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Inspiration Nr. 02-2025

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N o 02 | 2025

Das Bergsportmagazin

Inspiration

Wegweiser Expert Gipfeltreffen

Steile Stippvisite: Mit

Beat Kammerlander im Rätikon

Der Weg zur perfekten Passform:

Alles über Kletterschuhe

Ängste, Träume, Alltag: Partnerinnen

von Profialpinisten berichten


SETZ AUF EARLY

CHECK-IN

Wellenbewegungen

Zustieg

Unser Jubiläumsjahr, 50 Jahre Bächli Bergsport, ist passé; Anlass zu Katerstimmung

nach den Feierlichkeiten wären rasch gefunden. Eine unsichere weltpolitische Lage,

starke wirtschaftliche Korrekturen, auch im Binnenland Schweiz – oder schneearme

Winter, die das Skierlebnis nicht wie gewünscht zulassen. Das zeigt: Auch

«im Kleinen» sind die Märkte in Bewegung. Die Bergsport- und Outdoorbranche hat

seit der Covid-Pandemie hohe Wellen geritten, um anschliessend tiefe Talsohlen zu

durchschreiten. Das wirkt mitunter schmerzhaft, man will den Wellenboden nicht

wahrhaben oder ertragen. Die Angst geht um, verschluckt zu werden. So geschieht

es aktuell während der Konsolidierung in unserem Markt.

Ein Auf und Ab sind unsere Mitarbeitenden aus dem saisonalen Geschäft gewohnt.

Wir wissen, wie mit Wellen umzugehen ist. Ab und zu gilt es den Kurs zu

schärfen, um dagegen anzuhalten. Andernteils reiten wir Wellen mit, das ist durchaus

erlaubt. Die Wellen gehören zum Leben, zum persönlichen Gefühl. Es benötigt

aber eine klare Strategie, wie mit dem Wellengang umzugehen ist. Ansonsten kann’s

schnell gehen.

«Wellige Bewegungen gehören

zum Leben, zum Bergsteigen und

zum Geschäft.»

Zum Spielball der Wellen wird nur, wer das Ziel aus den Augen verliert – oder nicht

imstande ist, seinen Weg dorthin anzupassen. «Stefs Plan ist es, den Plan zu ändern»,

erzählt Niki Siegrist im Interview ab Seite 40 über ihren Mann, den Profibergsteiger

Stephan Siegrist. Nicht das schlechteste Motto, sowohl zu Wasser als

auch an Land.

Sie merken schon: Würden wir nicht auf Berge steigen, wären wir vielleicht

gute Surfer geworden. Aber keine Sorge. Auch bei Ihrem nächsten Besuch in einer

unserer Filialen werden Sie in den Regalen pure Bergsport-Artikel finden – dazu

beste Beratung zu herausragenden Preisen. Wir bleiben auf Kurs.

Herzlichst

Thomas Morand

CEO Bächli Bergsport AG

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1



Wegweiser Expert Gipfeltreffen

Steile Stippvisite: Mit

Beat Kammerlander im Rätikon

N o 02 | 2025

Der Weg zur perfekten Passform:

Alles über Kletterschuhe

Ängste, Träume, Alltag: Partnerinnen

von Profialpinisten berichten

Inhalt

GEMACHT FÜR

DIE ABENTEUER

DES LEBENS

DIE NEUEN GORE-TEX PRODUKTE BIETEN EINE LANGE

LEBENSDAUER, SIND PFAS-FREI* UND HABEN EINEN

VERRINGERTEN CO2-FUSSABDRUCK.** EIN WICHTIGER

MEILENSTEIN BEI PERFORMANCE UND NACHHALTIGKEIT.

N o 02

2025

Wegweiser

Aussicht

Die schönsten Seiten der Berge .................................................. 4

3 x 3

Produktneuheiten und Bergsport-News .................................... 8

26Perfekt gelaufen

* HERGESTELLT OHNE ABSICHTLICH EINGEBRACHTE PER- UND POLYFLUORIERTE SUBSTANZEN,

KANN DENNOCH SPUREN ENTHALTEN.

2

** DURCH DIE INNOVATIVE MEMBRAN UND AUSGEWÄHLTE TEXTILIEN (GEMÄSS HIGG MSI).

© 2025 W. L. Gore & Associates GmbH. GORE-TEX, GORE-TEX INFINIUM, GUARANTEED TO KEEP YOU DRY, GORE und Bildzeichen sind Marken von W. L. Gore & Associates.

Das Bergsportmagazin

Inspiration

Wegweiser

Klettern im Rätikon ....................................................................... 12

Über den Nollen auf den Mönch ................................................ 26

Expert

Kletterschuhe ............................................................................... 20

Kocher ............................................................................................ 34

Gipfeltreffen

Profi-Partnerinnen im Gespräch ............................................... 40

Ausstieg

Bächli-Athlet Chrigel Maurer ..................................................... 48

So kann ein Anblick täuschen: In

den korkenzieherartig verdrehten

Wänden von Abella de la Conca,

auf halbem Weg zwischen Barcelona

und Andorra gelegen, herrschten

bei Aufnahme dieses Bildes

minus 6 °C. Bester Grip also für die

Norwegerin Rannveig Aamodt.

Jan Vincent Kleine

janvincentkleine.com

Was bleibt von einer Tour, auf der alles

wie am Schnürchen läuft? Bächli-CEO

Thomas Morand ist mit Bergführer Jonas

Schild über den Nollen auf den Mönch

gestiegen. Fotograf Diego Schläppi hat

beide begleitet.

Expert

Perfekt angepasst

Möglichst eng, aber gerade noch schmerzfrei:

Beim Kauf von Kletterschuhen

gelten eigene Gesetze. Die goldene Ein-

Minuten-Regel und viele andere

Tipps zur Wahl des richtigen Modells.

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Aussicht

Neues Niveau

Im Höhenbergsteigen gibt es keine Weltmeisterschaften.

Gäbe es welche, hätte Inès

Benazzouz 2024 garantiert den Titel geholt,

nämlich in der von Reinhold Messner so getauften

und geschmähten Disziplin des Pisten-,

Zahlen- und Ankündigungsalpinismus.

Benazzouz, besser bekannt als «Inoxtag»,

ist ein französischer Internet-Star, dem

rund neun Millionen Menschen regelmässig

auf YouTube beim Fortnite-Zocken zusehen.

2023 verkündete der nach eigener

Aussage «unsportliche» 23-Jährige aus

dem Pariser Norden, binnen eines Jahres

auf dem Mount Everest zu stehen.

Was nicht passt, wird passend gemacht

– das gilt auch fürs Internet-Showbusiness,

wo Geld eine begrenzte, aber

sicher keine begrenzende Rolle spielt: Projektkosten

«zwischen 600‘000 und 1,2 Millionen

Euro» taxierte die NZZ für das Vorhaben,

es könnten auch mehr gewesen sein.

Mathis Dumas wurde Benazzouz‘ persönlicher

Bergführer, das nebenstehende Bild

zeigt sie bei einer Trainingstour am Dent du

Géant. Am Everest begleitete ein Kamerateam

Benazzouz auf Schritt und Tritt, um

nicht nur dessen persönliche Heldenreise,

sondern auch die «Folgen des Massentourismus»

am Everest zu dokumentieren.

Am Ende des zweieinhalb Stunden langen

Films «Kaizen» sieht man, wie Benazzouz

von einem Sherpa-Team zum Gipfel geführt

wird, sich einen Strohhut aufsetzt und unter

Tränen und Atemnot erkennt: «We have

to stop being behind screens!» Seinem Aufruf

scheint indes kaum jemand Folge zu

leisten; «Kaizen» hat bereits mehr als 40

Millionen Aufrufe eingesammelt. Auch ohne

WM-Medaille hat Inoxtag das Höhenbergsteigen

damit auf ein neues Niveau gebracht.

Dent du Géant, Montblanc-Massiv

Antoine Mesnage

antoinemesnage.com

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5



Aussicht

Aussicht

Quergang am

Übergang

Wenn im Leben etwas Altes zu Ende geht

und etwas Neues beginnt, zum Beispiel

eine Geburt, eine Heirat, ein Berufswechsel

oder ein Umzug, ist das meist aufregend,

manchmal fast beängstigend. Solchen

«unsicheren» Übergängen im Leben begegnet

man auf kultureller Ebene, so der

Ethnologe Arnold van Gennep, mit Halt

gebenden Ritualen – den sogenannten

Übergangsriten oder «rites de passage».

Ähnlich unsicher stellte sich in der Vergangenheit

oft die Überquerung von Gebirgspässen

dar. Heute schlängeln sich am

Sustenpass (2224 m) Motorradkolonnen

und Rennradfahrer fast rituell die schmale

Passstrasse hinauf. Auch Boulderer haben

den Pass mit den idyllisch auf einer Wiese

liegenden Granitblöcken für sich entdeckt.

