in der Halle mit dieser
Materialität suggeriert eine Feuerstätte. In Hinblick auf die Umfriedung
erklärte Semper: „Die Ausdrücke Wand und Gewand sind
einer Wurzel entsprossen. Sie bezeichnen den gewebten oder gewirkten
Stoff, der die Wand bildete.“ 7 Auch wenn Wände später
gemauert, mit Holz vertäfelt oder mit Marmorplatten verkleidet
wurden, so argumentierte Semper, sei der Ursprung dennoch ein
textiles Gewebe: ein nichttragendes Element. Wenn auch nur im
tektonischen Ausdruck und auch nur dezent angedeutet, so zeigt
sich das Prinzip der Trennung von Tragstruktur und nichttragender
Ausfachung in der fein profilierten Pilastergliederung der Fassade.
Auf der Gartenseite sind diese Felder wie bei einem Fachwerkbau
auch tatsächlich ausgespart. Der Ansatz einer elementaren
Gestaltung zeigt sich besonders an seinem Umgang mit der Topografie.
Durch einen gewaltigen Erdaufwurf ist der Bau fest mit
dem Ort verankert.
1 Ludwig Mies van der Rohe im Gespräch in dem Dokumentarfilm „Mies
van der Rohe“ von Georgia van der Rohe, 1986.
2 Hermann Muthesius, Das Englische Haus, Berlin 1904, Bd. 3.
3 Ebd., S. 170–173.
4 Das Haus wurde vom Architekten Heiko Folkerts saniert und von Jörg
Limberg denkmalpflegerisch begleitet. Vgl. die Beiträge von Folkerts und
Limberg in: Johannes Cramer und Dorothée Sack (Hrsg.), Mies van der
Rohe: Frühe Bauten – Probleme der Erhaltung, Probleme der Bewertung,
Petersberg 2004, S. 27–55.
5 Ludwig Mies van der Rohe im Gespräch mit Ulrich Conrads 1964, in:
Bauwelt-Schallplatte „Mies in Berlin“, Berlin 1966.
6 Ludwig Mies van der Rohe, „Rundfunkrede“, Manuskript vom 17.08.1931,
in: Fritz Neumeyer, Mies van der Rohe: Das kunstlose Wort – Gedanken zur
Baukunst, Berlin 1986, S. 375.
7 Gottfried Semper, Die vier Elemente der Baukunst, Braunschweig 1851, S. 57.
18
Vogelperspektive haus riehl 19
Haus Perls
Berlin-Zehlendorf, Deutschland, 1911–12
Auch wenn das Haus als ein äußerst kompakter Block erscheint,
basiert der Entwurf auf einer engen Verbindung von Innenraum
und Garten. Die Einfachheit und Selbstverständlichkeit, mit der
sich der Bau zur Straßenseite präsentiert, lässt nicht die komplexe
Wegeführung und das vielschichtige Blickachsensystem erahnen,
die eine Verschmelzung von Innen und Außen anstreben.
Durch ein gerundetes Element, eine Geste der Einbauchung
des Gartenzauns, werden die Besucher in Empfang genommen
und direkt auf die asymmetrisch platzierte Eingangstür umgeleitet.
Obwohl sich das Vestibül in der Ecke des Hauses befindet
– wie auch das Haus in der nördlichen Ecke des Grundstücks
–, bieten sich von diesem ersten Raum dennoch Ausblicke in alle
Himmelsrichtungen. Mehrere durchlaufende Blickachsen schneiden
sich an jenem Punkt, an dem sich der Weg im Haus zum repräsentativen
Bereich sowie der privaten Zone gabelt. Von dieser
Position im Vorraum bietet sich bei geöffneten Türen ein Rundumblick
durch das gesamte Erdgeschoss mit Fluchten ins Freie.
An das Arbeitszimmer des Hausherrn, eines Juristen und Kunstsammlers,
schließen sich das zentrale Speisezimmer und ein lang
gestreckter, zum Musizieren bestimmter Raum an. Im Grundriss
wirkt ein weiteres abgerundetes Element, die unterste Treppenstufe,
ebenfalls als eine Geste, die auf die Bewegungsabläufe der
Menschen Bezug nimmt.
Der damals 25-jährige, noch im Architekturbüro von Peter Behrens
arbeitende Mies erklärte dem gleichaltrigen Bauherrn – zitiert
aus dessen Erinnerung: „Der Architekt müsse die Menschen kennenlernen,
die das künftige Haus zu bewohnen haben. Aus ihren
Bedürfnissen ergibt sich bald alles wie von selbst. Natürlich spielen
Lage, Himmelsrichtung und Größe des Grundstücks neben den
Wünschen des Bauherrn eine bedeutende Rolle für den schließlichen
Grundriß des Hauses. Aus alledem zusammen folgt organisch
das ‚Wo’ und das ‚Wie’ des Äußeren.“ 1 Da im Haus eine
Kunstsammlung präsentiert wurde, sind die Erdgeschossräume
von repräsentativem Charakter, während Schlafzimmer und Kinderzimmer
sowie Bad, Ankleide- und Gästezimmer im Obergeschoss
untergebracht sind. Im Untergeschoss, das sich allein zu
einem schmalen Wirtschaftshof im Norden öffnet, liegen Küche,
Waschküche und ein „Mädchenzimmer“. Durch eine tiefe Abböschung
erscheint das ansonsten zweigeschossige Haus auf der
Nordseite dreigeschossig.
Die klare Proportionierung der Innenräume spiegelt sich in den
Außenräumen wider. Das Verhältnis der Länge zur Breite des Hauses
entspricht dem Goldenen Schnitt, wie bei Karl Friedrich Schinkels
Altem Museum. Zwei unterschiedliche Gartenräume von der
gleichen Breite des Hauses stehen in unmittelbarer Beziehung zum
Gebauten. Ein geschützter, durch eine berankte Holzpergola dreiseitig
umfasster Bereich steht in enger Verbindung mit der Loggia.
Dieser tief ins Haus eingeschnittene Bereich stellt eine Übergangszone
dar. Auch der zweite Gartenabschnitt, ein abgesenktes
Feld, steht in unmittelbarer Beziehung zur Fassade, die sich hier
durch fünf raumhohe Fenstertüren in einem extrovertierten Maße
zur Landschaft öffnet und diese als ein Panorama präsentiert. Vom
Haus führt eine Stufe in den Garten hinab und von dort eine kleine
Treppe in das abgesenkte Gartenparterre. Dort war eine figurative
Skulptur aufgestellt. Die Position des Sockels war im Gartenplan
in der Hauptachse des Hauses eingezeichnet. Die Skulptur trägt
als Fluchtpunkt dieser Achse dazu bei, dass der bescheidenen Dimension
des Hauses eine maximale Großzügigkeit verliehen wird.
