Verwandeln Sie Ihre PDFs in ePaper und steigern Sie Ihre Umsätze!
Nutzen Sie SEO-optimierte ePaper, starke Backlinks und multimediale Inhalte, um Ihre Produkte professionell zu präsentieren und Ihre Reichweite signifikant zu maximieren.
BIBELTREUES MAGAZIN FÜR JUNGE CHRISTEN • №23 • 2/2016<br />
HIMMEL & HÖLLE<br />
Warum ein richtiges Verständnis<br />
von der Ewigkeit so wichtig ist!<br />
William Cowper<br />
Biographie — Gott verherrlichen<br />
trotz schwerer Depression?<br />
Gary Cousins<br />
Von Irland nach<br />
Deutschland für<br />
das Evangelium<br />
»Es quillt für mich dies<br />
teure Blut, das glaub<br />
und fasse ich! Es macht<br />
auch meinen Schaden<br />
gut, denn Christus starb<br />
für mich!«<br />
Tim Kelly<br />
Reformatorische<br />
Gemeinde in Deutschland<br />
etablieren
Editorial<br />
#23 <strong>Himmel</strong> & Hölle — 02/2016<br />
»Crescent City, California«<br />
Steve Carter<br />
ist ein amerikanischer<br />
Fotograf aus Rochester,<br />
NY. Verfolge seine<br />
Arbeiten auf stevecarter.<br />
co oder unsplash.com/<br />
stvcrtr.<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
selbst manchen bibelkundigen und gläubigen<br />
Christen bereitet die Vorstellung eines nie endenden<br />
Jenseits Schwierigkeiten. Besonders wenn es um<br />
die Hölle geht. Sogar John Stott – einer der einflussreichsten<br />
und scharfsinnigsten Theologen des letzten<br />
Jahrhunderts – nahm zum Ende seines Lebens die<br />
Position ein, dass sich die Hölle nach einer bestimmten<br />
Zeit im Nichts auflösen würde. Wir wollen uns<br />
nicht über Stotts Scharfsinn stellen, doch wir sollten<br />
auch in dieser Frage ganz gewiss dem reformatorischen<br />
Grundsatz »sola Scriptura« nachkommen.<br />
Die biblischen Lehren von Ewigkeit, <strong>Himmel</strong> und<br />
Hölle werden in unserer postmodernen Welt immer<br />
häufiger angefochten. Vermehrt kommen diese<br />
»Zweifel« aus der Kirche selbst. Wird die Konsequenz<br />
der ewigen Verdammnis von der Kanzel gepredigt,<br />
kommen schnell »Hassprediger« Unkenrufe.<br />
Doch warum haben die Hölle (»ein liebender Gott<br />
würde nicht so hart strafen«) und der <strong>Himmel</strong> (»keine<br />
Lust auf 1000 Jahre Engelschöre«) heute einen so<br />
schlechten Ruf? Wenn wir uns etwas tiefgreifender<br />
mit diesen Themen beschäftigen, merken wir sehr<br />
schnell, dass sowohl der <strong>Himmel</strong> als auch die Hölle<br />
ein heiliger, göttlicher und unbedingt notwendiger<br />
Widerhall des einzigen und allmächtigen Gottes ist.<br />
Es stellt Sünde, Errettung und das Werk Jesu Christi<br />
in den nötigen und richtigen Kontext. Das biblische<br />
Evangelium verliert ohne »ewige Konsequenzen«<br />
ihre Kraft und Wirkung. Biblische Lehre und eine<br />
gesunde Theologie rücken in Zeiten von Ökumene<br />
und Pluralismus immer mehr in den Hintergrund.<br />
Daher ist eine vermehrte Verneinung von so »drastischen«<br />
Lehren leider nicht verwunderlich. Im Artikel<br />
»Was ist die Hölle?« macht Andreas Kuhlmann<br />
deutlich, dass die Hölle ein eindrückliches Echo der<br />
Gerechtigkeit Gottes ist. Daniel Facius zeigt uns die<br />
große und ewige Kluft zwischen <strong>Himmel</strong> und Hölle<br />
anhand des armen Lazarus und des reichen Mannes.<br />
Dass wir schon jetzt den <strong>Himmel</strong> fest im Blick<br />
haben sollten, wird im Artikel von Matthias Lohmann<br />
sehr klar. In der Rezension zu Alcorns »Der<br />
<strong>Himmel</strong>« macht uns Hanniel Strebel die Vorfreude<br />
auf den <strong>Himmel</strong> schmackhaft, aber nicht auf Basis<br />
von Mythen und vergeistlichtem Wunschdenken.<br />
Simon Mayer berichtet uns vom ewigen Fest aus der<br />
Offenbarung. Wer wird bei diesem himmlischen Fest<br />
dabei sein? Und wie wird es dort sein? Die Artikel<br />
»Himmlische Liebe« von Susanne Wrobel und »William<br />
Cowper« von Larry Norman bringen uns näher,<br />
was »<strong>Himmel</strong> und Hölle auf Erden« bedeuten kann.<br />
Zusätzlich haben wir auch zwei ausführliche und<br />
inspirierende Interviews mit Gary Cousins und Tim<br />
Kelly geführt. Ein Ire und ein Amerikaner im Auftrag<br />
des Herrn in Deutschland. Während einige Artikel in<br />
dieser Ausgabe tiefer gehen, bleiben andere eher an<br />
der Oberfläche und machen Hunger auf mehr. Eines<br />
haben jedoch alle Artikel gemeinsam: Sie wollen ein<br />
biblisches Bild vom Jenseits aufzeigen, das nicht von<br />
Mythos und Zeitgeist, sondern allein von der heiligen<br />
Schrift bestimmt ist. Wir wollen mit diesem Heft<br />
zeigen, dass es sehr gute Gründe gibt, die Lehre von<br />
der ewigen Herrlichkeit und der ewigen Verdammnis<br />
sehr ernst zu nehmen. Ein richtiges Verständnis von<br />
diesen Dingen ist für unseren Wandel im Herrn auf<br />
dieser Erde schon jetzt entscheidend, denn wer an<br />
diesen Fundamenten rüttelt, wird sich nicht schämen,<br />
im nächsten Schritt an der Genügsamkeit und<br />
Kraft des Werkes Jesu zu zweifeln.<br />
Die Redaktion<br />
2
Inhalt<br />
Inhalt<br />
4<br />
Was ist die Hölle?<br />
ANDREAS KUHLMANN<br />
Die Hölle ist viel mehr als<br />
Bestrafung und ewige Pein. Die<br />
große Frage nach dem »Was«.<br />
6<br />
Die große Kluft<br />
DANIEL FACIUS<br />
Die rätselhafte Geschichte von<br />
einem Mann in der Hölle und<br />
einem im <strong>Himmel</strong>.<br />
10<br />
Den <strong>Himmel</strong> fest im Blick<br />
MATTHIAS LOHMANN<br />
Warum wir schon jetzt mit der<br />
Ewigkeitsperspektive leben<br />
sollten!<br />
14<br />
Der <strong>Himmel</strong><br />
HANNIEL STREBEL<br />
Buchrezension zu Alcorns<br />
Klassiker über den <strong>Himmel</strong>.<br />
16<br />
William Cowper<br />
LARRY NORMAN<br />
Christ & Depression? Ein Tabu-Thema!<br />
Doch das sollte es<br />
nicht sein. Ein Lebensbild.<br />
20<br />
<strong>Himmel</strong> & Hölle im<br />
Alten Testament<br />
ANDREAS MÜNCH<br />
Ewig singend oder ewig<br />
heulend? Wie stellten sich die<br />
Menschen im AT die Ewigkeit<br />
vor?<br />
24<br />
Das größte Fest<br />
SIMON MAYER<br />
In der Ewigkeit wird ein Fest<br />
gefeiert, das nicht enden wird.<br />
Wie wird das sein?<br />
28<br />
Himmlische Liebe<br />
SUSANNE WROBEL<br />
Über den Charakter einer<br />
gottesfürchtigen Frau.<br />
32<br />
Interview mit<br />
Tim Kelly<br />
PETER VOTH<br />
Reformatorische Gemeinden in<br />
Deutschland etablieren.<br />
IMPRESSUM<br />
Redaktion Waldemar Dirksen,<br />
Viktor Sudermann, Andreas Kuhlmann,<br />
Peter Voth<br />
Art Direktor Peter Voth ∙ vothpeter@yahoo.de<br />
Lektorat Tanja Mirau<br />
Abodienst Katharina Wiebe<br />
kwiebe@betanien.de<br />
Verlag Betanien Verlag e.K. ∙ Imkerweg 38<br />
D-32832 Augustdorf ∙ info@betanien.de<br />
Online www.timotheusmagazin.de<br />
Erscheinungsweise Erscheint als<br />
Quartalsmagazin seit Oktober 2010 alle drei<br />
Monate: Januar (Winter) · April (Frühling) · Juli<br />
(Sommer) · Oktober (Herbst).<br />
Preise Einzelausgabe ∙ €2,90 (zzgl.Versand)<br />
Jahresabo (D) ∙ €13,55 (inkl. Versand)<br />
Jahresabo (EU) ∙ €21,50 (inkl. Versand)<br />
RUBRIKEN IM HEFT<br />
Nach Christus<br />
Schriftgelehrt<br />
Josia<br />
Das Interview<br />
Wie Edelsteine<br />
38<br />
Interview mit<br />
Gary Cousins<br />
PETER VOTH<br />
Von Irland nach Deutschland<br />
und noch viel weiter.
Was ist<br />
die Hölle?<br />
Text von Andreas Kuhlmann<br />
Wie kann ein liebender Gott Menschen in die Hölle werfen? Wie<br />
kann Gott an endlichen Wesen ein ewiges Urteil vollziehen? Wie<br />
verherrlicht die Existenz der Hölle Gott? Das sind sehr ernste<br />
Fragen. Doch bevor wir das Wie über die Hölle beantworten<br />
können, müssen wir zunächst das Was beantworten.<br />
Der Gedanke an die Hölle verwirrt viele Menschen, weil wir wichtige Fragen<br />
bezüglich der Hölle mit falschen Annahmen beantworten. Die Hölle wird<br />
dann oft zu einem notwendigen Übel, zu einem bösen Ort oder gar zu etwas,<br />
was scheinbar der Gerechtigkeit zu widersprechen scheint, da wir sie von<br />
einer menschzentrierten Perspektive betrachten und die Kriterien, um dort hineinzukommen,<br />
hauptsächlich an uns selbst suchen und so keine Rechtfertigung dafür sehen,<br />
ein derartiges Strafmaß zu verdienen.<br />
Doch wenn wir das Wort Gottes und das, was es über die Hölle sagt, betrachten, sollte<br />
ein wichtiges Merkmal festgehalten werden. Die Hölle ist ein Ort der Gerechtigkeit (vgl.<br />
z.B. 2. Petrus 3,7; Offenbarung 20,11-15; Apostelgeschichte 17, 30-31). Sie kann deshalb<br />
nichts Ungerechtes, Böses oder notwendig Übles sein. Und die Fragen, die uns zu solchen<br />
Schlüssen führen, müssen deswegen anders beantwortet werden, weil sie sonst dem Wort<br />
Gottes widersprechen. Gott wusste, welchen Lauf dieses Schöpfungsdrama nehmen würde,<br />
bevor er die Welt geschaffen hatte. Warum hat er sie dann trotzdem geschaffen?
Ein Ort der Gerechtigkeit<br />
Es ist sehr hilfreich, die Hölle mit einem irdischen<br />
Ort zu vergleichen, in dem wir Gerechtigkeit ausüben<br />
– wie z.B. einem Gefängnis. Jesus Christus<br />
macht einen ähnlichen Vergleich in seinem Gleichnis<br />
vom unbarmherzigen Knecht (Matthäus 18,21-35).<br />
Niemand würde ein Gefängnis als einen schlechten<br />
bzw. bösen Ort bezeichnen. Das Gefängnis ist es<br />
nicht, sondern diejenigen, die dort hineinkommen.<br />
Viel mehr würde ein vernünftiger Menschen hingehen<br />
und sagen, dass ein Land, das keine Gefängnisse<br />
hat, ein schlechtes Land sei, weil es Verbrecher<br />
unbestraft lässt. Gefängnisse sind also etwas Gutes,<br />
weil sie zeigen, dass die Gerechtigkeit hochgehalten<br />
wird, indem Übeltäter bestraft werden.<br />
Ebenso verhält es sich mit der Hölle. Die Hölle<br />
an sich ist kein böser Ort, sondern jene, die dort hineinkommen.<br />
Die Existenz der Hölle zeigt, dass Gott<br />
gut ist, weil er ein gerechter Gott ist und das Böse<br />
bestraft. Gottes Gerechtigkeit impliziert die Hölle,<br />
weil seine Gerechtigkeit unantastbar und unbestechlich<br />
ist. Doch ist das Strafmaß, das Gott Seelen in<br />
der Hölle auferlegt, gerecht? Ist es gerechtfertigt, an<br />
einem endlichen Wesen ein ewiges Urteil zu vollziehen?<br />
Die Würde Gottes<br />
Das Strafmaß an uns darf nicht beschränkt werden,<br />
nur weil wir endliche Wesen sind. Wenn ein Mensch<br />
beispielsweise einen Mord begeht, dann wird das Urteil<br />
nicht abhängig davon gemacht, wie lange er für<br />
seine Tat gebraucht hat oder wie vergänglich er ist,<br />
sondern abhängig von der Würde, die er geschädigt<br />
hat. Der Geschädigte ist in letzter Konsequenz Gott.<br />
Seine Würde bestimmt das Maß des Urteils. Und weil<br />
er unbegrenzt herrlich ist, kann es kein begrenztes<br />
Urteil geben. Das entspräche nicht der Gerechtigkeit.<br />
Die Hölle muss der ewige Tod sein, weil Gott das<br />
ewige Leben ist. Und da jeder von uns den Wert Gottes<br />
mit seinem Leben missachtet, ist jeder von uns<br />
es schuldig, den Wert Gottes in seiner ganzen Fülle<br />
zu erstatten (Römer 3, 23). Das <strong>Himmel</strong>reich leidet<br />
Gewalt, sagt Jesus Christus (Matthäus 11,12), da Gott<br />
seine Absichten und seine Herrlichkeit in seinem<br />
Wort und in der Schöpfung offenbart, die Menschen<br />
aber Gottes Absichten nicht erkennen möchten und<br />
die Schöpfung nach ihren eigenen Vorstellungen<br />
missbrauchen.<br />
Gott hat erstaunlich wunderschöne menschliche<br />
Wesen geschaffen, die ihre gottgegebene Herrlichkeit<br />
und Würde in einem solchen Maße verdreht haben,<br />
dass sie noch schlimmer als Abfall wurden. So wie<br />
ein in sich selbst zusammengestürzter, herrlicher<br />
Tempel schockierender ist als bloßer Abfall, der<br />
auf dem Boden liegt. Es ist genau das Wegwerfen<br />
unserer göttlichen Würde als Menschen, die fähig<br />
waren den Schöpfer zu erkennen und zu lieben, was<br />
unsere Verdorbenheit begründet. 1 Der Schrecken der<br />
1 Entnommen aus Ask Pastor John Episode 753 – »Does the<br />
Cross Show How Valuable I Am?«<br />
Hölle ist proportional zu Gottes Herrlichkeit und<br />
verdeutlicht das Gewicht seiner Herrlichkeit und den<br />
Preis, diese zu beschmutzen. Wenn aber nun Gottes<br />
Liebe ein zentraler Teil seiner Herrlichkeit ist, wie<br />
kann dann ein liebender Gott Menschen in die Hölle<br />
werfen?<br />
Die Hölle offenbart den<br />
Reichtum von Gottes Gnade<br />
Wenn Gott die Gerechtigkeit für jemanden übergehen<br />
würde, obwohl er sie verdient hat, wäre das keine<br />
Liebe, sondern ein Verbrechen an der Seele, weil<br />
die Schuld, die ihr anhaftet, nicht beglichen wurde,<br />
sondern sie weiter belastet. Gott wirft Menschen<br />
in die Hölle, weil er sie und ihre Entscheidungen<br />
respektiert – also gerade weil er sie liebt. Doch er<br />
kann sich selbst nicht verleugnen. Und er hat auch<br />
keinen Gefallen am Tod des Sünders. Deshalb ist er<br />
in Jesus Christus stellvertretend für ihn gestorben,<br />
indem er die Last, die dem Menschen anhaftet,<br />
selbst getragen hat und ihm so tatsächliche Erlösung<br />
gewährt, weil die Schuld beglichen ist. Die Tatsache,<br />
dass es für uns angesichts einer Hölle überhaupt den<br />
Eintritt in den <strong>Himmel</strong> gibt, sollte uns vor Erstaunen<br />
über Gottes Liebe nicht mehr loslassen und uns die<br />
Dimension für seine überreiche Gnade eröffnen.<br />
Diese Gnade wird uns in der Ewigkeit unbeschreiblich<br />
glücklich machen. Und dass Gottes Herrlichkeit<br />
die Quelle unserer größten Freude ist (so wie es<br />
ursprünglich sein sollte), das erfreut Gott. Denn eine<br />
absolut selbstlose Person freut sich am meisten daran,<br />
wenn die eigene Existenz den anderen zutiefst<br />
erfreut. Deswegen eifert Gott um seine Herrlichkeit<br />
– um uns ewige und herrliche Freude zu geben, von<br />
der aus unsere Anbetung ihm gegenüber entspringen<br />
wird, sodass wir uns in einem glorreichen und nie<br />
endenden Kreislauf gegenseitiger Freude befinden<br />
werden (Hebräer 12,2; 1. Petrus 1,8; Jesaja 62,5). Für<br />
einen begnadeten Sünder ist der <strong>Himmel</strong> deswegen<br />
eine unmessbare Demonstration der Gnade und Liebe<br />
Gottes, weil er weiß, welches Opfer sie angesichts<br />
der Hölle erbracht hat und was er verdient hat. Im<br />
<strong>Himmel</strong> werden wir den Rauch des Höllenfeuers von<br />
Ewigkeit zu Ewigkeit aufsteigen sehen und werden<br />
darüber jubeln, weil die Hölle ein Echo von Gottes<br />
Gerechtigkeit ist, sich jedoch für uns wandelt in ein<br />
Echo seiner Gnade (Offenbarung 19,17).<br />
Andreas Kuhlmann (*1984) gehört zum Gründerund<br />
Herausgeberkreis von <strong>Timotheus</strong>. Er hält gerne<br />
Auslegungspredigten und schreibt regelmäßig für <strong>Timotheus</strong>.<br />
© Foto: Chen YiChun — unsplash.com/toto<br />
5
Armer<br />
Lazarus<br />
Text von Daniel Facius
Die Erzählung vom reichen Mann und dem armen Lazarus (Lukas<br />
16,19-31) ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. So setzt sie plötzlich<br />
ein und bleibt ohne Erklärung. Sie spielt nicht nur auf der Erde,<br />
sondern auch im Jenseits. Und während die Beteiligten anderer<br />
Gleichnisse anonym bleiben, werden hier Akteure namentlich<br />
genannt. Was aber will uns Jesus damit sagen?<br />
Zunächst einmal sollte festgehalten werden,<br />
was aus der Erzählung nicht folgt. Allzu<br />
oft wird nämlich dieses Gleichnis hauptsächlich<br />
dazu verwendet, um Reichtum<br />
zu verdammen und Armut zu vergöttern. »Der<br />
böse Reiche« bekommt dann seine gerechte Strafe,<br />
während der »gute Arme« entlohnt wird. So einfach<br />
aber ist die Sache nicht. Man überlege sich nur, von<br />
wem es heißt, er sei »sehr reich an Vieh, Silber und<br />
Gold« gewesen. Richtig, das war Abraham (1. Mose<br />
13,2), der sich hier offenkundig über sein jenseitiges<br />
Schicksal nicht beklagen kann. Armut andererseits<br />
wird keineswegs immer als positiv dargestellt (Sprüche<br />
13,18; 24,13; 28,19), sondern soll vielmehr so gut<br />
es geht vermieden werden. Die damaligen Zuhörer<br />
Jesu haben aller Wahrscheinlichkeit nach umgekehrt<br />
gedacht und Reichtum mit Gottes Segen, Armut dagegen<br />
mit Gottes Fluch verbunden (vgl. die Reaktion<br />
der Jünger in Johannes 9,2). Sie müssen überrascht<br />
gewesen sein, dass das Gleichnis auch diese Sicht<br />
widerlegt – zumal der Arme hier Lazarus heißt, was<br />
»Gott hilft« bedeutet.<br />
Man sollte auch vorsichtig sein, alle Einzelheiten<br />
der Erzählung über das Jenseits verallgemeinern<br />
oder übertragen zu wollen. Es ist offenkundig, dass<br />
niemand nach seinem Tod tatsächlich »von den<br />
Engeln in Abrahams Schoß getragen« wird. Das Bild<br />
steht vielmehr für einen Ehrenplatz, möglicherweise<br />
bei dem himmlischen Festmahl, das in Lukas 13,29<br />
angekündigt wird. Der reiche Mann dagegen landet<br />
im »Hades«, was schlicht und einfach die Totenwelt<br />
beschreibt. In der biblischen Theologie scheint dieser<br />
Platz aber nur ein Durchgangsstadium darzustellen,<br />
einen Ort, an dem sich die Toten bis zum Tag des<br />
endgültigen Gerichts aufhalten. Es stellen sich daher<br />