Weil hier oft ein frischer Wind weht, ist

das Bouldergebiet besonders an heissen

Sommertagen beliebt. «Holz im Füür» ist

der ursprüngliche Name dieses Boulders

im Schwierigkeitsgrad 8a (Fb-Skala) von

Frédéric «Fred» Nicole. Er führt von der linken

Seite zunächst quer, bevor es am Block

nach oben geht. Der Boulder ist daher auch

unter dem Namen «Fred’s Traverse» bekannt.

Halt findet der Boulderer dabei an

kleinen Kretzen – sofern er so viel Körperspannung

und Anpressdruck auf die Füsse

aufbringen kann, wie es Kletterer Bernhard

Senn hier ganz offensichtlich gelingt. Ob

Senn die Crux auch ohne das Halt gebende

Ritual des Griffs in den Chalkbag bewältigt

hätte, bleibt wohl sein Geheimnis.

Sustenpass, «Fred’s Traverse» (8a)

Stefan Kürzi

stefankuerzi.com

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7



3 x 3

Der Kreis schliesst sich

Den Kletterspezialisten von Edelrid ist es nach

langjähriger Entwicklungsarbeit gelungen, mit

dem Neo 100 3R vom Kern bis zum Mantel ein

komplett recyceltes Kletterseil herzustellen, das

allen Anforderungen entspricht. Schlüssel zum Erfolg

war eine spezielle Verarbeitungstechnik beim

Ausspinnen und die Kombination aus mechanischund

chemisch-recycelten Materialien. Somit kann

die Produktion zu 100 % aus Seil- und Garnresten

erfolgen und der Stoffkreislauf ist geschlossen.

Mit einem Fangstoss von 8,4 kN und einem Metergewicht

von 59 g/m kann das 9,6 mm starke Einfachseil

auch mit harten Fakten überzeugen. Für

ein geschmeidiges Handling ist das Seil mit der

ThermoShield-Technologie ausgerüstet.

NEO 100 3R 9.6

EDELRID

Gewicht: 59 g/m

ab CHF 179.– (50 m)

Bestens belüftet

Meindls «Air Revolution» Modellreihe begleitet

Wanderer, Trekker und Bergsteiger schon

seit Jahrzehnten erfolgreich auf Tour. Auch

das neue Topmodell der bayerischen Traditionsschuster,

der Air Revolution 4.6, ist für

den Einsatz vom Bergwandern, Trekken und auf

Klettersteigen bis hin zum alpinen Bergsteigen gedacht.

Im Zentrum steht die Air-Revolution-Lasche

aus 3D-Mesh und perforiertem Schaum. Sie

«pumpt» mit jedem Schritt warme Luft aus dem

Schuh und zieht frische Umluft an. Für bewährten

Fersenhalt sorgen das Variofix-3-Schnürsystem,

das robuste Oberleder und der Geröllschutzrand

widerstehen auch alpineren Einsätzen. Dank Gore-

Tex-Membran bleiben die Füsse auch bei Regen

und Nässe trocken, und die Kerbe in der Multigrip-Sohle

von Vibram erlaubt sogar den Einsatz

von Steigeisen mit Fersenhebel.

Neues aus der Welt

des Bergsports

Aktuelle Produkte aus unserem Sortiment, bevorstehende

Events und News aus der Bergsport-Branche

Bächli Bergsport

Swiss Climbing Cup

Es freut uns ungemein, dass wir ab diesem

Jahr wieder die ganze Serie des Swiss Climbing

Cup als Titelsponsor unterstützen dürfen.

Wir freuen uns darauf, mit diesem Engagement

den Klettersport in der Schweiz

nachhaltig zu fördern.

In der Saison 2025 bestreiten die Athletinnen

und Athleten im Bächli Bergsport Swiss Climbing

Cup sechs Wettkämpfe inklusive der

Schweizermeisterschaften in allen drei Disziplinen

Bouldern, Lead und Speed. Geklettert

wird in zwei Alterskategorien: Elite und U19.

Zum Swiss Climbing Cup gehören auch die

Serien «Para», «Youth» (U13, U15, U17) und

«Kids» mit einem vielfältigen Wettkampfprogramm.

AUSTRAGUNGSORTE SIND:

• Lausanne 10. Mai

• Baden 31. Mai

• Ostermundigen 21. Juni

• Biel 16. August

• Wädenswil 23. August

• Meyrin-Satigny 11. Oktober

Alle Infos: www.sac-cas.ch

Bächli startet in die

Sommersaison

Der Sommer 2025 naht und somit auch

die vielen Abenteuer und Erlebnisse in

den Bergen. Neue Wanderwege, Trailrunning-Strecken,

Kletter- und Boulderprojekte,

Hochtouren, die Sie an Fels und

ins Eis bringen, oder genussvolle Camping-Erlebnisse

warten auf Sie – und wir

begleiten Sie dabei. Besuchen Sie uns am

Freitag, 25. und Samstag, 26. April 2025

zum Saisonstart und entdecken Sie die

Neuheiten der kommenden Saison. In all

unseren Filialen sowie online erwartet

Sie ein Rabatt von 10 Prozent auf Hauptgeschäftsprodukte.

Wir freuen uns auf

Ihren Besuch!

Wann: 25./26. April 2025

Wo: alle Bächli Bergsport Filialen

baechli-bergsport.ch/saisonstart

Neue Schöffel-

Kollektion: Geführte

Bergtour gewinnen!

Die neue Sommerkollektion des Bergsportausrüsters

Schöffel orientiert sich an einem

der letzten Gletscher Bayerns: dem Blaueisgletscher

in den Berchtesgadener Alpen. Die

Kollektion umfasst – jeweils für Damen und

Herren – von Langarm-Baselayern, Fleecehoodies,

wärmenden Hybridwesten und Softshelljacken

über Shorts, Röcke und Hosen bis

zur dreilagigen Wetterschutz-Hardshell alles,

was Bergwanderer brauchen. Passend zur

neuen Kollektion verlosen wir eine geführte

Wanderung für zwei Personen im Bereich T4/

T5 unter der Leitung eines Bergführers. Alle

Infos dazu auf unserer Website.

baechli-bergsport.ch/schoeffel

AIR REVOLUTION 4.6

MEINDL

Gewicht: 760 g

CHF 329.–

Foto: Romy Streit

8

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3 x 3

Unser

Newsletter

Kennen Sie schon unseren

Newsletter? Alle 14 Tage

halten wir unsere

Kundinnen und Kunden auf

dem Laufenden:

Neuheiten im Sortiment,

aktuelle Tourentipps und

Hintergrundwissen zu Ausrüstung

und Sicherheit am Berg.

Auch von exklusiven Events in

unseren Filialen oder Gewinnspielen

erfahren Sie im

Newsletter.

JETZT ANMELDEN

baechli-bergsport.ch/erlebnis/

newsletter

Verwandlungskünstler

Der Transporter Squffel 70 lässt sich wie ein Koffer

öffnen und verteilt sein Volumen von mehr als 60

Litern auf zwei gleich grosse Fächer. Das erleichtert

das Packen, das Reisen und das Leben aus

dem Koffer – etwa beim Trennen von Frisch- und

Schmutzwäsche. Anders als ein herkömmlicher

Koffer ist die Dufflebag jedoch mit anatomisch

geformten, gepolsterten und abnehmbaren Schulterträgern

ausgestattet, um wie ein Rucksack

getragen werden zu können. Das Deckelfach ist

belüftet, der Hauptzipper ist abschliessbar. Kleinkram

findet in Einschüben und Reissverschlussfächern

Platz. Vier Griffe erleichtern das Handling

der Tasche, Zusatzgepäck kann an acht Fixpunkten

gesichert werden. Hergestellt wird der Transporter

Squffel 70 aus NanoTough-Material und High

Tenacity Nylon mit sehr hohen Denier-Zahlen und

Ripstop-Gewebe. Dieses ist leicht und robust,

besteht aus recycelten Fasern, ist Bluesign-anerkannt

und hat ein PFAS-freies DWR-Finish. Masse:

63 x 38 x 41 cm.

TRANSPORTER SQUFFEL 70

OSPREY

Gewicht: 1413 g

CHF 195.–

LEICHT, SPORTLICH,

BEREIT FÜR

JEDES TERRAIN

Hart im Nehmen

Hardshelljacken mit dampfdurchlässiger und wasserdichter

Membran gibt es viele. Die Helixir Shell

von La Sportiva zählt mit einem RET-Wert von 8

und 20'000 mm Wassersäule zweifellos dazu. Darüber

hinaus zeichnet sie aus, dass sie viel Bewegungsfreiheit

– elastischer Saum, vorgeformte Ärmel

und Schultern – mit hoher Strapazierfähigkeit

kombiniert. Für diese sorgt die Beigabe von 5 %

Spectra-Fasern, die nicht nur robuster, sondern

auch leichter als Polyester sind. Ausgestattet ist

die wasser- und winddichte Helixir mit helmkompatibler

Kapuze, hochschliessendem Kragen und

zwei Reissverschluss-Brusttaschen, welche selbst

mit Klettergurt und Rucksack gut erreichbar sind.

