BOKU Magazin 01/2025
Editorial 3 Interview Hermann Bürstmayr 4 Symposium „New Genomic Technologies“ 8 KI in der Landwirtschaft 10 Robotik: Der FarmDroid 13 The role of digital technologies in advancing agroecology 16 Maschinelles Lernen für stressresistente Kulturpflanzen 20 Wie nachhaltig sind neue Technologien? 24 Lebensmittelsicherheit: Verbesserte Mykotoxinüberwachung 28 Pilze: Vom Gen zur Funktion 31 Giftpflanzen-Spürnasen 34 Tierische Gefühle 37 All you can eat: Ad-libitum-Fressverhalten 40 BOKU4you: Studienbotschafter*innen 42 Interview Departmentleiterin Siegried Steinkellner 44 Student support für LBT-Ersties 46 Laborübungen Genetik für Agrarwissenschaften 48 Neues Service „Academic AI“ 51 ChatGPT in der Hochschullehre 52 BOKU übernimmt Präsidentschaft bei fnma 54 Programm internationaler Frauentag 58 Sprachgebrauch an der BOKU 60 Studierende mit Behinderung: Änderungen Studienbeihilfe 61 Koalas, Kiwis und Kooperationen 62 Splitter 66 Citizen Science 67 FIS3+ 68 ERA/Heu: Die BOKU in Europa 69 20 Jahre Strategische Kooperation BOKU und UBA 70
Editorial 3
Interview Hermann Bürstmayr 4
Symposium „New Genomic Technologies“ 8
KI in der Landwirtschaft 10
Robotik: Der FarmDroid 13
The role of digital technologies in advancing agroecology 16
Maschinelles Lernen für stressresistente Kulturpflanzen 20
Wie nachhaltig sind neue Technologien? 24
Lebensmittelsicherheit: Verbesserte Mykotoxinüberwachung 28
Pilze: Vom Gen zur Funktion 31
Giftpflanzen-Spürnasen 34
Tierische Gefühle 37
All you can eat: Ad-libitum-Fressverhalten 40
BOKU4you: Studienbotschafter*innen 42
Interview Departmentleiterin Siegried Steinkellner 44
Student support für LBT-Ersties 46
Laborübungen Genetik für Agrarwissenschaften 48
Neues Service „Academic AI“ 51
ChatGPT in der Hochschullehre 52
BOKU übernimmt Präsidentschaft bei fnma 54
Programm internationaler Frauentag 58
Sprachgebrauch an der BOKU 60
Studierende mit Behinderung: Änderungen Studienbeihilfe 61
Koalas, Kiwis und Kooperationen 62
Splitter 66
Citizen Science 67
FIS3+ 68
ERA/Heu: Die BOKU in Europa 69
20 Jahre Strategische Kooperation BOKU und UBA 70
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Nr. 1 / 3 2025
ISSN: 2224-7416
Bauer Power
Technologien, die die Landwirtschaft
nachhaltig verändern
→ Neue Gentechnik
→ Synergie Mensch und Maschine
→ Tierische Gefühle
In dieser
Ausgabe
Editorial 3
Interview Hermann Bürstmayr 4
Symposium „New Genomic Technologies“ 8
KI in der Landwirtschaft 10
Robotik: Der FarmDroid 13
The role of digital technologies in
advancing agroecology 16
Maschinelles Lernen für
stressresistente Kulturpflanzen 20
Wie nachhaltig sind neue Technologien? 24
Lebensmittelsicherheit:
Verbesserte Mykotoxinüberwachung 28
Pilze: Vom Gen zur Funktion 31
Giftpflanzen-Spürnasen 34
Tierische Gefühle 37
All you can eat: Ad-libitum-Fressverhalten 40
BOKU4you: Studienbotschafter*innen 42
Interview Departmentleiterin
Siegrid Steinkellner 44
Student support für LBT-Ersties 46
Laborübungen Genetik für Agrarwissenschaften 48
Neues Service „Academic AI“ 51
ChatGPT in der Hochschullehre 52
BOKU übernimmt Präsidentschaft bei fnma 54
Programm internationaler Frauentag 58
Sprachgebrauch an der BOKU 60
Studierende mit Behinderung:
Änderungen Studienbeihilfe 61
Koalas, Kiwis und Kooperationen 62
Splitter 66
Citizen Science 67
BOKU Forschungsinformationssystem
FIS3+: Die wichtigsten Neuerungen 68
ERA/HEU: Die BOKU in Europa 69
20 Jahre Strategische Kooperation
BOKU-Umweltbundesamt 70
Synergie zwischen Mensch und Maschine.
Über die Bedeutung der Künstlichen
Intelligenz in der Landwirtschaft 10
Fotos: Adobe Stock, BOKU/Jakob Vegh, Bützberg, farmdroid.com
Hermann Bürstmayr über
neue Gentechnik 4
Tierische Gefühle – Eine
wissenschaftliche Annäherung
an die Emotionen von
Schweinen 37
Robotik und digitale Technologien: Der FarmDroid 13
Innovative Landwirtschaft
braucht Denken in
großen Zusammenhängen
Foto: BOKU/Georg Wilke
Eva Schulev-Steindl
Rektorin
Die Landwirtschaft steht im Zentrum tiefgreifender Veränderungen, geprägt von der Klimakrise, aber auch
von Lösungen durch technologische Entwicklungen. Umso wichtiger ist es, Agrarwissenschaftler*innen auszubilden,
die in ökologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhängen denken und offen
für innovative Ideen sind. Genau das bietet die BOKU und besitzt damit unter den heimischen Universitäten
ein Alleinstellungsmerkmal.
In dieser Ausgabe des BOKU-Magazins wollen wir Ihnen einen Überblick darüber geben, welche Werkzeuge
uns nun mit Künstlicher Intelligenz, neuer Gentechnik, Robotik oder maschinellem Lernen in der Landwirtschaft
zur Verfügung stehen. Insbesondere die neuen genomischen Technologien werden häufig rigoros abgelehnt,
obwohl sich diese von der „alten“ Gentechnik unterscheiden. Eine der Aufgaben der Wissenschaft
ist es daher auch, eine fundierte Einschätzung zu geben – oder wie es Hermann Bürstmayr im Interview
auf den nachfolgenden Seiten formuliert: Die neue Gentechnik ist weder Teufelszeug noch ein Allheilmittel,
sondern ein aussichtsreiches neues Werkzeug unter vielen. In der EU könnte die gesetzliche Regelung in
der zweiten Jahreshälfte fixiert werden. In Kenia, wie Sie in einem Beitrag lesen können, ist man bereits in
der Umsetzung.
Das Department für Agrarwissenschaften ist eines der nunmehr sechs Departments, die entlang unserer
Kompetenzfelder ausgerichtet sind. Die BOKU setzt seit Jahresbeginn mit der Organisationsstruktur neue
Akzente, um Spitzenforschung und exzellente Lehre zukunftssicher zu gestalten und bereits heute Lösungen
für morgen zu entwickeln.
Ich wünsche Ihnen eine angenehme und interessante Lektüre!
Eva Schulev-Steindl
Impressum
Medieninhaberin und Herausgeberin: BOKU University, Gregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien Chefredaktion: Bettina Fernsebner-Kokert Redaktion:
Hermine Roth Autor*innen: Alexander Bauer, Barbara Birli, Elisabeth Denk, Juliane C. Dohm, Daniel Dörler, Johannes Ehrlinger, Daniela Fuchs, Sarah
Gorr, Sabine Greßler, Lukas P. Grossfurthner, Georg Gübitz, Merle Haak, Sophie Hanak, Florian Heigl, Heinz Himmelbauer, Sara Hintze, Andreas Holzinger,
Jochen Kantelhardt, Hans-Peter Kaul, Florian Kitzler, Rudolf Krska, Christine Leeb, Horst Mayr, Andreas Niedermayr, Florian Part, Anna Pavlicek,
Ela Posch, Karl Reimand, Matthäa Ritter-Wurnig, Felix L. Sandell, Ruth Scheiber-Herzog, Andreas Schildberger, Meret Siemen, Joseph Strauss, Sabine
Strauss-Goller, Alexandra Strauss-Sieberth, Sabina Tandari, Martin Tschikof, Verena Vlajo, Silvia Winter, Andreas Zitek. Lektorat: Marlene Zeintlinger
Grafik: Patricio Handl Coverfoto: freepik/phanuwatnandee Druck: Druckerei Berger Auflage: 6.000 Erscheinungsweise: 4-mal jährlich Blattlinie:
Das BOKU Mag versteht sich als Informationsmedium für Angehörige, Absolvent*innen und Freund*innen der BOKU University und soll die interne
und externe Kommunikation fördern. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung der Autorin oder des Autors wieder und müssen mit
der Auffassung der Redaktion nicht übereinstimmen. Redaktionelle Bearbeitung und Kürzung von Beiträgen aus Platzgründen vorbehalten. Beiträge
senden Sie bitte an: public.relations@boku.ac.at Bei Adressänderung wenden Sie sich bitte an: alumni@boku.
ac.at Offenlegung: Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: Medieninhaberin (Verlegerin): BOKU University, Gregor-Mendel-Straße
33, 1180 Wien, Tel.: (01) 47654-0, Universitätsratsvorsitzender: Josef Plank, Rektorin:
Eva Schulev-Steindl; erscheint quartalsmäßig; Erscheinungsort: Wien.
UZ24 „Schadstoffarme
Druckerzeugnisse“
UW 734
Dieses Produkt stammt
aus nachhaltig bewirtschafteten
Wäldern und
kontrollierten Quellen
1/2025
3
„Die neue Gentechnik ist weder ein
Werkzeug des Bösen noch ein Zauberstab,
der alle Probleme lösen kann“
Hermann Bürstmayr forscht an neuen genomischen Methoden zur Verbesserung
von Weizen. Der Leiter des Instituts für Biotechnologie in der
Pflanzenproduktion sprach mit Bettina Fernsebner-Kokert über vielversprechende
Einsatzmöglichkeiten, alte Vorurteile und darüber, warum die
noch heuer erwartete Regelung auf EU-Ebene andere Kriterien als die bisherigen
für die neue Gentechnik braucht.
Österreichs
Zuchtgärten
produzieren laufend
Sorten für den
Ackerbau.
Gentechnik ist zumindest im
deutschsprachigen Raum nach wie
vor ein Reizwort. Was unterscheidet
die neue Gentechnik von der bisherigen
Technologie?
Bürstmayr: Wenn man es so definiert,
wie es derzeit auch bei den
Entscheidungsprozessen in Brüssel
diskutiert wird, dann dürfte der Teil
der neuen genomischen Methoden,
bei denen am Schluss kein artfremdes
Gen in der Pflanze oder im Tier
ist, streng genommen nicht unter die
derzeitige sehr restriktive Gentechnik-Regulierung
fallen. Warum? Weil
man ein Ergebnis bekommt, das so
auch in der Natur ohne unser Zutun
entsteht. Man nimmt zum Beispiel
ein Apfel-Gen und baue es wieder in
einen Apfel ein. Oder ich löse eine
Ein Argument der Gegner*innen ist
geblieben: Konzerne würden uns mit
Patenten auf Saatgut von ihnen abhängig
machen. Welches Regelwerk
bräuchte es da?
Die Frage lautet, wem gehört es? Ich
bin kein Jurist, aber es gibt ja auch
jetzt schon in der klassischen Züchtung
einen gewissen rechtlichen
Schutz, nämlich den Sortenschutz,
der nicht unter das Patentrecht fällt
und der auch international akkordiert
ist. Züchtungen erfordern
einen hohen Aufwand und die Entwicklung
etwa einer neuen Getreideminimale
Mutation durch Crispr/
Cas9 aus und bekomme eine Änderung,
die auch spontan auftreten
kann. Das Ergebnis, auch wenn es
mittels neuer genomischer Methoden
erzielt wurde, ist also dasselbe,
das auch in der Natur vorkommt.
Daher fordert ein Teil der Expert*innen,
man sollte es anders regeln als
die alte, klassische Gentechnik. Die
andere Seite sagt: Man braucht dafür
aber ein gentechnisches Verfahren,
daher sollte es auch unter das
derzeitige Gentechnik-Gesetz fallen.
Wie immer in der Wissenschaft gibt
es ein breites Spektrum, aber die
Mehrzahl der Wissenschaftler*innen,
die sich mit Biologie, Züchtung
und Genetik beschäftigt, sind der
Ansicht, dass man das Endprodukt
beurteilen soll und die neuen genomischen
Methoden nicht unter die
ganz strenge Regelung fallen, sondern
anders geregelt werden sollen.
Fotos: Saatbau Linz eGen, BOKU/Jakob Vegh, BOKU/Christoph Gruber
4 1/2025
Hermann Bürstmayr in seinem Gewächshaus am BOKU-Standort Tulln.
sorte kostet im Schnitt eine Million
Euro, bis sie auf den Markt kommt.
Es ist auch ein Treiber für Innovation
und ein Schutz ist ja nicht in erster
Linie dazu da, um jemanden zu
schädigen, sondern um die eigenen
Entwicklungen zu schützen.
Der Sortenschutz kennt aber zwei
wichtige Ausnahmen. Das sogenannte
Landwirte-Privileg, das heißt, alle
Bauern und Bäuerinnen, die einmal
Saatgut gekauft haben, dürfen es
auch im eigenen Betrieb weiterverwenden.
Das „Züchter-Privileg“
bedeutet: Wenn die Sorte eines
Züchters gut ankommt, darf auch
ein zweiter Züchter diese für Neuzüchtungen
verwenden, ohne den
ursprünglichen Züchter um Genehmigung
bitten zu müssen. Das ermöglicht
einen nachhaltigen züchterischen
Fortschritt.
Kennt das Patentrecht vergleichbare
Ausnahmen?
Nein. Wenn wir Sorten künftig
patentieren, würden diese Ausnahmen
nicht mehr gelten. Daher
sollten wir Sorten, die mittels neuer
genomischer Methoden entstehen,
nicht unter das Patentrecht stellen,
sondern unter das Sortenschutzrecht.
Diese Regelung würde keinen
automatischen Wettbewerbsvorteil
für die großen Konzerne bringen.
Würde die Regelung so aussehen,
dass wir alles patentieren, besteht
natürlich diese Gefahr. Es gibt natürlich
einen gewissen Graubereich,
wo Firmen ein bestimmtes Gen für
eine gewisse Eigenschaft patentieren
lassen könnten, das würde dann
für andere aber nicht benutzbar
sein. Über diesen Widerspruch wird
derzeit intensiv diskutiert, auch in
Brüssel, also wie man eine Regelung
finden kann, dass möglichst nicht
alles patentierbar ist.
Gibt es einen ungefähren Zeitrahmen,
wann die Rahmenbedingungen
der EU für neue genomische Methoden
feststehen werden?
Was man von Leuten hört, die von
österreichischer Seite in die Verhandlungen
eingebunden sind,
könnte es noch 2025 zu einer Regelung
kommen, vielleicht um die
Mitte des Jahres, also rund um den
1/2025
5
Wechsel von der polnischen zur dänischen
EU-Ratspräsidentschaft. Danach
gibt es noch Übergangsfristen, bis die
neue Regelung wirklich in Kraft tritt, kann
es nochmals ein bis zwei Jahre dauern.
Die skandinavischen und die Benelux-
Länder sind immer sehr wissenschaftsfreundlich
ebenso Spanien, Portugal und
Italien. Die osteuropäischen Länder und
auch Österreich stehen eher auf der
Bremse, wie man hört.
Wie sind die Regelungen außerhalb Europas?
Was schwierig werden könnte, ist, wenn
es ein globales Patchwork an Regelungen
gibt. In Südamerika haben vor allem
Argentinien und Chile eine sehr wissenschaftsnahe
Regelung, die besagt, dass
alles, was von der Natur nicht mehr zu
unterscheiden ist, weniger streng gehandhabt
wird. Das ist der liberalste und
ein sehr unbürokratischer Ansatz. Wenn
Südamerika diesen verfolgt, kommen sehr
rasch Produkte auf die Märkte und die
Länder sind Exportnationen. Früher oder
später kommen die dortigen Produkte
auch auf unsere Teller und wir wissen es
nicht einmal. Die Befürchtung ist, dass
Europa wie so häufig die weitaus komplizierteren
Regelungen haben wird. Aber
auch China verfolgt interessanterweise
einen sehr strengen Ansatz.
Bei seinem Vortrag beim Symposium „New Genomic Technologies“ am
10. Februar im Ilse-Wallentin-Haus an der Türkenschanze.
„Wir sollten Sorten, die mittels
neuer genomischer Methoden
entstehen, nicht unter das
Patentrecht stellen, sondern
unter das Sortenschutzrecht.“
Wo sehen Sie die konkreten Anwendungsmethoden
und das große Potenzial?
Die neue Gentechnik ist weder ein Werkzeug
des Bösen noch ein Zauberstab, der
alle Probleme lösen kann. Sondern es ist
ein wirklich gutes zusätzliches Werkzeug
in der Forschung, weil wir damit Pflanzen,
Tiere und Mikroorganismen besser verstehen
können. Das spiegelt sich auch in
den wissenschaftlichen Veröffentlichungen
wider. Wenn man in den vergangenen
zwei, drei Jahren in den Literaturdatenbanken
nur nach dem Begriffen „CRISPR“
und „Pflanze“ gesucht hat, hat man seit
2022 bereits zwischen 800 und 900
Publi kationen jährlich gefunden.
Wie kann man es wirklich in Sorten benutzen?
Da sind wir noch ein bisschen
6 1/2025
weiter weg und es gibt in Wirklichkeit
erst eine Handvoll von Produkten,
die auf den Märkten sind:
vier in den USA, drei in Japan, und
zwar Tomaten, Salat, Sojabohnen
und Mais. Für welche Merkmale
macht es Sinn? Wenn ein Merkmal
nur durch relativ wenige Gene, im
Idealfall nur eines, codiert wird, ist
es besonders attraktiv. Die Methode
ist besonders dafür geeignet, einen
Punkt im Genom anzusteuern, um
dort eine kleine Änderung auszulösen.
Man kann auch noch ein paar
Gene gleichzeitig nacheditieren, aber
dann ist Ende. Das Verfahren eignet
sich also für nicht sehr komplexe
genetische Merkmale, davon gibt es
aber einige und die Produkte sind
bereits auf dem Markt. Das können
Qualitätseigenschaften sein wie
eine bessere Ölzusammensetzung
und weniger Transfette bei Sojabohnen.
Es gibt bereits Salate, die
länger frisch bleiben oder Bananen,
die nicht so schnell braun werden,
ebenso wie Tomaten, die Inhaltsstoffe
haben, die gesundheitsfördernd
für das Herz-Kreislaufsystem
sein sollen. Ein weiterer Bereich ist
die Resistenz gegen Pflanzenkrankheiten
und Schädlinge.
Wie können die neuen genomischen
Methoden bei Tieren angewendet
werden?
Auch hier geht es wieder um einfach
vererbte Eigenschaften, etwa
Hornlosigkeit bei Rindern. Manche
Rinderrassen haben ja durch Domestikation
keine Hörner. Bei der
Freilandhaltung und in Laufställen
werden die Tiere heute von einem
Tierarzt enthornt, damit die Verletzungsgefahr
minimiert wird. Würde
man die Tiere genetisch enthornen,
könnte man ihnen Leid ersparen.
Das ginge mit Kreuzungen oder mit
der Genschere CRISPR. Es gibt bei
Rindern auch eine Genvariante, die
die Tiere resistenter gegen Hitze
macht. Hier gibt es die Idee, Rinder
für tropische Regionen so zu mutieren,
um sie stressresistenter gegen
Hitze zu machen.
Wie würden Landwirt*innen in
Österreich profitieren?
Es ist in den vergangenen 15 Jahren
eine ganze Vermarktungsschiene mit
„gentechnikfrei“ aufgebaut worden.
Man möchte diese Märkte auch
nicht ruinieren. Vor allem, wenn es
dazu käme, dass die neuen genomischen
Methoden unter die strenge
Gentechnik-Regelung fallen würden,
wäre der österreichische Markt über
Jahre blockiert, weil in der Vermarkung
stark auf gentechnikfreie
Produktion gesetzt wird. Würden die
Produkte aber nicht unter Gentechnik
im klassischen Sinn fallen und
es gäbe zum Beispiel eine genomisch
editierte Erdäpfelsorte, die
gegen eine der Kartoffelkrankheiten
widerstandsfähig ist, und daneben
eine Sorte aus der klassischen
Züchtung, die nur halb so resistent
ist, die die Landwirt*innen aber
deshalb drei Mal spritzen müssten,
wäre die Entscheidung relativ leicht.
Ich denke, die Menschen werden anhand
des Produkts entscheiden, ob
es mir als Bauer einen Vorteil, Geldund
Zeitersparnis bringt. Wenn es
uns gelingt, gute Produkte auf dem
Markt zu bringen, werden sich diese
auch durchsetzen.
Ihr Kollege Steven Runo von der
Kenyatta University in Nairobi, der
beim Symposium am 10. Februar die
Keynote gehalten hat, zeigt in Kenia
gerade, dass die Technologie auch
im kleinsträumigen bäuerlichen Bereich
Anwendung finden kann.
Auch hier steht das Produkt im Vordergrund.
Steven Runo beschäftigt
sich mit dem parasitären Unkraut
Striga hermonthica, das in Teilen
Afrikas als ‚Cereal-Killer‘ gilt. Striga,
auch Hexenkraut genannt, vernichtet
ganze Mais- und Hirseernten in Afrika
südlich der Sahara und man wird
es kaum mehr los, wenn eine Fläche
einmal befallen ist. Unter anderem
Zur Person
Univ.-Prof. Dr. Hermann Bürstmayr
hat an der BOKU Landwirtschaft
mit dem Schwerpunkt
Pflanzenproduktion studiert und
war anschließend als Pflanzenzüchter
für die Saatgut Linz
tätig. 1997 hat er ebenfalls an
der BOKU promoviert, nach seiner
Habilitation wurde Bürstmayr
zum Professor für Pflanzenzüchtung
berufen.
hat Steven Runo herausgefunden,
dass eine bestimmte Genvariante,
die in einer Wildhirse gefunden
wurde, diese gegen den Striga-Befall
schützt. Runo benutzt Gen-Editierung
mit dem Ziel, das Gen, das
für die Widerstandsfähigkeit verantwortlich
ist, in Kulturhirse so zu verändern,
dass es jenem der Wildhirse
gleicht, die Kulturhirse aber weiterhin
die gewohnte Qualität und den
hohen Ertrag liefert. Dazu musste er
das Gen nur geringfügig umprogrammieren.
Demnächst wird er mit den
Freilandversuchen beginnen und die
neue Züchtung könnte in absehbarer
Zeit auch den Kleinbauern in Kenia
zur Verfügung stehen.
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7
Neue Gentechnik: Wie Genome
Editing Afrikas Landwirtschaft
transformieren kann
Von Sophie Hanak
Steven Runo in einem Maisfeld in
Kenia, das von Striga befallen ist.
Das Symposium „New Genomic
Technologies“ widmete sich am
10. Februar 2025 an der BOKU University
den neuesten Entwicklungen
in der Genomforschung hinsichtlich
der Verbesserung von Nutzpflanzen.
Die halbtägige Veranstaltung wurde
von der BOKU in Zusammenarbeit
mit dem Gregor-Mendel-Institut, der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften
und der Gregor-Mendel-Gesellschaft
Wien organisiert.
In seiner Keynote sprach Steven
Runo, Professor an der Kenyatta University
in Nairobi, über den Einsatz
von Genome Editing zur Stärkung der
Nahrungsmittelsicherheit in Afrika.
Gleich zu Beginn betonte er, dass
die Landwirtschaft in Afrika grundlegend
anders sei als in Europa oder
Amerika. Kleine, familiäre Farmen
mit einer Fläche von 0,5 bis 3 Hektar
machen den Großteil der landwirtschaftlichen
Betriebe aus. Die Familien
sind auf dieses Land angewiesen,
um zu überleben, und jeder
zusätzliche Druck wie Dürre oder
parasitäre Pflanzen kann zu Nahrungsmittelknappheit
führen. „Aus
diesem Grund setzen wir uns mit
großer Leidenschaft für Ernährungssicherheit
ein und arbeiten daran,
die Nahrungsmittelproduktion durch
neue Technologien zu optimieren“,
erklärte Runo. Sein Team erforscht
die Wirt-Parasit-Interaktion zwischen
Striga hermonthica („Witch Weed“)
und deren Wirtspflanzen. Striga ist
ein parasitäres Unkraut, das große
Ernteverluste verursacht und insbesondere
in Afrika eine Bedrohung
für die Ernährungssicherheit und die
Existenzgrundlage von Kleinbauern
darstellt. Genome Editing ist eine der
Methoden, die bei dieser Forschung
zum Einsatz kommen.
