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BIBELTREUES MAGAZIN FÜR JUNGE CHRISTEN · #15 · 2/2014<br />
+<br />
Hermann<br />
Kohlbrügge<br />
Christus war<br />
seine <strong>Heiligung</strong><br />
S. 12<br />
+<br />
John<br />
Owen<br />
Der Puritaner<br />
und die <strong>Heiligung</strong><br />
S. 32<br />
<strong>Heiligung</strong><br />
Zwischen Kampf, Krampf,<br />
Anspruch und Wirklichkeit
Editorial<br />
#15 <strong>Heiligung</strong> - 02/2014<br />
Auf dem Cover<br />
„Paulus betet“<br />
Anita Muntean (*1987)<br />
ist Kommunikationsdesignerin,<br />
Illustratorin, Typo-Tüftlerin<br />
und der Cover-Artist<br />
der aktuellen<br />
Ausgabe. Zu sehen ist ein<br />
betender Apostel Paulus.<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
es gibt nichts, was einen Christen im alltäglichen Leben<br />
häufiger begegnet, als sein unheiliges und sündiges<br />
Herz. Ist es nicht ein Widerspruch, dass wir dem<br />
Stande nach Geheiligte und Heilige sind, aber unser<br />
Zustand durch und durch sündhaft ist? Wo ist unser<br />
Sieg im alltäglichen Kampf gegen die Sünde? Paulus<br />
gebrauchte die Metapher vom Kampf und Wettkampf.<br />
Dieser Kampf ist eine biblische Realität. Doch sind<br />
wir wirklich wahrhafte Kämpfer, oder ist unser Leben<br />
in Christus ein einziger Krampf, der nur Niederlagen<br />
hervorbringt? Womöglich haben wir vor lauter Krämpfen<br />
Christus völlig aus den Augen verloren. Der einzige<br />
Anspruch eines Nachfolger Jesu sollte es sein, heilig zu<br />
leben. Er will heilig leben, weil Gott heilig ist (3. Mose<br />
20,26). Er will heilig leben, weil Jesu Wandel auf der<br />
Erde durch und durch heilig war (Hebräer 4,15). Er will<br />
heilig leben, weil er weiß, dass ohne <strong>Heiligung</strong> niemand<br />
den Herrn sehen wird (Hebräer 12,14). Welch nobler<br />
Anspruch, doch wie sieht unsere Lebenswirklichkeit<br />
aus? Vielleicht geben wir diesen Anspruch nur vor und<br />
haben dabei bestimmte Sünden lieb gewonnen, die uns<br />
daran hindern, ungeteilten Herzens zu sein?<br />
Weil die <strong>Heiligung</strong> ein solches Spannungsfeld<br />
umgibt, lautet der Untertitel der Ausgabe „Zwischen<br />
Kampf, Krampf, Anspruch und Wirklichkeit“. Heiligkeit<br />
und <strong>Heiligung</strong> sind herrliche und kostbare Dinge.<br />
Es gibt für uns nichts, was erstrebenswerter ist. Angesichts<br />
dessen klingt der Untertitel etwas negativ, doch<br />
ein Ziel dieser vorliegenden Ausgabe ist es, uns den<br />
„Spiegel der <strong>Heiligung</strong>“ vorzuhalten, und wenn wir in<br />
diesen Spiegel schauen, werden wir wohl nichts Erstrebenswertes<br />
sehen. Doch wir bleiben hier nicht bei unserem<br />
eigenen Unvermögen stehen, denn sonst wäre diese<br />
Ausgabe nichts als ein Schuss in den Ofen.<br />
Biblische und praktische Lösungen, Anwendungen<br />
und Antworten sollen uns dazu herausfordern, einen<br />
echten und siegreichen Kampf in Christus zu führen.<br />
Unsere Blicke richten sich auf Jesus, den Anfänger und<br />
Vollender des Glaubens (Hebräer 12,2), im Bewusstsein,<br />
dass wir allein durch sein Werk errettet sind und<br />
nicht durch unsere Werke.<br />
Ein „heiliger“ Ausblick<br />
Im Beitrag „Oh, mein unheiliges Herz!“ (S. 4) wird deutlich,<br />
dass ein heiliges Leben mit dem Herzen beginnt.<br />
Sind wir Hüter unserer Herzen? Inwiefern lassen wir unseren<br />
Gedanken und Begierden freien Lauf? Ein kurzer<br />
aber eindringlicher Artikel.<br />
Sind wir überhaupt motiviert heilig zu leben? Haben<br />
wir wirklich dieses Bestreben (wie oben angedeutet)?<br />
Pastor Matthias Lohmann gibt uns einige Hilfen<br />
bezüglich der Motivation in seinem Artikel „Wie heilig<br />
will ich sein?“ (S. 8).<br />
In der Biografie von Hermann Kohlbrügge wird<br />
deutlich, dass wir aus uns heraus niemals ein heiliges Leben<br />
führen können. Der einzige Hoffnungsschimmer ist<br />
Jesus, der einzige Mensch, der vollkommen heilig lebte.<br />
Deshalb dürfen wir wie Kohlbrügge behaupten: „Christus<br />
ist meine <strong>Heiligung</strong>!“ (S. 12).<br />
Ist „<strong>Heiligung</strong> gleich <strong>Heiligung</strong>?“ (S. 16). Jörg Wehrenberg<br />
erklärt anhand des 1. Korintherbriefes das wahre<br />
Wesen der lebensverändernden <strong>Heiligung</strong>.<br />
Dass <strong>Heiligung</strong> für das Leben eines Christen notwendig<br />
und nicht optional ist, wird im Artikel „Warum<br />
ist <strong>Heiligung</strong> so wichtig?“ (S. 20) von Jörn Krebs deutlich.<br />
Ein Essay mit viel Tiefgang und einem praxisbezogenen<br />
Finale.<br />
In unser beliebten Rubrik „Schriftgelehrt“ (S. 24) erklärt<br />
uns Andreas Münch das Thema der <strong>Heiligung</strong> aus<br />
der Sicht des dritten Buches Moses. Klingt trocken, ist<br />
es aber nicht. Übrigens ein guter Ort, um die Lektüre<br />
dieses Heftes zu beginnen.<br />
Jonas Erne bringt uns in unserem biografischen<br />
Heftteil „John Owen und die <strong>Heiligung</strong>“ (S. 32) näher.<br />
Ein großartiges Zeugnis aus der Kirchengeschichte, das<br />
uns einmal mehr verdeutlicht wie sehr wir von unseren<br />
Glaubensvätern lernen können.<br />
Etwas „Off-Topic“, aber doch sehr passend, geht es<br />
auch in diesem Heft mit der Rubrik „Josia“ weiter. In<br />
„Wahre Reformation ... beginnt mit dem Wort“ (S. 28)<br />
geht Jochen Klautke weiter im Leben des Königs Josia<br />
und zeigt: Eine echte und tiefgreifende Reformation<br />
(auch in unserem persönlichen Leben), kann es nur<br />
geben, wenn sie auf das Wort Gottes gegründet ist. In<br />
diesem Sinne,<br />
viel Freude beim Lesen und herzliche Grüße,<br />
Peter Voth<br />
2
Lektion in<br />
Heiligkeit<br />
S. 24<br />
Inhalt<br />
Inhalt<br />
S. 4<br />
S. 8<br />
S. 12<br />
4<br />
Oh, mein unheiliges Herz!<br />
WALDEMAR DIRKSEN<br />
Schon Salomo sagte, dass wir<br />
unser Herz behüten sollen, denn<br />
von ihm geht Leben aus.<br />
8<br />
Wie heilig will ich sein?<br />
MATTHIAS LOHMANN<br />
Wie steht es um unsere Motiviation<br />
zur <strong>Heiligung</strong> letztlich<br />
wirklich?<br />
12<br />
Christus ist meine <strong>Heiligung</strong>!<br />
THOMAS REINER<br />
In Kohlbrügges Leben war es eine<br />
große Entdeckung, dass allein<br />
Christus unsere <strong>Heiligung</strong> ist.<br />
16<br />
<strong>Heiligung</strong> gleich <strong>Heiligung</strong>?<br />
JÖRG WEHRENBERG<br />
Was ist das Wesen einer wahren<br />
und biblischen <strong>Heiligung</strong>? Antworten<br />
aus 1. Korinther.<br />
20<br />
Warum ist <strong>Heiligung</strong><br />
so wichtig?<br />
JÖRN KREBS<br />
Ist <strong>Heiligung</strong> für einen Nachfolger<br />
Jesu optionial oder unbedingt<br />
notwendig? Antworten.<br />
IMPRESSUM<br />
Redaktion Waldemar Dirksen,<br />
Viktor Sudermann, Andreas Kuhlmann,<br />
Peter Voth, Hans-Werner Deppe<br />
Art Direktor Peter Voth ∙ vothpeter@yahoo.de<br />
Lektorat Tanja Mirau<br />
Abo-Service Michael Töws ∙ mtoews@betanien.de<br />
Verlag Betanien Verlag e.K. ∙ Imkerweg 38<br />
D-32832 Augustdorf ∙ info@betanien.de<br />
Online www.timotheusmagazin.de<br />
Shop www.cbuch.de/timotheus<br />
Erscheinungsweise Erscheint als<br />
Quartalsmagazin seit Oktober 2010<br />
alle drei Monate: Januar (Winter) · April<br />
(Frühling) · Juli (Sommer) · Oktober (Herbst).<br />
Preise Einzelausgabe ∙ €2,90 (zzgl.Versand)<br />
Jahresabo ∙ €11,60 (D) (zzgl. Versand)<br />
24<br />
Lektion in Heiligkeit<br />
ANDREAS MÜNCH<br />
Die <strong>Heiligung</strong> aus der Sicht des<br />
Alten Testamentes (besonders des<br />
dritten Buches Moses).<br />
28<br />
Wahre Reformation ...<br />
beginnt mit dem Wort<br />
JOCHEN KLAUTKE<br />
Der nunmehr dritte Teil zum<br />
König Josia. Aufschlussreich!<br />
32<br />
John Owen<br />
und die <strong>Heiligung</strong><br />
JONAS ERNE<br />
<strong>Heiligung</strong> aus einer kirchengeschichtlichen<br />
Perspektive.<br />
3
Oh, mein<br />
unheiliges Herz!<br />
Text: Waldemar Dirksen — Foto: Levi Tijerina<br />
Aus unserem Herzen entspringen Gedanken und Empfindungen, die<br />
unser Leben bestimmen. Daher müssen wir über unsere inneren<br />
Vorgänge wachen, um nicht den verderblichen Regungen<br />
die Herrschaft zu überlassen.<br />
Die Bedeutung des Herzens<br />
Alle Gedankengänge und Gefühlsregungen vollziehen sich im Herzen. Daraus quillt das Leben. Worte und<br />
Taten sind lediglich ein Ausdruck dessen, was im Herzen ist: „Wes des Herz voll ist, des geht der Mund<br />
über“ (Matthäus 12,34). Eine salzige Quelle kann nicht süßes Wasser geben (vgl. Jakobus 3,12). Aus einem<br />
guten Herzen kommt Gutes hervor und aus einem bösen Herzen eben Böses. Das Herz wird in der Bibel<br />
als Sinnbild für das seelisch-geistige Zentrum des menschlichen Wesens verwendet.<br />
5
Behüte dein<br />
Herz mit allem<br />
Fleiß, denn<br />
daraus quillt<br />
das Leben.<br />
Sprüche 4,23<br />
In verschiedenen Lebenssituationen<br />
offenbart sich, wovon das Herz<br />
beherrscht wird. Sind es selbst geschaffene<br />
Bedürfnisse nach Liebe,<br />
Anerkennung oder Bedeutung, die<br />
möglicherweise eine abgöttische<br />
Größe annehmen, so werden Äußerungen<br />
und Handlungen auf die<br />
Befriedigung dieser Bedürfnisse abzielen.<br />
Im Mittelpunkt des Herzens<br />
steht dann das ICH und nicht die<br />
Ehre Gottes. Es ist ein jämmerlicher<br />
Herzenszustand.<br />
Unser Herz ist wie ein gefüllter<br />
Becher, der geschüttelt wird<br />
und dabei seinen Inhalt von sich<br />
gibt. Wohl dem, dessen Herz voller<br />
Demut und Gottesfurcht ist. In<br />
Stürmen, Kränkungen und unerwarteten<br />
Ereignissen wird ein mit<br />
Demut erfülltes Herz in heiliger<br />
Gelassenheit und Güte standhaft<br />
bleiben. Dagegen wird ein mit stolzen<br />
Gedanken erfülltes Herz besonders<br />
in Zeiten der Anfechtung<br />
kläglich versagen. Es wird um die<br />
Wahrung eigener Größe bemüht<br />
sein, indem es andere erniedrigt.<br />
Dabei bleibt die eigene Verderbtheit<br />
unbeachtet, aber das Erscheinen<br />
und die Lebensweise anderer<br />
werden mit Leidenschaft gerichtet.<br />
Die Notwendigkeit, das<br />
Herz zu behüten<br />
Wache über deine Gedanken und<br />
Gefühle! Denn viele Gedanken<br />
und Gefühle mit verderblicher<br />
Wirkung wollen die Herrschaft im<br />
Herzen übernehmen: Missgunst,<br />
Klatsch und Tratsch, schmutzige<br />
Bilder, ungeistliche Ansichten, bitterer<br />
Ehrgeiz sowie widersprüchliche<br />
Meinungen. Sie mögen schleichend<br />
oder mit voller Wucht in<br />
das Herz einzudringen suchen –<br />
gewähre ihnen nicht den Zutritt!<br />
Achte sorgfältig darauf, womit du<br />
in deiner Gedankenwelt beschäftigt<br />
bist! Gib den Vögeln der Sünde<br />
keine Gelegenheit, auf deinem<br />
Kopf Nester zu bauen! Vertreibe<br />
sie! „Was wahrhaftig ist, was ehrbar,<br />
was gerecht, was rein, was liebenswert,<br />
was einen guten Ruf hat,<br />
sei es eine Tugend, sei es ein Lob<br />
– darauf seid bedacht!“ (Philipper<br />
4,8). Die Themen deiner Gedanken<br />
sollen diese genannten Merkmale<br />
haben.<br />
In der Elberfelder Übersetzung<br />
wird mit besonderem Nachdruck<br />
aufgefordert, das Herz zu behüten:<br />
„Mehr als alles, was man sonst<br />
bewahrt, behüte dein Herz!“ Die<br />
Sorge um das Herz soll Vorrang vor<br />
allem haben, insbesondere vor materiellen<br />
Dingen, die wertvoll erscheinen<br />
und daher meist sorgsam<br />
bewahrt werden.<br />
Bewahre ernsthaft und eifrig dein<br />
Herz vor dem Schmutz dieser<br />
Welt: Ersetze zweifelhafte Literatur<br />
durch geistlich aufbauende Literatur!<br />
Vermeide übermäßigen Medienkonsum!<br />
Wenn du das Internet<br />
in deiner Freizeit nutzt, dann nur<br />
zielorientiert und zeitlich begrenzt!<br />
Videos mit zum Teil moralisch<br />
verwerflichen Szenen, die Gewalt,<br />
Ehebruch oder Missgunst darstellen,<br />
sollen in deinem Leben keine<br />
Chance haben. Sie sind doch letztlich<br />
wie Mülltonnen voller Unrat.<br />
Das Herz soll nicht mit schädlichen<br />
Inhalten, sondern mit Gottes<br />
Wort genährt werden. Sei nüchtern<br />
und stark bei deiner Wahl, womit<br />
du dein Herz speist! Behüte dein<br />
Herz mit allem Fleiß!<br />
Die Begierde ist ein Feuer, das<br />
in unserem Herzen brennt. Bringe<br />
kein Öl in seine Nähe! Lese nichts,<br />
schaue nichts und tue nichts, von<br />
dem du weißt, dass es dir geistlich<br />
schadet. Mit manchen Bildern<br />
und Videos entfachst du in dir<br />
eine Flamme, die zur moralischen<br />
Katastrophe führen kann. John<br />
Stott analysiert den Ursprung von<br />
Schandtaten scharfsinnig, wenn er<br />
schreibt: „Schandtaten geschehen<br />
dort, wo vorher schändliche Fantasien<br />
wuchern konnten, und die<br />
6
Die Begierde<br />
ist ein Feuer,<br />
das in unserem<br />
Herzen brennt.<br />
Bringe kein Öl<br />
in seine Nähe!<br />
werden dort entfesselt, wo die Augen<br />
bereits Grenzen überschritten<br />
haben.“ Lass deine Augen in einer<br />
sicheren Festung wohnen, um so<br />
vor feindlichen Angriffen geschützt<br />
zu bleiben.<br />
Hiob war bestrebt, in seinen<br />
geheimsten Gedanken rein zu bleiben.<br />
Daher schloss er mit seinen<br />
Augen den Bund, auf eine Jungfrau<br />
nicht lüstern zu blicken (vgl. Hiob<br />
31,1). Wir sollten unseren Augen<br />
alles entziehen, was in uns die arge<br />
Lust weckt. Dies können bestimmte<br />
Internetseiten oder Zeitschriften<br />
mit schmutzigen Bildern sein.<br />
Wenn wir nicht nur vor den Menschen<br />
heilig leben wollen, sondern<br />
vor allem im Herzen und vor Gott,<br />
dann müssen wir so wie Hiob feste<br />
Entschlüsse fassen, um so die innere<br />
Reinheit anzustreben.<br />
Paulus hat sich selbst diszipliniert,<br />
um nicht verwerflich zu werden.<br />
Er schreibt dazu: „ich bezwinge<br />
meinen Leib und zähme ihn,<br />
damit ich nicht andern predige<br />
und selbst verwerflich werde“ (1.<br />
Korinther 9,27). Und die Gläubigen<br />
in Rom fordert er auf: „sorgt<br />
für den Leib nicht so, dass ihr den<br />
Begierden verfallt“ (Römer 13,14).<br />
Zur Behütung unseres Herzens ist<br />
eiserne Selbstdisziplin erforderlich.<br />
Dies kann radikale und schmerzvolle<br />
Trennung bedeuten: „Wenn<br />
dich aber dein rechtes Auge zum<br />
Abfall verführt, so reiß es aus und<br />
wirf’s von dir. Es ist besser für dich,<br />
dass eins deiner Glieder verderbe<br />
und nicht der ganze Leib in die<br />
Hölle geworfen werde. Wenn dich<br />
deine rechte Hand zum Abfall verführt,<br />
so hau sie ab und wirf sie von<br />
dir. Es ist besser für dich, dass eins<br />
deiner Glieder verderbe und nicht<br />
der ganz Leib in die Hölle fahre“<br />
(Matthäus 5,29-30). Hierbei geht<br />
es nicht um Selbstverstümmelung,<br />
sondern um Selbstzucht. Wir sollen<br />
unseren Leib nicht zerstören,<br />
der bei einem Gläubigen ein Tempel<br />
des Heiligen Geistes ist. Zudem<br />
ist Selbstverstümmelung kein<br />
Heilmittel, da jede Begierde ein<br />
Problem des Herzens ist. Trenne<br />
dich von allem, was die Begierde in<br />
deinem Herzen anstachelt – auch<br />
wenn es schmerzvoll ist. Dies können<br />
gewisse Beziehungen, Beschäftigungen<br />
oder Vorlieben sein.<br />
Die Vorzüge eines<br />
behüteten Herzens<br />
Menschen mit reinem Herzen sind<br />
glücklich zu preisen (vgl. Matthäus<br />
5,8). Sie dürfen Gemeinschaft mit<br />
Gott haben (Psalm 24,3-6). Innere<br />
Reinheit ist für den verdorbenen<br />
Menschen ein unschätzbares Gut.<br />
Ein Herz, welches nicht von sündigen<br />
Gedanken und Empfindungen<br />
beherrscht wird, sondern mit<br />
Frieden und Freude erfüllt ist, darf<br />
schon in dieser vergänglichen Welt<br />
himmlische Segnungen erleben.<br />
Fragen über Fragen<br />
• Welche Gedanken und Empfindungen<br />
sind bei dir vorherrschend?<br />
• Inwiefern bist du um die Reinheit<br />
des Herzens bemüht?<br />
• Welche konkreten Vorzüge<br />
verheißt Gott den Menschen,<br />
die reinen Herzens sind?<br />
Waldemar Dirksen (*1982) ist Lehrer<br />
an einem Berufskolleg in Bonn. Als Mitgründer<br />
und Redakteur gehört er zu den<br />
regelmäßigen Autoren von <strong>Timotheus</strong>.<br />
7
Wie heilig<br />
will ich sein?<br />
Text: Matthias Lohmann — Foto: Denni Van Huis<br />
Wie ist es um unsere Motivation zur <strong>Heiligung</strong> bestellt? Ist <strong>Heiligung</strong><br />
etwas, nach dem du strebst? Oder hoffst du darauf, dass der Herr das<br />
schon irgendwie in dir vollbringen wird? Natürlich würde das kaum<br />
jemand offen so sagen, und doch ist die Motivation der meisten<br />
Christen für Wachstum in der <strong>Heiligung</strong> eher gering.