Für einen guten Abperleffekt sorgt die PFC-freie

Imprägnierung der Jacke. In Summe eine ideale

Jacke für anspruchsvolle Kletter- und Hochtouren.

HELIXIR SHELL JACKET W

LA SPORTIVA

Gewicht: 397 g

CHF 349.–

10

Aus Ruedi Bergsport

wird Bächli Bergsport

Bächli Bergsport übernimmt per Anfang Mai

das renommierte Fachgeschäft Ruedi Bergsport

in Zürich-Wiedikon. Der bisherige Inhaber

Urs Odermatt, bekannt auch als Autor

zahlreicher Führerliteratur und Bergführer,

will sich wieder vermehrt seiner Leidenschaft

als Bergführer widmen und zieht sich daher

aus dem Verkaufsgeschäft zurück. Mit der

Übernahme setzt Bächli Bergsport die Tradition

eines spezialisierten Bergsportgeschäfts in

Zürich-Wiedikon fort und eröffnet bereits Mitte

Mai die neue Filiale am bewährten Standort.

Auf rund 200 m² Verkaufsfläche erwartet

Bergsportbegeisterte weiterhin eine sorgfältige

Auswahl an hochwertigen und exklusiven

Ausrüstungsartikeln. Auch in der jüngsten Filiale

bietet Bächli Bergsport den gleichen Service

wie an den anderen Standorten, um die

Kundinnen und Kunden zu bedienen. Weitere

Informationen zum neuen Standort und zur

Eröffnung finden sie demnächst auf unsere

Website oder im Newsletter.

MADDOX

PRO GTX LO SL Ws

MADDOX

PRO GTX LO SL

11



Wegweiser Klettern im Rätikon

Auf den

Spuren von

Legenden

Unterwegs im legendären Rätikongebirge

– mit dem nicht minder

legendären Beat Kammerlander: eine

Hommage an den exzellenten Felsriegel

an der Grenze von Graubünden

und Vorarlberg.

Text & Fotos Simon Schöpf

Kaum jemand hat das Rätikon

so geprägt wie der Vorarlberger

Extremkletterer Beat Kammerlander.

Auch mit 65 Jahren ist er noch

regelmässig unterwegs.



Wegweiser Klettern im Rätikon

So schön kann eine Grenzmauer

sein: Die Kirchlispitzen markieren

mit ihrem bombenfesten

Kalkstein die Grenze zwischen

Graubünden und Vorarlberg.

‹2›

‹1› Bergführer Felix Erlacher

im Klassiker «Galadriel» an

der 5. Kirchlispitze

‹2› Purer Genuss in den schönen

Wasserrillen der letzten

Seillänge von «Little Joe» am

Schweizertor

Verstecken tun sie sich erst mal alle ziemlich

gut. Die sieben Kirchlispitzen, die Drusenfluh,

die Sulzfluh – wo soll man hier denn klettern

können, fragt man sich, während man die beeindruckend

engen Haarnadelkurven von Schiers

in das kleine Bergdorf Schuders hochkurvt. Dann, kurz vor dem Dorfplatz,

kommt ziemlich unverhofft dieser eine Moment der Offenbarung:

Ah! Da! Wow! Alles klar. Das Rätikon – der 2,5 Kilometer lange

Gebirgskamm entlang der Grenze zwischen Graubünden und Vorarlberg

mit seinen bis zu 600 Meter hohen Wänden – ist unter Kletterern

natürlich längst mehr als ein Geheimtipp. Das Kalksteinparadies im

Prättigau hat in den letzten Jahren so manchem klassischen Klettergebiet

in den Nordalpen den Rang abgelaufen. Grund dafür ist neben

der guten Erreichbarkeit und der hervorragenden Felsqualität sicher

auch der weit über die Landesgrenzen hinaus strahlende Nimbus der

vielen legendären Südwandrouten. Hauptverantwortlich dafür ist

ausgerechnet einer, der auf der Nordseite in Österreich aufgewachsen

ist: Beat Kammerlander. «Das Rätikon ist für mich Heimat und

Lieblingsgebirge zugleich», fasst er seine jahrzehntelange Beziehung

zu den Felsen hier zusammen. «Es gibt so viele schöne Ecken hier,

verbunden mit Erinnerungen. Für mich ist es immer wieder eine

Rückkehr an einen Ort, an dem ich vollkommen geerdet bin.»

Mit Nagellack in ein neues Zeitalter

Der Feldkircher Kletterprofi war einer der ersten Rockstars der

aufkeimenden Sportkletterszene: Mit lackierten Fingernägeln,

‹1›

‹3›

‹3› Gross- und Hausmeister

Beat Kammerlander sagt:

«Das Rätikon ist für mich

Heimat und Lieblingsgebirge

zugleich.»

wallender roter Mähne und schrillen Leggings war er eine Galionsfigur

des damals noch recht rebellischen Klettersports. Mitte

der 1980er brachte er das extreme Sportklettern dann ins alpine

Gebirge – eine revolutionäre Idee, die hier im Rätikon einen ihrer

Hotspots hatte.

Angefangen hat wohl alles am äussersten linken Ausläufer

des Drusenfluh-Westgrates, dort, wo für Rätikonverhältnisse eine

verdammt steile, gelbbraune Südwestwand abbricht – das Schweizereck.

Hier war Beat Kammerlander der visionäre Vorreiter, als er

1988 mit der «New Age» (10-) eine Route eröffnete, die zum Mythos

werden sollte. «Das war damals eben die New-Age-Bewegung, die

uns nicht ganz unsympathisch war», kommentiert er 37 Jahre später

augenzwinkernd und deutet auf das Dach in der Wandmitte, wo

sich die Schlüsselstelle befindet. «Die Crux ist ein abgefahrenes

8a-Boulderproblem über die Dachkante, sehr speziell.» Der Name

war Programm, die Fotos gingen um die Welt. New Age steht aber

nicht nur für die Bewegung, auch das Klettern im Rätikon wurde in

eine neue Ära katapultiert – die Wände hier wurden weltberühmt.

1993 setzte Kammerlander mit dem Silbergeier wieder neue

Massstäbe: schwerer und steiler als alles bisher Dagewesene.

«Ein absolut unglaubliches Stück Fels», schwärmt er. «Das war

14

15



Wegweiser Klettern im Rätikon

Thema Rubrik

«Dieser Kontrast

zwischen sanft und

extrem, das gefällt mir

so gut im Rätikon.»

BEST FIT FOR YOUR

ADVENTURES

Beat Kammerlander

‹1›

für damalige Verhältnisse schon eine ganz

harte Nuss zu knacken.» Nur die WoGü

(11-), die er in Erinnerung an die deutsche

Kletterlegende Wolfgang Güllich einbohrte,

war dann doch eine Nummer zu

gross – für eine erste Rotpunktbegehung

musste Adam Ondra höchstpersönlich

anrücken. Beat Kammerlander jedenfalls

hat mit seinen Erstbegehungen das Rätikon

geprägt. Und wurde im Gegenzug

vom Rätikon geformt. Auch wenn der

heute 65-Jährige mittlerweile etwas gebückt

daherkommt, die rote Mähne schütter

geworden ist und sein «Training jetzt

hauptsächlich aus Physiotherapie besteht», ans Aufhören denkt

ein Beat Kammerlander noch lange nicht. Noch im Alter von fast

60 Jahren hat er hier im Rätikon eine seiner schwierigsten Routen

frei geklettert: die Kampfzone, Schwierigkeit 8c. Auch als Bergführer

ist er noch aktiv.

Kontrastreiches Rätikon

Beats Erschliessungsstil ist sicher einer der kompromisslosesten

im Rätikon. Immer von unten, ohne sich die Route vorher

anzuschauen, immer nur so viele Bohrhaken wie unbedingt

nötig. Aber es ist ein Stil, der sich hier auch in den weniger

extremen Routen durchgesetzt hat: Das Rätikon mit seinen

kompakten Platten und ästhetischen Wasserrillen ist bekannt

dafür, dass man wirklich klettern muss; dass man manchmal

noch weit über dem letzten Haken einen filigranen Zug machen

muss; dass man, kurz gesagt, nichts geschenkt bekommt. Das

macht natürlich auch den besonderen Reiz aus. Aber neben

dieser wilden, dieser erbarmungslosen Seite gibt es auch noch

‹2›

‹1› Der Felsriegel vom Schweizereck bis

zur Drusenfluh glüht im Abendlicht.