Bauliche Veränderungen
Das Haus stellt heute eine teilweise Rekonstruktion dar, nachdem
es starke Veränderungen erfahren hatte. Die zerstörte Gartengestaltung
hat der gegenwärtige Eigentümer, eine anthroposophische
Schule, nicht wiederhergestellt. Bereits kurz nach Fertigstellung
wechselte das Haus seinen Besitzer. Der Jurist, Kunsthistoriker
und spätere Plato-Forscher Hugo Perls tauschte es gegen fünf
20
Grundriss Obergeschoss
Grundriss Erdgeschoss
Gartenansicht
Gartenfassade 21
22
Gartenansicht
Loggia
Gemälde von Max Liebermann an Eduard Fuchs, Gründungsmitglied
der Kommunistischen Partei und ebenfalls Kunstsammler.
Fuchs baute 1927–28 einen von Mies entworfenen Galerieflügel
an, musste aber fünf Jahre später aus Deutschland fliehen, als sein
Haus und seine bedeutende Sammlung erotischer Kunst von der
SS beschlagnahmt wurden. Nach Jahren der Verwilderung wurde
das Haus unter der Weisung von Albert Speer in eine geheime Produktionsstätte
für Messinstrumente von V-Waffen umgebaut. Die
florierende Firma stellte nach dem Krieg hier medizinisch-technische
Apparate her und verließ Ende der 1970er Jahre diesen Ort.
Fenster und Türen waren verändert und die Loggia zugebaut.
Anbauten ummantelten das Alte als eine weitere Schicht. Es ist
nur eine einzige fotografische Aufnahme des Hauses unmittelbar
nach Fertigstellung überliefert, bei der es sich um eine Idealansicht
handelt, denn die darin gewählte Perspektive gleicht sowohl Mies’
eigenen Präsentationszeichnungen als auch denen von Schinkel.
Für den Architekten Dietrich von Beulwitz, der mit der Renovierung
beauftragt wurde, waren die Auskünfte von Philip Johnson
wichtig, der das Haus vor den Umbauten intensiv studiert hatte
und die originalen Farbtöne beschreiben konnte. 2 Bei der Rekonstruktion
hatte von Beulwitz damit zu kämpfen, dass „die heutigen
Putz- und Farbqualitäten, alles Industrieprodukte, sich wesentlich
vom damaligen Standard unterschieden“. Ursprünglich wies das
Bauwerk „einen Putz aus gelöschtem Kalk“ auf sowie „al fresco
aufgebrachte Kalkfarbe, die sich mit dem Putz verbindet und im
Laufe der Jahre einem natürlichen Abrieb unterliegt, der den Anstrich
sehr lebendig macht“. 3
dem Bewegungsfluss den Charakter eines deutlichen Hinabsteigens.
Damit wird ein Podium, auf dem das eigentliche Haus aufsitzt,
zumindest angedeutet. Auch in den späteren Werken werden
Skulpturen im Außenraum so platziert, dass sie in einer Beziehung
zum Innenraum stehen, der auf diese Weise weiträumiger wahrgenommen
wird.
1 Hugo Perls, Warum ist Kamilla schön? Von Kunst, Künstlern und
Kunsthandel, München 1962, S. 16.
2 Von Beulwitz stellte eine noch heute in seinem Besitz befindliche Sammlung
aller auffindbaren Dokumente zusammen, die Aufschluss über den Originalzustand
geben. Zur Renovierung siehe: Dietrich von Beulwitz, „The Perls House
by Ludwig Mies van der Rohe“, in: Architectural Design, H. 11/12, 1983.
3 Dietrich von Beulwitz, „Das Haus Perls von Mies van der Rohe“, Schreibmaschinenmanuskript,
Archiv von Beulwitz, Berlin.
4 Vgl. Philip Johnson 1947, S. 14; Blake 1960, S. 160; Spaeth 1985, S. 22.
5 Fritz Neumeyer, „Space for Reflection: Block versus Pavilion“, in: Franz
Schulze (Hrsg.), Mies van der Rohe – Critical Essays, New York 1989, S. 164–165.
Der Bau aus heutiger Sicht
Der Dreh- und Angelpunkt der Gesamtanlage ist die Position des
Esstisches im geometrischen Mittelpunkt des Hauses. An dieser
zentralen Stelle kreuzen sich nicht nur die beiden rechtwinklig verlaufenden
Hauptachsen, die den Garten und das Haus zusammenbinden,
sondern auch weitere, diagonal verlaufende Blickachsen,
die ins Grüne fluchten. Der sternförmige Rundumblick in die umgebende
Natur prägt die Atmosphäre der Architektur, die Innenund
Außenräume als eine gestalterische Einheit zusammenbindet.
Das kompakte Haus ist von einer Schlichtheit und geometrischen
Strenge, die sich in den Proportionen der Räume fortsetzt. Der
zentrale Raum um den Esstisch hat eine Proportion von 2:3, und
bei geöffneten Außentüren erweitert er sich zur Loggia hin zu einem
annähernd quadratischen Grundriss. Dabei charakterisiert
das Spannungsfeld zwischen geometrischer Klarheit und erlebbarer
Weiträumigkeit den Bau.
Nachdem das Haus von der Mies-Forschung lange unbeachtet
geblieben war, abgesehen von den wiederholten Verweisen
auf den Einfluss von Schinkel, 4 wurde in ihm eine Ankündigung
von Zügen des späteren Werks erkannt. Fritz Neumeyer sah in einem
Detail einen Hinweis auf eines der zentralen Mies-Themen:
das zum Ausdruckbringen einer klaren und vernünftigen Konstruktion.
In die seitlichen Loggiawände sind Fugen von einem Zentimeter
eingeschnitten, welche die Ecken visuell als tragende Pfeiler
wirken lassen. „Dieses kleine Detail zeigt die Autonomie des
tektonischen Skeletts“, 5 argumentierte Neumeyer und zeigte eine
weitere Lesart auf: Die Loggia könne auch als eine in das Haus eingeschobene
Pergola begriffen werden.
Die Loggia nimmt eine Scharnierfunktion ein. Als Übergangsraum
verknüpft sie Innen- und Außenraum. Sie ist sowohl Teil des
Hauses, wenn sie als eine Verlängerung des Innenraums begriffen
wird, als auch Teil des Gartens, wenn sie als eine Fortführung
der umlaufenden Pergola angesehen wird.
Der Übergang zwischen Innen und Außen wird neben den exakt
platzierten Öffnungen auch durch die durchlaufende Stufe
vom Musikzimmer zum Garten gestaltet. Auch dieses Detail ist
äußerst dezent, verleiht aber in Verbindung mit den weiteren
Stufen hinab zum abgesenkten Gartenparterre mit der Skulptur
haus perls 23
Haus Kröller-Müller, Fassadenmodell
Wassenaar, Niederlande, 1912–13
zerstört
1
2
4
3
8
5
6
1 Vestibül
2 Halle
3 Speisezimmer
4 Gang
5 Pergola
6 Wasserbassin
7 Zimmer der Dame
8 Bildersaal
9 Garten mit Teich
10 Gewächshaus
24
Ansicht
Grundriss Erdgeschoss
7 9 10
Auf einem Grundstück an der holländischen Nordseeküste wurde
im Winter 1912–13 zwischen Dünen und Wäldern das Modell eines
Hauses im Maßstab 1:1 aus Holz und bemaltem Segeltuch
errichtet. Als das einzige bekannte Foto der Installation 15 Jahre
später in einer Zeitschrift veröffentlicht wurde, war dort zu lesen:
„Mies hat durchaus Recht, wenn er von diesem Projekt sagt:
man könne dieses Fassadendetail glatt wegstreichen, und dann
hätte man einen Bau genau so, wie er ihn heute auch mache. Das
heißt, einen Bau, in dem das Wohnen sich nicht nach der Hausanlage
zu richten hat, sondern die Hausanlage nach dem Ablauf
des Wohnprozesses.“ 1
Der Plan des Grundrisses gilt als verschollen, doch skizzierte
Mies später einige Raumabfolgen aus seiner Erinnerung auf. 2
Er hatte den Eingang an der Ecke des H-förmigen Gebäudegrundrisses
angeordnet. Die Besucher sollten durch das Vestibül
in eine repräsentative Halle gelangen, von der ein Weg
zum Esszimmer und ein langer Gang zu einem weiteren Flügel
mit einer großen Ausstellungshalle führen. Auch in diesem gegenüberliegenden
Flügel dient eine Halle als Vorraum mit einer
Verteilerfunktion.