Denn das ist der Wille Gottes, eure <strong>Heiligung</strong>“,<br />
so schreibt es der Apostel Paulus an<br />
die Christen im 1. Thessalonicher-Brief,<br />
Kapitel 4, Vers 3. <strong>Heiligung</strong> ist dabei der<br />
Prozess, Christus immer ähnlicher zu werden.<br />
Christen sollen also danach streben, der Sünde im<br />
Leben immer weniger Raum zu geben und stattdessen<br />
immer mehr die Frucht des Geistes wachsen zu lassen<br />
(siehe Galater 5,22f). So weit, so gut. Doch wie ist es<br />
um unsere Motivation dazu bestellt? Ist <strong>Heiligung</strong> etwas,<br />
nach dem du strebst? Oder hoffst du darauf, dass<br />
der Herr das schon irgendwie in dir vollbringen wird?<br />
Natürlich würde das kaum jemand offen so sagen und<br />
doch ist die Motivation der meisten Christen für Wachstum<br />
in der <strong>Heiligung</strong> eher gering. Dieser Artikel möchte<br />
einige biblische Motivationshilfen zur <strong>Heiligung</strong> liefern.<br />
Dazu sollen im Folgenden vor allem die Verse 1-4 aus<br />
Kapitel 3 des Kolosserbriefs betrachtet werden.<br />
Um diese Verse richtig einordnen zu können, sollte<br />
bedacht werden, warum Paulus diesen Brief schrieb. Er<br />
tat dies vor allem deshalb, weil er davon gehört hatte,<br />
dass sich in der Gemeinde in Kolossä falsche Lehrer eingeschlichen<br />
hatten. Die falschen Lehrer behaupteten,<br />
dass die Kolosser zum Beispiel bestimmte Gesetze halten<br />
und Zeremonien durchlaufen müssten, um so bei<br />
Gott wirklich wohlwollende Annahme zu finden. Und<br />
so ruft Paulus in diesem Brief „Stopp!“ und betont, dass<br />
dies Lügen sind. Kein Mensch wird jemals aufgrund<br />
seiner eigenen Werke vor Gott bestehen können. Im<br />
Gegenteil, Paulus erklärt den Kolossern (und uns allen),<br />
dass sie alle „einst fremd und feindlich gesinnt waren in<br />
bösen Werken“ (Kolosser 1,21). Die Rettung hin zum<br />
ewigen Leben geschieht allein durch den Glauben an<br />
den stellvertretend für Sünder gestorbenen und wieder<br />
auferstandenen Retter und Herrn Jesus Christus. Am<br />
Kreuz hat Christus den Schuldbrief aller Gläubigen ein<br />
für alle Mal getilgt, so dass jeder, der durch den Glauben<br />
zu Christus gehört, bereits mit ihm auferstanden und<br />
geistlich lebendig geworden ist (Kolosser 2,11-14). Dem<br />
muss und kann kein Mensch durch irgendwelche Werke<br />
etwas hinzufügen.<br />
Aufruf zur <strong>Heiligung</strong><br />
Nachdem Paulus in den ersten beiden Kapiteln des<br />
Kolosserbriefs betont hat, dass <strong>Heiligung</strong> niemals die<br />
Grundlage unserer Annahme bei Gott ist, ändert er in<br />
Kapitel 3 den Fokus. Nun betont er, dass die Lehre von<br />
Gottes freier Gnade nicht bedeutet, dass es keine Rolle<br />
spielt, wie Christen lebten. Er ruft die Christen dazu auf,<br />
ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. So schreibt<br />
er in Vers 1 und 2: „Seid ihr nun mit Christus auferstanden,<br />
so sucht, was droben ist, wo Christus ist, sitzend<br />
zur Rechten Gottes. Trachtet nach dem, was droben ist,<br />
nicht nach dem, was auf Erden ist.“<br />
Doch was bedeutet das eigentlich, nach etwas zu<br />
„suchen“ und zu „trachten“, wie es in der Lutherübersetzung<br />
heißt? Hier ist die Wortwahl moderner Übersetzungen<br />
sehr hilfreich. In der Neuen evangelistischen<br />
Übersetzung (NeÜ) heißt es zum Beispiel: „richtet euch<br />
auch ganz nach dem aus, was oben ist, wo Christus, der<br />
Messias, sitzt: auf dem Ehrenplatz neben Gott. Seid auf<br />
das Himmlische bedacht und nicht auf das Irdische.“<br />
Es geht hier also darum, sich ganz auf das auszurichten<br />
und auf das bedacht zu sein, „was oben ist“, „auf das<br />
Himmlische“. Der Fokus eines christlichen Lebens, alle<br />
Handlungen und Gedanken, sollen auf Gott hin ausgerichtet<br />
sein!<br />
Paulus belässt es nicht bei dieser sehr allgemeinen<br />
und eher abstrakten Aufforderung. Ab Vers 5 wird diese<br />
Aufforderung mit konkreten Inhalten gefüllt. Dabei<br />
nennt er zuerst die Dinge, von denen sich Christen abwenden<br />
sollen. Die Dinge, die „auf Erden“ sind (Kolosser<br />
3,2), nach denen Christen gerade nicht „trachten“<br />
sollen. Ab Vers 12 benennt er dann ganz praktisch, wie<br />
ein Leben, das nach dem sucht, was droben ist, auch<br />
hier unten auf Erden aussehen wird. Es geht dabei in<br />
keiner Weise um Weltflucht oder um ein weltfremdes<br />
Leben – auch wenn ein solches Verhalten für die Welt<br />
im positiven Sinne befremdlich sein mag.<br />
Hier wird Paulus sehr konkret und praktisch. Diese<br />
Worte sollten jeden Christen dazu herausfordern, all<br />
sein Denken und Handeln sorgfältig zu reflektieren und<br />
sich wo nötig, mit Gottes Hilfe um Veränderung zu be-<br />
9
mühen. Jeder, der schon eine Weile als Christ lebt und<br />
sich um solche Veränderung bemüht, weiß darum, wie<br />
schwer das ist. <strong>Heiligung</strong> – so nennt die Bibel diesen<br />
Veränderungsprozess – ist etwas, das schnell zu Frust<br />
werden kann, wenn man erlebt, dass man immer wieder<br />
an den biblischen Ansprüchen scheitert. Und genau deshalb<br />
belässt es der von Gott inspirierte Apostel Paulus<br />
nicht allein bei seinem Aufruf. Er gibt uns zu Beginn<br />
von Kapitel 3 drei konkrete Motivationshilfen. Er ruft<br />
die Kolosser dazu auf (1) die Vergangenheit, (2) die gegenwärtige<br />
Realität und (3) die Zukunft zu bedenken.<br />
Das wird Christen dabei helfen, immer wieder neue<br />
Motivation und Kraft für ein Leben in der <strong>Heiligung</strong><br />
zu finden.<br />
Motivation zur <strong>Heiligung</strong>: Bedenke<br />
die Vergangenheit<br />
In Vers 1 erinnert Paulus die Christen in Kolossä an<br />
das, was Gott bereits für uns getan hat: „Seid ihr nun<br />
mit Christus auferstanden, so sucht, was droben ist“.<br />
Die erste Motivationshilfe dafür, ein Christushingegebenes<br />
Leben zu führen, ist die Erinnerung daran, dass<br />
wir ohne Christus dieses wahre Leben gar nicht hätten.<br />
Genau das hatte Paulus den Kolossern bereits in Kapitel<br />
2,12-14 erklärt. Ohne diese „Auferstehung“ durch den<br />
Glauben würden wir nicht wirklich leben, sondern einfach<br />
nur existieren – und das auch nur für eine begrenzte<br />
Zeit, bevor uns dann der ewige Tod ereilt. Letztendlich<br />
beschreibt Paulus hier den Zustand aller Menschen<br />
vor dieser „Wiedergeburt mit Christus“ als ein Totsein<br />
in den Sünden. Dieser „gegenwärtige Tod auf Erden“<br />
mündet eines Tages im „ewigen Tod.“ Es sei denn, dass<br />
Menschen hier auf Erden eine Auferstehung mit Christus<br />
– eine geistliche Geburt erleben. Nur dann leben wir<br />
wirklich! Paulus erinnert die Kolosser an das mächtige<br />
Werk der Gnade Gottes. Er verknüpft seinen Aufruf zu<br />
einem Leben für Gott mit der Erinnerung daran, dass<br />
Christen nur deshalb wahres Leben haben, weil der ewige<br />
Sohn Gottes, Jesus Christus, stellvertretend für sie<br />
gestorben und dann am 3. Tage von den Toten auferstanden<br />
ist.<br />
Der auf einem Roman von Victor Hugo basierende<br />
Film „Les Misérables“ illustriert die Kraft dieser Motivationshilfe<br />
sehr eindrücklich. Jean Valejean saß aufgrund<br />
einer Bagatelle und mehreren Fluchtversuchen viele<br />
Jahre im Gefängnis. Nachdem er aus dem Gefängnis<br />
entlassen worden ist, findet er nirgends Unterstützung<br />
oder Aufnahme. Nur ein Bischof hat Mitleid und beherbergt<br />
ihn. Der mittellose und verbitterte Valjean steht<br />
des Nachts auf und stiehlt dem Bischof einen Teil seines<br />
Silbers, wird aber sofort gefangen und zur Beweisaufnahme<br />
zum Haus des Bischofs zurückgebracht. Zur<br />
großen Überraschung Valjeans erklärt der Bischof den<br />
nicht minder verdutzten Polizisten, er habe Valjean das<br />
Silber geschenkt und gibt ihm noch zwei „vergessene“<br />
silberne Kerzenleuchter dazu. Zum Abschied ermahnt er<br />
Valjean, sein Leben zu ändern. Die Gnade, die Valjean<br />
erlebt, verändert ihn grundlegend. Er vergisst niemals,<br />
was der Bischof an diesem Tag für ihn getan hat und<br />
strebt hinfort danach, Gutes zu tun.<br />
Valjean wurde vor dem Weg zurück ins Gefängnis<br />
bewahrt. Doch wir Christen haben eine noch viel größere<br />
Rettung erlebt. Diese sollte auch uns dazu motivieren,<br />
unser Leben voll und ganz für den zu leben, der<br />
sein Leben gab, damit wir wahres Leben haben können.<br />
Erfahrene Liebe ist eine vor allem langfristig viel bessere<br />
Motivation als die Androhung von Strafe.<br />
Motivation zur <strong>Heiligung</strong>: Bedenke<br />
die gegenwärtige Realität<br />
Paulus ruft die Kolosser nicht nur dazu auf, sich an das<br />
zu erinnern, was der Herr für sie getan hat. Am Ende<br />
von Vers 1 betont er, dass auch die gegenwärtige Realität<br />
Motivation für ein auf Gott hin ausgerichtetes Leben<br />
sein sollte. „Seid ihr nun mit Christus auferstanden, so<br />
sucht, was droben ist, wo Christus ist, sitzend zur Rechten<br />
Gottes.“<br />
Christus sitzt jetzt gerade zur Rechten Gottes! Mit<br />
unseren Augen können wir ihn zwar nicht sehen, und<br />
doch ist er real und nicht nur eine ferne Erinnerung<br />
aus längst vergangenen Zeiten! Christen tun gut daran,<br />
mit den Augen des Herzens auf ihn zu sehen. Der Fürst<br />
dieser Welt hält uns ständig irgendwelche Verlockungen<br />
vor Augen. Er will uns ablenken von Christus. Er will<br />
uns einreden, dass Christus uns im Stich gelassen oder<br />
einfach die Dinge nicht im Griff hat. Aber Satan ist ein<br />
großer Lügner, der das große Ziel verfolgt, Menschen<br />
davon abzuhalten, auf Christus zu sehen!<br />
Satan weiß, dass der Herr Jesus Christus auf dem<br />
Thron zur Rechten Gottes sitzt! Jesus ist der König aller<br />
Könige. Er ist der Hohepriester, der für uns Christen<br />
beim Vater eintritt. Und er ist unser Beschützer und<br />
Bewahrer hier auf Erden. Denn durch seinen Heiligen<br />
Geist ist er bei uns alle Tage. So schenkt er uns Erkenntnis<br />
seines Wortes, und so spendet er uns Trost, Zuversicht,<br />
Freude und tiefen Frieden! Durch seinen Geist<br />
wirkt Christus in uns, verändert uns und motiviert uns,<br />
wenn wir seinem Geist Raum geben, indem wir auf<br />
Christus sehen und ihn durch sein Wort zu uns sprechen<br />
lassen.<br />
Das Wissen darum, dass unser Herr uns sieht, dass<br />
Er bei uns ist und uns zur Seite steht, sollte uns motivieren<br />
für Ihn zu leben.<br />
Christus ist der „große Bruder“ aller Christen, der<br />
ihnen über die Schulter schaut und gerne bereit ist, ihnen<br />
dabei zu helfen, ihm immer ähnlicher zu werden!<br />
10
Christus ist wie ein „wohlwollender Meister“, der seinem<br />
Lehrling nicht alle Arbeit abnimmt, aber ihm zur Seite<br />
steht und sich daran freut, wenn der Lehrling Schritt für<br />
Schritt Dinge dazu lernt und ihm immer mehr gelingt!<br />
Christus ist unser gegenwärtiger Beistand und unsere<br />
Hilfe und Er wird uns voller Gnade immer wieder<br />
aufhelfen, wenn wir einmal gefallen sind!<br />
Die zweite Motivation für ein Gotthingegebenes Leben<br />
findet sich also in der Erkenntnis darüber, für wen<br />
wir leben! Wir haben das Privileg, für den zu leben, der<br />
als Herr aller Herrn und König aller Könige auf<br />
dem Thron zur Rechten Gottes sitzt und uns einlädt,<br />
jederzeit vor seinen Gnadenthron zu treten, „damit wir<br />
Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der<br />
Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben“ (Hebräer 4,16).<br />
Motivation zur <strong>Heiligung</strong>: Bedenke<br />
die Zukunft<br />
Nachdem Paulus gelehrt hat, dass sowohl das, was<br />
Christus in der Vergangenheit getan hat, als auch seine<br />
gegenwärtige erhabene Position zur Rechten Gottes sitzend<br />
für Christen ein Antrieb zu einem Leben für Christus<br />
sein sollte, nennt Paulus noch eine dritte Motivation,<br />
indem er auf das hinweist, was noch kommen wird. In<br />
den Versen 3-4 sieht der Apostel Paulus über das Hier<br />
und Jetzt hinaus in Richtung Zukunft: „Denn ihr seid<br />
gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in<br />
Gott. Wenn aber Christus, euer Leben, sich offenbaren<br />
wird, dann werdet ihr auch offenbar werden mit ihm in<br />
Herrlichkeit.“<br />
Paulus betont hier, dass unser Leben nicht ziellos<br />
ist. Christen leben auf ein großartiges Ziel zu. Paulus<br />
selbst hat dieses Ziel klar vor Augen. Davon schreibt er<br />
im Brief an die Philipper: „Nicht, dass ich’s schon ergriffen<br />
habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber<br />
nach, ob ich’s wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus<br />
Jesus ergriffen bin. Meine Brüder, ich schätze mich<br />
selbst noch nicht so ein, dass ich’s ergriffen habe. Eins<br />
aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke<br />
mich aus nach dem, was da vorne ist, und jage nach dem<br />
vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen<br />
Berufung Gottes in Christus Jesus“ (Philipper 3,12-14).<br />
Christen sollten nicht einfach so vor sich hin leben.<br />
Das christliche Leben sollte ein zielorientiertes Leben<br />
sein, denn auf sie wartet ein lohnenswertes Ziel. Wenn<br />
wir an diesem Ziel ankommen, werden wir voll Freude<br />
erkennen, dass ein Leben in der <strong>Heiligung</strong> das Beste<br />
für uns war. Alles andere werden wir bedauern. Deshalb<br />
werden Christen, die das Ziel ihres Glaubens klar vor<br />
Augen haben, danach streben, in der <strong>Heiligung</strong> zu wachsen.<br />
Ein klares Ziel vor Augen gibt Motivation für den<br />
Weg. Vor einiger Zeit hatte ich versprochen, für einen<br />
guten Zweck einen Halbmarathon zu laufen. Dieses Ziel<br />
hat mich dann dazu motiviert, mein normales Laufpensum<br />
zu erhöhen und auch mal joggen zu gehen, wenn<br />
das Wetter nicht so toll ist oder ich einfach keine große<br />
Lust hatte! Als mir dann noch Zielzeiten genannt wurden,<br />
für die ich noch mehr Spendengelder bekommen<br />
würde, war ich zusätzlich dazu motiviert, alles dafür zu<br />
tun, dieses Ziel zu erreichen. Um wie viel mehr sollten<br />
wir motiviert sein, mit aller Kraft „dem Siegespreis der<br />
himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus“ entgegen<br />
zu jagen? Die dritte Motivation für ein Gotthingegebenes<br />
Leben findet sich also in der sicheren Hoffnung<br />
auf eine großartige herrliche Zukunft! Auch auf diesem<br />
Weg zum Ziel wird es immer mal wieder Momente geben,<br />
in denen unsere Motivation nachlässt. Doch in<br />
seiner großen Liebe steht dann unser Herr „als unser<br />
Coach“ am Wegesrand! Durch sein Wort motiviert Er<br />
uns, diesen guten Lauf weiterzulaufen.<br />
Wir haben zuerst gesehen, dass Christus uns an das<br />
erinnert, was Er bereits für uns getan hat! Zweitens hilft<br />
Er uns zu erkennen, dass Er alles im Griff hat und uns<br />
beisteht! Und drittens weist Er uns den Weg zu dem<br />
großen Ziel, so dass wir mit neuem Fokus weiter vorangehen<br />
können! Wir laufen den Lauf der <strong>Heiligung</strong><br />
nicht allein. Gott ist bei uns. Er wirkt in uns das Wollen<br />
und das Vollbringen (Philipper 2,13). Doch wir müssen<br />
laufen – dem Ziel entgegen. Es lohnt sich, denn uns erwartet<br />
ein herrlicher Siegespreis!<br />
Zur Praxis<br />
• Lies Kolosser 3,5-17 täglich eine Woche lang.<br />
• Bitte Gott, dir zu zeigen, in welchen Bereichen deines<br />
Lebens du Veränderung brauchst.<br />
• Lass dich von Gott auf dem Weg zur Veränderung<br />
immer wieder neu motivieren. Achte beim Lesen der<br />
Bibel darauf, was Gott für dich getan hat, wie er dir<br />
gegenwärtig beisteht und was er dir für die Zukunft<br />
verheißt.<br />
Matthias Lohmann (*1971) ist Pastor der FEG München-Mitte.<br />
Vorher studierte er am Reformed Theology Seminary in<br />
Washington, DC. Er ist Mitgründer des reformatorischen<br />
Netzwerks Evangelium21: www.evangelium21.net<br />
11
„Christus ist meine<br />
<strong>Heiligung</strong>!“<br />
Text: Thomas Reiner — Foto: Benji Haisch<br />
Wie kannst du ein heiliges Leben führen, das Gott gefällt? „Das ist<br />
unmöglich“, sagte ein holländischer Pfarrer in Elberfeld. Erst als er<br />
das erkannt hatte, entdeckte er den reichen Trost des Evangeliums.
