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BIBELTREUES MAGAZIN FÜR JUNGE CHRISTEN • №24 • 3/2016<br />
GOTTES SOUVERÄNITÄT<br />
Über Gottes vollkommene Allmacht,<br />
Allgenugsamkeit und Souveränität!<br />
»Ich brauche<br />
den Weg nicht<br />
zu kennen. Ich<br />
brauche nur<br />
dem Führer zu<br />
vertrauen.«<br />
Hanniel<br />
Strebel<br />
Radikales Evangelium<br />
für Leben und Familie<br />
Elisabeth Elliot<br />
Biographie — Gelebtes Vertrauen<br />
in Gottes absolute Souveränität!<br />
Larry<br />
Norman<br />
Von England nach<br />
Deutschland für Gott
Editorial<br />
#24 Gottes Souveränität — 02/2016<br />
»Libel Cheerio«<br />
Vikas Kanwal ist ein<br />
indisches Ehepaar, das<br />
gemeinsam kreativ in den<br />
bereichen Grafikdesign<br />
und Fotografie tätig ist.<br />
Auf unsplash.com unter<br />
@vikaskanwal.<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
warum haben wir eine Ausgabe über die Souveränität<br />
Gottes herausgegeben? Eine Eigenschaft Gottes,<br />
die in der Bibel nie mit diesem Wort beschrieben<br />
wird und dennoch von jeder Seite der heiligen<br />
Schrift »weht«? Das christliche Leben steht und<br />
fällt mit unserem Gottesbild. Wenn wir uns nur die<br />
Eigenschaften Gottes zu Herzen nehmen, die uns<br />
gefallen, laufen wir Gefahr einen Götzen anzubeten,<br />
der mitnichten der Gott der Bibel ist. Jemanden, der<br />
uns nie widerspricht. Kaum eine Eigenschaft ist so<br />
göttlich und so bezeichnend für den Gott der Bibel<br />
wie seine »Souveränität«. Seine Allgenugsamkeit<br />
und seine Allmacht gehen damit einher. Fast jeder<br />
Christ wird die Souveränität Gottes nicht bestreiten.<br />
Darum betet der Christ, weil er glaubt, dass Gott<br />
souverän und handlungsfähig ist. Doch gräbt man<br />
etwas tiefer, stellt man schnell fest, dass das Christentum<br />
die Souveränität Gottes weitestgehend mit<br />
der Souveränität des Menschen verwechselt oder<br />
ausgetauscht hat. Gott ist nur mehr ein Zuschauer,<br />
der sein Handeln mehr oder weniger vor 2000 Jahren<br />
eingestellt hat und uns bei unserer Selbstverwirklichung<br />
hilft, um »gute Christenmenschen« zu werden.<br />
Gott scheint fast sogar vom Menschen abhängig<br />
und richtet sich ganz nach seinen Bedürfnissen.<br />
Nichts ist weiter vom biblischen Gottesbild entfernt<br />
als diese götzenhafte Karikatur. Was wäre, wenn Gott<br />
von Ewigkeit zu Ewigkeit alles nach seinem Willen<br />
lenkt? Wenn er nicht nur vorhersieht, sondern auch<br />
bedingungslos und ganz bestimmt erwählt? Wenn er<br />
nicht nur die guten, sondern auch die scheinbar negativen<br />
Dinge in unserem Leben »zulässt«? Wenn er<br />
alles in uns wirkt und wir uns nicht mal die geringste<br />
gute Tat selbst zuschreiben können? Was wäre, wenn<br />
Gott aktiv in jedem kleinsten Detail unseres Lebens<br />
involviert wäre? Was wäre, wenn Gott, unabhängig<br />
von allem, seinem Willen und seinen Ratschluss<br />
folgt und erfüllt? Was wäre, wenn unsere Errettung<br />
nicht auf unsere Entscheidungskraft sondern auf<br />
den Willen Gottes zurückgeht? Was wäre, wenn<br />
der Satz aus dem dritten Artikel des Westminster-<br />
Bekenntnisses wirklich wahr wäre: »Gott hat von<br />
aller Ewigkeit her nach dem vollkommen weisen und<br />
heiligen Ratschluss seines eigenen Willens uneingeschränkt<br />
frei und unveränderlich alles angeordnet,<br />
was auch immer geschieht [...]«? Dieses herrliche und<br />
göttliche »Geheimnis« wollen wir in der vorliegenden<br />
Ausgabe leicht verständlich und ansprechend<br />
untersuchen und dabei ermutigen, Gott so zu sehen,<br />
wie die heilige Schrift ihn tatsächlich und mit voller<br />
Autorität bezeugt. Unabhängig vom Zeitgeist und<br />
humanistischem Einfluss. Wir glauben an einen<br />
souveränen Gott. Einen absolut souveränen Gott.<br />
Und es gibt nichts Schöneres, als von einem absolut<br />
souveränen Gott abhängig zu sein.<br />
Die Redaktion<br />
2
S.12: »ALLES, WAS JESUS<br />
FÜR UNS ERWORBEN<br />
HAT, HAT ER DURCH LEID<br />
ERWORBEN.«<br />
Inhalt<br />
Inhalt<br />
4<br />
Warum evangelisieren,<br />
wenn Gott souverän ist?<br />
SASCHA BÄR<br />
Über die »ewige« Frage nach<br />
Gottes Souveränität und<br />
menschlicher Verantwortung.<br />
7<br />
...und was ist mit<br />
meinem Willen?<br />
STEFAN BEYER<br />
Wie kann Gott herrschen und<br />
ich trotzdem frei entscheiden?<br />
10<br />
Gottes Souveränität<br />
& das Leid<br />
STEFAN BEYER<br />
Wie verträgt sich Gottes allmächtige<br />
Herrschaft mit dem<br />
Leid im Leben seiner Kinder?<br />
14<br />
Ein Gott, den wir wollen,<br />
ein Gott, den wir brauchen!<br />
ANDREAS MÜNCH<br />
Brauchen und wollen wir wirklich<br />
den souveränen Gott des<br />
Alten Testaments?<br />
18<br />
Gottes Souveränität<br />
und der Ehepartner<br />
ELENA SOUSSOU<br />
Eine Ermutigung und eine<br />
Warnung für junge Frauen in<br />
der Nachfolge.<br />
22<br />
Elisabeth Elliot –<br />
Zufriedenheit in Gott<br />
MIRIAM MÜNCH<br />
Über eine außergewöhnliche<br />
Frau, die stets auf Gottes Souveränität<br />
vertraute.<br />
26<br />
Interview mit<br />
Larry Norman<br />
PETER VOTH<br />
Von England nach Deutschland<br />
für das Evangelium Jesu.<br />
32<br />
Interview mit<br />
Hanniel Strebel<br />
PETER VOTH<br />
Radikales Evangelium für<br />
Nachfolge und Familie.<br />
IMPRESSUM<br />
Redaktion Waldemar Dirksen,<br />
Viktor Sudermann, Andreas Kuhlmann,<br />
Peter Voth<br />
Art Direktor Peter Voth ∙ vothpeter@yahoo.de<br />
Lektorat Diane Krüger, Tanja Mirau<br />
Abodienst Katharina Wiebe<br />
kwiebe@betanien.de<br />
Verlag Betanien Verlag e.K. ∙ Imkerweg 38<br />
D-32832 Augustdorf ∙ info@betanien.de<br />
Online www.timotheusmagazin.de<br />
Erscheinungsweise Erscheint als<br />
Quartalsmagazin seit Oktober 2010 alle drei<br />
Monate: Januar (Winter) · April (Frühling) · Juli<br />
(Sommer) · Oktober (Herbst).<br />
Preise Einzelausgabe ∙ €2,90 (zzgl.Versand)<br />
Jahresabo (D) ∙ €14,90 (inkl. Versand)<br />
Jahresabo (EU) ∙ €21,50 (inkl. Versand)<br />
RUBRIKEN IM HEFT<br />
Nach Christus<br />
Schriftgelehrt<br />
Josia (fehlt in dieser Ausgabe)<br />
Das Interview<br />
Wie Edelsteine
Warum<br />
evangelisieren,<br />
wenn Gott<br />
souverän ist?<br />
Text von Sascha Bär<br />
Wir glauben an einen souveränen Gott, aber wie kann dieser Gott<br />
auch in der Evangelisation seine Souveränität bewahren? Und<br />
wenn er wirklich souverän ist und schon vorherbestimmt hat, wer<br />
dem Evangelium glaubt, warum sollte ich dann noch<br />
evangelisieren. Braucht er mich denn überhaupt?
»Nur der Heilige Geist kann Mohammed<br />
das Herz öffnen, sonst werden all deine<br />
guten Argumente für den christlichen<br />
Glauben auf taube Ohren fallen.« Ich<br />
hatte gerade nach einer evangelistischen Veranstaltung<br />
in der jordanischen Stadt Aqaba über eine Stunde<br />
lang einem jungen Jordanier namens Mohammed<br />
das Evangelium eindrücklich erklärt. Und dann kam<br />
dieser Kommentar meines Freundes, der es wagte zu<br />
behaupten, dass die Verschlossenheit von Mohammeds<br />
Herz auf den Heiligen Geist zurückzuführen<br />
sei. Aber war es nicht eindeutig, dass Mohammed<br />
selbst sein Herz verstockt hatte?<br />
Dieses Ereignis wurde zum Schlüsselerlebnis<br />
für mich. Es war das erste Mal, dass ich mich mit<br />
der Frage von Gottes Souveränität in Bezug auf<br />
die Evangelisation befasst hatte. Warum war mein<br />
evangelistischer Eifer an jenem Abend unbelohnt geblieben?<br />
Könnte Gott vielleicht nicht doch etwas mit<br />
dem »Erfolg« meiner Evangelisation zu tun haben?<br />
Wo ist Gottes Souveränität<br />
in der Evangelisation?<br />
Zunächst müssen wir festhalten, dass es bei unserer<br />
Fragestellung um die Zusammenführung zweier<br />
theologischer Themen geht. Wir wollen den Zusammenhang<br />
zwischen einer göttlichen Eigenschaft,<br />
nämlich Gottes königlicher Herrschaft und einem<br />
christlichen Auftrag, nämlich dem Befehl das Evangelium<br />
aller Welt zu verkünden, herstellen. Herrscht<br />
Gott auch über unsere Evangelisation souverän?<br />
Oder überlässt er sowohl das Evangelisieren wie<br />
auch die Reaktion auf das Evangelium dem »freien<br />
Willen« des Menschen? Gibt es hier gar einen<br />
Widerspruch zwischen Gottes Souveränität und dem<br />
Tun und Handeln des Menschen?<br />
Gott, der größte Evangelist<br />
Die Bibel scheint kein Hehl daraus zu machen, dass<br />
Gott in der Evangelisation vollkommen souverän<br />
wirkt. Vielmehr sehen wir, dass es Gott selbst ist,<br />
der sein Evangelium verbreitet. Gott ist gewissermaßen<br />
der größte Evangelist. Schon direkt nach dem<br />
Sündenfall verkündet Gott das Protoevangelium,<br />
dass ein Nachkomme von Eva den Kopf der Schlange<br />
zertreten würde (1. Mose 3,15). Es ist Gott, der<br />
Noah vor der bevorstehenden Flut warnt und ihm<br />
die Frohe Botschaft der Rettung durch den Bau der<br />
Arche verkündigt. Der Götzenanbeter Abram wird<br />
vom Herrn erwählt und ihm wird das Evangelium<br />
verkündet, dass durch ihn alle Völker der Erde gesegnet<br />
sein würden (1. Mose 12,3). Yahweh offenbart sich<br />
Mose als der »Ich bin, der ich bin« (2. Mose 3,14) und<br />
verkündigt ihm die frohe Kunde, dass er sein Volk<br />
aus der Sklaverei in Ägypten führen wird. Es ist Gott<br />
der Herr, der den widerwilligen Propheten Jonah mit<br />
Hilfe eines orkanartigen Sturmes und eines Riesenwals<br />
dazu bringt, dass er in Nineveh predigt, damit<br />
die Menschen dort umkehren.<br />
Im Neuen Testament ist es Jesus, menschgewordener<br />
Gott, der den Menschen verkündigt: »Die Zeit<br />
ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe. Tut Buße<br />
und glaubt an das Evangelium!« (Markus 1,14) Es ist<br />
dieser auferstandene Jesus, der dem Christenverfolger<br />
Saulus begegnet und ihn dazu beruft, das Evangelium<br />
den Heiden zu bringen. Durch das souveräne<br />
Wirken des Heiligen Geistes verkünden die Apostel<br />
am Pfingstfest das Evangelium in den Sprachen der<br />
angereisten Juden und »diejenigen, die nun bereitwillig<br />
sein Wort annahmen, ließen sich taufen, und<br />
es wurden an jenem Tag etwa 3 000 Seelen hinzugetan«<br />
(Apostelgeschichte 2,41). Derselbe Heilige Geist<br />
verwehrt Paulus »das Wort in Asia zu verkündigen«<br />
und führt ihn stattdessen nach Philippi, wo er am<br />
Fluss das Evangelium verkündigt und der Herr einer<br />
Purpurhändlerin namens Lydia das Herz auftut,<br />
»sodass sie aufmerksam achtgab auf das, was von<br />
Paulus geredet wurde« (Apostelgeschichte 16,14).<br />
Die Souveränität Gottes in der Evangelisation<br />
zieht sich wie ein roter Faden durch die Heilige<br />
Schrift. Gott ist einerseits souverän in den evangelistischen<br />
Begegnungen, die er uns gibt. Wir erkennen<br />
Gottes souveränes Wirken in unseren zwischenmenschlichen<br />
Begegnungen an, indem wir beispielsweise<br />
sagen: »Gott hat mir die richtigen Worte<br />
gegeben«, oder »Diese Person hat Gott mir über den<br />
Weg geführt.« Andererseits tun wir uns schwer, das<br />
Resultat oder die Reaktion auf unsere Verkündigung<br />
Gott zuzuschreiben. Wenn es darum geht, wie unser<br />
Gegenüber auf die Botschaft der Sündenvergebung<br />
durch Jesus Christus und die Aufforderung zur Umkehr<br />
reagiert, wollen wir auf einmal, dass Gott dem<br />
Sünder die »Entscheidungsfreiheit« überlässt. Wir<br />
müssen uns jedoch von der Schrift belehren lassen,<br />
die eindeutig zeigt, dass der Heilige Geist das verstockte<br />
Herz des Sünders zu neuem Leben erwecken<br />
muss, ehe der Sünder Buße tut und auf das Erlösungswerk<br />
Christi vertraut. So erging es auch Paulus<br />
und Barnabas, als sie das Evangelium in Antiochia<br />
verkündigten, und es »wurden alle die gläubig, die<br />
zum ewigen Leben bestimmt waren« (Apostelgeschichte<br />
13,48).<br />
Die Ausgangslage<br />
der Evangelisation:<br />
Wir sind alle verdorben<br />
Um die Souveränität Gottes in der Evangelisation<br />
wirklich zu verstehen, müssen wir erst einmal begreifen,<br />
wie verdorben wir eigentlich von Grund aus<br />
sind. Wir waren tot in unseren Übertretungen und<br />
Sünden (Epheser 2,1) mit einem »freien Willen«, der<br />
immer wieder aus freien Stücken die Sünde wählte<br />
und somit nur den »Begierden unseres Fleisches«<br />
(Epheser 2,3) nachging. Für die ganze Menschheit gilt<br />
das vernichtende Urteil: »Es ist keiner gerecht, auch<br />
nicht einer; es ist keiner, der verständig ist, der nach<br />
Gott fragt« (Römer 3,10-11).<br />
Wenn uns diese katastrophale Ausgangslage des<br />
Sünders bewusst wird, dann besteht unsere einzige<br />
Hoffnung der Erlösung darin, dass der dreieinige<br />
Gott uns von unserer geistlichen Totenstarre<br />
zum Leben erweckt. Und genau das hat unser Gott<br />
© Foto: Louis Moncouyoux – unsplash.com/@louis_moncouyoux<br />
5
gemacht. In Christus hat er uns vor Grundlegung<br />
der Welt auserwählt, durch Christus sind unsere<br />
Sünden vergeben worden, und der Heilige Geist ist<br />
unsere Garantie auf das bevorstehende himmlische<br />
Erbe (Epheser 1,3ff). So ist die Erlösung eines jeden<br />
Sünders einzig und allein das souveräne Werk Gottes<br />
und jeder erlöste Sünder kann sich seiner Erlösung<br />
nicht rühmen, sondern nur Gott die Ehre geben.<br />
Warum sollten wir überhaupt noch<br />
evangelisieren, wenn Gott souverän<br />
ist?<br />
Als William Carey, der Pionier der modernen Missionsbewegung<br />
in England, seine Absicht bekannt<br />
machte, das Evangelium nach Indien bringen zu<br />
wollen, bekam er folgenden Kommentar des älteren<br />
Predigers Dr. Ryland zu hören: »Junger Mann, setze<br />
dich, sollte es Gott gefallen die Heidenwelt zu bekehren,<br />
wird er es ohne deine oder meine Hilfe tun.« 1<br />
Dr. Ryland konnte Gottes Souveränität nicht<br />
neben der menschlichen Verantwortung, das<br />
Evangelium zu verkünden, stehen lassen. Er hatte<br />
vergessen, dass Gott nicht nur souverän Menschen<br />
zum ewigen Leben erwählt, sondern dass er auch die<br />
Mittel bestimmt, wie Menschen von neuem geboren<br />
werden. Und das Mittel, das Gott in seinem ewigen<br />
Ratschluss vorgesehen hat, ist die Verkündigung des<br />