Genome Editing (GEd) ist eine
moderne Züchtungsmethode, die
gezielte genetische Veränderungen
an Pflanzen ermöglicht. Im Vergleich
zu klassischen Züchtungsmethoden
ist sie schneller und effizienter. GEd
erlaubt es, gezielt bestimmte Gene
zu modifizieren, indem beispielsweise
ein Gen für Krankheitsanfälligkeit
ausgeschaltet wird. Da keine aufwändigen
Rückkreuzungen erforderlich
sind und einige Anwendungen
nicht als transgen gelten, verkürzt
sich die Entwicklungszeit auf zwei
bis fünf Jahre. Dadurch wird GEd zu
einer präzisen und effizienten Methode
zur Züchtung krankheitsresistenter
Pflanzen. „Eine der effektivsten
Methoden zur Genom-Editierung
ist CRISPR/Cas9. Diese Technologie
ist besonders einfach, vielseitig und
präzise“, erklärte Runo.
Darüber hinaus untersuchen Wissenschaftler*innen
die Mechanismen
der Striga-Resistenz in Reis
und deren Übertragbarkeit auf andere
Pflanzen mittels GEd. Sie identifizierten
Gene, die keine typischen
Merkmale einer Wirt-Pathogen-
Interaktion aufweisen und ursprünglich
von Weizen vererbt wurden.
Mais ist ein weiteres wichtiges
Grundnahrungsmittel in Afrika, doch
Striga bedroht auch hier die Ernten.
Die Keimung von Striga wird durch
Strigolactone aus den Maiswurzeln
ausgelöst. Forscher*innen entdeck-
Fotos: Steven Runo, BOKU/Christoph Gruber
8 1/2025
Steven Runo hielt die Keynote
beim Symposium im
Ilse-Wallentin-Haus.
ten, dass bestimmte Strigolactone
wie Zealactol und Zealactonsäure
weniger Striga-Keimung verursachen
als das Haupt-Strigolacton Zealacton.
Durch genetische Veränderungen
kann der Mais vermehrt diese
weniger schädlichen Strigolactone
abgeben, wodurch die Striga-Infektion
verringert wird. Diese Erkenntnisse
bieten neue Ansätze zur
Züchtung resistenter Maissorten und
könnten helfen, die Ernteverluste in
Afrika zu reduzieren.
Runos Vortrag verdeutlichte, dass
Afrika das Potenzial hat, seine landwirtschaftliche
Produktivität durch
den Einsatz von GEd nachhaltig zu
steigern. Für die Kommerzialisierung
dieser Technologien sind jedoch
geeignete regulatorische Rahmenbedingungen,
eine verantwortungsvolle
Nutzung sowie passende Lizenzierungsmodelle
und ein unterstützendes
Umfeld erforderlich. Wichtig
ist zu betonen, dass Kenia wie auch
andere afrikanische Länder bereits
gesetzliche Regelungen haben, die
Feldversuche von mit neuen genomischen
Methoden veränderten Pflanzen
erlauben. Die EU befindet sich
hier noch mitten im Diskussionsund
Entscheidungsprozess (siehe
Interview mit Hermann Bürstmayr).
„Wir haben viele weitere Projekte
in Planung, und die Zukunft kann
nur besser werden“, sagte Runo. Er
betonte jedoch auch bestehende
Herausforderungen, insbesondere im
Bereich der Forschungskapazitäten,
Labore und wissenschaftlichen Ressourcen.
„Daher sind Partnerschaften
essenziell, und ich möchte diese
gerne weiter ausbauen“, schloss er
seinen Vortrag.
Im Anschluss stellten junge Wissenschaftler*innen
ihre Projekte vor, darunter
Untersuchungen zum Einfluss
von Wasserknappheit auf Pflanzen
sowie zur Identifizierung von Resistenzgenen
gegen Pflanzenkrankheiten
wie Fusariumpilz-Resistenz
in Weizen. Die CRISPR-Cas-Technologie
spielt dabei eine zentrale
Rolle. Ein weiteres wichtiges Thema
war ein Vortrag über Wissenschafts-
journalismus, der die Bedeutung
einer verständlichen Wissenschaftskommunikation
unterstreicht. Durch
eine gezielte Vermittlung können
komplexe wissenschaftliche Inhalte
einer breiten Öffentlichkeit zugänglich
gemacht und durch eine gute
Aufklärung den Menschen die Angst
vor neuen Technologien genommen
werden.
In der abschließenden Podiumsdiskussion
erörterten die Vortragenden
Themen wie die gesellschaftliche
Akzeptanz neuer genetischer Technologien
sowie deren ethische und
ökologische Implikationen. Weitere
Ansätze waren die Wissenschaftskommunikation,
die Herkunft von
Saatgut in Afrika und die Bedeutung
der Bioinformatik.
LINK
New Genomic Technologies
- A Versatile Toolbox
for Crop and Livestock
Improvement
www.youtube.com/live/EEgEhFPReog
1/2025
9
Die Landwirtschaft steht weltweit
vor immensen Herausforderungen.
Klimawandel, extreme Wetterereignisse,
Ressourcenknappheit und die
wachsende Weltbevölkerung erfordern
innovative Lösungen, um die
Ernährungssicherheit zu gewährleisten.
In diesem Kontext hat künstliche
Intelligenz (KI) viel Potenzial,
als Schlüsseltechnologie für eine
nachhaltige und effiziente Zukunft
zu dienen.
Ressourceneffizienz dank KI
KI ist die Fähigkeit von Digitalen
Systemen, Aufgaben auszuführen,
die normalerweise menschliche
Intelligenz erfordern, wie etwa
Mustererkennung, Entscheidungsfindung,
Sprachverstehen oder Lernen
aus Erfahrungen, mithilfe des
sogenannten maschinellen Lernens,
basierend auf Daten und Algorithmen.
KI ermöglicht die Optimierung
zahlreicher Prozesse. Von der
präzisen Analyse von Wetter- und
Bodenbedingungen über die Echtzeitüberwachung
von Pflanzen und
Tieren bis hin zur Steuerung autonomer
Maschinen kann KI in nahezu
jedem Bereich der modernen Landwirtschaft
Anwendung finden. So
kann KI dazu beitragen, Ressourcen
wie Wasser, Dünger und Pestizide
effizienter zu nutzen, den Ertrag zu
sichern, zu steigern und Umweltbelastungen
zu minimieren.
Präzisionslandwirtschaft
Die Präzisionslandwirtschaft ist ein
zentraler Anwendungsbereich der
KI. Sie basiert auf der Erfassung und
Analyse umfangreicher Daten, die
mithilfe von Sensoren, Robotern,
Drohnen und Satelliten gesammelt
werden. KI-gestützte Algorithmen
können daraus wertvolle Erkenntnisse
gewinnen, beispielsweise
zur optimalen Bewässerung oder
Düngung. Solche datenbasierten
Entscheidungen steigern schließlich
die Produktivität, senken die Produktionskosten
und tragen dazu bei,
die Auswirkungen auf Ökosysteme
zu reduzieren.
KI und Klimaanpassung
Angesichts des Klimawandels spielt
KI eine entscheidende Rolle, um
landwirtschaftliche Betriebe widerstandsfähiger
zu machen. KI-gestützte
Vorhersagemodelle können
extreme Wetterereignisse frühzeitig
10 1/2025
Synergie
zwischen
Mensch und
Maschinen
Über die Bedeutung der
Künstlichen Intelligenz
in der Landwirtschaft
Von Andreas Holzinger und Hans-Peter Kaul
Fotos: Adobe Stock
erkennen und Landwirten helfen,
proaktiv zu handeln. Darüber hinaus
unterstützt KI die Entwicklung von
klimaresilienten Anbaumethoden
und die Anpassung von Fruchtfolgen,
um Erträge trotz widriger Bedingungen
zu sichern.
Angesichts des Klimawandels
spielt KI eine entscheidende Rolle,
um landwirtschaftliche Betriebe
widerstandsfähiger zu machen.
Automation und Robotik
Autonome Maschinen wie Roboter,
Erntemaschinen und Drohnen
nutzen KI, um landwirtschaftliche
Aufgaben effizient und präzise
auszuführen. Diese Technologien
können nicht nur Arbeitskosten reduzieren,
sondern auch die menschliche
Arbeitsbelastung verringern. In
Kombination mit Robotik ermöglicht
KI die Automatisierung von Aufgaben
wie Aussaat, Unkrautbekämpfung,
Pflanzenschutz oder Ernte.
Human-Centered AI:
Der Mensch im Mittelpunkt
Trotz des hohen Automatisierungsgrades
bleibt der Mensch
ein essenzieller Bestandteil der
Landwirtschaft. Die Integration
von menschlichem Fachwissen
in KI-Systeme, bekannt als Human-Centered
AI, gewährleistet,
dass diese Technologien auf die
Bedürfnisse der Landwirt*innen
abgestimmt sind und vor allem
steigenden ethischen, sozialen und
rechtlichen Anforderungen gerecht
werden. Nachvollziehbare, und
damit interpretierbare, erklärbare
und intuitive KI-Systeme fördern
das Vertrauen und erleichtern die
Anwendung neuer Technologien.
Zudem muss im Zweifel die letzte
Entscheidung beim Landwirt/bei
der Landwirtin verbleiben.
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Herausforderungen
der KI-Integration
Trotz ihres vermeintlich hohen Potenzials
stehen der Einsatz und die
Verbreitung von KI in der Landwirtschaft
vor mehreren Hürden. Hohe
Anschaffungs- und Umrüstungskosten,
der Mangel an technologischem
Know-how und schließlich ethische,
soziale und vor allem rechtliche
Fragen stellen wesentliche Herausforderungen
dar. Kleine Betriebe
können von diesen Barrieren besonders
betroffen sein, was die digitale
Kluft zwischen verschiedenen landwirtschaftlichen
Akteuren vertieft.
Ein Blick in die Zukunft
Mit der Weiterentwicklung von
Technologien wie digitalen Zwillingen,
6G-Netzwerken und erneuerbaren
Energien könnte KI in der
Landwirtschaft noch vielseitiger und
effizienter eingesetzt werden. Insbesondere
die Kombination von KI
mit nachhaltigen Praktiken wie regenerativer
Landwirtschaft hat das
Potenzial, die Branche langfristig zu
revolutionieren. Sie bietet innovative
Lösungen für die Herausforderungen
der Gegenwart und ebnet den
Weg für eine nachhaltige Zukunft.
Damit dies gelingt, ist jedoch eine
ganzheitliche digitale Transformation
erforderlich, die technologische
Innovationen mit menschlichem
Fachwissen und ethischen Grundsätzen
verbindet. Die Zukunft der
Landwirtschaft liegt in der Synergie
zwischen Mensch und Maschine –
für eine effiziente, nachhaltige und
resiliente Agrarwirtschaft. In Anlehnung
an Industrie 5.0 kann man hier
von Landwirtschaft 5.0 sprechen,
die den Fokus auf eine stärkere Integration
menschlicher Fähigkeiten
und Bedürfnisse in Prozesse legt.
Sie löst die vollständige Automatisierung,
die in Industrie 4.0 ganz
zentral ist, durch die Kooperation
zwischen Mensch und Maschine
sowie durch Nachhaltigkeit, ethische
und soziale Verantwortung und
rechtliche Rahmenbedingungen ab.
LITERATUR
Holzinger, A., Schweier, J., Gollob, C., Nothdurft,
A., Hasenauer, H., Kirisits, T., Häggström,
C., Visser, R., Cavalli, R., Spinelli, R. & Stampfer,
K. (2024). From Industry 5.0 to Forestry 5.0:
Bridging the gap with Human-Centered Artificial
Intelligence. Current Forestry Reports, 10,
(6), 442-455
https://doi.org/10.1007/
s40725-024-00231-7
Holzinger, A., Fister Jr., I., Fister, I., Kaul, H.-P. &
Asseng, S. (2024). Human-Centered AI in smart
farming: Towards Agriculture 5.0. IEEE Access,
12, 62199-62214
https://doi.org/10.1109/
ACCESS.2024.3395532
Univ.-Prof. Andreas Holzinger lehrt und
forscht am Institut für Forsttechnik zu
digitaler Transformation in der Land- und
Forstwirtschaft, Univ.-Prof. Hans-Peter
Kaul leitet das Institut für Pflanzenbau.
12 1/2025
Robotik und digitale
Technologien Der FarmDroid
Von Alexander Bauer und Florian Kitzler
Fotos: Alexander Bauer
In den frühen Morgenstunden
setzt sich der Feldroboter erneut
in Bewegung. Mit den ersten Sonnenstrahlen
hat er genug Energie
gesammelt, um seine unterbrochene
Arbeit vom Vortag fortzusetzen.
Präzise folgt er seiner Fahrspur –
langsam, aber stetig führen seine
mechanischen Hackwerkzeuge ihre
Arbeit aus, entfernen unerwünschtes
Unkraut und lassen die jungen
Zuckerrüben unversehrt. Dank des
sonnigen Wetters werden die Solarmodule
im Laufe des Tages genügend
Energie speichern, sodass der
Roboter in der kommenden Nacht
ohne Unterbrechung weiterarbeiten
kann.
Autonome Systeme wie dieses sind
längst keine Zukunftsvision mehr.
Sie halten zunehmend Einzug in die
Landwirtschaft – auch in Österreich.
Feldrobotik hat sich zu einem
zentralen Bestandteil des sogenannten
Smart Farming entwickelt und
ermöglicht eine präzise, ressourcenschonende
und automatisierte
Bearbeitung landwirtschaftlicher
Flächen. Einsatzgebiete reichen
von der Bodenbearbeitung über die
Aussaat und den Pflanzenschutz bis
hin zur Ernte. Neben den wirtschaftlichen
Vorteilen, die sich durch eine
gesteigerte Effizienz und reduzierte
Arbeitskosten ergeben, entlastet die
Automatisierung die Landwirt*innen
spürbar. Gleichzeitig leisten intelligente
Technologien einen wichtigen
Beitrag zu einer nachhaltigen
und umweltschonenden Landwirtschaft,
indem sie den Einsatz von
1/2025
13
Pflanzenschutzmitteln minimieren
und Ressourcen gezielt schonen.
Unser FarmDroid
Am Institut für Landtechnik des
Departments für Agrarwissenschaften
ist seit vergangenem Herbst ein
Feldroboter für unterschiedliche
Versuche im Einsatz. Der FarmDroid
FD20 ist ein autonomer Feldroboter
für Aussaat und mechanische Unkrautregulierung.
Seine Technologie
wird bereits in über 50 Kulturen erfolgreich
genutzt, darunter Zuckerrüben,
Rote Rüben, Zwiebeln, Raps
und Kräuter. Mit einer Arbeitsbreite
von drei Metern kann er sechs Reihen
mit einem Reihenabstand von
50 Zentimetern bearbeiten.
Vor der Aussaat müssen nur die
Feldgrenzen sowie Kulturparameter
wie Saatdichte, Reihenabstand
und Anzahl der Vorgewendespuren
festgelegt werden. Die Recheneinheit
des Roboters ermittelt daraufhin
die optimalen Fahrspuren und
Ablagepunkte für das Saatgut. Die
Navigation basiert auf hochpräzisen
GNSS-RTK-Antennen und gewährleistet
eine zentimetergenaue
Positionierung. Die Aussaat erfolgt
über ein fein abgestimmtes System
aus Vereinzelungsrad, Saatventil,
Scheibenschar, Andruckrolle und
Zustecher, sodass jedes Korn exakt
an seinem vorgesehenen Platz im
Boden abgelegt wird.
Mit einer maximalen Geschwindigkeit
von knapp einem Kilometer pro
Stunde kann der FarmDroid pro Tag
eine Fläche von bis zu fünf Hektar
bearbeiten. Für die anschließende
Unkrautregulierung wird das Aussaatmodul
einfach mit mechanischen
Hackwerkzeugen ergänzt.
Dank der präzisen Navigation erkennt
der Roboter die exakte Position
der Kulturpflanzen und kann
so nicht nur zwischen den Reihen,
sondern auch innerhalb der Reihe
hacken, ohne die jungen Pflanzen zu
beschädigen. Ein je nach Kulturart
variabler Sicherheitsabstand sorgt
dafür, dass das Wachstum der Nutzpflanzen
nicht beeinträchtigt wird.
Ein besonderer Vorteil des Farm-
Droid liegt in seiner Fähigkeit,
Unkraut bereits in sehr frühen
Wachstumsstadien zu entfernen.
Außerdem ermöglicht sein geringes
Eigengewicht von nur 900 Kilogramm
den Einsatz auf dem Feld,
selbst wenn der Boden für schwere
Traktoren noch zu feucht wäre. Auf
diese Weise reduziert der Roboter
das Risiko von Bodenverdichtungen
erheblich und trägt zur langfristigen
Erhaltung der Bodenstruktur bei.
14 1/2025
Autonome Roboter bieten eine
Chance, indem sie die Produktivität
steigern und gleichzeitig die
Umweltbelastung reduzieren.
Forschung und
Weiterentwicklung
In der wissenschaftlichen Forschung
gewinnt die Feldrobotik
zunehmend an Bedeutung. Am
Institut für Landtechnik untersuchen
wir, wie digitale Technologien
die Effizienz und Nachhaltigkeit
in der Landwirtschaft verbessern
können. Der FarmDroid wird dabei
gezielt für die Bewirtschaftung
von Versuchsflächen eingesetzt
und als Trägerplattform für zusätzliche
Sensoren weiterentwickelt.
Durch die Integration von Kameratechnologie,
Computer Vision und
Künstlicher Intelligenz evaluieren
wir Roboter und smarte Anbaugeräte
hinsichtlich ihrer Präzision
und Effektivität. Die Ergebnisse der
Untersuchungen dienen einer Entwicklung
von innovativen Sensortechnologien
und Managementansätzen
für die Landwirtschaft.
Dazu gehören bildgebende Verfahren,
aber auch die Analyse und
Nutzung weiterer Daten von Wetterstationen,
Traktoren und der ISO-
BUS-Schnittstelle unter Einsatz von
ICT- und IoT-Technologien. Ziel ist
es, diese Daten zentral zu bündeln
und für eine gezielte Prozessoptimierung
nutzbar zu machen.
Die Landwirtschaft steht vor großen
Herausforderungen – von steigenden
Umweltanforderungen bis hin zu
einem zunehmenden Arbeitskräftemangel.
Autonome Roboter bieten
hier eine Chance, indem sie die Produktivität
steigern und gleichzeitig
die Umweltbelastung reduzieren. Ihre
kontinuierliche Weiterentwicklung
ermöglicht eine ressourcenschonende,
nachhaltige und wirtschaftlich
tragfähige Landwirtschaft für kommende
Generationen.
QUELLEN
Kitzler, F., Gronauer, A., Motsch, V. (2022). A
Computer Vision System for Evaluation of Field
Robot Operations. In: Proceedings of the OAGM
Workshop 2022 - Digitalization for Smart Farming
and Forestry.
Schmeisser, F. (2024): Evaluation of four
different intra-row weeding implements using
RGB-D image analysis. Masterarbeit.
Kitzler, F., Bauer, A., Kruder-Motsch, V. (2024):
Beyond Color: Advanced RGB-D Data Augmentation
for Robust Semantic Segmentation in
Crop Farming Scenes. Preprint.
Kitzler, F., Gronauer, A., Motsch, V. (2024).
RGB-D image dataset to enable selective weed
control. At: AIRoV – Austrian Symposium on AI,
Robotics, and Vision.
Kitzler, F., Barta, N., Neugschwandtner, R. W.,
Gronauer, A. (2023): WE3DS: An RGB-D Image
Dataset for Semantic Segmentation in Agriculture.
In: Sensors, Vol. 23, No. 5.
LINK
https://boku.ac.at/fileadmin/data/H03000/
H93000/H93100/Publikationen/Poster/2024_
AustroAgrar/Feldroboter_fuer_den_Ackerbau.pdf
Assoc.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Alexander Bauer
leitet das Institut für Landtechnik, DI Dr.
Florian Kitzler ist stellvertretender Leiter.
1/2025
15
16 1/2025
Fotos: Adobe Stock
The role of digital technologies
in advancing agroecology
By Karl Reimand, Andreas Niedermayr, Tobias Plankensteiner and Jochen Kantelhardt
From self-driving tractors to virtual
fencing for cattle management,
digital tools are transforming agriculture,
offering ways to improve
resilience in the face of the climate
crisis and population growth. However,
where some see opportunities,
others warn of risks, making the
impacts of digitalisation on agriculture
a critical area of research.
The shift to digital farming
A clear example of the potential
of digital tools to support agriculture
comes from vineyards. Managing
vineyards has long been a
labour-intensive craft, but labour
shortages and increasingly frequent
extreme weather events in
many wine regions place immense
pressure on production. In places
where the terrain is inaccessible to
land vehicles, some farmers have
been turning to a new solution: unmanned
aerial vehicles, or drones.
Equipped with navigation and precision
spraying tools, agricul tural
drones can reduce labour costs,
minimise health risks for workers,
and improve vineyard management
under challenging conditions.
Such possibilities of digital tools are
causing rapid changes in agriculture.
Between 2021-2027, the global
market value of smart farming is
expected to more than double (BIS
Research, 2022). In Europe, countries
like the UK, France, Germany,
and Norway invest hundreds
of millions of euros in agricultural
technologies every year (AFN, 2022).
On the one hand, this rapid digitalisation
is expected to increase yields
through more efficient use of water,
fertilisers, and pesticides, while
improving risk management for
extreme weather and disease outbreaks.
However, many farmers are
also concerned about issues related
to data privacy, accessibility, and the
affordability of digital technologies.
The balance between these positive
and negative effects is often highly
context-specific, requiring a clear
framework for assessing the impacts
of specific tools.
Defining sustainable
agriculture
In recent years, agroecology has
emerged as one of the most important
concepts for improving the
management of our food systems.
Broadly defined, agroecology refers
to farming done based on certain
environmental, social, and economic
principles that are meant to ensure
the sustainability of agriculture
in all areas, instead of the more
usual focus on yields and profi ta -
bility. A fundamental framework
that summarises the principles of
agroecology is the ‘10 elements of
agroecology’ by the United Nations
Food and Agriculture Organization
(FAO). These elements, which
include aspects such as efficiency,
diversity, or human and social values,
define agroecological farming
as a wholistic approach that takes
care of people and the environment
at all levels, from farms to society.
In recent years, the question of
whether rapid digitalisation is truly
compatible with agroecology has
Innovative
Smart Farm
with Advanced
Soil Sensors
and Automated
Irrigation System
for Sustainable
and Efficient
Agriculture in a
Modern Technology
Driven
Environment.
1/2025
17
Spraying drones can
improve the efficiency of
vineyard management,
particularly in difficult-to-reach
areas.
become an important subject of
debate.
D4AgEcol: A project for the
future of agriculture
Since September 2022, BOKU’s
Institute of Agricultural and Forestry
Economics (BOKU IAFO) has
been participating in an EU-funded
project Digitalisation for Agroecology
(D4AgEcol, GA 101060759). The
aim of the project, which is led by
the Leibniz Institute for Agricultural
Engineering and Bioeconomy in
Potsdam, Germany, is to understand
how the digitalisation of agriculture
could enable and promote agroecology.
To integrate farmers, researchers,
and other stakeholders, the
team at BOKU IAFO coordinated the
organisation of twelve technology
workshops in different European
countries (Austria, Denmark, Finland,
Germany, Greece, Portugal,
and the UK). In each workshop, the
participants used a list of technology
indicators previously prepared in our
project to discuss the compatibility
of a specific digital tool with the
FAO’s 10 elements of agroecology.
The results have been summarised
in eleven technology fact sheets that
give farmers and policymakers accessible
information on the impacts
of different digital tools. In each fact
sheet, we briefly describe a specific
technology, followed by a summary
of its expected impacts on different
elements of agroecology, and the
main opportunities and challenges
identified in the workshop.
Although the fact sheets are very
context-specific, taken together
they point at trends in European
agriculture. For instance, digital
tools were often seen to support
agroecology by promoting efficiency,
resilience and co-creation and sharing
of knowledge, as they typically
optimise some type of resource use
and collect vast amounts of data
that can be used to better understand
and communicate farming
practices and outcomes. At the
same time, the impact of digital
tools on areas like recycling or
responsible governance tended to
be described less positively, largely
due to concerns about the material
costs of technology production and
problems with infrastructure readiness
or data privacy. The complete
fact sheets will soon be available
on the D4AgEcol website, offering a
series of insightful case studies.
In the final part of the project, we
will develop national policy roadmaps
that describe concrete steps
for using digitalisation to shape
agriculture in a more agroecological
way. These roadmaps are based on
another series of national workshops,
including one at BOKU, which
took place last December. Involving
academics, farmers, and representatives
from both governmental and
nongovernmental organisations, we
discussed the actions and policies
18 1/2025
National policy workshop at
BOKU held in December, in
which participants discussed
solutions for sustainable
digitalisation of agriculture in
Austria.