Wo immer sich Christen in Elberfeld<br />
und Umgebung trafen, redeten sie<br />
mit Vorliebe von Gottes Gnade<br />
und der <strong>Heiligung</strong>. Sie freuten sich<br />
daran, dass Christus am Kreuz die<br />
Strafe für ihre Sünden auf sich genommen hatte. Weil<br />
ihr Herr vom Tod auferweckt wurde, sind sie vor dem<br />
heiligen Gott gerechtfertigt. Nun fragten sie sich, wo in<br />
ihrem Alltag etwas von der neuen Gerechtigkeit sichtbar<br />
werde. Was ist <strong>Heiligung</strong>? In dieser Situation trat ein<br />
holländischer Prediger auf die Kanzel. Dr. Kohlbrügge<br />
sprach mit Freude davon, was Gott ihn vor kurzem erkennen<br />
ließ: Christus ist meine <strong>Heiligung</strong>.<br />
Reiches Erbe aus ärmlichen<br />
Verhältnissen<br />
Hermann Friedrich Kohlbrügge wurde am 15. August<br />
1803 in Amsterdam geboren. Sein Vater kam einst in seiner<br />
Jugend aus der Nähe von Osnabrück nach Holland,<br />
um Handel zu treiben. Anfangs liefen seine Geschäfte<br />
gut, aber später unter der französischen Besetzung des<br />
Landes wurde der Handel eingeschränkt. Darum fiel es<br />
dem Vater immer schwerer, für seine große Familie zu<br />
sorgen. Der Sohn erinnerte sich, dass seine Eltern, wenn<br />
sie in Not waren, gemeinsam die Stube auf- und abgingen<br />
und dabei Psalmen sangen.<br />
Der kleine Fritz war ein zartes und kränkliches<br />
Kind. Fast zwei Jahre lang drohte er blind zu werden.<br />
Immer wieder musste er Tage, ja Wochen im dunklen<br />
Zimmer ausharren, um sich zu schonen. Trotz körperlicher<br />
Schwächen war er ein sehr aufgewecktes Kind.<br />
Ohne besondere Anleitung hat er lesen und schreiben<br />
gelernt und las von Klein an mit Vorliebe in der Bibel.<br />
Die Lichtblicke seiner Jugend waren die Besuche bei<br />
seiner frommen Großmutter. Liebend gerne saß er vor<br />
ihrem großen Kachelofen und hörte gespannt auf die<br />
biblischen Geschichten, während er sich die Bilder dazu<br />
auf den Kacheln ansah. Erst mit zehn Jahren konnte er<br />
regelmäßigen Unterricht besuchen. Neben der Schule<br />
erhielt er beim sogenannten Katechisiermeister den ersten<br />
Unterricht in Gottes Wort und in den lutherischen<br />
Bekenntnisschriften. Die finanzielle Situation der Familie<br />
verschlechterte sich so, dass der Sohn dem Vater in<br />
der Seifensiederei helfen musste. Wann immer es ihm<br />
bei der Arbeit möglich war, griff er zu einem Buch und<br />
versenkte sich ganz darin. Erst mit 16 Jahren erhielt er<br />
von seinem Vater die Erlaubnis, neben der Arbeit weiterführenden<br />
Unterricht zu besuchen und sich seinen<br />
Studien zu widmen.<br />
Der junge Mann hing sehr an seinem Vater. Darum<br />
traf es den zweiundzwanzigjährigen Kohlbrügge hart,<br />
als sein Vater plötzlich erkrankte und starb. Noch auf<br />
seinem Sterbebett nahm der Vater seinem Sohn das Versprechen<br />
ab, dass er alles daran setzen werde, sein theologisches<br />
Studium, das er begonnen hatte, abzuschließen.<br />
Seiner Mutter schrieb der Sohn im Rückblick auf seinen<br />
harten Verlust: „Wahrlich, wäre es anders gekommen,<br />
ich hätte den Herrn wahrscheinlich nie kennen gelernt<br />
und wäre ein Lügenprophet und Baalspriester und Seelenverführer<br />
geworden, wie deren gegenwärtig sehr viele<br />
gefunden werden. Alles, was der Herr unser Gott mit<br />
uns tut, ist Herrlichkeit, Weisheit und Majestät, obwohl<br />
wir es im Augenblick nicht einsehen.“<br />
Der Preis des wahren Evangeliums<br />
Kohlbrügge hielt sein Versprechen und wurde Kandidat<br />
für das Pfarramt in der „wiederhergestellten lutherischen<br />
Kirche“. Er erteilte Privatunterricht, durch den<br />
es ihm nicht nur gelang, seinen eigenen Lebensunterhalt<br />
zu bestreiten, sondern darüber hinaus seine Familie zu<br />
unterstützen. In seiner Studienzeit fand er Gefallen an<br />
der Dichtung und wollte sich von der Mystik näher zu<br />
Gott leiten lassen. Beim Studium der Schriftstelle (Römer<br />
5,1), über die er seine erste Predigt hielt, wurde ihm<br />
klar, wie er zum Heil finden kann. Er predigte darauf:<br />
„Einen anderen Weg als die eigene Tugend und das eigene<br />
Werk gilt es einzuschlagen! Es ist mit uns aus! Der<br />
Glaube allein rechtfertigt. So allein werden wir in das<br />
Königreich der Himmel eingehen. So allein können wir<br />
vor Gott bestehen.“ Das war das Evangelium, das Kohlbrügge<br />
von da an predigte.<br />
Über der Türe der Kirche der wiederhergestellten<br />
lutherischen Gemeinde in Amsterdam stand: „Sie blieben<br />
in der Apostel Lehre!“ Kohlbrügge freute sich über<br />
dieses Bekenntnis, musste aber bald erleben, wie wenig<br />
diese Worte, die an der Kirche standen, in ihr bedeuteten.<br />
Der junge Kandidat war entsetzt über die liberale<br />
Lehre, die der Pfarrer der Gemeinde in einer Predigt vertrat.<br />
Er wandte sich an den Vorsitzenden der Gemeindevertreter,<br />
der ihn aufforderte, seine Klage schriftlich<br />
vorzulegen. In einem Schreiben hielt er darauf fest, dass<br />
der Pfarrer die Lehre davon, dass der Mensch ein verdorbener<br />
Sünder sei und allein durch Gnade gerettet werde,<br />
als gefährliche Schwärmerei bezeichnete. Einigen einflussreichen<br />
Leuten war die deutliche und direkte Art,<br />
in der der junge Kandidat das Evangelium verkündigte,<br />
bereits ein Dorn im Auge. Sie ergriffen die Gelegenheit<br />
und warfen ihm vor, er wolle den älteren und erfahrenen<br />
Prediger aus dem Amt drängen, um seinen Platz einnehmen<br />
zu können. Alle Verhandlungen halfen nichts.<br />
Am Ende wurde der junge Kandidat mit Schimpf und<br />
Schande aus dem Amt entlassen, während sich der Pfarrer<br />
der Gemeinde für seine fragwürdigen Äußerungen<br />
nie verantworten musste.<br />
Der verworfene Kandidat erlebte, welchen Preis es<br />
kosten kann, für die Wahrheit des Evangeliums einzutreten<br />
und nicht davon zu weichen. Weil ihm sofort<br />
der Lohn gestrichen wurde, lebte Kohlbrügge in sehr<br />
ärmlichen Verhältnissen. Menschen beschenkten ihn<br />
und ließen Geld in seiner Wohnung liegen, das er erst<br />
entdeckte, nachdem seine Besucher schon längst wieder<br />
gegangen waren. Der Vormund seiner Braut untersagte<br />
ihr den Umgang mit dem unverschämten Burschen, der<br />
es wagte, in der Kirche Unruhe zu stiften. Als diese aber<br />
13
nicht hören wollte, wurde sie kurzerhand mit Hab und<br />
Gut auf die Straße gestellt. Kohlbrügge half ihr beim<br />
Umzug zu ihrer Großmutter. Diese war von dem jungen<br />
Mann auch nicht angetan und nicht bereit, in eine<br />
Heirat einzuwilligen. Das alles waren die unmittelbaren<br />
Folgen davon, dass der junge Mann, seinem Herrn und<br />
dem Evangelium treu bleiben wollte.<br />
Doktor der Theologie trotz<br />
Universität<br />
Kohlbrügge zog nach Utrecht. Anstatt sich von der<br />
Theologie abzuwenden, studierte er weiter fleißig die<br />
Bibel. Er schrieb eine Dissertation (wissenschaftliche Arbeit,<br />
mit der ein Doktortitel erlangt wird), in der er den<br />
Psalm 45 auslegte. Nach einer gründlichen sprachlichen<br />
Analyse des Textes, erklärte Kohlbrügge, dass im Psalm<br />
vom geistlichen Bund des Messias mit seiner Kirche gesungen<br />
werde. Diese Schlussfolgerung gefiel der theologischen<br />
Fakultät nicht. Kohlbrügge schrieb später: „Ich<br />
wurde Doktor der Theologie trotz der ganzen Universität.<br />
Die Professoren hatten nämlich alles aufgeboten,<br />
um mich zu stürzen, weil ich Psalm 45 von Christo und<br />
seiner Braut, der Gemeinde, auslegte. Das fanden sie<br />
abgeschmackt. Sie meinten, dieser Psalm sei das Hochzeitslied<br />
eines irdischen Königs, und darum wollten sie<br />
mich durchfallen lassen. Sie waren alle tüchtig geschult<br />
und gewappnet dazu, aber eines hatten sie vergessen,<br />
was ich als Kind vor allen Dingen und vor allen anderen<br />
Büchern gelesen hatte, das ist: Gottes Wort. Darin waren<br />
sie nicht beschlagen, und so konnten sie gegen mich<br />
nichts ausrichten. Ich wurde Doktor der Theologie.“<br />
Mit dieser Doktorarbeit gewann er auch seine Braut<br />
oder besser gesagt die Zustimmung der Großmutter. Sie<br />
war von der Art, wie der junge Kohlbrügge den Psalm<br />
auslegte so beeindruckt, dass sie ihrer Enkelin versprach,<br />
dass sie ihn heiraten dürfe, wenn ihr Liebster als Doktor<br />
zurückkommen werde. So wurde am 30. Juli 1829<br />
Hochzeit gefeiert.<br />
Obwohl Kohlbrügge weder ein Pfarramt noch ein<br />
Lehrstuhl an einer Universität angeboten wurde, widmete<br />
er sich weiter dem gründlichen Studium der Bibel.<br />
Er studierte die Werke vieler Theologen und erkannte<br />
schließlich durch die Schriften Calvins und Olevians,<br />
dass die reformierte Lehre ganz dem Zeugnis der Bibel<br />
entspricht. Als Konsequenz dieser Studien wandte er<br />
sich an die reformierte Kirche seines Landes und bat, als<br />
Glied aufgenommen zu werden. Anfangs schien es, als<br />
ob man den jungen Theologen, der sein neu erlangtes<br />
reformiertes Bekenntnis gut darlegen konnte, mit offenen<br />
Armen empfangen wollte. Schon bald wurde aber<br />
deutlich, dass ihn die Geschichte aus Amsterdam wieder<br />
einholte. Man wollte keinen aufrührerischen Menschen<br />
in den eigenen Reihen. So schob man seinen Antrag<br />
hin und her, verschleppte ihn und gab ihm schließlich<br />
Bescheid, dass man keinen Unruhestifter in der Kirche<br />
dulden könne.<br />
Diese Auseinandersetzung kostete ihn sehr viel<br />
Kraft. Als dann schon im vierten Ehejahr seine Frau<br />
starb, die er liebevoll auf ihrem Sterbebett gepflegt hatte,<br />
war er mit seiner Kraft am Ende. Sein Arzt hielt den Gesundheitszustand<br />
des trauernden Witwers für bedenk-<br />
lich und riet ihm zu einer Luftveränderung. Kohlbrügge<br />
machte eine Reise den Rhein hinauf. Unterwegs wurde<br />
er nach Elberfeld eingeladen.<br />
Das grosse Heil für schwache<br />
Menschen<br />
Der erschöpfte Theologe kam dort mit Menschen in<br />
Kontakt, die die Frage bewegte, wie sie ein Leben führen<br />
können, das Gott gefällt. Es war wohl kein Zufall, dass<br />
gerade dieser geschwächte Mann, der in seiner Schwachheit<br />
seinen Glauben und seine Hoffnung auf Gott und<br />
seine Gerechtigkeit nie verloren hatte, eine außergewöhnliche<br />
Antwort auf diese Frage in der Schrift fand.<br />
Die meisten Menschen beschäftigten sich mit der Frage,<br />
wie sie in der <strong>Heiligung</strong> wachsen können. Sie gingen davon<br />
aus, dass sie mit Gottes Hilfe ihr Leben so verändern<br />
können und es ihnen so möglich wäre, ihrem Herrn<br />
immer besser zu gefallen. Kohlbrügge aber stellte zuerst<br />
eine andere Frage: Ist es dem Menschen überhaupt<br />
möglich, dem heiligen Gott zu gefallen? Er las im Römerbrief<br />
(Römer 7,14), dass das Gesetz geistlich sei, der<br />
Mensch aber fleischlich und unter die Sünde verkauft.<br />
Dieser Vers machte ihm den tiefen Graben deutlich, der<br />
zwischen Gott und den Menschen liegt. Der fleischliche<br />
Mensch kann nie etwas tun, was Gott genügen kann.<br />
Darum kann der Mensch sich unmöglich selbst verbessern.<br />
Es gibt nur eines, auf Christus zu vertrauen, der das<br />
ganze Gesetz erfüllt hat – er hat das eine Leben geführt,<br />
das dem himmlischen Vater gefällt. Darum ist Christus<br />
allein die Weisheit, die Gerechtigkeit, die <strong>Heiligung</strong> und<br />
die Erlösung. Der Christ bekommt kein anderes Evangelium<br />
als das, dass Gott Sünder retten will. Als Kohlbrügge<br />
gebeten wurde zu predigen, drängte es ihn, die<br />
Entdeckung, die ihm so viel Freude und Trost gegeben<br />
hat, mit anderen Menschen zu teilen. Diese Botschaft<br />
ließ ihn nie mehr los. Immer wieder sprach er davon:<br />
Der Mensch ist Mensch und Gott ist Gott. Der Mensch<br />
kann niemals tun, was Gott für ihn tat. Darum vertraue<br />
auf ihn und sein Wirken.<br />
Schon im Wuppertal wurde der Lehre des holländischen<br />
Pfarrers widersprochen. Mit dieser Definition<br />
von <strong>Heiligung</strong> waren zwei Lager nicht einverstanden.<br />
Die liberalen Christen wollten nichts davon hören, dass<br />
Gottes Gesetz noch gültig sei. Ihnen war dieses Evangelium<br />
zu hart, das von der gerechten Strafe für die Sünde<br />
sprach. Sie wollten nichts davon hören, dass der Mensch<br />
ein verlorener Sünder sei, der seinem Schöpfer nie genügen<br />
könne. Genau das wollten auch die so genannten<br />
erweckten Christen nicht hören. Sie bemühten sich um<br />
ein heiliges Leben. Ihnen nahm Kohlbrügges Predigt<br />
von der <strong>Heiligung</strong> jedes gute Werk weg. Der Doktor der<br />
Theologie betonte, dass alles Gute, das ein Mensch in<br />
seinem Leben tun kann, die Schuld der Sünde niemals<br />
ungeschehen macht. Viele der erweckten Christen und<br />
Theologen nannten Kohlbrügge einen Antinomisten<br />
– jemanden, der behauptet, dass das Gesetz Gottes nicht<br />
mehr gültig sei. Doch einige Menschen erkannten genauso<br />
wie der Prediger den Trost, der in dieser Lehre<br />
zu finden ist. Je mehr sie diesem Verkündiger zuhörten,<br />
desto mehr verstanden sie, dass die ganze Schrift<br />
von diesem Evangelium spricht. Ihnen wurde klar, dass<br />
14
Hermann Friedrich Kohlbrügge<br />
(undatierte zeitgenößische<br />
Lithografie).<br />
Undatiertes Foto gegen<br />
Ende seines<br />
Lebens.<br />
Elberfeld<br />
im Jahr<br />
1855.<br />
Christen sich nicht dadurch von anderen Menschen<br />
unterscheiden, dass sie Gottes Gesetz erfüllen und ganz<br />
heilig leben, sondern „dass sie sich immerdar ans Wort,<br />
an die Barmherzigkeit Gottes halten und eben darin zeigen,<br />
dass sie, wenn es darum geht, von einer Gerechtigkeit<br />
wissen, welche den anderen fremd ist.“<br />
Eine Lehre für das ganze Leben<br />
Diese Botschaft prägte alles Predigen, Lehren und Schreiben<br />
Kohlbrügges. Er selbst sagte, dass von diesem Tag an<br />
alle seine Predigten aus dem gleichen Guss waren. Während<br />
er vorher immer nach der Wahrheit suchte, hatte er<br />
sie nun gefunden und sprach mit Vorliebe von ihr. An<br />
seinem Herrn, der ihm alles geworden ist, freute er sich<br />
in schönen Zeiten. Seine zweite Frau wurde ihm zu einer<br />
großartigen Partnerin und Stütze in seinem Dienst.<br />
Nachdem er nach Holland zurückgekehrt war, wurde er<br />
als Pfarrer nach Elberfeld berufen. Eigentlich hätte er<br />
lieber einen Dienst in Holland angenommen – und sei<br />
es auch nur im kleinsten Fischerdorf, wie er zu sagen<br />
pflegte. Mit viel innerem Widerstand kam er dem Ruf<br />
der Elberfelder Geschwister nach und predigte zuerst in<br />
seinem Haus. Schon bald wurde die staatsunabhängige<br />
niederländisch-reformierte Kirche gegründet, der er viele<br />
Jahre vorstand. Sein Dienst in Elberfeld wurde auch<br />
in seiner Heimat beachtet. In späteren Jahren wurde er<br />
oft eingeladen, in der reformierten Kirche der Niederlande<br />
zu predigen. Einige Gemeinden wollten ihn sogar<br />
als Pfarrer berufen. Diese Angebote lehnte Kohlbrügge<br />
alle ab. Er wusste nun, dass er nach Elberfeld gehörte.<br />
Die Predigten des Elberfelder Pfarrers wurden auch in<br />
Tschechien, Österreich und in der Schweiz beachtet. In<br />
all seinen Kontakten blieb er immer der Pfarrer, der in<br />
Elberfeld seinen Dienst tat und Menschen das Heil in<br />
Christus zeigte.<br />
Auch in schwierigen Umständen und großen Nöten<br />
blieb Kohlbrügge bei diesem Evangelium, das ihn<br />
stärkte und ihm weiterhin reichen Trost gab. Nach der<br />
reformierten Kirche in Holland ließ auch die Kirche<br />
in Deutschland den scheinbar aufrührerischen Pfarrer<br />
nicht zum Predigtdienst zu. Erst ein Toleranzedikt (Erlass<br />
des Königs, durch den einer Minderheit Rechte zugestanden<br />
werden) machte es möglich, dass in Elberfeld<br />
eine unabhängige Kirche gegründet werden durfte und<br />
Kohlbrügge offiziell predigen konnte. An den theologischen<br />
Fakultäten wurde der Pfarrer aus Elberfeld kaum<br />
beachtet. Was in dieser unabhängigen Kirche gepredigt<br />
wurde, konnte den wissenschaftlichen Ansprüchen der<br />
Theologen nicht genügen. So blieb Kohlbrügge ein Sonderling.<br />
Seine Gesundheit blieb schwach. Immer wieder<br />
hatte er am Sonntag kaum die Kraft, auf die Kanzel zu<br />
gehen. Seine Augen musste er mehrmals behandeln lassen.<br />
Immer wieder schien es, dass er bald erblinde. Vor<br />
ihm starben seine zweite Frau und einige seiner Kinder.<br />
In all diesen Auseinandersetzungen und Nöten blieb er<br />
bei jenem Evangelium, das er in Römer 7,14 entdeckt<br />
hatte: Christus ist meine <strong>Heiligung</strong>. Auf seinem Sterbebett<br />
jubelte er: „Der Sohn Gottes ist es, der mich erlöst<br />
und erkauft hat. Ich habe nichts zu sagen. In dem Namen<br />
Jesu ist Vergebung der Sünden. Sagt es doch allen,<br />
dass in dem Namen Jesu Vergebung der Sünde ist. Das<br />
ist doch einfach.“ Am 5. März 1875 starb Hermann<br />
Friedrich Kohlbrügge.<br />
Zum erweiterten Bibelstudium<br />
• Im Leben Kohlbrügges wird deutlich, dass die<br />
Schwächen, unter denen wir zu leiden haben, zum<br />
Segen werden können. Warum mutet der himmlische<br />
Vater seinen Kindern Schwachheit zu? Lies 2.<br />
Korinther 12,9!<br />
• Paulus ruft in seinen Briefen dazu auf, beim einen<br />
Evangelium zu bleiben (Galater 1,6-9; 2. Korinther<br />
11,2-4). Was ist die Botschaft des Evangeliums? Lies<br />
dazu Römer 1,16-3,28! Wie kann ein Mensch dem<br />
heiligen Gott gerecht werden?<br />
• Christus ist nicht nur die Erlösung von Gottes Kindern,<br />
sondern auch ihre <strong>Heiligung</strong> und Gerechtigkeit<br />
(1. Korinther 1,30). Der Bericht von Petrus, der<br />
zu Jesus aufs Wasser ging, ist eine gute Veranschaulichung<br />
dafür, was mit einem Menschen passiert, der<br />
das sein will, was sein Herr ist. Lies Matthäus 14,22-<br />
32. Worauf hat sich Petrus verlassen? Was ließ ihn<br />
zweifeln? Was hat ihn gerettet?<br />
Wenn du mehr über Hermann Friedrich Kohlbrügge<br />
erfahren willst, findest du unter www.licht-und-recht.de<br />
ausführliche biographische Artikel und viele Predigten<br />
des Elberfelder Pfarrers.<br />
Thomas Reiner (*1970) ist verheiratet und Vater von vier Kindern.<br />
Pfarrer der ERKWB Winterthur in der Schweiz.<br />
15
<strong>Heiligung</strong> gleich<br />
<strong>Heiligung</strong>?<br />
Text: Jörg Wehrenberg — Illustration: Anita Muntean<br />
Wie sieht das Wesen praktischer <strong>Heiligung</strong> aus? Was macht echte,<br />
lebens- und verhaltensändernde <strong>Heiligung</strong> aus? Im ersten Korintherbrief<br />
liefert Apostel Paulus Antworten.