Evangeliums durch seine Botschafter. Das ist der<br />
Grund, warum wir die Frohe Botschaft der Sündenvergebung<br />
mit Überzeugung weitergeben. Gott lädt<br />
uns ein, an seiner evangelistischen Mission teilzuhaben.<br />
Gott erlaubt es uns, an seinem souveränen<br />
Rettungsplan mitzuwirken. Er braucht uns nicht,<br />
aber er gebraucht uns.<br />
Weil er souverän ist, können wir unseren Auftrag,<br />
das Evangelium treu zu verkündigen, überhaupt<br />
erst erfüllen. Der Missionsbefehl beruht nämlich<br />
darauf, dass Jesus alle Autorität gegeben ist, und so<br />
gehen wir mit seiner Autorität hinaus und folgen<br />
seinem Gebot. Wir spekulieren nicht darüber, wie<br />
genau Gottes Souveränität mit unserer Verantwortung<br />
in der Evangelisation zusammenhängt, sondern<br />
überlassen die verborgenen Dinge getrost unserem<br />
allwissenden Gott und konzentrieren uns eher auf<br />
die Dinge, die offenbart sind: »Gehet hin in alle Welt<br />
und machet zu Jüngern alle Völker« (Matthäus 28,19).<br />
Darüber hinaus motiviert uns Gottes Souveränität<br />
in unserem evangelistischen Dienst nicht zu<br />
verzweifeln, denn wir können gewiss sein, dass Gott<br />
uns in unserer Schwachheit benutzen wird. Erfolg<br />
in unserer Evangelisation misst sich nicht daran<br />
wie viele Menschen sich bekehren, sondern daran<br />
1 frei übersetzt von Evangelism and the Sovereignty of God, J. I.<br />
Packer, Ausgabe 2008, IVP Press, Seite 40.<br />
wie treu wir die Botschaft unseres gestorbenen und<br />
auferstandenen Herrn verkündigt haben. Gottes<br />
Souveränität gibt uns auch Mut und Zuversicht, dass<br />
Gottes Wort nie leer zurückkehrt (Jesaja 55,11). Ob<br />
durch unsere Verkündigung Erweckung oder Verfolgung<br />
ausbricht, eins bleibt klar: Gottes Absichten<br />
werden immer erfüllt.<br />
Weil wir von Gottes Souveränität in der Evangelisation<br />
überzeugt sind, vertrauen wir nicht auf<br />
unsere evangelistischen Methoden oder versuchen<br />
gar durch Manipulation eine “Entscheidung für<br />
Gott” herbei zu beschwören, sondern wir schämen<br />
uns nicht des Evangeliums, »denn es ist Gottes Kraft<br />
zur Errettung für jeden, der glaubt« (Römer 1,16). Wir<br />
können uns getrost darauf verlassen, dass Gott selbst<br />
durch die Kraft des Evangeliums wirken wird, und<br />
können so auch den langen Atem bewahren, auch<br />
über Jahre hinweg treu zu verkünden, ohne niedergeschlagen<br />
zu sein.<br />
Wir verkündigen weiterhin treu das Evangelium,<br />
gerade weil Gott souverän ist und somit alle Ehre<br />
ihm zuteil wird. Die Geige kann sich nicht rühmen,<br />
dass so schöne Töne von ihr erklingen, denn das<br />
hängt einzig und allein vom Geiger ab. Wir können<br />
uns nichts als Verdienst anrechnen, denn, wie es<br />
Paulus so schön gesagt hat: »Ich habe gepflanzt,<br />
Apollos hat begossen, Gott aber hat das Wachstum<br />
geschenkt« (1 Korinther 3,6 NGÜ). Und so werden<br />
wir befreit von dem Zwang uns mit anderen zu vergleichen<br />
und können uns aufrichtig freuen, wenn die<br />
Kirche nebenan Erweckung erlebt, während es bei<br />
uns nur mühsam vorangeht.<br />
Die Evangelisation lebt und atmet von Gottes<br />
souveränem Handeln. Der englische Theologe J.I.<br />
Packer bringt es hervorragend auf den Punkt: »Wäre<br />
es nicht für die souveräne Gnade Gottes, dann wäre<br />
die Evangelisation das sinnloseste und nutzloseste<br />
Unterfangen, das die Welt je gesehen hat. Es gäbe<br />
keine größere Zeitverschwendung in der Welt als das<br />
christliche Evangelium zu verkünden.« 2<br />
2 frei übersetzt von Evangelism and the Sovereignty of God, J. I.<br />
Packer, Ausgabe 2008, IVP Press, Seite 116.<br />
Sascha Bär dient als Pastoral-Assistent in einer Gemeinde in<br />
den Vereinigten Arabischen Emiraten (RAK Evangelical Church,<br />
Ras Al Kaimah). Er ist mit Julia verheiratet und Vater von zwei<br />
Kindern. Kontakt: sascha@rakchurch.com<br />
6
...und was ist mit<br />
meinem Willen?<br />
Text von Stefan Beyer<br />
Haben wir einen freien Willen, der unabhängig von Gott und<br />
unabhängig von unseren tiefsten Wünschen agieren kann? Die<br />
Bibel verneint das. Sowohl der souveräne Gott als auch unser<br />
sündhaftes Herz üben einen entscheidenden Einfluss auf uns auf.<br />
© Foto: Todd Quackenbush – unsplash.com/@toddquackenbush
Das Verhältnis von Gottes souveränem,<br />
allmächtigem Handeln zu unserem<br />
menschlichen Willen ist eines der<br />
schwierigsten Probleme der Theologie.<br />
Zum Glück müssen wir uns nicht über jede theologische<br />
Frage neu den Kopf zerbrechen, sondern<br />
können aus den Quellen theologischer Weisheit<br />
schöpfen, die andere für uns hinterlassen haben.<br />
Eine solche Quelle lebendiger Wahrheit ist das<br />
Buch »Die Souveränität Gottes« von A.W. Pink. Es<br />
enthält tiefgehende Überlegungen zu allen Fragen<br />
um die Herrschaft Gottes (seine Souveränität) über<br />
diese Welt. In einem Kapitel geht Pink ausdrücklich<br />
auf die Frage ein, wie sich die Souveränität Gottes<br />
und der menschliche Wille zueinander verhalten.<br />
Die Bibel lehrt zunächst einmal ausdrücklich,<br />
dass Gott Macht über den menschlichen Willen<br />
hat, indem sie sagt: »Denn Gott ist es, der in euch<br />
sowohl das Wollen als auch das Vollbringen wirkt<br />
nach seinem Wohlgefallen« (Philipper 2,13). Darüber<br />
hinaus lehrt sie, dass der menschliche Wille gefallen<br />
ist, sodass »da keiner ist, der nach Gott fragt« (Römer<br />
3,11) und keiner von sich aus zu Christus kommen<br />
will, um das Leben zu haben (Johannes 5,40). Wenn<br />
also jemand dennoch zum Glauben an Jesus kommt,<br />
dann muß Gott vorher seinen Willen ändern, in<br />
biblischer Sprache ihn neu geboren werden lassen:<br />
»Allen aber, die ihn aufnahmen, denen gab er das<br />
Anrecht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an<br />
seinen Namen glauben; die nicht aus dem Blut, noch<br />
aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen<br />
des Mannes, sondern aus Gott geboren sind« (Johannes<br />
1,12-13).<br />
Das heißt nicht, dass unser eigener Wille völlig<br />
ausgeschaltet ist, sondern dass er in seinem gefallenen<br />
Zustand nicht das geistlich Gute will. Das<br />
kommt daher, dass unser Wille letztlich von unserem<br />
Herzen bestimmt wird. Er tut das, was wir uns im<br />
tiefsten Herzen wünschen. Solange das Herz »Feindschaft<br />
gegen Gott ist« (Römer 8,7), kann es den wahren<br />
Gott der Bibel nur hassen (Johannes 15,18). In der<br />
Theologie wird zwischen der natürlichen Freiheit des<br />
Willens und der moralischen Freiheit oder Fähigkeit<br />
des Willens unterschieden. Die Bibel lehrt, dass jeder<br />
Mensch eine Freiheit des Entscheidens und Handelns<br />
hat. Er kann sich immer für das entscheiden<br />
und das tun, was er am liebsten mag. Aber die moralische<br />
Unfreiheit des Menschen besteht gerade darin,<br />
dass er ohne das neue Herz immer das Böse dem<br />
geistlichen Guten vorzieht und nicht die Freiheit<br />
hat, das geistliche Gute zu wählen, weil sein Herz an<br />
sündhafte Neigungen gekettet ist.<br />
Deshalb bleibt der Mensch auch immer vor Gott<br />
verantwortlich. Gott zwingt niemanden zur Sünde,<br />
sondern wir entscheiden uns immer freiwillig<br />
und ungezwungen dafür, was unser Herz vorzieht.<br />
Wir sind frei und doch Knechte der Sünde. Diesen<br />
Gedanken hat Martin Luther in seinem zentralen<br />
Werk »Vom unfreien Willen« ausgeführt. Unser<br />
Wille ist keine freischwebende Größe, sondern er<br />
wird von Antrieben, unserem Charakter und unserer<br />
Hoffnungen und unseren Wünschen bestimmt. Er<br />
ist ein Pferd, das entweder von Gott, dem Teufel<br />
oder unserer sündhaften Natur (dem Fleisch) geritten<br />
wird. Im Gegensatz zu Jesus, der »das Heilige«<br />
genannt wird (Lukas 1,35), werden wir als »Knechte<br />
der Sünde« und »frei von Gerechtigkeit« bezeichnet<br />
(Römer 6,20). Wir sind so gefangen in unserem gottesfeindlichen<br />
Willen, dass die Bibel uns zu geistlich<br />
toten Menschen erklärt, die von Gott eine geistliche<br />
Neugeburt (Regeneration) brauchen.<br />
»Auch euch, die ihr tot wart durch Übertretungen<br />
und Sünden, in denen ihr einst gelebt habt nach dem<br />
Lauf dieser Welt, gemäß dem Fürsten, der in der Luft<br />
herrscht, dem Geist, der jetzt in den Söhnen des Ungehorsams<br />
wirkt; unter ihnen führten auch wir alle einst<br />
unser Leben in den Begierden unseres Fleisches, indem<br />
wir den Willen des Fleisches und der Gedanken taten;<br />
und wir waren von Natur Kinder des Zorns, wie auch<br />
die anderen. Gott aber, der reich ist an Erbarmen, hat<br />
um seiner großen Liebe willen, mit der er uns geliebt<br />
hat, auch uns, die wir tot waren durch die Übertretungen,<br />
mit dem Christus lebendig gemacht — aus Gnade<br />
seid ihr errettet!«<br />
Epheser 2, 1-5<br />
Wir waren so verloren in unseren Sünden und<br />
unserer Feindschaft zu Gott, daß Gott uns lebendig<br />
machen musste, bevor wir sein Heil annehmen<br />
wollten (Johannnes 3,3). Deswegen sind wir auch<br />
allein aus Gnade gerettet (sola gratia), weil wir uns<br />
nicht selber für Gott entscheiden konnten, sondern<br />
Gott uns erst ein neues Herz geben musste. Dieses<br />
einseitige Eingreifen Gottes bei der Neugeburt nennt<br />
die Theologie Monergismus. Wir haben nicht mit<br />
Gott zusammengearbeitet (Synergie), sondern er war<br />
allein am Werk. Erst danach haben wir mit Glauben<br />
und Umkehr auf das Angebot des Heils reagiert.<br />
Deshalb hat Jesus gesagt: »Niemand kann zu mir<br />
kommen, es sei denn, daß ihn der Vater zieht, der<br />
mich gesandt hat; und ich werde ihn auferwecken<br />
am letzten Tag« (Johannes 6,44).<br />
Die wohl umfassendste Beleuchtung der Verbindung<br />
des Willens des Menschen und der Souveränität<br />
Gottes hat der amerikanische Theologe Jonathan<br />
Edwards in seinem Buch »A Careful and Strict<br />
Enquiry Into the Prevailing Notions of the Freedom<br />
of Will« gemacht. Diese theologische Streitschrift<br />
sollte als Antwort auf die Theorie der Arminianer<br />
gelten, die behaupteten, daß der Wille sich in einem<br />
moralischen Schwebezustand befindet (indifference)
und sich vollkommen frei in die eine oder andere<br />
Richtung wenden kann. Edwards weist in einer philosophisch<br />
ausgefeilten Argumentation nach, dass<br />
der Wille immer von den Motiven des Herzens bestimmt<br />
wird. Unsere Tugend als Mensch besteht für<br />
Edwards darin, daß das Herz immer heiligere Motive<br />
hervorbringt und dadurch den Willen prägt, während<br />
unser Laster sich in den unheiligen Neigungen des<br />
Herzens äußert. Gott belohnt unsere Taten umso<br />
mehr, als dass sie einem reinen Herzen entstammen<br />
und Jesus klagt die Pharisäer in der Bergpredigt<br />
gerade dafür an, dass sie zwar äußerlich religiös sind,<br />
ihnen aber ein heiliges Herz fehlt (Matthäus 5-7).<br />
Wenn nun Gott aber das Herz und damit den<br />
Willen der Menschen lenken kann, ohne dabei ihre<br />
Freiheit zu zerstören, auf welche Weise tut er das?<br />
A.W. Pink unterscheidet Gottes Wirken bei den<br />
Gerechten von seinem Wirken bei den Ungerechten.<br />
Auf die Gerechten übt Gott einen erneuernden,<br />
kräftigenden, leitenden und bewahrenden Einfluß<br />
aus, während er auf die Ungerechten hemmend, beschwichtigend,<br />
lenkend und verhärtend einwirkt.<br />
Wie wir schon gesehen haben, muss Gott die<br />
Menschen erneuern, damit sie an ihn glauben können<br />
(Johannes 3,3). Dieses Werk vollbringt der Heilige<br />
Geist zu seiner bestimmten Zeit bei den Erwählten<br />
Gottes. Danach kräftigt und stärkt er sie in ihrem<br />
Glauben, sodass »laufen und nicht matt werden,<br />
wandeln und nicht müde werden« (Jesaja 40,31). Gott<br />
lenkt das Herz seiner Kinder, auf dass sie seinen<br />
Willen tun (Psalm 48,14; Sprüche 16,9). Er bewahrt<br />
sie vor allem geistlichen Schaden (Psalm 97,10) und<br />
erhält ihren Glauben, damit sie die Seligkeit erlangen<br />
(1. Petrus 1,5).<br />
Die Gottlosen hemmt der Herr in ihrem sündhaften<br />
Tun, sodass sie oft ihre sündhaften Absichten<br />
nicht ausführen können. So wie er den König Abimelech<br />
davon abhielt, sich an der Frau Abrahams zu<br />
vergreifen (1. Mose 20,6), so hielt er die Brüder Josefs<br />
zurück, ihn zu töten. Stattdessen wurde Josef nach<br />
Ägypten verkauft und bekannte später: »Und nun,<br />
ihr habt mich nicht hergesandt, sondern Gott« (1.<br />
Mose 45,8). Gott konnte ganze Völker davon abhalten,<br />
Israel zur Zeit ihrer jährlichen Feste anzugreifen<br />
(2. Mose 34,24). Er kann sogar so besänftigend auf<br />
die Gottlosen einwirken, dass sie entgegen ihren<br />
ursprünglichen Absichten seine Pläne erfüllen. Er<br />
schenkte Josef Gnade bei Potifar (1. Mose 39,3-4) und<br />
später beim Kerkermeister (1. Mose 39,21). Selbst den<br />
Pharao stimmte er gnädig gegenüber Josef und veranlaßte<br />
ihn, Josef zum Regenten über ganz Ägypten<br />
zu machen (1. Mose 41,39-40). Gott bewirkte, dass<br />
die Tochter eines späteren Pharaos Mitleid mit dem<br />
Säugling Mose hatte und ihn aufzog (2. Mose 2,6).<br />
Er gab Ester Gnade in den Augen des medo-persischen<br />
Königs Ahasveros (Ester 5,2) und Daniel in<br />
den Augen des obersten Kämmerers der Babylonier<br />
(Daniel 1,9). Zuweilen lenkt Gott die bösen Absichten<br />
seiner Feinde und läßt aus ihnen Gutes erstehen. Die<br />
Brüder Josefs verkauften ihn und doch kam alles von<br />
Gott, »um ihnen einen Überrest zu sichern auf Erden,<br />
und um sie am Leben zu erhalten zu einer großen<br />
Errettung« (1. Mose 45,7). Gott kann ganze Völker<br />
lenken und seinen Willen durch sie ausführen:<br />
»Wehe Assyrien, der Rute meines Zorns, der in seiner<br />
Hand den Stock meines Grimms trägt! Gegen eine gottlose<br />
Nation werde ich ihn senden, und gegen das Volk,<br />
dem ich zürne, will ich ihn aufbieten, damit er Beute<br />
macht und Raub holt und es zertritt wie Kot auf der<br />
Gasse! Aber er meint es nicht so, und sein Herz denkt<br />
nicht so, sondern er nimmt sich vor, Völker umzubringen<br />
und auszurotten, und zwar nicht wenige.«<br />
Jesaja 10,5-7<br />
Das erhabenste Beispiel für den lenkenden<br />