Fotos: Konstantinos Grivakis, Agricultural University of Athens/Henrik Gereon Herrmann
needed in light of the opportunities
and challenges introduced by
digital tools. Most benefits, such
as increased efficiency, making
farming less physically demanding,
or engaging young people in agriculture,
were seen to be relatively
easily achievable. However, digital
tools are likely to also introduce
challenges related to data privacy,
farm equity and capacity to innovate
(particularly considering the
limited resources of many smaller
farms in Austria), dependency on
technology companies, or potential
negative environmental impacts if
farming becomes more intensive.
The policy suggestions from the
Austrian workshop can mostly be
put into three broad categories:
financial support (for long-term
research projects, opportunities for
smaller farms), education (promoting
new skills, increasing the acceptance
of innovative technologies)
and communication (supporting
interdisciplinary research, providing
clear food labels). In the next step,
we will merge the different national
policy roadmaps into a European
one, which will be presented to the
European Commission and other
policymakers.
Rethinking digitalisation
Much remains to be researched on
the topic of digitalisation of agriculture
and sustainability, and the
speed of change is putting pressure
on farmers, researchers, and policymakers
alike. One thing that has
become clear is that the impacts
of different digital tools vary greatly
depending on the context in which
they are used and the intentions of
farmers and technology providers.
If we are to realise the opportunities
promised by new digital technologies,
we need to remember
that agriculture extends far beyond
yields and profits. Only then can the
challenges facing our food systems
be addressed efficiently.
SOURCES
BIS Research (2022). Forecast market value of
smart farming worldwide in 2021 to 2027
(in billion U.S. dollars) [Graph]. In Statista.
Retrieved 10 February 2025, from www.
statista.com/statistics/720062/market-value-smart-agriculture-worldwide/
AFN (2022). Agri-food technology investments
in Europe in 2022, by country (in million U.S.
dollars) [Graph]. In Statista. Retrieved 10
February 2025, from www.statista.com/statistics/1413900/european-agri-food-tech-investment-by-country/
LINK
D4AgEcol
https://d4agecol.eu/
Karl Reimand, MSc., DI Dr. Andreas
Niedermayr and DI Tobias Plankensteiner
are researchers at the Institute
of Agricultural and Forestry Economics,
Univ.-Prof. Jochen Kantelhardt is head of
the institute.
1/2025
19
Felix Sandell (links) und
Lukas Grossfurthner
bei der Besprechung
aktueller Ergebnisse
ihrer Arbeit.
Mit maschinellem Lernen zu
stressresistenten Kulturpflanzen
Von Felix L. Sandell, Lukas P. Grossfurthner, Juliane C. Dohm und Heinz Himmelbauer
Das Klima ist einer der wichtigsten
Faktoren, die die Verbreitung von
Pflanzen bestimmen, und klimatische
Veränderungen können sich
entscheidend auf die Lebensräume
und die Evolution von Pflanzen
auswirken. Durch den Klimawandel
werden Pflanzenpopulationen anderen
Bedingungen ausgesetzt als
jenen, an die sie angepasst sind. Die
Fähigkeit von Populationen, auf neue
Umweltbedingungen zu reagieren,
hat direkte Auswirkungen auf lokale
und globale Ökosystemprozesse.
Während sich einige Pflanzen durch
bestehende genetische Vielfalt anpassen
können, sind andere dazu
nicht in der Lage und werden in
ihrer Häufigkeit abnehmen oder
möglicherweise aussterben.
Auch Kulturpflanzen auf unseren
Feldern haben mit klimatischen Veränderungen
zu kämpfen. Um sie zu
erhalten und den Ertrag zu sichern,
müssen sie widerstandsfähiger gemacht
werden. Das erfordert vor allem,
dass sie sich an die zunehmende
Trockenheit anpassen und gegen
Schädlinge resistent werden, die
sich unter veränderten klimatischen
Bedingungen stärker vermehren.
In Kulturpflanzen wurden im Zuge
der Zuchtwahl erwünschte Eigenschaften
gefördert, wodurch aber
gleichzeitig die genetische Vielfalt
und damit die Anpassungsfähigkeit
abgenommen haben. Als unsere
Kulturpflanzen domestiziert wurden,
haben Bauern nur wenige Individuen
aus einer Region miteinander
gekreuzt und auf bestimmte Eigenschaften
selektiert, zum Beispiel auf
Größe und Form der Speicherwurzel
bei Rüben.
Dies führte zu einer genetischen
Verarmung der domestizierten Pflanzen.
Die wilden Vorfahren unserer
Kulturpflanzen verfügen jedoch noch
über das ursprüngliche genetische
Potenzial, und man kann die genetische
Vielfalt der Wildformen nutzen,
um Kulturpflanzen widerstands-
20 1/2025
Zuckerrübenfeld nach einer Hitzeperiode am
Ende des Sommers 2024 im Unteren Ennstal
(Hargelsberg, Oberösterreich).
Fotos: H. Himmelbauer, L. Grossfurthner
fähiger zu machen. Wildarten sind
an ihren Lebensraum gut angepasst,
da sie fortwährend unter natürlicher
Selektion stehen. Sie haben damit
zum Beispiel an einem trockenen
Standort natürlicherweise einen
geringeren Wasserbedarf oder sind
weniger empfindlich gegenüber wärmeliebenden
Schädlingen.
Ein Ziel der bioinformatischen
Genomforschung ist es, Pflanzeneigenschaften
mit genetischen
Daten in Verbindung zu bringen, um
zu verstehen, welche Gene für Resistenzen
und Anpassungen verantwortlich
sind. Daraufhin kann durch
züchterische Methoden versucht
Zuckerrübe (Beta vulgaris ssp. vulgaris var.
altissima) auf einem Feld im Unteren Ennstal
(Oberösterreich) im September 2024. Moderne
Zuckerrübensorten enthalten 16-20 % Zucker
in ihrer Speicherwurzel.
werden, solche Gene gezielt in Kulturpflanzen
einzubringen.
Am Institut für Computergestützte
Biologie (COBI) befassen wir uns
intensiv mit Rüben der Gattung Beta.
Diese umfasst mehrere Wildarten sowie
die im Taxon Beta vulgaris subsp.
vulgaris vereinten Kulturformen Zuckerrübe,
Futterrübe, Rote Bete und
Mangold. Um herauszufinden, welche
genetische Vielfalt in ihrem Vorfahren
(Wilde Rübe oder Seerübe) verborgen
ist, haben wir die Genome von
über 1000 Rüben, wild und kultiviert,
sequenziert. Die dabei generierten
Datenmengen sind enorm, wenn man
bedenkt, dass ein Rübengenom etwa
1/2025
21
Verbreitung der Zuckerrübe in Österreich (gelb), basierend auf Satellitendaten der EUCROPMAP
aus dem Jahr 2022 und einem digitalen Höhenmodell. Die Zuckerrübenanbaufläche wurde auf
insgesamt 37.600 Hektar geschätzt.
750 Millionen DNA-Bausteine umfasst.
Das bedeutet auch, dass der
Rechenaufwand, um aus den Daten
Erkenntnisse zu gewinnen, ebenfalls
sehr hoch ist. Zur effizienten
Datenverarbeitung verfügt COBI über
einen eigenen Hochleistungsrechner.
Doch nicht nur die Rechenkapazität
ist entscheidend, sondern vor allem
die Wahl der richtigen Algorithmen,
um relevante Genomabschnitte in
Pflanzen zu identifizieren. Lange
kamen dazu lineare Modelle zum
Einsatz, die davon ausgehen, dass
eine einzelne Veränderung im Genom
eine bestimmte Eigenschaft direkt
beeinflusst. In vielen Fällen gibt es
aber komplexere Zusammenhänge,
was zu der Frage führt: Wie können
wir die genetische Grundlage komplexer
Eigenschaften – wie etwa der
Fähigkeit, trotz Wassermangels gut
zu gedeihen –, die von mehreren
nicht direkt miteinander verknüpften
Genen abhängen, bestimmen? Und
weiter: Können verschiedene Kombinationen
von Mutationen in unterschiedlichen
Genen zur Ausprägung
der gleichen Eigenschaften führen?
Um solchen Fragen nachzugehen,
setzen wir auf Methoden des „Maschinellen
Lernens“.
In der Ära von ChatGPT und ähnlicher
„Large Language Models“ wird
maschinelles Lernen oft mit generativen
Modellen gleichgesetzt, die
etwa Texte erzeugen können. Jedoch
gibt es weitere Modelltypen, die
ebenfalls zum maschinellen Lernen
zählen. Wir nutzen Modelle der Entscheidungsbaum-Familie
(„Random
Forests“), um wilde und kultivierte
Rüben anhand von genetischer
Information aus DNA-Sequenzen
unterscheiden zu können. Dazu werden
DNA-Sequenzierungsdaten einer
Gruppe von wilden Rüben mit denen
einer Gruppe von kultivierten Rüben
verglichen. Aus den spezifischen
Unterschieden lässt sich feststellen,
welcher Teil der Genomsequenz
besonders wichtig für die korrekte
Klassifizierung ist. Der große Vorteil
dieser Methode ist, dass die Modelle
die Kombination aller Sequenzunterschiede
berücksichtigen und
damit auch komplexe Zusammenhänge
erkennbar machen, das heißt
Fälle, in denen mehrere Sequenzvarianten
im Genom zusammenwirken,
um eine bestimmte Eigenschaft
auszuprägen.
Der Ausgangspunkt für diese Arbeiten
sind öffentliche Saatgutbanken,
die unter anderem ein großes
Repertoire an Wildrüben enthalten.
Viele dieser Pflanzen wurden in
Feldversuchen auf Eigenschaften
wie Dürre- oder Krankheitsresistenz
getestet. Diese Daten können wir
nutzen, um sie mit den genetischen
Unterschieden zwischen wilden und
kultivierten Rüben in Verbindung zu
bringen oder um genetische Unterschiede
zwischen krankheits- und
schädlingsresistenten Pflanzen im
Vergleich zu anfälligen Pflanzen
direkt zu identifizieren. Mit diesen
Methoden ist es uns bereits
gelungen, in der Rübe ein Kandidatengen
für die Resistenz gegen
Echten Mehltau zu identifizieren.
Der nächste Schritt hin zu robusten
Kulturpflanzen ist der experimentelle
Nachweis, dass die durch Datenanalysen
gefundenen Kandidatengene
tatsächlich für die betreffende
Eigenschaft verantwortlich sind.
Durch Kreuzung mit Wildpflanzen,
die erwünschte Genvarianten tragen,
sowie strikte Selektion könnten in
naher Zukunft Sorten entstehen, die
besser für eine klimatisch fordernde
Zukunft gewappnet sind.
Univ.-Prof. Dr. Heinz Himmelbauer leitet
das Institut für Computergestützte Biologie
(COBI), Assoc.-Prof. in Priv.-Doz. in Dr. in
Juliane Dohm ist stellvertretende Institutsleiterin,
Lukas Grossfurthner, MSc.
Ph.D. ist als Universitätsassistent am
COBI tätig, DI Dr Felix Sandell ebenfalls
als Universitätsassistent.
22 1/2025
Landwirtschaft neu denken: Höhere Erträge bei weniger Umweltschäden
Die BOKU zählt zu den führenden nachhaltigen Universitäten und treibt mit
wegweisender Forschung den Umwelt- und Klimaschutz aktiv voran. In unserem
Podcast Planet Shapers beleuchten wir aktuelle Klimafragen, stellen
innovative Forschungsprojekte vor und präsentieren Lösungen, die bereits
erfolgreich umgesetzt wurden – ganz nach unserem Motto:
Fakten. Forschung. Fertige Lösungen.
In Folge vier widmen wir uns einer zentralen Herausforderung: Wie lässt
sich die landwirtschaftliche Produktivität steigern, ohne die Umwelt zu
belasten?
Dazu begrüßen wir im Studio den Experten für innovative Pflanzenzüchtung
Johann Vollmann sowie die Nutztierforscherin Sara Hintze. Außerdem stellen
wir das BOKU-Spin-off Agrobiogel vor – und ihr innovatives Holz-basiertes Gel,
das Wasser speichert und in Trockenperioden langsam an Pflanzen abgibt.
Jetzt abonnieren auf Spotify, Apple Podcasts & Co. –
Together we shape the future!
Mehr Infos auf boku.ac.at/planetshapers
1/2025
23
„Kuhtracking“ mit Kameras und Künstlicher
Intelligenz zur Überwachung der
Tiergesundheit im Stall.
Digitalisierung in der Landwirtschaft
Wie nachhaltig sind neue Technologien?
Von Sabine Greßler, Anna Pavlicek, Daniela Fuchs und Florian Part
Die Landwirtschaft ist ein überlebenswichtiger
Wirtschaftssektor,
der jedoch zunehmend unter
Druck gerät. Sinkende Preise für
landwirtschaftliche Produkte und
Konkurrenz auf einem globalen
Markt zwingen Betriebe zu Produktions-
und Effizienzsteigerungen
und führen zu einem Strukturwandel
mit wenigeren, aber größeren
Agrarbetrieben. Arbeitskräftemangel,
Klimawandel, Degradierung von
Böden und steigende Preise für
Agrochemikalien und Futtermittel
sind nur einige der Probleme, mit
denen sich die Landwirtschaft konfrontiert
sieht.
Um einerseits die Ernährungssicherheit
der Bevölkerung zu gewährleisten
und andererseits die
Wettbewerbsfähigkeit und damit
das Überleben landwirtschaftlicher
Betriebe zu sichern, scheint eine
weitere Technisierung des Agrarsektors
das Mittel der Wahl zu sein.
Moderne Agrartechnologien machen
es möglich, dass wir – zumindest
in den Industrieländern – qualitativ
hochwertige und günstige Lebensmittel
in Hülle und Fülle ganzjährig
zur Verfügung haben, jedoch
auch mit den Schattenseiten leben
müssen, nämlich mit den Umwelt-
und Gesundheitsschäden wie
Nitratbelastung des Grundwassers,
Feinstaub, Biodiversitätsverlust
oder Antibiotikaresistenzen durch
Massentierhaltung. Zusätzlich verursacht
die Landwirtschaft rund
19 % der Treibhausgasemissionen
in Österreich und liegt damit laut
Umweltbundesamt an zweiter Stelle
nach dem Verkehr. Somit ist der
Agrarsektor nicht nur durch Auswirkungen
des Klimawandels selbst
betroffen, sondern trägt auch maßgeblich
zu diesem bei.
Was kann also getan werden, um
die Landwirtschaft effizienter zu
gestalten und in Richtung nachhal-
Fotos: Mechatronik Austria GmbH & Cognify GmbH / Simon Lerchster
24 1/2025
Messung des Bodenpotenzials mittels
„Soilmapper“ zur teilflächenspezifischen
Bewirtschaftung.
Bislang wurden die Umweltauswirkungen der
digitalen Geräte selbst, wie Kameras, Sensoren
oder Drohnen, deren Energie- und Materialverbrauch
bei der Herstellung oder die Problematik
deren Entsorgung kaum betrachtet.
tiger Entwicklung zu verändern? Die
Europäische Union sieht in der Digitalisierung
der Landwirtschaft einen
dafür geeigneten Weg. Ein zentrales
Ziel der gemeinsamen Agrarpolitik
der EU (GAP 2023-2027) ist die
Modernisierung der Landwirtschaft
und der ländlichen Gebiete durch
die Förderung von Wissen, Innovation
und Digitalisierung. Durch
Erfassung und Verarbeitung von
Informationen, Automatisierung und
Robotisierung sollen Effizienz und
Wettbewerbsfähigkeit im Agrarsektor
gesteigert und gleichzeitig
dessen ökologischer Fußabdruck
verringert werden. Die Initiative
findet ihren Niederschlag auch im
österreichischen „Digitaler Aktionsplan
Smart Farming“, der einen
Maßnahmenkatalog enthält, um
der Landwirtschaft einen „digitalen
Booster“ für mehr Wettbewerbsfähigkeit
und Resilienz zu geben.
Unter „Smart Farming“ versteht
man den Einsatz unterschiedlicher
digitaler Technologien wie
Ernte- oder Melkroboter, Drohnen,
Sensoren, GPS-gesteuerte Lenksysteme
oder KI-unterstützte Datenmanagementsysteme.
Ein wichtiger
Teilbereich ist die sogenannte
Präzisionslandwirtschaft, bei der
die Ausbringungsmengen von Agrochemikalien
oder Wasser anhand
von spezifischen, digital generierten
Boden- oder Pflanzendaten
berechnet und über ein Netzwerk
adressierbarer Endgeräte (dem
sogenannten „Internet of Things“)
appliziert werden. Digitale Landmaschinensysteme,
die GIS- und/oder
GPS-Daten wie etwa Satellitenbilder
nutzen, gehören zu den ersten
in der Landwirtschaft eingesetzten
digitalen Technologien. Weitere
Beispiele für „Smart Farming“ sind
etwa Sensoren zur Unkrautregulierung
oder zum Wildtierschutz,
Roboter für verschiedene Feld- und
1/2025
25
Fotos: Adobe Stock
Durch Erfassung und Verarbeitung von Informationen, Automatisierung und Robotisierung sollen Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit im Agrarsektor
gesteigert und gleichzeitig dessen ökologischer Fußabdruck verringert werden.
Pflegearbeiten etwa im Obst- oder
Weinbau, Drohnen für einen Einsatz
in der Schädlingsbekämpfung sowie
zur Kartierung, zum Monitoring
und zur Überwachung von landwirtschaftlichen
Flächen. Neueste
Trends gehen in Richtung KI-basierter
Systeme, die dabei helfen
sollen, die Gesundheit und das
Verhalten von Nutztieren zu überwachen.
Hierbei werden von Kameras
oder Sensoren erfasste Daten
von KI-Algorithmen analysiert und
die Ergebnisse Landwirt*innen als
Entscheidungshilfe zur Verfügung
gestellt.
Während das erhoffte Effizienzpotenzial
solcher Anwendungen
groß ist, sind ihre konkreten Auswirkungen
noch weitestgehend unbekannt.
In betriebswirtschaftlicher
Hinsicht führten Automatisierung,
Lenksysteme und Robotik im landwirtschaftlichen
Produktionsbereich
vor allem für größere Betriebe
durchaus zu Arbeitsentlastung, Produktions-
und Effizienzsteigerung.
Gleichzeitig bleiben nach wie vor
Vorbehalte gegenüber einer weiteren
Digitalisierung bestehen: So
fürchten Landwirt*innen vor allem
hohe Investitionskosten, ohne den
konkreten Nutzen einzelner Anwendungen
zu kennen, und auch
Fragen der Datensicherheit und der
Haftung sind im Zusammenhang
mit KI-basierten Systemen noch zu
klären.
Aus ökologischer Perspektive lassen
einige wenige Studien Umweltentlastungspotenziale
und Nachhaltigkeitseffekte
digitaler Anwendungen
durch Ressourceneinsparungen und
verringerten Agrochemikalieneinsatz
erkennen. Kaum betrachtet
wurden bislang jedoch die Umweltauswirkungen
der digitalen Geräte
selbst, wie Kameras, Sensoren
oder Drohnen, deren Energie- und
26 1/2025
DANKSAGUNG
Das Projekt „SAMA“ wird im Rahmen des
Nano-EHS-Programms (Ausschreibung
2023) über die FFG finanziert.
LINKS
Projekt SAMA (Nachhaltigkeitsaspekte von
Advanced Materials in Digitalen Technologien
in der Landwirtschaft)
https://projekte.ffg.at/
projekt/5126670
„SoilMap“: Bodenkartierung, Simon Lerchster
www.soilmap.at
„Kuhtracking“: Kamerabasiertes, KI-gestütztes
Tool zur Überwachung der Tiergesundheit,
Mechatronik Austria GmbH & Cognify GmbH
www.kuhtracking.com
Materialverbrauch bei der Herstellung,
oder die Problematik deren
Entsorgung. Ebenso finden sozioökonomische
Aspekte und allfällige
Auswirkungen auf die Agrarsysteme
bislang wenig Beachtung.
Diesen Fragen widmet sich das
Forschungsprojekt „SAMA“. Seit
Jänner 2025 untersuchen und evaluieren
das Institut für Synthetische
Bioarchitekturen und das Institut
für Abfall- und Kreislaufwirtschaft
gemeinsam mit den Projektpartnern
MECHATRONIK AUSTRIA
(„Kuh tracking“), Simon Lerchster
(„SoilMap“) und dem Zentrum für
Soziale Innovation (ZSI) Nachhaltigkeitsaspekte,
Chancen und Risiken
von digitalen Technologien in der
Landwirtschaft. Der Schwerpunkt
liegt dabei insbesondere auf neuartigen
Werkstoffen und Materialien
(„Advanced Materials“), wie zum
Beispiel Nanomaterialien, speziellen
Polymeren oder Legierungen mit
kritischen Rohstoffen. Basierend
auf den Ergebnissen erarbeitet das
Projektteam Vorschläge für eine
umwelt- und sozialverträglichere
Digitalisierung der Landwirtschaft
im Sinne des „Safe and Sustainable
by Design“-Konzeptes.
Zentrum für Soziale Innovation
www.zsi.at
Mag. a Sabine Greßler ist wissenschaftliche
Projektmitarbeiterin, Dr. Florian Part
ist Senior Scientist am Institut für Abfallund
Kreislaufwirtschaft. Anna Pavlicek,
MSc. MSc. ist wissenschaftliche Projektmitarbeiterin
am Institut für Synthetische
Bioarchitekturen, Daniela Fuchs, BSc. ist
wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum
für Soziale Innovation.
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Maisextrakte vor der Mykotoxinbestimmung.
Verbesserte Mykotoxinüberwachung
Schutz der Lebensmittelsicherheit im Klimawandel
Von Rudolf Krska
Fotos: IBAM
Selbst im hochentwickelten Europa
sind Mensch und Tier einer
Mischung aus gesundheitsgefährdenden
Substanzen ausgesetzt, die
ein potenzielles Risiko darstellen.
Berühmtes Beispiel dafür ist das
Mykotoxin Aflatoxin B1, das vor allem
in südlichen Klimazonen, etwa
in Erdnüssen aber auch in Getreide,
gefunden wird und als genotoxisches
Kanzerogen eingestuft wird.
Im 2023 erschienenen Buch Essen
ohne Gift? (R. Krska, 2023, Picus)
wird in diesem Kontext betont, dass
die Laienmeinung „Natur ist gesund“
und „Chemie ist gefährlich“ ständig
zu hinterfragen ist.
Ein gutes Beispiel dafür, dass die
Natur nicht prinzipiell gesund ist,
sind wiederum Mykotoxine. Der
Begriff leitet sich aus dem griechischen
Wort mykes für Pilz und dem
lateinischen Wort toxicum für Gift
ab. Das sind giftige sekundäre Stoffwechselprodukte
(Metaboliten), die
von Schimmelpilzen, nicht nur im
Marmeladeglas, sondern vor allem
auf Nutzpflanzen am Feld oder während
unsachgemäßer, feuchter Lagerung
gebildet werden können. Mykotoxine
werden in der Öffentlichkeit
und abseits von landwirtschaftlichen
Betrieben beziehungsweise der
Lebens- und Futtermittelindustrie
allerdings kaum wahrgenommen,
obwohl sich diese immer unter den
Top 3 der am häufigsten gefundenen
Schadstoffe in Lebensmitteln
finden. Schimmelpilzgifte sind
übrigens meist um den Faktor 100
akut giftiger als Pestizide und einige
zudem östrogen beziehungsweise
kanzerogen.
Mykotoxine können nicht nur die
Gesundheit der Pflanze, sondern
auch die von Mensch und Tier schädigen.
Das Spektrum der gesundheitlichen
Beeinträchtigungen reicht
von Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsverlust
bis hin zur Unfruchtbarkeit
und Leberkrebs. Zudem verursachen
Mykotoxine erhebliche wirtschaftliche
Verluste in der Landwirtschaft.
Ernteverluste und die Auswirkungen
vor allem auf die Tiergesundheit
kosten laut Einschätzungen von
Expert*innen in einem durchschnittlichen
Jahr zirka 1,5 Milliarden Euro
allein in Europa.
Die bekannteste Gruppe an Mykotoxinen
sind zweifelsohne die
Aflatoxine. Obwohl diese in Europa
im Gegensatz zu tropischen Regionen
nur eine geringe Rolle bei der
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Entstehung von Leberkrebs spielen,
stellt ihre chronische Exposition
über Nüsse, Trockenfrüchte und
Weizen dennoch ein potenzielles Risiko
für die Europäer*innen dar, und
zwar selbst dann, wenn die europäischen
Grenzwerte für die maximale
Konzentration von Aflatoxinen in
Lebensmitteln eingehalten werden.
In europäischen Lebensmitteln findet
man am häufigsten Mykotoxine,
die von Schimmelpilzen der Gattung
Fusarium gebildet werden. Allen
voran gehören dazu die Mykotoxine
Desoxynivalenol, T-2-Toxin, HT 2-Toxin,
Zearalenon und die Fumonisine.
