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Deutsche Warenkunde- und Technologie-Tage - DGWT

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46<br />

PRIVATE ALTERSVORSORGE –<br />

EIN THEMA FÜR DIE VERBRAUCHERPOLITIK<br />

Lucia A. Reisch* & Sabine Bietz**<br />

CONSUMERISM<br />

The paper presents a research project carried out on behalf of the Ministry of Rural Area and Food of German Federal<br />

State of Baden-Württemberg (MLR), a ministry which is also responsible for consumer policy. The paper deals with the<br />

instrument of consumer information on saving for the retirement. First, the general market conditions in the field of<br />

retirement savings in Germany are investigated. Second, the paper proposes key contents and effective types of labels and<br />

communication instruments such as certification that enable consumers to make optimal decisions. Third, policy<br />

implications are deducted on the base of results of behavioural economics. Empirically, the paper presents the results of a<br />

communication offensive which was elaborated by a “ro<strong>und</strong> table” with banks and insurances, independent financial<br />

advisers, the Consumer Advice Centre Baden-Württemberg, and the “<strong>Deutsche</strong>s Institut für Altersvorsorge”. An action<br />

plan is outlined.<br />

Private Altersvorsorge als Thema der Verbraucherpolitik<br />

Das Thema private Altersvorsorge ist spätestens seit den Reformen in der deutschen Rentenpolitik zum verbraucherpolitischen<br />

Thema geworden. Während bis vor einiger Zeit die klassische Rentenversicherung für die abhängig<br />

Beschäftigten eine relativ sichere Basis für die Altersvorsorge darstellte, hat sich dies angesichts des demografischen<br />

Wandels <strong>und</strong> den entsprechenden Engpässen in den Rentenkassen verändert. Verstärkt fordern Staat <strong>und</strong><br />

Wirtschaft nun die selbstverantwortliche Absicherung der Bürger, insbesondere die zusätzliche Wahl einer privaten<br />

Rentenversicherung. Damit werden die Bürger vor komplexe <strong>und</strong> weit reichende Konsumentscheidungen<br />

unter Unsicherheit gestellt:<br />

• Komplex, weil das bestehende Angebot für die meisten schwer verständlich <strong>und</strong> kaum durchschaubar ist <strong>und</strong><br />

ständig neue Finanzprodukte auf den Markt kommen (Stichwort „Konsumentenverwirrung“);<br />

• weit reichend, weil diese Entscheidungen so genannte „strategische“ Entscheidungen sind, die das Spar- <strong>und</strong><br />

Konsumverhalten für mehrere Jahre – wenn nicht Jahrzehnte – beeinflussen <strong>und</strong> weil schlechte Entscheidungen<br />

gravierende Einbußen der finanziellen Situation im Alter bedeuten können;<br />

• unter Unsicherheit, weil sich die Gesetzeslage im Bereich Altersvorsorge immer wieder ändert <strong>und</strong> damit die<br />

Rahmenbedingungen von Investitions- <strong>und</strong> Konsumentscheidungen – <strong>und</strong> damit Renditeerwartungen - sich<br />

verändern.<br />

Mit dem Rückzug des Staates aus der umfassenden Altersvorsorge ist dieser nicht aus seiner Pflicht zur Daseinsvorsorge<br />

entlassen. Vielmehr hat sich nur seine Aufgabe verändert: Statt die Alterssicherung umfassend bereitzustellen,<br />

muss er nun den Markt kontrollieren <strong>und</strong> die Bürger befähigen, selbstverantwortlich wichtige Zukunftsentscheidungen<br />

zu treffen, so dass im Rentenalter nicht doch wieder die Gemeinschaft für Transferleistungen<br />

aufkommen muss. Gleichzeitig muss er solche Rahmenbedingungen auf dem Markt schaffen, dass die Konsumenten<br />

in diesen Markt vertrauen können <strong>und</strong> so wichtige Entscheidungen wie die der Altersvorsorge nicht vor<br />

sich herschieben.<br />

Durch den demografischen Wandel wird sich das Verhältnis von Berufstätigen zu Rentenbeziehern in Deutschland<br />

verändern. Immer mehr Renten müssen von immer weniger Beitragszahlern finanziert werden, für den Einzelnen<br />

wird daher weniger übrig bleiben. Die Meldungen über tatsächlich erreichte Alterseinkünfte auf der Basis<br />

der gesetzlichen Rentenversicherungen machen deutlich, wie stark der Bedarf an zusätzlicher Zukunftssicherung<br />

mittlerweile ist. Dies ist auch bei den Verbrauchern durchaus angekommen: Fast jeder zweite Nichtrentner denkt,<br />

er habe bisher nicht ausreichend fürs Alter vorgesorgt (Institut für Demoskopie Allensbach, 2006, S. 10) 1 <strong>und</strong> nur<br />

sechs von zehn Berufstätigen können heute im Alter mit Leistungen aus einer privaten Vorsorge rechnen (Postbank,<br />

2007). Zudem werden die Verbraucher durch die zunehmende Thematisierung von <strong>und</strong> Werbung für<br />

Altersvorsorgeprodukte in den Medien auf das Thema aufmerksam gemacht. Auch hieraus entsteht ein Handlungsdruck.<br />

Gleichzeitig ist der Markt für Vorsorgeangebote für die Verbraucher nur schwer durchschaubar, die<br />

Angebote sind überwiegend nicht miteinander vergleichbar <strong>und</strong> viele Verbraucher sind ratlos. Die Überforderung<br />

ist für viele ein Gr<strong>und</strong>, sich mit dem Thema Altersvorsorge erst gar nicht zu beschäftigen (Berkenkopf, 2007).<br />

Gleichzeitig bietet die Unwissenheit der Verbraucher unseriösen Anbietern die Möglichkeit, mit falschen Versprechungen<br />

auf K<strong>und</strong>enfang zu gehen.<br />

Ein erster Schritt in Richtung mehr Transparenz, verständliche Produktinformation <strong>und</strong> förderliche Rahmenbedingungen<br />

ist Ende Dezember 2007 mit der Verkündung der „Verordnung über Informationspflichten bei<br />

1 Diese Zahlen wurden in der im November 2007 erschienenen Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach für die<br />

Postbank (2007) bestätigt. Die Studie liegt den Autoren <strong>und</strong> dem MLR vor.<br />

FORUM WARE 36 (2008) 1 - 4

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