Einfluß Gottes auf seine Feinde ist das Kreuz Jesu<br />
Christi, der zwar »durch die Hände der Gesetzlosen<br />
ans Kreuz geschlagen und getötet wurde«, aber zur<br />
gleichen Zeit »nach Gottes festgesetztem Ratschluß<br />
und Vorsehung dahingegeben worden war« (Apostelgeschichte<br />
2,23).<br />
Die sicherlich schwierigste Lehre in diesem Zusammenhang<br />
sind die Aussagen der Bibel, wo Gott<br />
die Herzen der Menschen aktiv verhärtet und ihren<br />
Sinn verblendet. Er kann das Herz seiner Feinde<br />
»verwandeln« und sie in ihrem Haß gegenüber<br />
seinem Volk verhärten (Psalm 105,25). Er verstockte<br />
das Herz des Pharao, sodass er Israel nicht gehenließ<br />
(2. Mose 4,21; Römer 9,17-18). Er »verhärtete den<br />
Sinn und verstockte das Herz« des Königs Sihon,<br />
sodass er Israel nicht durch sein Land ziehen ließ (5.<br />
Mose 2,30). Johannes führt im Neuen Testament den<br />
Unglauben der Juden auf ihre von Gott verblendeten<br />
Augen und ein von Gott verstocktes Herz zurück<br />
(Johannes 12,37-40).<br />
Wir können vor diesem mächtigen Gott, der so<br />
wirken kann, nur den Hut ziehen. Eigentlich müssen<br />
wir viel mehr als das. Wir sollten die Schuhe ausziehen<br />
und uns vor ihm niederwerfen, denn wir stehen<br />
auf heiligem Boden.<br />
Stefan Beyer hat in Jena BWL studiert. Neben seinem<br />
politischen Engagement und der Leitung der Evangelischen<br />
Allianz Jena arbeitet er als Pastor in der Evangeliumsgemeinde<br />
Jena: http: www.eg-jena.de<br />
9
Gottes Souveränität<br />
& das Leid<br />
Text von Stefan Beyer<br />
Kann ich Gott vertrauen, wenn mich Leid befällt? Diese Frage<br />
bewegt jeden Christen und die Bibel enthält einen Schatz<br />
theologischer Wahrheiten, die uns in den schwersten Stunden<br />
unseres Lebens tragen können. Gott hat einen Plan<br />
in unserem Leid.
DIE LEHRE VON DER<br />
SOUVERÄNITÄT GOTTES<br />
HILFT UNS, DASS WIR<br />
AM ENDE DOCH GOTTES<br />
HAND IN JEDEM »ZUFALL«<br />
SEHEN UND TROST DARIN<br />
FINDEN KÖNNEN, DASS<br />
ALLES LEID DIE ERLAUBNIS<br />
UNSERES HIMMLISCHEN<br />
VATERS ERHALTEN MUSS,<br />
BEVOR ES IN UNSER LEBEN<br />
TRETEN DARF.<br />
© Foto: Tobias van Schneider – unsplash.com/@vanschneider 11
Wenn uns im Leben Leid trifft, ist das<br />
auch für Christen nicht einfach zu<br />
ertragen. Da helfen keine schnellen<br />
Verweise auf Römer 8,28, dass der<br />
Herr doch alles zum Besten verwenden wird. Auch<br />
schnelle Lösungsvorschläge bringen meistens nicht<br />
weiter. Zunächst können wir oft nichts Besseres tun,<br />
als einfach nur zuzuhören. Das ist auch das einzige,<br />
das die Freunde Hiobs richtig gemacht haben.<br />
Das heißt aber nicht, daß Theologie bei der Bewältigung<br />
von Leid unwichtig ist. Als vor zwei Jahren<br />
mein Vater verstorben ist, brauchte ich erstmal mehrere<br />
Monate, in denen ich einfach nur trauern konnte.<br />
Danach wurden mir aber biblische Wahrheiten<br />
zum Segen und ich konnte neue Kraft schöpfen. Eine<br />
dieser Wahrheiten ist die Lehre von der Souveränität<br />
Gottes. Damit ist gemeint, dass Gott alles in der Welt<br />
geplant hat und lenkt. Sie schließt seinen ewigen<br />
Ratschluß ein, mit dem er vor Anbeginn der Welt<br />
alles vorherbestimmt hat, was geschehen sollte. Danach<br />
läßt Gott die Welt aber nicht wie eine Maschine<br />
nach ihren eigenen Gesetzen funktionieren, sondern<br />
greift fortwährend aktiv ein und trägt sie, um seinen<br />
festgesetzten Willen zu erfüllen. Dieses Handeln<br />
nennt man seine Vorsehung bzw. seine Fügung.<br />
Einer der deutlichsten Stellen im Neuen Testament,<br />
die über die Souveränität Gottes und sein<br />
Ziel in der Erschaffung der Welt spricht, ist Epheser<br />
1,3-12:<br />
»Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus<br />
Christus, der uns gesegnet hat mit jedem geistlichen<br />
Segen in den himmlischen Regionen in Christus, wie er<br />
uns in ihm auserwählt hat vor Grundlegung der Welt,<br />
damit wir heilig und tadellos vor ihm seien in Liebe. Er<br />
hat uns vorherbestimmt zur Sohnschaft für sich selbst<br />
durch Jesus Christus, nach dem Wohlgefallen seines<br />
Willens, zum Lob der Herrlichkeit seiner Gnade, mit<br />
der er uns begnadigt hat in dem Geliebten. In ihm haben<br />
wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung<br />
der Übertretungen nach dem Reichtum seiner Gnade,<br />
die er uns überströmend widerfahren ließ in aller<br />
Weisheit und Einsicht. Er hat uns das Geheimnis seines<br />
Willens bekannt gemacht, entsprechend dem Ratschluß,<br />
den er nach seinem Wohlgefallen gefaßt hat in<br />
ihm, zur Ausführung in der Fülle der Zeiten: alles unter<br />
einem Haupt zusammenzufassen in dem Christus, sowohl<br />
was im Himmel als auch was auf Erden ist — in<br />
ihm, in welchem wir auch ein Erbteil erlangt haben, die<br />
wir vorherbestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der<br />
alles wirkt nach dem Ratschluß seines Willens, damit<br />
wir zum Lob seiner Herrlichkeit dienten, die wir zuvor<br />
auf den Christus gehofft haben.«<br />
Gott der Vater hat uns mit allem geistlichen Segen<br />
überschüttet. Dazu hat er uns vor Grundlegung der<br />
Welt auserwählt. Er hat uns begnadigt, indem sein<br />
geliebter Sohn an unserer Stelle starb. Nach dem<br />
Reichtum seiner Gnade vergibt er uns nun alle Übertretungen.<br />
Sein Ratschluß und das Herzstück seines<br />
souveränen Planes ist es, dass alles auf Christus<br />
ausgerichtet ist und er hochgelobt wird durch die<br />
Erlösung, die er erwirkt hat. Gott regiert und lenkt<br />
alle Dinge in dieser Welt, damit seine Herrlichkeit<br />
hochgelobt wird, vor allem die Herrlichkeit seiner<br />
Gnade. Das Evangelium steht im Zentrum des Vorsatzes<br />
Gottes: Alles auf der Welt geschieht, damit das<br />
Evangelium entweder verkündigt oder noch tiefer<br />
verstanden werden kann.<br />
Dieser Schatz an biblischen Wahrheiten kann uns<br />
in Zeiten des Leids helfen, wieder Boden unter unsere<br />
Füße zu bekommen. Wir sind geschaffen, um die<br />
Herrlichkeit des Christus zu erkennen und widerzuspiegeln.<br />
Alles, was Gott in unserem Leben tut oder<br />
zulässt, dient diesem hehren Ziel.<br />
Wieso bestimmt Gott<br />
Leid für seine Knechte<br />
John Piper hat ein tiefschürfendes Buch über das<br />
Verhältnis der Souveränität Gottes und des Leids<br />
herausgegeben (»Suffering and the Sovereignty of<br />
God«). Darin geht er in Kapitel 4 darauf ein, warum<br />
Gott seine Knechte leiden lässt.<br />
Zunächst gebraucht Gott Leid, um unseren<br />
Glauben und unsere Heiligkeit zu vertiefen. Hebräer<br />
12 spricht davon, dass wir gezüchtigt werden, »damit<br />
wir seiner Heiligkeit teilhaftig werden« (Vers 10).<br />
Selbst Jesus lernte an dem, was er litt, den Gehorsam<br />
(Hebräer 5,8). Zeiten des Leides sind oft Zeiten tiefer<br />
Begegnung mit Gott und seinem Wort. Leid hat aber<br />
auch eine Ewigkeitsperspektive. Wenn wir jetzt das<br />
Leid geduldig ertragen, werden wir später Gottes<br />
Herrlichkeit im Himmel noch tiefer erfahren. Paulus<br />
spricht davon, dass unsere jetzige Bedrängnis uns<br />
»eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit<br />
verschafft« (2. Korinther 4,17). Wir werden<br />
später belohnt werden für das Leid, das wir jetzt<br />
ertragen.<br />
Leid hat für Paulus auch eine missionarische<br />
Komponente. Oft gebraucht Gott das Leid der Christen,<br />
um die gute Nachricht vom stellvertretenden<br />
Leiden seines Sohnes auszubreiten. Deshalb konnte<br />
Paulus davon sprechen, in seinem Fleisch zu erfüllen,<br />
»was an den Bedrängnissen des Christus noch<br />
aussteht, um seines Leibes willen, welcher die Gemeinde<br />
ist« (Kolosser 1,24). Gott baut die Gemeinde<br />
durch das Leiden seines Sohnes und das Leid seiner<br />
Kinder. Dadurch werden die Herrlichkeit Gottes und<br />
seine durchtragende Liebe für alle Welt sichtbar.<br />
Durch Leid zeigt sich, was uns wirklich wichtig ist.<br />
Wenn Christen auch im schwersten Leid an ihrem<br />
Retter festhalten, dann wird dadurch offenbar, welch<br />
ein großer Schatz Jesus Christus ist. Damit wir diesen<br />
Schatz noch tiefer wertschätzen, lässt Gott unseren<br />
Glauben durch Leid reinigen (1. Petrus 1,7).<br />
Aber die theologisch tiefste Erklärung dafür,<br />
warum Gott in seiner Souveränität Leid zulässt,<br />
ist, dass wir dadurch das Leiden des Sohnes Gottes<br />
tiefer ermessen und in Ewigkeit feiern können. Alles,<br />
12
was Jesus für uns erworben hat, hat er durch Leid<br />
erworben. Er hat den Zorn Gottes für uns getragen,<br />
und das durch sein Leiden am Kreuz (Galater 3,13).<br />
Er trug unsere Sünden und erkaufte unsere Vergebung<br />
durch Leiden (1. Petrus 2,24). Er erwarb eine<br />
vollkommene Gerechtigkeit, die er uns überträgt,<br />
und der Weg dahin führte durch Leiden (Philipper<br />
2,7-8). Er besiegte den Tod, indem er selbst den Tod<br />
erlitt (Hebräer 2,14-15). Er entwaffnete den Teufel, indem<br />
er ihn am Kreuz überwand (Kolosser 2,14-15). Er<br />
erwarb vollkommene, letztendliche Heilung für sein<br />
Volk, aber nur durch seine Wunden (Jesaja 53,5). Er<br />
wird uns irgendwann zu Gottes Gegenwart bringen,<br />
aber er musste dazu leiden (1. Petrus 3,18). Unser Leid<br />
erfährt darin seinen tiefsten Sinn, dass es auf das<br />
Leiden des Christus für sein Volk hinweist.<br />
Die Gerechtigkeit und<br />
Ungerechtigkeit des Leids<br />
Ein weiteres empfehlenswertes Buch über das Thema<br />
Leid stammt von Timothy Keller und trägt den<br />
Titel »Walking with God through Pain and Suffering.«<br />
Dort geht er in Kapitel 6 auf das Thema der<br />
Souveränität Gottes im Leid ein.<br />
Für Keller ist das Leid zum einen das Ergebnis<br />
der Gerechtigkeit Gottes und drückt sein Gericht<br />
über die Sünde aus. Im ersten Buch Mose Kapitel<br />
1 bis 3 wird beschrieben, wie Adam und Eva ihrem<br />
Schöpfer ungehorsam geworden sind und dadurch<br />
die ganze Welt ins Verderben gestürzt haben. In<br />
diesem Moment hat auch das Leid begonnen, indem<br />
Adam und Eva aus dem Garten Eden verbannt<br />
wurden. Die ganze Schöpfung ist in diesem Zusammenhang<br />
der »Knechtschaft der Sterblichkeit« unterworfen<br />
worden (Römer 8,21). Wir leben nunmehr<br />
in einer Welt der Vergänglichkeit, wo jeder, Christ<br />
wie Nichtchrist, Leid erfährt. Diese Vergänglichkeit<br />
ist ein Gericht Gottes über den Ungehorsam unserer<br />
Erzeltern, sie enthält aber von Beginn an im Plan<br />
Gottes die Hoffnung auf eine großartige Erlösung<br />
(Römer 8,20). Von einer Seite aus betrachtet ist also<br />
Leid eine Folge des Gerichtes Gottes über die Welt<br />
als Ganzes, aber auch über einzelne Menschen und<br />
Nationen, wenn sie sich von ihm lossagen (2. Mose<br />
34,6-7).<br />
Zum anderen enthält das Leid aus unserer Perspektive<br />
aber auch immer ein Element der Ungerechtigkeit<br />
und des Geheimnisses. Die Bibel macht<br />
es ganz deutlich (besonders im Buch Hiob), dass<br />
Leid keineswegs immer als Folge oder Bestrafung für<br />
irgendeine persönliche Sünde verstanden werden<br />
sollte. Als meine Frau und ich Schwierigkeiten hatten,<br />
ein Kind zu zeugen, habe ich das zunächst als<br />
Bestrafung Gottes für eine Sünde in meinem Leben<br />
gedeutet. Aber das war ein Fehler. Gerade das Buch<br />
Prediger spricht die Erfahrung an, dass Leid jeden<br />
befällt, oft unabhängig davon wie treu oder untreu er<br />
Gott gedient hat. Unser Leben wird oft von Umständen<br />
bestimmt, die wir nicht beeinflussen können<br />
(Prediger 9,11). Während das Buch der Sprüche die<br />
Ordnung im Handeln Gottes betont und den Zusammenhang<br />
zwischen Tun und Ergehen, offenbaren<br />
uns die Bücher Hiob und Prediger, dass Gottes<br />
Handeln immer auch eine geheime und verwirrende<br />
Komponente enthält. Wir können Gottes Plan<br />
letztlich nie ganz verstehen, warum er so oder so mit<br />
Menschen umgeht.<br />
Aber die Lehre von der Souveränität Gottes hilft<br />
uns, dass wir am Ende doch Gottes Hand in jedem<br />
»Zufall« sehen und Trost darin finden können, dass<br />
alles Leid die Erlaubnis unseres himmlischen Vaters<br />
erhalten muss, bevor es in unser Leben treten darf.<br />
Unser Privileg als Christen ist nicht, dass wir uns<br />
dem abstrakten Schicksal oder einem gefühlslosen,<br />
allmächtigen Herrscher unterwerfen können,<br />
sondern dass wir einen himmlischen Vater haben,<br />
der uns in Liebe führt und formt, und der in der Bedrängnis<br />
sogar mit uns leidet (Jesaja 63,9).<br />
Letztlich ist das, was uns im Leid trägt, die<br />
Erkenntnis, dass Gott »meine Sache hinausführt«<br />
(Psalm 57,3), und der tiefste Sinn meines Leides ist<br />
der Blick auf das stellvertretende Leiden des Gottessohnes.<br />
Dadurch wird die Bedrängnis zwar nicht<br />
leicht, aber erträglich.<br />
»Wer nur den lieben Gott läßt walten<br />
und hoffet auf ihn allezeit,<br />
den wird er wunderbar erhalten<br />
in aller Not und Traurigkeit.<br />
Wer Gott, dem Allerhöchsten, traut,<br />
der hat auf keinen Sand gebaut.<br />
Man halte nur ein wenig stille<br />
und sei doch in sich selbst vergnügt,<br />
wie unser's Gottes Gnadenwille,<br />
wie sein Allwissenheit es fügt;<br />
Gott, der uns sich hat auserwählt,<br />
der weiß auch sehr wohl, was uns fehlt.<br />
Denk nicht in deiner Drangsalshitze,<br />
daß du von Gott verlassen seist<br />
und daß ihm der im Schoße sitze,<br />
der sich mit stetem Glücke speist.<br />
Die Folgezeit verändert viel<br />
und setzet jeglichem sein Ziel.«<br />
Georg Neumark (1657)<br />
Stefan Beyer hat in Jena BWL studiert. Neben seinem<br />
politischen Engagement und der Leitung der Evangelischen<br />
Allianz Jena arbeitet er als Pastor in der Evangeliumsgemeinde<br />
Jena: http: www.eg-jena.de<br />
13
SCHRIFTGELEHRT<br />
Rubrik zum<br />
Alten Testament<br />
Ein Gott, den wir<br />
wollen, ein Gott, den<br />
wir brauchen!<br />
Text von Andreas Münch<br />
Der Großteil unserer Mitmenschen hält ein<br />
alttestamentliches Gottesbild für längst überholt und widerlegt.<br />
Bei längerem Nachdenken jedoch sollten wir zu dem Schluss<br />
kommen, dass es genau der Gott des AT ist, den wir sowohl<br />
brauchen als auch wollen!