hier einige Fragen. Liegt Abrahams Schoß im Hades?<br />
Oder ist Lazarus bereits vor dem Gericht im Paradies<br />
und hat die Möglichkeit des Kontakts zum Hades?<br />
Oder meint Hades hier doch schon den Ort des endgültigen<br />
Gerichts? Können die Gerechten das Leiden<br />
der Ungerechten verfolgen? Da Jesus uns hier keine<br />
weiteren Details mitteilt, ist es sinnvoll, sich auf das<br />
zu konzentrieren, was die Erzählung mit Sicherheit<br />
zum Ausdruck bringt.<br />
© Foto: Lazarus vor dem Tor des reichen Mannes — Illustration von Fyodor Bronnikov (1886)<br />
7
»Die einen zum ewigen Leben…«<br />
Es war den jüdischen Zuhörern Jesu nicht neu, dass<br />
das Leben nicht mit dem Tod endet. Auch wenn das<br />
Alte Testament nicht besonders viel über das Jenseits<br />
berichtet, so war doch die Hoffnung auf eine Auferstehung<br />
im jüdischen Volksglauben verankert und<br />
wurde auch von den Pharisäern gelehrt (Paulus nutzt<br />
in Apostelgeschichte 23,1-11 einen Streit zwischen<br />
Pharisäern und Sadduzäern über jene Frage aus).<br />
Martha bringt diese Hoffnung zum Ausdruck, wenn<br />
sie über ihren Bruder Lazarus sagt: »Ich weiß wohl,<br />
dass er auferstehen wird – bei der Auferstehung am<br />
Jüngsten Tage« (Johannes 11,24). Grundlage für diese<br />
Lehre waren unter anderem Verse aus den Psalmen.<br />
So heißt es in Psalm 16,10f: »Du wirst mich nicht<br />
dem Tode überlassen und nicht zugeben, dass dein<br />
Heiliger verwese. Du tust mir kund den Weg zum<br />
Leben.« In Psalm 49,16 schreiben die Söhne Korach:<br />
»Aber Gott wird mich erlösen aus des Todes Gewalt«<br />
Hier deutet sich aber schon an, dass das nicht für<br />
alle gilt, denn über die Toren heißt es einen Vers vorher:<br />
"Ihr Trotz muss vergehen; bei den Toten müssen<br />
sie bleiben". Wirklich explizit wird der Gedanke der<br />
Auferstehung dann nur in Daniel 12,2 formuliert.<br />
Dort heißt es: »Und viele, die unter der Erde schlafen<br />
liegen, werden aufwachen, die einen zum ewigen<br />
Leben, die andern zu ewiger Schmach und Schande.«<br />
Der »doppelte Ausgang«, von dem diese Stelle<br />
berichtet, kommt auch in unserem Gleichnis zum<br />
Ausdruck – in erschreckenden Bildern. Während es<br />
Lazarus erkennbar gut geht, lebt der Reiche an einem<br />
Ort der Qual (Vers 28), leidet Pein in den Flammen<br />
(Vers 24) und bleibt ohne Hoffnung auf Linderung.<br />
Man kann nun trefflich darüber diskutieren, was hier<br />
wörtlich und was bildhaft zu verstehen ist, eines aber<br />
sollte man nicht tun: den tiefen Ernst verkennen, der<br />
hinter dieser Schilderung steht. Wer hier noch von<br />
»höllischem Spaß« spricht und meint, Gottlosigkeit<br />
werde später mit einer Riesenparty belohnt, sollte<br />
seinen Standpunkt besser noch einmal überdenken.<br />
Denn noch ein weiteres Faktum wird in diesem<br />
Gleichnis verdeutlicht, die Unumkehrbarkeit, die<br />
Endgültigkeit des Zustandes: »Überdies besteht zwischen<br />
uns und euch eine große Kluft, dass niemand,<br />
der von hier zu euch hinüber will, dorthin kommen<br />
kann und auch niemand von dort zu uns herüber«<br />
(Vers 26).<br />
»Ein jeder nach seinen Werken…«<br />
(Offenbarung 20,13)<br />
Vielleicht die größte Schwierigkeit dieses Gleichnisses<br />
besteht darin, dass Jesus uns darüber im Unklaren<br />
lässt, was der Grund für die unterschiedlichen<br />
Schicksale der beiden Hauptpersonen ist. Manche<br />
Ausleger nehmen hier an, der reiche Mann werde<br />
bestraft, weil er den armen Lazarus vor seiner Tür<br />
habe liegen sehen, ohne etwas gegen dessen Armut<br />
zu unternehmen. Hier steht wohl der verständliche<br />
Versuch im Hintergrund, das Gleichnis »gerechter«<br />
erscheinen zu lassen, indem man dem reichen Mann<br />
irgendein »schlechtes« Handeln andichtet und annimmt,<br />
Lazarus sei fromm gewesen. All das lässt sich<br />
dem Gleichnis aber nicht entnehmen. Im Gegenteil<br />
scheint Abrahams Begründung solchen Versuchen<br />
gerade den Boden zu entziehen: »Gedenke, Sohn,<br />
dass du dein Gutes empfangen hast in deinem<br />
Leben, Lazarus dagegen hat Böses empfangen; nun<br />
wird er hier getröstet, und du wirst gepeinigt« (Vers<br />
25). Da ein solcher Automatismus der biblischen<br />
Lehre aber sonst völlig fremd ist, muss diese Aussage<br />
wohl eher als Provokation gedeutet werden, die vor<br />
allem jene zum Nachdenken anregen soll, die sich<br />
aufgrund ihrer aktuell erfreulichen Lebensumstände<br />
überhaupt nicht mit der Frage nach der Zukunft<br />
beschäftigen. Selbst »Kinder Abrahams« (vgl. die<br />
Anrede in Vers 25) kann es treffen!<br />
Wen aber trifft es tatsächlich? Die Bibel macht<br />
an anderer Stelle sehr deutlich, dass Grundlage des<br />
Gerichts das Handeln der Betroffenen ist. »Und sie<br />
wurden gerichtet, ein jeder nach seinen Werken«,<br />
vermerkt die Offenbarung (20,13) knapp. Auch Jesus<br />
entwirft in seiner Endzeitrede (Matthäus 25,31ff.) ein<br />
Szenario, in dem die Völker nach ihren Taten gerichtet<br />
werden. Und Paulus schreibt über den Maßstab<br />
des göttlichen Gerichts, dass Gott »einem jeden<br />
geben wird nach seinen Werken« (Römer 2,6). In der<br />
Tat finden sich auch in unserem Gleichnis Anhaltspunkte<br />
für diesen Sachverhalt. Als der Reiche<br />
Abraham bittet, Lazarus zu seinen noch lebenden<br />
Brüdern zu schicken, gibt der Erzvater eine vielsagende<br />
Antwort: »Sie haben Mose und die Propheten;<br />
die sollen sie hören« (Vers 29). Damit verweist er auf<br />
das Gesetz des Mose, den dort mit Gott geschlossenen<br />
Bund und auf die Propheten, die das Volk zur<br />
Umkehr riefen. Das versteht auch der Reiche, der<br />
sofort erkennt, was denn gefragt ist, um sein eigenes<br />
Schicksal zu vermeiden: »Wenn einer von den Toten<br />
8
zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun« (Vers 30).<br />
Buße und Umkehr heißt das Rezept, dass die Bibel<br />
gegen Höllenqualen empfiehlt.<br />
»Es ist dir gesagt Mensch,<br />
was gut ist…«<br />
Der letzte Satz des Gleichnisses gibt auch gleich die<br />
Hauptaussage vor: »Hören sie Mose und die Propheten<br />
nicht, so werden sie sich auch nicht überzeugen<br />
lassen, wenn jemand von den Toten auferstünde«<br />
(Vers 31). Jesus sagt mit diesem Gleichnis: Die<br />
Schriften, die euch vorliegen und bekannt sind, sind<br />
völlig ausreichend, um euch deutlich zu machen,<br />
was Gott will. Er lässt Euch nicht im Unklaren<br />
darüber, was er erwartet. Ihr habt alle notwendigen<br />
Informationen. »Es ist dir gesagt Mensch, was gut<br />
ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes<br />
Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor<br />
deinem Gott« (Micha 6,8). Wer darauf nicht reagiert,<br />
dem helfen auch spektakuläre Wunder nicht weiter.<br />
Das Verlangen nach Zeichen dient dann lediglich<br />
dazu, den eigenen Unglauben und Ungehorsam zu<br />
verschleiern. Auch diese Wahrheit ist in die heutige<br />
Zeit gesprochen. Wer meint, er müsse von Gott mehr<br />
fordern als sein Wort in der Heiligen Schrift, ist auf<br />
dem Holzweg.<br />
Dieser Christus ist es auch, der dem Gebot,<br />
Gottes Werke zu tun, eine neue Richtung gibt. Auf<br />
die Frage des Volkes, was man denn tun solle, damit<br />
man diese Werke wirken könne, antwortet Jesus (Johannes<br />
6,28): »Das ist Gottes Werk, dass ihr an den<br />
glaubt, den er gesandt hat.« Nicht mehr die guten<br />
Werke der Menschen stehen jetzt im Vordergrund,<br />
sondern das gute Werk Gottes, das er in Jesus vollbringt.<br />
Und obwohl man jetzt allein aus Gnade in Abrahams<br />
Schoß getragen wird, so dass niemand sich<br />
diesen Ehrenplatz als eigenes Verdienst anrechnen<br />
kann (genauswenig übrigens wie Lazarus in unserem<br />
Gleichnis), werden die guten Werke keineswegs<br />
überflüssig, sondern von Gott gleich mitgeliefert:<br />
»Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus<br />
Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat,<br />
dass wir darin wandeln sollen« (Epheser 2,10).<br />
»Ihr werdet am Ende doch sehen…«<br />
Das Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus<br />
ist nicht besonders gut geeignet, um uns Detailwissen<br />
über das Jenseits zu vermitteln. Es illustriert<br />
aber in ernüchternder Ernsthaftigkeit, was Gott<br />
schon Maleachi (3,18) sagte: »Ihr werdet am Ende<br />
doch sehen, was für ein Unterschied ist zwischen<br />
dem Gerechten und Gottlosen, zwischen dem, der<br />
Gott dient, und dem, der ihm nicht dient.« Es ist der<br />
Unterschied zwischen Qual und Festmahl, getrennt<br />
durch eine große Kluft. So warnt das Gleichnis vor<br />
falscher Sicherheit, ruft zur Umkehr, zum Gehorsam<br />
gegenüber der Schrift und zum Glauben an den<br />
Christus, von dem die Schrift handelt. Denn während<br />
der reiche Mann »nur« Mose und die Propheten<br />
hatte, haben wir, was er sich wünschte: den von<br />
den Toten auferstandenen Jesus. Dieses letzte Wort<br />
Gottes sollte dringlichst gehört werden.<br />
Daniel Facius (*1982) ist Theologe und setzt sich im ständigen<br />
Ausschuss des Bibelbundes für die Vertrauenswürdigkeit der<br />
Heiligen Schrift ein. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.<br />
9
Den <strong>Himmel</strong><br />
fest im Blick<br />
Text von Matthias Lohmann<br />
Wer den <strong>Himmel</strong> auf Erden sucht, wird scheitern. Denn der<br />
<strong>Himmel</strong> ist im <strong>Himmel</strong>. Im 3. Kapitel des Philipperbriefs erklärt<br />
der Apostel Paulus, wie er dazu kam, das allein lohnenswerte<br />
Ziel seines Lebens zu erkennen und was ihn dazu befähigt, dieses<br />
Ziel zu erreichen. Gottes Wort ruft jeden Christen dazu auf, von<br />
Paulus zu lernen und seinem Beispiel zu folgen.
Vor einigen Tagen las ich ein kleines Heft<br />
mit dem Titel »Wer ist Jesus?«, herausgegeben<br />
von einer großen Freikirche. Ich<br />
war reichlich geschockt, dass in diesem<br />
Heft kein Wort darüber zu lesen war, dass Jesus<br />
durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria<br />
empfangen wurde, dass er der ewige Sohn Gottes ist,<br />
dass er stellvertretend für Sünder zur Sühnung ihrer<br />
Schuld gestorben ist, und dass er eines Tages wiederkommen<br />
wird, um zu richten, die Lebenden und die<br />
Toten. Stattdessen las ich unter der Abschnittsüberschrift<br />
»Seine Botschaft« folgende Aussage: »Jesus<br />
verkündigt, dass das Reich Gottes schon angefangen<br />
hat – in ihm selbst ist es bereits da. Und zugleich ist es<br />
noch nicht vollendet, sondern wächst unaufhaltsam,<br />
bis es sogar gesellschaftliche Strukturen in Frage stellt<br />
und segensreich verändert.«<br />
Die Hoffnung, die uns hier vermittelt wird,<br />
beruht also auf Gesellschafts-transformation bis wir<br />
eines Tages den »<strong>Himmel</strong> auf Erden« haben. Doch –<br />
Gott sei Dank! – ist das nicht die biblische Botschaft.<br />
Im Philipperbrief, in Kapitel 3, 12-21. beschreibt<br />
der Apostel Paulus seine Hoffnung und das Ziel all<br />
seines Strebens. Und er ruft alle Christen dazu auf,<br />
seinem Beispiel zu folgen. Als strenger Pharisäer<br />
hatte Paulus versucht, durch das Halten der Gebote<br />
sich selbst den <strong>Himmel</strong> zu verdienen. Doch dann<br />
hatte sich ihm Jesus offenbarte und er hatte erkannt,<br />
dass alle seine Bemühungen wertlos waren. Durch<br />
eigene Anstrengungen werden Menschen nie die<br />
Gerechtigkeit erlangen, die notwendig ist, um vor<br />
Gott bestehen zu können. Dazu brauchen wir die<br />
perfekte Gerechtigkeit des Herrn Jesus Christus, die<br />
wir allein aus Gnade durch den Glauben bekommen.<br />
In den Versen 8-9 von Kapitel 3 fasst Paulus diese<br />
für ihn neue und befreiende Erkenntnis wie folgt<br />
zusammen: »Ich erachte es noch alles für Schaden<br />
gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi<br />
Jesu, meines Herrn. Um seinetwillen ist mir das alles<br />
ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck,<br />
damit ich Christus gewinne und in ihm gefunden<br />
werde, dass ich nicht habe meine Gerechtigkeit,<br />
die aus dem Gesetz kommt, sondern die durch den<br />
Glauben an Christus kommt, nämlich die Gerechtigkeit,<br />
die von Gott dem Glauben zugerechnet wird.«<br />
Die überschwängliche Erkenntnis Christi Jesu,<br />
der Glaube an ihn, ist das Einzige, was wirklich zählt.<br />
Durch den Glauben an den stellvertretend für die<br />
Schuld von Sündern gestorbenen und am dritten<br />
Tage siegreich über Tod und Sünde auferstandenen<br />
Herrn Jesus Christus sind die Gläubigen »in Christus«<br />
und so wird ihnen dann auch die Gerechtigkeit<br />
des Herrn Jesus Christus zugerechnet. Christen<br />
müssen also nicht mehr dafür arbeiten, um vor Gott<br />
gerecht zu sein, sie sind es schon.<br />
In den Versen 10 und 11 erklärt Paulus dann die<br />
Konsequenz davon, dass er Jesus Christus erkennen<br />
durfte – er schreibt: »Ihn möchte ich erkennen und<br />
die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft<br />
seiner Leiden und so seinem Tode gleichgestaltet<br />
werden, damit ich gelange zur Auferstehung von den<br />
Toten.« Gerade weil Paulus erkannt hat, wie großartig<br />
Jesus Christus ist, will er ihn immer besser kennen<br />
lernen und IHM immer ähnlicher werden, bis er<br />
dann durch Tod und Auferstehung genauso sündenfrei<br />
und heilig sein wird wie sein geliebter Herr.<br />
Ab Vers 12 schreibt Paulus über dieses Streben<br />
danach, den Herrn vollkommen zu erkennen und<br />
ihm gleichgestaltet zu werden und er ruft alle Christen<br />
dazu auf, ihm darin zu folgen. Paulus betont<br />
dabei vier wichtige Wahrheiten: 1. Er hat das Ziel<br />
noch nicht erreicht. 2. Er strebt dem <strong>Himmel</strong> entgegen.<br />
3. Sein Streben basiert auf dem, was Christus für ihn<br />
getan hat. 4. Unser Streben sollte auf dem basieren,<br />
was wir bereits erkannt haben.<br />
1. Er hat das Ziel noch nicht erreicht<br />
Zu Beginn von Vers 12 und dann nochmal am<br />
Anfang von Vers 13 betont Paulus, dass er das Ziel<br />
– nämlich Christus vollkommen zu erkennen und<br />
ihm gleichgestaltet zu werden - noch nicht erreicht<br />
hat. So schreibt er in Vers 12: »Nicht, dass ich's schon<br />
ergriffen habe oder schon vollkommen sei« und<br />
dann in Vers 13: »Meine Brüder, ich schätze mich<br />
selbst noch nicht so ein, dass ich's ergriffen habe.«<br />
Paulus wiederholt sich hier, weil er etwas Wichtiges<br />
zu sagen hat und sicherstellen will, dass die Philipper<br />
diesen Punkt nicht übersehen!<br />
Die falschen Lehrer, die Paulus zu Beginn dieses<br />
Kapitels anklagte, hatten wahrscheinlich gelehrt,<br />
dass man sich zum einen die Annahme bei Gott<br />
durch Taten verdienen müsse, und zum anderen,<br />
dass man hier auf Erden wirklich schon vollkommen<br />
werden könne. Doch Paulus hatte erkannt, dass<br />
dies unmöglich ist. Deswegen war er so froh über<br />
die Erkenntnis, dass ihm durch seinen Glauben an<br />
Christus dessen Gerechtigkeit zugerechnet wurde!<br />
Und so betont Paulus: »Ich bin noch nicht perfekt,<br />
ich bin nicht vollkommen – ich habe das noch nicht<br />
vollständig ergriffen!«<br />
Könnten dies auch Deine Worte sein?<br />
Viele Christen leiden sehr unter ihrer Unvollkommenheit.<br />
Deshalb ist die These vom <strong>Himmel</strong> auf Erden<br />
letztendlich eine nicht wirklich frohe Botschaft.<br />
Was nützt es uns, wenn die »gesellschaftlichen<br />
Strukturen« dieser Welt segensreich verändert werden?<br />
Wenn wir Christus in seiner ganzen Herrlichkeit<br />
erkannt haben und ihn lieben, dann werden wir<br />
immer klarer erkennen, wie anders wir noch sind.<br />
Der Spiegel »Christus« lässt uns unsere Sünden sehr<br />
© Foto: Dominik Schröder — unsplash.com/wirhabenzeit<br />
11
klar erkennen. Das wird in uns ein heiliges Verlangen<br />
nach Veränderung wecken. Christen sehnen sich<br />
nach einer Veränderung ihrer Herzen und nach einer<br />
Befreiung aus allem – oftmals selbst verursachten –<br />
Leid der Welt. Eine bloße Veränderung der Gesellschaft<br />
kann nicht die Antwort auf dieses Verlangen<br />
liefern.<br />
Mit wachsender Erkenntnis des Herrn Jesus<br />
Christus werden Christen sich danach sehnen,<br />
sowohl diesen von der Sünde durchsetzten Leib als<br />
auch die durch die Sünde geprägte Welt zu verlassen<br />
und in die herrliche Gegenwart Jesu Christi im<br />
<strong>Himmel</strong> einzuziehen. Der Apostel Paulus beschreibt<br />
dieses Verlangen in Kapitel 1 mit den bekannten<br />
Worten »Denn Christus ist mein Leben, und Sterben<br />
ist mein Gewinn.« (Philipper 1,21) und »ich habe Lust,<br />
aus der Welt zu scheiden und bei Christus zu sein, was<br />
auch viel besser wäre« (Philipper 1,23).<br />
2. Er strebt dem <strong>Himmel</strong> entgegen.<br />
In Kapitel 3, in den Versen 12-14, beschreibt Paulus<br />
dieses Streben wies folgt: »Nicht, dass ich's schon<br />
ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage<br />
ihm aber nach, ob ich's wohl ergreifen könnte, weil<br />
ich von Christus Jesus ergriffen bin. Meine Brüder,<br />
ich schätze mich selbst noch nicht so ein, dass ich's<br />