Das Wort „<strong>Heiligung</strong>“ kann im Neuen Testament<br />
sowohl einen Zustand bezeichnen<br />
als auch einen Prozess. Paulus beschreibt<br />
in 1. Korinther 1,30 damit einen Zustand:<br />
„Gott habt ihr es also zu verdanken, dass<br />
ihr in Christus Jesus seid, der uns von Gott her zur Weisheit<br />
gemacht worden ist wie auch zur Gerechtigkeit und<br />
<strong>Heiligung</strong> und zur Erlösung.“ Die <strong>Heiligung</strong> ist hier wie<br />
die Rechtfertigung etwas schon Fertiges, was Gott denen,<br />
die an Christus glauben, zurechnet. Darum kann<br />
Paulus die Christen in Korinth zu Beginn des ersten Korintherbriefes<br />
allesamt als „Heilige“ ansprechen (1,2). In<br />
1. Thessalonicher 4,3 bezieht Paulus den Begriff „<strong>Heiligung</strong>“<br />
auf das Verhalten im täglichen Leben: „Das ist<br />
der Wille Gottes, eure <strong>Heiligung</strong>, dass ihr die Unzucht<br />
meidet.“ (Menge) „<strong>Heiligung</strong>“ beinhaltet hier so viel<br />
wie, dass jemand in seinem täglichen Leben die sexuelle<br />
Unmoral meidet. Die <strong>Heiligung</strong> als Lebensveränderung<br />
setzt die <strong>Heiligung</strong> als von Gott geschenkten und zugerechneten<br />
Zustand voraus.<br />
Mir geht es im weiteren Verlauf um die <strong>Heiligung</strong><br />
im Sinne der Erlernung und Veränderung von Verhaltensweisen,<br />
wie sie dem Willen Gottes entsprechen. Der<br />
Titel dieses Artikels „<strong>Heiligung</strong> gleich <strong>Heiligung</strong>?“ (oder<br />
„Das Wesen der wahren <strong>Heiligung</strong>“) ist also so gemeint:<br />
„Was ist das Wesen der Erlernung und Veränderung<br />
von Verhaltensweisen im Leben von Christen?“ Hierbei<br />
geht es um die Grundlagen, das Ziel und die Mittel der<br />
Lebensveränderung. Das Wesen solcher Lebensveränderung<br />
lässt sich vom ersten Korintherbrief her, der die<br />
Grundlage für die weiteren Ausführungen bildet, so zusammenfassen:<br />
Das Ziel jeglicher Lebensveränderung ist<br />
die Verherrlichung Gottes, die Grundlage dafür ist die<br />
Botschaft vom Gekreuzigten und das Hauptmittel dazu<br />
ist die Weisheit Gottes.<br />
Die Verherrlichung Gottes als Ziel<br />
der Lebensänderung<br />
Das Hauptthema des ersten Korintherbriefes ist die Verherrlichung<br />
Gottes durch das Leben der Christen. Dies<br />
macht ein kurzer Überblick über den Brief deutlich. Er<br />
besteht aus vier Hauptteilen. Im ersten Hauptteil (Kapitel<br />
1-4) setzt Paulus sich mit dem Personenkult einiger<br />
Christen in Korinth auseinander. Sie missbrauchen<br />
die Verkündigung des Evangeliums dazu, Menschen zu<br />
verherrlichen. Paulus erinnert sie daran, dass sie als Gemeinde<br />
der Tempel Gottes sind (3,16.17). Als Tempel<br />
Gottes ist es ihre Bestimmung, Gott zu verherrlichen<br />
und nicht Menschen. Im zweiten Hauptteil (Kapitel<br />
5-7) kommt Paulus auf den Bereich der Sexualität zu<br />
sprechen. Seine Hauptanliegen fasst er diesbezüglich in<br />
6,20 in der Aufforderung zusammen: „Geht mit eurem<br />
Körper so um, dass es Gott Ehre macht!“ Im dritten<br />
Hauptteil (Kapitel 8-14) geht es um die wahre Gottesverehrung.<br />
Paulus fordert die Korinther auf, sich in der<br />
Gemeinde gegenseitig darin zu fördern, Gott zu verherr-<br />
lichen. Er schreibt in 10,31.32: „Was immer ihr tut, ob<br />
ihr esst oder trinkt oder was es auch sei, verhaltet euch<br />
immer so, dass Gott dadurch geehrt wird!“ Im vierten<br />
Hauptteil schließlich (Kapitel 15) ruft Paulus die Korinther<br />
auf, mit Blick auf die leibliche Auferstehung von<br />
den Toten schon jetzt im alten Leib Gott mit vollem<br />
Einsatz zu dienen: „Setzt euch unaufhörlich und mit<br />
ganzer Kraft für die Sache des Herrn ein! Ihr wisst ja,<br />
dass das, was ihr für den Herrn tut, nicht vergeblich ist“<br />
(15,58).<br />
Wichtig ist nun, dass das Ziel der <strong>Heiligung</strong>, die<br />
Verherrlichung Gottes, als eine Sollordnung verstanden<br />
wird, die wir zu erfüllen haben. Es gehört wesentlich<br />
zur Verherrlichung Gottes hinzu, dass wir ihm aus<br />
dem Glauben heraus dienen. Dies beinhaltet als innere<br />
Antriebskraft vor allen Dingen die Liebe zu Gott, die<br />
Dankbarkeit gegenüber Gott und die Freude über Gott.<br />
Wir verherrlichen Gott dann, wenn wir ihm in solchem<br />
Glauben an Jesus Christus dienen. Der Glaube selbst hat<br />
seine Grundlage im Evangelium.<br />
Die Botschaft vom Gekreuzigten<br />
als Grundlage der Verherrlichung<br />
Gottes im täglichen Leben<br />
Wenn es in den Augen von Paulus etwas gibt, womit<br />
er Christen wirksam ermutigen und ermahnen kann,<br />
dann ist es das Evangelium. Und wenn es das Evangelium<br />
nicht tut, dann gibt es sonst nichts, womit man<br />
Christen dazu bringen könnte, Gott mit ihrem Leben<br />
zu verherrlichen.<br />
Paulus fasst das Evangelium in 1,18 als das „Wort<br />
vom Kreuz“ zusammen. Er meint damit die Verkündigung<br />
vom gekreuzigten Retter. Er bezieht sich dabei<br />
sowohl auf den Inhalt als auch auf die Art und Weise,<br />
wie dieser Inhalt weitergegeben wird. Er hält einigen<br />
Korinthern vor Augen, wie unvereinbar es ist, das Evangelium<br />
und seine Verkündigung für einen Personenkult<br />
zu missbrauchen. Die Korinther betreiben unter der<br />
Verkündigung des Evangeliums die Verherrlichung von<br />
Menschen. Dabei hat Gott durch die Art und Weise,<br />
wie er Menschen rettet, Gericht über den Hochmut der<br />
Menschen gehalten (1,18-25). Die Korinther sollen deshalb<br />
damit aufhören, Menschen zu verherrlichen. Stattdessen<br />
sollen sie Gott dafür rühmen, dass er sie, durch<br />
die den Menschen töricht erscheinende Botschaft vom<br />
Gekreuzigten, gerettet hat (1,31).<br />
Im zweiten Hauptteil (Kapitel 5-7) geht Paulus nach<br />
demselben Prinzip vor. Er verankert die Aufforderung,<br />
Gott im Bereich der Sexualität zu verherrlichen (6,20b),<br />
im Evangelium. Er zeigt den Korinthern, was durch ihre<br />
Verbindung mit Jesus Christus Wirklichkeit ist. Zum<br />
einen sind sie durch den Glauben auf das Innigste mit<br />
Christus (6,17) und dem Vater verbunden (6,19). Sie gehören<br />
Christus, da er sie durch seinen Tod am Kreuz als<br />
sein Eigentum erworben hat (6,20a). Er warnt die Korinther<br />
auch durch den Hinweis, dass ein fortwährendes<br />
17
Das Evangelium ist für Paulus die<br />
Grundlage für seine Aufforderung,<br />
ein solches Leben zu führen, durch<br />
das Gott verherrlicht wird.<br />
Leben in Unzucht eigentlich das<br />
Kennzeichen von solchen ist, die<br />
verloren gehen (6,9.10). Er weist<br />
die Christen in Korinth aber darauf<br />
hin, dass für sie durch Gottes<br />
Gnade ein neues Leben begonnen<br />
hat: „Der Schmutz eurer Verfehlungen<br />
ist von euch abgewaschen,<br />
ihr gehört jetzt zu Gottes heiligem<br />
Volk, ihr seid von aller Schuld freigesprochen,<br />
und zwar durch den<br />
Namen von Jesus Christus, dem<br />
Herrn, und durch den Geist unseres<br />
Gottes“ (6,11).<br />
Im dritten Hauptteil (Kapitel<br />
8-14) wird deutlich, dass vom<br />
Evangelium auch dringliche Warnungen<br />
ausgehen können. Paulus<br />
hält in 10,14-22 einigen Christen<br />
in Korinth vor Augen, dass es unvereinbar<br />
ist, einerseits an Christus<br />
zu glauben und andererseits<br />
an Götzenfeiern teilzunehmen. Er<br />
wendet sich in 10,14 zunächst mit<br />
einer klaren Aufforderung an sie:<br />
„Lasst euch unter keinen Umständen<br />
zum Götzendienst verleiten!“<br />
Paulus bezieht sich vor allem auf<br />
die äußere Teilnahme an Götzenfeiern.<br />
Auf Götzenfeiern werden<br />
Dämonen verehrt (10,20). Paulus<br />
möchte nicht, dass Christen an solchen<br />
Feiern teilnehmen, auch nicht<br />
unter dem Vorwand, man wäre innerlich<br />
am Geschehen unbeteiligt.<br />
Christus möchte allein angebetet<br />
werden und nicht zusammen mit<br />
Dämonen. Wer das nicht beherzigt,<br />
den warnt Paulus vor dem Zorn<br />
von Christus (10,22). Gleichwohl<br />
hebt er in 10,16.17 hervor, dass<br />
die Korinther durch den Tod von<br />
Christus sein Eigentum geworden<br />
und zu einer Einheit zusammengeschweißt<br />
worden sind.<br />
Im vierten Hauptteil (Kapitel<br />
15) vertieft Paulus einen Aspekt<br />
des Evangeliums, nämlich die leibliche<br />
Auferstehung von den Toten.<br />
Durch die leibliche Auferstehung<br />
von den Toten werden Christen<br />
dazu befreit, Gott für immer auf<br />
vollkommene Weise zu verherrlichen.<br />
Daher regt Paulus sich sehr<br />
über ihre Gleichgültigkeit hinsichtlich<br />
der leiblichen Auferstehung<br />
auf: „Wenn die Toten nicht auferstehen,<br />
können wir es gleich mit<br />
denen halten, die sagen: ‚Kommt,<br />
wir essen und trinken, denn morgen<br />
sind wir tot‘! Lasst euch durch<br />
solche Reden nicht täuschen!<br />
‚Schlechter Umgang verdirbt auch<br />
den besten Charakter.‘ Kommt<br />
doch einmal richtig zur Besinnung<br />
und hört auf zu sündigen! Denn<br />
einige von euch kennen Gott letztlich<br />
überhaupt nicht. Das muss ich<br />
zu eurer Schande sagen“ (15,32-<br />
34). Am Ende des Kapitels aber begründet<br />
Paulus mit der leiblichen<br />
Auferstehung aufmunternd seine<br />
Aufforderung, schon jetzt im alten,<br />
vergänglichen Leib Gott sein Leben<br />
zur Verfügung zu stellen. Alles<br />
was hier schon zur Verherrlichung<br />
Gottes getan wird, wird einmal<br />
vollendet und ist daher nicht vergeblich<br />
(15,58).<br />
Das Evangelium ist für Paulus<br />
die Grundlage für seine Aufforderung,<br />
ein solches Leben zu führen,<br />
durch das Gott verherrlicht wird.<br />
Er zieht es immer wieder heran,<br />
indem er die Bedeutung des Todes<br />
von Jesus und seiner Auferstehung<br />
für unser Verhalten im alltäglichen<br />
Leben anwendet. Hier wird schon<br />
angedeutet, dass das Evangelium<br />
zugleich Grundlage und Mittel für<br />
ein Leben ist, welches Gott verherrlicht.<br />
Dass das Evangelium das<br />
Mittel zu einem solchen Leben ist,<br />
soll an dem Begriff der „Weisheit<br />
Gottes“ veranschaulicht werden.<br />
Die Weisheit Gottes<br />
als das Hauptmittel<br />
für ein Leben, das Gott<br />
verherrlicht<br />
Paulus spricht in 1,18-2,16 von<br />
der Weisheit Gottes. Er stellt sie<br />
in 1,18-2,5 in einen Gegensatz<br />
zur menschlichen Weisheit. Die<br />
menschliche Weisheit lehnt Gottes<br />
Offenbarung im gekreuzigten<br />
Retter ab. Denn sie strebt danach,<br />
Menschen zu verherrlichen und sie<br />
ahnt, dass in der Errettung durch<br />
einen stellvertretenden Sühnetod<br />
kein Platz zur Verherrlichung von<br />
Menschen bleibt. Die Weisheit<br />
Gottes hingegen offenbart sich in<br />
der Botschaft vom gekreuzigten<br />
Retter. Die Weisheit Gottes strebt<br />
danach, Gott zu verherrlichen. Sie<br />
befreit diejenigen, die von ihr erfüllt<br />
werden, zu einem Leben, in<br />
dem Gott verherrlicht wird.<br />
Paulus schreibt in 2,6a: „Was<br />
wir aber vortragen, ist dennoch<br />
Weisheit – bei den geistlich Gereiften.“<br />
Paulus will hier Folgendes<br />
klar machen: Er selbst verkündigt<br />
die Botschaft vom Kreuz auf eine<br />
Weise, die ihr entspricht, nämlich<br />
unspektakulär, ohne bei den Zuhörern<br />
Eindruck schinden zu wollen<br />
(2,1-5). Das Wort vom Kreuz sowie<br />
die Art seiner Verkündigung erscheinen<br />
dem normalen Menschen<br />
als Dummheit. Und dennoch ist es<br />
so, Vers 6, dass darin Gottes Weisheit<br />
zum Ausdruck kommt. Paulus<br />
verkündet Gottes Weisheit bei oder<br />
unter den geistlich Gereiften.<br />
Um zu verstehen, um was es<br />
sich bei der Weisheit Gottes handelt,<br />
ist es hilfreich, festzustellen,<br />
wen Paulus mit den geistlich Gereiften<br />
meint. Paulus sieht nicht<br />
alle Christen in Korinth als geistlich<br />
gereift an. Er sagt in 3,1: „So habe<br />
denn auch ich, liebe Brüder, zu<br />
18
Das ist es, was wir auch heute<br />
brauchen — Christen, die sich in<br />
der Lehre und im täglichen Leben<br />
als geistlich gereift erweisen.<br />
euch nicht als zu Geistesmenschen<br />
reden können, sondern nur als zu<br />
fleischlich gesinnten Menschen,<br />
nur als zu unmündigen Kindern in<br />
Christus.“ Paulus bezieht sich zurück<br />
auf die Zeit, als sich durch seine<br />
Verkündigung in Korinth eine<br />
Gemeinde gegründet hatte. Er hat<br />
damals schon die Erfahrung mit ihnen<br />
gemacht, dass sie, obschon sie<br />
an Christus glaubten, nur langsam<br />
bestimmte Verhaltensweisen ablegten,<br />
die Gott verunehrten. Was er<br />
ihnen vorhält, ist, dass es jetzt, als<br />
er ihnen den Brief schreibt, immer<br />
noch so ist (3,2). Sie sind „fleischlich“<br />
(3,3), was so viel besagt, dass<br />
sie weitgehend so leben, als hätten<br />
sie den Geist Gottes nicht erhalten.<br />
Paulus stellt nicht in Frage, dass sie<br />
den Geist Gottes erhalten haben.<br />
Nur zeigen sie sich unreif, wenn<br />
es darum geht, das Evangelium auf<br />
das tägliche Leben anzuwenden.<br />
Die Frage, die sich hier stellt,<br />
ist: Wie kommt ein Christ dazu,<br />
das Evangelium so auf sein Leben<br />
anzuwenden, dass Gott verherrlicht<br />
wird? Die Antwort gibt Paulus<br />
in 2,6-16. Der Übergang vom<br />
Evangelium zu einem Leben zur<br />
Ehre Gottes wird durch Gottes<br />
Weisheit vollzogen. Paulus redet<br />
Gottes Weisheit zu den geistlich<br />
Gereiften. Er richtet sich mit der<br />
Botschaft von der Weisheit Gottes<br />
wohl an alle Christen. Aber nicht<br />
alle nehmen sie in gleicher Weise<br />
auf. Manche zeigen sich darin<br />
unreif, Gottes Weisheit zu verinnerlichen.<br />
Andere aber nehmen sie<br />
bereitwillig auf und erweisen sich<br />
damit als gereifte Christen. Oder<br />
aber sie fangen damit an, Gottes<br />
Weisheit anzunehmen, dann werden<br />
sie immer reifer. Die Botschaft<br />
von Gottes Weisheit, so wie Paulus<br />
von ihr spricht, ist nicht identisch<br />
mit dem Wort vom Kreuz, sondern<br />
sie ist die Anwendung des Evangeliums<br />
auf das tägliche Leben. Und<br />
zwar fragt sich derjenige, der gereift<br />
ist: „Wird durch das, was ich tue<br />
und lasse, Gott verherrlicht oder<br />
nicht?“<br />
Der ganze erste Korintherbrief<br />
ist eine Hilfestellung von Paulus,<br />
um Gottes Weisheit zu verinnerlichen.<br />
Er redet, immer wieder<br />
vom Evangelium ausgehend und<br />
zu ihm zurückkehrend, von Gottes<br />
Weisheit. Er sagt den Christen<br />
in Korinth zum Beispiel, was im<br />
Bereich der Sexualität Gott verherrlicht<br />
und was nicht. Jegliche<br />
sexuelle Unmoral verunehrt Gott,<br />
daher sollen Christen sie unbedingt<br />
vermeiden (6,18-20). Und Verheiratete<br />
verherrlichen Gott, wenn<br />
sie einen regelmäßigen ehelichen<br />
Verkehr pflegen (7,1-5). Unverheiratete<br />
verherrlichen Gott, wenn<br />
sie glücklich ehelos leben können<br />
und enthaltsam sind (7,37). Paulus<br />
gibt auch überhaupt nicht alle<br />
Antworten auf jegliche Lebenslage.<br />
Er nennt einige Grundsätze und<br />
wägt dann ab, welche Vorteile Ehelosigkeit<br />
gegenüber dem Ehestand<br />
haben kann. Hier überlässt er dem<br />
Einzelnen die Freiheit, selbstständige<br />
Entscheidungen zu treffen<br />
(7,25-35).<br />
Paulus redet Gottes Weisheit<br />
für geistlich gereifte Christen. Und<br />
wenn sie noch unreif sind, reifen sie<br />
dadurch heran, dass sie die Grundsätze,<br />
die Paulus entfaltet, verinnerlichen.<br />
Damit das geschieht, ist<br />
Paulus nicht nur Lehrer, sondern<br />
auch Vorbild. Er verkörpert Gottes<br />
Weisheit darin, wie er selbst<br />
lebt. Diese Weisheit Gottes zeigt<br />
er in der Art und Weise, wie er die<br />
Korinther ermutigt, ermahnt und,<br />
wenn es sein muss, auch beschämt.<br />
Er verhält sich aber in allem ihnen<br />
gegenüber wie ein Vater (4,14-17).<br />
Er erzählt ihnen, wie er selbst auf<br />
Rechte und auf gesellschaftliches<br />
Ansehen verzichtet, damit er möglichst<br />
frei und wirksam anderen das<br />
Evangelium bezeugen kann (9,19-<br />
23). Darauf aufbauend bittet er die<br />
Korinther: „Folgt meinem Beispiel,<br />
so wie ich dem Beispiel folge, das<br />
Christus uns gegeben hat“ (11,1).<br />
Das ist es, was wir auch heute<br />
brauchen. Wir brauchen Christen,<br />
die sich in der Lehre und im täglichen<br />
Leben als geistlich gereift<br />
erweisen. Wir brauchen Vorbilder,<br />
die unreifen Christen zeigen, wie<br />
ein Leben aussieht, in dem Gott<br />
verherrlicht wird.<br />
Jörg Wehrenberg (*1970) ist freiberuflicher<br />
Theologe. Er studierte Thelogie an<br />
der damaligen FTA Gießen und war anschließend<br />
als Pastor tätig.<br />
19
Warum ist <strong>Heiligung</strong><br />
so wichtig?<br />
Text: Jörn Krebs — Foto: Levi Tijerina<br />
„<strong>Heiligung</strong>“ im Leben eines Nachfolgers bedeutet, darin zu wachsen,<br />
Jesus ähnlicher zu werden. Wieso aber ist die <strong>Heiligung</strong> nicht „optional“,<br />
sondern „notwendig“, um das ewige Leben bei Gott zu erben?<br />
Wie diese Notwendigkeit zu verstehen ist und wie der göttliche und<br />
der menschliche Teil der <strong>Heiligung</strong> zusammenspielen, davon handelt<br />
der folgende Artikel.