Die umfassende Befundung von
Lebensmittelproben ist die Basis für
die Risikobewertung von kontaminierten
Produkten. Am interuniversitären
IFA-Tulln, das nun zum BOKU-
Department für Agrarwissenschaften
gehört, wurde in Kooperation mit
dem K1 Kompetenzzentrum FFoQSI
eine weltweit einmalige, auf Massenspektrometrie
basierende Methode
entwickelt, mit der über 1000
Mykotoxine und andere sekundäre
pflanzliche und fungale Metaboliten
in rund zehn Minuten quantifiziert
werden können.
Mit Fusarium graminearum kontaminierte Maiskolben im Analyselabor.
Berechnungen der University of
Exeter in Großbritannien zeigen,
dass pathogene Mikroorganismen
seit 1960 mit einer Geschwindigkeit
von mehreren Kilometern pro Jahr
in Richtung Polkappen wandern.
Der Klimawandel wirkt sich demnach
auch auf die Bildung und das
Vorkommen von natürlichen Giften,
wie Mykotoxine, aus. Als Beispiel sei
hier die als Mais-Skandal bekannt
gewordene Krise in Serbien Anfang
2013 erwähnt. In dieser Region
verursachten extrem hohe Temperaturen
gepaart mit geringen Niederschlagsmengen
massive Infektionen
von Mais mit Aspergillus-Pilzen, die
hohe Mengen an Aflatoxin B1 produzierten.
Über das kontaminierte
Futter für die Milchkühe gelangte
schließlich der ebenfalls krebserregende
Metabolit Aflatoxin M1 in
Milchprodukte.
Neben der Minimierung des Risikos
für Mensch und Tier wird seit vielen
Hochleistungs-Flüssigkeits-Chromatographie, gekoppelt an ein Tandem-Massenspektrometer
(LC-MS/MS) zur Multi-Mykotoxin-Bestimmung am Department für Agrarwissenschaften.
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Inokulation von
Weizenähren für
Pflanze-Pilz-
Metabolomics-
Studien.
Jahren daran geforscht, die durch
Ernteausfälle hervorgerufenen Milliardenschäden
und die Menge der
verunreinigten Lebens- und Futtermittel
zu vermindern. Aktuell setzt
man im Kampf gegen die Schimmelpilzgifte
vor allem auf Digitalisierung,
maschinelles Lernen und Big
Data. Es geht in Richtung Drohnen,
Satellitenbilder und Algorithmen,
um Vorwarnsysteme für Mykotoxin-Kontaminationen
zu entwickeln.
Neben den hochaufgelösten Bildern
werden auch historische und aktuelle
Wetterdaten, die Bodenbeschaffenheit,
die Resistenzfähigkeit der
Pflanze und der Lebenszyklus des
Pilzes berücksichtigt. Dazu kommen
Informationen von vor Ort, etwa
Daten zur Pflanzenentwicklung, die
der Landwirt am Smartphone eingibt,
und die von FFoQSI/BOKU ermittelten
Mykotoxinkonzentrationen
in den Feldfrüchten.
Dieses Konzept wurde in dem von
Krska koordinierten EU-Projekt
MyToolBox in Kooperation mit 24
Partnern aus elf Ländern (darunter
drei aus China) gemeinsam mit Farmern
umgesetzt. Die Verbindung der
Bodendaten mit den Satelliten- oder
Drohnendaten ermöglicht es, Algorithmen
zu entwickeln, die es nicht
mehr erforderlich machen, alles am
Boden zu analysieren. Letztendlich
soll man rein auf Basis des Satellitenbildes
eine Gefahr erkennen und
darauf reagieren können. Dabei geht
es auch darum, rechtzeitig zu erkennen,
ob und in welchem Ausmaß
Fungizide gesprüht werden müssen,
um die Infektionen mit Fusarium
oder Aspergillen möglichst zu vermeiden.
In dem aktuell von Martin Wagner
(FFoQSI) und Rudolf Krska koordinierten
EU-Projekt FoodSafeR geht
man über den Stand der Technik
hinaus. Gemeinsam mit Wageningen
Food Safety Research, DSM/Biomin
und Biosense kombiniert man mathematische
Werkzeuge zur Implementierung
von Prognosen in die
Modellierung von Lebensmittelkettennetzwerken,
unterstützt durch
klassische Vorhersagemodelle, die
stochastische Algorithmen umfassen
und mit molekularen Analysen
und Lebensmittelsysteminformationen
kombiniert werden. Darüber
hinaus wurde ein zunächst vierjähriges
Horizon-Scanning über das
Vorhandensein (toxischer) sekundärer
Metaboliten und Agrochemikalien
vor dem Hintergrund des Klimawandels
an verschiedenen Standorten in
Europa ins Leben gerufen. Und zwar
sowohl gezielt als auch ungezielt
unter Verwendung der Tandem-Massenspektrometrie
bzw. der hochauflösenden
Massenspektrometrie-basierten
Metabolomik.
Der Kontamination mit Mykotoxinen
steht nun also eine Vielzahl
an Gegenstrategien und -mitteln
gegenüber: Von der minimalen Bodenbearbeitung
und dem Einsatz
resistenter Sorten über Vorwarnsysteme
mit Drohnen und Satellitenbildern
bis zu Fungiziden, Biokontroll-Organismen
und der Entgiftung
mit Enzymen reicht die Palette zur
Realisierung von integrierten Ansätzen
und ganzheitlichen Lösungen
in der nachhaltigen landwirtschaftlichen
Produktion.
Univ.-Prof. DI Dr. Rudolf Krska leitet das
Institut für Bioanalytik und Agro-Metabolomics.
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Mikro-Kolonien aus einem 3D-Präzisionsdruck von Aspergillus-nidulans-Sporen für genetische Screens.
Molekulare Genetik der Pilze
Von genetischen Netzwerken zu Funktionen in Agrar- und Umweltsystemen
Von Joseph Strauss
Fotos: BOKU/ IMiG
Pilze verwerten praktisch alle organischen
Materialien – egal, ob
natürlich oder synthetisch! Diese
Eigenschaft macht sie nicht nur zu
den wichtigsten Kohlenstoff- und
Stickstoff-Recyclern in der Umwelt,
sondern auch zu den gefährlichsten
Erregern von Pflanzenkrankheiten
in der Land- und Forstwirtschaft.
Dabei birgt auch hier der Klimawandel
neue Risiken für die agrarischen
Produzent*innen: Aufgrund der
wärmeren Temperaturen werden bei
uns zunehmend neue Krankheitserreger
heimisch, die sich vorher nicht
ausbreiten konnten, und bedrohen
damit unsere dafür nicht angepassten
Nutzpflanzen 1 . Man denke also
an die immensen Schäden, die jedes
Jahr an Getreidepflanzen, Obst und
Gemüse durch die mikroskopisch
kleinen Erreger der Pilzkrankheiten
entstehen. Die FAO spricht von
riesigen Verlusten – bis zu einem
Drittel der jährlichen Nahrungs- und
Futtermittelproduktion kann durch
Pilzkrankheiten und verdorbene
Waren verlorengehen 2 . Andererseits
sind genau diese Pilze aber wiederum
unsere Lebensretter: Sie halten
1 Nnadi NE, Carter DA (2021) Climate change
and the emergence of fungal pathogens.
PLoS Pathog 17(4): e1009503. https://doi.
org/10.1371/journal.ppat.1009503
2 www.fao.org/4/x7354e/x7354e05.htm
3 https://boku.ac.at/agri/imig
über den natürlichen Nährstoffkreislauf
unsere Böden fruchtbar,
liefern Enzyme für die Lebensmittelherstellung
und Medikamente für
unsere moderne Medizin. All dies
macht diese gemeinhin als „Schimmelpilze“
bekannten Mikroorganismen
zu wichtigen und attraktiven
Forschungszielen.
Vom Gen zur Funktion – detailliertes
Verständnis der Pilze
bis zur molekularen Ebene
Am Institut für Mikrobielle Genetik
(IMiG 3 ) der BOKU wird zum Thema
„Schimmelpilze“ genetisch, bioinformatisch
und biochemisch geforscht.
1/2025
31
3D-Druck-Mikro-Kolonien
verschiedener Pilze im
Interaktions-Screen.
Das Ziel dieser Forschung ist es,
diese mikroskopisch kleinen Pilze
so gut wie möglich zu verstehen -
in ihrem Innersten, in ihren Genen
und Zellen. Um sie im Pflanzenbau
erfolgreich bekämpfen zu können,
muss man ihren Lebenszyklus in allen
Facetten kennen, man muss verstehen,
wie sie sich so erfolgreich
ihren Weg über Wurzeln oder Blätter
in unsere Nutzpflanzen bahnen und
dabei die Abwehrreaktionen der
Pflanze umgehen beziehungsweise
unterdrücken können. Und auch
um sie bei der Bodenfruchtbarkeit
zu berücksichtigen, sollte man ihre
ökologische Funktion möglichst gut
verstehen: Was genau passiert beim
Abbau von Biomasse, wie setzen sie
sich gegen Konkurrenten durch, oder
wie schaffen sie es, den Stickstoff
im Boden zu halten?
Um diese Fragen wissenschaftlich
bearbeiten zu können, werden am
IMiG vor allem genetische, bioinformatische
und biochemische Methoden
verwendet, die es erlauben,
Genetisch markierte Hyphen und Sporen
des Schimmelpilzes Aspergillus nidulans
unter dem Fluoreszenz-Mikroskop.
dynamische genetische Netzwerke
innerhalb von Pilzzellen zu erfassen.
Damit können zum Beispiel Stoffwechselwege
oder Vermehrungsstadien
in hoher Detailgenauigkeit
verstanden werden, was wiederum
die Voraussetzung dafür schafft,
ganz gezielt und möglichst spezifisch
Methoden zur Bekämpfung von
Krankheitserregern zu entwickeln.
Internationale Spitzenforschung
und
Entwicklungsarbeiten
Um solche Ansätze weiterzuentwickeln,
hat zum Beispiel der FWF ein
interdisziplinäres Forschungsteam
unter der Leitung des IMiG in Form
eines zehnjährigen „Sonderforschungsbereichs
Fusarium“ finanziert.
Von molekularen Netzwerken,
über Epigenetik bei Pilzen bis zu
chemischer Analytik und „Entgiftung“
von Pilzmetaboliten und molekularer
Pflanzenzüchtung nahmen
über zehn Arbeitsgruppen der BOKU
und einer Toxikologie-Gruppe der
Universität Wien erfolgreich daran
teil, um neues Grundlagenwissen
über einen der weltweit wichtigsten
Krankheitserreger zu erarbeiten.
Damit sollte auch die Grundlage für
spätere Anwendungen im Bereich
nachhaltiger Pflanzenschutz beziehungsweise
Pflanzenzüchtung
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Elektronenmikroskopische
Aufnahme der
Sporenträger
und Sporen des
Schimmelpilzes
Aspergillus
nidulans.
Über 50 neue bioaktive Stoffwechselprodukte
konnten dabei identifiziert
werden und ihre Aktivitäten
gegen Bakterien (Antibiotika), andere
Pilze (Fungizide), Insekten und
Pflanzen wurden getestet. Weitere
Schlüsselpublikationen in hochwertigen
internationalen Journalen
sind dabei aus den BiMM-Arbeiten
publiziert worden. Und auch Industriepartner
haben sich gemeldet, die
Interesse an den Screening-Technologien
der BiMM haben.
Lehre und Wissenschaftskommunikation
Pilze sind nicht nur die wichtigsten Kohlenstoff-
und Stickstoff-Recycler in der
Umwelt, sondern auch die gefährlichsten
Erreger von Pflanzenkrankheiten in der
Land- und Forstwirtschaft.
geschaffen werden. Unzählige hochrangige
internationale Publikationen,
einige Patente und neue Industriekooperationen
entstammen dieser
langjährigen wissenschaftlichen Zusammenarbeit
im Bereich Agrarwissenschaften
zwischen unterschiedlichen
Instituten an der BOKU.
Bioaktive Stoffwechselprodukte
finden und
Anwendungen entwickeln
Die Erkenntnisse dieser Forschung
haben auch ein weiteres Forschungsfeld
des IMiG gestärkt: und
zwar, wie Stoffwechselprodukte von
Pilzen ihre Interaktion mit Pflanzen
und anderen Mikroorganismen auf
molekularer und sogar auf epigenetischer
Ebene beeinflussen.
Diese epigenetische Ebene ist dabei
von besonderer Bedeutung, da sie
sozusagen das „einfache zelluläre
Gedächtnis“ von Mikroorganismen
und Pflanzen darstellt.
Obwohl Mikrobiolog*innen ja gerne
unter „sterilen“ Bedingungen arbeiten,
können Pilze in der Natur und
in Agrarsystemen aber nicht isoliert
betrachtet werden. Um diese komplexen
Interaktionen mit modernsten
molekulargenetischen und mikrobiologischen
Techniken inklusive
Laborautomatisierung längerfristig
erforschen zu können, wurde am
IMiG daher in Kooperation mit dem
IBAM des IFA, dem Institut für Bioanalytik
und Agro-Metabolomics
(IBAM), dem Institut für Chemie
nachwachsender Rohstoffe und der
Veterinärmedizinischen Universität
eine eigene Forschungsplattform
mit dem Namen „BiMM-Bioaktive
Mikrobielle Metaboliten4“ initiiert
(finanziert durch die Infrastrukturförderung
des Bundes, Mittel aus
EU-EFRE und des Landes Niederösterreich).
Hier werden seit nunmehr
fast zehn Jahren die molekularen
Grundlagen der Interaktion zwischen
unterschiedlichen Pilzen beziehungsweise
zwischen Pilzen und
Bakterien oder Pflanzen erforscht.
4 https://www.bimm-research.at
Das IMiG ist mit seinen „Genetik-
Themen“ natürlich auch eng in die
universitäre Lehre eingebunden.
Dabei steht sicher die theoretische
und praktische Grundausbildung
in Genetik für den Bachelor Agrarwissenschaften
im Zentrum der
Aktivitäten. In Kooperation mit anderen
Instituten werden aber auch
spezialisierte Lehrveranstaltungen
für die Master- und PhD-Programme
abgehalten, unter anderem Molekularbiologie
für Agrarwissenschaften,
molekulare Genetik und Genomforschung
der Pilze, oder eine Vorlesung
mit Übung in molekularer
Phytopathologie. Die Weitergabe
des Wissens und die Verbreitung in
Form von Wissenschaftskommunikation
liegen den Wissenschaftler*innen
des IMiG ganz besonders
am Herzen – sei es in Form von
Vorträgen im Rahmen der NÖ-Aktion
„Science Goes School“ oder bei
den Aktionen der „Langen Nacht der
Forschung“ in Wien und Tulln. Dabei
werden auch vom IMiG im Rahmen
von Forschungsprojekten gedrehte
Kurzfilme gezeigt – auch dies ein
moderner Weg, um die Öffentlichkeit
über die gesellschaftliche Relevanz
zu informieren und vor allem
junge Menschen für die faszinierende
genetische Forschung an Pilzen
zu begeistern.
Univ.-Prof. Dr. Joseph Strauss leitet das
Institut für Mikrobielle Genetik.
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Gesucht und gefunden.
Fotos: BOKU University Peter Zeschtiz/Silvia Winter
Links: Spürhund Minna
auf der Jagd nach
dem Schmalblättrigen
Greiskraut (Senecio
inaequidens)
Rechts: Das Frühlings-
Greiskraut (Senecio
vernalis) wurde von
Cookie im Kümmelfeld
erfolgreich aufgespürt.
Auf Spurensuche nach
giftigen Unkräutern
Von Silvia Winter
Spürhunde werden in unterschiedlichen
Bereich eingesetzt: Mit ihren
feinen Nasen erschnüffeln sie unter
anderem Sprengstoff, Drogen, verschüttete
Menschen und können
sogar Krebserkrankungen frühzeitig
riechen. Am Institut für Pflanzenschutz
gibt es nun ein neues Einsatzgebiet
für die Supernasen. Im
Rahmen des Forschungsprojekts
„Giftpflanzen-Spürnasen“ lernen die
Hunde, Giftpflanzen auf Gewürzund
Kräuterfeldern zu erkennen.
Globalisierung und Klimawandel
begünstigen die Ansiedlung gebietsfremder
Arten, besonders problematisch
sind invasive Giftpflanzen
mit Pyrrolizidinalkaloiden (PAs), die
gesundheitsschädlich und bereits
in geringen Mengen nach wiederholter
Aufnahme krebserregend sein
können. Eine neue EU-Verordnung
(2020/2040) begrenzt PA-Gehalte
in Kräutern, Gewürzen und Tees,
wodurch bereits kleinste Verunreinigungen,
das können bereits nur
fünf Pflanzen pro Hektar sein, zum
Vermarktungsverbot führen können.
Dies stellt Produzent*innen vor
große Herausforderungen, da die
Bekämpfung einen hohen zusätzlichen
Arbeitsaufwand von bis zu
100 Arbeitsstunden pro Hektar für
die manuelle Kontrolle vor der Ernte
bedeutet.
Invasive und einheimische
Greiskräuter
Zu den bedeutendsten PA-Giftpflanzen
auf österreichischen
Feldern zählen das häufige Gewöhnliche
Greiskraut (Senecio vulgaris),
das Frühlings-Greiskraut (S.
vernalis) und das invasive Schmalblättrige
Greiskraut (S. inaequidens).
Das Gewöhnliche Greiskraut
ist in Österreich schon lange weit
verbreitet, während das Frühlings-
Greiskraut erst ab 1850 aus Ost-
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europa eingewandert ist. Besonders
problematisch ist das ursprünglich
aus Südafrika stammende
Schmalblättrige Greiskraut, das sich
entlang von Hauptverkehrsrouten
rasant ausbreitet. Neben Greiskräutern
enthalten auch zahlreiche
Borretschgewächse wie das Acker-
Vergissmeinnicht (Myosotis arvensis)
PAs.
Eine Untersuchung von 37 Kümmelfeldern
in Österreich (Frühjahr
2023 und 2024) zeigte, dass auf
30 Feldern mindestens eine Greiskrautart
vorkam. Das Gewöhnliche
Greiskraut wurde auf 78 %, das
Frühlings-Greiskraut auf 49 % und
das Schmalblättrige Greiskraut auf
22 % der Flächen gefunden. Auf acht
der 37 Kümmelfelder (22 %) kamen
sogar alle drei Arten vor.
Laboranalysen mittels GC-MS ergaben,
dass die PA-Konzentrationen
invasiver Arten deutlich höher
waren: Die Blätter des Schmalblättrigen
Greiskrauts enthielten fünf Mal
mehr PAs als jene des Gewöhnlichen
Greiskrauts, beim Frühlings-Greiskraut
war der Wert etwa doppelt so
hoch. Da das Schmalblättrige Greiskraut
im Frühjahr noch nicht (bzw.
nicht mehr) blüht, ist es schwerer
zu erkennen, wodurch es ein erhöhtes
Kontaminationsrisiko darstellt.
Durch die hohe Zahl an flugfähigen
Samen, die auch an den Blättern der
Kulturpflanzen anhaften, verbreiten
sich Greiskräuter schnell. Um
den Aufbau einer umfangreichen
langfristigen Boden-Samenbank zu
verhindern, ist es essenziell, PA-Unkräuter
frühzeitig vor der Samenbildung
vollständig zu entfernen.
Blühendes Frühlings-Greiskraut (Senecio vernalis) mit Zungen- und Röhrenblüten in
einem Kümmelfeld.
Innovative Lösung:
Spürhunde zur Giftpflanzen-
Erkennung
Das Forschungsprojekt „Giftpflanzen-Spürnasen“
am Institut für
Pflanzenschutz an der BOKU untersucht
den Einsatz von Spürhunden
zur Identifikation von Greiskräutern
auf Kräuter- und Gewürzfeldern.
Erfahrene Suchhunde des Vereins
Schmalblättriges Greiskraut (Senecio inaequidens) vorne im Bild vor dem blühenden
Kümmelfeld.
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Team des Forschungsprojektes „Giftpflanzen-Spürnasen: Hunde auf der Jagd nach der verborgenen Gefahr auf Feldern“ unter der Leitung von
Silvia Winter vom Institut für Pflanzenschutz der BOKU mit Marie Louise Stöger (Masterstudentin), Eva Pölz, Leopold Slotta-Bachmayr
(Leitung Naturschutzhunde NSH), Minna (Spürhund) sowie Johanna Wurm und Andrea Bachinger (NSH).
Naturschutzhunde wurden mithilfe
einer Geruchsmaschine, dem „Detection
dog trainings system (DDTS)“
und eines nachfolgenden Line-up-
Trainings mit den Zielpflanzen (das
heißt den drei unterschiedlichen
Greiskrautarten) und Ablenkungsgerüchen
trainiert. Nach dem erfolgreichen
Indoor-Training wurde der
Freilandeinsatz auf Kümmelfeldern
im Herbst 2024 erstmals erfolgreich
durchgeführt.
Zusätzlich werden in Kooperation
mit Marcus Pruckner von der BOKU
Core Facility Bioactive Molecules
Screening & Analysis in Tulln die
flüchtigen Geruchsprofile der frischen
und getrockneten Blätter und
Blüten der Greiskräuter, Kulturpflanzen
und anderer Nicht-Zielpflanzen
analysiert. Diese Daten sollen
uns helfen zu verstehen, welche
Faktoren das spezifische Geruchsprofil
der Greiskräuter während der
unterschiedlichen Entwicklungsstadien
im Jahresverlauf verändern und
dadurch potenziell auch den Sucherfolg
beeinflussen.
Im zweiten Projektjahr erfolgen
Suchaktionen auf unterschiedlichen
Gewürz- und Blattkräuterflächen,
um zu testen, unter welchen Bedingungen
Spürhunde eine effektive
Ergänzung zur manuellen Kontrolle
darstellen. Dabei wird die Suchleistung
der trainierten Spürhunde mit
der visuellen Lokalisierung durch
„trainierte“ Menschen verglichen.
Hunde können auch nicht blühende
Jungpflanzen zuverlässig erkennen,
die für Menschen oft schwer sichtbar
sind. Insbesondere das Schmalblättrige
Greiskraut stellt eine Herausforderung
dar, da es im Frühjahr noch
nicht beziehungsweise nicht mehr
blüht und deshalb kaum auffällt.
Der Einsatz von Spürhunden stellt
einen innovativen Ansatz dar, um
potenzielle Kontaminationen mit
Giftpflanzen zu vermeiden, da die
Hunde auch kleinste Pflanzenteile
am Feld und im geernteten Produkt
zuverlässig anzeigen können. Durch
die Kombination der überragenden
Geruchsleistung der Hunde und
moderner Analysetechnologie soll
dieses Projekt zur Reduktion des
Arbeitsaufwands für die heimischen
Kräuter- und Gewürzproduzent*innen
beitragen und einen nachhaltigen
Ansatz zur Bekämpfung invasiver
PA-Giftpflanzen liefern.
DI in Dr. in Silvia Winter ist Senior Scientist
am Institut für Pflanzenschutz.
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Tierische Gefühle
Eine wissenschaftliche Annäherung an die Emotionen von Schweinen
Von Sara Hintze
Unsere Einschätzung darüber, was
für das Wohlergehen von Tieren
wichtig ist, basiert sowohl auf unseren
eigenen Wertevorstellungen als
auch auf gesellschaftlichen Entwicklungen.
Lange Zeit bestand die
Meinung, dass es einem Tier, das
körperlich gesund ist und gute Leistung
erbringt, auch gut geht. Doch
wie wir von uns selbst wissen, bedeutet
körperliche Gesundheit nicht
zwangsläufig, dass wir uns auch gut
oder zufrieden fühlen. Traurigkeit,
Angst, Langeweile oder Depression
können auch unabhängig vom
gesundheitlichen Zustand auftreten.
Großen Teilen der Gesellschaft
wird es zunehmend wichtiger, dass
die Tiere, die wir zur Lebensmittelerzeugung
nutzen, nicht nur körperlich
gesund sind, sondern auch
nicht unter Schmerzen oder Stress
leiden. Aus diesem Grund hat die
Erforschung des emotionalen Wohlergehens
von Tieren in den letzten
Jahrzehnten einen höheren Stellenwert
erhalten.
Wie wir Emotionen
erfassen können
Leider haben wir keinen direkten
Zugang zu den Gefühlen eines anderen
Individuums, sei es von Mensch
oder Tier. Während unsere Mitmenschen
uns berichten können, wie es
ihnen geht, fehlt uns beim Umgang
mit Tieren die Möglichkeit, über dieselbe
Sprache zu kommunizieren.
Gefühle gehen jedoch nicht nur mit
einer subjektiven Empfindung wie
„Ich habe Angst“ einher, sondern
drücken sich auch durch Veränderungen
im Verhalten (zum Beispiel in
Gesichtsausdrücken oder Lautäußerungen),
der Physiologie (etwa durch
eine Ausschüttung von Stresshormonen
oder eine erhöhte Herz- und
Atemfrequenz) oder in kognitiven
Vorgängen (zum Beispiel in der Art,
wie wir Entscheidungen treffen)
aus. Diese messbaren Veränderungen
in Verhalten, Physiologie und
Kognition können uns dabei helfen,
Rückschlüsse auf das Gefühlsleben
von Tieren zu ziehen. Im Folgenden
schauen wir uns ein Beispiel aus der
Kognitionsforschung genauer an.