ergriffen habe. Eins aber sage ich: Ich vergesse, was<br />
dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was<br />
da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel,<br />
dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in<br />
Christus Jesus.«<br />
Weil Paulus Christus in seiner Herrlichkeit<br />
erkannt hatte, hat sein Leben ein Ziel. Er will ihn<br />
immer mehr erkennen und ihm immer ähnlicher<br />
werden. Paulus vergisst, was hinter ihm liegt und<br />
streckt sich aus nach der Vollkommenheit Jesu. Das<br />
ist sein großes Ziel und deswegen lehnt er sich nicht<br />
einfach zufrieden zurück. Die Berufung der Christen<br />
ist nicht die, sich hier auf Erden mit seinen Sünden<br />
zu arrangieren, sondern dem <strong>Himmel</strong> entgegen zu<br />
streben. In Vers 17 erklärt der Apostel dabei, dass das,<br />
was er über sich selbst schreibt, letztendlich für alle<br />
Christen gelten sollte: „Folgt mir, liebe Brüder, und<br />
seht auf die, die so leben, wie ihr uns zum Vorbild<br />
habt.“ Deshalb tun wir gut daran uns zu fragen, ob<br />
das Verlangen des Apostels auch unser Verlangen<br />
ist. Bist Du zufrieden mit Deiner geistlichen Reife?<br />
Genügt Dir die Erkenntnis von Jesus, die Du bereits<br />
hast oder strebst Du nach mehr? Hast Du noch Ambitionen,<br />
in der Heiligung zu wachsen?<br />
Paulus hat eine wahrhaft gute Nachricht für uns!<br />
Wir müssen uns nicht mit dem zufriedengeben, was<br />
wir bisher erreicht haben. Im christlichen Glauben<br />
geht es nie darum, einfach stehenzubleiben. Im<br />
christlichen Glauben gibt es keinen Stillstand – entweder<br />
es geht voran oder wir gleiten zurück, wie an<br />
einem rutschigen Abhang. Genau diese Alternativen<br />
zeigt uns Paulus dann im Fortgang in den Versen<br />
18-21 auf: »Denn viele leben so, dass ich euch oft von<br />
ihnen gesagt habe, nun aber sage ich's auch unter<br />
Tränen: sie sind die Feinde des Kreuzes Christi. Ihr<br />
Ende ist die Verdammnis, ihr Gott ist der Bauch,<br />
und ihre Ehre ist in ihrer Schande; sie sind irdisch<br />
gesinnt. Unser Bürgerrecht aber ist im <strong>Himmel</strong>; woher<br />
wir auch erwarten den Heiland, den Herrn Jesus<br />
Christus, der unsern nichtigen Leib verwandeln<br />
wird, daß er gleich werde seinem verherrlichten Leibe<br />
nach der Kraft, mit der er sich alle Dinge untertan<br />
machen kann.«<br />
Hat Dein Leben ein Ziel, auf das Du bewusst<br />
zulebst?<br />
Eines Tages werden wir alle an einem Ziel<br />
ankommen. Die Frage ist dabei schlichtweg die, ob<br />
wir dieses Ziel bewusst ansteuern oder uns treiben<br />
lassen. Ohne Kurskorrektur werden wir alle in der<br />
Verdammnis landen. Denn das ist es, was wir Menschen<br />
seit dem Sündenfall verdient haben. Niemand<br />
ist gut genug, um einfach so Zugang zum <strong>Himmel</strong><br />
zu bekommen. Der »Siegespreis der himmlischen<br />
Berufung« ist nur für die, die sich bewusst auf den<br />
<strong>Himmel</strong> hin ausrichten und diesem Ziel entgegenjagen.<br />
Paulus beschreibt sich selbst und alle, die ihm<br />
folgen, als <strong>Himmel</strong>sbürger: »Unser Bürgerrecht aber<br />
ist im <strong>Himmel</strong>.« Wohin Du wahrhaft gehörst, zeigt<br />
sich daran, wonach Du Dich ausrichtest.<br />
Ich befürchte, dass in unseren Gemeinden zu viele<br />
Menschen sind, die ihr Ziel aus dem Blick verloren<br />
haben. Sie haben sich mit ihren Sünden arrangiert<br />
und sich in dieser Welt bequem eingerichtet. Doch<br />
das wirft die Frage auf, wo solche Menschen zuhause<br />
sind und wo sie ihr Bürgerrecht haben. Christen<br />
haben ihr Bürgerrecht im <strong>Himmel</strong>. Sie jagen ihrem<br />
Herrn nach, um den Siegespreis der himmlischen<br />
Berufung zu empfangen. Sie erstreben das Kommen<br />
des Heilands Jesus Christus.<br />
Lieber Christ: Strebe dem <strong>Himmel</strong> entgegen –<br />
alles andere führt ins Verderben.<br />
3. Sein Streben basiert auf dem,<br />
was Christus für ihn getan hat.<br />
Paulus war einst auf dem Weg in Richtung ewiger<br />
Verdammnis. Er war getrieben vom Hass gegen die<br />
Christen. Er meinte, Gott zu dienen. Doch er war<br />
ein Feind des Evangeliums und – ohne es zu ahnen<br />
– auf dem Weg in Richtung Hölle. Aber dann war<br />
etwas geschehen. Jesus Christus war ihm begegnet<br />
und hatte seinem Leben eine radikale Wende gegeben.<br />
Genau das beschreibt er als die grundlegende<br />
Ursache für all sein Streben: »ich jage ihm aber nach,<br />
ob ich's wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus<br />
Jesus ergriffen bin.« (Philipper 3,12). Jesus Christus<br />
hatte ihm seine himmlische Berufung gegeben.<br />
Christus hatte ihm aufgrund seiner freien Gnade<br />
das Bürgerrecht im <strong>Himmel</strong> verliehen. Und wer das<br />
wahrhaft erlebt hat, der hat dann ein Ziel vor Augen,<br />
dem er entgegen jagt.<br />
Lieber Leser, nimm dieses Ziel in den Blick und<br />
folge dem Apostel Paulus. Jage auf das Ziel zu, bis Du<br />
es eines Tages ergreifen wirst.<br />
Dabei sollten wir nie vergessen, dass wir dieses<br />
Rennen nicht allein aus unserer Kraft bestreiten<br />
müssen. Die Kraft Gottes steht am Anfang des<br />
12
Rennens, sie begleitet uns durch das Rennen und<br />
sie bringt uns ans Ziel. Das ist es, was Paulus immer<br />
wieder – sowohl im Hinblick auf sich selbst als auch<br />
auf die Philipper - betont! Gleich zu Beginn des<br />
Briefes in Kapitel 1, Vers 6 betont er, dass er »darin<br />
guter Zuversicht [ist], dass der in [den Philippern]<br />
angefangen hat das gute Werk, der wird's auch<br />
vollenden bis an den Tag Christi Jesu.« Später sagt<br />
er ihnen: »schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht<br />
und Zittern« und ergänzt dann sofort: »Denn Gott<br />
ist's, der in euch wirkt beides, das Wollen und das<br />
Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.« (Philipper<br />
2,12c-13).<br />
Paulus ist von Christus ergriffen und deswegen<br />
strebt er ihm entgegen. Sein Bürgerrecht ist im <strong>Himmel</strong>,<br />
wie er es in Kapitel 3, Vers 20 formuliert und<br />
von dort wird eines Tages der Herr Jesus Christus<br />
wiederkommen, »der unsern nichtigen Leib verwandeln<br />
wird, dass er gleich werde seinem verherrlichten<br />
Leibe nach der Kraft, mit der er sich alle Dinge<br />
untertan machen kann.« (Philipper 3,21)<br />
Wenn Jesus aus dem <strong>Himmel</strong> zurück auf die Erde<br />
kommt, wird er diese Welt richten. Dann werden<br />
nicht »gesellschaftliche Strukturen in Frage gestellt<br />
und segensreich verändert«, wie es in der eingangs<br />
zitierten Broschüre heißt – dann werden diese Welt<br />
und ihre Strukturen vernichtet werden. Der Herr<br />
wird alles umgestalten und eine neue Welt und einen<br />
neuen <strong>Himmel</strong> schaffen (siehe 2. Petrus 3,13). Wer<br />
das erkennen durfte, wird sich in dieser Welt nicht<br />
mehr bequem einrichten. Wer das erkennen durfte,<br />
wird nicht mehr primär darauf bedacht sein, vor anderen<br />
Menschen gut dazustehen. Die Erkenntnis des<br />
lebendigen Herrn Jesus Christus gibt unserem Leben<br />
einen Fokus, denn wer ihn erkannt hat, lebt für ihn<br />
und auf ihn zu.<br />
Und doch verlieren wir immer wieder das Ziel<br />
aus dem Blick. Deswegen ist es gut und wichtig, dass<br />
wir uns immer wieder gegenseitig daran erinnern,<br />
für wen und auf was wir zuleben. Dazu brauchen<br />
wir die Gemeinschaft mit anderen Christen, die mit<br />
uns auf dem Weg sind und das gleiche Ziel haben.<br />
So können wir einander anspornen auf dem Weg<br />
zum <strong>Himmel</strong>. Unser guter Herr gebraucht seine<br />
Gemeinde und sein Wort als Mittel, um uns ans Ziel<br />
zu bringen. Deswegen gehören wir Christen in eine<br />
Gemeinde, in der wir Vorbilder und Weggenossen<br />
finden können. Und wir brauchen Gottes Wort, denn<br />
allein Gottes Wort ist der perfekte Wegweiser. In<br />
Gottes Wort finden wir Vorbilder wie den Apostel<br />
Paulus. Und vor allem finden wir in Gottes Wort<br />
Jesus Christus. Ihn gilt es immer wieder und immer<br />
mehr zu erkennen, so dass wir immer mehr von ihm<br />
ergriffen sind.<br />
4. Unser Streben sollte auf dem<br />
basieren, was wir bereits erkannt<br />
haben.<br />
Paulus weiß, dass viele Christen noch nicht die<br />
Erkenntnis und die Reife haben, die er erlangt hat.<br />
Aber das sollte uns nicht entmutigen. Jeder ist dazu<br />
aufgerufen, dem Herrn basierend auf der Erkenntnis,<br />
die er hat, nachzufolgen. So lesen wir in Philipper 3,<br />
ab Vers 15: »Wie viele nun von uns vollkommen sind,<br />
die lasst uns so gesinnt sein. Und solltet ihr in einem<br />
Stück anders denken, so wird euch Gott auch das<br />
offenbaren. Nur, was wir schon erreicht haben, darin<br />
lasst uns auch leben.«<br />
Was Paulus hier schreibt, klingt verwirrend.<br />
In Vers 11 hatte er ja sein Verlangen ausgedrückt,<br />
Christus immer mehr erkennen zu wollen und in<br />
Vers 12 hatte er betont, dass er noch nicht vollkommen<br />
ist. Wenn er hier nun von »Vollkommenheit«<br />
spricht, meint er damit, die Reife anzuerkennen,<br />
dass wir hier auf Erden noch nicht perfekt sind.<br />
Diese Erkenntnis ist die Grundlage für das Streben<br />
des Apostels und diese Erkenntnis sollte auch uns<br />
dazu veranlassen, nicht selbstzufrieden stehen zu<br />
bleiben, sondern dem Ziel immer weiter entgegen zu<br />
gehen. Wenn Du Christ bist und damit zumindest<br />
eine grundsätzliche Erkenntnis des Evangeliums<br />
hast, dann bist Du dazu aufgerufen, entsprechend<br />
dieser Erkenntnis zu leben und gleichzeitig danach<br />
zu streben, immer mehr von Gottes Offenbarung zu<br />
ergreifen. Passivität ist niemals richtig! Was zählt ist,<br />
auf dem Weg zu sein und sich dabei auf das Ziel hin<br />
zu bewegen.<br />
Der Apostel Paulus hatte erkennen dürfen, dass<br />
er auf falschen Wegen war. Und genau deshalb war<br />
er umgekehrt. Ergriffen von Christus konnt er sagen:<br />
»Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus<br />
nach dem, was da vorne ist« (Philipper 3,13). Diesem<br />
Vorbild gilt es zu folgen. Als Christen tun wir gut<br />
daran, uns zu fragen, ob es Dinge gibt, die wir hinter<br />
uns lassen sollten? Gibt es Dinge, die Dich daran<br />
hindern, dem Ziel entgegenzujagen? Dann sieh auf<br />
Christus, auf dass Du ihn immer mehr erkennst und<br />
immer mehr von ihm ergriffen wirst. Löse Dich von<br />
jedem und allem, was Dich daran hindert, konsequent<br />
dem Ziel entgegen zu jagen. Folge stattdessen<br />
denen, die dir auf dem Weg vorangehen. Dabei ist<br />
es nicht entscheidend, ob Du ihr Tempo mitgehen<br />
kannst. Wichtig ist, dass Du weiterläufst und das Ziel<br />
im Blick behältst. Und dann vertrau darauf, dass Du<br />
den Weg nicht alleine gehen musst. Der Herr geht<br />
mit. In seiner Gnade hilft er uns auf, wenn wir mal<br />
fallen. Er stärkt uns, wenn wir müde werden und<br />
er weist uns den Weg. Und so laufen wir – als von<br />
Christus Ergriffene – dem <strong>Himmel</strong> entgegen.<br />
Matthias Lohmann (*1971) ist Pastor der FEG München-<br />
Mitte. Vorher studierte er am Reformed Theological Seminary. Er<br />
ist Mitgründer des reformatorischen Netzwerks Evangelium21.<br />
13
Der<br />
<strong>Himmel</strong><br />
Text von Hanniel Strebel<br />
Ich ahnte es schon vor dem<br />
Lesen des Buches »Der<br />
<strong>Himmel</strong>« 1 von Randy Alcorn:<br />
Unsere Vorstellungen vom<br />
<strong>Himmel</strong> sind arg vergeistigt.<br />
Etwa so: »Ich stellte mir den<br />
<strong>Himmel</strong> als ein Ort vor, an<br />
dem ständig Sonntag ist,<br />
mit unaufhörlichen Gottesdiensten,<br />
aus denen es kein<br />
Entrinnen gibt.«<br />
1 »Der <strong>Himmel</strong>« von Randy Alcorn. Erschienen im SCM Hänssler<br />
Verlag (8. Auflage, August 2013).<br />
Alcorn (*1954) verfasste wichtige Bücher<br />
zum Thema Geld, Glück und Lebensrecht<br />
ungeborener Kinder. In seiner<br />
Analyse »<strong>Himmel</strong>« gelangt er zu dem<br />
Schluss, dass dieser kein immaterieller Bereich<br />
körperloser Geister ist. Ein solcher Bereich wäre für<br />
Menschen nämlich gar nicht geeignet. Menschen<br />
sind für die Erde geschaffen. Alcorn malt dem Leser<br />
»ein auferstandenes Leben in einem auferstandenen<br />
Körper mit dem auferstandenen Christus auf einer<br />
auferstandenen Erde« vor Augen. In seiner Analyse<br />
tritt der Autor energisch aufgrund der Bibel für<br />
dieses Bild ein. Er ist davon überzeugt, dass Satan<br />
uns dazu bringen will, den <strong>Himmel</strong> für einen langweiligen,<br />
raum- und zeitlosen Ort zu halten. Nach<br />
dem Studium von 150 Büchern zum Thema stellt der<br />
Autor zudem fest: »Viele Bücher über den <strong>Himmel</strong><br />
machen keine Aussagen über die neue Erde.«<br />
Ich stelle zuerst fünf Argumente vor, die der<br />
Autor vom Leben auf der neuen Erde ableitet.<br />
Danach nehme ich zehn tragende Bibelstellen in<br />
Augenschein. Alcorn ist widersprochen worden.<br />
Dabei führe ich drei Argumente an und schließe mit<br />
drei Überlegungen dazu, welche Auswirkung die<br />
Beschäftigung mit dem <strong>Himmel</strong> für unseren Alltag<br />
haben kann.<br />
Fünf Schlüsselargumente für<br />
das Leben auf der neuen Erde<br />
Wo wird sich ein entschlafener Christ vor der Auferstehung<br />
aufhalten? Alcorn geht davon aus, dass wir<br />
nach unserem Tod zuerst in einen Zwischenhimmel<br />
kommen. Diesen müssten wir uns als »Zwischenstopp<br />
zu unserem endgültigen Zielort« vorstellen.<br />
»Im Zwischenhimmel werden wir in der Gegenwart<br />
von Christus leben und immer fröhlich sein, doch<br />
wir werden uns auf die Auferstehung unseres Körpers<br />
und den endgültigen Umzug auf die neue Erde<br />
freuen.«<br />
Die Auferstehung zum Leben auf der neuen Erde<br />
gleiche einer Geburt. »Während der Geburt erleiden<br />
Mutter und Kind Schmerzen, doch das Ergebnis<br />
ist eine Fortsetzung, die Erfüllung eines Prozesses,<br />
der schon lange vorher begonnen hat.« Wir werden<br />
unsere Identität behalten. »Wir werden keine anderen<br />
Menschen sein, sondern dieselben Menschen,<br />
die auf wunderbare Weise an einen anderen Ort<br />
gebracht und verwandelt wurden.« Wie aber müssen<br />
wir uns den endgültigem <strong>Himmel</strong>, unser ewiges<br />
Zuhause, vorstellen? Am besten betrachten wir dafür<br />
unsere Umgebung. »Gottes Kinder freuen sich nicht<br />
auf die Erlösung von der Erde, sondern auf die Erlösung<br />
auf der Erde. Und genau die werden wir nach<br />
unserer leiblichen Auferstehung erleben.« Alcorn<br />
rechnet fest mit dem Fortbestand dessen, was Gott<br />
bereits in dieser Schöpfung angelegt hat. »Ein neuer<br />
Körper ist in erster Linie ein Körper. Eine neue Erde<br />
ist in erster Linie eine Erde.« Gottes Gesamtplan<br />
beinhaltet die Wiederherstellung und Weiterführung<br />
seines Planes, nicht die Vernichtung einer ersten<br />
gescheiterten Mission. »Die Erlösung ist der ›Rück-
kauf‹ von Gottes ursprünglichem Plan.«<br />
Das Streben unseres jetzigen und zukünftigen Lebens<br />
ist Gott selbst. »Unsere Sehnsucht nach dem<br />
<strong>Himmel</strong> ist eine Sehnsucht nach Gott.« Das heißt<br />
jedoch nicht, dass wir deswegen alles Geschaffene<br />
verachten. Wir freuen uns vielmehr an dem, was<br />
er uns zugedacht hat, weil es auf ihn hinweist. In<br />
der Ausmalung der Details folgt Alcorn fröhlich der<br />
Grundannahme, dass Gott Erfinder von Fantasie<br />
und Vorstellungskraft sei. »Meiner Meinung nach<br />
sollten wir unsere Fantasie nicht verachten, sondern<br />
sie von der Bibel anregen lassen.« Dies stehe dem<br />
Ansinnen, nur einige pauschale, vage Aussagen über<br />
unsere Zukunft machen zu können, entgegen.<br />
Zehn biblische Schlüsselstellen<br />
Alcorns Buch wimmelt von Bibelstellen und der<br />
Auslegung einzelner Abschnitte. Dies geschieht natürlich<br />
im Rahmen der gesamten biblischen Heilsgeschichte,<br />
wobei der Autor nicht auf die Frage eines<br />
1000-jährigen Friedensreiches eingeht. Ich nehme<br />
einige tragende Stellen der Gesamtargumentation in<br />
Augenschein. Aus Offenbarung 6,9-11 leitet Alcorn<br />
zahlreiche Hinweise für den Zwischenhimmel ab.<br />
Menschen, die über das Weltgeschehen informiert<br />
sind, treten bei Gott für ihre auf der Erde lebenden<br />
Geschwister ein. Sie tragen Kleider und werden<br />
auf die bevorstehende Auferstehung hingewiesen.<br />
Offenbarung 21 nimmt eine zentrale Stelle in der<br />
Argumentation ein. »Das ›neue Jerusalem‹ (…) bleibt<br />
nicht in einem ›<strong>Himmel</strong>‹, der weit weg im Raum ist,<br />
sondern kommt auf die erneuerte Erde herab; dort<br />
werden die Erlösten die Ewigkeit in einem Auferstehungskörper<br />
verbringen. So werden <strong>Himmel</strong> und<br />
Erde, die jetzt getrennt sind, wieder vereint.« Die<br />
Beschreibung des auferstandenen Jesus dient als<br />
Vorgeschmack. Die Jünger »sahen den auferstandenen<br />
Jesus als normalen, gewöhnlichen Menschen.«<br />
Jesaja 60 dient als Kommentar zu Offenbarung 21-22.<br />