Wieso ist es nicht okay, dass ich so<br />
bleibe, wie ich bin? ...Ist nicht eh<br />
alles Gnade? … Ist die Bemühung<br />
um <strong>Heiligung</strong> nicht eigentlich ein<br />
Streben nach Errettung aus Werken?“,<br />
kann man sich im Blick auf das Thema <strong>Heiligung</strong><br />
fragen. Wichtige Fragen, denen wir uns stellen wollen.<br />
Wieso ist nun das Wachstum hin zur Ähnlichkeit mit<br />
Jesus nicht optional, sondern notwendig (Hebräer<br />
12,14)? Jeder, der dies fragt, fängt am besten bei Gott<br />
an. Das Zeugnis der Bibel im Alten und im Neuen Testament<br />
ist in einem klar: Gott ist heilig! (vgl. Jesaja 6,2-<br />
5, Offenbarung 3,7; 4,8). Und er ist nicht nur heilig,<br />
sondern er will, dass sein Volk auch vollkommen heilig<br />
ist: „Denn ich bin der HERR, euer Gott. So heiligt euch<br />
und seid heilig, denn ich bin heilig! “(3. Mose 11, 44;<br />
vgl. 3. Mose 11, 45, 19,2; 20, 7). Auch Jesus spricht:<br />
„Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer<br />
Vater vollkommen ist“ (Matthäus 5, 48; vgl. Vers 8). So<br />
ermahnt auch Petrus: „wie der, welcher euch berufen<br />
hat, heilig ist, seid auch ihr im ganzen Wandel heilig!“<br />
(1. Petrus 1, 14-15). Der Grund für die Notwendigkeit<br />
der <strong>Heiligung</strong> ist also direkt in der Heiligkeit Gottes<br />
verankert und in seinen Ansprüchen an diejenigen, die<br />
seine Nachfolger sein wollen.<br />
<strong>Heiligung</strong>: passiv und aktiv<br />
Gott, als heiliger Gott, mit dem wir in einem Bund stehen,<br />
fordert nicht nur <strong>Heiligung</strong>, sondern er wirkt sie<br />
auch (vgl. 3. Mose 22, 32-33; Hebräer 13, 20-22). So<br />
beginnt die <strong>Heiligung</strong>, wie alles andere im Christenleben,<br />
allein mit der unverdienten Gunst Gottes und basiert<br />
stets auf ihr (1Thessalonicher 5, 23; Hebräer 13,<br />
20-21; 1Korinther 1, 30). Dies ist der göttliche Teil der<br />
<strong>Heiligung</strong>. Aus der Sicht der Menschen ist es der passive<br />
Teil der <strong>Heiligung</strong>. Neben diesem steht der von menschlicher<br />
Seite aktive Teil der <strong>Heiligung</strong>. 1 Als echte Hingabe<br />
an Gott (Römer 6, 13; 8, 13) bleibt echter Glaube<br />
nie allein, sondern vollendet sich in gottgefälligen Taten<br />
(Jakobus 2, 22-24). Es geht aber nicht um bloße<br />
äußere Konformität mit Gottes Gebot ohne durchdringende<br />
Realität, wie es die Pharisäer oft falsch verstanden,<br />
sondern um ein Wachsen in die Ebenbildlichkeit<br />
Christi im Wesen und Leben von innen nach außen, was<br />
Gottes Geist wirkt (2 Korinther 3, 18; Matthäus 5, 20;<br />
Galater 5, 22-23; Römer 8, 29). Die Zeitdauer unserer<br />
<strong>Heiligung</strong> ist ein weiter Aspekt der aktiven <strong>Heiligung</strong>.<br />
Die <strong>Heiligung</strong> erstreckt sich über das ganze Leben und<br />
verlangt aktive Mitarbeit, um die Errettung praktisch<br />
zu verwirklichen (Offenbarung 7, 13-17, Philipper 2,<br />
12-13, 2. Petrus 2, 20-22). Werke, Wesen, Zeitdauer:<br />
mindestens drei Komponenten hat allein der aktive Teil<br />
der <strong>Heiligung</strong>. Es wurde nun gesagt, <strong>Heiligung</strong> sei notwendig.<br />
Aber wie kann man sich diese Notwendigkeit<br />
vorstellen? Um das Wesen dieser Notwendigkeit zu illustrieren,<br />
dienen zwei Fallstudien anhand von zwei Reden<br />
Jesu.<br />
Einmal brannte es bei allen<br />
In Mitten seiner Endzeitreden richtet Jesus das Gleichnis<br />
der zehn Jungfrauen (Matthäus 25, 1-13) an ausgemachte<br />
Nachfolger.<br />
Das Gleichnis handelt davon, wie fünf weise und<br />
fünf törichte Jungfrauen mit ihren Lampen, oder wahrscheinlich<br />
sind es eher Fackeln, auf den Bräutigam<br />
warten, um sich der nächtlichen Hochzeitsprozession<br />
anzuschließen. Das Gleichnis lehnt sich an jüdische<br />
Hochzeitbräuche an, bei denen jeder um die Feierlichkeit<br />
des Anlasses zu ehren, seine eigene Fackel trug. 2<br />
Vom Anfang des Gleichnisses wird streng zwischen<br />
den „weisen“ und den „törichten“ Jungfrauen unterschieden.<br />
Der einzige Unterschied: Die Weisen nehmen<br />
nicht nur ihre Fackeln, sondern auch zusätzliches Öl<br />
zum Nachfüllen mit, was die Törichten nicht tun (Verse<br />
2-4).<br />
Wie üblich warten sie auf das Erscheinen des Bräutigams<br />
und der nächtlichen Prozession, doch diese verspätet<br />
sich, so dass alle Jungfrauen schläfrig werden und<br />
letztlich einschlafen (Vers 5).<br />
Dann aber, vom ankündigenden Rufen der Freunde<br />
des Bräutigams aufgeweckt, stehen alle auf und entzünden<br />
alle ihre Fackeln (Verse 6-7). Alle warten nun<br />
in erhöhter Erwartung auf den Bräutigam. Doch nach<br />
unbekannter Zeit realisieren die törichten Jungfrauen,<br />
dass ihre Fackeln im Begriff sind zu erlöschen und richten<br />
eine Bitte an die weisen: „Gebt uns von eurem Öl!<br />
Denn unsere Fackeln erlöschen!“(Vers 8). Das heißt, es<br />
gab davor eine Zeit, in der der Unterschied an Vorbereitung<br />
dem beiläufigen Beobachter nicht ins Auge gefallen<br />
wäre!<br />
Wirklich genug vorbereitet?<br />
Erst in diesem Moment des überraschenden Rufes wird<br />
die mangelnde Vorbereitung der törichten Jungfrauen<br />
das erste Mal sichtbar. Sie waren vorbereitet, aber<br />
nicht vorbereitet genug! Die Verspätung des Bräutigams<br />
machte die Gesamtlage entbehrungsvoller und kritischer<br />
als je von den dummen Jungfrauen erwartet. Sie haben<br />
es nicht vergessen, Öl mitzubringen, denn ihre Lampen<br />
oder Fackeln hatten ein Maß an Öl, sondern sie hatten<br />
nicht ausreichend Öl für die Herausforderung, die sich<br />
ihnen im Laufe der Zeit stellen sollten.<br />
Als alle noch auf den Bräutigam warten, gehen die<br />
törichten Öl kaufen, und der Bräutigam kommt und<br />
nimmt diejenigen, die unmittelbar bereit sind, mit hinein<br />
in die verschlossenen Räume der Hochzeitsfeierlichkeiten<br />
(Vers 10). Später kommen die törichten Jungfrauen<br />
und rufen leidenschaftlich: „Herr, Herr, öffne<br />
uns!“ Er aber weist sie ab und antwortet: „... ich kenne<br />
euch nicht!“(Verse 11-12), was nicht ein Ausdruck des<br />
Nichtwissens, sondern des persönlichen Scheltens ist.<br />
Ein sehr entscheidendes Merkmal des Gleichnisses<br />
ist das Prinzip des „Nicht-Ausreichens“. Es wiederholt<br />
sich viermal: Fackeln erlöschen (Vers 8b); Die weisen<br />
1 Vgl. Wayne Grudem, Biblische Dogmatik: Eine Einführung in die<br />
systematische Theologie (Bonn, Hamburg: VKW, arche-medien,<br />
2013) 835.<br />
2 Vgl. D.A. Carson, 'Matthew', in: Frank E. Gaebelein (Hrg.) The<br />
Expositor's Bible Commentary: Matthew, Mark, Luke (Grand Rapids:<br />
Zondervan, 1984) 513.<br />
21
antworten:„Nein, damit es nicht etwa für uns und für<br />
euch nicht ausreiche!“(Vers 9b); die törichten sind zu<br />
spät und die Tür geht zu (Vers 10): Der Bräutigam antwortet:<br />
„... ich kenne euch nicht!“(Vers 11-12). All dies<br />
weist auf die unterlassenen aktiven Vorbereitungen hin.<br />
Äusserer Schein oder aktives Sein?<br />
Viele Versuche wurden unternommen, das „Öl“ zu deuten.<br />
Doch die geläufigen Varianten widerstreben dem<br />
Rat der weisen Jungfrauen an ihre Begleiterinnen, als<br />
seien dies menschlich machbare Möglichkeiten: weder<br />
gute Werke, rettenden Glauben, Gnade oder den Heiligen<br />
Geist kann irgendjemand kaufen. Ohne die Symbolik<br />
einzelner Details zu überspannen, kann man am sichersten<br />
sagen, dass das Öl als erzählerische Größe wohl<br />
lediglich dazu dient, den Punkt des Vorbereitet-Seins<br />
hervorzuheben. Es steht im weitesten Sinn für alles, was<br />
eine Einzelperson lebenspraktisch tun muss, um aktiv<br />
vorbereitet vor dem Herrn zu stehen. 1<br />
Im Gleichnis kommt der Punkt, an dem es unmöglich<br />
ist, den Schaden, der durch das Versäumen und<br />
Unterlassen entstanden ist, wieder gut zu machen. Die<br />
letztliche Schelte (Vers 12) ist eine Verwerfung derjenigen,<br />
welche gegen den äußeren Anschein, niemals aktiv<br />
Vorbereitungen trafen. 2 Wie sehr der äußere Schein<br />
zeitweise täuschen kann, darauf weist das Gleichnis hin<br />
und was für eklatante Folgen es hat, aktive Vorbereitungen<br />
zu unterlassen. Im Gegensatz dazu stehen die weisen<br />
Jungfrauen, die aktiv vorbereitet zur rechten Zeit zu seiner<br />
Ehre bereitstehen.<br />
Wie Reben am Weinstock<br />
Eine Passage, die die Verbundenheit von passiver und<br />
aktiver <strong>Heiligung</strong> illustriert und gleichzeitig vor der<br />
Unterlassung aktiver Teilnahme warnt, ist die Rede Jesu<br />
von sich als Weinstock (vgl. Johannes 15, 1-16). Die<br />
fruchtbringenden, bzw. nicht-fruchtbringenden Reben<br />
sind als Ausgangsposition des Gleichnisses zugleich im<br />
Weinstock und stehen für zwei Personengruppen. Die<br />
nicht-fruchtbringenden werden weggenommen (Vers<br />
2). Mit diesen wird eine Person assoziiert, welche nicht<br />
in Jesus bleibt. Als Folge wird diese „weggeworfen wie<br />
eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft<br />
sie ins Feuer und sie müssen brennen“ (Vers 6).<br />
Die Reben aber, die Frucht bringen, werden gereinigt,<br />
damit sie noch mehr Frucht bringen, was etwas<br />
mit guten Werken zu tun hat (Vers 2 und 8). Erneutes<br />
passives Gereinigtwerden und aktives Fruchtbringen<br />
sind bildhaft übertragbar auf das Thema passiver und<br />
aktiver <strong>Heiligung</strong>. Letztlich aber ist alles eine Frage des<br />
In-Jesus-Bleibens, was eine interessante Mischung aus<br />
passivem und aktivem Handeln ist. In diesem Bild gesprochen<br />
greifen aktive und passive <strong>Heiligung</strong> mehrfach<br />
in einander über. Es ist eine erste Welle aus Zusprüchen<br />
göttlichen Wirkens in Verbindung mit Aspekten aktiver<br />
Teilnahme menschlicherseits (In-Jesus-Bleiben und<br />
Fruchtbringen) (Verse 3-5). Dieses Thema wiederholt<br />
1 Vgl. Craig L. Blomberg, Interpreting the Parables (Downers Grove:<br />
Intervarsity Press, 1990) 196.<br />
2 Vgl. Carson, Matthew, 514.<br />
sich kurz darauf, da Jesus spricht: „Wie der Vater mich<br />
geliebt hat, habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner<br />
Liebe!“(Johannes 15, 9). Diese Abfolge und Kombination<br />
ist ein Zeichen dafür, wie nahe Jesus den vollkommen<br />
passiven Teil unserer Rechtfertigung und <strong>Heiligung</strong><br />
allein aus Gnade mit unserem aktiven Teil zusammen<br />
denkt. Sie gehören untrennbar zusammen!<br />
Wie der Sohn im Vater: Gehorsam als<br />
Mittel in Liebe zu „bleiben“<br />
Kurz zuvor hatte Jesus zu seinen Jüngern gesagt: „Wenn<br />
ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten“ (Johannes<br />
14, 15; vgl. 21, 23-24). Und spricht damit die Gesetzmäßigkeit,<br />
dass sich echte Hinwendung zu Gott im<br />
Gehorsam äußern wird. Doch im nächsten Satz äußert<br />
er: „Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner<br />
Liebe bleiben“(Johannes 15, 10). Wir halten seine Rede<br />
mitten im Satz an, um Jesus besser zu verstehen. Jesus<br />
erklärt in dieser Hinsicht Gehorsam nicht, wie kurz zuvor<br />
als Hinweis ihrer Liebe, sondern als Mittel, in seiner<br />
Liebe zu bleiben! 3 (vgl. Judas 21; 1. Johannes 3, 24; 4,<br />
16) Das ist bisher nichts weniger als eine große Herausforderung.<br />
Doch bevor Jesus den Satz zu Ende führt, hat<br />
er die Herausforderung zusätzlich erhöht. Er fährt fort:<br />
„wie auch ich die Gebote meines Vater gehalten habe<br />
und in seiner Liebe bleibe“(Johannes 15, 10). Dies sagte<br />
Jesus kurz vor seinem ultimativen Leiden am Kreuz,<br />
dem ultimativen Gehorsamsakt gegenüber seinem Vater.<br />
Die Logik dahinter ist klar: „Wenn wir die Empfänger<br />
der Liebe Jesu auf eine Weise geworden sind, die vergleichbar<br />
ist, wie er die Liebe des Vater empfangen hat,<br />
dann müssen auch wir mit genau demselben Mittel in<br />
der Liebe Jesu bleiben, wie er in der Liebe des Vaters<br />
geblieben ist: Gehorsam. Und zwar dem totalen Gehorsam,<br />
den Jesus bezeugte und lebte (Johannes 8, 29).“ 4 Im<br />
Johannesevangelium wird der Gehorsam Jesu als einer<br />
der zentralen Aspekte dargestellt, die ihn als Messias ausmachen<br />
(z.B. Johannes 4, 34; 5, 19-21; 6, 38; 8, 29, 55).<br />
An anderer Stelle versichert dieser Gehorsam Jesu, dass<br />
sein Tun wirklich göttlich ist (vgl. Johannes 5, 19-20).<br />
Die praktische Spannung zwischen diesem Anspruch,<br />
den wir schuldig sind zu erfüllen und der Lebensrealität<br />
gefallener Nachfolger wird im 1. Johannesbrief vertieft<br />
(vgl. z.B. 1. Johannes 1, 6-10; 2, 3-6; 3, 24;). Allgemein<br />
lässt sich sagen, dass sich im Evangelium der Anspruch<br />
des neuen Gesetzes und der Zuspruch göttlicher Gnade<br />
gegenseitig vertiefen. 5<br />
3 Vgl. D.A. Carson, Farewell Discourse and Final Prayer of Jesus: An<br />
Exposition of John 14-17 (Grand Rapids: Baker Book House, 1980)<br />
98.<br />
4 D.A. Carson, The Gospel according to John (Cambridge, Grand<br />
Rapids, Leicester: Eerdmans, Apollos, 1991) 520.<br />
5 Vgl. Ebd, 520-521. John M. Frame, Doctrine of the Christian Life<br />
(Phillipsburg: P&R Publishing, 2008) 915-917. Frame schreibt<br />
u.a. im Blick auf das neue Gesetz der Liebe (Johannes 13, 34-35):<br />
„Der Standard der Liebe ist nun die Weise, wie sich Christus selbst<br />
für uns am Kreuz hingegeben hat. Liebe ist immer noch ein göttliches<br />
Gebot, ein Teil des Gesetzes. Aber das Werk Christi hat das<br />
Gebot auf radikale Weise vertieft. ... Gesetz und Gnade sind in<br />
einander verwickelt. Das Gesetz definiert unsere Not, welche das<br />
Evangelium sättigt. Das Evangelium zeigt uns die wahre Tiefe des<br />
Gesetzes und wendet uns zu einem Leben von Buße und Glauben.“<br />
(Seite 916-917) (vgl. 1. Johannes 4, 11-12, 16)<br />
22
Es ist die Verantwortung eines<br />
Nachfolgers, in der Liebe Jesu zu bleiben!<br />
Der Urheber des Heils ruft<br />
Aber es ist überaus deutlich, wie Jesus den Anspruch<br />
nach radikalem Gehorsam nicht als bloße moralische<br />
Weisung weitergibt, mit der Erwartung, dass seine Hörer<br />
dies aus sich heraus könnten. Im Gegensatz dazu<br />
weist er seine Jünger auf sich und sein Werk als den<br />
Anfang und Ausgangspunkt hin, um ihm im Gehorsam<br />
zu folgen! (vgl. Johannes 15, 10b). Es heißt später:<br />
„[Er] lernte, obwohl er Sohn war, an dem, was er litt,<br />
den Gehorsam; und vollendet ist er allen, die ihm gehorchen,<br />
der Urheber ewigen Heils geworden“ (Hebräer<br />
5, 8-9). Mit anderen Worten: Der Sieg seines Gehorsams<br />
am Kreuz wird zur Quelle unseres Gehorsams in<br />
unserem Leben, und unser Gehorsam wird zum Mittel,<br />
in seiner Liebe zu bleiben (vgl. Johannes 15, 9-10).<br />
Ein spannungsreicher Kreis schließt sich. Und wir tun<br />
gut daran, ihn nicht zugunsten unserer Bequemlichkeit<br />
aufzulösen, indem wir die Notwendigkeit der <strong>Heiligung</strong><br />
locker nehmen!In dem Aspekt des Gehorsams als Mittel,<br />
in der Liebe Gottes zu bleiben, liegt der Ruf zur aktiven<br />
<strong>Heiligung</strong>! Und der Ruf dazu ergeht durch niemand geringeren,<br />
als den ewigen und gehorsamen Sohn, der das<br />
perfekt abbildende und absolut gültige Wort des Vaters<br />
ist (vgl. Johannes 1, 1-3; Offenbarung 19, 11-15). Er hat<br />
das Erlösungswerk vollbracht! (vgl. Johannes 19, 30).<br />
Der Ruf nach der Forderung aktiver <strong>Heiligung</strong> ist<br />
eindeutig zu unterscheiden von einer Rückkehr zur<br />
Werksgerechtigkeit (Matthäus 22, 4, 9, 12; Johannes 15,<br />
3) und ist in keiner Weise eine Verwerfung einer hohen<br />
Sicht göttlicher Erwählung (Matthäus 22, 14; Johannes<br />
15, 16), auch wenn menschlicherseits eine Spannung<br />
bleibt. 6 Es ist die Verantwortung eines Nachfolgers, in<br />
der Liebe Jesu zu bleiben, und er verwirklicht dies durch<br />
Gehorsam, einem Ausdruck aktiver <strong>Heiligung</strong>.<br />
In der Lebenswirklichkeit<br />
Für die eigene Lebenswirklichkeit ist zu bedenken:<br />
• Ist bei mir wirklich alles Jüngerschaft oder Nachfolge,<br />
was ich so nenne? Bin ich wirklich bereit, den<br />
Preis zu zahlen, den nicht ich, sondern den Jesus<br />
nennt? Oder bin ich nur mein „eigener“ Jünger und<br />
folge letztlich nur mir selbst und meiner Nase?<br />
Dem vermeintlich Sicherem und im Glauben Bequemem<br />
sei daher gesagt: Wie nahe kannst du im<br />
Glauben bzw. in der Nachfolge „erscheinen“, aber es<br />
nicht sein? Der Unterschied ist letztlich gravierend<br />
(vgl. Offenbarung 21, 8, 27).<br />
• Was nicht mit einem Ruf aktiver <strong>Heiligung</strong> gemeint<br />
ist, ist Menschen zu verunsichern, die sich bereits intensiv<br />
danach sehnen, dass ihr Wesen und Leben von<br />
Gott verändert wird und sie in Ähnlichkeit zu Jesus<br />
wachsen. Ihr Streben danach wird von Gott reichlich<br />
belohnt (2. Petrus 1, 5-11). In aller scheinbaren<br />
Schwachheit hat Gott seinen Weg und der Schwache<br />
ist bereits in Christus wohlgefällig! (Sprüche 24,<br />
16; Psalm 51, 19; Zefanja 3, 16-17; Offenbarung 7,<br />
13-17). Das Evangelium der Gnade ist der Weg des<br />
Lebens, auf dem wir gehen und Lebensveränderung<br />
finden. 7 Der Herr weiß, dich zu seiner Ehre makellos<br />
zu bewahren und in großer Freude gottgefällig<br />
vorzubereiten! (vgl. Judas 24-25).<br />
6 Denn sonst hätte Paulus auch nicht sagen können, was in Hinsicht<br />
beider möglicher Einwände gilt: „Daher, meine Geliebten ...<br />
bewirkt euer Heil mit Furcht und Zittern! Denn Gott ist es, der<br />
in euch wirkt, sowohl das Wollen als auch das Wirken zu seinem<br />
Wohlgefallen“ (Philipper 2, 12-13). Es geht nicht um das Erlangen<br />
von Perfektion oder darum, sich das Heil aus sich zu verdienen.<br />
Sondern es geht darum, lebenspraktisch in ein Erbe einzutreten<br />
und dieses einzulösen, was durch göttliche Gnade bereitet wird.<br />
Offenbar kann das äußerst intensiv sein.<br />
Echter Glaube erweist sich gerade darin, dass er bis ans Ende<br />
anhält (vgl. Hebräer 3, 14; 2 Johannes 9; Matthäus 10, 22; 24,<br />
12-13) und unechter Glaube darin, dass er dies nicht tut (vgl.<br />
Markus 4, 16-19; 1 Johannes 2, 19; 3,9). (vgl. Carson, Farewell<br />
Discourse, 97-99.) Aber damit ist nicht gesagt, dass es unter echten<br />
Gotteskindern keine Zeiten von Glaubensschwäche, Verirrungen<br />
oder Rückfällen gäbe (vgl. Johannes 16, 30-33; Jakobus 5, 19-20).<br />
Doch die wiederholte Rückkehr zu gehorsamem Glauben als Ausdruck<br />
aktiver <strong>Heiligung</strong> ist auch auf dieser Wegstrecke des Lebens<br />
unerlässlich. Hierbei geht es aber nicht um die Praxis ständiger<br />
„Fehlersuche“ bei sich und anderen und die unaufhörliche Angst<br />
vor Fehlern oder Gottes Strafe (vgl. 1. Johannes 3, 20; 4, 16-19;<br />
Matthäus 25, 24-26). Bei Fragen zu den Themen 'Christ bleiben',<br />
göttliche Bewahrung des Heils der Gläubigen und persönliche<br />
Heilsgewissheit siehe: Grudem, Biblische Dogmatik, 873-899.<br />
Jörn Krebs (*1983) wohnt und arbeitet in der Schweiz. Nach<br />
seinem Theologiestudium arbeitet er an einer Forschungsarbeit<br />
über John Owen. Zudem ist er auch als Prediger aktiv. Jörns<br />
Blog: www.gottundleben.wordpress.com<br />
7 vgl. Scott Thomas und Tom Wood, Gospel Coach: Sheperding Leaders<br />
to Glorify God (Grand Rapids: Zondervan, 2012) 98.<br />
23
SCHRIFTGELEHRT<br />
Die Rubrik zum<br />
Alten Testament.