Ist das Glas halb voll
oder halb leer?
Wir alle kennen das sprachliche
Bild des zur Hälfte gefüllten Glases,
welches von einer optimistisch eingestellten
Person als halb voll, von
einem eher depressiv gestimmten
Menschen als halb leer beurteilt
wird. Es zeigt, dass unsere Gefühle
beeinflussen, wie wir uneindeutige
Situationen interpretieren. Diese
sogenannte kognitive Verzerrung
(englisch: cognitive bias) lässt von
Entscheidungen in nicht eindeutigen
Situationen (zum Beispiel der
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Ist das Glas halb voll oder halb leer? Apparat zur Erfassung der Stimmung von Schweinen.
Links: Holzwand mit fünf Türchen, die im Bild zur besseren Ansicht alle offen sind. Mitte: Das Schwein stupst die grüne Flasche an, damit sich
eines der Türchen öffnet. Rechts: Das rechte Türchen hat sich geöffnet und das Schwein steckt den Kopf durch das rechte Türchen, um dahinter
seine Belohnung zu erhalten.
Neben der wachsenden Bedeutung des emotionalen
Wohlbefindens wird es der Gesellschaft auch
immer wichtiger, dass Tiere nicht nur frei von
Krankheiten, Schmerz oder Stress sind, sondern
ein gutes Leben haben.
Beurteilung des zur Hälfe gefüllten
Glases) auf die Stimmung des Individuums
schließen. Dieses Wissen
machen sich seit Langem die
Humanpsychologie und mittlerweile
auch die Tierwohlforschung zunutze.
Wie dieser Ansatz beim Tier, zum
Beispiel beim Schwein, funktioniert,
untersuchen wir in der AG Tierwohl
und Tierhaltung. In einer Versuchsarena
trainieren wir Schweine, eine
Flasche anzustupsen, damit sich
eines von fünf in einer Holzwand
befindendlichen Türchen öffnet. Auf
der einen Seite, zum Beispiel rechts,
bekommt das Schwein immer eine
Belohnung, wenn es den Rüssel
durch das offene Türchen steckt,
während es auf der anderen Seite
nie eine Belohnung hinter dem
Türchen erhält. Das Schwein lernt
also, zum offenen rechten Türchen
hinzugehen, während es beim geöffneten
linken Türchen sinnvoller
ist, nicht hinzugehen, weil es dort
keine Belohnung bekommt. Stattdessen
stupst das Schwein erneut
die Flasche an, damit sich das linke
Türchen schließt und ein neues geöffnet
wird. Sobald die Tiere diese
Regel zuverlässig befolgen, das
heißt, sie gehen zum geöffneten
rechten Türchen hin (was im übertragenen
Sinne dem vollen Glas
entspricht) und stupsen beim geöffneten
linken Türchen die Flasche
an (was dem leeren Glas entspricht),
wird zwischendurch auch mal das
mittlere Türchen geöffnet (entspricht
dem zur Hälfte gefüllten
Glas): Geht das Schwein zu diesem
Türchen hin, bewerten wir dies als
„optimistische“ Reaktion, denn
offensichtlich erwartet das Schwein
eine Belohnung hinter dem Türchen;
stupst es hingegen die Flasche an,
bewerten wir seine Reaktion als
„pessimistisch“, denn es geht nicht
davon aus, hinter dem Türchen eine
Belohnung zu bekommen.
Diese Methode eignet sich natürlich
nicht für die tägliche Anwendung auf
Praxisbetrieben, aber grundsätzliche
Fragen zum Einfluss unterschiedlicher
Aspekte des Haltungssystems
oder Managements auf die Stimmung
von Tieren lassen sich mit
diesem Testverfahren gut erforschen.
So haben wir zum Beispiel in
einem vom FWF geförderten Projekt
zu den Auswirkungen chronischer
38 1/2025
Mastschweine in konventioneller Haltung auf Vollspaltenboden.
Fotos: Baldy, BOKU, Bützberg, Knöbl
Langeweile auf das emotionale
Wohlbefinden von Schweinen unter
anderem auch untersucht, wie sich
die unterschiedlichen Haltungsbedingungen
und Persönlichkeitsstrukturen
der Schweine auf ihr Verhalten
im Test auswirken.
Mehr als „nicht leiden“:
Ein positives Leben auch
für Tiere
Neben der wachsenden Bedeutung
des emotionalen Wohlbefindens
wird es der Gesellschaft auch
immer wichtiger, dass Tiere nicht
nur frei von Krankheiten, Schmerz
oder Stress sind, sondern ein gutes
Leben haben, in dem auch Zufriedenheit
und Freude ihren Platz
finden. In diesem Zusammenhang
erforschen wir momentan in einem
von „PigWeb“ und der „European
Partnership for Animal Health and
Welfare“ geförderten Projekt, ob
Schweine – wie Menschen auch –
Flow erleben können. Menschen
kommen in den Flow, wenn sie einer
Tätigkeit nachgehen, in der sie völlig
aufgehen und die sie alles um sich
herum vergessen lässt. Flow-Erlebnisse
spielen eine bedeutende Rolle
für das menschliche Wohlbefinden
– ob Tiere auch so etwas wie Flow
erleben können, weiß man bisher
nicht. Nachdem wir uns längere Zeit
konzeptionell mit dem Thema auseinandergesetzt
haben, versuchen
wir nun mit verschiedenen Ansätzen,
Flow bei Schweinen auszulösen und
seine Auswirkungen auf das Wohlergehen
der Schweine zu erforschen.
Schlussfolgerung
Die Entwicklung methodischer
Werkzeuge zur Erforschung des
Gefühlslebens von Tieren bildet die
Grundlage dafür, ihr emotionales
Wohlergehen besser zu verstehen.
Mithilfe dieses Verständnisses können
wir dann gezielt Maßnahmen
ergreifen, um negative Zustände zu
vermeiden und positive zu fördern
– für eine von der Gesellschaft
akzeptierte Tierhaltung, in der die
Tiere ein positives Leben führen.
Ass.-Prof. in Dr. in med. vet. Sara Hintze,
MSc. PhD. forscht und lehrt am Institut
für Nutztierwissenschaften der BOKU.
1/2025
39
All you can eat
Forschung zu Ad-libitum-Fressverhalten säugender Sauen
Von Sarah Gorr und Christine Leeb
Bei „MamaDos“
können säugende
Mutterschweine
futtern, wann sie
wollen und wieviel
sie wollen.
Fotos: BOKU University
Die Fütterung von Sauen ist herausfordernd,
insbesondere während
des Übergangs von der Tragezeit zur
Geburt sowie im Verlauf der Säugezeit.
Der Nährstoffbedarf der Sauen
ändert sich laufend und hängt von
Faktoren wie Wurfzahl, Laktationstag
und Ferkelanzahl ab. Dabei sind
insbesondere die steigende Anzahl
an Ferkeln pro Wurf, aber auch die
höheren Temperaturen im Sommer
für die Sauen herausfordernd. Zur
Anpassung der Futterversorgung an
den Bedarf der Tiere werden Futterkurven
verwendet, die zwar den
Laktationstag, nicht aber weitere
individuelle Bedürfnisse berücksichtigen
können. Zudem verbringen
Sauen in natürlicher Umgebung
den Großteil ihrer aktiven Zeit mit
Futtersuche, Wühlen, Kauen und
Fressen, was in Kontrast zur üblichen
restriktiven Fütterung an zwei
bis drei Zeitpunkten pro Tag in konventioneller
Stallhaltung steht.
Abbildung 1: MamaDos-Fütterungssystem
(©Schauer Agrotronic), 1: Sensor; 2: Metallstab,
den die Sauen mehrmals berühren müssen,
um Futter auszulösen.
Um also die individuellen Bedürfnisse
der Sauen besser erfüllen zu
können und den Tieren eine Möglichkeit
zu bieten, selbst zu wählen,
wann und wieviel sie fressen,
entwickelte die Firma Schauer
Agrotronic das Fütterungssystem
„MamaDos“. Dieses ermöglicht durch
einen Metallstab, der in den Trog
ragt (Abbildung 1, 2) und mit einem
Rüttelsensor versehen ist (Abbildung
1, 1), dass die Sau durch Berührung
dieses Stabes den Sensor auslösen
kann, wodurch sie eine Portion
Futter erhält. Dabei ermöglicht die
Verknüpfung mit einem Fütterungscomputer
beziehungsweise der
dazugehörigen Software eine genaue
Dokumentation und damit auch
Analyse der Fresszeitpunkte und
Futtermengen.
Um die Auswirkungen dieser neuen
Fütterungstechnologie auf die
Produktivität und das Verhalten der
40 1/2025
Sauen zu analysieren, wurde das
Projekt „Fre_sS“ – „Fressverhalten
säugender Sauen“, eine Zusammenarbeit
zwischen der BOKU University
(Institut für Nutztierwissenschaften,
Christine Leeb, Werner Zollitsch
und Christoph Winckler), der Firma
Schauer Agrotronic und der Universität
von Pennsylvania (USA) initiiert.
Dabei erfolgte die Finanzierung
der Doktorarbeit von Sarah Gorr
durch das BRIDGE Programm der
Forschungsförderungsgesellschaft
Österreich (FFG).
Das Ziel dieser Arbeit war es, die
Ad-libitum-Fütterung mit zwei
herkömmlichen Strategien zu vergleichen
und die Auswirkungen auf
Produktionsmerkmale, Gesundheit
der Sauen und deren Ferkel sowie
Umweltwirkungen zu untersuchen.
Forschungsprojekt auf zwei
Praxisbetrieben
Die Studie umfasste insgesamt 137
Sauen und deren Würfe auf zwei
oberösterreichischen Betrieben.
Diese wurden folgenden drei Fütterungsstrategien
zugeteilt:
1 Restriktive Fütterung: drei Mal
tägliche Ausdosierung einer begrenzten
Futtermenge (nach einer
vorher festgelegten Futterkurve,
die mit fortschreitendem Tag der
Laktation die Futtermenge erhöht)
2 Zeitfenster: drei Perioden à zwei
Stunden, in denen die Sauen eine
begrenzte Futtermenge durch
einen Rüttelsensor abrufen konnten
(nach Futterkurve)
3 Ad-libitum: die Sauen konnten
über die Betätigung eines Rüttelsensors
jederzeit (24h) Futter abrufen
(dabei war ab Tag neun die
doppelte Menge der Futterkurve
als Maximum verfügbar)
Auswirkungen auf den Futterverbrauch,
Produktionsparameter
und Fressaktivität
Obwohl die Ad-libitum gefütterten
Sauen pro Tag ca. 0,6 kg statistisch
abgesichert mehr fraßen, bildete
Abbildung 2: Futterverbrauch der Ad-libitum-
Sauen pro Laktationstag (A=Betrieb A, B=Betrieb
B).
©Sarah Gorr
sich das nicht in einem geringeren
Gewichtsverlust der Sauen oder
eindeutig verbesserten Ferkelzunahmen
ab. Dabei ist interessant,
dass der Futterverbrauch bei allen
Fütterungsstrategien, sogar bei
Ad-libitum-Fütterung, niedriger war
als die empfohlenen Richtwerte
für laktierende Sauen, die je nach
Leistung von etwa 7,5–8,5 kg pro Tag
im Durchschnitt über die Laktation
reichen 3 .
Außerdem kann man erkennen,
dass die Ad-libitum gefütterten
Sauen (n=51) fast über den gesamten
Tag verteilt Futter aufnahmen
(Abbildung 3). Dabei sind drei Fressspitzen
zu beobachten (6:00, 12:00
und 16:00 Uhr), die zum Teil dadurch
zu erklären sind, dass dies auch die
Fütterungszeiten der anderen, restriktiv
gefütterten Sauen waren, was
zum Fressen animiert haben kann.
1 Choi, Y. H., A. Hosseindoust, J. S. Kim, S. H.
Lee, M. J. Kim, A. Kumar, K. Y. Kim, Y. H. Kim,
and B. J. Chae. 2018. An overview of hourly
rhythm of demand-feeding pattern by a
controlled feeding system on productive
performance of lactating sows during summer.
Ital. J. Anim. Sci. 17:1001–1009. doi:10.10
80/1828051X.2018.1438214.
2 Gorr, S. C., C. Leeb, W. Zollitsch, C. Winckler,
and T. D. Parsons. 2024. Ad libitum
Feeding Systems for Lactating Sows:
Effects on Productivity and Welfare of Sows
and Piglets. animal. 101093. doi:10.1016/j.
animal.2024.101093.
3 LFL. 2022. Futterberechnung für Schweine.
28. Auflag. Bayerische Landesanstalt für
Landwirtschaft (LfL), Freising-Weihenstephan.
Abbildung 3: Durchschnittlicher Futterverbrauch
der Ad-libitum-Sauen (kg/h) (n=51) im
Tagesverlauf.
Allerdings wurden Fressspitzen
zu ähnlichen Zeiten auch in einer
anderen Studie mit Ad-libitum-Fütterung
1 beobachtet (z. B. 3:00, 6:00,
21:00 Uhr).
Ad-libitum-Sauen nutzen die
Wahlmöglichkeit
Auch wenn sich der höhere Futterverbrauch
nicht in reduziertem
Gewichtsverlust der Sau und verbesserten
Ferkelzunahmen widerspiegelte,
ist zu erkennen, dass die
Ad-libitum-Fütterung eine Möglichkeit
ist, den Futterverbrauch
der Sauen zu erhöhen, um deren
Ansprüchen, insbesondere bei größeren
Würfen, gerecht zu werden.
Ad-libitum-Fütterung mit der Möglichkeit,
Futtermenge und Fresszeitpunkt
selbst zu wählen, kommt
einem natürlicheren Fressverhalten
entgegen und kann damit positive
Auswirkungen auf Sauen und Ferkel
haben 2 . Das Projekt Fre_sS ermöglichte
spannende Erkenntnisse an
der Schnittstelle zwischen Fütterungstechnik,
Tierverhalten und
Produktivität. Die Ad-libitum-Fütterung
ist jedenfalls eine spannende
Möglichkeit, säugende Sauen besser
entsprechend individueller Bedürfnisse
zu füttern.
DI in Sarah Gorr ist PhD-Studentin am
Institut für Nutztierwissenschaften, wo
auch Assoc.-Prof. in Priv.Doz. in Dr. in med.-
vet Christine Leeb forscht und lehrt.
1/2025
41
BOKU4you: Studienbotschafter*innen
für eine grüne Zukunft
Von Merle Haak und Johannes Ehrlinger
Fotos: Adobe Stock / Christoph Gruber | BOKU University
Nach dem Schulabschluss stellen
sich viele Fragen: Möchte ich studieren?
Und wenn ja, was? Liegt mir
ein technischer Studiengang oder
eher ein Studium, das Naturwissenschaft
mit Technik und Sozialem
verbindet? Was passt zu mir, wenn
ich mich für Technologien für den
Umweltschutz oder den NGO-Sektor
interessiere? Und wo kann ich alle
meine Fragen rund um die Studienorganisation
stellen?
BOKU4you liefert Studieninteressierten
die Antworten. Das Team von
14 Studienbotschafter*innen aus
allen Bachelorstudiengängen der
BOKU University arbeitet täglich dafür,
über die Chancen zu informieren,
die ein BOKU-Studium eröffnet.
In verschiedenen Formaten stehen
die Botschafter*innen dabei für individuelle
Gespräche zur Verfügung:
Beratungsstände auf Bildungsmessen,
der jährliche Studieninfotag
und Besuche der Botschafter*innen
an Schulen begeistern junge Menschen
in ganz Österreich. Neben
diesen Events und Highlights haben
Interessierte aber auch die Möglichkeit,
selbst an die BOKU zu
kommen: Die jährlich über mehrere
Wochen angebotene Einstiegsberatung
und die Sprechstunden sorgen
dafür, dass jede Anfrage Raum
erhält – digital, telefonisch oder
persönlich.
Dieser Service ist nun sogar noch
besser, denn seit Oktober können
Interessierte ganzjährig auch spontan
vorbeikommen: Der neu eingerichtete
InfoDesk im Gregor-Mendel-
Haus ist täglich von 10:00 bis 18:00
Uhr mit Studienbotschafter*innen
besetzt – wir sind also immer vor
Ort, um Fachwissen und persönliche
Studienerfahrung weiterzugeben.
Jakob Schierer,
Studienbotschafter
für Lebensmittel- und
Biotechnologie, über
seine Aufgaben als
Botschafter:
„Besonders schätze ich an
meiner Tätigkeit als Studienbotschafter
die Möglichkeit, mit
Menschen in Kontakt zu treten,
ihre Fragen zu beantworten
und sie auf ihrem Weg ins Studium
zu begleiten.
Es ist nicht nur bereichernd,
den BOKU-Spirit weiterzugeben,
sondern auch wertvoll,
immer neue Erfahrungen zu
sammeln und Menschen bei
einer so wichtigen Entscheidung
zu unterstützen.
42 1/2025
Österreichs führende Universität
für Nachhaltigkeit
Das Angebot kommt an: Seit die Studienbotschafter*innen
ihre Arbeit aufgenommen haben, ist die Zahl der Interessent*innen
stark gestiegen. 2021/22 lag die Zahl der Beratungen
bei 4458 – im Jahr 2023/24 schon bei 5876. Am
gefragtesten sind die Studienbotschafter*innen auf den
bundesweiten Messen wie der BeSt, dann folgen die Beratungen
innerhalb der Sprechstunde und die Schulbesuche.
Der langjährige Mitarbeiter und stellvertretende Leiter
von BOKU4you, Marc Trattnig, sagt dazu: „BOKU4YOU
hat sich von einer sehr kleinen Beratungsstelle zu einer
zentralen Institution der Studienwahlberatung und Studienbewerbung
entwickelt. Mit professionell geschulten,
ganzjährig angestellten Studienbotschafter*innen gewährleisten
wir fundierte Beratung und verantworten das
gesamte Interessent*innen-Management. Zudem steuern
wir das Marketing der Studienbewerbung. So begleiten
wir zukünftige Studieninteressierte gezielt auf ihrem Weg
zur BOKU.“
Die nächste große Gelegenheit dazu: der Studieninfotag:
Spannende Kurzvorlesungen, Campusführungen und
Insidergespräche mit Expert*innen, die ihre Karriere an
der BOKU begonnen haben, zeigen die ganze Vielfalt der
BOKU University. Für alle, die dann mehr über die Studienmöglichkeiten
wissen möchten, stehen die Studienbotschafter*innen
mit individueller Beratung bereit.
Studieninfotag 2025: Hard Facts
Wann: 11. April 2025,
von 10:00 bis 16:00 Uhr
Wo: BOKU-Hauptstandorte
Türkenschanze und Muthgasse
Wer: alle Studieninteressierten, die
Infos über die Bachelorstudiengänge
der BOKU erhalten möchten
short.boku.ac.at/sit
Änderung des AW-Curriculums
Von Johannes Ehrlinger
Die Agrarwissenschaften prägen nicht nur die
BOKU, sondern auch unsere Umwelt: Nachhaltige
Formen von Landnutzung und Tierhaltung sind
integrale Bestandteile der ökologischen Transformation.
Im Zuge der BOKU-weiten Modularisierung
der Bachelor-Curricula wird deshalb nun
auch dieses seit 1872 angebotene Studienfach
von Grund auf modernisiert.
Fundament der Neuausrichtung ist das neue
Mustercurriculum: 2022 vom Senat beschlossen,
soll es die Studierbarkeit der Bachelor-Studien
erhöhen. Konkret soll es einfacher werden,
das Studium in Regelstudienzeit abzuschließen.
Gleichzeitig eröffnet die Umstellung Raum für
wichtige inhaltliche Verbesserungen, etwa neue
Konzepte und Methoden, um den Herausforderungen
der digitalisierten Landwirtschaft in
Zeiten der Klimakrise zu begegnen.
Dazu sind die Lehrveranstaltungen ab jetzt in
Modulen gebündelt – fachlich zusammenhängende
Themen können so interdisziplinär abgestimmt
werden, wodurch es gleichzeitig zu
weniger Überschneidungen kommt. Auch die
STEOP wird modernisiert: Vom Pflanzenbau
bis zur Agrarökonomie vermittelt sie das breite
Spektrum agrarwissenschaftlicher Kompetenzen.
Wie im alten Curriculum bestimmte Schwerpunkte
zu wählen, ist künftig aber nicht mehr
möglich: Studierende können den AW-Bachelor
über Wahlfächer und freie Wahlfächer im Umfang
von 24 bzw. 12 ECTS jedoch weiterhin nach ihren
Vorstellungen gestalten.
Bis 2030 können Studierende ihr Studium nach
dem alten Studienplan abschließen. Wer schon
jetzt ins neue Curriculum wechseln möchte,
lässt sich absolvierte Lehrveranstaltungen einfach
gemäß den Äquivalenzlisten anrechnen.
Für welchen Weg sollten sich Studierende also
entscheiden? Siegrid Steinkellner, die das Department
für Agrarwissenschaften leitet, dazu:
„Welcher Weg am sinnvollsten ist, hängt vom
individuellen Studienfortschritt ab. Ein Blick ins
neue Curriculum lohnt sich in jedem Fall, denn
es bietet viele neue Chancen“.
Säulendiagramm der Anzahl der Beratungen pro Studienjahr von 2021
bis 2024.
1/2025
43
„Das Curriculum bietet Studierenden
viele neue Chancen und Möglichkeiten“
Die Agrarwissenschaften prägen wie kaum ein zweiter Studiengang
die Identität der BOKU – und das von Anfang an, denn sie sind seit der
Gründung der Universität im Jahr 1872 Teil des Studienangebots.
Nun wird das Curriculum modernisiert: BOKU4you spricht darüber mit
Siegrid Steinkellner, die das Department für Agrarwissenschaften leitet.
Interview: Johannes Ehrlinger
Fotos: Adobe Stock / Sigrid Johns
Welche Änderungen wurden am
Curriculum vorgenommen und
warum?
Steinkellner: Das Bachelorstudium
Agrarwissenschaften wurde in den
letzten 20 Jahren immer wieder in
kleinen Schritten angepasst. Für
die Fachstudien-AG Agrarwissenschaften
war aber klar, dass es Zeit
ist für eine Rundumerneuerung
des Studiums. Unser Ziel: Ein noch
attraktiverer Studienplan, der den
Herausforderungen unserer Zeit
gerecht wird, denn die Themen
und Fragestellungen entwickeln
sich weiter, etwa in den Bereichen
der Digitalisierung und der Biodiversität.
Zudem gab es viele Veränderungen
bei den Lehrenden.
Der neue Studienplan bildet diese
Entwicklungen inhaltlich ab. Den
formalen Rahmen bildet, wie für
alle Bachelorstudien an der BOKU,
das neu entwickelte Mustercurriculum
des Senats.
Wie ist das Curriculum aufgebaut?
Lehrveranstaltungen werden in Zukunft
in Module verpackt, es wird
aber weiter Vorlesungen, Übungen,
Exkursionen, Seminare usw. geben,
die formal als prüfungsimmanente
beziehungsweise nicht prüfungs-
44 1/2025
„Lehrveranstaltungen werden in Zukunft
in Module verpackt, es wird aber weiter
Vorlesungen, Übungen, Exkursionen und
Seminare geben.“
immanente Lehrveranstaltungen
ausgewiesen werden. Meistens umfasst
ein Modul 6 ECTS und besteht
aus zwei Lehrveranstaltungen, die
inhaltlich aufeinander abgestimmt
sind.
Bieten die Änderungen den Studierenden
neue Möglichkeiten,
Schwerpunkte zu setzen?
Bislang war es möglich, sich im
Studienplan Agrarwissenschaften
einen Schwerpunkt ausweisen zu
lassen. Wir haben im neuen Curriculum
darauf verzichtet, da diese
Möglichkeit von den Studierenden
in der Vergangenheit kaum genutzt
wurde. Persönliche Schwerpunkte
können Studierende aber über die
Wahlfächer setzen: Ein inhaltlich
geschärftes Angebot und interdisziplinäre
Module verringern dabei
Überschneidungen.
Wie wird die Studieneingangs- und
Orientierungsphase im neuen Curriculum
gestaltet?
Formal gilt hier wieder der Gestaltungsrahmen
des Mustercurriculums.
Uns war es wichtig, in der
Studieneingangsphase produktionstechnische,
ökologische und ökonomische
Aspekte der Agrarwissenschaften
zu vermitteln. Insgesamt
12 ECTS sind dafür vorgesehen. Die
Inhalte reichen von Meteorologie,
Agrarökologie über Pflanzenbau bis
zu den Agrarmärkten.
Welche Rolle spielt die Pflichtpraxis
im neuen Curriculum?