Die Hausherrin Helene Kröller-Müller hatte ihre Vorstellungen
vom Landhaus als einem Monument detailliert beschrieben.
Sie wünschte sich für die Ausstellung der Gemäldesammlung einen
fensterlosen Saal, den sie in der Nähe ihres Zimmers angeordnet
haben wollte. 3 Die Organisation des Raumprogramms
war komplex, da funktional unterschiedliche Bereiche zwar voneinander
getrennt, sich aber dennoch zu einer Gesamtheit verbinden
sollten. Die Bereiche waren: die Abfolge der repräsentativen
Räume, die privaten Wohnräume, der Wirtschaftstrakt für
das Dienst personal sowie der halböffentliche Bereich der Kunstsammlung.
Das Raumprogramm, das den Ablauf des Wohnprozesses
abbildet, ist durch einen Entwurf von Peter Behrens überliefert,
der zuvor mit diesem Projekt beauftragt war. Auch sein
Entwurf wurde anhand eines Modells in Originalgröße an Ort
und Stelle getestet, aber abgelehnt. Mies war als Assistent von
Behrens mit dem Vorhaben vor Ort befasst und konnte einen guten
Kontakt mit den Bauherren aufbauen. Als er gebeten wurde,
einen eigenen Entwurf auszuarbeiten, war die Zusammenarbeit
mit Behrens beendet.
Schon im Behrens-Projekt (Grundriss S. 12) wären die Be sucher
über ein Vestibül in eine Halle gelangt, von der ein Gang zum
gegenüber liegenden Trakt mit dem fensterlosen Bilder saal führt.
Das Wohnzimmer, „in dem die Familie nach holländischer Sitte
für gewöhnlich auch zu essen pflegt,“ 4 liegt in der Achse eines
vorgelagerten Wasserbassins. Das Speisezimmer war lediglich für
festliche Anlässe bestimmt. Der Flügel mit der Enfilade von Repräsentationsräumen
ist in zwei lineare Zonen unterteilt, in eine
mit den dienenden und eine mit den bedienten Räumen. Die
Küche liegt im Obergeschoss. Über die Raumgruppe der Dame
schrieb Fritz Hoeber: „Dem Viereck des Herrenzimmers auf der
einen Seite entspricht auf der anderen ein großes Vorzimmer,
das den ganz für sich separierten Wohnteil der Dame einleitet.
Nur durch dieses kann man das mit besonderer Garderobe versehene
Damenwohnzimmer betreten; vom Flur aus zeigt es keinen
Eingang. Und um die Analogie der Klausur nun zu vollenden,
besitzt der Wohnteil der Dame noch seinen privaten Garten,
seinen ‚Giardino secreto’ in einem intimen Hof, dessen Schmalseiten
freie Säulenstellungen begrenzen, so dass sich eine weite
Aussicht von den Fenstern des Damenzimmers aus, bei aller Abgeschlossenheit,
doch wieder ermöglicht.“ 5
Mies übertrug die Anlage dieses Gartens mit einem flankierenden
Gewächshaus auf sein eigenes Projekt und wies diesen Ort
ebenfalls als Bereich der Dame aus. 6 Er verstärkte sogar den intimen
Charakter, indem sich lediglich ein einziges Zimmer zum Gartenraum
öffnet. Es ist überliefert, dass sich Helene Kröller- Müller über
eine mangelnde Intimität in Behrens’ Architektur beklagt hatte. 7
25
26
Ansicht
Grundriss Obergeschoss
Über die Gründe, warum Mies’ Entwurf abgelehnt wurde,
kann nur spekuliert werden. Parallel mit Mies war auch Hendrik
Petrus Berlage mit einem Entwurf beauftragt. Der künstlerische
Berater der Kröller-Müllers soll zu Berlages Projekt gesagt
haben: „das ist Kunst“ und zu Mies’ Arbeit: „das nicht“, doch
auch Berlages Entwurf wurde schließlich nicht umgesetzt. Mies
holte sich eine eigene Begutachtung seines Entwurfs aus Paris
vom Kunstkritiker Julius Meier-Graefe, der die „schön gegliederte
Anlage von wohltuender Asymmetrie“ lobte und erklärte:
„Nichts ist Stückwerk, alle Teile hängen organisch zusammen,
entwickeln sich logisch.“ 8
8 Der Brief von Julius Meier-Graefe befindet sich im MoMA-Archiv. Zitiert
in: Franz Schulze, Mies van der Rohe – Leben und Werk, Berlin 1985, S. 69.
9 Mies van der Rohe im Gespräch mit Henry Thomas Cadbury-Brown, in:
Architectural Association Journal, Jul.-Aug. 1959, S. 29.
10 Rem Koolhaas, S,M,L,XL, Rotterdam 1995, S. 63.
11 Vgl. Anm. 9, S. 28.
12 Vgl. Anm. 2.
Bauliche Veränderungen
Das 1:1-Modell des Hauses war auf einem Schienensystem montiert
und so umbaubar. „Alles im Inneren – die Trennwände und
Decken – waren hoch- und runterfahrbar,“ 9 erklärte Mies und
sagte im Rückblick, dass es gefährlich sei, ein Haus als ein Modell
zu errichten.
Der Bau aus heutiger Sicht
Mit „gefährlich“ meinte Mies möglicherweise, dass Bauen mehr
bedeutet, als eine Gebäudeform in Originalgröße zu errichten.