»Es gibt keinen Grund für die Annahme, dass die<br />
Beschreibungen der neuen Erde in Jesaja 60 weniger<br />
wörtlich erfüllt werden als die Schilderungen in Jesaja<br />
52-53.« In diese Beschreibung eingeschlossen sind<br />
Städte und die Weiterentwicklung bereits existierender<br />
Kulturgüter. Petrus sagt in einer seiner Predigten:<br />
»Doch bis Gott alles erneuert, wird Jesus im <strong>Himmel</strong><br />
bleiben, wie Gott es vor langer Zeit durch seine<br />
Propheten angekündigt hat« (Apostelgeschichte<br />
3,21). »Wenn Jesus wiederkommt, ist es nicht Gottes<br />
Plan, alles zu zerstören und von vorn zu beginnen,<br />
sondern ›alles‹ zu erneuern und wiederherzustellen.«<br />
Die Begriffe versöhnen, erlösen, wiederherstellen,<br />
heilen, zurückkehren, erneuern, umgestalten<br />
und auferstehen beginnen im Griechischen »mit der<br />
Vorsilbe ›ana‹, was ›zurück‹ bedeutet.« In 2. Petrus 3<br />
erscheint das griechische Wort ›kainos‹ als Adjektiv<br />
für <strong>Himmel</strong> und Erde. Dass dies mit »neu« übersetzt<br />
wird, »bedeutet, dass die Erde, die Gott schafft, nicht<br />
einfach neu im Gegensatz zu alt sein wird, sondern<br />
neu in Bezug auf Qualität und bessere Beschaffenheit.«<br />
Wir werden »Gott in einem auferstandenen<br />
Körper von Angesicht zu Angesicht zu sehen«, so<br />
wie es schon Hiob erwartete (Hiob 19,25-27). Aus<br />
Johannes 17,3 wird deutlich, dass es »unsere höchste<br />
Freude im <strong>Himmel</strong> wird sein, Gott zu kennen und zu<br />
sehen. Jede andere Freude leitet sich davon ab, fließt<br />
aus dem Brunnen unserer Beziehung zu Gott.«<br />
Auf diesem Hintergrund wird die Anbetung in einem<br />
anderen Licht gesehen. »Die meisten Menschen<br />
wissen, dass wir im <strong>Himmel</strong> Gott anbeten werden.<br />
Doch es ist ihnen nicht klar, wie faszinierend das<br />
sein wird. Eine unüberschaubare Menge von Gläubigen<br />
aus allen Nationen, Stämmen, Völkern und<br />
Sprachen versammelt sich, um Gott Lob zu singen<br />
für seine Größe, Weisheit, Stärke, Gnade und sein<br />
mächtiges Erlösungswerk (Offenbarung 5,13-14). Von<br />
seiner Herrlichkeit überwältigt werden wir in uneingeschränkter<br />
Freude niederfallen und rufen: ›Lob<br />
und Herrlichkeit und Weisheit und Dank und Ehre<br />
und Macht und Stärke gehören unserem Gott für<br />
immer und ewig. Amen!‹ (Offenbarung 7,9-12).«<br />
Einwände und die<br />
Hauptwirkung: (Vor-)Freude<br />
Alcorn ist verschiedentlich widersprochen worden.<br />
Es gibt drei Haupteinwände im Bezug auf das Buch:<br />
1. Inwieweit basieren die Vorstellungen auf zuverlässigen<br />
biblischen Informationen? Sind es nicht<br />
Spekulationen? 2. Müssen wir nicht viele Stellen,<br />
insbesondere bei Daniel und in der Offenbarung,<br />
symbolisch verstehen? Nimmt Alcorn diese Beschreibungen<br />
nicht zu wörtlich? 3. Betont der Autor<br />
nicht zu sehr den Fortbestand der bestehenden<br />
Ordnung und unterschätzt die Änderungen, die noch<br />
bevorstehen? Ich kann hier auf diese Einwände nicht<br />
näher eingehen.<br />
Tatsächlich glaube ich, dass die in uns wohnende<br />
Sünde unsere Vorstellungen vom <strong>Himmel</strong> noch<br />
trübt. Beim Ausmalen einzelner Details sind bei mir<br />
Fragezeichen aufgekommen, etwa bei der Vorstellung,<br />
dass Tiere auferstehen könnten. Zudem frage<br />
ich mich, ob einzelne Aspekte unseres Menschseins<br />
wie die Sexualität in der Ewigkeit ihre Funktion<br />
erfüllt haben und darum überflüssig geworden sind.<br />
Viel bedeutsamer als diese Gedanken ist jedoch die<br />
anhaltende Hauptwirkung des Buches: Ich freue<br />
mich auf den <strong>Himmel</strong>. Ich warte darauf, dort verstorbene<br />
Heilige und lieb gewonnene Menschen, die ich<br />
hier kannte, wieder zu sehen. Wie Jonathan Edwards<br />
strebe ich danach, »fest entschlossen, alles zu tun,<br />
um in der anderen Welt für mich so viel Glück wie<br />
möglich zu erlangen.« Es vergeht tatsächlich kaum<br />
ein Tag, an dem ich nicht an den <strong>Himmel</strong> denke.<br />
»Wie eine Braut jeden Tag in der Vorfreude auf die<br />
Ankunft des Bräutigams lebt, der sie in das Haus<br />
holt, das er für sie gebaut hat, sollten wir täglich an<br />
Jesus und den <strong>Himmel</strong> denken.«<br />
Vergessen wir vor allem den Hinweis des Autors<br />
am Anfang des Buches nicht: »Prüfen Sie dieses<br />
Buch anhand der Bibel.« Wie wäre es, die ganze<br />
Bibel einmal mit der Perspektive des neuen <strong>Himmel</strong>s<br />
und der neuen Erde durchzulesen? (HS)<br />
© Foto: www.epm.org<br />
15
NACH CHRISTUS<br />
Rubrik für Biographien<br />
& Kirchengeschichte
William Cowper<br />
Text von Larry Norman<br />
»Nach meiner Bekehrung wurde alles besser.« Wenn du mit<br />
dieser Feststellung nichts anfangen kannst, ist William Cowper<br />
wahrscheinlich ein Bruder nach deinem Herzen. Auch wenn du<br />
Menschen besser lieben möchtest, hat Cowper dir etwas zu sagen.<br />
Cowpers Geschichte besteht aus Tränen, Gnade, Glaube und Blut.<br />
Was sie so nützlich für uns macht, ist keine lange Liste von Erfolgstaten,<br />
sondern eine lange Liste seiner Leiden. Cowper war ein<br />
furchtsamer Heiliger.<br />
William wurde 1731 in der Nähe von<br />
London geboren. Sein Vater war<br />
Pastor, jedoch nicht besonders<br />
fromm; – er übte keine spürbare<br />
Wirkung auf William aus. Das Leid dafür schon. Als<br />
er nur sechs Jahre alt war, verstarb seine Mutter.<br />
Kurz darauf wurde er auf ein Internat geschickt. Es<br />
war kein schöner Ort für William, da er dort eine Zeit<br />
lang von einem älteren Schüler verprügelt wurde. Als<br />
er die Schule endlich wechselte, ging es ihm merklich<br />
besser. Er hatte einige Verwandte in der Juristerei,<br />
und so schlug auch der junge William diesen<br />
Berufsweg ein.<br />
Allerdings war dieser Abschnitt für Cowper mit<br />
schmerzlichen Erfahrungen verbunden. Er verliebte<br />
sich in seine Cousine Theodora. Einer Heirat hätte<br />
wohl nichts im Wege gestanden, wäre Theodoras<br />
Vater nicht dagegen gewesen. Obwohl diese Liebe<br />
somit keine Erfüllung fand, blieben Theodora und<br />
William in Kontakt. Später unterstützte sie William<br />
in finanziellen Engpässen anonym.<br />
Im Alter von 21 Jahren überkam William die erste<br />
Welle einer schweren Depression. Über diese Zeit berichtete<br />
er später: »Ich bin entsetzt und erschrocken<br />
ins Bett gegangen und bin verzweifelt aufgewacht.« 1<br />
Die Depression verschwand schließlich nach einigen<br />
Monaten Erholung.<br />
1759 – also sieben Jahre später – trat William einen<br />
neuen Job in London an. Hier schien er endlich<br />
Frieden gefunden zu haben, aber es sollte nicht so<br />
bleiben. 1763 wurde William zum Protokollant des<br />
englischen Parlaments befördert. Er musste dafür<br />
schließlich einen Treueid schwören. Mit dem Druck<br />
kam William jedoch nicht klar. Die zweite Welle der<br />
Depression ergoss sich über ihn noch gnadenloser als<br />
zuvor. Mehrere Male versuchte er in dieser Zeit, sich<br />
das Leben zu nehmen. Durch Gottes Vorsehung ist<br />
es ihm jedoch nicht gelungen. Als er sich ertränken<br />
1 Sämtliche Zitate & Quellen aus diesem Artikel sind den Werken<br />
»Standhaft im Leiden« von John Piper (CLV, 2006) & »The<br />
Poetical Works of William Cowper« (1880 erstmalig publiziert)<br />
entnommen.<br />
© Illustration: Samuel Parkison<br />
17
»Gott lässt oftmals geheimnisvoll<br />
Sein Wunderwerk geschehn.<br />
Sein Weg durch tiefe Wasser geht<br />
Und auf des Sturmwinds Weh’n.<br />
Verzagte Heilige, nur Mut!<br />
Die Wolke, die euch droht,<br />
Ergießt bald Segen, euch zugut,<br />
Und Trost herab von Gott.<br />
Trau Gottes Gnad’!<br />
Dein schwaches Herz<br />
Mach doch zum Richter nicht!<br />
Sieh hinter düsterem Gewölk<br />
Sein freundlich Angesicht!<br />
Was Er will, das geschieht gewiss,<br />
Du wirst es bald schon sehn.<br />
Die Knospe mag wohl bitter sein,<br />
Die Frucht ist süß und schön.«<br />
William Cowper<br />
»God Moves in a Mysterious Way«<br />
wollte, wartete jemand neben ihm am Fluss. Als er<br />
sich vergiften wollte, gelang es ihm nicht, die Flasche<br />
zu öffnen. Als er sich erhängen wollte, rissen seine<br />
Strümpfe und er viel ohnmächtig zu Boden.<br />
Die Bekehrung<br />
William wurde in eine Nervenheilanstalt geschickt,<br />
um zu genesen. Eines Tages fand er dort eine Bibel<br />
auf einer Gartenbank. Obwohl er kein Christ war,<br />
nahm er die Bibel in die Hand und fing an im<br />
Johannes-Evangelium zu lesen. Er blätterte weiter<br />
und kam schließlich auf Römer 3,23-25. Was dabei<br />
geschah, beschrieb William so: »Sofort bekam ich<br />
die Kraft, das zu glauben und der volle Strahl der<br />
gerechten Sonne schien auf mich. Ich erkannte,<br />
wie sehr seine Tat der Sühnung ausreichte, meine<br />
Vergebung war durch sein Blut und die Fülle seiner<br />
Gerechtigkeit besiegelt«. Cowper erfuhr die Kraft des<br />
lebendigen Wortes Gottes.<br />
1765 verließ William die Anstalt wieder und mietete<br />
sich ein Zimmer bei den Unwins in Huntingdon,<br />
nördlich von London. Hier lernte er John Newton<br />
kennen. Newton war zu der Zeit Pfarrer des Nachbarorts<br />
Olney, wo er mit seiner Frau Mary wohnte.<br />
Zwischen William und John entstand sehr schnell<br />
eine enge Freundschaft. Häufig machten sie die<br />
Hausbesuche im Gemeindebezirk gemeinsam. Bald<br />
wurde William Laienpfarrer in der Gemeinde. 1769<br />
kamen die beiden auf die Idee, ein Gesangsbuch für<br />
die Gemeinde zu schreiben. Das Olney Hymnbook<br />
wurde zehn Jahre später veröffentlicht und bestand<br />
aus 348 Liedern, davon etwa 67 von William. Eins<br />
davon »There is a fountain filled with blood« wurde<br />
sogar ins Deutsche übersetzt (»Es ist ein Born«). Die<br />
dritte Strophe ist besonders schön, »Du sterbendes<br />
Lamm / dein köstliches Blut / verliert niemals seine<br />
Kraft / bis die ganze erkaufte Gottesschar erlöst<br />
ist / nimmer mehr zu sündigen.« Lieder mit einer<br />
herrlichen Theologie sind typisch für Dichter, die das<br />
Evangelium von ganzem Herzen lieben. William war<br />
so ein Dichter.<br />
Licht scheint aus der Dunkelheit<br />
Mit besonderer Wucht brach die dritte Welle der Depression<br />
über William zusammen. Am 1. Januar 1773<br />
packte William die Vorahnung, dass die Depression<br />
zurückkehren würde. Er eilte nach Hause, um sein<br />
Glaubensbekenntnis zu schreiben: »Licht scheint aus<br />
der Dunkelheit« – heute als die Hymne »God moves<br />
in mysterious ways« bekannt. Er fand Inspiration in<br />
Jesu Worten in Johannes 13,7: »Was ich jetzt mache,<br />
wisst ihr nicht, aber ihr werdet es nachher wissen.«<br />
Liest man das Lied, kann man fast das Kratzen der<br />
Feder hören, mit der er zwanghaft seinen Glauben zu<br />
Papier bringen und seine Zuversicht festhalten wollte,<br />
bevor ihn die Depression unbarmherzig wieder<br />
einholte. In jener Nacht träumte er einen »verhängnisvollen«<br />
Traum, in dem Gott ihm befahl, sich sein<br />
Leben zu nehmen. Mary Unwin – die Vermieterin<br />
– konnte ihn gerade rechtzeitig davon abhalten. John<br />
eilte herbei und verbrachte viel Zeit bei William. Dies<br />
wiederholte sich immer wieder. Einen Monat später<br />
schrieb John Newton, »Ich kann mir kaum vorstellen,<br />
dass jemand im Stand der Gnade in größerer Not<br />
sein könnte.« Doch die Freundschaft zwischen John<br />
und William hielt auch dieser schweren Phase stand.<br />
Im April 1773 zogen William Cowper und Mary Unwin<br />
bei den Newtons ein und wohnten dort die folgenden<br />
13 Monate. Erstaunlicherweise beschwerten<br />
sich John und Mary in ihren Tagebüchern nicht über<br />
ihre alles andere als einfachen Hausgäste – welche<br />
treue und teure Freundschaft.<br />
Im Mai 1774 zogen Mary und William schließlich<br />
wieder in ihr altes Haus und es schien ihm endlich<br />
besser zu gehen. Allerdings konnte er den »verhängnisvollen«<br />
Traum nicht vergessen. Zwölf Jahre<br />
später sagte er einmal, dass nur bei dem Gedanken<br />
daran ihn überhaupt nichts trösten könne »und es<br />
scheint, als ob jeder Trost für immer verschwindet«.<br />
Er befürchtete immer noch, Gott wäre zornig auf ihn,<br />
weil er sich nicht umgebracht hatte. Er machte keine<br />
Gemeindearbeit mehr und ging nicht mehr in den<br />
Gottesdienst.<br />
1780 zogen die Newtons nach London. Trotz der<br />
räumlichen Distanz lebte die Freundschaft durch<br />
eine intensive Brieffreundschaft zwanzig Jahre<br />
weiter bis zum Tod Williams. Die nächsten sechs<br />
Jahre waren für William in kreativer Hinsicht sehr<br />
fruchtbar. Er widmete sich ganz der Dichtkunst. Sein<br />
Meisterwerk »The Task« (dt. Die Aufgabe) wurde<br />
1785 veröffentlicht. Das Werk fand eine breite Leserschaft<br />
in England. Im Jahr 1786 kam schließlich die<br />
vierte Depressionswelle. Sie dauerte acht Monate an.<br />
18
Danach konnte er wieder einige Gedichte schreiben<br />
sowie einige Werke von Homer aus dem Griechischen<br />
übersetzen. In seinen Aussagen über sich<br />
selbst sah man nur noch selten einen Funken seiner<br />
früheren Heilsgewissheit, sein Glaube war jedoch an<br />
kleinen Früchten sichtbar. Die letzten Jahre seines<br />
Lebens waren weiterhin sehr schmerzvoll. 1796<br />
verstarb seine Vermieterin und treue Pflegerin Mary<br />
Unwin. Danach konnte er noch etwas schreiben, aber<br />
die Schwermut wollte ihn einfach nicht loslassen.<br />
Im März 1780 sagte er seinem Arzt: »Ich empfinde<br />
unsägliche Verzweiflung«. Wenige Wochen später<br />
befreite Jesus William – den furchtsamen Heiligen –<br />
von seiner Schwermut und holte ihn zu sich in seine<br />
grenzenlose Freude. »Dort in edlerem süßeren Lied /<br />
besinge ich deine Kraft zu retten / wenn diese arme,<br />
lispelnde, holprige Zunge / still im Grab liegt.«<br />
Was uns William lehrt<br />
Erstens erinnert William uns daran, dass Christen<br />
furchtbar leiden können – auch unter Depressionen.<br />
Es ist ein derartiges Tabu, als ob Depression die<br />
Sünde gegen den Heiligen Geist wäre. Ist sie nicht.<br />
Wenn du an Jesus glaubst und Depressionen hast,<br />
stehen Elia, Hiob, Spurgeon und William Cowper<br />
gewissermaßen an deiner Seite. Du bist nicht allein,<br />
und Gott ist nicht gegen dich. Deine Depression ist<br />
keine Bestrafung Gottes. Es gibt keine Verdammnis<br />
für die, die in Christus Jesus sind (Römer 8,1). Jesus<br />
Christus verstößt niemanden, der zu ihm im Glauben<br />
gekommen ist (Johannes 6,37). Diese Verheißungen<br />
gelten dir. Du bist mit derselben Liebe vom Vater<br />
geliebt wie Jesus selbst (Johannes 17,23). Du brauchst<br />
dich nicht zu schämen. Nicht vor Jesus. Nicht vor<br />
anderen Christen. Halte durch. Suche Hilfe. Wirf<br />
deinen Glauben nicht weg.<br />
Zweitens brauchen die Williams die Johns. Ohne<br />
John hätte William noch weniger Trost bekommen<br />
und wäre wohl viel früher gestorben. Wir brauchen<br />
solche treue Freundschaften, die davon geprägt sind,<br />
dass Jesus Christus seine Freunde niemals aufgibt.<br />
Freundschaften aufzugeben, weil sie schwierig sind,<br />
spiegelt nicht das Handeln Jesu wieder.<br />
Drittens brauchen die Johns die Williams. Wir<br />
sind alle dazu geneigt, das Starke zu lieben und das<br />
Schwache zu verachten. Jesus tat das nicht. Er liebt<br />
schwache Christen (Matthäus 11,28-30). Er stellt<br />
schwache und starke Christen zusammen in die<br />
Gemeinde, damit die Schwachen geliebt werden (1.<br />
Korinther 12,12-27). Leidende Christen helfen anderen<br />
Christen, so zu lieben wie Jesus liebt.<br />
Noch mehr, wir brauchen die Ermutigung der<br />
Schwachen, dass Gottes Gnade alle Tiefen erreicht.<br />
Wir brauchen das Zeugnis der Schwachen, denn der<br />
Tag wird kommen, wo Leid auch die Haustür der<br />
»Starken« niedertreten wird. Die »Starken« brauchen<br />
die Schwachen, denn sie werden versucht, auf<br />
den eigenen Verstand zu setzen, auf Denkkraft und<br />
Alltagsleistungen. Die Ehrlichkeit der Schwachen<br />
über ihre Kämpfe hilft, die Identität der »Starken« in<br />
Christus allein zu finden. Die Starken müssen lernen,<br />
dass das normale christliche Leben nicht einem<br />
<strong>Himmel</strong> auf Erden gleicht. Die »Starken« müssen<br />
von der Wohlstandslüge befreit werden, dass Christen<br />
immer glücklich sein sollen. Weder Paulus noch<br />
Jesus waren es (Jesaja 53,3; 2. Korinther 1,9) und wir<br />
müssen es auch nicht sein (2. Korinther 6,10).<br />
Larry Norman (*1987) ist mit seiner besten Freundin<br />
verheiratet und hat an der FTH Gießen studiert. Derzeit dient er<br />
in der Leipzig English Church. Auf Twitter: @fotidzo<br />
19
SCHRIFTGELEHRT<br />
Rubrik zum<br />
Alten Testament<br />
<strong>Himmel</strong> & Hölle im<br />
Alten Testament<br />
Text von Andreas Münch<br />
Kindern im antiken Israel wurde vermutlich nicht erzählt, dass<br />
sie eines Tages »in den <strong>Himmel</strong> kommen«. Es wurde ihnen aber<br />
auch nicht mit der Hölle gedroht. Sind <strong>Himmel</strong> und Hölle deshalb<br />
lediglich neutestamentliche Fabeln? Keineswegs!