© Foto: NASA – unsplash.com/@nasa 15
Vor einigen Jahren, während meiner Ausbildung,<br />
bekam ich ein Gespräch unter<br />
zwei Kolleginnen mit. Sie sprachen über<br />
eine Vergewaltigung, die gerade Schlagzeile<br />
machte. Dementsprechend emotional war die<br />
Unterhaltung. Irgendwann fiel der Satz: »Wenn ich<br />
so etwas höre, braucht mir keiner mehr zu erzählen,<br />
dass es da oben jemanden gibt!« Der da oben war<br />
natürlich Gott. Und vermutlich war damit der Gott<br />
der Bibel gemeint. Meine Kollegin stieß sich an der<br />
Vorstellung eines souveränen Gottes, d.h., dass Gott<br />
alle Geschicke dieser Welt so lenkt, wie er es für richtig<br />
hält. Ihre Erfahrung schien diesem Gottesbild zu<br />
widersprechen. Demnach ist nicht zu erwarten, dass<br />
meine ehemalige Kollegin morgens aufsteht und<br />
ihren Tag einem Gott anbefiehlt, der alles in seinen<br />
Händen hält.<br />
Die Geschichte von der Vergewaltigung schockierte<br />
mich gleichermaßen, keine Frage. Aber<br />
im Gegensatz zu meiner Kollegin brachte es mein<br />
Gottesbild nicht ins Wanken. Trotz all des Leides und<br />
des Chaos in dieser Welt zweifele ich dennoch nicht<br />
an der Souveränität Gottes. Ich stehe morgens nach<br />
wie vor mit der Überzeugung auf, dass diese Welt<br />
die Schöpfung eines souveränen Gottes ist, der alle<br />
Geschicke dieser Welt regiert – die Guten wie die<br />
Bösen.<br />
Alles ist in der Hand Gottes<br />
Denn es ist genau das, was die Bibel mich über Gott<br />
lehrt. Egal ob Kriege, Naturkatastrophen, Krankheiten<br />
oder Regierungen – alles ist in der Hand Gottes<br />
und nichts passiert ohne seinen Willen. In Psalm<br />
115,3 heißt es: Unser Gott ist im Himmel; alles, was<br />
ihm wohlgefällt, tut er. Der leidende und mit Gott<br />
hadernde Hiob stellte am Ende seiner Diskussion<br />
fest: Ich habe erkannt, dass du alles vermagst und<br />
kein Plan für dich unausführbar ist (Hiob 42,2). Nach<br />
seiner Demütigung durch den Allmächtigen musste<br />
selbst der große babylonische König Nebukadnezar<br />
bezeugen: Und alle Bewohner der Erde sind wie<br />
nichts gerechnet, und nach seinem Willen verfährt er<br />
mit dem Heer des Himmels und den Bewohnern der<br />
Erde. Und da ist niemand, der seiner Hand wehren<br />
und zu ihm sagen könnte: Was tust du? (Dan 4,32).<br />
Was die Souveränität Gottes angeht ist das Alte Testament<br />
unmissverständlich.<br />
Jetzt mag man einwenden, dass dieses Gottesbild<br />
in der Vergangenheit »funktionierte«, heute<br />
aber kaum noch annehmbar sei. Aus zwei Gründen<br />
scheint ein souveräner Gott überflüssig geworden<br />
zu sein. Schaut man sich das Chaos in der Welt an,<br />
folgert man, dass es keinen souveränen Gott geben<br />
könne, andernfalls hätte sich dieser längst um die<br />
Not der Welt gekümmert. Blickt man jedoch auf die<br />
Errungenschaften der Menschheit, kommt man zum<br />
Ergebnis, dass man Gott nicht braucht, da man auch<br />
ohne ihn im Leben auskommt. So oder so hat sich<br />
der Gedanke an einen souveränen Weltherrscher<br />
erledigt, oder? Ich denke nein. Meiner Meinung nach<br />
brauchen wir den souveränen Gott des AT und ich<br />
denke wir wollen ihn auch.<br />
Was für einen Gott brauchen wir?<br />
Wir können nicht leugnen, dass wir in einer gefallenen<br />
Welt leben. Wir wissen instinktiv, dass unsere<br />
Welt nicht so ist, wie sie eigentlich sein sollte, und<br />
die Bibel liefert uns mit dem Sündenfall eine plausible<br />
Erklärung dafür. Wer den biblischen Sündenfall<br />
leugnet, muss eine überzeugende Alternative anbieten,<br />
wenn er ein tragbares Weltbild aufrechterhalten<br />
möchte. Spricht man Menschen auf ihr Gottesbild<br />
an, erhält man oftmals Antworten, deren Ausmaß<br />
sich nur wenige bewusst zu sein scheinen. In ihrer<br />
Vorstellung scheint Gott vielleicht zu existieren, aber<br />
er greift nicht in diese Welt ein. Gott ist ein Gott der<br />
Liebe und stellt keine Forderungen an mich. Gott ist<br />
unglaublich tolerant. Für andere ist Gott wie ein guter<br />
Freund, der einen genauso sehr braucht wie man<br />
ihn. Und eine weitere Vorstellung hält sich hartnäckig:<br />
Gottes Allmacht endet dort, wo die Willensfreiheit<br />
des Menschen anfängt. Doch wollen wir allen<br />
Ernstes einen solchen Gott?<br />
Wollen wir einen Gott, dem das Schicksal dieser<br />
Welt egal ist? Wollen wir wirklich einen Gott, dem<br />
es gleichgültig ist, ob man seine Gebote befolgt oder<br />
nicht? Wollen wir tatsächlich einen Gott, der sich<br />
von uns Menschen manipulieren lässt, von uns<br />
abhängig ist und dessen Pläne wir durchkreuzen<br />
können? Sicher, ein Sünder wünscht sich einen Gott,<br />
der über die eigene Schuld großzügig hinwegsieht<br />
– aber nicht bei den Fehlern der anderen. Solange<br />
es uns gut geht, interessiert es uns nicht, ob es Gott<br />
gibt oder nicht. Doch spätestens dann, wenn wir die<br />
Geschädigten sind, wünschen wir uns einen Gott,<br />
der sich unserer Sache annimmt und in die Situation<br />
eingreift.<br />
Das Gottesbild der Bibel ist gewaltig. Der Gott des<br />
AT ist kein Mickey-Maus-Gott. Vielmehr schreibt<br />
Jesaja: Wer hat den Geist des Herrn ermessen, und<br />
wer ist der Mann seines Rates, den er unterwiese? Mit<br />
wem beriet er sich, dass er ihm Einsicht gegeben und<br />
ihn belehrt hätte über den Pfad des Rechts und ihn<br />
Erkenntnis gelehrt und ihn über den Weg der Einsicht<br />
unterwiesen hätte? Siehe, Nationen gelten wie ein<br />
Tropfen am Eimer und wie Staub auf der Waagschale.<br />
Siehe, Inseln hebt er hoch wie ein Stäubchen. Und<br />
der Libanon reicht nicht hin zum Brennholz, und sein<br />
16
Wild reicht nicht hin zum Brandopfer. Alle Nationen<br />
sind wie nichts vor ihm und gelten ihm als nichtig und<br />
leer (Jesaja 40,13-17). Gott steht über seiner Schöpfung<br />
und er hat nicht die Kontrolle verloren, noch sie<br />
aus der Hand gegeben.<br />
Gottes Souveränität<br />
und unsere Sünde<br />
Wir finden dafür im AT viele Beispiele. Eines ist die<br />
Bedeutung der Souveränität Gottes für die Sünden<br />
der Menschen. Jeder Mensch leidet unter der Sünde<br />
anderer. Die Bibel sagt mir, dass Gott die Sünde des<br />
Menschen eindämmt und richtet: Gott ist ein gerechter<br />
Richter und ein strafender Gott an jedem Tag<br />
(Psalm 7,12). Ich profitiere letztendlich davon, dass<br />
Gott das Böse in dieser Welt zügelt. Doch ich bin<br />
nicht nur Opfer, sondern genauso Täter der Sünden.<br />
Ein Wesenszug der Sünde ist, dass sie irrational ist.<br />
Es ist im Grunde verrückt, dass wir oftmals genau<br />
um die Konsequenzen unseres Handelns wissen<br />
und dennoch nicht von unserem Tun ablassen. Wie<br />
bitter haben wir schon manches Wort und manche<br />
Tat bereut? Wie tröstlich ist es für mich zu wissen,<br />
dass Gott auch meiner Bosheit oftmals Grenzen<br />
setzt. In 1. Mose 20 lesen wir vom König Abimelech,<br />
der, ohne es besser zu wissen, drauf und dran war,<br />
sich an der Frau Abrahams zu versündigen. In Vers 6<br />
heißt es: Da sprach Gott im Traum zu ihm: Auch ich<br />
weiß, dass du in Lauterkeit deines Herzens dies getan<br />
hast, und so habe ich selbst dich auch davon abgehalten,<br />
gegen mich zu sündigen; darum habe ich dir<br />
nicht gestattet, sie zu berühren. Oftmals bewahrt Gott<br />
uns selbst davor, uns in Sünde zu verstricken. Doch<br />
selbst wenn wir sündigen, durchkreuzen wir damit<br />
nicht Gottes souveräne Pläne. So lesen wir in Psalm<br />
76,11: Denn selbst der Grimm des Menschen wird dich<br />
preisen; auch noch mit dem Rest des Grimmes wirst<br />
du dich gürten. Selbst die bösen Entscheidungen des<br />
Menschen werden letztendlich Gottes guten Absichten<br />
dienen. Das ist für mich, der ich oftmals versage,<br />
wahrer Trost. Meine Sünde ist für Gott kein Hindernis<br />
aus meinem Leben etwas zu machen, das ihn<br />
ehrt. Wo ich nur den Schaden meiner Sünde sehe,<br />
sieht Gott das Herrliche, das er daraus entstehen<br />
lässt. Das entschuldigt nicht meine Sünde, aber es<br />
gibt mir neue Hoffnung.<br />
Viele stehen der Souveränität Gottes jedoch<br />
skeptisch gegenüber, weil sie schwer erfahrbar ist.<br />
Wir können zwar sagen, dass Gott souverän ist und<br />
diese Welt regiert, aber unsere Erfahrung scheint<br />
dem dann doch zu widersprechen, oder? Das Problem<br />
liegt nicht bei Gott, sondern bei uns, die wir<br />
eine klare Vorstellung davon haben, wie Gott seine<br />
Souveränität einsetzen sollte. Alles Leid soll sofort<br />
ein Ende finden, oder besser schon gestern. Doch das<br />
ist gerade der springende Punkt: Weil Gott souverän<br />
ist, kann er tun und lassen, was er möchte. In der<br />
Bibel stellt uns Gott in Aussicht, dass er das Leid dieser<br />
Welt eines Tages beenden wird. Aber eben nicht<br />
sofort. Naturkatastrophen, gottlose Regierungen und<br />
alles, was uns sonst noch das Leben schwermacht,<br />
werden weiterhin unsere Welt heimsuchen und es<br />
wird uns nicht möglich sein, die weisen Absichten<br />
Gottes dahinter zu erkennen. Doch Gott hat uns<br />
nirgendwo versprochen, dass er uns in die Karten<br />
schauen lässt.<br />
Vielmehr verweist er uns auf seinen Sohn Jesus<br />
Christus. Dieser ist das beste Beispiel dafür, dass<br />
Gott die Sünde des Menschen gebraucht, um uns<br />
Gutes zu tun, um uns von dem Fluch der Sünde<br />
zu retten. In Apostelgeschichte 4,27-28 betet die<br />
Gemeinde: Denn in dieser Stadt versammelten sich in<br />
Wahrheit gegen deinen heiligen Knecht Jesus, den du<br />
gesalbt hast, sowohl Herodes als auch Pontius Pilatus<br />
mit den Nationen und den Völkern Israels, alles zu<br />
tun, was deine Hand und dein Ratschluss vorherbestimmt<br />
hat, dass es geschehen sollte. Soweit hat Gott<br />
uns einen Einblick in seinen geheimen Ratschluss<br />
gegeben, damit wir ihm in einer gefallenen Welt dennoch<br />
glauben und vertrauen.<br />
Ein Fazit<br />
Was ist also zu tun? Wir können einerseits das<br />
Chaos in dieser Welt betrachten und alle Hoffnung<br />
auf einen souveränen Gott fahren lassen, doch ist<br />
damit unser Problem nicht gelöst. Oder wir glauben<br />
an den Gott der Bibel und halten daran fest, dass er<br />
die Geschicke dieser Welt lenkt und eines Tages die<br />
Probleme lösen wird. Dann können wir uns damit<br />
zufriedengeben, mit vielen unbeantworteten Fragen<br />
durchs Leben zu gehen, weil die wichtigsten Fragen<br />
eine Beantwortung im Wort Gottes finden. Und<br />
das genügt. Das Verborgene steht bei dem Herrn,<br />
unserm Gott; aber das Offenbare gilt uns und unsern<br />
Kindern für ewig, damit wir alle Worte dieses Gesetzes<br />
tun (5.Mose 29,28).<br />
Andreas Münch (*1984) ist verheiratet mit Miriam und Vater<br />
von Aaron. Er ist Autor und Theologiestudent beim MBS.<br />
Seine Webseite: andreas-muench.com<br />
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WIE EDELSTEINE<br />
Rubrik für junge<br />
Frauen in der Nachfolge
Gottes Souveränität<br />
und der Ehepartner<br />
Text von Elena Sossou<br />
Eine Ermutigung und eine Warnung für junge Frauen in der<br />
Nachfolge. Wie spielen die Souveränität Gottes und mein Wunsch<br />
nach einem Partner zusammen? Was ist meine Motivation dabei<br />
und was will Gott ganz konkret für mich?<br />
© Foto: Clem Onojeghuo – unsplash.com/@clemono2 19
Und Gott sprach: »Es ist nicht gut, dass<br />
der Mensch allein sei; ich will ihm eine<br />
Gehilfin machen, die ihm entspricht.« (1.<br />
Mose 2,18) »Darum wird ein Mann seinen<br />
Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau<br />
anhängen, und sie werden ein Fleisch sein.« (1. Mose<br />
2,24)<br />
Gott setzte bei der Erschaffung von dem ersten<br />
Menschen, der selbst keine Eltern hatte, eine Richtlinie<br />
für alle Menschen, die nach ihm kommen sollten.<br />
Ob Mann oder Frau – wir wünschen uns einen<br />
besonderen Menschen an unserer Seite. Zu diesem<br />
Thema kann sehr viel gesagt werden, da es uns alle<br />
betrifft. Ich möchte in meinem Artikel euch, liebe<br />
Leserinnen, Mut machen auf Gott zu vertrauen, eure<br />
jungen Jahre gut zu nutzen, euch rein von der Welt<br />
zu halten und in jeder Lebenslage genügsam zu sein.<br />
Als ich 22 Jahre alt war, errettete mich Jesus<br />