Die Pflichtpraxis hatte in den Agrarwissenschaften
immer eine wichtige
Rolle. Praktische Erfahrungen
während des Studiums sind für das
Verständnis sehr hilfreich. Das neue
Mustercurriculum hat hier leider
etwas weniger Spielraum gelassen.
Für potenzielle Arbeitgeber*innen
sind geleistete Berufspraktika aber
durchaus wichtige Auswahlkriterien.
Ich kann Studierenden nur raten,
nach Möglichkeit über das geforderte
Minimum hinaus Praxiserfahrungen
zu sammeln.
Welche Maßnahmen fördern die
internationale Ausrichtung des Studiums?
Die BOKU ist die einzige agrarwissenschaftliche
Universität in Österreich
und das Studium ist an diesen
Anspruch angepasst. Agrarwissenschaften
müssen aber auch global
denken – das bildet der Studienplan
ab, zum Beispiel mit einem attraktiven
Angebot an englischsprachigen
Lehrveranstaltungen. Der Aufbau
des Studienplans ermöglicht es, die
Möglichkeiten der Studierendenmobilität
individuell auszuschöpfen.
Obwohl es dazu ein unglaublich
tolles Angebot gibt, nutzen Studierende
das bislang aus meiner Sicht
noch viel zu wenig.
Wie fördert die Reform die Zusammenarbeit
mit externen Partner*innen
und Institutionen?
Ein Studienplan gibt den Rahmen
vor – die Gestaltung liegt in den
Händen der Lehrenden. Gerade in
den Agrarwissenschaften sind enge
Kontakte und die Zusammenarbeit
mit externen Partner*innen und
Institutionen gelebte Realität.
Umstellungen bringen immer auch
organisatorischen Aufwand mit sich.
Worauf sollten Studierende jetzt bei
der Planung achten?
Für Neueinsteigende ist jeder
Studienplan neu. Für alle, die sich
mitten im Studium befinden, stellt
sich die Frage: wechseln oder nicht?
Das hängt aber vor allem vom individuellen
Studienfortschritt ab.
Grundsätzlich sollte sich aber jede*r
den neuen Studienplan gut ansehen,
denn das Angebot ist attraktiv! Wer
sich Sorgen macht, dass bereits
geleistete ECTS nicht angerechnet
werden: Hier kann ich entwarnen
– die Äquivalenzlisten decken das
sehr gut ab.
Zur Person
Univ.-Prof. in DI in Dr. in Siegrid
Steinkellner leitet das Institut
für Pflanzenschutz sowie das
neue Department für Agrarwissenschaften.
Sie begann
ihre wissenschaftliche Karriere
1997 mit einer Promotion an der
BOKU und ist der Universität
auch seitdem treu geblieben.
Heute gestaltet sie die zukünftige
Entwicklung der BOKU an
vielen Schlüsselstellen aktiv
mit – unter anderem bei der
Erarbeitung des neuen Curriculums
des Bachelorstudiengangs
Agrarwissenschaften.
1/2025
45
Student support für LBT-Ersties
powered by Boehringer Ingelheim
Von Sabina Tandari
V. l.: Miriam Stattler, Jakob Schierer und Lili Gundacker vom BOKU4you-Botschafter*innen-Team sowie Sabina Tandari, Marketing & Brand Management,
bei der Verteilaktion der LBT-Erstie Goodie Bags vor Ort.
Fotos: Christoph Gruber | BOKU University
Im Rahmen der seit 2023 laufenden Kooperation mit
dem Unternehmen Boehringer Ingelheim wurde in der
zweiten Jahreshälfte 2024 ein ganz besonderes Projekt
realisiert: Die Goodie Bags „powered by Boehringer
Ingelheim“ für Bachelorstudierende im Studiengang
Lebensmittel- und Biotechnologie (LBT), die zum
Wintersemester 2024/25 ihr Erststudium an der BOKU
University aufgenommen haben. Ziel dieser Initiative ist
einerseits, die jungen Studierenden in puncto Ausstattungskosten
zu entlasten und bei den ersten Schritten
ihrer Labortätigkeit zu unterstützen. Andererseits dient
sie dazu, auf Boehringer Ingelheim als Top-Arbeitgeber
im Bereich Biotech aufmerksam zu machen.
Am 4. November war es dann soweit: Am Tag der Vorlesung
„Einführung in die Chemie“, im großen Hörsaal in
der Muthgasse 18, durften sich über 350 „LBT-Ersties“
ihr Goodie Bag abholen. In einer schwarzen Stofftasche
mit dem Schriftzug „Start your career at BOKU“ im neuen
Corporate Design der BOKU erwartete die Bachelor-
Studierenden eine kostenlose Erstausstattung für das
Arbeiten im Labor und einige praktische Schreibutensilien.
Herzstück der Goodie Bag sind ein hochwertiger
Labormantel mit einem gestickten Boehringer Ingelheim-Logo,
gefolgt von einer Laborschutzbrille, einer
Spitzpinzette, pH-Indikatorpapier sowie einem Holzkugelschreiber,
einem Leuchtmarker und einem tollen
Collegeblock mit einer Abbildung des „LBT Skilltree Curriculum:
How to study LBT“ und dem „Periodensystem
der chemischen Elemente“ zum schnellen Nachschauen.
Um die passende Größe für den Labormantel zu finden,
wurden die Studierenden von unseren BOKU4you-Studienbotschafter*innen
fachkundig beraten.
Wir freuen uns, mit dieser Aktion die gestarteten LBT-
Studierenden an der BOKU mit unserem Partner Boehringer
Ingelheim beim Studienstart zu unterstützen.
Eine Fortsetzung dieser wertvollen Initiative folgt im
März 2025 für die LBT-Ersties, die im Sommersemester
ihr LBT-Studium beginnen.
Mag. a Sabina Tandari ist Marketing- und
Brand-Managerin der BOKU.
46 1/2025
Begleitpostkarte zur Erstie-Goodie-Bag-Aktion.
LBT-Erstie Goodie Bag
mit einigen Utensilien
powered by Boehringer
Ingelheim.
Hochwertiger, langlebiger Labormantel aus 240g Baumwolle,
bis 95 °C waschbar. Um die passende Größe für
den Labormantel zu finden, wurden die Studierenden
von unseren BOKU4you-Studienbotschafter*innen fachkundig
beraten.
1/2025
47
→ Didaktik
Warum sich früh aufstehen lohnen kann
Laborübung Genetik für Agrarwissenschaften
Von Sabine Strauss-Goller
Die Laborübung Genetik im Bachelor
Agrarwissenschaften wurde erstmals
im WS 2017/18 als freie Wahl
-Lehrveranstaltung angeboten und
ist mit Beginn WS 2018/19 in den
Pool P-6 (Übungen zu den Pflichtfächern)
übernommen worden. Aktuell
werden sieben Kurse à zwei Wochen
mit jeweils maximal zwölf Studierenden
pro Studienjahr abgehalten.
Die Intention war, theoretische
Grundlagen der Genetik mit der
praktischen Erfahrung von selbst
durchgeführten Genetik-Experimenten
im Labor zu verknüpfen und so
die Studierenden für die Lerninhalte
als etablierte genetische Modellorganismen
vorgestellt. Verschiedene
Stämme mit unterschiedlichen
Phänotypen werden miteinander
gekreuzt und wenn ein gelber und
ein weißer Ausgangsstamm unter
anderem auch grüne Nachkommen
produziert, sind die Gesetze
der Vererbung und Epistase mehr
als nur Theorie. Im Schwerpunkt
Tiergenetik und molekulare Genotypisierung
wird genomische DNA
aus Stiersperma gereinigt und der
zugrundeliegende Genotyp über
die Charakterisierung des „kappa
Casein-Gens“ determiniert. Spanzu
begeistern. Nach wie vor ist jeder
Kurs eine neue Herausforderung -
Studierende mit unterschiedlichen
Vorkenntnissen, Erwartungen und
vielleicht auch Unsicherheiten wollen
„abgeholt“ und im optimalen Fall
in einer gemeinsamen „quality time“
bis zum Erreichen der Lernergebnisse
gecoacht und begleitet werden.
Studierende dürfen selbst
Probenmaterial mitbringen
Vier Themengebiete werden in
der Übung behandelt: Im Bereich
klassische Genetik werden Pilze
Fotos: Medienstelle BOKU University, Stefan Pramhaas
48 1/2025
nend bleibt, ob das Ergebnis mit der
Datenbankanalyse übereinstimmt.
Selbst mitgebrachte Proben (Kosmetika,
Lebensmittel, Materialien
des täglichen Gebrauchs) werden in
einem von den Studierenden selbst
hergestellten Bioreporterassay auf
mögliche hormonelle Aktivitäten getestet.
Und auch in der Analyse von
potenziell gentechnisch veränderten
Rohstoffen ist selbst mitgebrachtes
Probenmaterial (etwa Saatgut, Lebens-
und Futtermittel) willkommen
und erhöht zusätzlich die Neugier
auf das Fach.
Virtueller Rundgang durch
das Innere einer Pilzzelle
Ein weiteres Highlight der Übungen
ist der zusätzliche Einsatz von digitalen
Lehrunterlagen inklusive einer
Virtual Reality-Brille zur Vorführung
eines im Zuge eines BOKU-Projektes
(Sparkling Science – „Das Internet
der Pilze“) selbst produzierten VR-
Filmes. Der hier gezeigte Film wurde
auch im Rahmen der Lehrpreise
2021 mit dem Manfred Schwanninger
Preis, in Anerkennung des
Engagements für die Entwicklung
innovativer Lehr- und Lernmaterialien,
ausgezeichnet (Sabine Strauss-
Goller und Claudia Puck).
Bereit für die „challenge“ im Labor?
Nicht nur die digitale Reise ins Innere
der Pilzzelle, auch der Ablauf des
Praktikums lässt sich gut mit einer
Reise vergleichen: Es ist notwendig,
Vorbereitungen zu treffen - Mantel,
Laborschuhe, Arbeitsunterlagen werden
gepackt und auch ein Labor-Sicherheitstest
muss bestanden werden.
Dann kann es losgehen: Bereits
um 08:00 Uhr in der Früh gibt es
täglich eine Vorbesprechung, in der
der theoretische Hintergrund des je-
1/2025
49
Der Film wurde im Rahmen der
Lehrpreise 2021 mit dem Manfred
Schwanninger Preis, in Anerkennung
des Engagements für die Entwicklung
innovativer Lehr- und Lernmaterialien,
ausgezeichnet.
Im Bild die Preisträgerinnen Claudia
Puck und Sabine Strauss-Goller.
weiligen Experiments und auch der Ablauf im Labor besprochen
werden. Die Theorie der Einführungsvorlesung
Genetik noch im Hinterkopf, ist es für viele Studierende
die erste Übung im Studium und schwer vorstellbar, wie
das alles „praktisch“ funktionieren soll. Aber ähnlich
einer Reise sind anfängliche Adaptierungsschwierigkeiten
schnell vergessen, die Kursteilnehmenden sind lebhaft
mit der Durchführung und Auswertung der Experimente
beschäftigt. Ergebnisse werden diskutiert und mit den
Kolleg*innen wird gefachsimpelt – die Studierenden sind
im Labor und in der Genetik angekommen. Auch das
Verfassen eines wissenschaftlichen Protokolls wird am
letzten Übungstag gemeinsam erarbeitet und für manch
eine*n Studierende*n ist der letzte Tag der Übung kein
Abschluss, sondern ein Aufbruch.
Danksagung: Herzlichen Dank an das Institut für
Mikrobielle Genetik, an die Forschungsplattform
„BiMM-Bioactive Microbial Metabolites“ sowie
Claudia Puck und Johann Steinegger für die
Unterstützung der Genetik-Übungen mit dem
VR-Film „3D-Reise ins Innere einer Pilzzelle“.
Der Film „3D-Reise
ins Innere einer
Pilzzelle“:
https://youtu.be/
XTzfvJ-RtRM
Kommentare
zum Film:
https://youtu.be/
PYaHar_p4Ug
Dr. in Sabine Strauss-Goller ist Senior Lecturer am Institut für
Mikrobielle Genetik.
Resümee der Teilnehmenden
◆ Eine großartige Mischung aus Theorie, genügend
Zeit, um Verständnisfragen zu stellen, Anwendung
im Labor und Reflexion und Verknüpfung von Theorie
und Praxis durch das Verfassen des Protokolls.
Die erste Übung, die ich an der BOKU belegt habe,
die ein so gutes didaktisches Konzept umgesetzt
hat. Enormer Lerneffekt, spannende Experimente.
Das Engagement und die klare Anleitung von Frau
Strauss-Goller sind bemerkenswert.
◆ Komplexe Experimente, die auch interessante
Ergebnisse liefern. Viel gelernt darüber, wie es ist,
in einem Labor zu arbeiten. Die Professorin und die
Tutorin sind besonders gut, unterstützen viel und
machen wirklich Laune auf Genetik.
◆ Die Übung ist mit Abstand die beste, die ich je besucht
habe! Die LV-Leiterin kennt sich sehr gut aus,
vermittelt die Lehrinhalte verständlich, stellt einen
Kontext her und schafft es dabei, die Studierenden
für das Thema zu begeistern. Vor allem der sehr
freundliche, respektvolle Umgang mit den Studierenden
und die große Hilfsbereitschaft und Flexibilität
von Frau Strauss-Goller haben mich sehr beeindruckt!
Insgesamt einfach spitze!
50 1/2025
→ Didaktik
KI für alle
Das neue Service
„Academic AI“
Von Andreas Schildberger
wendungsbeispiel, das ich auf eine
Schnellumfrage von einem unserer
Power-User zurückbekommen habe.
Bewirkt angeblich Wunder. Auch im
IT-Bereich lassen wir uns gerne Texte
verbessern, etwa, um bei Personalausschreibungen
Texte auch für
Bewerberinnen möglichst attraktiv
zu gestalten.
Foto: Medienstelle BOKU University
Mit dem Service „Academic AI“
steht allen BOKU-Angehörigen die
Nutzung von ChatGPT kostenfrei
und datenschutzkonform zur Verfügung.
„Academic AI“ (https://short.
boku.ac.at/it-academic-ai) wird als
interuniversitäres Kooperationsprojekt
unter der Organisation der
ACOmarket (https://acomarket.at)
bereitgestellt.
mic AI wird daher in einer eigenen
Cloudinstanz betrieben. Damit werden
weder Prompts für Lernzwecke
genutzt noch Daten an Open AI oder
Dritte weitergegeben. Die BOKU
ist derzeit die größte Nutzerin von
Academic AI. Das enorme Nachfragewachstum
und das äußerst
erfreuliche Feedback bestätigt uns
in diesem Kurs.
ChatGPT wird aber auch genutzt, um
zu programmieren, Formate zu konvertieren,
Formeln zu interpretieren
und mittlerweile kann es auch
rechnen. Es hilft, Sprachbarrieren im
Umgang mit Dokumenten zu überbrücken
und selbst beim Brainstorming
kann ChatGPT - bei richtigem
Prompten und guten Rückfragen -
interessante Inputs liefern.
Wie geht es weiter?
Die Erstellung der Roadmap für den
sukzessiven Ausbau des Services
Academic AI erfolgt in interuniversitärer
Abstimmung. So könnte
ChatGPT auch lernen, Diagramme zu
interpretieren, Bilder zu generieren,
mit zusätzlichen Dateiformaten umzugehen,
auf Basis eigener Dokumente
eine maßgeschneiderte KI zu
nutzen oder zusätzliche KI-Modelle
anzubinden. Die Möglichkeiten sind
bereits jetzt äußerst vielfältig – und
die Reise hat eben erst begonnen.
Warum dieses Service?
Wie wird es genutzt?
Neben wirtschaftlichen Überlegungen
(im Vergleich zu Einzellizenzierungen
sparen wir bereits jetzt über
80 % an Lizenzkosten ein) standen
und stehen auch Überlegungen zum
Datenschutz im Zentrum. Acade-
Die Nutzung dieses Services durch
Studierende und Mitarbeiter*innen
der BOKU ist genauso kreativ und
vielfältig wie die BOKU selbst.
Mailtextverbesserung à la „Schreibe
diese Mail wie eine Frau“ ist ein An-
Academic AI
DI Dr. Andreas Schildberger ist Leiter der
BOKU-IT.
1/2025
51
→ Didaktik
ChatGPT in der Hochschullehre
Potenziale und Herausforderungen im Kontext des AI Acts
Von Andreas Zitek
Die Integration von Künstlicher Intelligenz
(KI) in die Hochschullehre
eröffnet Chancen für individualisierte
Lernprozesse und innovative
Lehrmethoden, wirft aber auch
gleichzeitig ethische und regulatorische
Fragen auf.
Unterstützung von Lernen
und Lehren
ChatGPT kann als Assistenzsystem
Lernprozesse individuell fördern
und auf den Wissensstand und die
Bedürfnisse Studierender eingehen
(Birkelbach et al., 2024). Lernende
profitieren insbesondere dann, wenn
eine selbstständige Auseinandersetzung
mit dem Lerninhalt vor der
Nutzung von ChatGPT und selbstreguliertes
Lernen im Fokus stehen
und individuelle Unterschiede
berücksichtigt werden (Lee et al.,
2024; Milošević et al., 2023).
Lehrkräfte können durch die KI bei
der Konzeption von Lehrveranstaltungen,
bei der Erstellung von Kursbeschreibungen
oder dem Formulieren
von Übungs- und Prüfungsfragen
unterstützt werden (Podleschny et
al., 2023).
Abhängigkeit, Plagiat und
akademische Integrität
Trotz der Potenziale birgt der Einsatz
von ChatGPT Risiken. Large
Language Models (LLMs) neigen
zum „Halluzinieren“, sodass eine
kritische Überprüfung ihrer Ausgaben
immer erforderlich ist. Zudem
besteht bei Studierenden die Gefahr
einer Abhängigkeit von KI-Tools, die
Problemlösungskompetenzen beeinträchtigen
könnte (Gerlich, 2025).
Insbesondere bei schriftlichen Arbeiten
ist die akademische Integrität
zentral (Jarrah et al., 2023).
52 1/2025
Bei Studierenden besteht die Gefahr
einer Abhängigkeit von KI-Tools, die
Problemlösungskompetenzen beeinträchtigen
könnte (Gerlich, 2025).
Bibliographie
Birkelbach, L., Mader, C. & Rammel, C. (2024).
Lernen mit Künstlicher Intelligenz – Potenzial
und Risiken von KI-Lernumgebungen im Hochschulbereich.
Bundesministerium für Bildung,
Wissenschaft und Forschung.
Brandhofer, G., Gröblinger, O., Jadin, T., Raunig,
M. & Schindler, J. (Hrsg.) (2024). Von KI lernen,
mit KI lehren: Die Zukunft der Hochschulbildung.
Forum Neue Medien in der Lehre Austria.
EU (2024). Verordnung 2024/1689: Über künstliche
Intelligenz. https://eur-lex.europa.eu/
legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32024R1689,
letzter Zugriff 9.2.2025.
Gerlich, M. (2025). AI Tools in Society: Impacts
on Cognitive Offloading and the Future of
Critical Thinking. Societies, 15(6).
Eine Balance zwischen KI-gestütztem
Lernen und kritischer Reflexion
ist essenziell, um die Qualität
akademischer Ausbildungen zu
sichern.
Jarrah, A. M., Wardat, Y. & Fidalgo, P. (2023).
Using ChatGPT in academic writing is (not) a
form of plagiarism: What does the literature
say?. Online Journal of Communication and
Media Technologies, 13(4), e202346.
Lee, H.-Y., Chen, P.-H., Wang, W.-S., Huang,
Y.-M. & Wu, T.-T. (2024). Empowering ChatGPT
with guidance mechanism in blended learning:
Effect of self-regulated learning, higher-order
thinking skills, and knowledge construction.
International Journal of Educational Technology
in Higher Education, 21(16).
Regulierungsansätze
des AI Acts
Der EU AI Act (EU, 2024) kategorisiert
KI-Systeme nach ihrem Risiko
und schafft einen Rahmen für deren
verantwortungsvollen Einsatz in
der Hochschulbildung. Besonders
Prüfungsbewertungen mit KI gelten
als Hochrisikoeinsatz. Aber auch für
risikoarme Anwendungen wie Chatbots
sind Hochschulen seit Februar
2025 verpflichtet, Richtlinien und
Schulungen für alle Universitätsangehörigen
zu entwickeln (RTR, o. J.;
Brandhofer et al., 2024).
Fazit
LLMs wie ChatGPT bieten großes
Potenzial für die Hochschullehre,
müssen aber verantwortungsvoll
integriert werden. Eine Balance
zwischen KI-gestütztem Lernen und
kritischer Reflexion ist essenziell,
um die Qualität akademischer Ausbildungen
zu sichern. KI-Richtlinien
und Schulungen sind notwendig, um
Chancen zu nutzen und Risiken zu
minimieren.
Milosevic, S., Omerbegovic Arapovic, A. & Duerod,
M. (2023). The Impact of Large Language
Model Assisted Learning Versus Traditional
Learning Methods on University Students
Learning Outcome and Knowledge Retention.
International Journal of Economics, Commerce
and Management 11 (11), 177-206.
Podleschny, N., Pucker, T., Reimers, I., Schermeier,
S., Steffens, M., Unbescheid, J., Vergöhl,
F., Weitendorf, S. (2023) Handreichungen zum
Umgang mit generativen KI-Anwendungen an
der HafenCity Universität. https://cloud.hcuhamburg.de/nextcloud/s/oPNXK25rkoXDfEA,
letzter Zugriff 11.2.2025
RTR (RUNDFUNK UND TELEKOM REGU-
LIERUNGS-GMBH) (o. J.) Servicestelle für
Künstliche Intelligenz - AI Act - Betreiberverpflichtungen.
https://www.rtr.at/rtr/service/kiservicestelle/ai-act/Betreiberverpflichtungen.
de.html, letzter Zugriff 9.2.2025.
1/2025
53
→ Didaktik
BOKU übernimmt erstmals
Präsidentschaft bei fnma
Neue Impulse für die digitale Lehre
Von Verena Vlajo und Alexandra Strauss-Sieberth
Ausgehend vom Digitalisierungsprojekt
„Neue Medien in der Lehre an Universitäten
und Fachhochschulen“ des
damaligen Bundesministeriums für
Bildung, Wissenschaft und Kultur im
Jahr 2000 wurde im November 2003
der Verein „Forum neue Medien in der
Lehre Austria (fnma)“ gegründet. Das
vorrangige Ziel von fnma seit damals
ist es, hochschulübergreifend einen regen
und interdisziplinären Gedankenund
Erfahrungsaustausch im Bereich
E-Learning zu fördern. Darüber hinaus
verfügt der Verein über eine langjährige
Tradition der effizienten Projektzusammenarbeit
und ist die einzige
hochschulübergreifende Interessenvertretung
für den Einsatz neuer Medien
in der Lehre in Österreich. Die BOKU
ist seit der Gründung aktives Mitglied
von fnma und stellt mit Andreas Zitek
zum ersten Mal in der nunmehr fast
22-jährigen Vereinsgeschichte den
Präsidenten.
Wir möchten dir ganz herzlich zur
neuen Position als Präsident und
Vertreter für die Universitäten beim
Verein Forum neue Medien in der Lehre
Austria gratulieren. Könntest du uns
bitte erläutern, wofür der Verein fnma
steht?
Zitek: Der Verein fnma steht für die
einzige hochschulübergreifende nationale
Interessenvertretung und Plattform
für E-Learning. Das heißt, im
Verein fnma sind alle Hochschultypen
(Universitäten, Fachhochschulen und
Pädagogische Hochschulen) in Österreich
vertreten, um sich im Bereich
E-Learning zu vernetzen, auszutauschen
und das Thema neue Medien in
der Lehre gesamtösterreichisch nach
vorne zu bringen.
54 1/2025
Das Ganze funktioniert, weil die
Hochschulen als Mitglieder Delegierte
als Repräsentant*innen entsenden,
die sich vernetzen und sich
regelmäßig zum Austausch z. B. in
Arbeitsgruppen oder Special Interest
Groups („SIGs“) treffen. Darüber
hinaus fördert fnma-Projekte und
gibt vierteljährlich ein Magazin mit
unterschiedlicher Schwerpunktsetzung
heraus. Passend zum Thema
des Magazins gibt es auch jeweils
immer ein Webinar, bei dem die
Teilnehmenden Fragen stellen und
so direkt mit den Präsentierenden
interagieren können.
Es geht hier einfach um einen offenen,
wechselseitigen Austausch
über die unterschiedlichen Entwicklungen
im Bereich neuer Medien
in der Hochschullehre, von dem
alle profitieren. Dadurch wird auch
das Ziel erreicht, dass der reflektierte
Einsatz neuer Medien und
Technologien an den Hochschulen
Österreichs direkt gefördert wird,
und dadurch natürlich die österreichische
Hochschullandschaft im
internationalen Wettbewerb besser
dasteht.