Auch wenn ein derartiges Objekt räumlich erlebbar ist, fehlen die
Materialität und die spezifische Art der Fertigung sowie die Verbindung
mit dem Ort. Rem Koolhaas schrieb hingegen in S,M,L,XL:
„Plötzlich sah ich ihn im Innern des kolossalen Volumens, einem
kubischen Zelt, das weitaus leichter und suggestiver war als die
düstere und klassische Architektur, die es verkörpern sollte. Ich
habe vermutet – fast neidisch –, dass diese merkwürdige ‚Aufführung’
eines zukünftigen Hauses ihn radikal veränderte: Waren das
Weiß und die Schwerelosigkeit eine überwältigende Offenbarung
von allem, an das er damals noch nicht glaubte? Eine Erleuchtung
der Antimaterie? War diese Leinwandkathedrale ein blitzartiger
Sprung zu einer anderen Architektur?“ 10
Mies’ Werk sollte sich allerdings noch eine lange Zeit in einer
evolutionären Kontinuität weiterentwickeln. Unabhängig von der
streng klassizistischen Fassadengliederung verweist die Art, wie
sich die untergeordneten Baukörper „organisch“ an einen blockhaften
Hauptbaukörper fügen, bereits auf das spätere Werk. In
Bezug auf dieses Projekt erklärte Mies: „Ich war ganz sicher von
Schinkel beeinflusst, aber der Grundriss ist in keiner Weise ein
Schinkel‘scher.“ 11
Der weiträumigen Anlage sollte ein Wasserbecken vorgelagert
sein, in dem sich die Architektur spiegelt, eine Situation, die
mit dem Barcelona-Pavillon verglichen werden kann, da auch hier
ein zweites kleines Becken in einem räumlich eingefassten intimen
Hof geplant war, in dem sich eine figürliche Skulptur spiegeln
sollte.
Von Mies’ Projekt wurde auch ein kleineres Modell angefertigt,
allerdings in veränderter Form. Der intime Hof mit dem
kleinen Wasserbecken und einer Skulptur auf rundem Sockel
öffnet sich nun zur gegenüberliegenden Seite. Und jener zentrale
Raum, der in Behrens’ Projekt dem Zimmer der Dame entspricht,
weist nicht mehr durch drei große Fenstertüren zum Garten,
sondern ist als Kupferstichkabinett 12 nun rätselhafterweise
komplett geschlossen.
1 Paul Westheim, „Mies van der Rohe – Entwicklung eines Architekten“, in:
Das Kunstblatt, H. 2, 1927, S. 56.
2 Grundrissskizze des Erdgeschosses, um 1931. Veröffentlicht in: Barry
Bergdoll und Terence Riley (Hrsg.), Mies in Berlin. Ludwig Mies van der
Rohe. Die Berliner Jahre 1907–1938, München 2001, S. 166.
3 Wie vgl. Sergio Polano, „Rose-shaped, Like an Open Hand. Helene Kröller-Müller’s
House“, in: Rassegna, Dez. 1993, S. 23.
4 Fritz Hoeber, Peter Behrens, München 1913, S. 201.
5 Ebd., S. 201– 202.
6 Vgl. Mies’ Beschriftung „Blumenhaus der Frau“.
7 Vgl. Anm. 3.
Haus Kröller-Müller, Fassadenmodell 27
Haus Werner
Berlin-Zehlendorf, Deutschland, 1912–13
In unmittelbarer Nachbarschaft des Hauses Perls schuf Mies ein
L-förmiges Bauwerk, das sich aus verschiedenen Baukörpern zusammensetzt.
Es ist am nördlichen Ende eines großen Areals platziert
und schottet sich zur angrenzenden Bebauung nach Norden
ab. Im südlichen Teil des Grundstücks lag ein Nutzgarten. Wie
bei den vorherigen Häusern Riehl und Perls tritt der Bau von der
Garten seite offener und auch monumentaler in Erscheinung als
von der Straßenseite. Ein vorspringender Mittelrisalit betont die
Symmetrieachse der Gartenfassade. Wer auf die Anlage aus nördlicher
Richtung zuläuft, wird hingegen mit einer Mauer konfrontiert,
hinter der sich der Wirtschaftshof befand, und bei den am
dichtesten zur Straße gelegenen Fensteröffnungen handelt es sich
um die Küchen fenster. Es ist eine Geste, die sich vom Straßen raum
abwendet und zum privaten Bereich öffnet.
Stilistisch orientiert sich das verputzte Gebäude unter einem
großen Mansarddach an einer regionalen Bauweise, wie sie etwa
Alfred Messel für derartige Bauaufgaben aufgriff und Paul Mebes
in seinem Buch Um 1800 beschrieb. 1 Bei diesem Bezug wird eher
das Einfache gesucht als das Repräsentative des Klassizismus.
Der Grundriss des Hauses weist Ähnlichkeiten mit Peter Behrens‘
Haus Wiegand auf, insbesondere durch einen in den Garten ausgreifenden
Laubengang, doch ist der Charakter weniger monumental.
Die Dimensionierung ist bescheidener und die Atmosphäre
intimer.
Der Weg von der Straße zum Hauseingang verläuft über ein
paar Treppenstufen auf ein Podium hinauf. Diese Elemente – Weg,
Treppe und Podium – sind mit Backstein gepflastert. Der Weg
durch das Haus führt nicht in gerader Linie direkt in den Garten,
sondern zunächst auf einen Heizkörper in der Eingangshalle zu,
dessen Holzverkleidung gleich detailliert ist wie beim Haus Perls.
Dabei wechseln sich eckige und runde Stäbe ab, welche die Entasis
einer klassischen Säule aufweisen. Die sparsamen Verzierungen,
wie die angedeuteten Kapitelle der Laubengangpfeiler oder
das Traufgesims, sind stark abstrahiert.
Beim Austritt in den Garten wird ein weiterer architektonisch
artikulierter Raum betreten. Die Verschränkung von Bauwerk und
Topografie ist hier noch weitreichender als bei Mies‘ bisherigen
Bauten. Auch bei dieser L-förmigen Anlage bilden Architektur und
Gartengestaltung eine Einheit. Wie beim benachbarten Haus Perls
schließt sich dem Haus ein abgesenkter Gartenbereich an, der
hier jedoch von einem Laubengang umklammert ist. Dabei handelt
es sich um ein architektonisch ausgebildetes Pergola-Motiv.
Mies hatte bereits die Wandelgänge beim Haus Kröller-Müller als
„Pergola“ bezeichnet, obwohl es sich nicht um offene Strukturen
handelte, sondern um überdachte Teile des Bauwerks selbst.
Der Zugang zum hinteren Garten – eine aus groben Steinen
terrassierte Anlage – erfolgt wie beim Haus Wiegand durch drei
Fenstertüren des zentralen Raums in der Mittelachse sowie durch
ein seitlich angegliedertes Esszimmer mit direkter Verbindung zum
Laubengang. Ebenfalls wie beim Haus Wiegand ist der Garten in
konzeptionell unterschiedliche Bereiche unterteilt, in einen streng
geometrisch gegliederten, der in direkter Beziehung zur gebauten
Struktur steht, sowie in einen landschaftlich gestalteten. Der
inszenierte Weg durch die Architektur mit gerahmten Ausblicken
führt beim Haus Werner über zwei Steintreppen schließlich zu einem
bewaldeten Bereich empor, von dem sich die Gesamtanlage
überblicken lässt.
Bauliche Veränderungen
Durch einen Anbau über dem einstigen Wirtschaftshof wurde das
Gebäude verändert. Da der in den 1920er Jahren angefügte Bau
die Formensprache des Hauses übernimmt, ist der Baukörper
umgestaltet. Auch der Garten ist verändert, da die gerade verlaufende,
abschließende Stützmauer durch eine halbrunde Exedra
ersetzt wurde. 2 Beim Wasserbecken im abgesenkten Bereich
handelt es sich ebenfalls um eine spätere Ergänzung. Ursprünglich
28
Grundriss Erdgeschoss
Garten
Gartentreppe 29
war diese Stelle mit einem Staudenbeet bepflanzt. Durch den Einbau
einer Behindertenrampe ist auch der Laubengang verändert.