‹2› Rustikal, aber umso charmanter:

Das Interieur der kleinen Selbstversorgerhütte

erinnert an vergangene Zeiten.

‹3› Die urige Pardutzhütte des

Kletterclubs Rätikon (KCR) im Grüscher

Älpli ist ein idealer Ausgangspunkt

für die Klettereien hier.

etwas anderes: «Das Rätikon», meint Beat, «ist irgendwo auch

ein sehr gemütliches Gebirge.» Und damit meint er nicht die Mikroleisten

oder die wilden Hakenabstände in seinen Hardcoretouren,

sondern die Zugänglichkeit, den Gesamteindruck. «Die

ganzen ‚Fluhs‘ hier, die Namen stehen für Berge, die auf der

einen Seite grüne Grasmatten haben und auf der anderen Seite

schroff abbrechen. Dieser Kontrast zwischen sanft und extrem,

das gefällt mir so gut.»

Besonders eindrucksvoll ist dieser Kontrast im Partnuntal:

Einerseits ist hier die Landschaft mit dem Partnunsee und den

Alpwirtschaften ein Stück Schweiz wie im Modell. Andererseits

finden sich hier mit der Sulzfluh, dem Gruebenflüeli oder dem

direkt über dem See gelegenen Felsriegel «Chlei Venedig» Routen

moderneren Charakters, die sogar das Prädikat «gut abgesichert»

verdienen. Viele dieser Routen sind dem Prättigauer

Bergführer Vital Eggenberger zu verdanken, so auch die berühmte

Rialto (7-). Tüftelige Rätikonplatten, die viel Gespür und

Bewegungsgefühl fordern, dominieren auch hier die Kletterei.

‹3›

Air Revolution

4.6 Men

16

17



Rubrik Thema

Sicher durch steile Wände

Weitere Bilder und Videos

baechli-bergsport.ch/raetikon

Bis in den elften Grad reicht das Routenspektrum im vertikalen Kalkmeer

des Rätikons. Diese Ausrüstung hilft dabei, sich auf das Verschieben

der persönlichen Grenzen zu konzentrieren.

Wie auf Zeitreise: Kletterkultur im Hüttli

Schwimmen im Meer aus

Kalk: Felix Erlacher in der

«Little Joe», im Hintergrund

die steile Wand des

Schweizerecks

Wer die Kletterkultur im Rätikon wirklich verstehen will, muss

noch ein Tal weiter nach Westen ziehen, ins Grüscher Älpli.

Und einen Schritt in die Selbstversorgerhütte des KCR setzen.

KCR, das steht selbstredend für Kletter-Club Rätikon, und das

Herz des Clubs ist eben jenes charmant in die Jahre gekommene

Hüttli, das schon beim Betreten so urchig knarzt. An den

Wänden vergilbte Plakate mit Kletterern aus den 90er-Jahren,

daneben eine Bücherecke mit noch älteren Klassikern der

Bergsteigerliteratur, in der Mitte der Holzofen. Und auf der einen

Seite das «Chamera» mit den zwanzig Lagerplätzen, auf

der anderen die «Chuchi» mit den bunt zusammengewürfelten

Töpfen und Tassen im Holzschrank. Ein bisschen wird man in

eine andere Ära zurückversetzt. Dass hier oben die Zeit stehen

geblieben ist, kann man aber auch nicht sagen: Erst kürzlich

wurde das Plumpsklo in Rente geschickt und im Holzschuppen

ein WC mit Wasserspülung installiert, für den kleinen Luxus

auf dem Berg.

Seit über 50 Jahren gibt es den KCR, das gedruckte Jubiläumsheft

liegt im Regal. Neben alpingeschichtlichen Höhepunkten

und der Vereinsgeschichte werden auch die Mitglieder

Alpinklettern im

Rätikon

Anreise

Für die Südwände fährt man ins Prättigau,

Graubünden. Ausgangspunkt für

die meist recht anspruchsvollen Touren

im Grüscher Älpli (Kirchlispitzen,

Schweizereck) ist der Kletterparkplatz

knapp unterhalb der Hütte des KCR

(Selbstversorgerhütte, Reservierung

unter raetikon.ch), der via Schiers und

Schuders erreicht wird (enge, kurvige

Bergstrasse, am Schluss 30 min auf

Forststrasse). Für die allermeisten

Touren hier sollte der 7. Grad solide beherrscht

werden.

Für die etwas gutmütigeren Wände

um die Sulzfluh nach St. Antönien und

weiter nach Partnun (Asphaltstrasse),

hier gibt es zwei Berghotels für Übernachtung

und Einkehr nach der Tour.

Informieren

Der Kletterführer «Rätikon Süd»

vom Panico Alpinverlag fasst alle

Touren gut zusammen.

vorgestellt, eine davon: Nina Caprez. Die Schweizer Profikletterin

schreibt in ihrem Beitrag: «Man spürt, dass das Rätikon

etwas ganz Spezielles in einem auslöst. Ich bin immer wieder

überwältigt von diesem grossen Kalkband und spüre, dass die

Natur hier Chef ist.»

Wie wahr. Für eine finale Bestätigung braucht man bloss

am nächsten Tag aus dem Bettenlager kriechen, nach dem

Espresso den Kletterrucksack schultern und hinaufzupilgern

zum Kalkband. Egal, für welche Route man sich entscheidet,

das Rätikon vergisst man nicht so schnell. Etwas ganz Besonderes

eben.

Enger eingebunden

Das Pinch von Edelrid ist ein halbautomatisches

Sicherungsgerät mit Blockierunterstützung,

das beim Sportklettern in der Halle, im Klettergarten

und in Mehrseillängen zum Einsatz

kommt. Anders als bei vergleichbaren Geräten

lässt es sich ohne Karabiner direkt in der Einbindeschlaufe

befestigen. Durch die gewonnene

Reichweite lassen sich etwa 20 bis 30 cm mehr

Seil auf einmal ausgeben, was entsprechend ein

noch dynamischeres Sichern erlaubt. Das Pinch

besticht weiter mit dem linearen Seilverlauf, der

die Krangelbildung im Seil beim Ablassen oder

Abseilen verhindert und das Seil über robuste

Bremsrillen aus Stahl führt. Die Bedienung

über den Bremshebel ist intuitiv und leicht, eine

Anti-Panik-Funktion sorgt dafür, dass das Gerät

automatisch blockiert, wenn der Bremshebel

stark nach hinten gezogen wird. Geeignet für

Seildurchmesser von 8.5 bis 10.5 mm.

1 PINCH

EDELRID

Gewicht: 234 g

CHF 99.–

Matrix auf Mass

Herzstück des neuen Flaggschiff-Gurtes für

Bergsteiger und Alpinkletterer ist seine spezielle

Gurtkonstruktion. Im sogenannten Matryx-Gewebe

werden hochfeste HPME-Fasern in

speziellen Mustern so verwoben, dass verschiedene

Zonen entstehen: dünner und flexibler,

wo der Druck geringer ist, steifer und stärker

gepolstert, wo Komfort beim Hängen gefragt

ist. Dank dieser massgeschneiderten und kompakt

zusammenfaltbaren Bauart bleiben Gewicht

und Packmass sehr niedrig. Ausgestattet

mit fünf Materialschlaufen (die beiden vorderen

sind starr) bietet er ausreichend Platz zum Mitnehmen

der gesamten Ausrüstung, selbst für

die schwierigsten Routen. Die Anseilpunkte und

Materialschlaufen sind aus einem dauerhaft abriebfesten

Material gefertigt.

3 WHISPER

PETZL

Gewicht: 170 g (Grösse M)

CHF 175.–

3

1

2

Leibwächter statt

Staubfänger

Ein nasses, verdrecktes Seil produziert verlässlich

Flüche beim Sichern und hat auch

sonst keinerlei Vorteile. Elementar für geschmeidiges

Seilhandling ist daher die Resistenz

des Seilmantels gegen Schmutz und

Nässe. Weit vorne positioniert sich das Alpine

Eco Dry 8.0 von Mammut, das mit seiner

abriebfesten, PFC-freien Eco-Dry-Imprägnierung

optimal gegen Wasser und Schmutz geschützt

ist, was die UIAAWR-Zertifizierung belegt.

Der Fangstoss des bluesign-zertifizierten

Seils beträgt 5.6 kN im Einzelstrang bei Halbseiltechnik

bzw. 9.0 kN im Doppelstrang; der

Mantelanteil liegt bei 41 Prozent. Zertifiziert

als Halb- und Zwillingsseil, ideal für Mehrseillängen,

Bergsteigen und Eisklettern. Inkl.

Mittelmarkierung.

2 ALPINE ECO DRY 8.0

MAMMUT

Gewicht: 2200 g (50 m)

CHF 145.–

Bächli on Tour

Sie möchten sich unter fachkundiger

Anleitung ans Alpinklettern

herantasten? In unserem Programm

«Bächli on Tour» finden Sie auch

Grund- und Anwendungskurse für

Mehrseillängenrouten.