Christus von meinen Sünden und ich erkannte, dass<br />
ich nichts anderes als die Hölle verdient habe. Aus<br />
Gnade schenkte Er mir das ewige Leben und ich<br />
übergab Ihm mein Irdisches. Immer wieder betete<br />
ich zu Gott, dass ich bereit sei, alleinstehend zu<br />
bleiben und mein Leben der Mission zu widmen. Es<br />
gibt so viele Seelen, die das Evangelium noch nie gehört<br />
haben. Sollte ich dann etwa danach streben ein<br />
Leben zu führen, in dem es um die Erfüllung meiner<br />
eigenen Wünsche geht?<br />
Während meines Studiums verging kaum ein Tag,<br />
an dem ich nicht jemanden auf der Straße von Jesus<br />
erzählt hätte. Ich nahm an mehreren Missionsreisen<br />
teil und nutzte jede Gelegenheit meine Jugend Gott<br />
zu opfern. Obwohl der Wunsch einmal eine eigene<br />
Familie zu haben manchmal stärker wurde, achtete<br />
ich darauf, dass meine Handlungen und Entscheidungen<br />
davon nicht gelenkt wurden. Ich war überzeugt,<br />
dass Gott die Sache in seiner Hand hatte und<br />
ich mich darum nicht kümmern muss.<br />
Ich traf einige junge Frauen in der Welt, die<br />
einen Freund haben wollten, weil es nicht "cool" sei,<br />
alleinstehend zu sein. Ich traf auch junge Frauen in<br />
der Gemeinde, die aus demselben Grund heiraten<br />
wollten. Trauriger noch – ich traf einige Frauen, die<br />
auf Männersuche gingen, wenn der Mann auf sich<br />
warten ließ. So ein Verhalten ehrt Gott nicht und<br />
wird die Frau auch niemals glücklich machen. Ein<br />
gottesfürchtiger Mann wird solchen Avancen nicht<br />
nachgeben. Im Gegenteil, Gott gab dem Mann die<br />
Aufgabe zu erobern und er wird es auch tun, wenn<br />
er eine Frau liebt und er von Gott eine Bestätigung<br />
bekommen hat. Der Mann ist berufen die Führung<br />
zu übernehmen, nicht die Frau. Es wäre eine große<br />
Last für die Frau einen unreifen Mann zu heiraten,<br />
der nicht in der Lage wäre sie zu führen und zu<br />
unterweisen.<br />
Wenn es dein Wunsch ist eine Familie zu haben,<br />
bekenne es vor Gott und glaube daran, dass Gott<br />
mächtig ist deine Liebesgeschichte zu schreiben.<br />
Bete darum. Vertraue Ihm allein. Er ist allmächtig!<br />
Er ist souverän! »Bitte aber im Glauben und zweifle<br />
nicht; denn wer zweifelt, gleicht einer Meereswoge,<br />
die vom Wind getrieben und hin- und hergeworfen<br />
wird. Ein solcher Mensch denke nicht, dass er etwas<br />
von dem Herrn empfangen wird, ein Mann mit geteiltem<br />
Herzen, unbeständig in allen seinen Wegen.«<br />
(Jakobus 1,6-8)<br />
Doch an manchen Tagen wird der Wunsch zu<br />
heiraten so groß, dass einem sogar zum Weinen<br />
zumute ist. Jahre vergehen, aber dein Prinz ist nicht<br />
mal in Sicht. Du betest und übergibst diese Sache<br />
Gott, in der Hoffnung, dass Er es bald so geschehen<br />
werden lässt, wie du es dir erträumst. Vielleicht<br />
kommt ab und zu ein junger Mann, der um dich<br />
wirbt, aber du weißt, dass er nicht der Mann ist,<br />
auf den du so lange gewartet hast. Vielleicht hast<br />
du schon Fehler gemacht und es beängstigt dich,<br />
dein Herz wieder jemandem anzuvertrauen, der<br />
es brechen könnte. Vielleicht traust du dich nicht<br />
davon zu träumen, dass Gott auch für dich einen<br />
gottesfürchtigen Mann vorbereitet hat. Vielleicht<br />
willst du es gar nicht zugeben, dass du auch gerne<br />
heiraten möchtest. Und so braucht es ein Wunder,<br />
dass sich zwei Menschen in dieser großen Welt<br />
finden, die zusammen passen. Mir ist bewusst, dass<br />
sich die Mehrheit der alleinstehenden Frauen mehr<br />
oder weniger so fühlen. Ich habe mich manchmal<br />
so gefühlt, obwohl ich mit meiner Lage als Alleinstehende<br />
überwiegend zufrieden war. Trotz vielen<br />
Verehrern war ich nie mit einem jungen Mann in<br />
einer romantischen Beziehung und wusste nicht, ob<br />
Gott es jemals für mich vorgesehen hatte. Ich war<br />
entschlossen: wenn ich jemals heiraten sollte, dann<br />
soll es von Gott geführt sein, nicht von mir gelenkt.<br />
Paulus erinnert uns in dem Philipperbrief Kapitel 4,<br />
Verse 11-13 »Nicht wegen des Mangels sage ich das;<br />
ich habe nämlich gelernt, mit der Lage zufrieden zu<br />
sein, in der ich mich befinde.« Was ist, wenn Gott<br />
es für mich vorbestimmt hat, für immer alleine zu<br />
sein? Was ist, wenn ich niemals mein eigenes Kind<br />
in den Armen halten werde? Was ist, wenn...? Immer<br />
wenn solche Fragen kommen, denke daran, dass du<br />
und ich nichts anderes verdient haben als Gottes<br />
Zorn und die ewige Hölle. Doch wir haben schon das<br />
teuerste Geschenk, das man nur haben kann – Jesus<br />
Christus! Was kann es denn Schöneres geben als zu<br />
wissen, dass du von deinen Sünden errettet bist und<br />
die ganze Ewigkeit mit Jesus, dem Schöpfer der Erde,<br />
verbringen darfst? Es gibt nichts vergleichbar Schöneres!<br />
Ja, wir sind die Glücklichsten unter allen Menschen,<br />
wenn uns der Friede mit Gott beschert wurde!<br />
Jesus selbst ist unser Bräutigam (2. Korinther 11,2). Ja,<br />
auch wenn ich niemals heiraten oder ein Kind gebären<br />
würde, auch wenn mein Albtraum wahr wird, bin<br />
ich dennoch die Glücklichste unter allen Menschen,<br />
weil ich Jesus Christus habe. »Ja, wahrlich, ich achte<br />
alles für Schaden gegenüber der alles übertreffenden<br />
Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, um dessentwillen<br />
ich alles eingebüßt habe; und ich achte es für<br />
Dreck, damit ich Christus gewinne.« (Philipper 3,8)<br />
Ich war fast 29 Jahre alt als Gott mir meinen<br />
zukünftigen Ehemann zeigte. Gott brachte uns in<br />
ein Team nach Irak, wo wir versuchten das Evange-<br />
20
ALLES HAT SEINE<br />
BESTIMMTE STUNDE,<br />
UND JEDES VORHABEN<br />
UNTER DEM HIMMEL HAT<br />
SEINE ZEIT<br />
lium unter den Flüchtlingen zu verbreiten. Obwohl<br />
ich Mark persönlich eher schlecht kannte, wusste<br />
ich, dass nur Gott die Herzen aller Menschen kennt.<br />
Menschen können so gut etwas vorspielen, nach<br />
außen jahrelang einen guten Eindruck machen,<br />
sich auf Facebook als sehr christlich präsentieren,<br />
sogar evangelisieren gehen und dabei doch verloren<br />
sein. Er allein kennt alle Herzen und kann mir den<br />
richtigen Mann zeigen. Wie wichtig ist es doch, dass<br />
wir mit Gott wandeln und Seine Stimme kennen<br />
lernen, bevor wir vor lebenswichtigen Entscheidungen<br />
stehen. Nachdem Mark zum zweiten Mal um<br />
meiner Hand angehalten hatte, betete und fastete ich<br />
fast eine Woche lang. Mein Vater gab Mark seinen<br />
Segen mich zur Frau zu nehmen und drei Monate<br />
später wurden wir zu Mann und Frau erklärt. Heute<br />
gibt es keinen anderen Menschen auf der Erde, mit<br />
dem ich mich besser verstehe, als mit meinem lieben<br />
Ehemann. Er ist für mich ein Vorbild Gott mehr zu<br />
vertrauen und ihm treu nachzufolgen. Gott macht<br />
keinen Fehler und ich kann darüber nur stauen wie<br />
wunderbar Er für mich die Entscheidung getroffen<br />
hat.<br />
Die Ehe ist ein großer Segen, wodurch Gott uns<br />
Christus ähnlicher macht und Dinge lehrt, die wir<br />
sonst vielleicht nie gelernt hätten. Unser Hochzeitsvers<br />
aus dem ersten Brief von Johannes Kapitel 4,<br />
Vers 19 »Wir lieben ihn, weil er uns zuerst geliebt<br />
hat«, beschreibt auch unsere Liebesgeschichte.<br />
Die Ehe zwischen Mann und Frau soll Christus<br />
und Seine Gemeinde widerspiegeln und Ihn verherrlichen.<br />
Gott hat den Menschen als Mann und<br />
Frau geschaffen. Die Ehe ist seine Idee. Sie wurde<br />
zwischen Mann und Frau im Paradies erschaffen<br />
und existiert noch heute in der gefallenen Welt. Der<br />
Feind will sie zerstören und unwichtig machen. Für<br />
einige Ehepaare ist es der größte irdische Segen, für<br />
viele ist es leider die größte Last. Wenn Gott will,<br />
dass du einmal heiratest, wird Er sich selbst darum<br />
kümmern. »Der Herr gibt Gnade und Herrlichkeit,<br />
wer in Lauterkeit wandelt, dem versagt er nichts<br />
Gutes« (Psalm 84,12). Gott weiß jetzt schon, ob du<br />
Kinder haben wirst und wenn ja, weiß er auch von<br />
wem. Er ist souverän! Die Zeit deines Single Daseins<br />
mag begrenzt sein. Gebrauche sie weise. Diene Gott<br />
und anderen Menschen mit der Kraft deiner jungen<br />
Jahre. Halte dich sexuell und emotional rein. Lerne<br />
in jeder Lebenslage zufrieden und dankbar zu sein.<br />
Ehre deine Eltern. Studiere das Wort Gottes. Bringe<br />
die Frohe Botschaft soweit du kannst! Überlasse<br />
Gott die Wahl und beschäftige dich damit, Ihm so zu<br />
dienen wie du nicht in der Lage sein könntest, wenn<br />
du verheiratet bist und Kinder hast. »Alles hat seine<br />
bestimmte Stunde, und jedes Vorhaben unter dem<br />
Himmel hat seine Zeit« (Prediger 3,1).<br />
Möge Gott dir Freude schenken, das zu tun, was<br />
Er dir auferlegt hat.<br />
Elena Soussou (*1986) ist glücklich verheiratet und Mutter<br />
eines Sohnes. Seit der Heirat im April 2015 ist sie hauptberuflich<br />
Hausfrau.<br />
21
NACH CHRISTUS<br />
Rubrik für Biographien<br />
& Kirchengeschichte<br />
Elisabeth Elliot (1926-2015)
Elisabeth Elliot<br />
Zufriedenheit in Gott<br />
Text von Miriam Münch<br />
In einem bekannten christlichen Lied singen wir: »Egal, was<br />
du mir gibst, egal was du mir nimmst, du bist und bleibst mein<br />
Gott, nur dir gehört mein Lob.« Das ist ein riskantes aber<br />
auch befreiendes Bekenntnis und war das Lebensmotto einer<br />
besonderen Frau.<br />
© Foto: www.youtube.com/channel/UCTjnQwFWPhIH_HlYGjcXLZw 23
ELISABETH: »DIE<br />
TATSACHE, DASS JIM AUS<br />
LIEBE ZU DEN AUCAS<br />
STARB, INTENSIVIERT<br />
MEINE LIEBE ZU IHNEN«<br />
Elisabeth Elliot wurde am 21. Dezember 1926<br />
als Kind amerikanischer Missionare in<br />
Belgien geboren. Als sie wenige Monate alt<br />
war, zog die Familie wieder zurück in die<br />
USA nach Philadelphia, wo ihr Vater als Redakteur<br />
der »Sunday School Times« arbeitete. Die Familie<br />
wuchs auf insgesamt 6 Kinder.<br />
Elisabeth lernte viele Missionare im Haus ihrer<br />
Eltern kennen und es war immer ihr Traum gewesen,<br />
eines Tages Missionarin zu werden. Selbst als sie von<br />
der Ermordung des Missionarsehepaars John und<br />
Betty Stam hörte, die sie kurz zuvor noch persönlich<br />
kennen gelernt hatte, bestärkte das sogar noch ihren<br />
Wunsch, selbst aufs Missionsfeld zu gehen. Daher<br />
ging sie nach der Schule auf das Wheaton College<br />
und studierte ganz gezielt Griechisch (im Hauptfach)<br />
und Linguistik, um später als Bibelübersetzerin zu<br />
arbeiten.<br />
Auf dem College lernte sie Jim Elliot kennen, der<br />
ebenfalls als Missionar arbeiten wollte. Unmittelbar<br />
vor ihrem Abschlussexamen gestand Jim ihr seine<br />
Liebe und gleichzeitig, dass er sich von Gott vorerst<br />
zur Ehelosigkeit berufen wusste, da er der Meinung<br />
war, dass manche Missionsarbeit nur von Singles<br />
getan werden konnte. Ungewisse und harte Jahre des<br />
Wartens und des unglücklich verliebt Seins lagen vor<br />
Elisabeth. Sie wusste nicht, ob und wann Jim sie heiraten<br />
würde, aber sie vertraute darauf, dass Gott es<br />
gut mit ihr meinte und er sie eine wichtige Lektion in<br />
Geduld lehren würde. Elisabeth und Jim gingen nach<br />
dem Abschluss ihrer Ausbildungen getrennt als Missionare<br />
nach Ecuador. Nach 5 Jahren des Wartens<br />
bat Jim sie schließlich, ihn zu heiraten. Die Hochzeit<br />
fand am 8. Oktober 1953 in Quito, Ecuador statt (Die<br />
Liebesgeschichte der beiden erzählt E. Elliot in ihrem<br />
Buch »Eine harte Liebe«). 1955 wurde ihre Tochter<br />
Valerie geboren. Lange hatte Elisabeth auf das<br />
Familienglück warten müssen, um nur 10 Monate<br />
später vor dem größten Schicksalsschlag ihres Lebens<br />
zu stehen. Gemeinsam mit vier weiteren jungen<br />
Missionskollegen wollte Jim Elliot Kontakt zu dem<br />
unerreichten Stamm der Aucas herstellen, um ihnen<br />
das Evangelium zu bringen. Diese jedoch missverstanden<br />
das Anliegen von Jim und seinen Freunden<br />
und töteten sie. Nach gerade einmal 2 Jahren Ehe<br />
war Elisabeth nun verwitwet und alleinerziehend.<br />
Das war für sie allerdings kein Grund nach Hause<br />
in die USA zurück zu kehren. Eher im Gegenteil.<br />