Lektion in Heiligkeit<br />
Text: Andreas Münch — Foto: Kevin Russ<br />
Wenn es um das Thema <strong>Heiligung</strong> im Alten Testament geht, muss<br />
man gar nicht lange überlegen, welches alttestamentliche Buch am<br />
aussagekräftigsten ist. Denn Gott ist die <strong>Heiligung</strong> Seines Volkes so<br />
wichtig, dass Er ein ganzes Buch dazu aufschreiben ließ. Ein Buch,<br />
das heute mit die wenigste Beachtung in unseren Gemeinden findet<br />
– Levitikus oder auch 3. Buch Mose genannt.<br />
Ich gebe zu, dass dieses Buch keine einfache Lektüre<br />
darstellt. Doch in diesem Artikel möchte<br />
ich dir gerne aufzeigen, warum dieses Buch seinen<br />
Platz in der Bibel hat und welchen Wert es<br />
für dich heute hat.<br />
Wie eine erweiterte Fassung<br />
Im Regal mit meinen DVDs steht unter anderen auch<br />
die Herr-der-Ringe-Trilogie von Peter Jackson. Und<br />
zwar die erweiterte Fassung. Im Gegensatz zur Kinofassung<br />
enthält die Special Edition fast 3 Stunden mehr<br />
Spielfilm! Sofern man die Filme mag und einmal die<br />
erweiterte Fassung gesehen hat, wird man vermutlich<br />
nicht mehr auf die normale Fassung zurückgreifen wollen.<br />
Zumindest geht es mir so. Warum wohl? Nun, in<br />
der erweiterten Fassung werden viele Dinge gezeigt und<br />
erklärt, die der ganzen Geschichte viel mehr Tiefe verleihen,<br />
so dass man die Story viel besser verstehen und<br />
nachvollziehen kann.<br />
In der Unterhaltung – wie bei einem Film – ist dieses<br />
Prinzip der Vertiefung von gewissen Dingen angenehm,<br />
aber nicht notwendig. Im echten Leben hingegen ist<br />
es oftmals unentbehrlich, wie z.B. bei der Kindererziehung.<br />
In Bezug auf die geistlich realen und ewigen Dinge<br />
Gottes ist es absolut lebensnotwendig!<br />
Was hat das Ganze nun mit <strong>Heiligung</strong> zu tun? Nun,<br />
das 3. Buch Mose ist im Grunde die erweiterte Fassung<br />
von Exodus, dem 2. Buch Mose. Exodus ist das Buch, in<br />
dem Gott sich als Jahwe, dem Gott Israels, vorstellt. In<br />
3. Mose stellt sich Gott Seinem Volk weiter vor, so dass<br />
es wirklich ein Gespür für Sein Wesen bekommt. Da die<br />
alles überragende Eigenschaft Gottes Seine Heiligkeit<br />
ist, verwundert es nicht, dass Gott diesem Thema ein<br />
ganzes Buch widmete.<br />
Unterricht in Heiligkeit<br />
Nachdem sich Gott den Israeliten vor allem als der Allmächtige<br />
anhand der 10 Plagen und dem Auszug aus<br />
Ägypten offenbarte und das Volk in der Wüste lagerte,<br />
war es an der Zeit, ihnen das Wesen und die Prinzipien<br />
der Heiligkeit aufzuzeigen.<br />
Das Buch Exodus endete mit dem Bericht, dass die<br />
Israeliten die Stiftshütte einweihten und Gott sichtbar<br />
für das Volk in Form einer Wolke das Allerheiligste erfüllte<br />
(vgl. 2. Mose 40,34-35). 3. Mose beginnt damit,<br />
dass Gott Mose zu sich in die Stiftshütte ruft, um ihn<br />
und den Priester Aaron über Seinen Willen zu informieren.<br />
Was nun folgt ist die längste wörtliche Rede Gottes<br />
in der ganzen Bibel. Bis auf die Amtseinführung von<br />
Aaron und seinen Söhnen in den Priesterdienst in den<br />
Kapiteln 8-10 und einem Bericht in Kapitel 24,10-23<br />
enthält 3. Mose ausschließlich Anweisungen Gottes, die<br />
ein großes Ziel verfolgen – das Volk in Sachen Heilig-<br />
25
keit zu unterrichten: Und ihr sollt<br />
mir heilig sein, denn ich bin heilig,<br />
ich der HERR. Und ich habe euch<br />
von den Völkern ausgesondert, um<br />
mein zu sein (3. Mose 20,26).<br />
Warum war es überhaupt nötig,<br />
dass Gott einen solchen Schwerpunkt<br />
auf die <strong>Heiligung</strong> Seines<br />
Volkes legte? Eine klare Antwort<br />
liefert A.W. Tozer: „Vierhundert<br />
Jahre lang lebte das Volk Israel in<br />
Ägypten und war während dieser<br />
Zeit von einer der schlimmsten<br />
Formen des Götzendienstes umgeben.<br />
Durch Moses Hilfe konnten<br />
sie schließlich dieses Land verlassen<br />
und machten sich auf den Weg<br />
in das Land der Verheißung. Sie<br />
hatten jede Vorstellung von dem,<br />
was heilig ist, verloren. Um diesen<br />
Zustand zu korrigieren, fing Gott<br />
ganz unten an. Er zeigte sich ihnen<br />
in der Wolke und im Feuer, und<br />
als später die Stiftshütte gebaut<br />
wurde, war er in der Feuerflamme<br />
im Allerheiligsten gegenwärtig.<br />
Durch unzählige Unterscheidungen<br />
lehrte Gott das Volk Israel den<br />
Unterschied zwischen heilig und<br />
nicht-heilig. Es gab heilige Tage,<br />
heilige Gefäße, heilige Gewänder;<br />
es gab Waschungen und Opfergaben<br />
der unterschiedlichsten Art.<br />
Mit Hilfe dieser Dinge lernte das<br />
Volk Israel zu erkennen, daß Gott<br />
heilig ist. Das war es, was Gott<br />
ihnen zeigen wollte, nicht daß bestimmte<br />
Dinge oder Orte heilig<br />
sind. Sie sollten die Heiligkeit Gottes<br />
erkennen und begreifen.“ 1<br />
Was Gott Israel hier in der<br />
Wüste vor tausenden von Jahren<br />
offenbarte, hat an Relevanz für uns<br />
Christen nichts eingebüßt, denn<br />
das grundlegende Prinzip der <strong>Heiligung</strong><br />
der Kinder Gottes gilt uns<br />
gleichermaßen. Der Apostel Petrus<br />
zitiert aus 3. Mose 11,44-45<br />
und kommentiert: Richtet euch<br />
als gehorsame Kinder Gottes nicht<br />
mehr nach den eigensüchtigen<br />
1 Aiden Wilson Tozer, Gottes Nähe suchen,<br />
Hänssler, 2008, S.125.<br />
Wünschen aus jener früheren Zeit,<br />
als ihr noch nichts von Christus<br />
wusstet. Der, der euch berufen hat,<br />
ist heilig; darum sollt auch ihr ein<br />
durch und durch geheiligtes Leben<br />
führen. Es heißt ja in der Schrift:<br />
„Ihr sollt heilig sein, denn ich bin<br />
heilig“ (1. Petrus 1,14-16).<br />
Diese Aufforderung zur <strong>Heiligung</strong><br />
finden wir im 3. Buch Mose<br />
insgesamt sechs mal (3. Mose<br />
11,44-45; 19,2; 20,7.26; 21,8).<br />
Interessant dabei ist, dass dieses<br />
Gebot einzigartig ist. Von keinem<br />
anderen Volk des Alten Testaments<br />
wissen wir, dass ein ähnlicher Befehl<br />
ergangen wäre. Nur der Gott<br />
der Bibel gebietet die <strong>Heiligung</strong>,<br />
weil Er selber heilig ist!<br />
Gehen wir nun auf die Frage<br />
ein, was das praktisch zu bedeuten<br />
hat. Denn sicherlich hast du dir<br />
schon einmal die Frage gestellt, was<br />
all die einzelnen Opferanweisungen<br />
und rituellen Vorschriften zu<br />
bedeuten haben?<br />
All die verschiedenen Opfer<br />
und Rituale sollen im Kern zwei<br />
wichtige geistliche Prinzipien vermitteln.<br />
1. Wie ist Gemeinschaft<br />
mit einem heiligen<br />
Gott möglich? – Die<br />
Grundlage für die<br />
<strong>Heiligung</strong> im Alten<br />
Testament<br />
Allzu viele Religionen und Prediger<br />
stellen die Beziehung zwischen<br />
Gott und Mensch so dar, als ob es<br />
das einfachste der Welt wäre. Die<br />
Bibel – und insbesondere 3. Mose<br />
– stellt jedoch fest, dass es alles andere<br />
als leicht ist, eine Beziehung<br />
zu diesem heiligen Gott zu haben.<br />
Unsere von der Sünde verdorbene<br />
Natur macht es absolut unmöglich,<br />
dass wir uns Gott nahen können.<br />
Eine Beziehung zu Gott kann<br />
erst stattfinden, wenn Gott uns<br />
von unserer Sünde befreit. Und<br />
dazu sind Opfer nötig. In den<br />
Kapiteln 1-16 lesen wir von zahlreichen<br />
Opfervorschriften, die die<br />
Israeliten einhalten mussten, damit<br />
Gott ihnen ihre Schuld vergeben<br />
konnte. Insbesondere in Kapitel 16<br />
wird das deutlich illustriert anhand<br />
des großen Versöhnungstages. An<br />
diesem Tag wurden die Sünden des<br />
ganzen Volkes von einem Jahr gesühnt.<br />
Was die Israeliten – und wir<br />
– lernen sollten war, dass die Beziehung<br />
zu Gott etwas kostet – und<br />
zwar nicht wenig.<br />
Angesichts der Heiligkeit<br />
Gottes sollten dennoch Zweifel<br />
aufkommen, ob diese alttestamentlichen<br />
Tieropfer vollkommen<br />
ausreichend waren, um umfassend<br />
für die Sünde zu bezahlen. Und<br />
die Antwort ist ein klares Nein!<br />
Denn all die Opfer waren lediglich<br />
ein Hinweis auf das vollkommene<br />
Opfer, das im stellvertretenden Tod<br />
Jesu am Kreuz von Golgatha seinen<br />
Ausdruck fand. Denn der Schreiber<br />
des Hebräerbriefes schrieb: Jetzt<br />
aber ist diese Zeit angebrochen,<br />
denn jetzt ist Christus gekommen,<br />
der Hohepriester, der uns die wahren<br />
Güter gebracht hat. Er hat ein<br />
größeres und vollkommeneres Zelt<br />
durchschritten, ein Zelt, das nicht<br />
von Menschen gemacht wurde und<br />
nicht zu dieser Schöpfung gehört.<br />
Und was ihm den Weg ins Heiligtum<br />
öffnete, war nicht das Blut von<br />
Böcken und Kälbern, sondern sein<br />
eigenes Blut. Ein einziges Mal ist er<br />
hineingegangen, und die Erlösung,<br />
die er bewirkt hat, gilt für immer<br />
und ewig (Hebräer 9,11-12).<br />
3. Mose möchte uns verstehen<br />
helfen, was es Gott gekostet hat,<br />
die Beziehung zu Ihm wiederherzustellen.<br />
2. Wie sieht die<br />
Gemeinschaft mit<br />
einem heiligen Gott<br />
aus? – Die Praxis der<br />
<strong>Heiligung</strong> im Alten<br />
Testament<br />
Nachdem durch die Opfer deutlich<br />
geworden war, wie die Beziehung<br />
zu Gott ermöglicht wurde, ging es<br />
im Weiteren darum, wie sich Gott<br />
26
die Beziehung praktisch vorstellte.<br />
Wie gestaltete sich die Beziehung<br />
und das alltägliche Leben mit einem<br />
heiligen Gott? Diese Frage<br />
wird in den Kapiteln 17-27 beantwortet.<br />
Anhand von zahlreichen<br />
praktischen Beispielen lehrte Gott<br />
das Volk, was es für sie bedeutete,<br />
einen heiligen Lebenswandel zu<br />
führen: Und ihr sollt meine Gebote<br />
halten und sie tun. Ich bin<br />
der HERR. Und ihr sollt meinen<br />
heiligen Namen nicht entweihen,<br />
damit ich geheiligt werde in der<br />
Mitte der Söhne Israel. Ich bin der<br />
HERR, der euch heiligt (3. Mose<br />
22,31-32).<br />
Auch wenn die Anweisungen<br />
aus 3. Mose sich nicht mehr eins zu<br />
eins auf unser heutiges Leben übertragen<br />
lassen, so sind die Prinzipien<br />
dennoch dieselben. Wenn Paulus<br />
uns Christen schreibt, dass wir alles<br />
zur Ehre Gottes tun sollen, auch so<br />
alltägliche Dinge wie trinken und<br />
essen (vgl. 1. Korinther 10,31),<br />
dann möchte er damit sagen, dass<br />
<strong>Heiligung</strong> etwas Praktisches ist, das<br />
sich im Alltag zeigt. Genau die gleiche<br />
Absicht hat das 3. Buch Mose.<br />
Denn die Gebote und Rituale streifen<br />
jeden Bereich des menschlichen<br />
Lebens. Israels Nachbarvölker sollten<br />
das Leben von Gottes Volk beobachten<br />
und dabei erkennen, dass<br />
sie nach völlig anderen Maßstäben<br />
lebten als sie selber. Und genau das<br />
ist es auch, was wir als Christen<br />
ebenfalls tun sollen: Richtet euch<br />
nicht länger nach den Maßstäben<br />
dieser Welt, sondern lernt, in einer<br />
neuen Weise zu denken, damit ihr<br />
verändert werdet und beurteilen<br />
könnt, ob etwas Gottes Wille ist –<br />
ob es gut ist, ob Gott Freude daran<br />
hat und ob es vollkommen ist (Römer<br />
12,2).<br />
Ein entscheidender Unterschied<br />
ist, dass die Israeliten nicht<br />
in dem Maße vom Heiligen Geist<br />
unterrichtet wurden, wie es heute<br />
bei uns neutestamentlichen Gläubigen<br />
der Fall ist. Das Volk Israel<br />
brauchte in gewisser Weise all die<br />
einzelnen Regeln, um Gottes Willen<br />
zu erkennen. In unserem Fall<br />
geht es weniger darum, peinlich<br />
genau Regeln einzuhalten, sondern<br />
ein göttliches Prinzip zu verstehen<br />
und umzusetzen. Dabei unterstützt<br />
uns der Heilige Geist. Ein Beispiel<br />
dazu: Nach alttestamentlicher<br />
Weise würde Gott uns heute eine<br />
Liste mit Filmen geben und sagen:<br />
Den Film darfst du gucken und<br />
jenen nicht! Heute erwartet Gott<br />
von uns, dass wir mit Hilfe Seines<br />
Heiligen Geistes selber prüfen, ob<br />
es gut für uns ist, wenn wir einen<br />
bestimmten Film schauen. Das ist<br />
die christliche Freiheit, die wir heute<br />
haben.<br />
Doch auch unser Prinzip der<br />
Freiheit wird durch eine Weisung<br />
aus dem 3. Buch Mose näher definiert:<br />
Geschwister, ihr seid zur Freiheit<br />
berufen! Doch gebraucht eure<br />
Freiheit nicht als Vorwand, um die<br />
Wünsche eurer selbstsüchtigen Natur<br />
zu befriedigen, sondern dient<br />
einander in Liebe. Denn das ganze<br />
Gesetz ist in einem einzigen Wort<br />
zusammengefasst, in dem Gebot:<br />
„Du sollst deinen Nächsten lieben<br />
wie dich selbst“ (3. Mose 19,18 zitiert<br />
in Galater 5,13-14).<br />
Im Alten Testament gab Gott<br />
einzelne Anweisungen, was es praktisch<br />
bedeutete, seinen Nächsten<br />
zu lieben, z.B. gab es das Gesetz,<br />
dass man einem Tagelöhner noch<br />
am selben Tag seinen Lohn geben<br />
musste, damit dieser sich etwas<br />
zu essen kaufen konnte (3. Mose<br />
19,13). Im Neuen Testament sind<br />
die Befehle an uns Christen sehr<br />
allgemein gehalten, weil Gott uns<br />
durch Seinen Heiligen Geist befähigt,<br />
selber in der einzelnen Situation<br />
zu entscheiden, was nun Gottes<br />
Wille wäre oder was nicht.<br />
Auch wenn es gut ist, dass wir<br />
heute keinen Regelkatalog mehr<br />
haben, so sind die alttestamentlichen<br />
Gesetze doch eine wertvolle<br />
Hilfe für uns, um Gottes generellen<br />
Willen für unterschiedliche Situationen<br />
zu erfahren.<br />
Wie du siehst, steckt in diesem<br />
Buch mehr für uns Christen, als<br />
wir oftmals glauben. Unser ganzes<br />
Dasein als Christen, sowohl unsere<br />
Erlösung als auch unser Leben, bekommt<br />
eine viel tiefere Bedeutung<br />
vor dem Hintergrund, den wir in<br />
3. Mose finden.<br />
Aufgaben zum<br />
Bibelstudium<br />
• Du findest 49-mal die Worte<br />
„Ich bin der HERR“ in 3.<br />
Mose. Lese Lukas 6,46 und beantworte<br />
die Frage, ob es möglich<br />
ist, Jesus nur als Retter,<br />
aber nicht als Herrn über dein<br />
Leben anzunehmen?<br />
• In 3. Mose 19,11-18 findest du<br />
einige konkrete Gebote Gottes.<br />
Lies sie dir durch und überlege<br />
dir, welches Prinzip dahintersteckt<br />
und wie du es im Alltag<br />
praktisch umsetzen kannst.<br />
• In 3. Mose 11 findest du eine<br />
Auflistung von sogenannten<br />
reinen und unreinen Tieren.<br />
Vergleiche diesen Bibelabschnitt<br />
mit Markus 7,1-23.<br />
Was war die geistliche Lektion<br />
in 3. Mose 11 und welche die<br />
in Markus 7,1-23?<br />
• Buchtipp: Für einen ausführlichen<br />
praktischen Überblick<br />
über das Buch 3. Mose empfehle<br />
ich dir den Kommentar<br />
von Warren W. Wiersbe, Sei<br />
heilig – Sich für Gott aussondern<br />
lassen, Christliche Verlagsgesellschaft<br />
Dillenburg.<br />
Andreas Münch (*1984) ist Ehemann,<br />
Pastor der MBG Lage und Autor des vielbeachteten<br />
Buches ‚Der Wahre Gott der<br />
Bibel‘. Schreib Andreas auf Twitter:<br />
@AndreasMuench<br />
27
JOSIA<br />
Die Rubrik für<br />
junge Leute.<br />
Wahre Reformation ...<br />
beginnt mit dem Wort<br />
Text: Jochen Klautke — Foto: Cara Slifka
In den ersten beiden Teilen über den jungen König Josia haben wir<br />
uns den Beginn seiner Königsherrschaft angeschaut. Aufgewachsen<br />
war Josia in einer völlig gottlosen Umgebung und doch begann er<br />
schon sehr früh in seinem Leben Gott zu suchen. Vier Jahre lang<br />
suchte er von ganzem Herzen Gott und begann so mit der<br />
Reformation bei sich selbst. Nach diesen vier Jahren zog er los, um<br />
all das zu zerstören, was die Menschen errichtet hatten, um andere<br />
Götter anzubeten.<br />
Im nun folgenden dritten Teil der Serie geht es<br />
um das Wort Gottes und die Frage, welche Rolle<br />
es in der Reformation des Königs Josia einnahm.<br />
Grundlage sind weiterhin die Berichte in<br />
2. Könige 22-23 und 2. Chronik 34-35. Dabei<br />
ist zu beachten, dass der Bericht im zweiten Königebuch<br />
nicht chronologisch, sondern thematisch geordnet ist.<br />
Wenn ihr wissen wollt, welche Dinge Josia zu welchem<br />
Zeitpunkt getan hat, solltet ihr euch an dem Bericht im<br />
zweiten Chronikbuch orientieren. Mittlerweile war Josia<br />
26 Jahre alt und seit 18 Jahren König in Jerusalem.<br />
Stellen wir uns vor, er saß eines Tages in seinem Palast in<br />
Jerusalem. Vor acht Jahren hatte er begonnen, das Land<br />
systematisch von allen Spuren des Götzendienstes zu befreien.<br />
Nun war das Land zwar frei von Götzendienst,<br />
aber das hieß noch lange nicht, dass die Menschen wussten,<br />
wie sie den wahren Gott anbeten sollten. Während<br />
Josia so dasaß und seinen Blick über Jerusalem schweifen<br />
ließ, fiel sein Blick irgendwann auf den Tempel.<br />
Ausbesserungen am Haus der Häuser<br />
Was er dort sah, gefiel ihm allerdings überhaupt nicht.<br />
Der Tempel des wahren Gottes war in den letzten Jahrzehnten<br />
zu einem Götzentempel umfunktioniert worden.<br />
Josias Großvater Manasse hatte Götzentempel<br />
im Vorhof des Tempels errichten lassen und sogar ein<br />
Götzenbild in den Tempel selbst gestellt. An der Rückseite<br />
des Tempels waren Bordelle errichtet worden und<br />
ein Gottesdienst war im Tempel schon seit Jahrzehnten<br />