18

19



Expert Kletterschuhe

Expert

Tanz in der

Vertikalen

Sohle

Eine geteilte Sohle ist feinfühliger als eine

von den Zehen bis zur Ferse durchgehende.

Diese unterstützt wiederum besser beim

Stehen auf kleinsten Tritten. Übrigens: Sohlen

von Kletterfinken können in den meisten

Fällen wiederbesohlt werden.

Über Kletterschuhe könnte man stundenlang philosophieren –

allein schon, weil es mittlerweile Hunderte Modelle gibt.

Mit unserem Grundwissen von Asymmetrie bis Zwischensohle

treffen Sie die richtige Wahl.

Fersenschlaufen

Unverzichtbar zum Hineinschlüpfen

in Kletterschuhe sind eine,

noch besser zwei stabil vernähte

Fersenschlaufen.

Verschlusssystem

Am genauesten lassen sich Kletterschuhe

zum Schnüren justieren,

am schnellsten hat man den

Slipper angelegt – der dann aber

perfekt sitzen muss. Zwischenlösung

sind Modelle mit ein oder

zwei Klettverschlüssen.

Text Alexandra Schweikart

Olympische Spiele 2024 in Paris, Finale:

Janja Garnbret streckt ihr rechtes

Bein, der Fuss angelt einen winzigen

Tritt und sie zieht ihr Gewicht

ohne Mühe an die Wand. Später hängt

sie, als wäre sie an der Wand festgewachsen,

mit der Ferse in einer grossen

Griffschale, schüttelt die Arme, wechselt

in einen Toehook und zieht weiter. Die

besten Klettererinnen und Kletterer nutzen

ihre Füsse wie zusätzliche Hände. Sie

ziehen, schieben, setzen jeden Teil des

Schuhs ein, um Kraft auf winzige Tritte

und flache Volumen zu übertragen, um

das Gewicht von den Armen zu nehmen.

Magischer Gummi

Warum halten Kletterschuhe selbst auf

winzigen Tritten? Das Geheimnis liegt

in der speziellen Gummimischung, deren

Rezeptur die Hersteller wie ihren

Augapfel hüten. Namhafte Fabrikanten

sind hier Vibram (XS Grip und XS Edge)

oder Evolv (Trax-SAS), die bei zahlreichen

Kletterschuhen an den Sohlen zu

finden sind. Um gute Haftung auf einem

Tritt zu erzeugen, muss der Gummi exakt

die richtige Mischung aus «Elastizität»

und «Viskosität» aufweisen. Nur dann

kann die Interaktion zwischen Schuh

und Struktur funktionieren. Wie Honig

«fliesst» der Gummi in die kleinsten

Vertiefungen im Felsen oder auf einem

Kunstgriff und erzeugt so eine maximal

grosse Kontaktfläche. Beim Weiterklettern

schnellt der Gummi in seine Form

zurück, er «erholt» sich, um sich auf

dem nächsten Tritt gleich wieder breit

zu machen. Die Gummimischungen sind

so angelegt, dass der Schuh in einem

möglichst breiten Temperaturbereich

gut funktioniert. Bei zu niedrigen Temperaturen

würde normaler Gummi hart

werden, und bei zu hohen Temperaturen

zu weich und weniger haltbar. Dann

«schmiert» man förmlich ab, was jeder

kennt, der schon einmal im Hochsommer

beim Plattenklettern war. Je nach

Einsatzgebiet gibt es unterschiedlich

harte Gummimischungen: Besonders

weiche Mischungen glänzen in der Boulderhalle

und besonders harte geben

Halt an senkrechter Wandkletterei mit

kleinen Trittchen.

Herstellung und Materialien

Die Herstellung von Kletterschuhen

gehört zur hohen Kunst des Schuhmachens.

Viele Schuhhersteller produzieren

in Europa: Scarpa und La Sportiva

in Italien, EB in Frankreich, Tenaya in

Spanien. In Handarbeit wird zunächst

der obere Teil der Schuhe genäht; hier

kommen Naturleder, Kunstleder, Mikrofasermaterialien

und Neopren zum Einsatz.

Danach werden die Oberteile auf

den jeweiligen Leisten gespannt und die

Sohle von unten angeklebt. Bei fast allen

Schuhen kommt noch eine Zwischensohle

für zusätzliche Stabilität zum Einsatz.

Diese kann sich über das gesamte Fussbett

erstrecken und hohe Stabilität erzeugen,

oder sie wird nur in bestimmten

Bereichen eingebaut, um punktuell mehr

Halt und Kraftübertragung zu bieten,

zum Beispiel unter den Zehen. Hier lohnt

es sich, die Beschreibungen der einzelnen

Schuhe zu studieren!

Illustration: Saija Sollberger

Passform

Anders als bei Wanderschuhen sollten die

Zehen in Kletterschuhen vorne anstossen.

Je weniger Luft im Schuh, desto besser

ist die Kraftübertragung. Schmerzen sollte

die Passform jedoch keine verursachen!

Hook-Hilfe

Gummipatches auf dem Spann

sind hilfreich, wenn die Routen

Toehooks erfordern – vor allem

an Schuhen für Boulderer sind sie

zu finden.

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21



Expert Kletterschuhe

Typisch indoor:

Grosse Volumen, hier

punkten weiche, flexible

Kletterschuhe.

Der Sanftmütige

Bequemer, veganer Kletterschuh mit leichter

Asymmetrie und geringem Downturn.

Ideal für lange Tage an der Wand oder stundenlanges

Hallentraining.

KIRA

EVOLV

Gewicht: 385 g/Paar

CHF 119.–

Kleingriffige Wandkletterei:

Hier glänzen härtere

Schuhe, die spitz zulaufen.

Christopher Igel in «Le Cirque

du Sole» 8b.

Bei Modellen für fortgeschrittene Kletterer

bekommt der Schuh bei der Herstellung

eine sogenannte «Vorspannung»

verpasst. Dazu wird die Ferse über

Gummi-Einsätze näher Richtung Fussspitze

gezogen, um so eine Spannung

zwischen Zehen und Ferse zu erzeugen.

Sinn dahinter ist, dass man mit weniger

Anstrengung kleinere Tritte «krallen»

kann, sie sozusagen zu sich herzieht,

um das Gewicht optimal auf den Tritt zu

übertragen.

Slipper, Klett oder Schnürer

Es gibt drei Arten von Schliesssystemen

bei Kletterfinken, manche auch in Kombination,

jede mit ihren eigenen Vorzügen.

Schnürschuhe lassen sich präzise an den

Fuss anpassen, je nach Bedarf fest oder

locker, je nach Tagesform. Sie sind besonders

beim Felsklettern geschätzt. Klettverschlüsse

bieten schnellen Zugang,

besonders praktisch in der Halle, wenn

man zwischen den Boulderversuchen die

Schuhe ausziehen muss. Zwei Klettverschlüsse

sorgen für gute Anpassung in

der Weite. Der Slipper geht noch schneller.

Er ist wie eine Socke, elastische Einsätze

an der Öffnung erleichtern das Hineinschlüpfen.

Manche haben einen Klett

zur Fixierung. Doch der Slipper muss von

Anfang an perfekt sitzen – die Weite lässt

sich kaum anpassen.

Katzenpfötchen und Adlerkrallen

Kletterschuhe kommen in allen Formen

und Härtegraden. Von flexiblen Ballettschuhen

bis zu steinharten Holzbrettern,

die einem fast das Gefühl geben, man

könnte einen Nagel in die Wand schlagen.

Auch die Zwischensohlen variieren, sind

mal härter, mal weicher, um den vielfältigen

Anforderungen gerecht zu werden.

Zuerst geht es um die Wahl zwischen einer

durchgehenden und einer geteilten

Sohle. Der Unterschied liegt in der Flexibilität,

der Steifigkeit und der Kraftübertragung

auf den Fuss. Jedes Design

bringt seine eigenen Vorteile mit.

Eine durchgehende Sohle ist eine

einteilige Gummisohle, die den gesamten

Schuh vom Vorderfuss bis zur Ferse

bedeckt. Sie sorgt für eine effiziente

Kraftübertragung, da der Fuss gleichmässig

unterstützt wird, was bei kleinen Tritten

von Vorteil ist. Eine harte, durchgehende

Sohle unterstützt den Fuss dabei, die Spannung

zu halten und die Kraft auf den Tritt

zu übertragen. Je härter der Gummi, desto

langlebiger und widerstandsfähiger sind

die Schuhe. Nachteilig ist, dass sie weniger

flexibel als eine geteilte Sohle ist, was auch

zu weniger Gefühl auf den Tritten führt.

Eine geteilte Sohle besteht aus mehreren

Teilen mit jeweils eigenen Funktionen.