Die Vorstellung des <strong>Himmel</strong>s im AT<br />
Wenn das AT vom <strong>Himmel</strong> spricht,<br />
meint es dasselbe wie wir, wenn<br />
auch mit einem anderen Schwerpunkt.<br />
Was meine ich damit?<br />
Wenn du das Alte Testament liest und dort auf das<br />
Wort „<strong>Himmel</strong>“ triffst, dann hat es zuerst einmal<br />
dieselbe Wortbedeutung wie im Deutschen. Das<br />
hebräische Wort für <strong>Himmel</strong> (shamain) bezeichnet<br />
sowohl den sichtbaren <strong>Himmel</strong>, an dem z.B. Vögel<br />
fliegen (1. Mose 1,30), als auch den <strong>Himmel</strong> als den<br />
Wohnort Gottes (5. Mose 26,15). Um diese beiden<br />
Bedeutungen des Wortes <strong>Himmel</strong> zu unterscheiden,<br />
gebrauchten die Autoren des AT für die Stätte Gottes<br />
zuweilen einen stärkeren Ausdruck – den <strong>Himmel</strong><br />
der <strong>Himmel</strong>. So lesen wir z.B. in 1.Könige 8,27: Ja,<br />
sollte Gott wirklich auf der Erde wohnen? Siehe, der<br />
<strong>Himmel</strong> und die <strong>Himmel</strong> der <strong>Himmel</strong> können dich<br />
nicht fassen; wie viel weniger dieses Haus, das ich<br />
gebaut habe! Der Wohnort Gottes ist etwas Spezielles<br />
und doch scheint selbst der <strong>Himmel</strong>, angesichts der<br />
Größe Gottes, nicht ausreichend zu sein. Da Gott jedoch<br />
Geist ist, sollten wir nicht meinen, dass es Ihm<br />
im <strong>Himmel</strong> irgendwann zu eng wird. Der <strong>Himmel</strong> als<br />
Wohnort Gottes wird noch von anderen Geschöpfen<br />
bevölkert als nur von Gott alleine. Wir sehen das<br />
deutlich in der berühmten <strong>Himmel</strong>szene in Hiob 1.<br />
Auch wenn uns nicht explizit mitgeteilt wird, dass<br />
wir uns im <strong>Himmel</strong> befinden, so wird der Kontrast<br />
zur Erde (vgl. V.7) doch recht deutlich. Ein anderes<br />
Beispiel finden wir bei Jakob, als dieser in der Nacht<br />
einen Blick auf die unsichtbare himmlische Welt erhaschte:<br />
Und er träumte: Und siehe, eine Leiter war<br />
auf die Erde gestellt, und ihre Spitze berührte den<br />
<strong>Himmel</strong>; und siehe, Engel Gottes stiegen darauf auf<br />
und nieder (1. Mose 29,12).<br />
Gut, meinst du vielleicht. Es gibt einen <strong>Himmel</strong>,<br />
einen Ort, wo Gott wohnt und er ist ebenfalls mit<br />
himmlischen Wesen bevölkert. Was aber ist mit der<br />
Vorstellung, dass Menschen in den <strong>Himmel</strong> kommen?<br />
© Foto: Mike Anderson — unsplash.com/goodvybesdaily<br />
21
Wir kommen nicht in den <strong>Himmel</strong>...<br />
Die Bibel spricht nirgendwo davon, dass wir in den<br />
<strong>Himmel</strong> kommen! Das mag für dich sehr überraschend<br />
klingen und vermutlich auch so völlig falsch.<br />
Was bringt mich zu solch ketzerischer Aussage? Als<br />
evangelikale Christen im 21. Jahrhundert sprechen<br />
wir davon, dass wir, wenn wir sterben, »in den <strong>Himmel</strong><br />
kommen«. Wir meinen damit, dass wir nach unserem<br />
Tod in der herrlichen Gegenwart Gottes sind.<br />
Das ist biblische Lehre und daher wahr und richtig.<br />
Doch die Formulierung »in den <strong>Himmel</strong> kommen«<br />
finden wir so nirgends in der Bibel, was nicht bedeutet,<br />
dass sie falsch ist. Wenn du heute ein durchschnittliches<br />
Gemeindeglied fragen würdest, was mit<br />
ihm nach dem Tod geschieht, würdest du vermutlich<br />
als Antwort erhalten: Ich komme in den <strong>Himmel</strong>.<br />
Vermutlich haut diese Ansage heute die wenigsten<br />
Menschen in deinem Umfeld vom Hocker. Eher bemitleidet<br />
man solche Hoffnungsträger. Der <strong>Himmel</strong><br />
ist oft genug zum Ziel von Karikaturen geworden:<br />
Eine Ewigkeit in einem weißen Kleid, mit einer<br />
golden Harfe, auf einer kleinen weißen Wolke, die so<br />
klein ist, dass selbst Hühner in Käfighaltung mehr<br />
Platz haben (naja, vielleicht nicht ganz). Das sind beileibe<br />
keine tollen Aussichten. Doch ich glaube, wenn<br />
viele Christen ehrlich wären, würden sie zugeben,<br />
dass ihre Vorfreude auf den <strong>Himmel</strong> sich in Grenzen<br />
hält. In die Hölle will man auch nicht, aber eine<br />
Ewigkeit im <strong>Himmel</strong>? Dass es dort nicht langweilig<br />
wird, kannst du im Artikel von Hanniel nachlesen.<br />
Doch dieses Klischee vom <strong>Himmel</strong> kannte man im<br />
antiken Israel vermutlich nicht. Es ist recht unwahrscheinlich<br />
anzunehmen, dass gläubige Eltern ihren<br />
Kindern erzählt haben, dass sie nach dem Tod »in<br />
den <strong>Himmel</strong> kommen«. Waren sie deshalb unsensiblere<br />
Eltern, die ihren Kindern keine Hoffnung über<br />
den Tod hinaus geben konnten? Eher im Gegenteil.<br />
Sie gaben ihnen eine größere Vision, als wir es heute<br />
oftmals tun – sie sprachen vom vollendeten Königreich<br />
Gottes!<br />
...wir beten: Dein Reich komme!<br />
Johannes der Täufer und Jesus begannen ihren<br />
öffentlichen Dienst, indem sie ankündigten, dass<br />
das Königreich Gottes (oder das Reich der <strong>Himmel</strong>)<br />
angebrochen sei – weshalb die Menschen Buße tun<br />
sollten (vgl. Matthäus 3,2 und 4,17). Sowohl Johannes<br />
als auch Jesus sprachen dabei von der endzeitlichen<br />
Hoffnung, die im AT angekündigt wurde. Wenn wir<br />
die Königsherrschaft Gottes so verstehen, dass Gott<br />
an einem bestimmten Ort über Sein Volk regiert,<br />
dann finden wir das erste Königreich Gottes bereits<br />
in 1. Mose 1-2 vor – im Garten Eden. Im Garten<br />
Eden, dem Paradies, lebte der Mensch in ungetrübter<br />
Gemeinschaft mit sich selbst unter der Herrschaft<br />
Gottes und erfreute sich daran. Und genau das ist<br />
auch das Bild, dass uns im NT vom zukünftigen<br />
<strong>Himmel</strong> gezeichnet wird. Bereits in 1. Mose 3, nach<br />
dem Sündenfall, wird durch die Ankündigung eines<br />
Retters die Hoffnung gegeben, dass der ursprüngliche<br />
paradiesische Zustand eines Tages wiederhergestellt<br />
werden würde.<br />
Die eindeutigste Verheißung dieser Hoffnung finden<br />
wir beim Propheten Jesaja. Denn dort sagt Gott:<br />
Denn siehe, ich schaffe einen neuen <strong>Himmel</strong> und<br />
eine neue Erde. Und an das Frühere wird man nicht<br />
mehr denken, und es wird nicht mehr in den Sinn<br />
kommen. [...] Denn wie der neue <strong>Himmel</strong> und die<br />
neue Erde, die ich mache, vor mir bestehen, spricht<br />
der HERR, so werden eure Nachkommen und euer<br />
Name bestehen (Jesaja 65,17 und 66,22). Interessant<br />
ist, dass Gott hier für »schaffen« dasselbe Wort wie<br />
bei der ersten Schöpfung aus 1. Mose 1 gebraucht.<br />
Das Wort »<strong>Himmel</strong>reich« kommt kein einziges Mal<br />
im AT vor, doch die Vorstellung davon zieht sich<br />
durch das gesamte AT. Die alttestamentliche Vorstellung<br />
vom <strong>Himmel</strong> war weniger die eines unbestimmbaren<br />
geistlichen Zuhauses, sondern die Erwartung<br />
eines Lebens unter der königlichen Herrschaft ihres<br />
Bundesgottes, das von Frieden und der Abwesenheit<br />
von Tod und Zerstörung gekennzeichnet war. Die<br />
alttestamentlichen Bilder vom <strong>Himmel</strong> klingen recht<br />
»erdverbunden« möchte man meinen. Mit gutem<br />
Grund. Denn der <strong>Himmel</strong> besteht eben aus einem<br />
neuen <strong>Himmel</strong> und einer neuen Erde! Gott hat uns<br />
Menschen für die Erde geschaffen. So können wir<br />
davon ausgehen, dass der <strong>Himmel</strong> – so sehr wir<br />
ihn auch vergeistlicht haben – mehr Merkmale von<br />
dieser erfahrbaren Welt haben wird, als wir uns jetzt<br />
vielleicht vorstellen können. Wenn du Mühe hast,<br />
dir den <strong>Himmel</strong> vorzustellen, dann meditiere über<br />
die Bedeutung des Königreiches Gottes. Wenn der<br />
<strong>Himmel</strong> tatsächlich so sein wird, wie heute oftmals<br />
angenommen, dann graut es mir auch vor der<br />
Ewigkeit. Doch wenn ich das biblische Konzept vom<br />
vollendeten Reich Gottes bedenke, dann freue ich<br />
mich, daran Anteil zu haben.<br />
Die Vorstellung der Hölle im AT<br />
Wie wir gesehen haben, kannte das AT das Konzept<br />
vom <strong>Himmel</strong>, als dem vollendeten Königreich Gottes.<br />
Wie aber sieht es mit dem Gegenstück aus – der<br />
Hölle?<br />
Je nachdem welche Bibelübersetzung du zur<br />
Hand nimmst, wirst du das Wort Hölle recht häufig<br />
oder gar nicht finden. Die Luther-Bibel von 1912 listet<br />
im AT mehrere Verse mit der Erwähnung der Hölle<br />
auf. Das ist jedoch dem (unglücklichen) Umstand<br />
geschuldet, dass man das hebräische Wort Scheol<br />
fälschlicherweise mit Hölle übersetzte. Die Vorstellung<br />
einer Hölle im neutestamentlichen Sinn kennt<br />
das AT so nicht. Dennoch hatte man eine klare<br />
Vorstellung davon, wohin die Reise der Seele nach<br />
dem Tod ging.<br />
22
Ein Wartezimmer für die Seele<br />
Der Scheol war allgemein als das Totenreich bekannt.<br />
Die beste deutsche Übersetzung wäre vermutlich<br />
Unterwelt. Natürlich wissen wir, dass Orte wie<br />
<strong>Himmel</strong> und Hölle sich nicht auf einer geografischen<br />
Karte markieren lassen. Wenn jedoch in Gemälden<br />
das Konzept von <strong>Himmel</strong> und Hölle grafisch dargestellt<br />
wurde, dann befand sich der <strong>Himmel</strong> immer<br />
oben, während sich die Hölle immer im scharfen<br />
Kontrast unten befand. So wird auch im AT der<br />
<strong>Himmel</strong> immer als über uns, während der Scheol als<br />
etwas unterhalb von uns gedacht. Das beste Beispiel<br />
dafür ist Sprüche 15,24: Der Weg des Lebens geht für<br />
den Einsichtigen nach oben, damit er dem Scheol<br />
unten entgeht. Der große Unterschied zwischen<br />
Scheol und Hölle ist dieser, dass nach dem Denken<br />
des AT alle Menschen – Gläubige wie Gottlose –<br />
nach dem Tod in den Scheol kamen, während nach<br />
der Lehre des NT nur Gottlose in die Hölle kommen.<br />
So konnte Jakob, als er über den (vermeintlichen)<br />
Tod seines Sohnes Josefs trauerte, sagen: Nein,<br />
sondern in Trauer werde ich zu meinem Sohn in<br />
den Scheol hinabfahren (1. Mose 37,35). Auch König<br />
Hiskia konnte als gottesfürchtiger Mann sagen: Ich<br />
sagte: Inmitten meiner Tage soll ich hingehen zu<br />
den Pforten des Scheols. Ich bin beraubt des Restes<br />
meiner Jahre. Ich sagte: Ich werde Jah 1 nicht sehen,<br />
Jah im Land der Lebendigen, auch nicht Menschen<br />
mehr erblicken bei den Bewohnern des Totenreiches<br />
(Jesaja 38,10-11). Auch wenn Gläubige davon ausgingen,<br />
dass sie diesen Weg beschreiten mussten, so<br />
gibt es doch eindeutig Belege dafür, dass der Scheol<br />
ebenfalls ein Bestimmungsort der Gottlosen war,<br />
und das oftmals im Kontext der Gerichtsandrohung:<br />
Mögen zum Scheol sich wenden die Gottlosen, alle<br />
Nationen, die Gott vergessen (Psalm 9,18). In Jesaja<br />
14,14-15 lesen wir vom Gericht über den König von<br />
Babel und das Schicksal, was ihn erwartet (was oft<br />
auf das Gericht Satans gedeutet wird): »Ich will<br />
hinaufsteigen auf Wolkenhöhen, dem Höchsten<br />
mich gleichmachen.« – Doch in den Scheol wirst du<br />
hinabgestürzt, in die tiefste Grube. Der Scheol wird<br />
allgemein als ein Ort der Gottesferne gesehen, wo<br />
man abgeschnitten ist, von den Lebendigen, ein Ort,<br />
wo man Gott nicht mehr preist (vgl. Psalm 6,6; 31,18;<br />
Jesaja 38,18). Wie passt dieses düstere Bild des Scheol<br />
mit der Hoffnung der Gläubigen, die wir weiter oben<br />
skizziert haben zusammen?<br />
Jahwe – ein Gott der Lebenden<br />
Nun, die Gläubigen des AT gaben sich keiner Illusion<br />
hin. Sie wussten, dass das Urteil, das über ihren<br />
Ur-Vater Adam gesprochen wurde »Du wirst sterben«,<br />
ihnen gleichermaßen galt. Dennoch hegten sie<br />
die Hoffnung, dass ihr Gott sie aus der Macht des<br />
1 »Jah« ist eine verkürzte Form von »Jahwe« oder »Yahweh«.<br />
Scheol retten würde. Jahwe war kein Gott der Toten,<br />
sondern der Lebenden! In Psalm 49,16 lesen wir von<br />
dieser Hoffnung: Gott aber wird meine Seele erlösen<br />
von der Gewalt des Scheols; denn er wird mich aufnehmen.<br />
Ein Grund für diese Annahme war womöglich<br />
das Zeugnis Henochs, der nach einem gottesfürchtigen<br />
Leben direkt in die Gegenwart Gottes<br />
entrückt wurde, ohne den Tod zu sehen (vgl. 1. Mose<br />
5,24). Die Gläubigen des AT waren sich zweier Dinge<br />
sicher: 1) Sie würden sterben müssen wie die Gottlosen,<br />
doch 2) ihnen drohte nicht dasselbe Schicksal<br />
wie Letzteren. Eines müssen wir noch erwähnen,<br />
um dieses Thema abschließend behandelt zu haben.<br />
Es stimmt, dass das AT nicht die neutestamentliche<br />
Vorstellung der Hölle offenbart. Dennoch wird eine<br />
reale »Alternative« zum neuen <strong>Himmel</strong> und zur neuen<br />
Erde geliefert: Und sie werden hinausgehen und<br />
sich die Leichen der Menschen ansehen, die mit mir<br />
gebrochen haben. Denn ihr Wurm wird nicht sterben<br />
und ihr Feuer nicht verlöschen, und sie werden ein<br />
Abscheu sein für alles Fleisch (Jesaja 66,24).<br />
Angesichts dieser drohenden Worte des Propheten<br />
Jesajas möchte ich dir die Frage stellen, ob du<br />
für dich weißt, was dich nach deinem Tod erwartet?<br />
Das Leben ist kein Spiel, doch am Ende gibt es eine<br />
Menge zu verlieren oder zu gewinnen. Die frohe<br />
Botschaft, das Evangelium, besteht darin, dass der<br />
König über Gottes <strong>Himmel</strong>reich, Jesus Christus, für<br />
Sünder starb, damit sie durch den Glauben an Ihn<br />
Anteil haben können an Seiner Herrschaft. Sofern du<br />
es noch nicht getan hast, möchte ich dich ermutigen:<br />
Unterwerfe dich im Vertrauen auf Seine Gnade<br />
König Jesus, dem gegeben ist alle Macht im <strong>Himmel</strong><br />
und auf Erden! Und wenn du es bereits getan hast,<br />
dann bete aus ganzem Herzen: Unser Vater, im <strong>Himmel</strong>,<br />
dein Reich komme!<br />
Andreas Münch (*1984) ist Ehemann, Vater eines Sohnes,<br />
Pastor der MBG Lage und Autor des vielbeachteten Buches ›Der<br />
wahre Gott der Bibel‹. Sein Blog: www.andreas-muench.com<br />
23
JOSIA<br />
Rubrik des<br />
Josia Netzwerkes
Das größte Fest<br />
Text von Simon Mayer<br />
Feste sind großartig. Immer! Naja, ok, zugegeben: Fast immer.<br />
Das ein oder andere miese hat dann doch schon jeder von uns<br />
erlebt. Nein, ich werde jetzt nicht ins Detail gehen. Konzentrieren<br />
wir uns lieber auf das Positive. Was macht eine gute Feier aus?<br />
Erstens: Die Teilnehmer. Nur wenn man sich mit den Leuten gut<br />
versteht, fühlt man sich auch pudelwohl. Zweitens: Der Grund<br />
zum Feiern. Denn die besten Feste sind diejenigen mit den besten<br />
Anlässen. Drittens: Die Atmosphäre. Wenn die Stimmung super<br />
ist und man sich wünscht, dass das Ganze nie endet, dann ist es<br />
wahrlich eine gelungene Veranstaltung. Nun, schauen wir uns das<br />
genialste Fest schlechthin an…<br />
© Bild: »Die Hochzeit zu Kana« von Paolo Veronese (1563) — wikipedia.org 25
»Nach diesem sah ich, und siehe, eine<br />
große Schar, die niemand zählen konnte,<br />
aus allen Nationen und Stämmen<br />
und Völkern und Sprachen; die standen<br />
vor dem Thron und vor dem Lamm, bekleidet mit<br />
weißen Kleidern, und Palmzweige waren in ihren<br />
Händen. Und sie riefen mit lauter Stimme und<br />
sprachen: Das Heil ist bei unserem Gott, der auf dem<br />
Thron sitzt, und bei dem Lamm! Und alle Engel standen<br />
rings um den Thron und um die Ältesten und<br />
die vier lebendigen Wesen und fielen vor dem Thron<br />
auf ihr Angesicht und beteten Gott an und sprachen:<br />
Amen! Lob und Herrlichkeit und Weisheit und Dank<br />
und Ehre und Macht und Stärke gebührt unserem<br />
Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. Und einer von<br />
den Ältesten ergriff das Wort und sprach zu mir: Wer<br />
sind diese, die mit weißen Kleidern bekleidet sind,<br />
und woher sind sie gekommen? Und ich sprach zu<br />
ihm: Herr, du weißt es! Und er sprach zu mir: Das<br />
sind die, welche aus der großen Drangsal kommen;<br />
und sie haben ihre Kleider gewaschen, und sie haben<br />
ihre Kleider weiß gemacht in dem Blut des Lammes.<br />
Darum sind sie vor dem Thron Gottes und dienen<br />
ihm Tag und Nacht in seinem Tempel; und der auf<br />
dem Thron sitzt, wird sein Zelt aufschlagen über ihnen.<br />
Und sie werden nicht mehr hungern und nicht<br />
mehr dürsten; auch wird sie die Sonne nicht treffen<br />
noch irgendeine Hitze; denn das Lamm, das inmitten<br />
des Thrones ist, wird sie weiden und sie leiten zu<br />
lebendigen Wasserquellen, und Gott wird abwischen<br />
alle Tränen von ihren Augen.« 1<br />
Die Teilnehmer des Festes<br />
Wir wollen unsere Aufmerksamkeit zuerst auf die<br />
Teilnehmer des Festes lenken. Der Apostel Johannes<br />
berichtet uns hier einige spektakuläre, unglaublich<br />
klingende Fakten über sie. In Vers 9 schreibt er, dass<br />
es sich nicht nur um ein paar wenige Teilnehmer<br />
handelt, sondern um eine große, unzählbare Schar<br />
aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und<br />
Sprachen. Die Unterschiedlichkeit der Teilnehmer<br />
könnte nicht größer sein. Aus jeder Nation, aus<br />
jedem noch so kleinen Stamm und Volk ist jemand<br />
dabei. Und jede einzelne Sprache ist vertreten. Wer<br />
würde je auf die Idee kommen, dass es Sinn macht,<br />
solch unterschiedliche Menschen zusammenzupacken,<br />
um mit allen gemeinsam ein Fest zu feiern?<br />
Wo sich doch keiner versteht. Wo doch jeder andere<br />
kulturelle Hintergründe mit sich bringt. Wo doch<br />
explosiv geladene Spannung pur zwischen man-<br />
1 Offenbarung 7,9-17 (Schlachter 2000)<br />
chen Völkern in der Luft hängt. Aber diese Gruppe<br />
hat etwas Faszinierendes an sich. Sie ist trotz ihrer<br />
Unterschiedlichkeit irgendwie eins.<br />
Und Johannes erzählt uns auch, worin die Einheit<br />
der Gruppe besteht. Er redet davon, dass sie alle<br />
bekleidet sind mit weißen Kleidern. Jeder einzelne<br />
Teilnehmer dieser großen, unzählbaren Gruppe hat<br />
ein weißes Kleid an. Wenn wir weiter lesen, sehen<br />
wir, wie sie zu diesen weißen Kleidern gekommen<br />
sind. In Vers 14 heißt es: »Sie haben ihre Kleider<br />
gewaschen, sie haben ihre Kleider weiß gemacht in<br />
dem Blut des Lammes…« Vorher waren die Kleider<br />
jedes einzelnen schmutzig, nun sind sie sauber<br />
und vollkommen rein, strahlend weiß. Wir wissen:<br />
Das ist ein Symbol, das die Bibel immer mal wieder<br />
aufgreift. Der Dreck an den Kleidern der Menschen<br />
steht für die Sünde in ihrem Leben. Das Problem ist,<br />
dass dreckige Kleider nicht dem Dresscode entsprechen,<br />
mit dreckigen Kleidern wird einem die<br />
Teilnahme am Fest untersagt. Warum? Weil sie nicht<br />
zur Reinheit und Heiligkeit Gottes passen.<br />
Deshalb müssen die Teilnehmer ihre Kleider<br />
zuerst waschen, und es gibt nur eine Methode, dies<br />
so zu tun, dass sie nachher tatsächlich vollkommen<br />
weiß sind: Die Kleider müssen im Blut des Lammes<br />
gewaschen werden. Wiederum wissen wir, was<br />
gemeint ist: Hier ist die Rede von Jesus Christus<br />
als dem Lamm und von seinem Blute, das er für<br />
uns vergossen hat, als wir noch Feinde des Kreuzes<br />
waren. Jeder einzelne dieser Teilnehmer hat<br />
sein Kleid in diesem Blut gewaschen, sprich jeder<br />
einzelne hat Vergebung seiner Sünden erlangt durch<br />
das Sühnewerk Jesu Christi. Und das Faszinierende<br />
ist, dass dies auch jetzt schon für dich und mich gilt,<br />
wenn wir daran glauben. Aufgrund des Glaubens<br />
kann Gott dich ansehen und sagen: Du bist perfekt.<br />
Du bist ohne Tadel. Du bist würdig, an meinem Fest<br />
teilzunehmen!<br />
Der Anlass des Festes<br />
Es gibt jedoch eine weitere Gemeinsamkeit unter<br />
den Teilnehmern, welche uns zum Anlass der Feier<br />
bringt. Alle Teilnehmer tragen Palmzweige als Zeichen<br />
des Sieges in ihren Händen. Denn sie haben<br />
durchgehalten bis zum Ende und den Kampfpreis<br />
der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus<br />
erlangt. Sie haben die Welt überwunden, den Teufel<br />
besiegt und Treue bewahrt. Das ist der Anlass des<br />
Festes, der Grund zum Feiern. Der Lauf ist vollendet.<br />
Der Sieg ist errungen. Und was zu tun bleibt, ist<br />
darüber zu jubilieren. Ein Fest zu feiern, das seinesgleichen<br />
sucht und niemals finden wird.<br />
26
Aber gleichzeitig können die Teilnehmer den Sieg<br />
nicht sich selbst zuschreiben. Sie wissen ganz genau:<br />
Wäre da nicht jemand gewesen, der sie durchgetragen<br />
hat, so hätten sie nicht ausharren können bis<br />
zum Ende. Wäre da nicht jemand gewesen, der letztendlich<br />
für sie gesiegt hat, so wäre alles von Beginn<br />
an zum Scheitern verurteilt gewesen. Und deshalb<br />
stehen sie vor dem Thron desjenigen, dem sie das alles<br />
zu verdanken haben und rufen mit lauter Stimme:<br />
»Das Heil ist bei unserem Gott, der auf dem Thron<br />
sitzt, und bei dem Lamm!« Nicht sich selbst haben<br />
die Teilnehmer es zu verdanken, dass sie bei dem<br />
Fest dabei sein dürfen. Nicht ihrem Können, nicht<br />
ihren Fähigkeiten, nicht ihrer Intelligenz, Ausdauer,<br />
Selbstdisziplin oder Sonstigem. Nein, allein bei Gott<br />
und bei dem Lamm ist das Heil. Er hat den Sieg für<br />
uns errungen. Er ist es, der uns nachgegangen ist, der<br />
uns bei sich haben wollte, der uns beim Namen gerufen<br />
hat, der uns in seiner mächtigen Hand hat, der<br />
uns niemals los lässt, dem allein wir unser Seelenheil<br />
zuschreiben können. Das gilt es zu feiern!<br />
Dies alles bringt uns zum Höhepunkt, zum Zentrum<br />
dieses Bibelabschnittes. Die Verehrung Gottes<br />
durch alle Engel, die vor seinem Thron niederfallen<br />
und sagen: »Lob und Herrlichkeit und Weisheit<br />
und Dank und Ehre und Macht und Stärke gebührt<br />
unserem Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit!« Das ist der<br />
ultimative Anlass für dieses gigantische Fest: Die<br />
Anbetung Gottes. Alles läuft darauf hinaus, alles ist<br />
dafür vorgesehen. Es ist kaum vorstellbar, wie überwältigend<br />
das sein wird.<br />
Die Großartigkeit des Festes<br />
Kommen wir zuletzt zur Großartigkeit der Feier, welche<br />
in Vers 16 deutlich wird: »Sie werden nicht mehr<br />
hungern und nicht mehr dürsten; auch wird sie die<br />
Sonne nicht treffen noch irgendeine Hitze; denn das<br />
Lamm, das inmitten des Thrones ist, wird sie weiden<br />
und sie leiten zu lebendigen Wasserquellen, und Gott<br />
wird abwischen alle Tränen von ihren Augen.« Eine<br />
der Großartigkeiten dieses Festes besteht darin, dass<br />
keinerlei Platz für Leid dabei vorhanden sein wird.<br />
Oh wie leidvoll ist hingegen doch das Leben hier auf<br />
der Erde. Was müssen wir oft nicht alles durchstehen:<br />
Physische, psychische, seelische Schmerzen.<br />
Mühen und Sorgen um uns selbst und um nahestehende<br />
liebgewonnene Menschen. Angriffe und Verletzungen<br />
durch unsere Nächsten. Und allen voran<br />
das Ächzen unter der Last der Sündhaftigkeit, die<br />
wir doch nicht ganz ablegen können. Für all das wird<br />
kein Platz mehr sein. Kein Leid, keine Tränen (Gott<br />
selbst wird sie abwischen), kein Hunger, kein Durst.<br />
All unsere Sehnsüchte werden gestillt werden an der<br />
Quelle des lebendigen Wassers selbst.<br />
Aber es ist nicht nur die Abwesenheit von jeglichem<br />
Leid, worauf wir uns freuen dürfen. Nein, uns<br />
erwartet noch etwas viel Großartigeres: Die Gegenwart<br />
Gottes. Er ist da. Mitten in dem Fest, mitten<br />
unter den Teilnehmern. Sie dürfen ihn von Angesicht<br />
zu Angesicht sehen. Das größte Privileg, nach<br />
dem sich Menschen seit eh und je gesehnt haben,<br />
und das nicht einmal Mose eingeräumt wurde. »Sie<br />
sind vor dem Thron Gottes und dienen ihm Tag und<br />
Nacht in seinem Tempel; und der auf dem Thron<br />
sitzt, wird sein Zelt aufschlagen über ihnen.« (V. 15)<br />
Gott im Tempel zu dienen, war ein Vorrecht, das nur<br />
wenigen vorbehalten war. Ins Allerheiligste – in die<br />
Gegenwart Gottes – durfte nur der Hohepriester und<br />
das auch nur einmal im Jahr. Und jetzt schlägt Gott<br />
sein Zelt auf über seinen Dienern, d.h. er ist dauerhaft<br />
anwesend. Er ist ständig in ihrer Gegenwart. Wie<br />
atemberaubend muss das sein – unvorstellbar.<br />
Die Erlösten können Gott Tag und Nacht dienen.<br />
Und das ist das Genialste an dieser Feier, was sie<br />
fundamental von allen anderen Festen unterscheidet:<br />
Sie wird viel länger dauern. Genauer gesagt: Von<br />
Ewigkeit zu Ewigkeit! Ich weiß nicht, was für dich<br />
eine lange Zeit darstellt. Aber sicherlich – das ist<br />
eine! Ich weiß auch nicht, wie lang dir manch einsame,<br />
manch traurige Stunde oder vielleicht sogar nur<br />
Minute vorkommen mag. Wie sehr du dich danach<br />
sehnst, dass sie doch vorübergehen mag. Aber mit<br />
Sicherheit, mit Bestimmtheit ist sie es nicht wert –<br />
auch nur im Geringsten – verglichen zu werden mit<br />
dem, was uns zukünftig erwartet. Sofern wir eingesehen<br />
haben, dass unsere Kleider dreckig sind und im<br />
Blut des Lammes gewaschen werden müssen. Sofern<br />
wir danach streben, den Sieg zu erlangen durch den<br />
Herrn. Und sofern wir uns danach sehnen, endlich<br />
in seiner Gegenwart zu sein, um ihn anbeten zu<br />
können.<br />
Bist du bei diesem Fest dabei?<br />
Simon Mayer (*1990) arbeitet als Ingenieur in München und<br />
studiert nebenbei Theologie am Martin Bucer Seminar. Er ist<br />
verheiratet und ist u.a. redaktionell für das Josia Netzwerk tätig.<br />
27
WIE EDELSTEINE<br />
Rubrik für junge<br />
Frauen in der Nachfolge<br />
Himmlische<br />
Liebe<br />
Text von Susanne Wrobel<br />
Über den Charakter einer<br />
gottesfürchtigen Frau.