Heute wird der Bau von einer Schule genutzt.
Der Bau aus heutiger Sicht
Auch wenn lediglich der mit der Geste eines ausgesteckten Armes
umgriffene Gartenbereich rekonstruiert wurde, und auch nicht in
der von Mies konzipierten ursprünglichen Form, ist hier dennoch
wie bei keinem anderen frühen Mies-Bau die gestalterische Einheit
von Bauwerk und Garten noch heute erlebbar. Es ist eine intime
Atmosphäre erfahrbar. Während die Topografie durch die
verschiedenen, mit Treppen verbundenen Plateaus „gebaut“ ist,
ist das Bauwerk gleichermaßen bewachsen.
Bevor Mies‘ folgender Bau, das Haus Warnholtz, von der Forschung
entdeckt wurde, galt das Haus Werner als isoliert in seinem
Œuvre, und sogar seine Autorschaft wurde in Frage gestellt. 3
Allerdings sind nicht die Formensprache und das Stilistische des
Hauses das Besondere, sondern die strukturelle Konzeption der
Anlage. Mies griff bei diesem Haus einen etablierten Typus auf,
und auch später erklärte er das Einfache und Selbstverständliche
als ein Ideal, doch ist die hier erfolgte Raumbildung eines Baukörpers
bedeutsam für sein Werk. Die winkelförmige Form schafft
eine geschützte Hofsituation, ein Prinzip, nach dem Mies auch sein
eigenes unrealisiertes Haus entwarf. Sogar das Haus Perls sollte
er später in einen L-förmigen Bau umgestalten und so demonstrieren,
dass sich der Ablauf des Wohnprozesses nicht nach der
Haus anlage zu richten habe, sondern umgekehrt. Doch aufgegeben
hatte Mies den klar proportionierten, in seiner Einfachheit
und Strenge bestechenden Rechteckgrundriss noch lange nicht.
Mit den unterschiedlichen Grundrissformen der Häuser Perls und
Werner waren vielmehr zwei konzeptionelle Pole markiert, zwischen
denen er sich zukünftig bewegen sollte. Im Rückblick zeigt
sich sein gesamtes europäisches Werk als ein Bemühen, gegenteilige
Konzeptionen in ein harmonisches Gleichgewicht zu bringen.
„Nachdem ich in Holland war, da habe ich so einen innerlichen
Kampf mit mir ausgefochten, um von dem Schinkel‘schen Klassizismus
loszukommen,“ 4 sagte er später über diese Zeit.
Die Ursprünge der L-förmigen Anlage dieses Hauses gehen
auf das Kröller-Müller-Vorhaben zurück. Schon bei Behrens‘ Projekt
für jenen Bau, an dem Mies mitarbeitete, war das Zimmer der
Dame mit einem intimen Garten verbunden, den Mies zunächst auf
seinen eigenen Entwurf übertrug, um ihn schließlich beim Haus
Werner in ähnlicher Form zu realisieren.
1 Paul Mebes, Um 1800, München 1908. Mies nannte Alfred Messels
Berliner Villa Oppenheim als eines seiner Vorbilder im Gespräch mit Dirk
Lohan, Manuskript im Mies-Archiv im MoMA, New York.
2 Zur Gartengestaltung siehe: Christiane Kruse, Garten, Natur und
Landschaftsprospekt. Zur ästhetischen Inszenierung des Außenraums in
den Landhausanlagen Mies van der Rohes, Dissertation, Freie Universität
Berlin 1994.
3 Die Pläne des Hauses sind allein von Ferdinand Goebbels unterzeichnet,
der als Partner von Mies auch an der Ausführung des Hauses Perls beteiligt
war. Mittlerweile ist allerdings auch ein von Mies signierter Plan bekannt.
Vgl. Christiane Kruse, „Haus Werner – ein ungeliebtes Frühwerk Mies van
der Rohes“, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte, 1993, S. 554–563.
4 Ludwig Mies von der Rohe im Gespräch mit Ulrich Conrads 1964, in:
Bauwelt-Schallplatte „Mies in Berlin“, Berlin 1966.
30
Pergola
Zugangstreppe
Heizkörperverkleidung
Gartenansicht Haus Werner 31
Haus Warnholtz
Berlin-Charlottenburg, Deutschland, 1914–15
zerstört
Dieses Haus an der Heerstraße, dessen Autorschaft erst 2001
wiederentdeckt wurde, 1 zeigt eine Fortführung der Formensprache
des Hauses Werner. Die Besucher werden auf kürzestem Weg
entlang der Mittelachse durch das Haus geführt. An den zentralen
Salon schließen sich im Westen Musik- und Speisezimmer und im
Osten Herrenzimmer und Bibliothek an. Die klaren Proportionen
der Räume zeigen sich in exakten ganzzahligen Maßverhältnissen.
Der Salon misst exakt 5 mal 7,50 Meter, der Vorraum 3 mal 4 Meter,
die geschlossene westliche Veranda 4 mal 5 Meter und die Bibliothek
4 mal 3 Meter. 2 Eine quer durchs Haus verlaufende zweite
offene Blickachse erzeugt eine maximale Weitläufigkeit. Mies‘ erklärte
Bewunderung für Alfred Messel und besonders für dessen
Haus Oppenheim zeigt sich an den Detaillierungen der Fassade
sowie der Gestaltung der offenen Veranda. Um 1960 wurde das
Haus abgerissen und der Garten zerstört.
1 Markus Jager, „Das Haus Warnholtz von Mies van der Rohe (1914/15)“,
in: Zeitschrift für Kunstgeschichte, 2002, S. 123–136. Die Gartengestaltung
konnte anhand historischer Luftbilder rekonstruiert werden. Ich danke
dabei Markus Jager für wertvolle Hinweise.
2 Diese Maße entstammen der Bauakte im Landesarchiv Berlin.
32
Ansicht
Grundriss Erdgeschoss
Haus urbig
Neubabelsberg, Deutschland, 1915–17
Bei der Konzeption dieser Villa wurde die Topografie des Hanggrundstücks
am Griebnitzsee so ausgenutzt, dass der Bau auf einer
Seite zweigeschossig und auf der anderen Seite dreigeschossig
in Erscheinung tritt. Wie beim Haus Warnholtz führt eine Folge
von Treppen von den Wohnräumen über eine Terrasse in den Garten
hinab. Eine weitere Freitreppe neben dem Haus führt auf eine
kleine Sitzbank zu. Die als ein Podium ausgebildete Terrasse suggeriert,
dass sich diese durch das Haus zieht, denn auf der Straßenseite
ist eine große Travertin-Stufe vorgelagert. So entsteht der Eindruck,
das Haus sei auf einen Sockel gestellt. Der Travertin-Belag
der Terrasse wurde mittlerweile rekonstruiert, ebenso wie Brüstungen,
Fensterläden und der Gartenzaun. Verändert ist auch der Zugang
zum Souterrain. Da durch den Garten die Berliner Mauer verlief,
wurde das Bootshaus 1961 abgerissen. 1
1 Zur Nutzungsgeschichte und Restaurierung siehe: Winfried Brenne, „Haus Urbig,
Neubabelsberg. Baugeschichte und Wiederherstellung“, in: Johannes Cramer
und Dorothée Sack (Hrsg.), Mies van der Rohe: Frühe Bauten – Probleme
der Erhaltung, Probleme der Bewertung, Petersberg 2004, S. 62–70, sowie:
Claudia Hain, Villa Urbig 1915–1917 – Zur Geschichte und Architektur des
bürgerlichen Wohnhauses für den Bankdirektor Franz Urbig – Ein frühes Werk
von Ludwig Mies van der Rohe in Potsdam-Babelsberg, Berlin 2009, Privatdruck.