Oft splitten die Hersteller die Sohle in

eine stabile Zone unter dem Vorderfuss und

flach ohne Vorspannung

flach mit Vorspannung

Downturn und Vorspannung

Fotos: Alexandra Schweikart Christopher Igel

eine flexible Zone im Mittelfuss oder an der

Ferse. Letztere bietet mehr Flexibilität, was

besonders bei dynamischen Bewegungen

oder beim Bouldern von Vorteil ist, da sich

der Schuh besser an den Fuss anpasst. Im

Überhang kann man mit den Zehen besser

«krallen» und sich auf grossen Tritten

stabiler abstützen. Die Sohle passt sich

verschiedenen Trittarten und Kletterbewegungen

an und ahmt die natürliche Fussbiegung

nach, was sich bei grossen, flächigen

Hallentritten positiv bemerkbar macht.

Nachteilig ist, dass die Unterbrechung der

Sohle die Kraftübertragung und Stabilität

auf kleinen Tritten oder Kanten verringern

kann, da der Fuss weniger direkt und

gleichmässig unterstützt wird als bei einer

durchgehenden Sohle.

Downturn und Asymmetrie

Downturn und Asymmetrie sind zwei Konstruktionsmerkmale,

die Kletterschuhe

leistungsorientierter machen, aber den

Komfort verringern. Ein Downturn biegt

die Zehen nach unten, wodurch das Gewicht

stärker auf den Vorderfuss und die

Zehen verlagert wird. Dies steigert die

Präzision auf kleinen Tritten, reduziert jedoch

den Komfort. Asymmetrie bedeutet,

dass der Schuh eine schiefe Ausrichtung

Der Alleskönner

Besonders fein anpassbarer Allround-Kletterschuh

für Hallenklettern und Alpinrouten,

der mit einer Kombination aus Klettverschluss

und Schnürsenkel aufwartet.

FUSION

RED CHILI

Gewicht: 538 g/Paar

CHF 135.–

Die Wettkampfwaffe

Weicher, auf höchste Wettkampfperformance

ausgelegter Kletterschuh ohne Kompromisse.

Mit mehrteiliger Sohle und grosszügiger

Gummierung für Toe- und Heelhooks.

ONDRA COMP

LA SPORTIVA

Gewicht: 420 g/Paar

CHF 189.–

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23



Expert Kletterschuhe

der Zehen aufweist, wodurch der Druck

auf den grossen Zeh konzentriert und

die Kraftübertragung auf präzise Tritte

verbessert wird. Diese Merkmale sind

besonders beim leistungsorientierten

Klettern und Bouldern entscheidend, da

sie mehr Kontrolle und Präzision bieten.

Allerdings werden die Füsse stärker in

den Schuh gepresst und können weniger

«ausweichen»: Oft muss man diese Schuhe

bei längeren Sessions zwischendurch

ausziehen, da sie weniger bequem sind.

Die Wahl von Kletterfinken mit Downturn

und/oder Asymmetrie ist also durchaus

eine Entscheidung, ob man in der Komfortzone

bleibt oder seine Kletterfähigkeiten

weiterentwickelt.

Neubesohlung

Asymmetrie Downturn Vorspannung

«Bei Bächli haben wir ständig über 50

Modelle an verschiedenen Kletterschuhen

vorrätig. Auch eine Wand zum Ausprobieren

steht parat, so fi nden

alle den passenden Finken.»

Marken legen Wert auf gute Verarbeitung,

damit die Kletterschuhe lange

halten. Wie bei einem Velo-Pneu hält

ein Kletterfinken nur eine bestimmte

Strecke, selbst bei erstklassiger Qualität

und hohem Preis. Wird viel geklettert

oder die Technik ist nicht sauber,

ist der Schuh schnell abgenutzt. Doch

keine Sorge: Kletterschuhe kann man in

den meisten Fällen wiederbesohlen. Bei

Matthias Schmid

Produktmanager

Bächli Bergsport nehmen wir jedes Paar

zur Neubesohlung entgegen.

Den Traumschuh finden

Jeder Fuss ist anders! Es lohnt sich, so lange

nach dem passenden Kletterschuh zu suchen,

bis er sitzt. Hier gelten jedoch andere

Regeln als beim Kauf eines Wanderschuhs:

Ein Kletterschuh wird nie so bequem wie ein

Sneaker, aber um auf kleinen Tritten zu stehen,

muss der Schuh eng anliegen. Die Zehen

sollten vorne anstossen, und im Spannsowie

Fersenbereich darf keine Luft sein.

Schmerzen sollten jedoch nicht auftreten.

Wenn der Schuh zu gross ist, rutscht man ab

und verliert die Kraftübertragung. Probieren

Sie mehrere Modelle aus. Für Schmalfüsse

bieten viele Marken speziell angepasste

Frauenmodelle mit engerer Ferse, oft als

«LV» für Low Volume gekennzeichnet. Beginnen

Sie mit Ihrer Strassenschuhgrösse

und testen Sie, bis der Schuh rundum eng

sitzt, aber die Zehen leicht aufgestellt sind.

Bächli-Filialen bieten kleine Kletterwände,

an denen Sie die Schuhe testen können. Ein

Tipp: Tragen Sie den Schuh fünf Minuten

lang, ziehen Sie ihn aus und warten eine Minute.

Fühlt er sich danach perfekt an, haben

Sie den richtigen Schuh gefunden!

Den perfekten

Schuh gibt es (nicht)

Nicht nur bei Profis, auch bei ambitionierten

Vielklettererinnen ist es

ähnlich wie bei Powderfreaks gang

und gäbe, mehrere Modelle an Kletterschuhen

zur Auswahl zu haben – vom

brettharten Risskletterschuh bis zum

butterweichen Hallen-Boulderschuh.

Denn die Modelle sind inzwischen so

unterschiedlich, dass jedes in einem

Bereich, in einer Disziplin besonders

glänzen kann.

BOULDERN INDOOR

In Hallen gibt es grosse Tritte und Volumen.

Ein weicher, flexibler Schuh mit

anliegender Ferse und Toe Hook Patch

hilft, besonders bei Heelhooks und Toehooks.

Ein Downturn und Asymmetrie

kommen bei steilen Überhängen ins

Spiel, sind aber bei senkrechten Wänden

weniger nötig.

KLETTERN INDOOR

Kleine Tritte erfordern einen flexiblen

Schuh mit mehr Unterstützung im Vorderfuss.

Ein gerader Schuh reicht für

Einsteiger im Senkrechten, während

Fortgeschrittene im Überhang von

einem Schuh mit Downturn profitieren.

KLETTERN OUTDOOR

Für senkrechte Wände und kleine Tritte

sind harte, stabile Schuhe ideal. An

löchrigem Konglomerat bieten spitze

Schuhe mit Downturn und Asymmetrie

Präzision. Bei überhängendem

Felsen mit grossen Griffen sind weiche

Schuhe ausreichend.

BOULDERN OUTDOOR

Hier gibt es die grösste Bandbreite. Für

schwere Projekte sind die kleinsten Tritte

entscheidend. Ein aggressiver Schuh

sorgt für Präzision. An Platten und Henkelparaden

hingegen leisten flache,

bequeme Schuhe gute Dienste.

Hol dir

dieses Mal

eine Hose,

die hält

Wir würden uns aber noch mehr von dir wünschen

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Energieverbrauch und Abfall reduziert. Doch damit diese Kettenreaktion

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24

fjallraven.com

25



Wegweiser Über den Nollen auf den Mönch

Schnurgerade

durchs Bollwerk

Was bleibt von einer Tour, auf der alles glatt läuft?

Bächli-CEO Thomas Morand ist mit Jonas Schild

über die Nollenroute auf den Mönch gestiegen.

Text Thomas Ebert, Fotos Diego Schläppi

Den Nebel unter und das

Schwierigste hinter sich:

Kurz vor dem Mönchsgipfel

zeigt sich der Eiger von

ungewohnter Seite.



Wegweiser Über den Nollen auf den Mönch

‹1› Auf ins Abenteuer: An der Station

Eigergletscher beginnt der Zustieg zur

Guggihütte.

‹2› Die Route über den Nollen: Nach

der Querung unter dem Eigergletscher

geht es fast schnurgerade empor.

‹1›

Die unbewartete Guggihütte

auf 2792 Metern ist der

Stützpunkt für alle Nollen-

Aspiranten.

Foto: picture alliance/Günter Gräfenhain

Der unbestrittene Meister in

diesem Gelände

Eiger-Mönch-Jungfrau. Über die Visitenkarte der Schweiz ist

alles gesagt, geschrieben und sogar gerechnet: «Das mathematische

Dreigestirn», titelte die Berner Zeitung vor einigen

Jahren, als klar wurde, dass die Kunstgesetze des Goldenen

Schnittes auch für das weltbekannte Nord-Panorama des Gipfeltrios

gelten.