© Foto: Barrel On — unsplash.com/barrelon 29
Schreibt man über den Charakter einer<br />
gottesfürchtigen Frau, so würden viele<br />
wohl einen Artikel über die Frau aus den<br />
Sprüchen 31 erwarten. Hier soll jedoch ein<br />
allgemeineres Thema betrachtet werden: unsere Rolle<br />
in Christus. Denn mehr als »nur« Frauen, sind wir<br />
Diener Christi (Galater 3,28). Zum Zeitpunkt unserer<br />
Bekehrung wurde die Liebe Christi in unser Herz<br />
ausgegossen (Römer 5,5), welche von nun an in uns<br />
zunehmen soll. Es ist eine Liebe, die der Welt unbekannt<br />
ist; man kann sie fast als eine seltsame Liebe<br />
beschreiben. Wir lieben Gott, obwohl wir Ihn nicht<br />
sehen, was für die Welt eine Torheit ist. Wir lieben<br />
die Geschwister wie einen Teil der Familie in einer<br />
Welt, in der sich jeder letztlich nur um sich selbst<br />
sorgt. Und wir lieben die Verlorenen, obwohl diese<br />
uns verfluchen, verspotten und verachten. Durch<br />
den Heiligen Geist wurde uns eine Liebe gegeben,<br />
welche Gottes Vorhaben in uns und durch uns in<br />
der Welt ausführt. Solch eine christusähnliche Liebe<br />
zeigt sich in einer Liebe zu Gott, zu den Kindern<br />
Gottes und zu den Verlorenen.<br />
Liebe zu Gott – Das höchste Gebot<br />
»Lasst uns die Summe aller Lehre hören: Fürchte<br />
Gott und halte seine Gebote; denn das macht den<br />
ganzen Menschen aus.« (Prediger 12,13)<br />
Die größte Hinterlassenschaft, die eine gottesfürchtige<br />
Frau sich wohl wünschen könnte, ist<br />
dafür bekannt gewesen zu sein, Gott sehr geliebt zu<br />
haben. Ein wiedergeborener Christ sollte immer den<br />
Herzenswunsch haben, Gott mehr zu lieben. Nicht<br />
zuletzt da es das erste und größte Gebot darstellt und<br />
zusammen mit der Nächstenliebe das ganze Gesetz<br />
erfüllt (Matthäus 22, 40; Galater 5,14). Was auch<br />
immer unsere momentane Aufgabe im Leben ist und<br />
obgleich wir alleinstehend, verheiratet oder schon<br />
Mütter sind, das größte Gebot, das uns gegeben wurde,<br />
ist unseren Gott zu lieben, seine Gebote zu halten<br />
und damit stetig auf seine Ehre bedacht zu sein.<br />
Herz, Seele, Verstand und Kraft sollen an unserer<br />
Liebe zu Gott beteiligt sein. Liebe zu Gott ist auch<br />
immer verbunden mit Gehorsam gegenüber Gott<br />
(Johannes 14,21). Liebe heißt Gottes Gebote zu halten<br />
(1. Johannes 5,3) und sie werden keine Last für uns<br />
sein, sondern eine Freude. Vielmehr wird es eine<br />
Last für uns, wenn wir sie übertreten. Jesu ganzes<br />
Leben, alles was Er tat, lebte er hinsichtlich dessen,<br />
wie er dem Vater wohlgefällig sein und Seinen<br />
Willen erfüllen würde. Christi Herz sehnte sich<br />
immer nach der Gegenwart des Vaters und er zog<br />
sich oft zurück ins Gebet. Möge so auch unser Herz<br />
sich kontinuierlich danach sehnen, Zeit mit Gott zu<br />
verbringen und Ihn, durch das tägliche Erforschen<br />
seines Wortes und durch Gebet aufs Innigste kennen<br />
zu lernen. Möge Er es sein, für den wir alles andere<br />
auf dieser Welt als nichtig erachten, solange wir Ihm<br />
näher kommen und mehr in sein Ebenbild geformt<br />
werden. Unser Leben soll nicht ziellos sein und nicht<br />
nur auf diese Welt bedacht, wie das Leben derer, die<br />
Gott nicht kennen. Auch unsere Unterhaltungen<br />
sollen zeigen, dass unser Herz mit Ihm erfüllt ist und<br />
»beständig soll sein Lob in unserem Munde sein.«<br />
(Psalm 34,2; Lukas 6,45). Es ist an jedem Einzelnen<br />
von uns zu prüfen, wie viel Raum Christus in seinen<br />
Unterhaltungen, und damit auch in seinem Herzen<br />
hat, und ob seine Worte bezeugen, welche Lektionen<br />
er gelernt oder welche Wahrheiten er lieb gewonnen<br />
hat. Sind dies nicht auch die schönsten Unterhaltungen,<br />
wenn Christen zusammen kommen, wenn diese<br />
über Gottes Güte und Liebe staunen? Nur wenn wir<br />
selbst auch unsere Gemeinschaft mit Gott pflegen,<br />
kann es auch wahre Gemeinschaft unter den<br />
Geschwistern geben – wenn Christus das Zentrum<br />
in unserem Herzen, Leben und Unterhaltungen ist (1.<br />
Johannes 1,3).<br />
Es ist daher auch essentiell für uns, Frauen des<br />
Wortes Gottes zu sein, die Schriften zu erforschen<br />
und unseren Gott zu kennen. Theologie (»die Lehre<br />
von Gott«) ist nicht belanglos, ganz im Gegenteil.<br />
Unsere Auffassung von Gott prägt und formt unser<br />
ganzes Leben und Fehler in der Lehre führen letztlich<br />
zu Fehlern im Leben (1. <strong>Timotheus</strong> 4,16). Wenn<br />
wir unseren Gott kennen, sehen wir wie vertrauenswürdig,<br />
liebevoll, treu, gütig und souverän Er ist und<br />
im Laufe der Geschichte schon immer gehandelt hat.<br />
Mit der Erkenntnis von solch einem Gott an unserer<br />
Seite lassen sich selbst die schwierigsten Situationen<br />
im Leben leichter überstehen und sogar mit Dankbarkeit<br />
aus Gottes Hand annehmen.<br />
Als der Gerechte für die Ungerechten am Kreuz<br />
starb, bewies Er uns seine bedingungslose Liebe,<br />
wonach das Verlangen jedes einzelnen Menschen in<br />
der Welt besteht, welche wir aber in Christus haben<br />
und wodurch wir uns als die glücklichsten Menschen<br />
schätzen dürfen. Seine Liebe wird sich auch<br />
in unserer Liebe zu den Geschwistern zeigen und<br />
umgekehrt wird unsere Liebe zu den Geschwistern<br />
auch unsere Liebe zu Gott offenbaren (1. Johannes<br />
3,14; 1. Johannes 4,20).<br />
Liebe zu den Geschwistern –<br />
Lieben wie Christus<br />
Unsere Glaubensgeschwister zu lieben, ist nicht<br />
immer eine leichte Aufgabe, da wir selbst als begnadigte<br />
Sünder nicht unbedingt stets die liebenswertesten<br />
Menschen sind. Gerade daran aber misst sich<br />
bedingungslose Liebe, welche den anderen liebt, wie<br />
Christus ihn liebt und ihn so akzeptiert, wie er uns<br />
akzeptiert hat, in aufrichtiger, ungeheuchelter Liebe.<br />
Gleichzeitig kann wahre Gemeinschaft nur unter<br />
Geschwistern stattfinden, die im Licht wandeln,<br />
wie er im Licht ist (1. Johannes 1,7). Die Liebe, die wir<br />
unseren Brüdern gegenüber besitzen sollen, ist eine<br />
30
aufopferungsvolle Liebe, die Dinge nicht aus Eigennutz<br />
tut, um etwas zurück zu bekommen oder um<br />
der eigenen Ehre willen, sondern aus reinen Motiven<br />
(Philipper 2,3), motiviert und inspiriert von Gottes<br />
Liebe zu uns. Sie ist gekennzeichnet durch Treue und<br />
Verlässlichkeit, nicht durch Unzuverlässigkeit und<br />
Unberechenbarkeit und hält ihr Wort, selbst wenn<br />
es Unannehmlichkeiten bereitet (Psalm 15,4). Wahre<br />
Liebe erlaubt offene und ehrliche Gespräche, ohne<br />
den anderen zu verurteilen und gibt selbst Schwächen,<br />
Sünden und Versagen zu, anstatt zu versuchen,<br />
andere zu beeindrucken oder vorzugeben, alles sei in<br />
Ordnung (Jakobus 5,16). Es ist eine Liebe, die andere<br />
nicht ausschließt oder bevorzugt behandelt, sondern<br />
die verschiedensten Menschen zusammen bringt,<br />
sie freundlich behandelt und sie liebt. Sie realisiert,<br />
dass alle Charaktereigenschaften oder Begabungen,<br />
die wir haben, kein Grund sind, sich zu rühmen,<br />
sondern alles eine Gabe von Gott ist und wir uns<br />
deshalb nur darin rühmen können, Ihn zu kennen.<br />
Sie ist ehrlich, aber friedliebend, lässt sich nicht provozieren<br />
und provoziert keine Streitigkeiten (Sprüche<br />
15,18). Vielmehr nimmt sie Gelegenheiten wahr,<br />
anderen Gutes zu tun, praktisch zu helfen, Worte zu<br />
schenken, die erbauen (Sprüche 12,18; Epheser 4,29),<br />
auf Gott verweisen und Geschwister Ihm näher<br />
bringen.<br />
Die Liebe, die wir erhalten haben, wird durch<br />
viele Prüfungen und Schwierigkeiten gereinigt und<br />
geläutert und erzeugt ein mitfühlendes Herz. Es wird<br />
ein zerbrochenes Herz sein, welches, wie der Herr<br />
selbst, mit denen mitfühlt, die zerbrochenen Herzens<br />
sind (Psalm 34,18). Ein Christ, so heißt es in einem<br />
Bibelkommentar, der in Sanftmut und Demut agiert,<br />
hat die gemeinsten Gedanken über sich selbst und<br />
die besten Gedanken über andere.<br />
Die Liebe zu unseren Brüdern und Schwestern ist<br />
ein Merkmal dafür, dass wir Gott wahrhaftig erkannt<br />
haben und Ihn lieben. Die Liebe zu den Geschwistern<br />
und zu unserem Nächsten generell beinhaltet,<br />
wie die Liebe zu Gott, Herz, Seele, Verstand und<br />
Kraft. Sie ist nicht immer einfach und es erfordert<br />
meist ein aktives Streben nach einer innigeren Beziehung<br />
und manchmal müssen wir in Liebe agieren,<br />
selbst wenn wir uns gerade nicht danach fühlen.<br />
Wer aber Liebe sät, wird schon bald Liebe ernten, vor<br />
allem in seinem eigenen Herzen (Galater 6,7).<br />
Liebe zu den Verlorenen –<br />
Das Amt der Versöhnung<br />
Christi Herz war auch erfüllt mit Liebe zu den<br />
Verlorenen. Er kam, um das zu erretten, was verloren<br />
ist und gab uns das Amt der Versöhnung, um<br />
auch darin Ihm gleich zu werden und seine Liebe<br />
kundzutun und weiterzugeben (2. Korinther 5,18-19).<br />
Jeder von uns sollte nun die Menschen eindringlich<br />
bitten, in dem vollen Bewusstsein, dass Christus<br />
durch uns bittet, umzukehren von ihren Wegen und<br />
sich mit Gott versöhnen zu lassen. Es ist eine große<br />
Ehre, dass Gott uns an seinem großen Heilsplan<br />
teilhaben lässt und uns schwache Gefäße benutzt,<br />
sein Wort bis an alle Enden der Welt zu tragen. Viele<br />
Frauen mögen sagen, dass sie nicht die Gabe haben<br />
zu evangelisieren, doch geht es im Grunde nicht so<br />
sehr um die Gabe. Wenn wir Gott bei seinem Wort<br />
nehmen, sollten wir uns vielmehr überlegen, was mit<br />
all jenen passiert, denen wir nicht das Evangelium<br />
bringen. Liebe sollte uns bewegen, wenn wir die Tatsache<br />
betrachten, dass sie eine Ewigkeit in der Hölle<br />
verbringen werden. Dann spielt es nicht länger eine<br />
Rolle, ob du die Gabe hast; du wirst versuchen diese<br />
Menschen vor ewiger Verdammnis zu erretten, wie<br />
du ihr auch selbst entkommen möchtest. Natürlich<br />
kämpfen wir alle von Zeit zu Zeit mit Mangel an Liebe,<br />
Menschenfurcht oder schlichtweg Apathie, doch<br />
sollten wir in diesem Zustand nicht verharren. Gott<br />
gefällt es, durch unsere Verkündigung seines Wortes<br />
diejenigen zu retten, die glauben (1. Korinther 1,21;<br />
Römer 10,14-16). Auch das Argument, dass Frauen<br />
nicht dazu bestimmt sind, die Frohe Botschaft zu<br />
verkündigen, sehen wir in Johannes 20,18 wiederlegt,<br />
als Maria den auferstandenen Christus kundtut.<br />
Luther sagte einmal »Unser Nächster ist jeder<br />
Mensch, besonders der, der unsere Hilfe braucht«,<br />
und wer braucht unsere Hilfe mehr als (geistlich) tote<br />
Menschen auf dem Weg zur Hölle? Mögen wir denen<br />
Mitgefühl und Liebe zeigen, deren Augen die Herrlichkeit<br />
Gottes nicht sehen können, die noch Sklaven<br />
ihrer Sünden sind und ihren Trost in den Dingen<br />
dieser Welt suchen, anstatt in dem Schöpfer aller<br />
Dinge, nichtwissend, dass sie alles verlieren, wenn<br />
ihre Seele Schaden nimmt (Matthäus 16,26).<br />
Dies ist der Charakter, den eine gottesfürchtige<br />
Frau besitzen sollte: ihre Augen auf Dinge gerichtet,<br />
die für alle Ewigkeit von Bedeutung sein werden, inspiriert<br />
und motiviert von Gottes Liebe zu uns. Alles<br />
beginnt mit der Liebe Gottes und wenn wir in Ihm<br />
bleiben, werden wir viel Frucht bringen: Liebe, Freude,<br />
Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue,<br />
Sanftmut, Selbstbeherrschung (Galater 5,22), welche<br />
eine Frau Gottes kennzeichnen sollte.<br />
Susanne Wrobel (*1989) ist derzeit Studentin an der<br />
Universität in Heidelberg. Sie schreibt auch regelmäßig auf<br />
Twitter: @Susanne_Wrobel<br />
31
DAS INTERVIEW<br />
Plaudereien zwischen<br />
Kanzel & Studierzimmer<br />
»Das Problem ist, dass viele<br />
Gemeinden nicht standhaft<br />
in der Lehre bleiben. Wenn sie<br />
etwas predigen, was den Leuten<br />
nicht gefällt, meinen sie,<br />
dass sie etwas Falsches predigen.<br />
Paulus sagte in Korinth,<br />
dass er sich vorgenommen<br />
hatte, nichts anderes unter<br />
ihnen zu wissen als nur Jesus,<br />
und ihn als gekreuzigt.«
MEINE (BEI BRAUNSCHWEIG)<br />
Tim<br />
Kelly<br />
Interview von Peter Voth<br />
Tim Kelly ist nicht der typische Missionar aus dem Bilderbuch.<br />
Sein Missionsziel: Deutschland. Seine Leidenschaft: Die Auslegungspredigt<br />
und biblische Lehre. Damit erfüllt er nicht die<br />
Klischees, die wir über Mission im Kopf haben, dafür aber viele<br />
biblische Prinzipien von Paulus und <strong>Timotheus</strong>. Tim Kelly über<br />
seine Bekehrung, Mission und Gemeindegründung.<br />
© Fotos von Patrick Böttger 33
Hallo Tim. Viele unserer Leser werden<br />
dich vielleicht nicht so gut kennen.<br />
Könntest du dich vorstellen und etwas<br />
über deinen Hintergrund erzählen?<br />
Ich bin in einer christlichen Familie groß geworden,<br />
bei den Südlichen Baptisten in Arkansas (Anm. d.<br />
Red.: Die »Southern Baptist Convention« ist die<br />
größte protestantische Gruppierung der USA). Das<br />
war mitten im sogenannten »Bible Belt« (Anm. d.<br />
Red.: Ein großes Gebiet im Süden der USA, in dem<br />
evangelikale Christen prägender Bestandteil der<br />
Kultur sind). Ich habe schon ziemlich früh an Jesus<br />
geglaubt. Ich kann mich zumindest nicht an eine Zeit<br />
erinnern, in der ich nicht an Jesus und an die Bibel<br />
als Wort Gottes geglaubt habe. Aber ich kam erst später<br />
beim Militär im Alter von 18 Jahren tatsächlich<br />
zum rettenden Glauben.<br />
Was war der entscheidende Punkt für deine Bekehrung?<br />
Gab es da ein bestimmtes Ereignis?<br />
Ich hatte schon die ganze Zeit ein schlechtes Gewissen.<br />
Ich wusste, dass meine Art zu leben falsch war.<br />
An einem Abend hatte ich ein Gespräch mit einem<br />
Bruder im Herrn, der die gleiche Geschichte wie ich<br />
hatte. Nach diesem Gespräch bin ich zurück auf meine<br />
Stube gegangen und habe die Bibel aufgeschlagen.<br />
Ich kam auf das Buch »Prediger« und fing an zu<br />
lesen. Alles, was Salomo hatte, wollte ich im Leben<br />
haben, und letztlich hat Salomo es als ein »Haschen<br />
nach Wind« bezeichnet. Da wurde mir klar, dass<br />
das Leben ohne Gott wirklich keinen Sinn ergibt.<br />
An dem Abend bin ich auf die Knie gegangen und<br />
habe zu Gott gebetet: »Herr, ich möchte eine wahre<br />
Beziehung zu dir haben. Ich möchte nicht nur die<br />
Kirchenbank warm halten. Ich gebe dir alles, was ich<br />
bin und ich möchte alles, was du bist, haben.« Von<br />
dem Abend an war das »Wollen« zum ersten Mal in<br />
meinem Leben vorhanden. Ich wollte Gott gefallen.<br />
Ich denke, dass war der Zeitpunkt, wo ich tatsächlich<br />
wiedergeboren wurde.<br />
Wann bist du dann beim Militär ausgeschieden?<br />
Ich war drei Jahre später mit dem Militär fertig. Zum<br />
Zeitpunkt meiner Bekehrung war ich bereits ein Jahr<br />
beim Militär und in einer Jagdflieger-Gruppe. Wir<br />
waren überall in der Welt stationiert. Ich war während<br />
dieser Zeit in Japan, auf den Philippinen und<br />
in Korea. Als ich in Japan war, habe ich besonders<br />
deutlich den dortigen Götzendienst gesehen. Wie<br />
Menschen wirklich in der Finsternis leben und in<br />
großer Ehrfurcht und Disziplin Figuren und Götzen<br />
anbeten. Das hat mir wirklich wehgetan. Bereits zu<br />
dieser Zeit entwickelte ich den Wunsch, Missionar<br />
zu werden.<br />
Würdest du sagen, dass es gut war, direkt am<br />
Anfang deines Glaubens beim Militär gewesen zu<br />
sein? Es gibt ja dieses Klischee, dass es für Christen<br />
beim Militär besonders schwierig ist.<br />
Es gab großen Gegenwind. Das ist eine gute Voraussetzung<br />
für schnelles Wachstum (lacht). Der Herr hat<br />
unterschiedliche Wege mit seinen Auserwählten. Ich<br />
bin mir sicher, dass Gott diese schwierigen Umstände<br />
genutzt hat, um mich zu formen. Da geht es<br />
wirklich um das Prinzip »Geh unter oder schwimm«.<br />
Es gibt da keine Grauzonen. Du kannst in diesen<br />
Umständen nicht heuchlerisch leben. In diesem Fall<br />
würden die dich »auffressen«. Du hast keine Möglichkeit,<br />
deinen Glauben halbherzig zu leben.<br />
Bist du dann direkt nach dem Militär zur Bibelschule<br />
gegangen?<br />
Ja genau. Nach den vier Jahren beim Militär bin<br />
ich dann zum Moody Bible Institute nach Chicago<br />
gegangen. Ich habe in dieser Zeit sehr stark gespürt,<br />
dass Gott mich im vollzeitlichen Dienst als Missionar<br />
haben wollte. Diese Berufung wurde von vielen<br />
Außenstehenden und Wegbegleitern erkannt und<br />
bestätigt. Eigentlich wollte ich ein Missionar unter<br />
Stämmen im Dschungel werden. Als ich letztlich<br />
auf der Bibelschule war, habe ich gemerkt, dass<br />