Darin abgebildet ist der von Mies signierte Plan des Bootshauses.
Grundriss Erdrgeschoss 33
Haus Greenwald
Weston, Connecticut, USA, 1951–56
Das Prinzip ist eine wie beim McCormick-Haus in die Landschaft
gestellte Etage der Lake Shore Drive Apartments. Für die Fassaden
wurden tatsächlich nicht verbaute Elemente dieser Türme
verwendet. Betreten wird das Haus unmittelbar über das zentrale
Wohnzimmer, dessen Raumbildung durch zwei sich gegenüberliegende
holzvertäfelte Kerne erfolgt. Neben dem Eingang
ist eine Abstellkammer wie ein Möbelstück frei in den Raum gestellt
und dient als Raumteiler zum Schlafzimmer. Ein zweiter Zugang
führt in die Küche. Mit einer Mauer aus Feldsteinen ist eine
Geländestufe ausgebildet, so dass sich der umliegende Wald von
einem Podium aus betrachten lässt. Dieses Haus für den Bruder
von Mies‘ wichtig stem Auftraggeber Herbert Greenwald wurde
1959–60 nach Plänen des Mies-Büros um zwei Achsen verlängert,
und später kamen ein weiterer Anbau und Pavillons hinzu, die sich
um den Bau gruppieren. 1 Auch der Innenraum wurde verändert.
1 Zum Umbau siehe: Paul Goldberger, „Modifying Mies – Peter L. Gluck Rises
to the Modernist’s Challenge“, in: Architectural Digest, H. 2, 1992, S. 72–82.
160
Außenansicht
Innenansicht
Grundriss
Commonwealth Promenade Apartments
Chicago, Illinois, USA, 1953–57
Von den ursprünglich vier geplanten Türmen wurden nur die beiden
südlichen realisiert. Ein überdachter Gang verbindet die
Türme miteinander und fluchtet in den angrenzenden Lincoln Park.
Die Detaillierung der vorgehängten Aluminiumfassade ist identisch
mit den parallel entstandenen Esplanade Apartments. Zur Belüftung
dienen im unteren Bereich der Fenster Kippflügel mit einem
Fliegengitter in der Ebene der Glaswand. Die Betonkonstruktion
ermöglicht im Vergleich mit den Bauten von 860–880 Lake Shore
Drive bei gleicher Gebäudehöhe ein Geschoss mehr. Im Gegensatz
zu den vorgeblendeten Standard-Doppel-T-Trägern der Lake
Shore Drive-Apartments wurden die Aluminiumprofile nun speziell
für die Curtain-Wall-Fassade entwickelt. Die stärkere Ausdehnung
von Aluminium macht allerdings Fugen nötig, welche die
Kontinuität der vertikalen Linien in jedem Geschoss unterbrechen.
In dem leichteren Metall erkannte Reyner Banham einen
technischen Fortschritt. „Es ist ein Material, bei dem eine große
Menge die Spezialanfertigung von Profilen ermöglicht“, erklärte
er. „Eine Wahlmöglichkeit ist in Aluminium so selbstverständlich
wie das Fehlen dieser Möglichkeit beim Stahl, da die Ökonomie
der Walzwerke die Herstellung von ausgefallenen Profilen
nach wie vor unmöglich macht.“ 1 Als jemand, der eine
stärkere Nutzung der technischen Potentiale in der Architektur
fordert, betrachtete Banham die Detaillierung in Aluminium als
„ausgeklügelter“.
1 Reyner Banham, „Almost Nothing is Too Much“, in: Architectural Review,
Aug. 1962, S. 128.
Lageplan
Südansicht
Fensterdetail
161
Esplanade Apartments
Chicago, Illinois, USA, 1953–57
Die zwei Apartmentgebäude 900–910 Lake Shore Drive setzen
Mies’ Bebauung des Uferstreifens fort. Neben den bisherigen
Türmen 860–880 errichtete er auf dem nördlich angrenzenden
Areal weitere Hochhäuser. Die städtebauliche Raumbildung wird
in der gleichen Konzeption weitergeführt. Dabei stehen die Baukörper
frei im Raum und fügen sich nicht in die Baumasse der
historischen Stadttextur ein. Auch bei den Esplanade Apartments
ist das Grundstück trapezförmig, doch sind die zwei Bauten
nun nicht mehr gleich dimensioniert. Das südliche Gebäude
ist als eine monumentale Scheibe ausgebildet. Auch sind die
Gebäude dichter aneinandergerückt als die Türmen 860–880.
Der Bauherr Herbert Greenwald zahlte die höchste Summe, die
für ein Grundstück mit einer Wohnnutzung in Chicago ausgegeben
wurde. 1
Der Drang zu einer optimierten Ausnutzung wurde neben einer
deutlichen Vergrößerung des Bauvolumens auch durch eine
Reduzierung der Geschosshöhen erfüllt. Durch eine neuartige
Deckenkonstruktion konnte der Deckenaufbau ebenfalls verringert
werden. So konnten drei zusätzliche Geschosse erzielt werden,
bei einer etwas niedrigeren Gebäudehöhe. Auch wenn die
Konzeption von rein kubischen, rundum verglasten Baukörpern
mit den Vorgängerbauten gleich ist, haben sich die Konstruktion
und die damit verbundene Materialität verändert, da in diesen
wenigen Jahren sich der technische Standard stark weiterentwickelt
hatte. Während die Gebäude 860–880 reine Prototypen
darstellten, sind die Esplanade Apartments bautechnisch sowie
wirtschaftlich optimiert.
Den Problemen, die Prototypen allgemein mit sich bringen,
wurde nicht nur durch Modifikationen im Detail begegnet, sondern
auch durch eine andere Materialität. Zwar ist die Skelettkonstruktion
wieder vollständig mit einer Glashaut überzogen,
doch nun bestehen die Fassaden aus eloxiertem Aluminium und
die Konstruktion aus Beton. Die Fassade ist als reiner Curtain
Wall angehängt mit nun durchgehend gleich großen Fenstern.
Aufgrund der Probleme des Raumklimas in den Vorgängerbauten
wurden später getönte Scheiben verwendet und eine Klimaanlage
installiert.