Was war deine Motivation, dich als
Präsident nominieren zu lassen?
Das ist eine echt gute Frage.
Meine Motivation ist die, dass es für
mich eine sehr reizvolle Aufgabe ist,
Innovationen voranzutreiben und
dass sich die BOKU University mit
anderen Hochschulen stärker als
bisher im Bereich neuer Medien in
der Lehre vernetzt und austauscht.
Auf der anderen Seite, was mir
persönlich sehr wichtig ist, bin ich
sehr interessiert an einer kritischen
Auseinandersetzung mit der Anwendung
neuer Medien in der Lehre.
Und das ist natürlich im Austausch
über alle Hochschultypen hinweg,
inklusive der pädagogischen Hochschulen,
die besonders auch im
Bereich der Bildungsforschung oder
Lernforschung Kompetenzen haben,
sehr gut möglich.
Das bedeutet für mich, dass trotz
aller Euphorie über etwas Neues
am Ende nur ein kritisch evaluierter
Einsatz neuer Medien in der Lehre
nachhaltig und sinnvoll ist. Es geht
einfach wirklich darum, die österreichische
Bildungslandschaft in
Bezug auf den Einsatz neuer Medien
in der Lehre nachhaltig mitzugestalten.
Und ich glaube, dass die BOKU
mit ihrem Fokus auf Nachhaltigkeit,
aber auch Inklusion, gerade auch
im Bereich digitaler Entwicklungen
durchaus einen guten Beitrag
leisten und auch einen guten Fokus
bereitstellen kann.
Fotos: BOKU/Verena Vlajo / Katharina Wocelka
1/2025
55
Was sind deine Aufgaben und
Pflichten als Präsident?
Das ganze Präsidium besteht aus
sechs Personen. Es gibt eine*n
Präsidenten*in und eine*n Vizepräsidenten*in
für die Universitäten,
ebenso für die Fachhochschulen
und pädagogischen Hochschulen
und dann gibt es noch eine*n Finanzverantwortliche*n
sowie eine*n
Stellvertreter*in. Gemeinsam wird
in regelmäßigen Treffen und mit
verteilten Verantwortungen an der
Erfüllung des Vereinszwecks gearbeitet.
Tatsächlich wurde über die
Jahre ein unglaubliches Portfolio
aufgebaut, das die vom Ministerium
bzw. von fnma direkt geförderten
Projekte, das Magazin und die
Talks, die Zeitschrift für Hochschulentwicklung
(zfhe) als referiertes
offenes Online-Journal für wissenschaftliche
Beiträge, die OER-Zertifizierungsstelle,
Arbeitsgruppen und
SIGs, Newsletter, Spotlight Videos
und Social-Media-Präsenz umfasst.
Für alle diese genannten Bereiche
gibt es innerhalb fnma Verantwortlichkeiten,
die im Präsidium aufgeteilt
werden.
Meine Hauptschwerpunkte sind das
Magazin, die Talks und das Thema
Open Educational Resources (OER),
vor allem in Bezug auf die Weiterführung
und Weiterentwicklung
der OER-Zertifizierungsstelle. Was
natürlich auch immer spannend
und bereichernd ist, ist die direkte
Kontaktaufnahme mit Mitgliedern,
also an die anderen Hochschulen zu
fahren um dort die Wünsche, Fragen
und Schwierigkeiten direkt vor Ort zu
diskutieren, und so auch den Nutzen
der Teilnahme an fnma für die unterschiedlichen
Hochschulen besser
deutlich zu machen. Ich empfinde es
auch als besonders wichtig, gerade
in Zeiten rasanter technologischer
Entwicklungen, die im Prinzip alle
Schultypen betreffen, dass wir in
Zukunft den Stellenwert von fnma
für die Hochschullehre in Österreich
56 1/2025
noch stärker hervorheben. Und ja,
wir werden uns auch thematisch
über Projekte, die wir gerade entwickeln,
aber auch direkt fördern,
positionieren. Und da ist gerade die
große Frage, welche Projekte das
sein werden.
Welche Vision hast du für deine
Amtszeit als Präsident? Wie möchtest
du gerne deine drei Jahre
Funktionsperiode gestalten?
Also für mich stehen in den kommenden
drei Jahren vor allem das
Thema OER und die Unterstützung
der unterschiedlichen Hochschulen
bei der Entwicklung ihrer OER-
Strategien und OER-Zertifikate im
Mittelpunkt. Hier geht es darum, die
OER-Zertifizierung als nationales
Bildungsservice von fnma weiterhin
gut zu positionieren, aber auch
weiterzuentwickeln. Und der zweite
Punkt, der mir und meiner Vizepräsidentin
Sylvia Lingo sehr am Herzen
liegt, ist eine verstärkte Zusammenarbeit
über die Hochschultypen hinweg,
mit einem stärkeren studierendenzentrierten
Fokus. Auch wollen
wir die Zeitschrift für Hochschulentwicklung
bekannter machen und mit
einer stärker wissenschaftlich ausgerichteten
Orientierung zu einem
Instrument für einen reflektierten
und nachhaltigen Einsatz neuer Medien
in der Lehre weiterentwickeln.
Aber auch das Thema KI wird uns
wohl noch weiter beschäftigen, dazu
haben wir Branko Andic der JKU als
Experten an Board.
Also nicht nur Austausch, Vernetzung
und die Bewerbung von
neuen Medien für die Lehre, sondern
auch die kritische Evaluierung und
wissenschaftliche Untersuchung
als Fokus von fnma sind Aspekte,
die wir verstärkt in den Mittelpunkt
stellen wollen. Weil fnma eben alle
Hochschultypen umfasst, und jede
davon spezifische Kompetenzen und
Sichtweisen einbringt, ist es möglich,
Forschungsprojekte umzuset-
zen, deren Ergebnisse für viele Bereiche
Gültigkeit haben. Das wäre
sozusagen unsere Vision für fnma,
die Weiterentwicklung in Richtung
einer forschungsorientierten
österreichweiten Servicestelle im
Bereich der Neuen Medien in der
Lehre.
LINKS
Homepage des Vereins Forums Neue
Medien in der Lehre Austria
https://fnma.at/
Historischer Link zum Projekt „Neue
Medien in der Lehre an Universitäten und
Fachhochschulen“
https://web.archive.org/
web/20010219235445/http://www.nml.at/
Historischer Link zur Gründung des
Forums Neue Medien im Jahr 2000
https://web.archive.org/
web/20010208191930
www.bmwf.gv.at/3uniwes/medien/
fnm.htm
Vereinsprojekte von fnma
https://fnma.at/projekte/vereinsprojekte
Magazin von fnma
https://fnma.at/medien/fnma-magazin
fnma Talks (Webinare zu bestimmten
Themen)
https://fnma.at/medien/fnma-talks
Zeitschrift für Hochschulentwicklung
www.zfhe.at/index.php/zfhe
Publikation einer Pilotstudie zur Evaluierung
einer qualitativen Systemmodellierungsmethode
basierend auf Künstlicher
Intelligenz hinsichtlich der Veränderung
von Wissensstruktur und -inhalt von
Studierenden aus dem Jahr 2013 („Learning
by Conceptual Modeling-Changes
in Knowledge Structure and Content“)
https://ieeexplore.ieee.org/abstract/document/6461874
Publikation zum Thema “Online Teaching
of Creative Writing of Scientific Publications
and Project Proposals Using Google
Apps“ aus dem Jahr 2018
https://conference.pixel-online.net/files/
npse/ed0007/FP/4496-NTST2992-FP-
NPSE7.pdf
Zur Person
Andreas Zitek arbeitet seit 2016
an der Abteilung für E-Learning &
Didaktik der BOKU University und
beschäftigt sich dort vor allem
mit der Entwicklung, Umsetzung
und Evaluierung von Innovationen
im Bereich der Lehre und des
Lernens. Beispiele dafür sind
innovative didaktische Ansätze
im Bereich Sustainable Entrepreneurship
Education, aber auch
die Erstellung von Applikationen
im Bereich der virtuellen Mobilität
sowie Virtual und Augmented Reality.
Er ist verantwortlich für die
Umsetzung der OER-Strategie der
BOKU sowie Ansprechpartner für
den Einsatz von KI in der Lehre.
Bereits in der Vergangenheit (seit
2005) beteiligte er sich an mehreren
EU-Projekten zur Entwicklung
und Evaluierung innovativer KI-basierter
Lehr- und Lernansätze, die
sich mit qualitativer Systemmodellierung
(„Qualitative Reasoning“,
DynaLearn Software) befassten.
Er beschäftigt sich auch mit der
quantitativen und qualitativen
Evaluierung von Lehrmethoden,
arbeitet als Forscher zusätzlich
noch im Bereich Lebensmittelauthentifizierung
im K1-Zentrum
FFoQSI, ist zertifizierter Trainer für
kreatives wissenschaftliches und
berufliches Schreiben und diplomierter
Lebens- und Sozialberater/Psychologischer
Berater.
1/2025
57
→ Gender & Diversity
Programm rund um den
internationalen Frauentag am 8. März
Frauenmentoring in der Forst- und Holzwirtschaft und
feministisches BOKU Kino mit „Les Nouvelles Èves“
Von Matthäa Ritter-Wurnig
Am 7. März startet das zweite
Mentoring-Programm für Frauen
in der Forst- und Holzwirtschaft.
Das Ziel: die sogenannte
„Leaky Pipeline“ zu schließen.
Die BOKU setzt anlässlich des feministischen
Kampftages am 8. März
ein starkes Zeichen für Gleichstellung
und Diversität in der Wissenschaft.
Zwei Programmpunkte beleuchten
Herausforderungen
und Perspektiven für Frauen und
FLINTA* 1 Personen in männerdominierten
Disziplinen und Realitäten.
Mentoring-Programm für
Frauen in der Forst- und
Holzwirtschaft
Am 7. März startet das zweite Mentoring-Programm
für Frauen in der
Forst- und Holzwirtschaft. Das Ziel:
die sogenannte „Leaky Pipeline“ zu
schließen – also den Verlust von
weiblichen Talenten auf dem Karriereweg
in diesen traditionell männlich
geprägten Bereichen zu verhindern.
Die Vizerektorin für Lehre, Weiterbildung
und Studierende, Doris
Damjanovic, und die Sektionschefin,
Elfriede Moser, haben die Veranstaltung
mit Begrüßungsworten eröffnet.
Nach einem kurzen inhaltlichen
Input von der Koordinationsstelle für
Gleichstellung, Diversität und Behinderung
konnte der Auftaktworkshop
starten. Die Bedeutung dieses
Mentoring-Programms geht über die
Forst- und Holzwirtschaft hinaus:
In der kommenden Leistungsvereinbarung
(2025-2027) ist geplant,
das Format auszuweiten und für alle
MINT-Fächer an der BOKU zugänglich
zu machen.
1 FLINTA* (alternativ auch FLINTA oder
FLINT) ist ein Akronym, das für Frauen,
Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre,
transgeschlechtliche und agender Personen
steht. Der angehängte Asterisk dient dabei
als Platzhalter für alle Personen, die sich
in keinem der Buchstaben wiederfinden,
aber dennoch aufgrund ihrer geschlechtlichen
Identität von Marginalisierung
betroffen sind. Mit der Abkürzung wird
oft auf die Einladungspolitik bestimmter
Räume verwiesen, die dadurch als inklusiv
und für Personen mit unterschiedlichen
Geschlechtsidentitäten offen dargestellt
werden (siehe Wikipedia).
BOKU Kino: „Les Nouvelles
Èves“ und Diskussion
Am 12. März lud die BOKU zum
BOKU Kino mit einer Vorführung des
Films Les Nouvelles Èves ein. Der
Dokumentarfilm zeigte die Vielfalt
feministischer Lebensrealitäten und
beleuchtete, wie gesellschaftliche
Strukturen den Alltag von FLINTA*
prägen. Durch einfühlsame Porträts
unterschiedlicher Protagonist*innen
hinterfragte der Film gängige Rollenbilder
und öffnete den Blick für eine
diversere Erzählweise.
Im Anschluss an die Vorführung fand
eine moderierte Diskussion statt, die
den Film aus einer feministischen
Perspektive analysierte und Raum
für Austausch bot.
Beide Veranstaltungen setzten wichtige
Impulse für eine gerechtere und
inklusivere akademische Welt – und
darüber hinaus.
58 1/2025
Fotos: Adobe Stock, Oliver Tacke
Filmrezension: Les Nouvelles Èves
Vielschichtige Porträts von FLINTA*,
die ihren eigenen Weg gehen
Von Matthäa Ritter-Wurnig
Der Dokumentarfilm Les Nouvelles
Èves – Held*innen des Alltags ist
ein poetisches Kaleidoskop feministischer
Lebensrealitäten. Sechs
Regisseur*innen – Camille Budin,
Annie Gisler, Jela Hasler, Thaïs
Odermatt, Wendy Pillonel und Anna
Thommen – haben sechs Protagonist*innen
begleitet, die in der
Schweiz leben und ganz unterschiedliche
Wege gehen. Ihr gemeinsamer
Nenner: Sie alle navigieren
durch gesellschaftliche Erwartungen,
finanzielle Hürden, persönliche
Herausforderungen und Momente
des Glücks.
Einfühlsame Nahaufnahmen
des Alltags
Ob es die Seniorin Valeria ist, die
ihre knappe Pension verwaltet und
sich neu verliebt, oder die Sopranistin
Sela Bieri, die sich mit
festgefahrenen Geschlechterrollen
in der Opernwelt auseinandersetzt
– der Film gibt Raum für ihre
Geschichten, ohne sie zu bewerten
oder zu simplifizieren. Besonders
eindrucksvoll ist die Geschichte
der Baslerin Naima Cuica, die ursprünglich
aus Venezuela stammt.
Trotz ihrer Qualifikation als Pflegefachkraft
muss sie in der Schweiz
zunächst in einer Kantine arbeiten,
weil ihre Zertifikate nicht anerkannt
werden. Ihr beharrlicher Weg, berufliche
Anerkennung zu erlangen,
macht sie zu einer stillen Kämpferin
gegen strukturelle Barrieren.
Neben diesen erwachsenen FLIN-
TA* greift Les Nouvelles Èves auch
jüngere Perspektiven auf: Eine
Studentin* spürt ihrer Geschlechtsidentität
nach, ein neunjähriges
Kind hinterfragt stereotype Rollenbilder,
die ihm in der Gesellschaft
begegnen. Der Film zeigt damit
nicht nur FLINTA*-Realitäten als
etwas Starres oder Vorgegebenes,
sondern als etwas, das sich entwickelt,
hinterfragt und neu definiert
werden kann.
Ein feministischer Blick auf
Erzählung und Perspektiven
Ein herausragendes Merkmal von
Les Nouvelles Èves ist, dass die
gesamte filmische Umsetzung in
FLINTA*-Hand liegt. Das macht sich
in der Erzählweise bemerkbar: Die
Kamera bleibt respektvoll, dringt
nicht ein, sondern folgt den Protagonist*innen
in ihren alltäglichen
Routinen. Anstatt dramatische Höhepunkte
zu inszenieren, setzt der
Film auf stille, authentische Momente
– eine Entscheidung, die feministische
Filmtheorie oft fordert,
aber nur selten umgesetzt sieht.
Besonders schön ist, dass der Film
nicht nur eine spezifische feministische
Realität zeigt, sondern
verschiedene Perspektiven vereint:
eben von finanziellen Kämpfen in
der Pension über die Schwierigkeiten
beruflicher Anerkennung bis hin
zu Identitätsfragen junger FLINTA*.
Während viele Filme über FLINTA*-
1/2025
59
→ Gender & Diversity
Leben entweder Probleme überdramatisieren
oder sie in inspirierende
Heldinnengeschichten
verpacken, erlaubt Les Nouvelles
Èves seinen Protagonist*innen,
einfach zu sein.
Eine andere Art, Geschichten
zu erzählen
Die meisten Filme, die wir sehen,
erzählen männliche Geschichten
– und zwar aus der Perspektive
von Männern. Selbst wenn
FLINTA* im Mittelpunkt stehen,
bleibt der Blick oft männlich: Sie
werden beobachtet, interpretiert,
in klassische Erzählstrukturen
gepresst, die ihnen oft nur die
Rolle der Begleiterin*, der Heldin*
im Ausnahmezustand oder der
Leidenden zuweisen. Les Nouvelles
Èves durchbricht genau
dieses Muster.
Der Film erzählt nicht „die eine“
große feministische Geschichte,
sondern viele kleine – und genau
darin liegt seine Stärke. Er zeigt,
dass es nicht den Feminismus
gibt, sondern viele verschiedene
feministische Perspektiven,
so vielfältig wie FLINTA*-Leben
selbst. Die Erzählweise ist dabei
ebenso bedeutsam wie der Inhalt:
Die Protagonist*innen des Films
sind nicht Objekte einer Geschichte,
sondern Subjekte ihrer
eigenen Realität. Ihre Erfahrungen
werden nicht für ein großes, universelles
Narrativ zurechtgebogen,
sondern bleiben individuell,
widersprüchlich und real.
Damit öffnet Les Nouvelles Èves
nicht nur den Blick für die Vielfalt
feministischer Lebensrealitäten,
sondern auch für eine andere Art
des Filmemachens – eine, die
nicht dominiert, sondern zuhört.
Eine, die nicht bewertet, sondern
versteht. Und eine, die zeigt, dass
feministische Geschichten nicht
erst erzählt werden müssen – sie
sind längst da. Es braucht nur
den richtigen Blick, um sie zu
sehen.
Sprachgebrauch
an der BOKU
Von Ela Posch
Unter dem Motto „Den Genderstern
nehm’ ich gern“ fand im Rahmen
des 8. März 2023 ein Diskussionsforum
zur damals neu erschienenen
Empfehlung statt. Forschende,
Lehrende und Studierende sowie
Vertreter*innen der Universitätsleitung
und Serviceeinrichtungen
tauschten sich über Perspektiven
und Erfahrungen aus den jeweiligen
Bereichen der BOKU aus und diskutierten
zu offenen Fragen, Widerständen
und Herausforderungen
im Zusammenhang mit inklusivem
Sprachgebrauch.
Zur Auffrischung und für alle neu
hinzugekommenen BOKU-Angehörigen
möchten wir an dieser Stelle einen
kleinen Einblick geben und dazu
einladen, sich zu informieren und
sich für eine respektvolle Kommunikation
an der BOKU einzusetzen.
Was bedeutet geschlechterbewusster,
vielfaltssensibler
und inklusiver Sprach- und
Bildgebrauch?
Grundsätzlich geht es darum,
Sprache und Bilder so zu verwenden,
dass möglichst alle adressiert
werden und niemand ausgeschlossen
wird. Die Empfehlung möchte
zeigen, wie wir eine respektvolle
Kommunikation an der BOKU und
darüber hinaus fördern können. Sie
informiert über Hintergründe und
gibt Beispiele für den konkreten Gebrauch
im Universitätsalltag.
Sprache in Bewegung –
inklusiver Sprachgebrauch
als Lern- und Entwicklungsprozess
Seit 2016 informiert die Koordinationsstelle
über den Gebrauch einer
geschlechtergerechten Sprache. Im
Gleichstellungsplan, der seit 2020 in
der Satzung verankert ist, bekennt
sich die BOKU zu einer geschlechtergerechten
und diskriminierungsfreien
Sprache. Im Rahmen des
partizipativen Prozesses der Diversitätsstrategie
wurde von zahlreichen
BOKU-Angehörigen aus den
verschiedenen Handlungsfeldern
und Hierarchieebenen der Bedarf an
einer einheitlichen Empfehlung für
die BOKU eingebracht.
2022 übernahm die Koordinationsstelle
für Gleichstellung, Diversität
und Behinderung nach Beauftragung
durch das Rektorat die Projektleitung,
um eine Empfehlung für
die BOKU auszuarbeiten. In enger
Abstimmung mit dem Arbeitskreis
für Gleichbehandlungsfragen und
einer partizipativen Beteiligung durch
BOKU Akteur*innen aus unterschied-
60 1/2025
Studienbeihilfe an Studierende mit
Behinderungen - Änderungen mit 1.3.2025
lichen Bereichen konnte die Empfehlung
2023 nach einem einjährigen
Entwicklungsprozess veröffentlicht
werden. Die BOKU folgt damit der
Aufforderung nationaler Governance
des BMBWF und den Empfehlungen
der Hochschulkonferenz. Diversitätsbewusstes
(Sprach-)Handeln ist
aber auch im Sinne der UN-Ziele für
nachhaltige Entwicklung eine wichtige
Grundvoraussetzung für Equality
Policies im Rahmen der Agenda 2030
und darüber hinaus.
Heute ist ein geschlechterbewusster,
vielfaltssensibler und inklusiver
Sprachgebrauch eine Selbstverständlichkeit
und gehört in weiten
Teilen zur alltäglichen Praxis an der
BOKU. Die Empfehlung richtet sich
an alle BOKU-Angehörigen und dient
als Orientierung und Vorlage für eine
wertschätzende und offene Universitätskultur.
LINKS
Die Empfehlung für Sprach- und Bildgebrauch
an der BOKU ist in deutscher und
englischer Kurz- und Langversion verfügbar
https://short.boku.ac.at/sprachgebrauch
Die Kurzversion steht als barrierefreies
Dokument zum Download bereit
https://boku.ac.at/fileadmin/data/H02000/
H29400/Gleichstellung/Sprachgebrauch_2023/LITH_BOKU_Sprachgebrauch_
Kurzversion_d_barrierefrei_final_c.pdf
Englische Kurzversion als barrierefreies
Dokument zum Download
https://boku.ac.at/fileadmin/data/H02000/
H29400/Gleichstellung/Sprachgebrauch_2023/LITH_BOKU_Sprachgebrauch_
Kurzversion_e_barrierefrei_final_c.pdf
Sprach- und Bildgebrauch
an der BOKU – geschlechterbewusst,
vielfaltssensibel,
inklusiv.
Von Ruth
Scheiber-Herzog
Mit der am 11.11.2024 veröffentlichten Verordnung über die Gewährung von
Studienbeihilfe für Studierende mit Behinderungen (BGBl. II Nr. 308/2024)
werden die Voraussetzungen für die Verlängerung der Anspruchsdauer
sowie die Höhe des Zuschlags neu festgelegt. Die Verordnung tritt am
1.3.2025 in Kraft, womit gleichzeitig die bisherige Regelung (BGBl. II Nr.
310/2004) mit Ablauf des 28.2.2025 außer Kraft gesetzt wird.
Durch diese Neuregelung erhalten Bezieher*innen von Studienbeihilfen
mit Behinderungen ab dem Sommersemester 2025 eine Erhöhung des
Zuschlags um 50 %. Zudem wird ab dem 1.3.2025 die Studienförderung
an die Systematik des Bundes-Behinderteneinstellungsgesetzes (BBG)
angepasst. Die Dauer des Studienbeihilfenbezugs sowie der Anspruch auf
einen Zuschlag richten sich künftig nach dem Grad der Behinderung (GdB)
bzw. anhand bestimmter Zusatzeintragungen im Behindertenpass.
Weitere Informationen sind auf der Webseite des BMBWF unter folgendem
Link zu finden: www.bmbwf.gv.at/Ministerium/Presse/20241111a.html
Welche finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten gibt es
für Studierende mit Behinderungen außerdem?
Erhöhte Familienbeihilfe: Die erhöhte Familienbeihilfe wird zusätzlich zur
Familienbeihilfe ausbezahlt und kann bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres
gewährt werden. Voraussetzung ist ein Grad der Behinderung von
mindestens 50 Prozent.
Fonds der Österreichischen Hochschüler_innenschaft (ÖH): Bei der Österreichischen
Hochschüler_innenschaft (ÖH) ist unter anderem ein Fonds zur
Unterstützung von Studierenden mit Behinderungen eingerichtet.
Ausbildungsbeihilfe des Sozialministeriumservice (SMS): Unter bestimmten
Voraussetzungen kann das Sozialministeriumservice (SMS) einen Zuschuss
zur barrierefreien Ausbildung gewähren, der behinderungsbedingte
Mehrkosten, die für das Studium erforderlich sind, ausgleicht.
Erlass des Studienbeitrages: Für Studierende mit Behinderung ist in § 92
Abs 1 Z 6 Universitätsgesetz der Erlass des Studienbeitrages vorgesehen.
ERASMUS+ Mobilitätsstipendium: Dieses Stipendium richtet sich an Studierende
und Lehrende mit Behinderungen oder gesundheitlichen Problemen,
die an einem Studienaustauschprogramm teilnehmen möchten.
Nähere Informationen zu den Fördermöglichkeiten sowie
zu weiteren Unterstützungsangeboten sind bei der
Behindertenbeauftragten der Koordinationsstelle der
BOKU erhältlich:
https://short.boku.ac.at/2wg6oy
1/2025
61
Erster Halt der BOKU-Delegation war die University of Adelaide im Bundesstaat Südaustralien.
