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Olaf Unverzart

Dahinten gehts nicht weiter


Waldsassen

Tirschenreuth

Weiden i.d.

Oberpfalz

Vohenstrauß

Amberg

A93

Oberviechtach

A6

Schwandorf

Neumarkt i.d.

Oberpfalz

Cham

Furth im Wald

A3

Regensburg

4


Vorwort

In meiner Erinnerung gab es nur drei Himmelsrichtungen. Gefühlt war es

dahinten, wo die Sonne aufging, zu Ende. Diese Landschaft wurde früh

zum Ort, wo ich herkomme. Eine Gegend, die isoliert war und sich behaupten

musste. Ein Landstrich, jahrzehntelang das Ende der westlichen

Welt, der sich nach 1990 neu erfinden musste.

Mein Vater spielte früher in einer Tanzkapelle. Während er mit dem alten

Lanz das Feld ackerte, sprach er den Text amerikanischer Rock‘n‘Roll-

Lieder nach, die er in Lautschrift auf das Lenkrad seines Bulldogs geklebt

hatte. Englisch hatte er nie gelernt. Weg wollte er von dort, doch bis zum

nächsten Melken war wenig Zeit dafür. Mehrmals täglich donnerten die

Kettenpanzer der amerikanischen Alliierten durch unser kleines Bauerndorf,

Zollgrenzbezirk stand unter dem Dorfschild (Abb. 01). Frühmorgens,

wenn wir als Kinder auf den Schulbus warteten, kam es oft vor, dass uns

die Soldaten Kaugummis vom Panzer zuwarfen. Alle haben sich gegenseitig

gewunken. Unter dem Helm blitzten weiße Zähne aus farbigen Gesichtern.

Die blaugrauen Abgase waren noch da, als wir längst in den Schulbus

eingestiegen waren. Die Kettenspuren auf dem Asphalt waren grob, die

GI’s abends in der Disco on fire.

Während also der Westen, die Freiheit, die große weite Welt über Musik,

Filme und die Beschützer omnipräsent war, erzählte man sich von einem

Zaun, nur fünf Kilometer entfernt, im Osten. Dort hat die UdSSR und der

Kommunismus das Sagen. Dort will man nicht sein. Von dort will man weg,

so die landläufige Meinung.

Egal, wo ich mich herumtrieb, überall sah ich den Čherchov, einen

Beobachtungsturm samt Aufklärungsstation, genutzt von der sowjetischen

Armee wie der Stasi. Vielmehr sah der Čherchov mich. Wald gab

es genug, doch der Wald Richtung Grenze erschien noch dichter und

dunkler als der eigene. Am Morgen, im Gegenlicht, war die Grenze zu;

am Abend, wenn das warme Licht die böhmischen Hügel fein zeichnete,

war sie auch zu. Seit Ewigkeiten war dahinten jemand, der anders war und

uns offensichtlich nicht wollte. Höll heißt der Grenzübergang noch heute.

So nah und doch viel weiter weg als Regensburg, München oder Rimini

war die Tschechei. Wir waren das Zonenrandgebiet. In unmittelbarer

Nähe eine hermetisch abgeriegelte Grenze samt Zäune, Minen, Stacheldraht

und Grenzsoldaten (Abb. 02). Auf tschechoslowakischer Seite war

ein zwei Kilometer breiter Streifen entvölkert. Landschaften wurden zum

Zwecke der Überwachung und Fluchtverhinderung geformt. Panzerstraßen,

die im Nichts endeten. An die fremden Nachbarn hatten wir uns gewöhnt,

auch wenn man sie nicht kannte und niemals zu Gesicht bekam. Mein Opa

war fast pünktlich zum Bau des Eisernen Vorhangs aus der sibirischen

Gefangenschaft zurückgekommen. Die Sowjets knüppelten auch den

Prager Frühling nieder. Wie sollte man da offen sein für das, was nur

wenige Kilometer entfernt war? Wie Sympathie empfinden?

Die Handelsrouten von ganz früher waren Geschichte, Touristen kamen

nicht. Wieso auch? Gefühlt jeder dritte im Landkreis wurde auf einmal

Pendler, der täglich zu den Fabriken weiter im Landesinneren musste.

Als das Gesetz zur Förderung des Zonenrandgebiets 1971 in Kraft trat,

war ich noch nicht geboren. Da hatte das Oberpfälzer Grenzland mit dem

Eisernen Vorhang aber schon 23 Jahre hinter sich. Nachkriegsjahre,

Wirtschaftswunder, amerikanische Besatzungszone, Strukturwandel.

Dies alles trotz, aber vor allem wegen des großen Unbekannten im Osten.

5


9


15 Blaibach


16 Rötz


29 Völling


39 Walderbach


48 Kötzting


83



75


139 Rötz


„Dieses Buch ist ein Hammer. Es tut weh. Es brennt in den Augen. Es macht sprachlos.

Ich halt es nicht lang aus. Dass Heimat so furchtbar real sein kann. Ausweglos.

So gut gemeint. Und so daneben.“

Dieter Wieland

ISBN: 978-3-948137-90-8

Preis: 39,00 €

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