Während sich die Konstruktion zuvor noch an der Fassade
abzeichnete, sind die Stahlbetonstützen nun von der Gebäudekante
zurückgesetzt, so dass zwischen den Stützen und der
Außen haut Platz für die Klimatisierung geschaffen wurde. Die Eigenschaft
der Vorhangfassade als eigenständiges Element wird
durch die dunkelgraue Tönung der Gläser noch betont, und die
Körper haftigkeit des Bauvolumens wird so verstärkt. Bei den
charakteris tischen vertikalen Profilen, die an die Fassade appliziert
sind und die bei den Türmen 860–880 noch als gewöhnliche
Doppel-T- Träger aneinandergeschweißt waren – so dass durchlaufende
Bänder entstanden –, handelt es sich nun nicht mehr
um Standardelemente, sondern um speziell angefertigte Bauteile
aus Aluminium. Da sich das Material aber stärker ausdehnt,
sind diese Elemente nicht mehr zu einem kontinuierlichen Band
zusammengefügt, sondern durch Fugen in jedem Geschoss voneinander
getrennt.
Für das Parken wurde ein Flachbau realisiert, dessen Dachterrasse
als Sonnendeck gemeinschaftlich genutzt wird. Die extreme
Weitläufigkeit, die noch die Erdgeschossebene der Vorgängerbauten
prägte, ist durch das Parkhaus beeinträchtigt.
Auch konnte die Kontinuität von Innen- und Außenraum, die
durch einen einheitlichen Travertin-Bodenbelag erzielt wurde,
nicht wieder erreicht werden. Die Eingangslobbys sind nun mit
einem Terrazzoboden versehen, während der Gebäudekern mit
Marmor verkleidet ist. Die Verglasung des Erdgeschosses ist teilweise
transparent und teilweise opak, so dass sich die Wände
auch hier nachts in Lichtobjekte verwandeln. Im Unterschied zu
den Bauten 860–880 treten unterhalb der ersten Decke Lamellen
in Erscheinung, die der Klimatisierung dienen.
162
Lageplan
860–880 Lake Shore Drive und Esplanade Apartments 163
164
Ansicht von Nordosten
Verbindung beider Bauten
Bauliche Veränderungen
Seitdem die Apartments Ende der 1970er Jahre in Eigentumswohnungen
umgewandelt wurden, haben viele Bewohner begonnen,
sie umzubauen und auch Wohnungen zusammenzulegen. Allerdings
war die Flexibilität bereits Programm. Mittlerweile wurde
der Bau grundlegend renoviert.
Der Bau aus heutiger Sicht
Die hier erprobte Curtain-Wall-Konstruktion, bei der die Vorhangfassade
als ein eigenständiges Element vor die Tragkonstruktion
gehängt wurde, war nicht nur für Mies’ Werk zukunftsweisend, sondern
bestimmt bis heute den Hochhausbau. Die damals experimentelle
Verwendung von Aluminium als Baumaterial ist mittlerweile
Standard, insbesondere bei Hochhausfassaden.
Auch wenn die beiden Gebäude nicht mehr die konzeptionelle
Klarheit und den heroischen Geist der benachbarten Vorgängerbauten
aufweisen und sie architekturgeschichtlich weniger
bedeutend sind als die Türme 860–880, werden die Wohnungen
teurer verkauft. Selbst wenn sich der minimalistische Charakter
nicht mehr in der gleichen Klarheit zeigt, haben die spektakulären
Panoramaausblicke über den Michigan-See in Kombination
mit einem höheren technischen Standard, insbesondere bes seren
Aufzügen, nichts an Attraktivität verloren.
1 Dies war jedoch nicht der einzige Rekord. „Esplanade was the tallest concrete
building yet constructed in Chicago, and the first with a flat-slab concrete
frame. It boasted the city’s first central air-conditioning for a residential
tower; one of the first unitized, anodized aluminium curtain walls;
and Chicago’s first large-scale use of tinted, heat-absorbing glass.” Franz
Schulze und Edward Windhorst, Mies van der Rohe – A Critical Biography,
Chicago, London 2012, S. 294.
Außenansicht
Esplanade Apartments 165
Seagram Building
New York, USA, 1954–58
166
Grundriss Erdgeschoss
Ansicht von Südwesten 167
Das schlanke Bürohochhaus erhebt sich in der vornehmen New
Yorker Park Avenue als ein Monument. Auch wenn sich der rein
kubische Baukörper als eine Ansammlung von gleichartigen
Fenster öffnungen darstellt, ist er dennoch auf eine klassische Art
drei geteilt. Es ist eine Sockelzone ausgebildet, da der Bau aufgeständert
ist und eine verglaste Eingangshalle überspannt, während
der geschlossene obere Bereich mit der Gebäudetechnik ein bekrönendes
Element darstellt.
Das Bürohochhaus liegt etwa 30 Meter von der Straße zurückgesetzt,
so dass ein städtischer Platz entsteht. Dieser Freiraum
ist im dicht bebauten New York außergewöhnlich. Während die
Bebauung Manhattans üblicherweise die Blocks mit einer durchlaufenden
Bauflucht ganz ausfüllt, tritt der Turm von der Zugangsseite
als Solitär in Erscheinung. Zwar ist auch dieses Bauwerk
abgetreppt und in die bestehende Baumasse eingebunden,
doch präsentiert es sich zunächst als ein freistehendes Objekt.
Von der hinteren Seite zeigt sich hingegen ein zurückgestaffelter
Komplex, der sich wie in New York üblich in die Blockstruktur
einordnet. Sogar die Wahrzeichen in der Skyline wie das Empire
State Building oder das Chrysler Building sind in die obligatorischen
Blocks eingebunden.
Als der Bauherr zwischenzeitlich erwog, den Freiraum mit einem
Bankgebäude zu bebauen, sah Mies das gesamte Projekt
gefährdet. 1 Der mit Granitplatten gepflasterte Platz mit zwei
Wasser becken und seitlich begrenzenden Marmorblöcken ist ein
wesentlicher Bestandteil der Architektur, denn er fungiert als ein
Podium, über das der Zugang durch Stützenreihen in die Eingangshalle
führt. Wie bei einem griechischen Tempel führen ein
paar Stufen auf ein erhöhtes Plateau, das sich als eine besondere
Sphäre vom geschäftlichen Treiben der Gehwege unterscheidet.
Während das Tragwerk aus Stahl konstruiert ist, besteht die
vorgehängte Curtain-Wall-Fassade aus Bronze. Die ebenfalls
bronzefarben getönten Scheiben betonen die Einheit der Gebäudehaut.
Auch wenn das Prinzip von applizierten vertikalen
Doppel-T-Trägern von Mies’ Chicagoer Hochhausfassaden übernommen
ist, handelt es sich bei diesen Elementen wie auch den
Gläsern um Sonderanfertigungen. In zahlreichen Versuchen hatte
sich die H-Form der Profile schließlich behauptet, aufgrund des
präzisen – wie es Mies formulierte – Spiels von „Kernschatten
und Halbschatten“. 2 Da die filigrane Gebäudehaut als ein Relief
ausgebildet ist, verändert sie ihre Erscheinung mit jeder Wandlung
der Lichtverhältnisse.