nicht mehr gefeiert worden. Das Gebäude des Tempels<br />
verfiel langsam - das Gebäude, von dem Gott gesagt<br />
hatte: „In diesem Haus will ich meinen Namen wohnen<br />
lassen ewiglich“ (2. Chronik 33,7). Schon seit einigen<br />
Jahrzehnten gab es einen Opferkasten am Eingang<br />
des Tempels, in dem Geld für die Instandhaltung des<br />
Tempels gesammelt wurde. (2. Könige 12,1-17). Aber<br />
es scheint so, als wäre zwar immer mehr Geld zusammengekommen,<br />
das jedoch von niemandem für dessen<br />
eigentlichen Zweck verwendet wurde. Josia war der erste,<br />
der das Geld in die Hand nahm, um das Haus Gottes<br />
auszubessern (2. Chronik 34,8-13). Er wusste, dass es zu<br />
einer Reformation dazugehört, das Falsche zu vernichten.<br />
Jahrelang war er durch die Gegend gereist und hatte<br />
alles niederreißen lassen, was den Götzendienst förderte.<br />
Aber er war auch überzeugt davon, dass das noch lange<br />
nicht genug war. Zu einer Reformation gehört nicht nur<br />
das Erkennen und Benennen von eigenen und fremden<br />
Sünden, sondern auch und vor allem die bewusste<br />
Förderung von wahrem Gottesdienst. Josia nahm das<br />
Geld aus dem Opferkasten und finanzierte davon die<br />
Instandsetzung des Tempels. Bei all dem hatte der König<br />
aber ein Problem. Das ganze Volk hatte nach über einem<br />
halben Jahrhundert Götzendienst vergessen, wofür der<br />
Tempel genau gedacht war. Dieses Problem löste sich,<br />
als die Bauarbeiter auf etwas stießen, bei dem wir uns<br />
heute wundern, wie man so etwas verlieren kann.<br />
Ausgegraben: Das Buch der Bücher<br />
Während die Männer am Tempel arbeiteten, um ihn<br />
wieder zu dem Ort zu machen, an dem Gott so angebetet<br />
werden konnte, wie er es verlangte, fanden sie dort eines<br />
Tages eine Schriftrolle mit dem Gesetz Gottes darin<br />
(2. Chronik 34,14-18). Es ist ja nicht außergewöhnlich,<br />
dass auf Baustellen Dinge zu Tage gefördert werden,<br />
die lange verschollen waren. Auch heute liest man fast<br />
täglich in der Zeitung von Dingen wie alten Stadtmauerresten<br />
oder Blindgängern aus dem zweiten Weltkrieg,<br />
die irgendwo bei Bauarbeiten gefunden werden. Aber es<br />
ist wirklich erstaunlich, dass das Wort Gottes für Jahre<br />
völlig verschollen war. Die Leute hatten nicht nur den<br />
Inhalt vergessen, sondern sie wussten noch nicht einmal,<br />
wo das Wort Gottes aufbewahrt war. Einerseits müssen<br />
wir berücksichtigen, dass jede Schriftrolle sehr wertvoll<br />
war, weil sie von Hand auf kostbares Material abgeschrieben<br />
werden musste und es deswegen nicht viele<br />
Exemplare gab. Aber andererseits entschuldigt das erst<br />
recht nicht, dass die wenigen wertvollen Abschriften des<br />
Gesetzes Gottes einfach weggeworfen worden waren. In<br />
unserem digitalen Zeitalter ist es unvorstellbar, die Bibel<br />
zu verlieren. Wir haben heute ständig irgendeine Bibel.<br />
Selbst wenn uns eine verloren geht, haben wir noch<br />
mindestens drei im Regal stehen, tausende im Internet<br />
zur Verfügung und mindestens zwei als App auf dem<br />
Smartphone. Aber der Teufel ist sehr anpassungsfähig.<br />
Heute sorgt er nicht mehr dafür, dass wir die Bibel verlieren,<br />
wie er es in den Jahren vor Josia getan hatte. Heute<br />
sorgt er dafür, dass wir so beschäftigt sind, dass wir<br />
das Wort Gottes ignorieren und verstauben lassen. Es ist<br />
29
zwar 7 Tage die Woche 24 Stunden<br />
lang nur einen Handgriff entfernt,<br />
aber die Zeit ist nicht mehr da, es<br />
zu lesen. Nicht, weil wir die Zeit<br />
nicht haben, sondern weil wir so<br />
viel anderes haben, durch das wir<br />
uns ablenken und zerstreuen lassen.<br />
Sind wir also wirklich so viel<br />
besser als die Menschen zur Zeit<br />
Josias? Zurück zu dem spektakulären<br />
Fund: Welche Kapitel des<br />
Alten Testaments genau der Inhalt<br />
dieses Gesetzbuches waren, das<br />
im Tempel gefunden wurde, wissen<br />
wir nicht mit Sicherheit. Aber<br />
sehr vieles deutet darauf hin, dass<br />
es sich bei der Schriftrolle um eine<br />
Abschrift des fünften Buches Mose<br />
handelte. Das fünfte Buch Mose<br />
ist nicht irgendein Buch. Es ist das<br />
letzte der Bücher, die Mose schrieb<br />
und war somit gleichzeitig der Abschluss<br />
und der Höhepunkt des<br />
Gesetzes Gottes. In diesem Buch<br />
blickt Mose anfangs auf die Gnade<br />
Gottes während der Wüstenwanderung<br />
zurück. Große Teile des<br />
Buches verwendet er dann jedoch<br />
darauf, dem Volk Anweisungen für<br />
das Leben vor Gott zu geben. Mose<br />
erinnert die Menschen daran, dass<br />
Gott sie nicht erwählt hat, weil sie<br />
so gut oder würdig waren, sondern<br />
dass es alleine an seiner Gnade lag,<br />
dass sie Ihn kennen durften (5.<br />
Mose 7,6-8). Und er warnt sie. Immer<br />
und immer wieder. Siehe, ich<br />
lege euch heute den Segen und den<br />
Fluch vor: den Segen, wenn ihr den<br />
Geboten des Herrn, eures Gottes,<br />
gehorsam seid, die ich euch heute<br />
gebiete; den Fluch aber, wenn<br />
ihr den Geboten des Herrn, eures<br />
Gottes, nicht gehorsam sein werdet<br />
und von dem Weg, den ich euch<br />
heute gebiete, abweicht, so dass<br />
ihr anderen Göttern nachfolgt, die<br />
ihr nicht kennt (5. Mose 11,26-<br />
28). Aber Mose bleibt dabei nicht<br />
stehen. In den darauffolgenden<br />
Versen heißt es immer wieder: All<br />
das wird auf dich kommen, wenn<br />
du ungehorsam bist. Später lesen<br />
wir dann: Und alle diese Flüche<br />
werden über dich kommen und<br />
dich verfolgen und einholen, bis<br />
du vertilgt sein wirst, weil du der<br />
Stimme des Herrn, deines Gottes,<br />
nicht gehorsam gewesen bist, seine<br />
Gebote und Satzungen zu befolgen,<br />
die er dir geboten hat (5. Mose<br />
28,45). Aus dem wenn wurde ein<br />
weil. Aus der Warnung wurde eine<br />
Prophezeiung. Es ist nicht so, dass<br />
das Volk in der Zukunft eventuell<br />
das Gesetz Gottes brechen wird,<br />
sondern Mose kündigt es als sicher<br />
an. Und die Folgen sind dramatisch:<br />
Der Herr wird ein Volk aus<br />
der Ferne gegen dich aufbieten,<br />
vom Ende der Erde, das wie ein<br />
Adler daherfliegt, ein Volk, dessen<br />
Sprache du nicht verstehen kannst,<br />
ein Volk mit hartem Angesicht, das<br />
keine Rücksicht kennt gegen den<br />
Greis und mit den Knaben kein Erbarmen<br />
hat. […] Und es wird dich<br />
bedrängen in allen deinen Toren,<br />
bis deine hohen und festen Mauern,<br />
auf die du in deinem ganzen<br />
Land vertraust, gefallen sind. Ja, es<br />
wird dich bedrängen in allen deinen<br />
Toren, in deinem ganzen Land,<br />
das dir der Herr, dein Gott, gegeben<br />
hat (5. Mose 28,49-50.52).<br />
Genau das war die Situation zu<br />
der Zeit, zu der Josia herrschte.<br />
Mittlerweile waren hunderte von<br />
Jahren ins Land gegangen. Und das<br />
Fass der Sünde des Volkes war voll.<br />
Josia wusste genau, dass das „Volk<br />
aus der Ferne“, von dem Mose damals<br />
sprach, nicht mehr weit weg<br />
war. Sein Urgroßvater Hiskia hatte<br />
Jerusalem nur durch ein Wunder<br />
Gottes noch einmal gegen die<br />
Übermacht aus Assyrien verteidigt<br />
(2. Könige 18-19), aber schon damals<br />
hatte der Prophet Jesaja angekündigt,<br />
dass das Gericht nur aufgeschoben<br />
und nicht aufgehoben<br />
war (2 Könige 20,17). Aber das<br />
fünfte Buch Mose endet nicht mit<br />
dieser düsteren Zukunftsaussicht.<br />
Am Ende steht auch im Gericht<br />
Gottes Gnade, die alles überstrahlt:<br />
Es wird aber geschehen, wenn alle<br />
diese Worte über dich kommen<br />
werden, der Segen und der Fluch,<br />
die ich dir vorgelegt habe, und du<br />
es dir zu Herzen nimmst unter all<br />
den Heidenvölkern, unter die dich<br />
der Herr, dein Gott, verstoßen hat,<br />
und wenn du umkehrst zu dem<br />
Herrn, deinem Gott, und seiner<br />
Stimme gehorchst in allem, was<br />
ich dir heute gebiete, du und deine<br />
Kinder, von ganzem Herzen und<br />
von ganzer Seele, so wird der Herr,<br />
dein Gott, dein Geschick wenden<br />
und sich über dich erbarmen und<br />
wird dich wieder sammeln aus al-<br />
len Völkern, wohin dich der Herr,<br />
dein Gott, zerstreut hat. […] Und<br />
der Herr, dein Gott, wird dein<br />
Herz und das Herz deiner Nachkommen<br />
beschneiden, dass du den<br />
Herrn, deinen Gott, liebst von ganzem<br />
Herzen und von ganzer Seele,<br />
damit du lebst (5. Mose 30,1-3.6).<br />
Es war also alles andere als Zufall,<br />
dass Gott die Bauarbeiter ausgerechnet<br />
dieses Buch hat finden<br />
lassen. Dort stand all das - heute<br />
würden wir sagen: schwarz auf<br />
weiß - was für die Zeit Josias von<br />
Bedeutung war. Das Problem der<br />
Sünde, die schlimmen Folgen dieser<br />
Sünde, aber zuletzt eben auch<br />
die Gnade Gottes, die am Ende triumphieren<br />
wird.<br />
Ausrichtung auf den<br />
Gott der Götter<br />
Wahrscheinlich saß Josia gerade<br />
in seinem Palast in Jerusalem, als<br />
sein Schreiber Schaphan mit dem<br />
Sensationsfund zu ihm kam und<br />
ihm daraus vorlas. Als Josia sich<br />
in jungen Jahren auf Gott ausgerichtet<br />
hatte (siehe Teil 1 der Serie:<br />
Wahre Reformation…beginnt bei<br />
einem selbst), da musste er sich<br />
wahrscheinlich auf das Wenige<br />
stützen, was ihm alte Menschen<br />
aus der Zeit seines gottesfürchtigen<br />
Urgroßvaters Hiskia von Gott<br />
berichten konnten. Aber jetzt hatte<br />
er an der Stelle von schemenhaften<br />
Überlieferungen das Wort Gottes<br />
klar und deutlich vor Augen. Die<br />
Reaktionen, die Josia zeigte, verraten<br />
uns viel darüber, welchen Stellenwert<br />
das Wort Gottes für Josia<br />
hatte und wieso es von so wichtiger<br />
Bedeutung für eine wahre Reformation<br />
ist.<br />
1. Josia wurde durch<br />
das Wort Gottes im<br />
Herzen getroffen<br />
Die unmittelbare Reaktion, die<br />
Josia auf das Wort Gottes zeigte,<br />
wirkt auf uns heute etwas befremdlich.<br />
Der König zerriss nämlich<br />
seine Kleider, sobald sein Schreiber<br />
mit dem Vorlesen fertig war<br />
(2. Könige 22,11). Damals war<br />
das Zerreißen der Kleidung die<br />
beste Möglichkeit, um Emotionen<br />
auszudrücken. Zum Beispiel hatte<br />
auch Jakob seine Kleider zerrissen,<br />
als ihm fälschlicherweise berichtet<br />
30
wurde, sein Lieblingssohn Joseph<br />
sei von wilden Tieren getötet worden<br />
(1. Mose 37,34). Natürlich ist<br />
eine emotionale Reaktion auf das<br />
Wort Gottes nicht automatisch<br />
ein Zeichen dafür, dass das Wort<br />
Gottes einen Menschen wirklich<br />
getroffen hat. Emotionen kann<br />
man auch vorspielen und manche<br />
Menschen sind so veranlagt, dass<br />
sie eher ruhig reagieren, auch wenn<br />
sie in ihrem Inneren von etwas voll<br />
getroffen wurden. Solche Unterschiede<br />
zwischen Menschen sind<br />
völlig normal und in Ordnung.<br />
Aber hier in dieser Situation haben<br />
wir die Gelegenheit, an Josias<br />
äußerem Verhalten abzulesen, was<br />
innerlich in ihm vorging. Das Wort<br />
Gottes hatte ihn im Mark getroffen.<br />
Und das war für alle Anwesenden<br />
zu sehen. Wahre Reformation<br />
gibt es nur, wenn Menschen das<br />
Wort Gottes lesen und es sie nicht<br />
kalt lässt.<br />
2. Josia handelte und<br />
fragte weiter nach<br />
Gottes Willen<br />
Wie wir eben schon festgehalten<br />
haben, zeigt nicht jeder Mensch<br />
emotional, dass ihn das Wort Gottes<br />
getroffen hat und deswegen<br />
sehen wir das nicht immer von<br />
außen. Die Wirkung des Wortes<br />
Gottes im Leben eines Menschen<br />
zeigt sich schon wesentlich deutlicher<br />
an der Tatsache, ob und wie<br />
eine Person das Gehörte in die<br />
Tat umsetzt. Der Apostel Jakobus<br />
macht das sehr deutlich, wenn er<br />
schreibt: Seid aber Täter des Wortes<br />
und nicht bloß Hörer, die sich<br />
selbst betrügen. Denn wer [nur]<br />
Hörer des Wortes ist und nicht<br />
Täter, der gleicht einem Mann, der<br />
sein natürliches Angesicht im Spiegel<br />
anschaut; er betrachtet sich und<br />
läuft davon und hat bald vergessen,<br />
wie er gestaltet war (Jakobus 1,22-<br />
24). Josia hatte gehört und ihn<br />
hielt nichts mehr auf (2. Chronik<br />
34,20). Er wollte handeln. Aber<br />
er wusste nicht wirklich, was er<br />
tun sollte. Also schickte er seine<br />
Bediensteten zu einer Prophetin,<br />
damit diese Gott für ihn befragt<br />
(2. Könige 22,13-20). Auch das<br />
zeichnete ihn als jemanden aus, der<br />
vom Wort Gottes getroffen war. Er<br />
fragte weiter nach Gottes Willen.<br />
Ihm reichte das nicht, was er gehört<br />
hatte. Er wollte es jetzt genauer<br />
wissen. Da wir heute das Wort<br />
Gottes vollständig haben und alle<br />
lesen können, ist das so viel einfacher<br />
als damals. Wir brauchen nur<br />
zum Regal zu gehen, die (eventuell<br />
verstaubte?) Bibel in die Hand zu<br />
nehmen und darin zu lesen. Die<br />
Antwort, die Josia von der Prophetin<br />
Hulda erhielt, ist – kurz gesagt<br />
– niederschmetternd. Es gab zwei<br />
Botschaften für ihn (2. Chronik<br />
34,22-28). Zum einen würde das<br />
ganze Volk gerichtet werden, genau<br />
wie Gott es im fünften Buch Mose<br />
angekündigt hatte, weil sie über<br />
Jahrhunderte hinweg nicht gehorsam<br />
gewesen waren. Egal wie sehr<br />
Josia sich anstrengen würde – sein<br />
Volk würde er nicht retten können.<br />
Zum anderen würde der König dieses<br />
Gericht nicht miterleben müssen,<br />
weil er Gott fürchtete. Aber<br />
gerade für Josia, der so viel an sein<br />
Volk dachte, war das vermutlich<br />
nur ein schwacher Trost.<br />
3. Josia dachte an<br />
andere und richtete<br />
auch sie auf das Wort<br />
Gottes aus<br />
Ich weiß nicht, wie du auf die Prophezeiung<br />
reagiert hättest. Ich hätte<br />
mich vermutlich in meinem Palast<br />
verschanzt und den Kopf in den<br />
Sand gesteckt. Das Leben hat doch<br />
mit so einer Aussicht überhaupt<br />
keinen Sinn mehr oder doch? Josia<br />
tat genau das nicht. Stattdessen rief<br />
er das ganze Volk zusammen - genau<br />
das Volk, von dem er jetzt ganz<br />
genau wusste, dass es in wenigen<br />
Jahren teils verschleppt und teils<br />
vernichtet werden würde und ließ<br />
den Menschen aus der Gesetzesrolle<br />
vorlesen (2. Chronik 34,29-30).<br />
Aber er war überzeugt: Obwohl die<br />
Zukunft düster aussah, hatte das<br />
Wort Gottes die Kraft, auch jetzt<br />
noch eine Reformation zu bewirken.<br />
Er behielt seine Erkenntnisse<br />
nicht für sich, sondern er wollte<br />
unbedingt, dass andere dasselbe<br />
erkennen, was ihm so wichtig geworden<br />
war. Und er wusste, dass<br />
die Nachfolge nichts für Einzelkämpfer<br />
ist, sondern immer mit<br />
anderen zusammen geschieht. Im<br />
Neuen Testament schreibt Paulus<br />
den Kolossern: Lasst das Wort Gottes<br />
reichlich unter euch wohnen in<br />
aller Weisheit; lehrt und ermahnt<br />
einander! (Kolosser 3,16). Damit<br />
bringt er für uns Christen sehr gut<br />
das auf den Punkt, was Josia uns<br />
hier zeigt. Er behielt das Wort Gottes<br />
nicht für sich, sondern las es zuerst<br />
für sich selbst und gab es dann<br />
innerhalb der Gemeinschaft weiter.<br />
Deswegen ist es auch nicht gut,<br />
wenn Christen sich alleine auf den<br />
Weg machen und sich alleine auf<br />
Gott ausrichten wollen. Wahre Reformation<br />
wird es nur geben, wenn<br />
wir in der Gemeinde zusammen<br />
mit anderen das Wort Gottes zum<br />
Zentrum unseres Lebens machen.<br />
4. Josia stellte die<br />
Ehre Gottes über alles<br />
andere<br />
Aber wir stehen immer noch vor<br />
der Frage, warum Josia so aktiv<br />
wurde, obwohl die Aussichten für<br />
die Zukunft doch so düster waren<br />
(2. Chronik 34,28-29). Josia tat all<br />
das, weil er verstanden hatte, worum<br />
es in einer Beziehung mit Gott<br />
geht. Denn oft führen Menschen<br />
eine Beziehung mit anderen Menschen<br />
oder sogar mit Gott, weil sie<br />
sich dadurch Vorteile für ihr eigenes<br />
Leben versprechen. Aus diesem<br />
Grund führt Gott uns manchmal<br />
in Situationen, in denen wir geprüft<br />
werden. Lieben wir Gott nur,<br />
weil es uns dadurch besser geht<br />
oder lieben wir Gott auch dann<br />
noch, wenn es keine Vorteile mehr<br />
zu geben scheint? Kurz gesagt: Lieben<br />
wir im Grunde nur uns selbst<br />
oder lieben wir Gott dafür, wer Er<br />
ist? Aus Josias Verhalten in dieser<br />
scheinbar aussichtslosen Situation<br />
sehen wir, was es bedeutet, auch<br />
dann noch Gott die Ehre zu geben,<br />
wenn es uns selbst dadurch nicht<br />
besser geht. Solche Situationen<br />
fühlen sich nicht gut an. Aber sie<br />
zeigen uns, was es bedeutet, Gott<br />
wirklich um Seiner selbst willen zu<br />
lieben und zu ehren.<br />
Die Rubrik Josia ist ein Beitrag in Zusammenarbeit<br />
mit dem Josia-Netzwerk:<br />
www.josiablog.de<br />
Jochen Klautke (*1988) ist Referendar<br />
in Gießen. Nebenbei Theologiestudent<br />
an der ART in Hannover. Regelmäßiger<br />
Blogger für www.josiablog.de<br />
31
NACH CHRISTUS<br />
Rubrik für Biografien<br />
& Kirchengeschichte<br />
John Owen<br />