62 1/2025
Koalas, Kiwis und Kooperationen
Von Margarita Calderón-Peter
Am 18. Jänner startete eine BOKU-
Delegation, angeführt von Rektorin
Schulev-Steindl mit Vizerektorin
Doris Damyanovic, Tobias Pröll und
Margarita Calderón-Peter in Richtung
Ozeanien, um neue Kooperationsmöglichkeiten
zu erörtern und bestehende
Abkommen zu verlängern.
Erster Halt war Adelaide im Bundesstaat
Südaustralien, dort trafen wir
Franz Zehetner, der von Projekttreffen
in Taiwan anreiste, und Astrid
Forneck, die einen mehrmonatigen
Forschungsaufenthalt an der
University of Adelaide absolvierte.
Diese Universität ist eine der „Group
of Eight“ Top-Institutionen Australiens
(https://go8.edu.au/) und wird
2026 mit der University of South
Australia zur größten Volluniversität
des Landes fusionieren. Bereits
jetzt ist diese Institution mit dem
Waite Research Institute die erste
Adresse für Weinbau & Önologie mit
weiteren Weinforschungsinstituten
(Australian Wine Research Institute
AWRI, Commonwealth Scientific and
Industrial Research Organisation
CSIRO) auf dem hervorragend ausgestatteten
und prestigeträchtigen
Waite Campus.
Im Bereich der Pflanzenphysiologie
sind der Plant Accelerator mit
der Plant Phenomics Facility und
dem Plant Genomics Zentrum von
großem Interesse für gemeinsame
Forschungsprojekte. Weitere Kooperationen
mit österreichischen Weinbaubetrieben
sind geplant; ebenso
Summerschools, Co-Betreuung von
Masterarbeiten und Gastprofessuren.
Darüber hinaus gibt es auch
für andere Fachbereiche zahlreiche
Möglichkeiten zur Zusammenarbeit,
etwa betreffend Melioration
versauerter und versalzter Böden.
Da in Australien mit die ältesten
Landflächen des Globus zu finden
sind und weite Regionen ein arides
Klima aufweisen, finden sich sowohl
stark versauerte als auch versalzte
Böden. Die University of Adelaide ist
auch federführend bei der Entwicklung
neuartiger Düngemittel zur Verbesserung
der Bodenfruchtbarkeit.
Spannend ist weiters das Plants for
Space Institut (https://plants4space.
com/), das Pflanzen für Nahrungsmittel
(zum Beispiel Wasserlinsen
und Erdbeeren) beziehungsweise
Leichtbau-Konstruktionen (Bambus)
für den Einsatz in Raumschiffen
und Mondstationen beforscht. Auch
im Bereich Umwelt- und Ingenieurswissenschaften
und Verfahrenstechnik
gibt es weitreichende
thematische Überschneidungen mit
der BOKU. Generell besteht seitens
der Uni Adelaide großes Interesse
an englischsprachigen BOKU-Bachelorprogrammen
für zukünftigen
Studierendenaustausch, weil die
australische Universität kaum Masterprogramme
anbietet.
Am 22. Jänner ging es weiter an
die University of Newcastle: Hier
knüpften wir an ein früheres Studierendenaustauschabkommen
an
und schlossen einen Rahmenvertrag
für Cotutelle-Doktorate ab. Diese
Kooperation basiert auf langjährigen
Kontakten von Christoph Pfeifer
im Bereich der Verfahrenstechnik
nachwachsender Rohstoffe, vor
allem betreffend katalytische Materialien.
Da Newcastle der größte
Kohleexporthafen der Welt ist, gibt
es traditionell viel Forschung auf
diesem Gebiet. Auch nahe unserem
Hotel finden sich Kohleablagerungen
in Sedimentgesteinen, die Franz
Zehetner beprobt und als Anschauungsmaterial
mitgenommen hat.
Ein bedeutender Schwerpunkt an
der Uni Newcastle ist auch das
Thema Bodensanierung von kontaminierten
Standorten, wobei hier
vermehrt PFAS (Per- und polyfluorierte
Alkylverbindungen) in den Fokus
rücken. Forscher*innen dieser
Universität haben bereits früher mit
Walter Wenzel zusammengearbeitet.
Im Energiebereich liegen die Forschungsschwerpunkte
der australischen
Universität auf Batterien für
Solaranlagen, Recycling von PV-Paneelen
zur Silber- und Silizium-
Rückgewinnung sowie neuartigen
PV-Folien (organische Solarzellen).
Neue Ideen könnten durch Kooperation
in den Fachgebieten Agrarökonomie
und Klimagerechtigkeit
entstehen. Die University of Newcastle
legt einen Fokus auf SDGs,
Inklusion, Diversität und Einbindung
der indigenen Bevölkerung sowie
Fotos: Adobe Stock, University of Adelaide, University of Newcastleu, Sarah Cook
1/2025
63
Die BOKU-Delegation
nach dem Austausch
mit Kolleg*innen
der University of
Adelaide.
Studierenden der ersten Generation.
Sie zählt zu den Top 1 % der weltbesten
Universitäten und ist gleichzeitig
führend in Hinblick auf die
Anzahl an indigenen Studierenden
und Mitarbeitenden.
Ab 26. Jänner war die Delegation
dann an der Lincoln University in
der Nähe von Christchurch, Neuseeland.
Diese ist ähnlich wie die BOKU
eine spezialisierte Universität, und
mit ihr hat die BOKU die am längsten
bestehende Partnerschaft in
Ozeanien, im Rahmen derer wir seit
25 Jahren Projekte und Studierendenaustausch
pflegen. Das gemeinsame
Masterprogramm Natural Resources
Management and Ecological
Engineering (NARMEE) ist eines der
ältesten internationalen Studienprogramme
der BOKU mit Partneruniversitäten
im Ausland.
Die University of
Newcastle verfügt
nicht nur über eine
beeindruckende
Porträt-Galerie
früherer Rektoren,
sondern gehört auch
zu dem Top 1 % aller
Spitzen-Unis weltweit.
Mit der Lincoln
University nahe
Christchurch in Neuseeland
verbindet
die BOKU die älteste,
seit 25 Jahren bestehende
Partnerschaft
in Ozeanien.
Die Lincoln University legt großen
Wert auf Integration der Maori und
hat eines der wenigen Bodenforschungsinstitute
in Neuseeland,
mit Fokus auf Grünlandwirtschaft,
Stickstoff- und Phosphorkreislauf,
Stickstoffauswaschung, Lachgasemissionen
etc. Ein weiteres spannendes
Thema ist Bewässerung,
auch im Grünland, da Wasser nicht
ausreichend zur Verfügung steht. In
den genannten Themenfeldern ergeben
sich viele Anknüpfungspunkte
mit der BOKU.
Da die Lincoln University (LU) auch
Associated Partner in der Euroleague
of Life Sciences (ELLS) ist,
entstehen Kooperationsmöglichkeiten
in vielen Fachbereichen, zum
Beispiel in der neuen Subject Area
Soft Fruits and Wine in der ELLS.
Forschungsthemen der Lincoln
University im Bereich Weinbau und
Önologie sind Nachhaltigkeit, Anpassungen
an Klimaänderungen,
aber auch Agri-Photovoltaik-Anlagen
für Gartenbau, Weinbau und
Ackerbau.
In der Pflanzenbiotechnologie beschäftigt
sich die LU mit Transformationen
und Mutationszüchtung
bei Rebklonen. Die Lincoln Uni-
64 1/2025
Abschlussfeier
der Lincoln
University
Maori Pacifica.
Die Lincoln University legt großen Wert
auf Integration der Maori und hat eines
der wenigen Bodenforschungsinstitute
in Neuseeland.
versity strebt bis 2030 einen Zero
Emission-Campus an. In diesem Zusammenhang
werden auch Projekte
zu erneuerbaren Energien umgesetzt
(Wärmepumpen zur Wärmeversorgung;
Photovoltaikanlagen am
Campus etc.). Neuseeland weist dabei
im Gegensatz zu Australien eine
ähnliche Verbrauchsdynamik wie
Österreich auf, das heißt Hauptverbrauch
im Winter, wenn der Ertrag
aus Solarenergie aber gering ist.
Daraus ergeben sich auch ähnliche
Problemstellungen.
Die LU hat auch großes Interesse an
Gartenbauforschung in Verbindung
mit wirtschaftlichen Aspekten und
modernen Gartenbauthemen; etwa
Urban Gardening von der Planungsseite
her betrachtet. Auch Obstbau
wird unter Gartenbau subsumiert.
Hauptinteresse in diesem Bereich
ist Interaktion in der Lehre, wie für
Summerschools, die auch in Kooperation
mit anderen gemeinsamen
Partneruniversitäten in Lateinamerika
oder Asien angeboten werden
könnten, da sowohl die LU als auch
die BOKU Partner in der Global
Challenges University Alliance sind.
Im Gegensatz zu den australischen
Universitäten bietet die LU
mehr Masterstudien an, sowohl
als „Taught Master“ als auch als
„Research Master“, sodass sich
Möglichkeiten für Co-Betreuung von
Masterarbeiten ergeben. Neuseeland
ist mit der EU im Forschungsbereich
assoziiert, was eine Partnerrolle
der LU in Horizon Europe
Projekten erlaubt.
Landwirtschaftliche Projekte sind
an der „Land-Based University“ besonders
wichtig und werden unter
anderem in Zusammenhang mit
Tourismus gesehen. Da Bioökonomie
ein weiteres gemeinsames Interesse
beider Universitäten ist, wird
überlegt, eine Associate Partnership
der LU in der European Bioeconomy
University zu beantragen. Durch die
Vernetzung der LU im pazifischen
Raum können neue Kontakte für
weitere gemeinsame Aktivitäten
gesetzt werden.
Zusammenfassend ergeben sich aus
der Delegationsreise zahlreiche weitere
Kooperationsmöglichkeiten für
die BOKU – falls auch Sie Interesse
an der Zusammenarbeit mit einer
der genannten oder anderen Institutionen
in Ozeanien haben, melden
Sie sich bitte bei: margarita.calderon-peter@boku.ac.at
Dr. in Margarita Calderón-Peter leitet die
International Relations der BOKU.
1/2025
65
→ Splitter
Fotos: VWA, BOKU University/Gudrun Wielander
Dein Kompass durch
internationale Gewässer
Go abroad mit BOKU-IR
International Days @BOKU von
5.-7. Mai 2025 in der Aula
Schwackhöferhaus & online
Die Internationalen Tage holen zwei Mal jährlich die Vielzahl
an Möglichkeiten für Studierende und Mitarbeiter*innen
der BOKU, Auslandsaufenthalte zu absolvieren, vor
den Vorhang. BOKU-International Relations informiert über
Gastunis und Stipendienprogramme wie Erasmus+, Joint
Study, CEEPUS und KUWI, bietet Beratung und Webinare
für Studierende und Personal sowie Online-Info-Sessions
zu internationalen Masterprogrammen an der BOKU mit
integriertem Auslandsstudium. Die Staff Webinare richten
sich an allgemeines Personal genauso wie an PhDs und
Forscher*innen. Beim Meet & Greet im Internationalen
Café mit gratis Kaffee und Köstlichkeiten aus aller Welt
teilen BOKU-Studierende, die bereits im Rahmen ihres
Studiums im Ausland waren, ihre Erfahrungen und geben
wertvolle Tipps für Auslandsaufenthalte. Weiters werden
internationale Studierende, Gäste von Partnerunis, Vertreter*innen
des EPICUR Netzwerks und Studierendenorganisationen
wie ESN, IAESTE und AIESEC dabei sein.
Abgerundet wird das Programm durch einen spannenden
Vortrag von Christian Zafiu zu Kooperationen der BOKU
University zwischen Altaussee und den USA. Das Team
von BOKU-International Relations steht vor Ort für Fragen
zur Verfügung und freut sich, bei den Vorbereitungen für
diverse Auslandserfahrungen zu unterstützen!
Surfin’ Donauinsel
Donau können wir: Bei der Steinspornbrücke in der
„Vienna Wassersports Arena“ im südlichen Teil der
Donauinsel ist in Zusammenarbeit mit dem Institut
für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung
der BOKU am 7. November eine Flusswelle
in Betrieb gegangen. Sehr zur Freude der Wiener
Surfer*innen, für die ein lang gehegter Wunsch in
Erfüllung gegangen ist. Sie können nun erstmals
auf einer stehenden Flusswelle reiten – im Gegensatz
zum Meer wird in Flüssen gegen den Strom
gesurft, also auf der Stelle.
Die Surfwelle ist sechs Meter breit, 1,5 Meter tief
und mit einem Durchfluss von 12 m 3 /Sekunde recht
dynamisch – daher ist sie derzeit nur für erfahrene
Surfer*innen geeignet. Es wird aber bereits an einer
Wellenstellung für Anfänger*innen getüftelt.
www.viennawatersportsarena.at/surfwelle
66 1/2025
→ Citizen Science
Drei Jahre „Wissen macht Leute“
Unser erfolgreicher Citizen-Science-Podcast feiert Jubiläum
Von Florian Heigl, Meret Siemen und Daniel Dörler
Erstellt mit Canva (Grafiken von iconsy, Aurora.Std, dani mira, pixabay)
Im März feiern wir einen besonderen Meilenstein: die
35. Folge und gleichzeitig den dritten Geburtstag unseres
Podcasts „Wissen macht Leute“. In den vergangenen
drei Jahren haben wir mit Interviews, Reportagen und
Veranstaltungsberichten Citizen Science nicht nur in der
Podcast-Szene, sondern auch für die Welt der Freien
Radios hörbar gemacht.
Unsere monatlich erscheinenden Folgen werden in sieben
freien Radios österreichweit ausgestrahlt, sind aber
auch direkt auf dem Österreich forscht-Blog sowie allen
gängigen Streaming-Diensten nachzuhören. Unsere Gäste,
ihre Projekte und die unterschiedlichen Sendungsformate
spiegeln in ihrer Vielfalt die beeindruckende
Bandbreite der Citizen-Science-Landschaft in Österreich
wider. „Wissen macht Leute“ bietet vertiefende
Einblicke und Orientierung, wenn bei über 90 gelisteten
Citizen-Science-Projekten und diversen Mitmachformaten
auf Österreich forscht mal der Überblick verlorengeht.
Um ein paar Höhepunkte hervorzuheben: Mit der europäischen
Perspektive auf Citizen Science setzt sich der
Nachbericht von der Europäischen Citizen-Science-Konferenz
auseinander, die an der BOKU University stattfand.
Persönliche Erfahrungsberichte von Citizen Scientists
aus der Hitze- oder Dialektforschung sind in der Aprilfolge
2024 nachzuhören – eine Folge, die sogar für den
Radiopreis für Erwachsenenbildung nominiert wurde. Wie
es klingt, wenn die Perspektiven von Teilnehmer*innen
und Projektleiter*innen zusammentreffen, zeigt die Reportage
von der „Science Lounge“ auf der Buch Wien.
Das Jahr 2025 begann zudem mit einer bedeutenden
Veränderung in der Redaktion: Nach drei Jahren intensiver
Arbeit übergab Alina Hauke die Leitung des Podcasts
an Meret Siemen. Mit diesem Wechsel startet unser
Podcast in eine neue Ära – ganz nach unserem Motto:
Wissen macht Leute!
LINK
Im Mittelpunkt unseres Podcasts stehen die Menschen
hinter Citizen Science: diejenigen, die in ihrer Freizeit und
aus reiner Leidenschaft forschen, genauso wie Wissenschaftler*innen,
die in Drittmittelprojekten aktiv sind.
www.citizen-science.at/eintauchen/podcast
1/2025
67
→ Forschung FAQ
BOKU Forschungsinformationssystem
FIS3+: Die wichtigsten Neuerungen
Von Horst Mayr
> Publikationen in Fachzeitschriften, die in Web of Science
(Science Citation Index, Social Science Citation
Index), Scopus oder Pubmed indiziert sind, müssen
aus diesen Datenbanken importiert werden. Manuell
erfasste Publikationen aus diesen Datenbanken, die
zu importieren wären, werden vom FIS-Team nicht
validiert, sondern gesperrt. Für den Fall, dass zu importierende
Publikationen aus diesen Datenbanken
nicht importiert werden können, nehmen Sie mit
dem FIS-Team Kontakt auf, bevor Sie diese Publikationen
manuell erfassen möchten.
> Fehlende Fachzeitschriften dürfen von den Forscher*innen
im FIS angelegt werden.
> Internetpublikationen müssen immer mit einem Link
zur Publikation erfasst werden. Links, die nicht direkt
zur Publikation führen, werden nicht akzeptiert.
> Publikationen, Medienbeiträge, Veranstaltungen und
Vorträge, externe Hochschulschriften müssen vom
FIS-Team validiert werden, bevor diese öffentlich
sichtbar sind sowie für Auswertungen und Exporte
berücksichtigt werden können. Auch externe Organisationen,
die für Veranstaltungen oder Community
Services Aktivitäten erfasst werden müssen, sind
vom FIS-Team zu validieren.
sichtbar sein. Nutzen Sie die relevanten Filtereinstellungen
(z. B. „Mein Name ist im Autor*innenfeld, der
Eintrag ist aber nicht zugeordnet“) in der Datenerfassung,
um fehlende Zuordnungen ergänzen zu können.
> Bitte beachten Sie unbedingt die Autor*innenschreibweise.
Nur durch Einhaltung derselben ist eine rasche
Zuordnung zu den Forscher*innen-Profilen möglich.
Prüfen Sie Ihre Namensvarianten im Autor*innen-
Matcher und ergänzen Sie diese, falls notwendig.
> Im Unterschied zum alten FIS können Forschungsleistungen
nur nach Login exportiert werden. Zuerst
müssen die gewünschten Listen mithilfe von Filtern
erstellt, danach können die solcher Art gefilterten
Daten in unterschiedlichen Formaten exportiert werden.
> FIS-Beauftragte haben erweiterte Befugnisse: Sie
können in die Rolle von Personen in ihrem Wirkungskreis
wechseln und an deren Stelle Forschungsleistungen
erfassen, korrigieren und exportieren.
> Unterstützen Sie die BOKU bei der Realisierung der
Barrierefreiheit: Bitte englischsprachige Informationen
in die dafür vorgesehenen Erfassungsfelder bzw.
umgekehrt eintragen.
> Ein Login in das Forschungsinformationssystem FIS
ersetzt nicht die Zuordnung der erfassten Datensätze
zum eigenen Personenprofil.
> Validierte Datensätze können aufgrund einer vergessenen
Zuordnung zum Forscher*innen-Profil nicht
KONTAKT & LINK
fis@boku.ac.at
https://forschung.boku.ac.at
68 1/2025
ERA/HEU
Die BOKU in Europa – eine gute Beziehung
Von Elisabeth Denk
Klimawandel, Energie, Ernährungssicherheit,
Nachhaltigkeit, gesellschaftliche
und technologische Transformation sind
nur einige der brennenden Fragen mit
lokalen Auswirkungen und oft überregionalen
oder globalen Ursachen. BOKU-
Forscher*innen, Studierende und Absolvent*innen
arbeiten gemeinsam mit
Citizen Scientists, Städten & Gemeinden,
anderen Forscher*innen, Partner*innen
aus Industrie und Wirtschaft an ganzheitlichen
Lösungen für diese Herausforderungen.
Die BOKU wirft schon lange den Blick
über den eigenen Tellerrand hinaus und
sucht den Austausch mit Stakeholdern
und Partner*innen in Europa und der
Welt. So gehört die BOKU University zu
den erfolgreichsten Österreichischen
Universitäten im EU-Forschungsrahmenprogramm
Horizon Europe, ist in zahlreichen
Netzwerken aktiv und unterstützt
die internationale Mobilität von Studierenden
und Mitarbeiter*innen.
In dieser Artikelserie werfen wir einen
Blick hinter die Kulissen, um zu verstehen,
wie das Zusammenarbeiten mit
Menschen aus anderen Nationen und
Organisationen im europäischen Raum
funktioniert.
LINK
European Research Area (ERA) /
Horizon Europe (HEU)
https://era.gv.at/era/
Doch bevor es los geht, noch ein kleiner Selbstcheck – wie gut kennen
Sie die BOKU University und ihr Engagement in und für Europa?
1. Seit wann nimmt die BOKU an Projekten der Europäischen
Forschungsrahmenprogramme teil?
a. Seit dem zweiten Rahmenprogramm
b. Seit dem vierten Rahmenprogramm
c. Seit dem siebenten Rahmenprogramm
2. Die BOKU ist eine der erfolgreichsten österreichischen Universitäten
im aktuellen Forschungsrahmenprogramm, Horizon
Europe. In welcher Säule liegt die BOKU auf Platz eins?
a. Excellent Science
b. Global Challenges & European Industrial Competitiveness
c. Innovative Europe
3. Wie viele englischsprachige und internationale Masterstudien
gibt es an der BOKU?
a. 9
b. 17
c. 22
4. In welchem Netzwerk ist die BOKU nicht Mitglied?
a. Africa-UniNet
b. EPSO – European Plant Science Organisation
c. EARTO - European Association of Research and Technology
Organisations
5. Was bedeutet EBU?
a. European Bioeconomy University
b. European Biodiversity University
c. European Biotechnology University
Bitte senden Sie Ihre Antworten bis 9.4.2025 an:
Forschungsservice, Aleksandar Janev, aleksandar.janev@boku.ac.at
Unter den richtigen Einsendungen werden drei kleine Preise verlost.
1/2025
69
→ Strategische Kooperation BOKU–Umweltbundesamt
20 Jahre Strategische Kooperation
BOKU-Umweltbundesamt
Von Martin Tschikof, Barbara Birli, Georg Gübitz
Foto: Daniel Pelz
Die vielen gemeinsamen Themen
und daraus resultierenden Synergien
zwischen der BOKU als Forschungsund
dem Umweltbundesamt als Expert*innen-Einrichtung
machen die
gelebte Zusammenarbeit zu einem
Vorbild im Umweltsektor.
Die Kooperation blickt in diesem
Jahr auf ein 20-jähriges Bestehen
zurück – 20 Jahre, in denen sie erfolgreich
zur intensiven Vernetzung
mit dem Ziel einer nachhaltigen
Zukunft beigetragen hat. So wie die
Martin Tschikof
KONTAKT
Dr. Martin Tschikof
Koordinierungsstelle der Strategischen
Kooperation BOKU-Umweltbundesamt
+43 (0)664 1102798
martin.tschikof@umweltbundesamt.at
http://short.boku.ac.at/fos_stratkoopbokuu
beiden Partner*innen ist auch ihre
Zusammenarbeit bunt und vielfältig.
Sie erstreckt sich von gemeinsamen
Projekten über Wissenstransfer
und Lehrtätigkeiten bis
hin zu Rechtsangelegenheiten.
In ihrer letzten Sitzung identifizierten
das BOKU Rektorat, die
Umweltbundesamt-Geschäftsführung
und der Vorsitz des Kooperationsbeirates
die zukunftsweisenden
Leitthemen der Kooperation:
Transformation, Biodiversität und
Langzeitforschung bzw. -monitoring.
In unserem Jubiläumsjahr
wird vor allem das Thema Transformation
im Mittelpunkt stehen:
Nach dem Motto „anders denken
und handeln“ wird es dazu ein
unkonventionelles, spannendes
Programm für eine eintägige Veranstaltung
im Herbst 2025 geben,
in der die großen Herausforderungen
sowie Vorzeige-Beispiele aus
Österreich in ihrer Vielfalt diskutiert
werden.
Wechsel im Vorsitz und der
Koordinierungsstelle
Der Beiratsvorsitz wurde mit Anfang
des Jahres an Barbara Birli
vom Umweltbundesamt, Team
Boden und Flächenmanagement,
übergeben. Georg Gübitz von der
BOKU, Institut für Umweltbiotechnologie,
übernimmt die Position
der Vorsitz-Stellvertretung.
Ein besonderer Dank geht an
Rosemarie Stangl für ihren langjährigen
Einsatz im Vorsitz! Seit
November 2024 ist Martin Tschikof
in der Koordinierungsstelle tätig und
steht für Anfragen zur Verfügung.
Persönliche Mitteilung
der Koordinierungsstelle
Für die exzellente Aufbauarbeit meiner
Vorgänger*innen Veronika Wirth,
Rosemarie Stangl und Florian Borgwardt
möchte ich mich sehr herzlich
bedanken und mich für ein verantwortungsbewusstes
Fortführen der
Stelle einsetzen. Während meiner
Zuständigkeit habe ich vor, bestehende
Kooperationen und neue Vorhaben
individuell und tatkräftig zu unterstützen
und vernetzende Prozessabläufe
effizienter zu gestalten. Ich lade alle
Mitarbeiter*innen ein, sich bei Anfragen
jederzeit an die Koordinierungsstelle
zu wenden, da eine frühzeitige
Einbindung die Umsetzung gemeinsamer
Vorhaben erleichtert. Ich freue
mich auf regen Austausch und gute
Zusammenarbeit!
Martin Tschikof
70 1/2025