Über den Tod von Jim sagte sie: »Ich habe für Jims<br />
Bewahrung gebetet, für seine leibliche Bewahrung.<br />
Der Herr erhörte mich im Blick auf die Ewigkeit. Er<br />
schützte uns vor Ungehorsam, und bewirkte durch<br />
Jims Tod Ergebnisse, deren Ausmaß erst die Ewigkeit<br />
offenbar machen wird. Das stärkt in mir persönlich<br />
das Verlangen, sie zu erreichen. Weil Jesus Christus<br />
für alle gestorben ist, interessiert mich die Errettung<br />
aller; aber die Tatsache, dass Jim aus Liebe zu den<br />
Aucas starb, intensiviert meine Liebe zu ihnen« (Die<br />
Mörder – meine Freunde, S.17).<br />
Einige Zeit nachdem die Missionare umgekommen<br />
waren, ergab sich ein Kontakt mit zwei<br />
Auca-Frauen. Elisabeth hatte dafür gebetet, bereit<br />
zu sein, falls Gott sie zu den Aucas schicken wollte.<br />
Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, dass Gott<br />
ihr tatsächlich diese Aufgabe geben würde. Schließlich<br />
war sie eine verwitwete Frau mit einem kleinen<br />
Kind. Trotzdem war sie Gott gehorsam und tatsächlich<br />
war es ca. 3 Jahre nach dem Tod der Missionare<br />
soweit. Sie zog mit ihrer kleinen Tochter und der<br />
Schwester des Piloten, Rachel Saint, zu den Aucas in<br />
den Dschungel. Insgesamt lebte Elisabeth mit ihrer<br />
Tochter 2 Jahre bei ihnen. Sie blieb danach noch<br />
einige Jahre bei den Quechuas, bevor sie mit ihrer<br />
Tochter aus schulischen Gründen zurück in die USA<br />
ging.<br />
13 Jahre nach Jim Elliots Tod und 6 Jahre nach<br />
ihrer Rückkehr in die USA heiratete Elisabeth zum<br />
zweiten Mal. Ihr zweiter Mann hieß Addison Leitch<br />
und war Theologieprofessor. Leider starb er nach<br />
nur 4 Jahre Ehe an Krebs und wieder war Elisabeth<br />
verwitwet.<br />
Nach dem Tod ihres zweiten Mannes hatte sie 2<br />
Männer bei sich zur Miete wohnen. Einer heiratete<br />
ihre Tochter Valerie und der andere, Lars Gren, ein<br />
Krankenhauspfarrer, heiratete sie selbst. Sie sagte<br />
einmal, dass sie bereits ihre erste Heirat als ein<br />
Wunder Gottes betrachtet habe, da sie befürchtete,<br />
zur Ehelosigkeit berufen zu sein. Nie im Leben hätte<br />
24
Elisabeth und Jim Elliot<br />
sie gedacht, dass Gott ihr 3 Ehemänner geben würde.<br />
Nach ihrer Rückkehr in die USA bestand ihr Leben<br />
zum großen Teil aus dem Halten von Vorträgen und<br />
dem Schreiben von Artikeln und Büchern. Viele Jahre<br />
hatte sie ein Radioprogramm, genannt „Gateway<br />
to Joy“. Viele Menschen schrieben ihr Briefe und baten<br />
um ihren Rat. Ihre Ratschläge entstammten immer<br />
dem Wort Gottes. Sie war der Überzeugung, dass<br />
das Wort Gottes heute noch die gleiche Gültigkeit<br />
besaß wie vor 100 oder 1000 Jahren und nicht durch<br />
die heutigen Ansichten und Meinungen der Gesellschaft<br />
verwässert und relativiert werden durften.<br />
Ein Satz, den sie immer wieder in ihren Vorträgen<br />
sagte ist: »in acceptance lieth peace«, zu Deutsch: Im<br />
Annehmen liegt Frieden. Wir werden Frieden finden,<br />
wenn wir die Umstände, in denen wir uns befinden,<br />
als von Gott gegeben oder zugelassen annehmen.<br />
Gott verliert nie die Kontrolle und Er weiß, was gut<br />
für uns ist.<br />
Diese Aussage von Elisabeth Elliot war ein Rat,<br />
der ihrer eigenen Erfahrung entsprang und nicht nur<br />
ein Satz, der besonders geistlich klingen sollte. Elisabeth<br />
hatte in ihrem Leben genügend Dinge erlebt, die<br />
einen wirklich fragen lassen, warum Gott es zuließ.<br />
Die Tatsache, dass Gott Jim Elliot und seine Kollegen<br />
nicht vor dem Tod bewahrt hat, mag aus menschlicher<br />
Sicht kontraproduktiv erscheinen. Schließlich<br />
wollten diese Missionare das Evangelium zu einem<br />
unerreichten Stamm bringen. In solch einer Situation<br />
trotzdem weiterhin das feste Vertrauen zu haben,<br />
dass Gott weiß, was er tut, und er nicht die Kontrolle<br />
verloren hat, das wünsche ich mir für mein eigenes<br />
Leben. In ihrem Gehorsam Gott gegenüber und der<br />
Art und Weise, wie sie die Bibel als Wegweiser und<br />
Ratgeber für ihr Leben benutzt hat, ist sie mir zum<br />
Vorbild geworden, und ihre Bücher und Vorträge<br />
sind für mich ein Schatz.<br />
Vor einigen Wochen jährte sich ihr Todestag zum<br />
ersten Mal. Mit 88 Jahren ging sie am 15. Juni 2015 in<br />
Gottes Herrlichkeit ein. Sie zeigte mit ihrem Leben,<br />
dass die Souveränität Gottes etwas Tröstliches und<br />
Ermutigendes ist.<br />
Miriam Münch (*1984) ist verheiratet mit Andreas und<br />
hauptberuflich Mutter von Aaron. In ihrer Freizeit kreiert sie<br />
gerne Hochzeitstorten.<br />
25
DAS INTERVIEW<br />
Plaudereien zwischen<br />
Kanzel & Studierzimmer<br />
»Der theologische Reiz an Deutschland ist<br />
eher die geistliche Hungersnot hier. Ich bin<br />
letztendlich hier, weil Deutschland mehr<br />
Pastoren braucht, die die Bibel predigen,<br />
und die wunderbare Botschaft Christi in<br />
die Mitte des Gemeindelebens bringen.«
LEIPZIG<br />
Larry<br />
Norman<br />
Interview von Peter Voth<br />
Larry Norman ist jung und reformatorisch, genau wie wir. Doch<br />
er ist den langen Weg von der Insel gekommen, um hier Theologie<br />
zu studieren und das Evangelium Jesu Christi groß zu machen.<br />
Ein Gespräch über Nachfolge und Gottes wundersame Wege.<br />
27
Wie kommt ein Engländer darauf,<br />
in Deutschland Theologie zu<br />
studieren und hier – im Land der<br />
Reformation – zu dienen?<br />
Willst du die lange oder die kurze Antwort? Kurze:<br />
Gott bestimmt, wo wir leben. Lange: Mit 13 habe<br />
ich in der Schule angefangen Deutsch zu lernen.<br />
Mein Deutschlehrer hat uns Deutsch mit Liedern<br />
von den Prinzen und den Toten Hosen beigebracht;<br />
ich fand das irre und war total begeistert. Dazu kam<br />
auch, dass ich die Sprache schnell gut konnte. Nach<br />
einigen Austauschwochen in Deutschland war ich<br />
wie ein Deutschlandsuchti: ich wollte unbedingt dort<br />
leben. Etwa zu dieser Zeit bin ich Christ geworden<br />
und nach einigen Jahren erkannte ich, dass meine<br />
Liebe für Deutschland sehr wohl eine Berufung<br />
Gottes war. Als ich mit 21 dann eine Berufung zum<br />
Pastor sein erkannte, war es selbstverständlich für<br />
mich, die beiden zu kombinieren. So bin ich zur FTH<br />
in Gießen gegangen, um im deutschen Kontext für<br />
einen Dienst in Deutschland ausgebildet zu werden.<br />
Hat für dich Deutschland auch eine theologische<br />
Faszination? Zum Beispiel in Bezug auf die Reformation<br />
oder Luther? Oder spielt das keine große<br />
Rolle?<br />
Um ehrlich zu sein, hatte ich nie wirklich darüber<br />
nachgedacht. Ich schätze Luther sehr, so wie auch<br />
andere deutsche Pastoren und Theologen. Aber da<br />
habe ich auch eine Faszination zu den Puritanern,<br />
zu den Reformierten in der Schweiz, zu den Covenanters<br />
in Schottland usw. Der theologische Reiz<br />
an Deutschland ist eher die geistliche Hungersnot<br />
hier. Ich bin letztendlich hier, weil Deutschland<br />
mehr Pastoren braucht, die die Bibel predigen, und<br />
die wunderbare Botschaft Christi in die Mitte des<br />
Gemeindelebens bringen. Nur so werden Menschen<br />
bekehrt, nur so werden wir Gott genießen, nur so<br />
werden Deutsche in die Mission gehen, um den unerreichten<br />
Völkern das Evangelium zu bringen.<br />
Was ist der größte »geistliche« Unterschied<br />
zwischen England und Deutschland? Aus meiner<br />
Sicht ist ja auch England mittlerweile sehr säkular<br />
geworden und verleugnet sein geistliches Erbe,<br />
genau wie Deutschland. Oder irre ich mich?<br />
Ich bin weder ein Prophet noch der Sohn eines Propheten,<br />
daher kann ich nicht so tun, als ob ich ein<br />
großer Kulturkenner wäre. Sicherlich hast du Recht<br />
mit deinem Kommentar. Der geistliche Unterschied<br />
liegt meiner Meinung nach darin, dass England mehr<br />
Gemeinden hat, wo das Evangelium gepredigt wird.<br />
Hier ist die Arbeit von UCCF 1 vielleicht erwähnenswert.<br />
Jahrzehntelang haben in England viele<br />
Studenten durch ihren Einfluss gute Kenntnisse der<br />
Bibel, Zuversicht im Evangelium und Vertrauen im<br />
1 Die UCCF steht für »Universities and Colleges Christian Fellowship«<br />
und ist vergleichbar mit der SMD (Studentenmission<br />
in Deutschland).<br />
...NACH EINIGEN JAHREN<br />
ERKANNTE ICH, DASS<br />
MEINE LIEBE FÜR<br />
DEUTSCHLAND SEHR<br />
WOHL EINE BERUFUNG<br />
GOTTES WAR.<br />
Wort bekommen. Auch wenn diese Studenten nicht<br />
Pastoren geworden sind, sind sie dennoch ein guter<br />
Einfluss in ihren Ortsgemeinden.<br />
Deutschland ist ja nicht umsonst theologisch berühmt<br />
für die historisch kritische Methode sowie<br />
auch die liberale Weltanschauung, die dahinter<br />
steckt. Leider erntet Deutschland noch die theologischen<br />
Früchte davon, wo den Theologiestudenten<br />
selten ein klares Vertrauen in Gottes Wort vermittelt<br />
wird. Ähnliche Probleme gibt es in England, aber<br />
sie sind dort meiner Meinung nach längst nicht so<br />
weitreichend.<br />
Interessant. Zurück zu dir. Bist du in einem christlichen<br />
Elternhaus groß geworden?<br />
Leider nein.<br />
Wie bist du zum Glauben gekommen und wie steht<br />
deine Familie heute zu dir und deinem Weg, den<br />
du eingeschlagen hast?<br />
Als ich vierzehn Jahre alt war, sind einige Freunde<br />
durch ein Sommercamp eine Weile lang von ihren<br />
Sünden überführt worden. Sie haben mich zur<br />
Christian Union 2 in der Schule eingeladen, wo ich<br />
ihr Zeugnis gehört habe. Das hat mich sehr angesprochen,<br />
und ich ging die nächsten Wochen immer<br />
wieder zu diesen Treffen. Nach etwa drei Wochen<br />
habe ich Gott in Jesu Namen um Vergebung meiner<br />
Schuld gebeten. Als ich meinen Bruder fünf Jahre<br />
später zu meiner ersten Predigt bei diesem Schülerkreis<br />
eingeladen habe, empfand er es als totalen<br />
Quatsch. Einige Jahre später ist er durch die Lektüre<br />
2 Christliche Schülermission<br />
28
OHNE CHRISTI<br />
LEBEN, STERBEN UND<br />
AUFERSTEHUNG BIN<br />
ICH HOFFNUNGSLOS<br />
VERDAMMT, UNGERECHT<br />
UND DEM TOD GEWEIHT.<br />
einer Gideons-Bibel 3 Christ geworden. Meine Eltern<br />
und Großeltern sind jedoch bis heute keine Christen,<br />
unterstützen mich aber sehr. Sie haben mir sogar<br />
finanziell geholfen, Theologie in Deutschland zu studieren,<br />
obwohl das schon mein zweites Studium war.<br />
Ich finde, dass sie wunderbare Beispiele von Gottes<br />
allgemeiner Gnade im Leben von Nichtchristen sind.<br />
Schön zu hören. Was hast du zuerst studiert?<br />
Germanistik und Französistik an der University of<br />
Warwick.<br />
Abgesehen davon, dass du Menschen in Deutschland<br />
das Evangelium nahe bringen möchtest,<br />
welches theologische Thema begeistert dich besonders?<br />
Welche Lehre liegt dir besonders auf dem<br />
Herzen?<br />
Alle! Wo soll ich anfangen? Die Christologie vor allem.<br />
Ohne Christi Geist haben wir Gottes Wort nicht.<br />
Ohne seinen Geist werden unsere blinden Augen<br />
nie für Jesus geöffnet. Ohne Christi Leben, Sterben<br />
und Auferstehung bin ich hoffnungslos verdammt,<br />
ungerecht und dem Tod geweiht. Ohne Christus, den<br />
Sohn, bekomme ich nie den Vater! Ohne Christus,<br />
meinen Mittler, könnte ich nie zu Gott beten. Ohne<br />
Christi Sohnschaft wäre ich nie Gottes Kind geworden.<br />
Der Vater hat die Kirche Christus geschenkt.<br />
Mein ganzes Heil, Glück und Leben hängt von<br />
diesem einem wunderbaren Retter ab. Ohne Jesus ist<br />
alles Staub.<br />
3 Der internationale Gideonbund ist eine Vereinigung christlicher<br />
Geschäftsleute. Die für die Organisation typischen Gideonbibeln<br />
werden weltweit vor allem in Hotels und anderen<br />
öffentlichen Orten verteilt.<br />
29
Amen. Gibt es bestimmte Bücher oder Prediger, die<br />
dich besonders geprägt haben?<br />
Oh ja. »Geborgen in Ihm« von Richard Sibbes zum<br />
Beispiel. Auch das Tagebuch von Jim Elliot 1 hat<br />
mich sehr geprägt. Dann von C.J. Mahaney »Leben<br />
mit dem Kreuz im Zentrum«. Oder von John Piper<br />
»The Pleasures of God«. Ich könnte noch viel mehr<br />
Autoren und Bücher nennen. Ein letztes Buch sollte<br />
ich allerdings noch auf jeden Fall erwähnen: »The<br />
Good God« von Michael Reeves. Wenn du Englisch<br />