«Es ist natürlich eine unheimlich mächtige Kulisse», findet

auch Thomas Morand, der im heimischen Engadin zwar

jede Ecke kennt, im Berner Oberland aber noch eine lange Tourenliste

hat. «In dieser Front eine Tour zu machen, ist schon

ergreifend, das macht einen demütig.» Links die Eigernordwand,

rechts die zerrissene Nordflanke der Jungfrau: Wer dem

Dreigestirn über die Nordseite aufs Haupt steigen will, findet

in der Mitte, in der Nollenroute auf den Mönch, einen objektiv

‹2›

recht sicheren Weg. Zwar hat der Eisrückgang der letzten Jahre

den Nollen eher entschärft, trotzdem sind an der Schlüsselstelle

immer noch 65 bis 70 Grad zu überwinden. Auch ästhetisch

kann die Linie überzeugen: Von der Guggihütte geht es

mehr oder weniger schnurgerade zum Gipfel.

Allein am Berg

Schon länger hatte sich Morand mit dem Bergführer und ehemaligen

Bächli-Mitarbeiter Jonas Schild zu einer kombinierten

Hochtour verabredet, seiner Lieblingsdisziplin. «Eigentlich

bin ich durchs Geschäft auf das Wochenende reduziert»,

sagt Morand, aber als sich einem Freitag Mitte Juli ein 3-Tage-Fenster

öffnet, machen die beiden Nägel mit Köpfen. Für

Schild ist es ein Heimspiel. Schon als Jugendlicher stand er

Im steilen Hüttenzustieg

müssen hier und da auch die

Hände aus dem Hosensack.

‹2›

‹1›

‹1› Bergführer und Ex-Bächli-

Mitarbeiter Jonas Schild führte

die Seilschaft an.

‹2› Für den Mönchsnollen

startete Thomas Morand ausnahmsweise

an einem Freitag

ins Wochenende.

28

29



Wegweiser Über den Nollen auf den Mönch

‹1› Am Mönchsplateau werden

die Steigeisen angelegt.

‹2› Wo ist der beste Durchschlupf?

Im Zustieg zum Nollen

‹3› Die steilste Passage über

den Hängegletscher wird mit

Standplätzen gesichert.

Wo kein Blankeis durch den

Trittschnee ragt, gehen Schild

und Morand viele Meter am

kurzen Seil.

‹1›

‹2›

«Über uns nur noch

Fels, Schnee und Eis –

sonst nichts.»

‹3›

auf dem Mönch, den Nollen hat er zigmal durchstiegen und

kennt hier jeden Stein. An der Station Eigergletscher lassen

die beiden den wuselnden Tourismus hinter sich. Wo die Infrastruktur

endet, beginnt das Bollwerk: Schon im Hüttenzustieg

sind die Steinböcke die einzig verbliebenen Begleiter. Auf der

unbewarteten Guggihütte geniessen Morand und Schild ihr Fondue

mit Jungfraublick in stiller Zweisamkeit, wie Sonderlinge in

einer touristisch perfekt erschlossenen Region.

Kurzes Kribbeln am Nollen

Um vier Uhr treten Morand und Schild anderntags vor die Hütte.

Nach dem langen Winter herrschen sehr gute Verhältnisse

in der Tour: An vielen Stellen hat sich kompakter Firn konserviert.

In der Luft liegt noch etwas Feuchtigkeit vom Vortag,

doch schon am Mönchsplateau, wo angeseilt wird, stösst das

Gspännli aus dem Nebel. «Über uns nur noch Fels, Schnee, Eis

– sonst nichts. Ab da hatte ich das Gefühl, wir wären allein auf

der Welt», erzählt Morand.

Der Zeitplan stimmt, die Wegfindung macht keine Probleme.

Dann aber baut sich der Nollen immer mächtiger vor der Seilschaft

auf. Wo ist der Durchschlupf durch das Bollwerk? Was macht von

der Sicherheit her Sinn? Hier und da schaut Blankeis unter dem

Firn hervor. «Es hat schon gekribbelt», erzählt Morand. «Aber weil

die Verhältnisse so gut waren, war ich schnell vertraut mit den

Bedingungen. Da fühle ich mich sicher und fest, das ist das Entscheidende.

Dann ist es auch egal, ob es zwei oder drei Grad steiler

ist.» Morand sichert Schild an den steilsten Stellen, weite Passagen

legt die Seilschaft, mit Tiblocs gesichert, am laufenden Seil zurück.

30

31



Wegweiser Über den Nollen auf den Mönch

Mönch (4107 m),

Nollenroute

Charakter

Objektiv relativ sichere Tour, Stein- und

Eisschlag sind selten. Schüsselstelle ist

der Nollen, der je nach Verhältnissen ein

bis zwei Seillängen im Steileis erfordert.

Der Abstieg vom Mönch über den SO-

Grat wird häufig unterschätzt. Achtung

vor Wächten. Der Grat ist ausgesetzt und

mit leichten Kletterpassagen, teilweise

sind Sicherungsstangen vorhanden.

Schwierigkeit

D-, 55-60 Grad, im Abstieg vom Mönch

Stellen II

«Fast schon meditativ,

wenn man

nicht so schnaufen

müsste.»

NIcht zu unterschätzen:

der teils überwächtete und

exponierte Abstieg über den

Südostgrat

Höhenmeter

1330 hm ab Guggihütte SAC (2792 m)

Empfohlene Ausrüstung

Hochtourenausrüstung, zwei Eisgeräte,

6-7 Eisschrauben, Sicherungsmaterial

je nach Taktik

Zustieg

‹1›

Von der Station Eigergletscher zunächst

200 hm hinab aufs Vorfeld des

Eigergletschers, das gequert wird. Nun

im Zickzack relativ direkt empor (Stellen

I) zur Guggihütte. Blau-weiss markiert.

(T4, gesamt 2,5 bis 3 h, 700 hm).

24 Schlafplätze, Reservation via Website.

Abstieg

Über den SO-Grat (Normalweg) des

Mönchs ins Mönchsjoch (2 h) und auf

pistenartiger Spur (0,5 h) zum Sphinxstollen

des Jungfraujochs.

Auch Morands Materialwahl passt: zwei Petzl Gullys, nicht zu aggressiv.

«Wir sind ja nicht in einem Eisfall.» Zum Sonnenaufgang

nehmen sich die beiden etwas Zeit, treten sich ein kleines Plateau

ins Eis, um für ein paar Minuten den ganzen Fuss aufsetzen zu können

und die Waden zu entlasten. Dann ist der Nollen überwunden,

«ohne dass es sich wie eine Schlüsselstelle angefühlt hätte», so

Morand. Die verbleibende Nordwestflanke nehmen Morand und

Schild direkt. Dank der guten Schneelage müssen sie nicht auf den

Grat ausweichen. Am kurzen Seil, in 20-cm-Schrittli geht es auf den

Frontalzacken dem Gipfel entgegen. Eine Ausdauergeschichte

– «fast schon meditativ, wenn man nicht so schnaufen

müsste», lacht Morand.

Auf den letzten Metern verdeckt der Gipfel als kleines weisses

Dreieck die Sonne und wird so von ihr umkränzt, ein fantas-

tisches Bild. Um halb neun Uhr morgens, nach viereinhalb Stunden,

gibt es eine Prise Schnupftabak auf die glatt gelaufene Tour.

Schon kommen die ersten Bergsteiger über den Normalweg entgegen.

Fokussiert, noch mit dem Fuss auf der Euphoriebremse,

geht es über den exponierten Südostgrat ins Mönchsjoch hinab

– kurz darauf endet am Sphinxstollen der Jungfraubahn die makellose,

aufs Elementare reduzierte Hochgebirgswelt.

Zeit zum Zehren

‹2›

‹1› In 20-cm-Schrittli und auf

direktem Weg geht es durch die

Nordwestflanke.

‹2› Endlich Pause für die

Waden: am Gipfel des Mönch

«Eine ganz gelungene, unspektakulär schöne Tour», resümiert

Morand, «ergreifend, nicht kritisch, wir hatten jederzeit alles im

Griff.» Mindert es den Erlebniswert von Touren, wenn alles rund

läuft, wenig abenteuerlich? «Nein, im Gegenteil», beteuert Morand.

«Da zehre ich ewig davon, das ist ja das Schöne!»

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Expert Kocher

Expert

Feuer

frei!

Gas oder Benzin?

Gaskocher sind unkompliziert, sauber und

effizient. Bei den meisten alpinen

Vorhaben dürften sie den Vorzug vor Benzinbzw.

Multifuelkochern erhalten, welche

vor allem bei grosser Kälte und in der Versorgungssicherheit

punkten können.

Gas oder Benzin? Mit dieser Entscheidung ist es bei der Wahl

des richtigen Kochers heute nicht mehr getan. Aus der einstigen

Brennstofffrage ist heute eine Systemfrage geworden.