Der Charakter des Gebäudes ist durch die besonders hochwertigen
Materialien geprägt. Die Besucher kommen zunächst
mit Blöcken aus grünem Marmor in Kontakt, bevor sie auf den
vorgelagerten Platz emporsteigen. Auf die Frage, welche Materialien
er möge, nannte der Bauherr Bronze. Und tatsächlich bot
diese in der Bauindustrie unübliche Legierung aus Kupfer und
Zink Vorteile gegenüber Stahl und Aluminium. Bronze ist korrosionsbeständig
und weist bei Temperaturschwankungen weniger
Bewegungen als Aluminium auf. Die Bronzefassade spiegelt die
Skelettstruktur der Konstruktion wider, und in einigen Bereichen
sind anstatt der Glasscheiben grüne Marmorplatten in das Fassadenraster
eingelassen.
Das Achsmaß beträgt 1,41 Meter und ergibt sich aus den
als optimal geltenden Bürogrößen sowie aus einer New Yorker
Verordnung, nach welcher der Turm nur maximal 25 Prozent der
Grundstücksfläche einnehmen darf. Mies stellte fest: „Da es mein
erster großer Bürobau war, holte ich für die Ausarbeitung der
Pläne zweifachen Rat ein. Ich ließ mich vom besten Real- Estate-
Büro über die Rentabilität verschiedener Raumtypen beraten
und holte mir professionellen Rat hinsichtlich der New Yorker
Bauordnung.“ 3
Mies kooperierte bei dem Bau mit Philip Johnson, über dessen
Rolle die Planungsdirektorin Phyllis Lambert schrieb: „Wissend,
dass Mies’ primäres Interesse in der Artikulierung der
168
Ansichten des Vorplatzes
Eckdetail
Ansicht von Nordosten
Eingangslobby Seagram Building 169
Struktur, Form und Materialität lag, begriff Philip sofort, dass das
Seagram Building eine besondere Gelegenheit bot, die Standardelemente
eines Bürogebäudes zu verbessern: Türen, Aufzugskabinen,
Gerätetechnik, Beleuchtung, Armaturen und Raumteiler
sowie Beschriftung und Beschilderung [...] – erweitert auf den
Entwurf von ganzen Büroetagen sowie auf die Lichtregie des
gesamten Gebäudes. [...] Philip benutzte starke theatralische Effekte.“
4 Er gestaltete die Innenräume wie das Restaurant „The
Four Seasons“ und entwarf mit dem Lichtplaner Richard Kelly
durchlaufende Lichtdecken, die den Bau nachts in ein leuchtendes
Objekt verwandeln.
Bauliche Veränderungen
Die Anlage befindet sich noch immer im Originalzustand. Allerdings
hatte sich die ursprüngliche Bepflanzung mit Trauerweiden
nicht bewährt und wurde sehr bald durch Ginko-Bäume ersetzt.
Umbaumaßnahmen wurden lediglich in den Innenräumen durchgeführt.
Im Jahr 2000 gestalteten die Architekten Diller Scofidio
+ Renfro ein Restaurant.
Der Bau aus heutiger Sicht
Auch wenn der Bau heute nicht mehr wie ursprünglich aus einer
niedrigeren Bebauungsstruktur deutlich herausragt, sondern
mittler weile von gleich hohen und ähnlich abstrakten Türmen umgeben
ist, hat er dennoch nichts von seiner Monumentalität verloren.
Als Mies den Bau zu konzipieren begann, hatte er für Chicago
eine „Convention Hall“ in riesigen Dimensionen entworfen, von
der er sagte, es sei seine erste Konstruktion von „wahrhaft monumentalem
Charakter“. 5 Obwohl seine Bauten immer – wie auch
die von Peter Behrens – von einer immanenten Monumentalität
geprägt waren, bezog Mies diesen Begriff allein auf die schiere
Größe: „Aber tatsächlich stellt eine bestimmte Größe eine eigene
Realität dar. Nehmen wir die Pyramiden in Ägypten und machen
wir sie nur fünf Meter hoch. Das ist gar nichts. Es sind die enormen
Dimensionen, die den ganzen Unterschied ausmachen.“ 6
„So schön das Seagram Building ist“, erklärte Philip Johnson
1978, „ist es immer noch eine oben abgeschnittene Glaskiste.
Und so etwas begann uns zu langweilen.” 7 Doch im Rückblick
zeigt sich die zeitlose Qualität dieses Gebäudes immer deutlicher,
besonders im Unterschied zu den Bauten der letzten Jahrzehnte.
Eine besondere Qualität des Seagram Building basiert
auf der differenzierten Weise, mit der die gewaltige Größe auf
den Maßstab der Fußgänger gebracht wurde. Im Gegensatz zu
unzähligen, seitdem gebauten Hochhaustürmen, die keinerlei
positiven Effekt auf den vorbeischreitenden Passanten haben,
wurde hier ein städtischer Platz geschaffen, dessen Aufenthaltsqualität
bis heute täglich beobachtet werden kann.
1 Phyllis Lambert, Building Seagram, New Haven, London 2013, S. 71. Als
Tochter des Bauherrn Samuel Bronfman hatte Lambert Mies als Architekten
vorgeschlagen und begleitete den Bau als Planungsdirektorin.
2 Lambert 2013, S. 62.
3 Ludwig Mies van der Rohe im Gespräch mit Cameron Alread u.a. am
11.05.1960, zitiert in: Lambert 2013, S. 46.
4 Lambert 2013, S. 122–123.
5 Ludwig Mies van der Rohe im Gespräch mit Katharine Kuh, in: The
Saturday Review, 23.01.1965, S. 22.
6 Ludwig Mies van der Rohe in: John Peter, The Oral History of Modern
Architecture. Interviews with the Greatest Architects of the Twentieth
Century, New York 1994, S. 156, 171.
7 Philip Johnson im Gespräch mit Barbaralee Diamonstein-Spielvogel, in:
library.duke.edu/digitalcollections/dsva.
170
Fassadendetails
Aufzugsdetail
Ansicht von Südwesten Seagram Building 171
Lafayette Park
Detroit, Michigan, USA, 1955–58
Diese grundlegende und umfassende Mies- Monografie
betrachtet sein Werk von einem entwurfsbezogenen
Standpunkt der Architektur aus: Sie rekonstruiert die
Bauten in ihrem realisierten Zustand und sieht sie
gleichsam auf Augenhöhe des heutigen Betrachters:
als qualitätvolle und nach wie vor inspirierende Architektur
eines großen Meisters der Moderne.
Das Buch präsentiert 80 realisierte Bauten in chronologischer
Folge. Dabei werden 30 dieser Werke in drei
Schritten ausführlich analysiert: Im ersten Schritt wird
der Bau in seinem ausgeführten Zustand dokumentiert,
im zweiten werden die baulichen Veränderungen dargelegt,
und der dritte Schritt arbeitet die Ergebnisse
dieser Untersuchung hinsichtlich ihrer Relevanz für den
heutigen Blick auf Mies’ Schaffen heraus.
Sämtliche Grundrisse und Pläne wurden durch den
Autor Carsten Krohn neu gezeichnet und ebenso die
Fotografien stammen von ihm.
www.birkhauser.com
172
Grundriss Erdgeschoss