kannst, ist das ein Buch (nach Sibbes), das du mit<br />
großem Gewinn lesen wirst. Darin zeigt Michael<br />
Reeves wie schön und herrlich unser dreieinige Gott<br />
ist.<br />
Was ist deine derzeitige Tätigkeit? Derzeit befindest<br />
du dich ja in Leipzig, im Osten Deutschlands<br />
– einem der gottlosesten Teile der Welt überhaupt.<br />
Ich bin einer der Pastoren der Leipzig English<br />
Church. Etwas konkreter heißt das predigen, mich<br />
mit Leuten treffen und mit ihnen die Bibel lesen.<br />
Zusätzlich mache ich auch Jugendarbeit.<br />
Schön zu hören. Wir wünschen dir weiterhin<br />
viel Segen als Prediger, Autor und Missionar in<br />
Deutschland. Zum Abschluss noch unsere Fragen,<br />
die wir immer stellen. Welcher biblischen Person<br />
würdest du gerne welche Frage stellen?<br />
Viele. An Lazarus (ist ja fast mein Name): Wie war es,<br />
als du aus dem Grab herausgerufen wurdest? An David:<br />
Wie war es, einen solchen Freund wie Jonathan<br />
zu haben? An Petrus: Was meintest du mit 1. Petrus<br />
3,19 2 . An Johannes: Wie war es, der Jünger zu sein,<br />
den Jesus geliebt hat. Und an Jesus: Wieso bist du so<br />
gut zu mir?<br />
Die schwierigste Bibelstelle?<br />
Höchstwahrscheinlich eine Bibelstelle, über die ich<br />
gerade predige. Demnächst ist 1. Petrus 3 dran. Vers<br />
19 ist nicht so ganz easy.<br />
Larry in seinem Büro bei der Predigtvorbereitung (2016).<br />
Mit welcher Person der Bibel kannst du dich am<br />
ehesten identifizieren?<br />
Petrus. Er ist »a heap of inconsistencies« 3 . Und Lazarus:<br />
Als er tot war, hat Jesus ihn zum Leben berufen.<br />
Welche Person der Kirchengeschichte würdest du<br />
gerne einmal treffen?<br />
Bonhoeffer. Ich weiß, er war nicht theologisch<br />
astrein. Aber ich habe vieles von ihm in diesem Jahr<br />
gelesen sowie auch die Biographie von Eberhard<br />
Bethge. Die letzten zwanzig Seiten des Buches haben<br />
mich zum Weinen gebracht. Jim Elliot, Spurgeon,<br />
William Cowper, Sibbes sind einige weitere Personen,<br />
die ich gerne treffen würde.<br />
1 Die Geschichte von Jim Elliots Frau – Elisabeth Elliot – findest<br />
du auf den Seiten 22-25 dieses Heftes.<br />
2 1. Petrus 3,19 (nach Schlachter 2000): »[...] in welchem er auch<br />
hinging und den Geistern im Gefängnis verkündigte, [...]«<br />
3 Dt. etwa »Ein Haufen an Ungereimtheiten«<br />
30
LIEBLINGSZITAT? »ES GIBT<br />
MEHR GNADE IN CHRISTUS<br />
ALS SÜNDE IN UNS« VON<br />
RICHARD SIBBES<br />
Was war das letzte Buch, das du gelesen hast?<br />
Von David Daniell eine Biographie über William<br />
Tyndale und »Glorious Freedom« von Richard »Mr.<br />
Sunshine« Sibbes.<br />
Welches Buch wolltest du schon immer einmal<br />
lesen?<br />
Die Institutio von Calvin habe ich nie fertig gelesen.<br />
Das gehört zu meiner To Do Liste.<br />
Was bedeutet für dich der Begriff »Reformation«?<br />
Immer wieder von Gottes Wort durch seinen Geist<br />
zu seinem Sohn geführt werden.<br />
Bestes Zitat?<br />
»Es gibt mehr Gnade in Christus als Sünde in uns«<br />
von Richard Sibbes.<br />
Der Puritaner Richard Sibbes (1577-1635) gehört<br />
zu Larrys Lieblingsautoren. Er empfiehlt<br />
vor allem sein Buch »Geborgen in Ihm« (3L<br />
Verlag, 2007). Erhältlich bei cbuch.de.<br />
Was bedeutet Jesus für dich?<br />
Alles. Mein Heil, meine Identität, meine Hoffnung.<br />
Ich kann kaum erwarten, ihn zu sehen! Komme bald,<br />
Herr Jesus!<br />
Das Interview wurde am 24. Mai 2016 über Skype<br />
geführt.<br />
31
DAS INTERVIEW<br />
Plaudereien zwischen<br />
Kanzel & Studierzimmer
ZÜRICH<br />
Hanniel<br />
Strebel<br />
Interview von Peter Voth<br />
Unser Alltag unterscheidet sich oft kaum oder gar nicht von dem<br />
der Nichtchristen. Hanniel Strebel – Autor und Theologe aus der<br />
Schweiz – hat sich diesbezüglich viele Gedanken gemacht. Diese<br />
beeinflussen seinen Dienst und sein Familienleben.<br />
33
INVESTIERE DEINE<br />
GROSSE KRAFT IN DEN<br />
JUGENDJAHREN IN DIE<br />
AUSBILDUNG UND IN DAS<br />
STUDIUM VON GOTTES<br />
WORT. BITTE UM EINE<br />
GOTTESFÜRCHTIGE FRAU.<br />
Im deutschsprachigen reformatorischen<br />
Bereich bist du wahrscheinlich der fleißigste<br />
Blogger. Fast täglich kommen Artikel, Aufsätze,<br />
Kommentare und Rezensionen. Woher<br />
nimmst du die Zeit für derart umfangreiches<br />
Schreiben?<br />
Dies hat zuerst einmal mit meiner eigenen Lebensgeschichte<br />
zu tun. Schon mit sechs, sieben Jahren<br />
saß ich am Pult, das ich damals von meinem Vater<br />
übernommen hatte – und schrieb. In meiner Jugend<br />
schrieb ich in den Gottesdiensten mit und führte<br />
bald zwei große Karteikästen – eine alphabetische<br />
und eine weitere mit einem Fach für jedes biblische<br />
Buch. Das Schreiben habe ich einerseits von klein<br />
auf trainiert, andererseits war der Großvater mütterlicherseits<br />
schon vollzeitlicher Autor. Heute führe<br />
ich überall hin ein Tagebuch mit. Ich protokolliere<br />
Einsichten aus Gesprächen, Ideen, Dispositionen für<br />
Predigten. Das heißt, ich bin gedanklich den ganzen<br />
Tag daran Gedanken in Worte zu fassen.<br />
Faszinierend. Schreibst du auch Prosa?<br />
Dazu haben mich meine Frau und die Kinder schon<br />
mehrmals ermutigt. Es existieren einige Notizen zu<br />
einem Fantasy-Roman.<br />
Sehr interessant. Wir sind gespannt, was da noch<br />
kommt! Könntest du uns vielleicht einen ungefähren<br />
Tagesablauf schildern? Mich würde doch interessieren,<br />
wie du Arbeit, Schreiben und Familie<br />
unter einen Hut bekommst.<br />
Ich bin drei bis vier Tage zu Hause und drei bis vier<br />
Tage gehe ich der Erwerbsarbeit nach. Meine Frau<br />
ist Frühaufsteherin, ich komme erst so ab neun Uhr<br />
richtig in Schwung. Unverzichtbar ist das gemeinsame<br />
Gebet, ohne das ich nie loslege. Die vierzig<br />
Minuten zur Arbeit nutze ich für das Bibelstudium,<br />
vier Kapitel aus dem Alten und zwei Kapitel aus<br />
dem Neuen Testament. Auch zu Hause beginne ich<br />
die anderen Arbeiten erst nach dem Lesen der Bibel.<br />
Eisernes Prinzip. Ich bin eigentlich Künstlernatur,<br />
das heißt, es braucht Inspiration und den Moment.<br />
Ich kann nie genau sagen, wann was drankommt. Ich<br />
kann jedoch immer sagen, was als nächstes bearbeitet<br />
werden soll. In der Regel ist es eine Mischung aus<br />
Lesen, Schreiben und Diskutieren. Über den ganzen<br />
Tag verteilt lese ich zwei bis drei Stunden, 20 bis 30<br />
Seiten pro Stunde. Ich kann überall lesen, vor allem<br />
unterwegs, auch im Lärm. Wenn man 30 Seiten<br />
mit 300 Tagen hochrechnet, kommt man jährlich<br />
auf 9000 Seiten. Dann verdoppelst du dies, und so<br />
kommst du auf knapp 20.000 Seiten jährlich. Dies<br />
habe ich in den letzten Jahren so umgesetzt. Meine<br />
Kinder lernen größtenteils zu Hause (wir sind »Homeschooler«).<br />
Ich habe keinen eigenen Raum zum<br />
Lesen, bin also immer irgendwo in der Wohnung<br />
oder im Garten mit Buch, Tagebuch und Laptop.<br />
Auf deinem Blog hast du mehrfach den Lebensstil<br />
und die Einstellung vieler junger christlicher<br />
Männer stark kritisiert. Wo siehst du das Hauptproblem<br />
und was würdest du jungen Männern im<br />
Glauben heute raten?<br />
Tatsächlich erlebe ich viele junge Männer als passiv<br />
und ohne echte Lebensaufgabe. Das heißt, sie lassen<br />
sich von ihren Begehrlichkeiten treiben (Sport, Essen,<br />
Autos, Spiele). Die Zeit verrinnt sehr schnell. Das<br />
Erste und Wichtigste, was ich raten kann: Tue mit<br />
34
WIR HABEN BEI DER<br />
FAMILIENGRÜNDUNG<br />
ENTSCHIEDEN, AUF VIELE<br />
DINGE ZU VERZICHTEN.<br />
DAZU GEHÖREN DAS<br />
EIGENHEIM, DAS AUTO<br />
UND DER FERNSEHER.<br />
20 das, was du eigentlich für 40 geplant hättest. Das<br />
heißt: Investiere deine große Kraft in den Jugendjahren<br />
in die Ausbildung und in das Studium von Gottes<br />
Wort. Bitte um eine gottesfürchtige Frau. Wenn dir<br />
Gott eine Frau schenkt, halte um ihre Hand an. Heirate<br />
und übernimm Verantwortung im eigenen Haus<br />
und zunehmend auch in der Gemeinde.<br />
Das klingt sehr gut. Was hältst du von Männern<br />
und Frauen, die sich entschließen keine Familie<br />
zu gründen. Laut Paulus ist es ja auch ein absolut<br />
biblischer Weg.<br />
Sehr wichtig, dass du dies ansprichst. Das ist eine<br />
sehr löbliche Entscheidung! Alleinstehende habe<br />
es doppelt schwierig. Von der Gesellschaft lastet<br />
ein großer Druck auf ihnen, auf nichts zu verzichten.<br />
Dabei wäre ja genau das der Weg, den Paulus<br />
beschreibt. Viele Singles verstricken sich in vielerlei<br />
Beschäftigungen. Dazu kommt, dass die Gemeinden<br />
ihre Aktivitäten auf die Familie ausrichten. Singles<br />
sollten unbedingt integriert werden!<br />
Ja, ich denke auch, dass gerade wir Christen diesen<br />
Weg auch gutheißen und unterstützen sollten, da<br />
er plausibel und biblisch ist. Auf deinem Blog hast<br />
du einen Beitrag verfasst, in dem du auflistest,<br />
worauf du alles bewusst verzichtest, um deine<br />
Vorstellung eines biblischen Familienlebens zu<br />
realisieren. Könntest du für unsere Leser beschreiben,<br />
was du anders machst als die »gewöhnliche«<br />
Familie?<br />
Wir haben uns bei der Familiengründung entschieden,<br />
auf verschiedene Dinge zu verzichten. Dazu<br />
gehören das Eigenheim, das Auto und der Fern-<br />
seher. Wir haben uns noch mehr Raum geschafft:<br />
Wir verzichten auf Ausgang, Kino und Urlaube im<br />
herkömmlichen Sinn. Auch für die Beschaffung von<br />
Lebensmitteln und Kleider haben wir uns genau<br />
überlegt, wie wir vorgehen. Nachträglich entdeckte<br />
ich, dass wir zu einer wachsenden Gruppe von<br />
städtisch geprägten Menschen gehören, die einen<br />
»Minimal Lifestyle« pflegen. Dadurch entsteht viel<br />
Raum, um als Familie Zeit zu verbringen. Wenn mich<br />
Menschen fragen, wie ich drei Stunden täglich lesen<br />
kann, antworte ich: »Ein Schweizer schaut zwei bis<br />
drei Stunden pro Tag fern. Ersetze diese Zeit mit<br />
Lesen.«<br />
Vor einigen Monaten haben wir uns überlegt, wie<br />
wir unsere Wohnung entschlacken können. Also haben<br />
wir Sofa, Tisch und einige andere Dinge abholen<br />
lassen. Das gab Raum für neue Ideen.<br />
Sehr inspirierend. Du hast fünf Söhne. Wohnt ihr<br />
in einer Wohnung oder einem gemieteten Haus?<br />
Wir bewohnen eine Altbauwohnung mit fünf Zimmern.<br />
Sie gehört zu einer Genossenschaft und so<br />
können wir die Miete bezahlen. Das ist ein Geschenk<br />
Gottes.<br />
Die Dinge, die du aufgezählt hast, beinhalten<br />
radikale Entscheidungen. Habe ich so noch nicht<br />
gehört. Doch es betrifft eine siebenköpfige Familie.<br />
Wie schaffst du es angesichts dieser Tatsache die<br />
Harmonie zu wahren. Deine Söhne haben nicht<br />
rebelliert?<br />
Hier muss ich unbedingt meine Frau ins Spiel bringen.<br />
Sie ergänzt mich hervorragend. Sie ist Köchin<br />
und Bäckerin, Lehrerin, Gärtnerin und noch vieles<br />
35
mehr. Sie schafft es immer wieder, zwischen den<br />
verschiedenen Anliegen zu vermitteln und mit ganz<br />
wenig Mitteln Wohnlichkeit und Behaglichkeit herzustellen.<br />
In Sprüche 31 könnte man ihren Namen<br />
einsetzen. Als ich das Buch von Edith Schaeffer »The<br />
Hidden Art of Homemaking« las, erinnerte mich das<br />
stark an meine Frau.<br />
Ein sehr großes Privileg eine solche Frau zu haben.<br />
Wann hast du begonnen, diesen Lebensstil zu leben?<br />
Oder habt ihr euch von Anfang an entschlossen<br />
so zu leben?<br />
Ich bin in einer Familie groß geworden, in der das<br />
Handwerkliche hoch geschrieben wurde. Diese Talente<br />
fehlten mir schon als Kind. Ich habe diese Einschränkungen<br />
nach einer Lebenskrise mit 30 Jahren<br />
akzeptiert und Gott um Wegweisung gebeten. Kurze<br />
Zeit später las ich die »Ethik« von Thomas Schirrmacher<br />
und begann mich für den Heimunterricht<br />
zu interessieren. Auf diesem Weg entdeckte ich viele<br />
spannende Berichte und Bücher, vor allem »Um<br />
unserer Kinder willen« von Susan Schaeffer Macauley<br />
(Tochter von Francis Schaeffer). Ich war begeistert<br />
und begann die Ideen schrittweise umzusetzen.<br />
Unser Lebensstil ist übrigens ein genialer Anknüpfungspunkt<br />
für Gespräche mit Nichtchristen.<br />