besonders in islamischen Ländern das Evangelium<br />
gebraucht wird. Dann war eher diese Kultur mein<br />
Ziel. Der Herr hat meine Pläne und Wünsche jedoch<br />
immer wieder umgeworfen. Als ich letztendlich zwei<br />
Jahre Missionar auf den Philippinen war, führten unsere<br />
Wege nach Deutschland, um hier eine Gemeinde<br />
zu gründen.<br />
Wie bist du konkret auf Deutschland gekommen?<br />
Nach der Bibelschule habe ich zunächst in einer<br />
Ortsgemeinde im Raum Chicago gedient. Ich habe<br />
vorher noch am Wheaton College Anthropologie<br />
und Soziologie studiert, weil man z.B. in islamischen<br />
Ländern nicht als christlicher Theologe oder »Missionar«<br />
arbeiten oder einreisen kann. Da habe ich mir<br />
gedacht, dass es besser wäre, etwas »Weltliches« zu<br />
studieren, um in diesen Ländern auch einen anderen<br />
Abschluss vorweisen zu können. Auf jeden Fall waren<br />
wir zu dieser Zeit in einer Ortsgemeinde namens<br />
»Grace Church of DuPage«. Diese Gemeinde ist<br />
vergleichbar mit der »Grace Community Church« in<br />
Los Angeles von Pastor John MacArthur. Wir sind<br />
in DuPage geblieben, in der Hoffnung, dass wir von<br />
dieser Gemeinde ausgesandt werden. Ich wusste,<br />
dass ich erst dann missionieren werde, wenn ich von<br />
einer Ortsgemeinde ausgesendet werde. Bis es soweit<br />
war, habe ich ganz normal gearbeitet. Hauptsächlich<br />
habe ich Häuser gebaut. Die Gemeinde hat meine<br />
Begabung und meinen Ruf bestätigt und sie wollten<br />
mich auch aussenden. Als ich schließlich auf den<br />
Philippinen war, entdeckte ich, dass ich ein Herz für<br />
Deutschland hatte. Meine Frau, die aus Deutschland<br />
kommt, hat elf Geschwister und einige gingen nicht<br />
mit dem Herrn. Als wir zu Besuch in Deutschland<br />
waren, merkten wir, dass in dieser Gegend (Anm.<br />
d. Red.: Meine – zwischen Wolfsburg und Braunschweig)<br />
Bedarf an biblischen Gemeinden herrschte.<br />
Überhaupt kann man sagen, dass in Deutschland die<br />
Souveränität Gottes, biblische Ältestenschaft und<br />
Auslegungspredigt nur noch sehr selten verkündigt<br />
oder praktiziert werden. Der Herr hat uns wirklich<br />
34
umgestimmt, denn vorher wollten weder meine Frau<br />
noch ich nach Deutschland gehen (lacht). Aber letztlich<br />
haben wir gesehen, dass Deutschland wirklich<br />
ein Missionsfeld ist. Das hatte ich vorher nie wahrgenommen.<br />
Deine Frau hast du in Amerika kennengelernt?<br />
Ja, sie hat auch beim Moody Bible Institute studiert.<br />
Sie kam aus Deutschland in die USA, um zu studieren.<br />
Wann bist du zu den Lehren der Gnade 1 gekommen?<br />
Schon mit 18. Gleich nachdem ich zum Glauben<br />
gekommen bin und die Bibel studierte, habe ich die<br />
Gnadenlehre überall in der Schrift gesehen. Ehe ich<br />
in die Bibelschule ging, war das schon meine feste<br />
Überzeugung.<br />
Seit wann bist du jetzt schon in Deutschland?<br />
Seit Juni 1997. Also schon seit bald 20 Jahren.<br />
Du bist ja schon sehr viel in der Welt herumgekommen.<br />
Hält es dich bis zum Ende deines Lebens<br />
in Deutschland?<br />
Ich kann mir vorstellen, den Rest meines Lebens<br />
hier zu verbringen. Meine Frau ist ja Deutsche. Also<br />
bin ich in der Hinsicht hier kein fremder Missionar<br />
(lacht). Wir haben uns sehr gut eingelebt und wenn<br />
ich schon dabei bin, 19 Jahre die deutsche Sprache zu<br />
lernen, sehe ich das schon als guten Grund, hier zu<br />
1 Anm. d. Red.: Auch bekannt unter den so genannten »5 Punkten<br />
des Calvinismus«.<br />
bleiben und zu dienen. In Amerika gibt es viele, die<br />
das Wort gut verkündigen, aber hier in Deutschland<br />
sind es leider nur wenige, die die Schrift tatsächlich<br />
auslegen.<br />
Wie lief die Gemeindegründung in Deutschland?<br />
Unser Haus ist in einem kleinen Dorf in der Nähe<br />
von Meine. Die Gemeinde wurde in unserem Haus<br />
gegründet. 13 Jahre lang traf sich die Gemeinde bei<br />
uns zu Hause. Bis wir mit Kindern jeden Sonntag<br />
ungefähr 120 Leute waren. Die ganze Straße im Dorf<br />
war zugeparkt, aber die Nachbarn haben sich nicht<br />
beschwert. Es war eine weise Entscheidung, die<br />
Gemeinde in Meine zu gründen, weil es mitten im<br />
Dreieck zwischen Braunschweig, Gifhorn und Wolfsburg<br />
liegt. Die Mitglieder kommen alle aus diesem<br />
Einzugsgebiet und manche noch von viel weiter her.<br />
Seit 2011 seid ihr in einem eigenen Gebäude. Wie<br />
kam das zustande?<br />
Wir haben drei Jahre lang als Gemeinde an dem<br />
Gebäude gebaut und es auch selbst finanziert. Wir<br />
haben dafür keine Kredite oder Schulden aufgenommen.<br />
Wir sind der Überzeugung, dass Gott uns alles<br />
zur Verfügung stellt, was wir brauchen, und so war es<br />
auch beim Bau. Wir haben immer in Phasen gebaut<br />
und wenn die Mittel da waren, haben wir so lange<br />
gebaut, wie es entsprechend ausgereicht hat. Als das<br />
Geld für die Grundstücke da war, haben wir zunächst<br />
die Grundstücke gekauft. Sobald genug Geld<br />
für den Rohbau da war, haben wir den Rohbau hergestellt<br />
usw. Das Geld war immer zeitig da und wir<br />
haben keinen Mangel gelitten. Schon Spurgeon und<br />
Moody haben nach dem gleichen Prinzip gehandelt.<br />
35
Was macht eure Gemeinde aus?<br />
Die Auslegungspredigt ist für uns ein großer Segen<br />
und sie macht uns auch aus. Das führt zu Einheit.<br />
Viele kommen z.B. aus der Landeskirche und manche<br />
aus russlanddeutschen Gemeinden. Eine bunte<br />
Mischung also. Wir gehören ja keiner bestimmten<br />
Denomination oder einem Bund an. Wir heißen<br />
bewusst nur »Bibelgemeinde Meine«. Äußerlich<br />
haben wir nichts, was uns erstmal zusammenhält,<br />
aber durch die Auslegungspredigt kann mit der Zeit<br />
eine große Einheit in Theologie und Gemeindeleben<br />
hergestellt werden. Die drei Hauptmerkmale unserer<br />
Gemeinde sind 1. die Betonung der Souveränität<br />
Gottes in der Errettung. Wir schämen uns nicht für<br />
die Rolle des Vaters in der Errettung, 2. betonen wir<br />
sehr stark, dass die Gemeinde von biblisch qualifizierten<br />
Ältesten geleitet und geführt werden muss<br />
und 3. die Auslegungspredigt. Natürlich praktizieren<br />
wir auch Gemeindezucht nach biblischem Vorbild.<br />
Ich denke, dass in der heutigen Zeit viele Gemeinden<br />
diese vier Punkte aus den Augen verloren haben.<br />
Viele Gemeinden folgen heute ja dem »seeker<br />
sensitive« 1 Gedanken und der Fokus liegt eher auf<br />
Gemeindewachstum um jeden Preis als auf biblischer<br />
Lehre.<br />
Genau. Wir betonen dagegen sehr stark, was im 1.<br />
und 2. <strong>Timotheus</strong>brief steht. Paulus fordert <strong>Timotheus</strong><br />
dort auf, das anvertraute Gut zu bewahren.<br />
Auch in den beiden Petrusbriefen sieht man, dass<br />
der Fokus auf der Reinheit der Gemeinde in Lehre<br />
1 Anm. d. Red.: »seeker sensitive« bezeichnet eine Gemeindeausrichtung,<br />
die eher auf ungläubige als gläubige Besucher<br />
zugeschnitten ist. Das Ziel ist ein größtmögliches Wachstum der<br />
Gemeinde. In den meisten Fällen geht dieser Pragmatismus auf<br />
Kosten der biblischen Lehre.<br />
und Wandel liegt. Das ist auch unser Fokus. Von<br />
Marketingmethoden usw. halten wir gar nichts. Unsere<br />
Gemeinde ist daher insgesamt langsam, stetig<br />
und gesund gewachsen.<br />
Was war in deinen fast 20 Jahren in Deutschland<br />
dein größter Segen und was dein größter Kampf<br />
in Gemeindegründung und Gemeindeleben? Wo<br />
siehst du die großen Vor- und Nachteile?<br />
Der größte Kampf war wahrscheinlich die Einheit<br />
der Gemeinde am Anfang zu erreichen und später<br />
zu erhalten. Durch einen Mitgliederkurs, ein klares<br />
Glaubensbekenntnis und Auslegungspredigten ist es<br />
uns auch gelungen, eine Gemeinde zu gründen, die<br />
einig in der Lehre ist. Außerdem war es eine große<br />
Herausforderung, als Amerikaner die deutsche Kultur<br />
lieb zu gewinnen und auch die deutsche Sprache<br />
zu lernen (lacht). Manchmal habe ich gedacht, dass<br />
ich die deutsche Sprache nie lernen werde. Aber wir<br />
waren kaum zwei Monate hier in Deutschland, als<br />
ich anfing jeden Sonntag auf Deutsch zu predigen. Es<br />
war kein schönes Deutsch (lacht). Ich habe große Abschnitte<br />
der Bibel vorgelesen und einen Kommentar<br />
dazu gegeben. Aber trotz des Mangels an Deutschkenntnissen<br />
wirkte Gott in dem Leben der Anwesenden,<br />
sodass einige zum Glauben kamen und einige<br />
Gläubige für ihre Sünden Buße getan haben. Gott<br />
konnte diese ärmlichen Bemühungen gebrauchen.<br />
Die Kraft des vorgelesenen Wortes Gottes hatte eine<br />
große, verändernde Kraft.<br />
Wie beurteilst du das Christentum in Deutschland<br />
heute?<br />
Viele Gemeinden sind durch die charismatische<br />
Bewegung oder die »seeker sensitive« Gemeinden<br />
wie Saddleback oder Willow Creek geprägt worden.<br />
36
Ich beobachte, dass sie das anvertraute Gut nicht<br />
bewahren. Sie missachten die Worte von Paulus, der<br />
sagte, dass viele die Ohren von der Wahrheit abwenden<br />
werden. Sie werden Prediger suchen, die das<br />
sagen, was ihre Ohren kitzelt. Das Problem ist, dass<br />
viele Gemeinden nicht standhaft in der Lehre bleiben.<br />
Wenn sie etwas predigen, was den Leuten nicht<br />
gefällt, meinen sie, dass sie etwas Falsches predigen.<br />
Das geht auf Kosten der Wahrheit. Paulus sagte in<br />
Korinth – und die Gemeinde zu Korinth war vielen<br />
Gemeinden hier in Deutschland sehr ähnlich – dass<br />
er sich vorgenommen hatte, nichts anderes unter<br />
ihnen zu wissen als nur Jesus, und ihn als gekreuzigt.<br />
Er hatte ihnen gesagt, dass das Wort vom Kreuz den<br />
Juden ein Ärgernis, den Heiden eine Torheit, aber<br />
den Berufenen Gottes Weisheit und Gottes Kraft ist.<br />
Diesen Entwicklungen möchten wir entgegenwirken.<br />
Wir sind einfach der Überzeugung, dass wir<br />
weitere Gemeinden gründen müssen. Wir betreuen<br />
zur Zeit zwei Gemeindegründungen und eine dritte<br />
steht noch an, die hoffentlich 2017 realisiert wird.<br />
Somit bin ich jetzt Ältester in drei Ortsgemeinden.<br />
Daher werde ich auch dieses Jahr meine Lehrtätigkeit<br />
– die ich seit mehr als zehn Jahren beim EBTC<br />
ausgeübt habe – aufgeben. Dort habe ich Hermeneutik<br />
und Auslegungspredigt unterrichtet. Ich brauche<br />
mehr Zeit, um mich auf Gemeindegründung zu<br />
konzentrieren.<br />
Vor ca. 10 Jahren ist ein Buch von dir erschienen,<br />
»Auserwählt und eins gemacht«. Das Buch hat<br />
auch mir sehr in meinem Wandel weitergeholfen.<br />
Wie ist es zu diesem Buchprojekt gekommen?<br />
Man weiß nie, wie lange man lebt. Daher wollte ich<br />
etwas für meine Familie hinterlassen. Ich wollte sicherstellen,<br />
dass sie wissen, was ich glaube. Ich habe<br />
es also in erster Linie für meine Kinder geschrieben.<br />
Aber ich wusste auch, dass es viele Christen gibt, die<br />
es interessieren könnte und für die dieses Thema<br />
relevant ist. Ich wollte zeigen, dass die Lehre von der<br />
Auserwählung ein großer Faktor für Einheit ist. Ich<br />
wollte nicht polemisch schreiben und auch keine<br />
Kirchenväter zitieren, sondern wirklich hermeneutisch<br />
an dieses Thema herangehen. Viele sagen, dass<br />
diese Gemeinden spaltet, aber Paulus setzte sie im<br />
Gegenteil als Mittel zur Einheit ein. Wenn ich das<br />
Buch noch einmal herausbringen würde, würde ich<br />
es jedoch »Das Band des Friedens« nennen, weil<br />
Paulus in Epheser 4 die sieben Stichpunkte erwähnt,<br />
die das Band des Friedens definieren, auf die<br />
ich auch im Buch ausführlich eingehe. Außerdem<br />
schreibe ich derzeit an einem zweiten Buch mit dem<br />
Titel »Die Lehre der Apostel«. Das sind somit auch<br />
unsere Pläne für die Zukunft: Als Gemeinde mehr<br />
Gemeinden zu gründen, und ich persönlich werde<br />
mich mehr dem Bücherschreiben widmen.<br />
Zum Abschluss noch unsere Fragen, die wir jedem<br />
unserer Interview-Partner stellen. Welcher<br />
biblischen Person würdest du gerne welche Frage<br />
stellen?<br />
Also wenn ich ein Gespräch mit einer biblischen<br />
Person führen könnte, dann wäre es natürlich Jesus<br />
(lacht). Aber ich glaube, dass die Schrift so klar ist,<br />
dass es eigentlich keine offenen Fragen mehr für<br />
mich gibt. Ganz ehrlich, ich bin an einen Punkt<br />
gekommen, wo ich keine Fragen mehr an die Bibel<br />
habe. Aber wenn ich ein Gespräch führen dürfte,<br />
dann wäre es sicherlich mit Jesus.<br />
Die schwierigste Bibelstelle?<br />
Das Hohelied war für mich am schwierigsten. Mittlerweile<br />
aber nicht mehr (lacht). Ich glaube das Buch<br />
mittlerweile verstanden zu haben.<br />
Was ist deine bevorzugte Bibelübersetzung?<br />
Ich bevorzuge die revidierte Elberfelder Übersetzung.<br />
Mit welcher Person der Bibel kannst du dich am<br />
ehesten identifizieren?<br />
Hm. Meine Lieblingsperson – abgesehen von Jesus<br />
– wäre Henoch. Aber ich kann natürlich nicht sagen,<br />
dass ich seine Reife erreicht hätte. Das war immer<br />
meine Lieblingsperson neben Jesus. Ansonsten würde<br />
ich <strong>Timotheus</strong> sagen.<br />
Welche Person der Kirchengeschichte würdest du<br />
gerne einmal treffen?<br />
Das ist eine gute Frage. Da gibt es so viele. Tertullian<br />
habe ich immer gern gehabt.<br />
Was war das letzte Buch, das du gelesen hast?<br />
Ich lese häufig fast nur die Bibel. Ansonsten wäre<br />
»Demut« von Wayne Mack zu nennen.<br />
Welches Buch wolltest du schon immer einmal<br />
lesen?<br />
Die Institutio von Calvin. Ich habe eine gekürzte<br />
Fassung davon gelesen, würde aber gerne auch mal<br />
die komplette Version lesen.<br />
Was bedeutet für dich der Begriff »Reformation«?<br />
Wiederentdeckung der Wahrheit.<br />
Was ist für dich das beste Zitat?<br />
Luthers Zitat: »Ich kann nicht verhindern, dass Vögel<br />
über meinem Kopf fliegen, aber ich kann wohl verhindern,<br />
dass sie auf meinem Kopf ein Nest bauen.«<br />
Was bedeutet Jesus für dich?<br />
Alles.<br />
Das Interview wurde am 13. Februar 2016<br />
per Telefon geführt.<br />
37
DAS INTERVIEW<br />
Plaudereien zwischen<br />
Kanzel & Studierzimmer<br />
»Ich treffe immer wieder junge<br />
Christen, die Gottes Wort<br />
lieben und einen Hunger auf<br />
Auslegungspredigten haben.<br />
Junge Christen, die an der<br />
Souveränität Gottes festhalten<br />
und die sich leidenschaftlich<br />
dafür einsetzen, dass<br />
das Evangelium gefördert<br />
wird und vor allem, dass es<br />
Anwendung in allen Lebensbereichen<br />
findet.«
LÖRRACH<br />
Gary<br />
Cousins<br />
Interview von Peter Voth<br />
Gary ist ein Nordire, der der Gemeinde Gottes schon in der<br />
Schweiz, Irland, Deutschland und anderen Teilen der Welt<br />
gedient hat. Seit Anfang 2016 arbeitet er mit Acts 29 Europe daran,<br />
Gemeinden in Europa zu gründen und zu bauen. Wir haben mit<br />
Gary über seine Geschichte und Motivation gesprochen. Er ist<br />
einer von vielen Arbeitern im Hintergrund, deren Wirken im<br />
Reich Gottes oft unbekannt und doch so wichtig ist.<br />
Viele unserer Leser werden dich wahrscheinlich<br />
nicht kennen. Woher<br />
kommst du? Kannst du uns etwas zu<br />
deinem Hintergrund erzählen?<br />
Ich komme aus der Nähe von Belfast in Nordirland<br />
und bin seit 16 Jahren mit Claudia verheiratet. Wir<br />
haben zwei Jungs, Joel (14) und David (12). Wir wohnen<br />
seit fast 9 Jahren im schönen Dreiländereck, in<br />
Binzen (Landkreis Lörrach).<br />
Wie bist du mit dem christlichen Glauben in<br />
Berührung gekommen? Bist du christlich aufgewachsen?<br />
Meine Eltern waren nicht gläubig, aber meine Mutter<br />
hat uns zu den kirchlichen Feiertagen in die Kirche<br />
mitgenommen, z.B. an Ostern, Erntedankfest oder<br />
Weihnachten. Sie wollte uns die Gelegenheit geben,<br />
uns einen eigenen Eindruck vom Christentum zu<br />
verschaffen. Als ich sieben Jahre alt war, besuchte<br />
ich eine Ferien-Kinderwoche der KEB in Irland<br />
(Anm. d. Red.: Kinder-Evangelisations-Bewegung).<br />
Dort wurde das Evangelium mit Hilfe des Wortlosen<br />
Buches verkündigt (Anm. d. Red.: Das Wortlose Buch<br />
ist ein Mittel, Kindern das Evangelium nahezubringen.<br />
In dem Buch sind keine Worte, sondern nur<br />
farbige Seiten. Jede Farbe hat eine Bedeutung z.B.<br />
Gold=Gott). Am letzten Abend habe ich begriffen,<br />
was ich tun muss, um gerettet zu werden und habe<br />
die Einladung, mit Jesus zu gehen, angenommen.<br />
Als ich vierzehn Jahre alt war, ist mein Vater durch<br />
eine Evangelisation in einer Baptistengemeinde zum<br />
Glauben gekommen. Ab dem Zeitpunkt besuchten<br />
wir regelmäßig Gottesdienste.<br />
Schön zu hören. Wie kann man sich das Christentum<br />
in Nordirland vorstellen? Gibt es dort viele<br />