und die <strong>Heiligung</strong><br />
Text: Jonas Erne — Portrait: John Greenhill (1644-1676)
Der tägliche Kampf des Gläubigen mit der Sünde ist ein Thema, das<br />
trotz seiner großen Wichtigkeit heutzutage häufig vernachlässigt oder<br />
falsch dargestellt wird. Wie gut, dass wir das Vorrecht haben, auf die<br />
Schriften früherer großer Theologen zurückgreifen zu können. Eines<br />
der besten Bücher zu dem Thema stammt von dem puritanischen<br />
Theologen John Owen.<br />
Sein Leben<br />
Der englische Theologe John Owen kam<br />
1616 in Stadham, England, zur Welt. Er<br />
studierte in Oxford, wo er mit 19 Jahren<br />
den Master-Titel erhielt. Er war für seinen<br />
großen Eifer bekannt und gönnte sich nur<br />
sehr wenig Schlaf, was er später, als ihm die angeschlagene<br />
Gesundheit zu schaffen machte, bereute. Er wurde<br />
ab 1637 privater Seelsorger und Hauslehrer in verschiedenen<br />
Familien. Zu dieser Zeit kam es zu Streit innerhalb<br />
der englischen Politik – der Bürgerkrieg brach aus.<br />
Im Bürgerkrieg hielt er sich zum Parlament und damit<br />
gegen den König. In diese Zeit fällt auch eines der wichtigsten<br />
Ereignisse seines Lebens. An einem Sonntag im<br />
Jahr 1642 wollte John Owen den bekannten Prediger<br />
Edmund Calamy in der Marienkirche in Aldermanbury<br />
hören. Er ging mit einem Cousin dorthin. Der Biograph<br />
Peter Toon erzählt uns:<br />
„Als sie eintrafen, wurde ihnen gesagt, dass Calamy<br />
nicht predigen könne, und dass stattdessen ein ländlicher<br />
Prediger (dessen Namen Owen nie sicher feststellen<br />
konnte) ihn vertreten würde. Obwohl sein Cousin<br />
ihn drängte, wegzugehen und dafür Arthur Jackson in<br />
der nahe gelegenen Michaelskirche zu hören, beschloss<br />
Owen, in der Marienkirche zu bleiben. Der Prediger<br />
wählte als Text Matthäus 8, 26 aus: „Was seid ihr furchtsam,<br />
Kleingläubige?“ Es stellte sich heraus, dass es eine<br />
Botschaft war, die Owen hören und akzeptieren musste.<br />
Ein unbekannter Prediger war das Mittel Gottes, um zu<br />
ihm zu reden. […] Owens Zweifel, Ängste und Sorgen,<br />
ob er denn nun tatsächlich umgestaltet und vom Heiligen<br />
Geist wiedergeboren sei, waren weggenommen, als<br />
er sich befreit fühlte und wusste, dass er ein von Gott<br />
adoptierter Sohn sei. Diese geistliche Erfahrung kann<br />
nicht überschätzt werden, denn sie gab Owen die innere<br />
Überzeugung, dass er ein wahres Kind Gottes sei, in<br />
Christus erwählt vor Grundlegung der Welt, dass Gott<br />
ihn liebte und eine liebevolle Bestimmung für ihn hatte,<br />
und dass dieser Gott der lebendige Gott war. Praktisch<br />
gesprochen bedeutete das, dass er von nun an alles, was<br />
ihm und der Kirche Christi geschah, als ein göttliches<br />
Werk der Vorsehung und Vorherbestimmung sah; es bedeutete<br />
aber auch, dass er danach eifern würde, sichergehen<br />
zu können, dass die Leute in der Kirche beides<br />
bekommen würden: Die Lehren des Evangeliums und<br />
die innere Gegenwart des Heiligen Geistes in ihren Herzen.“<br />
1<br />
Dieser Überzeugung ist es wohl auch zu verdanken,<br />
dass er die Schwere seines Lebens zu ertragen vermochte.<br />
1644 heiratete er Mary Rooke, welche ihm elf Kinder<br />
zur Welt brachte. Von diesen überlebte jedoch nur eine<br />
Tochter die Kindheit – alle seine anderen geliebten Kinder<br />
starben schon sehr früh. Auch die einzige Tochter,<br />
welche er heiraten sehen konnte, starb schon kurze Zeit<br />
nach der Hochzeit. Das alles muss ihn immer wieder an<br />
die Vergänglichkeit des Lebens und die Wichtigkeit der<br />
ganzen Hingabe an Gott erinnert haben. So war ihm der<br />
Tod ein steter Begleiter. Nach 33 Jahren glücklicher Ehe<br />
musste er denn auch seine geliebte Mary ziehen lassen –<br />
sie wurde acht Jahre vor ihm in die ewige Herrlichkeit<br />
geholt.<br />
Er war kurze Zeit Pastor einer kleinen Gemeinde in<br />
Essex, anschließend wurde er nach Oxford geholt, an<br />
die Universität, an der er sein eigenes Studium absolviert<br />
hatte. Er war Autor von etwa 80 Büchern und wurde<br />
1646 eingeladen, vor dem englischen Parlament zu<br />
predigen. Dort lernte er Oliver Cromwell kennen, den<br />
Leiter des Parlaments, woraufhin er immer wieder zu<br />
politischen Fragen Stellung beziehen konnte. Er wurde<br />
1 Toon, Peter, God‘s Statesman: The Life and Works of John Owen,<br />
Zondervan Publishing House, 1973, S. 12; alle Zitate des Artikels<br />
in eigener Übersetzung.<br />
33
in den Krieg nach Irland gebracht,<br />
wo er als Prediger und Seelsorger<br />
für das Heer zuständig war. So<br />
war sein ganzes Leben sehr geprägt<br />
von großem Druck, Schmerz, aber<br />
auch Trost durch seine frühere<br />
Erfahrung der Heilsgewissheit.<br />
Mehrere Jahre lang war er Rektor<br />
der Universität von Oxford, was<br />
natürlich auch viel administrative<br />
Arbeit bedeutete. Als er am 24. August<br />
1683 im Alter von 67 Jahren<br />
starb, hinterließ er ein reiches Erbe<br />
an Schriften, die auch heute noch<br />
sehr wertvoll zu lesen sind. Ob er<br />
nun in politischen Dingen seine<br />
Meinung äußerte oder zu einer<br />
theologischen Debatte schrieb, es<br />
war immer sein Hirtenherz, das ihn<br />
antrieb. Er war Pastor mit klarem<br />
Verstand, durchdringender Logik<br />
und einem weiten Herzen, das für<br />
das Wohlergehen der Menschen<br />
schlug.<br />
Ein Leben in der<br />
<strong>Heiligung</strong><br />
Für Owen war das Leben in der<br />
<strong>Heiligung</strong> etwas vom Wichtigsten.<br />
Und so kommt es auch, dass sein<br />
Buch, in welchem er über dieses<br />
Leben schreibt, über die Jahrhunderte<br />
hinweg immer als das hilfreichste<br />
gesehen wurde. Dieses<br />
Buch beginnt Owen mit einem interessanten<br />
Vorwort, in welchem er<br />
das große Anliegen, das sein ganzes<br />
Leben durchdringt, in Worte fasst:<br />
„Ich hoffe, dass ich in Aufrichtigkeit<br />
behaupten kann, dass das<br />
Verlangen meines Herzens zu Gott<br />
und die Hauptausrichtung meines<br />
Lebens [...] diejenigen sind, dass<br />
die Abtötung [der Sünde] und die<br />
allgemeine Heiligkeit gefördert<br />
werden in meinem eigenen und in<br />
den Herzen und Wegen anderer,<br />
zur Ehre Gottes; dass so das Evangelium<br />
unseres Herrn und Retters<br />
Jesus Christus geschmückt wird in<br />
allen Dingen: Damit das Erreichen<br />
des Zieles, wenn diese kleine Rede<br />
[...] in irgend einer Weise hilfreich<br />
sein möge für den Geringsten unter<br />
den Heiligen, so wird dies als<br />
eine Antwort der schwachen Gebete<br />
betrachtet, mit denen sie begleitet<br />
ist bei ihrem unwürdigen Autor,<br />
John Owen.“ 1 Das Buch ist eine<br />
Auslegung von Römer 8,13: „Denn<br />
wenn ihr gemäß dem Fleisch lebt,<br />
so müsst ihr sterben; wenn ihr aber<br />
durch den Geist die Taten des Leibes<br />
tötet, so werdet ihr leben.“ Die<br />
Inhalte des Buches entstammen einer<br />
Predigtserie, die er gehalten hat<br />
und woraufhin er von mehreren<br />
Hörern, die dadurch sehr gesegnet<br />
worden waren, dazu gedrängt wurde,<br />
sie zu veröffentlichen. In diesem<br />
Buch geht es John Owen um eine<br />
der wichtigsten Fragen, die sich<br />
jeder Gläubige stellen wird: Wie<br />
kann ich effektiv gegen die Sünde<br />
kämpfen? Das ist das Thema seiner<br />
Abhandlung. Im ersten Kapitel<br />
schaut er den zentralen Vers genauer<br />
an und erklärt die wichtigsten<br />
Worte direkt aus dem griechischen<br />
Text. Hier sieht man schon seine<br />
große Stärke: Genaue wissenschaftliche<br />
Untersuchung des Textes wird<br />
mit sehr praktischer, lebensverändernder<br />
Lehre zusammengeführt.<br />
Im zweiten Kapitel geht es um<br />
den Befehl, die Sünde abzutöten.<br />
Warum ist es auch für die hervorragendsten<br />
unter den Gläubigen<br />
nötig, Tag für Tag mit der Sünde<br />
zu kämpfen? Weil in jedem Menschen<br />
die innewohnende Sünde<br />
bestehen bleibt, solange er hier auf<br />
Erden lebt. Hier bringt Owen es<br />
sehr schön auf den Punkt: „Tötest<br />
du die Sünde, machst du es zu deiner<br />
täglichen Arbeit? Bleibe immer<br />
daran, so lange du lebst, höre nicht<br />
einen Tag lang damit auf. Töte die<br />
Sünde, oder sie wird dich töten.“ 2<br />
Für John Owen ist die Sünde eine<br />
Macht, die jeden Menschen sein<br />
1 Aus dem Vorwort zu „Of the Mortification<br />
of Sin in Believers“.<br />
2 Owen, John, Temptation and Sin, Sovereign<br />
Grace Publishers, Wilmington,<br />
Delaware, 1972, S. 9<br />
Leben lang verführt, verblendet<br />
und ihn dazu bringt, zu sündigen.<br />
Deshalb muss der Kampf beständig<br />
weiter gehen.<br />
Das Wirken des<br />
Heiligen Geistes<br />
Im dritten Kapitel wird das „Wie“<br />
dieses Vorgangs ausgeführt. Einzig<br />
der Heilige Geist, so schreibt<br />
Owen, vermag dieses Werk der<br />
<strong>Heiligung</strong> zu tun. Zunächst führt<br />
er aus, dass die katholische Lehre<br />
vom Bußsakrament in die Irre<br />
führt, weil sie sagt, dass sich der<br />
Mensch durch eigene Kraft heiligen<br />
könne. Dann kommt wieder<br />
ein sehr schöner Abschnitt, in welchem<br />
Owen auf drei Arten eingeht,<br />
auf welche der Heilige Geist gegen<br />
die Sünde ankämpft:<br />
„1. Indem er unsere Herzen<br />
reich an der Gnade und den Früchten<br />
sein lässt, die der Gegensatz<br />
zum Fleisch sind, und die Früchte<br />
davon und deren Grundsätze. So<br />
setzt der Apostel die Früchte des<br />
Fleisches und die des Geistes in<br />
einen Widerspruch: „Die Früchte<br />
des Fleisches“, sagt er, „sind so und<br />
so“, Galater 5,19; „aber die Früchte<br />
des Geistes sind völlig entgegengesetzt,<br />
von einer völlig anderen Art“,<br />
Verse 22 und 23. Nun, was ist aber,<br />
wenn diese in uns sind und wir<br />
reich an ihnen sind, können dann<br />
die anderen nicht ebenso wachsen?<br />
Nein, sagt er in Vers 24, „Die aber<br />
Christus angehören, die haben das<br />
Fleisch gekreuzigt samt den Leidenschaften<br />
und Lüsten.“ Doch<br />
wie? Warum, Vers 25: „Wenn wir<br />
im Geist leben, so lasst uns auch im<br />
Geist wandeln.“, das heißt, wenn<br />
wir reich werden an diesen Gnaden<br />
des Geistes in uns, und auch<br />
danach wandeln. Denn, so sagt der<br />
Apostel, „diese widerstreben einander“,<br />
Vers 17; so dass sie nicht<br />
beide in derselben Person in einer<br />
starken Weise oder einem hohen<br />
Grad sein können. Diese „Erneuerung<br />
des Heiligen Geistes“, wie<br />
34
das in Titus 3,5 genannt wird, ist<br />
ein großer Weg der Abtötung [der<br />
Sünde], er lässt uns wachsen, gedeihen,<br />
blühen und reich werden<br />
in diesen Gnaden, die gegenteilig,<br />
entgegengesetzt und zerstörerisch<br />
sind in Bezug auf all die Früchte<br />
des Fleisches und zur Ruhe oder<br />
Wachstum der innewohnenden<br />
Sünde selbst.<br />
2. Durch eine reale physische<br />
Kraft auf die Wurzel und Gewohnheit<br />
der Sünde, um sie zu schwächen,<br />
zu zerstören und wegzunehmen.<br />
Daher wird er „der Geist des<br />
Gerichts und der Geist der Vertilgung“<br />
Jesaja 4,4 genannt, der tatsächlich<br />
unsere Begierden vertilgt<br />
und zerstört. Er nimmt das steinerne<br />
Herz weg durch eine allmächtige<br />
Kraft; denn wie er das Werk beginnt,<br />
so wird er es auch zu seinem<br />
Abschluss führen. Er ist das Feuer,<br />
das die ganze Wurzel der Begierde<br />
verbrennt.<br />
3. Er bringt das Kreuz Christi<br />
in das Herz eines Sünders durch<br />
den Glauben und gibt uns Teilnahme<br />
mit Christus in seinem Tod und<br />
Gemeinschaft in seinen Leiden.“ 3<br />
Indem also die Frucht des<br />
Geistes im Leben des Gläubigen<br />
gefördert wird, indem der Geist<br />
Gottes den Gläubigen ins Gericht<br />
nimmt und indem Er ihm das<br />
Kreuz Christi nahe bringt, wirkt<br />
der Heilige Geist die <strong>Heiligung</strong><br />
des Gläubigen. Im vierten Kapitel<br />
geht es um die Frage, was es denn<br />
dem Menschen bringt, die Sünde<br />
abzutöten und was der Vernachlässigung<br />
dieses Abtötens folgt. Er<br />
macht klar, dass das Leben, die<br />
Kraft und das Wohlergehen unseres<br />
geistlichen Lebens davon abhängen.<br />
Dies unterstreicht er mit<br />
dem Bild einer Pflanze: Wenn viel<br />
Unkraut wächst, können die guten<br />
Pflanzen nur sehr schwach heranreifen.<br />
3 Ebd., S. 19<br />
Praktische<br />
Konsequenzen<br />
Die Kapitel fünf bis 13 beinhalten<br />
praktische Belehrung zu dieser<br />
Abtötung der Sünde. Angenommen,<br />
sagt Owen, ein wahrer Gläubiger<br />
finde in sich eine Sünde, die<br />
sein geistliches Leben schwächt.<br />
Was soll er nun tun? Auf diese<br />
Frage gibt Owen sehr ausführlich<br />
Antwort. Zuerst macht er gleich<br />
klar, dass es in diesem Leben nicht<br />
möglich sein wird, die Sünde völlig<br />
loszuwerden. Dennoch darf man<br />
den Kampf deswegen nicht aufgeben.<br />
Was man kann und soll, ist<br />
die Sünde schwächen, und zwar<br />
so lange, bis man über sie Herr<br />
geworden ist. Diesen Zustand erklärt<br />
er als eine Zeit, in welcher<br />
die Sünde so geschwächt ist, dass<br />
sie den Gläubigen „weder in seiner<br />
Pflicht hindern noch seinen Frieden<br />
unterbrechen“ 4 kann. Er gibt<br />
uns wertvolle Hinweise, wie dies<br />
geschehen soll: Wichtig ist dabei zu<br />
wissen, dass nur ein echter Gläubiger<br />
diesen Kampf erfolgreich<br />
aufnehmen kann. Sodann braucht<br />
es eine große Ernsthaftigkeit oder<br />
Entschlossenheit, der Sünde den<br />
Kampf anzusagen. So bedarf es<br />
auch des klaren Gehorsams gegenüber<br />
Gottes Willen, dass man<br />
bereit ist, regelmäßig die Bibel zu<br />
lesen, darüber nachzudenken, zu<br />
beten und so weiter. Ein weiterer<br />
Schritt besteht darin, eine klare,<br />
biblische Sicht von der Schwere,<br />
der Schuld, der Gefahr und der<br />
Bosheit der Sünde zu bekommen.<br />
Dies geschieht, indem man häufig<br />
darüber nachdenkt. Der nächste<br />
wichtige Tipp besteht darin, gegen<br />
die ersten bemerkbaren Regungen<br />
der Sünde „kraftvoll aufzustehen,<br />
damit sie auch nicht den geringsten<br />
Boden bekommt.“ 5 Es ist also<br />
wichtig, sobald man diese Regun-<br />
4 Ebd., S. 32<br />
5 Ebd., S. 62<br />
gen bemerkt, sogleich etwas dagegen<br />
zu unternehmen. Des Weiteren<br />
empfiehlt uns Owen, viel über die<br />
Größe, Erhabenheit, Heiligkeit<br />
und Gerechtigkeit Gottes und über<br />
unsere eigene Sündhaftigkeit und<br />
Verderbtheit nachzudenken. Dies<br />
sind sehr hilfreiche Antworten auf<br />
die Frage, was wir tun können, um<br />
in der <strong>Heiligung</strong> voranzukommen.<br />
John Owen ist ein großartiger Lehrer,<br />
von dem ich viel lernen durfte.<br />
Und das Buch über die Abtötung<br />
der Sünde in den Gläubigen ist<br />
meines Erachtens das wertvollste<br />
und hilfreichste von allen. Leider<br />
ist es noch nie ins Deutsche<br />
übersetzt worden. Vielleicht ließe<br />
sich das ja noch ändern. So lasst<br />
uns nun der <strong>Heiligung</strong> nachjagen,<br />
„ohne die niemand den Herrn sehen<br />
wird“ (Hebräer 12,14).<br />
Fragen zum<br />
Weiterdenken<br />
• Was bedeutet es, dass Hebräer<br />
12,14 uns sagt, dass ohne <strong>Heiligung</strong><br />
niemand den Herrn sehen<br />
wird?<br />
• Wie geschieht nach Römer<br />
8,13 die <strong>Heiligung</strong>?<br />
• Was könnte es bedeuten, dass<br />
Johannes im 1. Johannesbrief<br />
2,13-14 zweimal schreibt, dass<br />
die jungen Männer den Bösen<br />
überwunden haben?<br />
• Was meint Paulus damit, wenn<br />
er im Galaterbrief 5,22-23<br />
schreibt, dass die Frucht des<br />
Geistes den Werken des Fleisches<br />
entgegengesetzt ist? Was<br />
bedeutet dies für unser praktisches,<br />
tägliches Leben?<br />
Jonas Erne (*1985) Ehemann, Theologe<br />
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In der evangelikalen<br />
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nicht mehr nur in der<br />
Bibel zu finden und zu<br />
verstehen, sondern ihn sinnlich zu erfahren, zu spüren<br />
und zu fühlen. In Anlehnung an das Motto einer Möbelhauskette<br />
fragt Thorsten Brenscheidt im Buchtitel:<br />
„Spürst du Gott schon oder liest du noch die Bibel?“<br />
Damit greift er aktuelle Trends zu diesem Thema auf<br />
und untersucht das Gottesbild einiger Bestsellerautoren<br />
wie Sarah Young, Joyce Meyer und andere. Folgende<br />
Fragen sollte sich jeder Christ stellen: Redet Gott auch<br />
heute außerhalb der Bibel? Gibt es fortwährende oder<br />
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Buch geht<br />
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von Menschen<br />
gibt, die sich<br />
für Christen<br />
halten, aber in<br />
Wirklichkeit keine Beziehung zu Jesus Christus haben.<br />
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einem Aufruf nach einer Predigt nach vorn gekommen,<br />
aber ihr Leben blieb unverändert und fruchtleer. Dieses<br />
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„Bei der <strong>Heiligung</strong> geht es nicht<br />
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Kevin DeYoung