Noch eine ganz praktische Frage. Wenn ihr euch<br />
als Familie spontan entschließt z.B. einen Ausflug<br />
oder Wanderung zu machen: Wie macht ihr das<br />
dann? Ohne Auto? Das ist doch kaum machbar,<br />
oder?<br />
Es geht besser als in Deutschland, weil die Verbindungen<br />
mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sehr<br />
gut ausgebaut sind. Wir haben unsere Wohnlage<br />
von diesem Aspekt her überdacht. Zudem haben wir<br />
schon viele tolle Erfahrungen gemacht. Zwei sollen<br />
erwähnt sein: Wenn wir verreisen, lassen wir alles<br />
zu Hause, was wir nicht tragen können. Ein Bauer<br />
bringt das Gepäck auf die Alp, wir gehen zu Fuß<br />
hoch. Man überlegt sich dann auch genau, wann<br />
man ins Tal geht, um einzukaufen (schmunzelt). Eine<br />
Posthalterin in einem Bergdorf fuhr uns schon in<br />
dunkler Nacht zur Seilbahn, wo wir dann bei minus<br />
20 Grad beim Häuschen ankamen. Ich schleppte mit<br />
letzter Kraft unser Baby im knietiefen Schnee hoch.<br />
Da erlebt man sicher einiges. Würdest du einen<br />
solchen Lebensstil allen christlichen Familien<br />
empfehlen? Und wie geht man mit Kritik und<br />
»Druck« von außen an diesem Lebensstil um?<br />
Wir haben wirklich schon viel erlebt. Wenn man zu<br />
Fuß geht, lernt man manche Flecken Erde kennen,<br />
an denen man sonst nie vorbeigekommen wäre. Und<br />
man trifft Menschen, die man sonst nie angetroffen<br />
hätte. Tatsächlich gilt es einige Kritik einzustecken,<br />
ganz ehrlich vor allem von »frommer« Seite. Zudem<br />
sind die eigenen (Herkunfts-)Familien besorgt. Sie<br />
können sich kaum vorstellen, wie befreiend ein<br />
solcher Lebensstil ist. Uns half anfangs vor allem der<br />
Kontakt zu anderen Großfamilien. Ich bin großer<br />
Fan von »Shadowing« – den Alltag von anderen<br />
Menschen zu erleben und daraus zu lernen. Einige<br />
Unternehmer, denen ich berufshalber begegnet bin,<br />
waren begeistert von meinen Schilderungen. Heute<br />
kennen wir ganz unterschiedliche Menschen wie z.<br />
B. Selbstversorger, Diakonissen und Bauern, die uns<br />
immer wieder ermutigen.<br />
Danke für die Einblicke. Sehr hilfreich. Was für<br />
Projekte hast du in der Zukunft noch geplant? Für<br />
Familie und deine Tätigkeit als Autor?<br />
Am liebsten würde ich einmal in einer städtischen<br />
Siedlung leben, in der wir über die Bildung<br />
und Kinderbetreuung missionarisch tätig werden<br />
könnten. Darin integriert wären Gemeindegründung<br />
und theologisches Seminar. Vorerst wechselt unser<br />
Ältester ans Gymnasium. Er hat auch die Zusatzprüfungen<br />
für die Förderung in Klavier bestanden.<br />
Zudem singen alle Söhne in einem Knabenchor. Drei<br />
weitere spielen Klavier. Musik ist eine wunderbare<br />
Gelegenheit für Charakterformung und das Erlernen<br />
von Disziplin. In meiner Schublade steckt ein unfertiges<br />
Buch »Drinnen und Draußen«. Es geht um die<br />
Frage, wie wir in dieser Welt leben können, ohne uns<br />
von dem gottfeindlichen System vereinnahmen zu<br />
lassen. Ich bräuchte dringend jemand, der mit mir<br />
das Buch durcharbeitet. Mit Josia planen wir zwei<br />
36
Linke Seite: Hanniel lebt<br />
mit seiner Familie im schönen<br />
Zürich (Schweiz).<br />
»Augustine on the<br />
Christian Life« von Gerald<br />
Bray hat Hanniel zuletzt<br />
gelesen. Derzeit leider nur<br />
in englischer Sprache erhältlich<br />
(Crossway, 2015).<br />
weitere Bände der Reihe »Zur Ehre Gottes leben«<br />
mit jeweils 10 Beiträgen zu ethischen Themen. Zudem<br />
schreibe ich an einer Systematischen Theologie<br />
für die Familienandacht. Ich überlege mir auch, wie<br />
ich die bisher über 80 veröffentlichten Aufsätze in<br />
Buchform bringen könnte. Am liebsten würde ich<br />
über jedes Buch der Bibel eine Überblickspredigt<br />
erstellen. Im Moment schreibe ich an einer Predigt<br />
über die ganze Bibel. Du siehst, es sind mehr Ideen,<br />
als der Tag Stunden hat.<br />
Schön zu hören. Zum Abschluss noch unsere<br />
Fragen, die wir jedem stellen. Welcher biblischen<br />
Person würdest du gerne welche Frage stellen?<br />
Ich freue mich auf die Gelegenheit, dies auf der<br />
neuen Erde tun zu dürfen. Ich werde beispielsweise<br />
Hosea fragen, wie er mit dem Auftrag Gottes umging,<br />
eine Prostituierte zu heiraten und später zurückzuholen.<br />
Und was Hesekiel empfand, als seine Frau<br />
starb und er keine Trauer zeigen durfte (Hesekiel 24).<br />
Die schwierigste Bibelstelle?<br />
Ich hätte meinem Siebenjährigen 1. Mose 36 vorlesen<br />
sollen (Geschlechtsregister Edoms). Ganz ehrlich: Ich<br />
habe das Kapitel übersprungen. Und zur Exeges von<br />
Hebräer 7, wo ich vor wenigen Tagen in der Bibellese<br />
vorbeikam, hätte ich auch noch einige Fragen.<br />
Mit welcher Person der Bibel kannst du dich am<br />
ehesten identifizieren?<br />
Im Moment wäre es am ehesten Daniel. Ich finde<br />
es so beeindruckend, wie er durch Gottes Gnade in<br />
einer völlig heidnischen Umgebung über Jahrzehnte<br />
treu blieb. Er las den Propheten Jeremia und betete<br />
auch dann täglich dreimal, als die persische Geheimpolizei<br />
ihn deswegen abholte. Ich bitte darum, dass<br />
ich Ihm bis zum letzten Atemzug treu bleiben darf.<br />
Welche Person der Kirchengeschichte würdest du<br />
gerne einmal treffen?<br />
Jan Amos Comenius (1592-1670) hätte ich sehr gerne<br />
getroffen und ihn gerne begleitet, als er den Aufbau<br />
von Schulen nach dem Dreißigjährigen Krieg veran-<br />
lasste. Und ich hätte ihm gerne über die Schultern<br />
geblickt, als er seine »Antisozinianischen Schriften«<br />
verfasste.<br />
Was war das letzte Buch, das du gelesen hast?<br />
Ich lese stets etwa ein Dutzend parallel (lacht).<br />
Von Gerald Bray habe ich eben »Augustine on the<br />
Christian Life« abgeschlossen. Ich kaufte mir im<br />
Anschluss gleich gleich »De doctrina christiana«<br />
und einen Auszug seiner Predigten über die Psalmen<br />
kaufen.<br />
Welches Buch wolltest du schon immer einmal<br />
lesen?<br />
Ich freue mich sehr auf John Frames' »A History of<br />
Western Philosophy and Thought«.<br />
Was bedeutet für dich der Begriff »Reformation«?<br />
Das ständige Ausrichten an Gottes Wort. Es ist Seine<br />
Selbstoffenbarung. Darum soll es im Zentrum unseres<br />
persönlichen und gemeinsamen Lebens stehen.<br />
Bestes Zitat?<br />
Da gibt es so viele. Ich nehme dieses von Heinrich<br />
Bullinger, Zürcher Reformator. Er betont in seinen<br />
Schriften die Kontinuität zwischen altem und neuem<br />
Bund: »Da nun Adam und Eva gläubig waren und<br />
sich gegenüber Gott als Sünder bekannten, darauf<br />
vertrauten, allein durch den gesegneten Samen selig<br />
zu werden, und willig ihre Strafe annahmen, die in<br />
der Mühe, dem Kummer und der Beschwernis dieses<br />
Lebens bestand, so folgt unbestreitbar, dass unsere<br />
ersten Eltern wahre Christen gewesen sind.«<br />
Was bedeutet Jesus für dich?<br />
Christus ist mein Leben. Ich bin In Ihm. Unvorstellbare<br />
Gnade!<br />
Vielen Dank für das Interview, Hanniel.<br />
Das Interview wurde am 23. Mai 2016 über Skype<br />
geführt.<br />
37
NEUHEITEN & SONDERANGEBOTE<br />
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Die<br />
Herrlichkeit<br />
des Himmels<br />
JOHN MACARTHUR<br />
DIE WAHRHEIT<br />
ÜBER HIMMEL,<br />
ENGEL UND EWIGES<br />
LEBEN<br />
John MacArthur hat<br />
nicht nur aus der Bibel<br />
erarbeitet, wie es im<br />
Himmel sein wird, was<br />
wir dort tun werden usw., sondern er untersucht<br />
auch die zahlreichen heute populären Bücher über<br />
"Himmelserlebnisse" und zeigt auf, welche Gefahren<br />
damit verbunden sind, diesen sensationellen Berichten<br />
zu viel Wert beizumessen. Im Buch klärt er auch<br />
viele Fragen wie:<br />
Wie wird es im Himmel sein?<br />
Was werden wir dort tun?<br />
Was steht im Himmel im Mittelpunkt?<br />
Werden wir Bekannte im Himmel wieder erkennen?<br />
Welche Beziehung werden wir zu den Engeln haben?<br />
Wie sieht das neue Jerusalem aus?<br />
Was gibt es im Himmel nicht?<br />
Patterns of<br />
Evidence (DVD)<br />
TIMOTHY MAHONEY<br />
DER REISEBERICHT<br />
EINES<br />
FILMEMACHERS<br />
Die Glaubwürdigkeit<br />
der Bibel wird zunehmend<br />
in Frage gestellt.<br />
Die meisten Archäologen<br />
sind der Meinung,<br />
es gebe keine Belege dafür, dass der Auszug der Israeliten<br />
als Sklaven aus Ägypten, der Exodus, so wie<br />
er in der Bibel beschrieben wird, jemals stattfand.<br />
Den Filmemacher Timothy Mahoney packte eine<br />
Glaubenskrise, als er sich fragen musste: „Ist dieses<br />
zentrale Ereignis der Bibel wirklich nur ein Mythos?“<br />
Er begann zwölf Jahre lang weltweit zu recherchieren,<br />
um die Wahrheit herauszufinden. Das Ergebnis<br />
seiner Spurensuche ist die umfassendste Dokumentation<br />
über den Exodus, die je in einem Film festgehalten<br />
wurde.<br />
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Grund<br />
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CHRISTIANE<br />
VOLKMANN<br />
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HAGEMANN / A.<br />
SCHÄFER<br />
»FÜR KINDER-<br />
STUNDEN-<br />
MITARBEITER«<br />
Wer Kindern die Bibel fundiert und ansprechend<br />
weitergeben möchte, ist mit diesem Arbeitsmaterial<br />
bestens ausgestattet. Die 40 Lektionen, mit vielseitigem<br />
Material, bauen chronologisch und gottzentriert<br />
so aufeinander auf, dass Kinder schrittweise das<br />
Evangelium verstehen können. Ausführliche Stundenentwürfe<br />
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MUTTER SEIN KANNST<br />
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Kindererziehung stecken. Hier haben wir kein Erziehungsbuch,<br />
das zu all den Strapazen des Mutterdaseins<br />
noch weitere Lasten auferlegt, sondern das<br />
Ruhe und Gelassenheit vermittelt, weil es auf Gott<br />
verweist, der alles in der Hand hat und der für uns<br />
durch Jesus alles getan hat und auch jetzt für uns<br />
sorgt. Die 14 kurzen Kapitel sind unterhaltsam aus<br />
der Praxis einer vierfachen Mutter geschrieben, erbaulich<br />
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MARIUS TIMMERMANS<br />
HEIDELBERGER TRILOGIE (BAND 1) – AUF DER REISE ZUM WAHREN GLAUBEN<br />
Der 18-jährige Johann ist im Jahre 1621 aufgewühlt von den Wirren und Schrecknissen des beginnenden Dreißigjährigen<br />
Krieges (1618 – 1648). Auch in seiner Heimat ziehen immer häufiger Soldatentrupps umher, die gewaltsam<br />
Angst und Schrecken verbreiten. Und der Krieg zwischen Katholiken und Protestanten droht noch viel<br />
schlimmer zu werden. Bei Johann, Sohn eines protestantischen Schmieds, wirft all das die Frage nach dem wahren<br />
Glauben auf. Er macht sich auf die Suche nach der Sicherheit, die nur Gott bieten kann. Zugleich verliebt er<br />
sich in das katholische Mädchen Mechthild. So geht er durch viele Kämpfe und Abenteuer, erleidet Rückschläge<br />
und findet Ermutigung und Hilfe bei Friedrich, dem alten Waldhüter, und bei Karl, dem jungen Kurier. Wie kann<br />
er Gottes Gnade und Schutz empfangen? Wie kann es sein, dass Gott all die schrecklichen Dinge zulässt und<br />
dass sie den Gläubigen doch zum Guten dienen? Wird Johann schließlich Frieden mit Gott und Antworten auf<br />
seine Fragen finden?<br />
Die Heidelberger Trilogie vermittelt in erzählerischer Weise die drei Hauptpunkte des christlichen Glaubens,<br />
wie sie im Heidelberger Katechismus dargelegt sind: 1. Die Sünde und das Elend des Menschen, 2. Die Erlösung<br />
von Sünde und Elend, 3. Das christliche Leben aus Dankbarkeit für die Erlösung. In den Büchern selbst kommt<br />
der Katechismus allerdings gar nicht so oft vor - es wird vielmehr eine spannende Geschichte erzählt, und dabei<br />
werden die Prinzipien vermittelt, die den Katechismus auszeichnen, sowie das Ziel, zu dem er hinführt: allein<br />
durch Christus, allein durch die Gnade, allein durch den Glauben, allein die Schrift, allein zur Ehre Gottes.<br />
(BAND 1) 176321 – PAPERBACK, 338 SEITEN – € 13,90<br />
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»DEN GLAUBEN BEWAHREN«<br />
(BAND 3) 176323 – PAPERBACK, 340 SEITEN – € 13,90 (DEMNÄCHST ERHÄLTLICH)<br />
39
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