münchen - Münchner Stadtmuseum
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Ulrike Ottinger<br />
16<br />
PRATER<br />
Anders als die meisten Filmemacherinnen, die in den<br />
1970er Jahren begannen, ihre Anerkennung im männlich<br />
dominierten Neuen deutschen Film zu reklamieren,<br />
setzte sich Ulrike Ottinger konsequent vom autobiografisch<br />
gefärbten Kino des feministischen Diskurses ab.<br />
Konsequent löste sie das Narrativ des Identifikations -<br />
kinos auf und gewann mit ihrer Bildsprache früh große<br />
Aufmerksamkeit im internationalen Festival- und Kunstkontext.<br />
Ulrike Ottinger, die mit zahlreichen internationalen<br />
Preisen ausgezeichnet wurde, steht für ein kinematographisches<br />
Universum, in dem hermetisch schö -<br />
ne Frauen in Matrosinnen, Piratinnen, Amazoninnen<br />
und weibliche Dandies verwandelt sind und Oscar<br />
Wildes Dorian Gray und Virginia Woolfs Orlando als<br />
cineastische Schaubilder der Gender-Transgression<br />
wie derkehren. Mit Darstellerinnen wie der Underground-<br />
Ikone Magdalena Montezuma, dem Nouvelle-Vague-<br />
Star Delphine Seyrig und dem Zeitgeist-Model Ve -<br />
ruschka von Lehndorff schuf sie Chiffren einer eigentümlich<br />
diesseitigen Absolutheit. Eine statuarische<br />
Aura umgibt ihre Frauenbilder, in großen Tableaus und<br />
Landschaftspanoramen entgrenzen sich die Bildräume<br />
ihrer Filme. Gleich ob in BILDNIS EINER TRINKERIN eine<br />
elegante Nacht-Diva auf eine enthemmte Alkoholikerin<br />
trifft oder in ihrem jüngsten Film-Essay UNTER SCHNEE<br />
(2011) die freundlichen Geister des japanischen Kabuki-Theaters<br />
durch eine wundersam verschneite japa-<br />
nische Bergregion driften, Ulrike Ottingers Filme spielen<br />
mit dem Staunen und der Lust am stilvollen Zusammenprall<br />
des Inkompatiblen. Claudia Lenssen<br />
BILDNIS EINER TRINKERIN – BRD 1979 – R+B+K: Ulrike<br />
Ottinger – M: Peer Raben – D: Tabea Blumenschein,<br />
Christine Lutze, Magdalena Montezuma, Nina<br />
Hagen, Kurt Raab, Monika von Cube – 107 min – Ein<br />
altes Hotel am Berliner Kurfürstendamm wird zum morbide<br />
dekorativen Rückzugsort für zwei rebellische Trinkerinnen.<br />
Die schöne stumme Wiedergängerin weib -<br />
licher Ikonen à la Medea, Beatrice, Aspasia, ein Überweib<br />
großer Hollywood-Gestik und ihre vom Alkohol<br />
gezeichnete obdachlose Gefährtin entgleiten dem kontrollierten<br />
Rausch.<br />
▶ Freitag, 7. September 2012, 18.30 Uhr<br />
FREAK ORLANDO – BRD 1981 – R+B+K: Ulrike Ottinger<br />
– M: Wilhelm Dieter Siebert – D: Magdalena Montezuma,<br />
Delphine Seyrig, Albert Heins, Galli Müller,<br />
Eddie Constantine, Claudio Pantoja – 126 min – Ein<br />
»Kleines Welttheater«, ein szenisches Schauderkabinett<br />
der monströsen Geschichte der Zivilisation, in der<br />
»Freaks« dem Wahnsinn und der Grausamkeit aus -<br />
gesetzt waren. Fünf Episoden surrealer Visualisierung<br />
der Dialektik von Norm und Abweichung.<br />
▶ Samstag, 8. September 2012, 18.30 Uhr