evangelikale Christen?<br />
Es gibt sehr viele Gemeinden, die das Evangelium<br />
verkündigen und viel Wert auf Auslegungspredigten<br />
legen. Allerdings machen viele historische<br />
Gemeinden, die in den 50er, 60er, 70er Jahren voll<br />
waren, dicht, oder haben heute nur noch sehr wenige<br />
Besucher. Das ist vor allem in den Großstädten der<br />
Fall. Aber die gute alte Tradition des Sonntagmor-<br />
39
gen-Gottesdienstes ist nach wie vor weit verbreitet.<br />
Vor allem in der Landeskirche (Church of Ireland),<br />
bei den Presbyterianern, den Methodisten und den<br />
Baptisten, welche auch die größten vier Denominationen<br />
darstellen. Da ich die letzten Jahre im Ausland<br />
gelebt habe, bin ich allerdings nicht mehr so am Puls<br />
der Gemeinden wie früher.<br />
Wann und wie bist du zu dem Entschluss gekommen,<br />
Theologie zu studieren und in den vollzeitlichen<br />
Dienst zu gehen?<br />
Als junger Teenager wurde ich durch Missionsberichte<br />
so sehr angesprochen, dass es für mich klar<br />
war, irgendwann Missionar zu werden. Ich betete<br />
regelmäßig für Mission und habe dazu einen Gebetskalender<br />
genutzt. Einmal las ich ein Anliegen<br />
der KEB, in dem es hieß »Betet für einen Mitarbeiter<br />
in unserer Missionsdruckerei in der Schweiz, der<br />
Platten und Montagearbeiten machen kann«. Zu der<br />
Zeit habe ich in Irland in einer Druckerei gearbeitet.<br />
Daher habe ich mich verpflichtet gefühlt, dafür<br />
zu beten. Nicht, weil ich hingehen wollte, sondern<br />
einfach weil ich vom Fach war und mit der Materie<br />
vertraut war. Aber im täglichen Gebet wurde mir<br />
bewusst, dass diese offene Arbeitsstelle wie auf mich<br />
zugeschnitten war. Ich war jedoch erst achtzehn<br />
Jahre alt. Trotzdem habe ich ein Gespräch mit dem<br />
damaligen Europaleiter der KEB vereinbart und<br />
ihm meine Geschichte und Gedanken geschildert.<br />
Daraufhin war auch er überzeugt, dass Gott mich für<br />
diese Arbeit berufen hatte. Es war nicht einfach, eine<br />
Arbeitsbewilligung zu bekommen, aber Gott hat die<br />
Tür trotzdem aufgemacht und mit neunzehn Jahren<br />
konnte ich als KEB-Missionar ausreisen und 4 Jahre<br />
in der Druckerei arbeiten.<br />
Ich konnte zu der Zeit kein Wort Deutsch und<br />
obwohl es in der Nähe eine internationale Gemeinde<br />
gab, habe ich mich entschieden, mich völlig in die<br />
Kultur zu integrieren und mich einem kleinen Gemeindegründungsprojekt<br />
im Tal, in dem ich wohnte<br />
(Kanton Solothurn), anzuschließen.<br />
Für mich als Nordire war es erstmal ein Schock<br />
zu realisieren, dass wir 15-20 Menschen der Gemeinde<br />
waren, wahrscheinlich die einzigen in diesem Tal.<br />
Es gab im Umkreis von 20 Minuten Fahrtweg auch<br />
keine andere Gemeinde. Nach 2 Jahren konnte ich<br />
dann endlich auf Schweizerdeutsch Jugendstunden<br />
halten. Der Gemeindegründer hat mich immer<br />
mehr eingebunden und ermutigt. Eines Tages sagte<br />
er: »Gary, ich glaube Gott hat etwas anderes mit<br />
dir vor. Es wäre gut, sich darauf vorzubereiten und<br />
eine Bibelschule zu besuchen«. Durch die Arbeit an<br />
der KEB-Europazentrale habe ich viele ehemaligen<br />
Bibelschüler kennengelernt. Dabei habe ich festgestellt,<br />
dass die Absolventen der Bibelschule Brake<br />
besonders vorbildlich waren. Ich habe mir auch Rat<br />
von älteren Geschwistern eingeholt.<br />
Also bist du in Brake zur Bibelschule gegangen?<br />
Ja. Nach dem Bewerbungsgespräch war ich überrascht,<br />
dass sie mich überhaupt angenommen haben.<br />
Ich wusste nicht, ob mein Hochdeutsch (mit starken<br />
Schweizerakzent) gut genug für ein dreijähriges vollzeitliches<br />
Theologiestudium war.<br />
Gott war treu und hat mir in dieser Zeit sowohl<br />
sprachliche als auch inhaltliche Befähigung zum<br />
Studium gegeben. Im dritten Jahr durfte ich sogar<br />
als Schulsprecher dienen. Im ersten Semester wurde<br />
ich zum Klassensprecher gewählt und Claudia, die<br />
später meine Frau werden sollte, wurde zur Klassensprecherin<br />
gewählt!<br />
Ein sehr interessanter Weg. War für dich seit dieser<br />
Zeit klar, dass du im deutschsprachigen Bereich<br />
dienen wolltest?<br />
Nein, ich wollte Gemeindegründer in der Republik<br />
Irland werden. Fünf Wochen nach unserem<br />
Abschluss haben wir in Neumünster – Claudias<br />
Heimat – geheiratet. Wir hatten vor, für ein Jahr<br />
nach Amsterdam zu gehen, wo ich meinen Master<br />
machen wollte.<br />
Da wir jedoch keine Wohnung gefunden haben,<br />
schauten wir, ob sich in Irland eine Studienmöglichkeit<br />
ergeben würde. Gott hat uns auf viele<br />
wunderbare Wege klar gemacht, dass wir zurück in<br />
meine Heimat gehen sollten. Schließlich habe ich ein<br />
Jahr am Irish Baptist College mit dem Schwerpunkt<br />
»Pastoral Studies« studiert. In der Zeit versuchte ich<br />
auch etwas Erfahrung im Predigtdienst zu sammeln,<br />
aber da ich vorher einige Jahre im Ausland gelebt<br />
hatte und ich unbekannt war, wollten mich viele<br />
nicht auf die Kanzel lassen. Dann habe ich Kontakt<br />
mit einer kleinen Baptistengemeinde in einem sozial<br />
schwachen Gebiet mit hoher Kriminalität aufgenommen.<br />
Sie hatten gerade eine schwere Zeit durchgemacht<br />
und ihr Pastor hatte gekündigt. Sie waren<br />
dankbar, dass ich bereit war für die regelmäßige Predigt<br />
einzuspringen und die Bibelarbeit zu machen.<br />
Nach einer gewissen Zeit wurde ich dann offiziell der<br />
Pastor dieser kleinen Gemeinde. So durfte ich dieser<br />
Gemeinde drei Jahre lang im Wideraufbau helfen.<br />
Danach wechselte ich zu einer der größten Baptistengemeinden<br />
in Irland als Assistenzpastor. Aber in<br />
dieser Zeit wurden wir unruhig, obwohl wir glücklich<br />
waren, und die Arbeit gewachsen ist. Wir wollten<br />
wieder ins Ausland gehen. Wir fragten uns, wie wir<br />
unsere Deutschkenntnisse anwenden konnten. Da<br />
wir inzwischen zwei Jungs bekommen hatten, war<br />
uns bewusst, dass wir uns schon bald für einen<br />
festen Wohnort entscheiden mussten. Ich hatte ein<br />
Verlangen, Mitarbeiter und Leiter für den Dienst<br />
zu schulen. Dann wurden wir durch eine konkrete<br />
Anfrage der KEB Europazentrale überrascht, in die<br />
Schweiz umzuziehen, um von dort aus den Arbeitsbereich<br />
»Teens!aktiv« zu leiten. Da die Zentrale 30<br />
Minuten von der deutschen Grenze entfernt ist, haben<br />
wir uns entschieden in Deutschland zu wohnen.<br />
In den 9 Jahren bei der KEB hatte ich unglaubliche<br />
Dienstmöglichkeiten, Hunderte von Leitern und<br />
Mitarbeitern in 15 Ländern zu schulen – vorwiegend<br />
in Europa, aber auch in Zentralasien, Korea und einige<br />
Male in den USA sowie in regelmäßigen Kursen<br />
40
in der Europazentrale in der Schweiz. In den letzten<br />
zwei Jahren hatte ich das Vorrecht, KEB International<br />
zu helfen, eine Landesleiterschulung zu entwickeln<br />
und durchzuführen.<br />
Machen wir einen kleinen Zeitsprung. Seit Anfang<br />
2016 arbeitest du bei Acts 29 Europe, einem weltweiten<br />
Gemeindegründungs-Netzwerk. Was sind<br />
deine konkreten Aufgaben dort?<br />
Anfang Januar bin ich in das Leitungsteam von Acts<br />
29 Europe gekommen und habe dort die neue Stelle<br />
als Assessment und Training Koordinator übernommen.<br />
Wir wollen Gemeinden und Gemeindegrüdern<br />
in Europa helfen, dass neue Gemeinden entstehen.<br />
Wir tun dies vor allem durch folgende vier Bereiche,<br />
zusammengefasst mit dem Akronym A.C.T.S.<br />
= Assessment, Coaching, Training und Support. Ich<br />
betreue die Bewerber, während sie durch mehrere<br />
Onlinefragebögen in verschiedenen Bereichen beurteilt<br />
werden, welche für einen erfolgreichen Gemeindegründer<br />
von großer Bedeutung sind. Zusätzlich<br />
habe ich die Aufgabe, unsere Trainingsangebote in<br />
Europa zu koordinieren.<br />
Vielen Dank für deine ausführlichen Einblicke in<br />
Dienst und Leben. Wie siehst du den Zustand des<br />
Christentums in Europa?<br />
Man kann diese Frage entweder sehr pessimistisch<br />
oder sehr optimistisch beantworten. Einerseits gibt<br />
es viele Bewegungen, die ein falsches Evangelium<br />
verbreiten und die Autorität und Klarheit des<br />
Wortes Gottes in Frage stellen. Viele Europäer sind<br />
nicht mehr christlich geprägt und haben gar keine<br />
Vorstellung, was Christen glauben. In den Augen<br />
der Durchschnittseuropäer hat der christliche<br />
Glauben keine Relevanz für ihr Leben. Andererseits<br />
bin ich ermutigt, wie schnell die »Young, Restless<br />
and Reformed« Bewegung wächst. Ich treffe immer<br />
wieder junge Christen, die Gottes Wort lieben und<br />
einen Hunger auf Auslegungspredigten haben. Junge<br />
Christen, die an der Souveränität Gottes festhalten<br />
und die sich leidenschaftlich dafür einsetzen, dass<br />
das Evangelium gefördert wird und vor allem, dass<br />
es Anwendung in allen Lebensbereichen findet. Ich<br />
bin sehr ermutigt durch die Arbeit von Acts 29 und<br />
anderen, dass Jesus in Europa seine Gemeinde baut.<br />
Diese Arbeit macht keine großen Schlagzeilen, aber<br />
Menschen hören das Evangelium, werden wiedergeboren<br />
und durch die Kraft Gottes völlig verändert.<br />
Soli deo gloria.<br />
Vielen Dank. Zum Abschluss stellen wir unseren<br />
Interview-Partnern immer zehn Fragen. Erstens:<br />
Welcher biblischen Person würdest du gerne welche<br />
Frage stellen?<br />
Ich würde Paulus einfach stundenlang zuhören<br />
wollen, wenn er spannende Geschichten von seinen<br />
Missionsreisen erzählt und wie die neutestamentliche<br />
Gemeinde entstand.<br />
Die schwierigste Bibelstelle?<br />
Sprüche 16,32. Herausfordernd und ernüchternd.<br />
Was ist deine bevorzugte Bibelübersetzung?<br />
Auf Englisch die ESV (English Standard Version) und<br />
auf Deutsch die Schlachter Übersetzung.<br />
Mit welcher Person der Bibel kannst du dich am<br />
ehesten identifizieren?<br />
Nehemia — Er hört auf Gott, sieht was gemacht werden<br />
muss, macht einen Plan, gibt die Vision weiter<br />
und findet Menschen, die mitarbeiten.<br />
Welche Person der Kirchengeschichte würdest du<br />
gerne einmal treffen?<br />
Spurgeon.<br />
Was war das letzte Buch, das du gelesen hast?<br />
»Hipster Christianity: When Church and Cool Collide«<br />
von Brett McCracken.<br />
Welches Buch wolltest du schon immer einmal<br />
lesen?<br />
Grudems Systematische Theologie von vorne bis<br />
hinten.<br />
Was bedeutet für dich der Begriff »Reformation«?<br />
Zurück zur Bibel.<br />
Bestes Zitat?<br />
Die Aussage von Kevin DeYoung in seinem Buch<br />
»Crazy Busy«: »Gott erwartet von uns, zu vielen<br />
guten Dingen ›nein‹ zu sagen, damit wir zu den besten<br />
Dingen, die er mit uns vorhat, ›ja‹ sagen.«<br />
Was bedeutet Jesus für dich?<br />
Ohne Ihn bin ich nichts. Ihm allein gehört alle Ehre!<br />
Das Interview wurde am 14. März 2016 über Skype<br />
geführt.<br />
41
NEUHEITEN & SONDERANGEBOTE<br />
JETZT ONLINE BESTELLEN: CBUCH.DE<br />
Auf zum<br />
Leben!<br />
GEOFFREY<br />
HOLDER<br />
EINE KOMPAKTE<br />
BIBELKUNDE<br />
FÜR ENTDECK-<br />
UNGSWILLIGE<br />
Eine super<br />
Einführung für<br />
junge Leute,<br />
Frischbekehrte und<br />
fortgeschrittene<br />
Christen: Entlang<br />
von Epheser<br />
2,1-10 erklärt der<br />
Schweizer Arzt Geoffrey Holder die Basics des<br />
Evangeliums und des neuen Lebens in Jesus. So<br />
wird Grundlegendes verständlich, die wichtigsten<br />
Zusammenhänge und die Hauptbotschaft der<br />
Bibel glasklar und Appetit auf mehr gemacht. Mit<br />
vertiefenden Fragen zu jedem Kapitel (als Kurs<br />
geeignet). »Das Buch atmet den Geist Calvins«<br />
(Bernhard Kaiser).<br />
177304 – PAPERBACK, 184 SEITEN – € 10,90<br />
Helden des<br />
Glaubens<br />
MICHAEL KOTSCH<br />
33 KURZBIO-<br />
GRAFIEN AUS<br />
DER KIRCHENGE-<br />
SCHICHTE<br />
Reisen Sie quer durch<br />
die Kirchengeschichte<br />
beginnend von den<br />
ersten Christen bis<br />
ins 20. Jahrhundert.<br />
Durch viele hingebungsvolle<br />
Menschen<br />
ist das Christentum bis heute geprägt und vorangetrieben<br />
worden. Unter ihnen sind Theologen, Missionare,<br />
Bibelübersetzer, Entdecker, Wissenschaftler,<br />
Musiker und auch ganz normale Menschen. 33<br />
Kurzbiografien laden dazu ein, originelle Menschen<br />
kennenzulernen und sich durch das Handeln Gottes<br />
in ihrem Leben ermutigen zu lassen. Sie helfen uns,<br />
die eigene Gegenwart besser zu verstehen und sich<br />
selbst mutig im Glauben einzubringen.<br />
271078 – HARDCOVER, 400 SEITEN – € 12,90<br />
Mehr als ein<br />
Sonntagsflirt<br />
JOSHUA HARRIS<br />
GIB DER GEMEINDE<br />
DEIN JA-WORT!<br />
Warum fest an eine<br />
Gemeinde binden, wenn<br />
man doch unverbindlich<br />
mal hier und dort<br />
schauen kann? So<br />
unverbindlich wie in<br />
Sachen Partnerschaft<br />
denken viele auch<br />
über Gemeinde. Wenn es um den Gemeindebesuch<br />
geht, sind wir heute eine Generation von möglichst<br />
unabhängigen und gleichzeitig äußerst kritischen<br />
Konsumenten. Doch betrügen wir mit dieser<br />
Unverbindlichkeit und wenig konstruktiven Haltung<br />
gegenüber der Gemeinde nicht eigentlich Gott und<br />
uns selbst um eine wunderbare Beziehung? Die<br />
Gemeinschaft der Familie Gottes beinhaltet so viel<br />
mehr, als wir es uns vorstellen können. Wir müssen<br />
uns nur voll und ganz darauf einlassen ... Humorvoll<br />
und erfrischend motiviert Joshua Harris dazu, eine<br />
tiefe Leidenschaft für die Gemeinde zu entwickeln.<br />
271184 – HARDCOVER KLEIN, 128 S. —€ 8,90<br />
Der Rächer<br />
von Schloss<br />
Fenwick<br />
JAMES H. HUNTER<br />
ERZÄHLUNG AUS<br />
DEM SCHOTTLAND<br />
DES 17.<br />
JAHRHUNDERTS<br />
Diese packende<br />
Erzählung führt uns<br />
mitten hinein in die Zeit<br />
der Glaubenskämpfe<br />
in Schottland. Die<br />
Protestanten haben sich zusammengeschlossen,<br />
als der König, der damals Schottland beherrscht,<br />
mit Gewalt versucht, das Papsttum durchzusetzen.<br />
Jahrzehntelang werden diejenigen, die ihren<br />
Glauben an Jesus Christus nicht verleugnen wollen,<br />
verfolgt, verbrannt und hingerichtet. Die Herzöge<br />
von Fenwick haben sich offen auf die Seite der<br />
Protestanten gestellt. Einer wird in Edinburgh<br />
hingerichtet. Sein Sohn muss von Schloss Fenwick<br />
flüchten und teilt das Los der in den Wäldern<br />
verstreuten Bergbewohner. Besonders für Leser ab 12<br />
Jahren geeignet.<br />
256276 – PAPERBACK, 288 SEITEN – € 9,90<br />
42
TEL: 05237-899090 – EMAIL: INFO@BETANIEN.DE<br />
ONLINE: CBUCH.DE – VERLAGSINFO: BETANIEN.DE<br />
Aufgepasst und mitgedacht<br />
JAY ADAMS<br />
WIE MAN VON PREDIGTEN AM BESTEN PROFITIERT<br />
Die Predigt ist ein grundlegendes Mittel Gottes, um unser Leben<br />
zum Guten zu verändern und geistliches Wachstum hervorzubringen.<br />
Und zu einer guten Predigt gehören nicht nur der Prediger,<br />
Gottes Wort und der Heilige Geist. Auch der Zuhörer hat eine<br />
Verantwortung. Die Bibel sagt mehr über die Verantwortung des<br />
Hörers als über die Pflichten des Predigers. Wir sollen richtig auf<br />
die Botschaft hören, sie verstehen und anwenden. Dazu hat Jay<br />
Adams dieses einzigartige Buch geschrieben.<br />
Wer Adams Ratschläge und Anweisungen beherzigt, wird künftig<br />
besser von Predigten profitieren und somit selber »ausgerüstet<br />
zum Werk des Dienstes, für die Erbauung der Gemeinde« (Epheser<br />
4,12).<br />
176314 – PAPERBACK, 154 SEITEN – € 9,90<br />
Bibelnotizen mit System<br />
DAS MITSCHREIBBUCH FÜR PREDIGTEN UND<br />
BIBELSTUDIUM<br />
Dieses Notizbuch bietet eine praktische Hilfe, um bei Predigten<br />
und auch beim eigenen Bibelstudium das Gelernte zu<br />
ordnen und festzuhalten.<br />
Dazu führt es uns mit seinem Leitfaden und seinem Schema<br />
durch die drei wesentlichen Schritte, wie wir aus Gottes Wort<br />
lernen:<br />
• Entdecken: hören, lesen, beobachten (Matthäus 7,24)<br />
• Verstehen: auslegen, erklären, Jesus erkennen (Matthäus<br />
13,23)<br />
• Anwenden: das Denken und Leben zur Ehre Gottes ändern<br />
(Lukas 8,21)<br />
Komplette Issuu-Innenansicht auf cbuch.de!<br />
176313 – DIN A5-RINGBUCH — 128 SEITEN — € 4,90<br />
Angebot – jetzt nur 13,90 Euro statt 23,90 Euro<br />
Der Tempel aller Zeiten<br />
GREGORY BEALE<br />
DIE WOHNUNG GOTTES UND DER AUFTRAG DER GEMEINDE - EINE<br />
BIBLISCH-HEILSGESCHICHTLICHE STUDIE<br />
175995 – PAPERBACK, 492 S. – € 13,90<br />
43
timotheusmagazin.de<br />
facebook.com/timotheusmagazin<br />
twitter.com/timotheusmag<br />
instagram.com/timotheusmag<br />
»Wöchentliche News aus<br />
reformatorischer Perspektive.<br />
Jeden Sonntag neu, auf dem<br />
Blog des <strong>Timotheus</strong> Magazins:<br />
timotheusmagazin.de«