Text Richard Heinz

Wichtig für eine gute Kocherwahl ist, sich

ausgiebig Gedanken zum Anwendungsbereich

zu machen. Es kann sinnvoll sein,

in zwei unterschiedliche Systeme zu investieren,

statt einen Kocher für alles zu

suchen. Zentrale Fragen, die man sich bei

der Wahl eines Kochers stellen sollte:

• Was soll gekocht werden? Wird

«richtiges» Essen in mehreren

Töpfen zubereitet oder lediglich

Wasser für Tee und gefriergetrocknetes

Essen erhitzt?

• Wie lange will oder muss ich

autark unterwegs sein? Wie ist

die Verfügbarkeit des Brennstoffs?

• Wie sind die äusseren Bedingungen,

insbesondere das Platzangebot,

die Temperatur sowie die

Windexposition?

Stellt man diese Fragen einem Bergsportler

oder einem Kletterer, wird man in

vielen Fällen bei einem Gaskocher landen.

Szenarien für Benzinkocher könnten etwa

eine Flugreise zu einem langen Trekking

in abgelegenen Regionen oder Expeditionen

mit längerem Basecamp-Aufenthalt

und grosser Kälte am Berg sein. Ansonsten

überwiegen fast immer die Vorteile

von Gaskochern. Innerhalb dieser Kategorie

steht dann die Systemfrage an: Aufschraubkocher,

Standkocher mit externer

Zuleitung oder Komplettsystem samt

integriertem Topf? Letztere sind vor allem

dann sinnvoll, wenn lediglich Wasser

erhitzt werden soll, die äusseren Bedingungen

widrig sind und die Handhabung

erschwert ist, etwa im Portaledge. Topf,

Windschutz und Wärmetauscher, oft auch

eine Aufhängung, sind bei Kochsystemen

bereits integriert und perfekt aufeinander

abgestimmt, was die Energieverluste

gering hält. Das erste Produkt dieser Art

war der Jetboil mit dem integrierten Wärmetauscher.

Die derzeitige Speerspitze in

Sachen Gaskocher stellen die Strahlungsbrenner

dar, zu denen die Modelle Reactor

und Windburner von MSR und neuerdings

der Ulti von Primus gehören. Diese sehr

kraftvollen und effizienten Gaskocher erzeugen

keine offene Flamme, sondern eine

flächige Hitzeausstrahlung. Das ist effizienter,

weniger windanfällig und leiser als

ein Gaskocher mit offener Flamme. Zudem

ist die Verwendung im (belüfteten!) Zeltinneren

weniger gefährlich. Klettertouren

in grossen Wänden oder Expeditionen im

Alpinstil sind die typischen Szenarien für

diese Kocher, die sehr effizient im Schneeschmelzen

und Wasserkochen sind. Ein

Nachteil der integrierten Systeme ist die

mangelnde Flexibilität – sie funktionieren

nur mit dem passenden Topf, der oft auch

nur ein Liter Volumen hat. Drei-Gänge-Menüs

lassen sich auf solchen Kochern kaum

zubereiten.

Kälte als Achillesferse

Wenn das Kochen also nicht nur der unvermeidbaren

Kalorienzufuhr dient, sondern

auch als Teil der Tour begriffen wird – etwa

beim Trekking und weniger extremem

Bergsteigen – ist ein «klassischer» Gaskocher,

der in puncto Kochgeschirr die freie

Wahl lässt, möglicherweise die bessere

Wahl. Empfehlenswert ist hier der Vorzug

eines Kochers mit Zuleitung gegenüber den

(geringfügig leichteren und kompakteren)

Aufschraubkochern, denn sie sind deutlich

standfester und die Kartusche kann bei

Bedarf gedreht werden. Spürbar leistungs-

Illustration: Saija Sollberger

Windschutz

Grossen Einfluss auf den Brennstoffverbrauch hat

ein Windschutz. Er sollte immer im Gepäck

sein, wenn der Kocher keinen integrierten Schutz

besitzt. Ein Wärmetauscher am Kochtopf

erhöht die Effizienz zusätzlich.

Externe Zuleitung

Kocher, die direkt auf die Gaskartusche

geschraubt werden, sind unschlagbar kompakt.

Mit Schlauchleitung steht der Kocher

jedoch stabiler, und die Kartusche kann bei

Kälte oder wenig Gas gedreht werden.

34

35



Expert Kocher

Expert Kocher

fördernd wirken sich bei diesen Kochern ein

Windschutz und auch Töpfe mit Wärmetauscher

aus, also mit wärmerückhaltenden

Lamellen am Topfboden.

Kochen mit Gas ist simpel, sauber,

gut regulierbar und rückstandsfrei. Zudem

hat Gas den höchsten Brennnwert unter

den verfügbaren Brennstoffen (Verhältnis

von Heizleistung zu Gewicht). Gibt es

überhaupt Nachteile? Wesentlich sind vor

allem zwei: Zum einen dürfen Gaskartuschen

nicht im Flugzeug transportiert

werden. Die Beschaffung (mit dem richtigen

Anschluss!) vor Ort kann bei manchen

Reisezielen schwierig bis unmöglich sein.

Zum anderen ist Kälte die Achillesferse

von Gaskochern. Bei Minusgraden funktionieren

Gaskocher nur noch eingeschränkt.

Durch sinkenden Druck des Gasgemisches

in der Kartusche strömt dieses weniger gut

in den Kocher. Derselbe Effekt tritt auch

ein, wenn die Kartusche fast leer ist. Gegensteuern

lässt sich mit dem Einsatz von

sogenanntem «Wintergas», das ein anderes

Mischverhältnis von Propan zu Butan

aufweist und teils auch in speziell konstruierte

Kartuschen gefüllt wird. Hilfreich ist

es auch, die Gaskartuschen warmzuhalten,

etwa im Schlafsack. Bei Gaskochern mit

Vorheizfunktion strömt das Gas durch ein

Kupferröhrchen im Bereich der Flamme

und wird dadurch gewärmt, bevor es entzündet

wird. Und nicht zuletzt hilft auch

das Umdrehen der Gaskartusche, sodass

das Gas nach unten austritt – das geht

allerdings nur bei Kochern mit externer

Zuleitung. Dank solcher Weiterentwicklun-

36

gen ist Kälte heutzutage kein Ausschlusskriterium

mehr für die Verwendung eines

Gaskochers.

Faustregeln für den Gasverbrauch

In Sachen Anschluss haben sich die

Schraubkartuschen gegen die Stechkartuschen

weitestgehend durchgesetzt. Vorsicht

ist trotzdem geboten: Obwohl Schraubventile

normiert sind, kann es durch unterschiedliche

Einschraubtiefen oder Ventilpositionen

verschiedener Hersteller zu (seltenen) Komplikationen

kommen. Wer ganz sichergehen

will, probiert eine Kocher-Kartuschen-Kombi

also vor einer grossen Tour aus.

Pauschal nur schwierig zu beziffern

ist der Gasverbrauch – zu einflussreich

sind hier die Variablen Wind, Höhe und

Temperatur. In der Regel genügen die

kleinen 100-g-Kartuschen für ein bis zwei

Nächte einer hochalpinen Kletterei, bei der

auch Schnee geschmolzen werden muss.

Unter günstigen Bedingungen lässt sich

mit 10 Gramm Gas rund ein Liter Wasser

zum Kochen bringen. Angebrochene Kartuschen

kann man übrigens wiegen, um

den Verbrauch zu ermitteln – oder man

stellt die Kartusche ins Wasser: Der «Tiefgang»

der Kartusche zeigt den Füllstand

des Gases im Inneren an.

Sind Gaskocher also das Mass aller

Dinge, wenn es um Berg- und Outdoorsport

geht? Nicht unbedingt. Die nahezu weltweit

problemlose Verfügbarkeit von Flüssigbrennstoffen

und die klaglose Leistung

von Benzinkochern bei tiefen Temperaturen

sind gewichtige Argumente. Das Handling

Ein Kaffee zwischendurch? Moderne

Gaskocher sind so kompakt und

unkompliziert, dass wirklich nichts

dagegenspricht.

7 Tipps und Tricks

im Umgang mit

Kochern

1

Beim Trennen von Brennstoff

und Kocher aufpassen und auf

mögliche Quellen für eine Entzündung

achten (Zigarette, Kerze, …). Hier passieren

die meisten Unfälle, da gern etwas

Brennstoff aus dem Ventil austritt.

Besonders Stechkartuschen sind hier

recht gefährlich.

2

Bei Kälte die Gaskartuschen wenn

möglich vorwärmen, beispielsweise

im Schlafsack.

3

Kocht man mit Tankstellenbenzin,

sollte man den Kocher nach dem

Kochen immer sauber ausbrennen

lassen und erst, wenn nur noch Luft

strömt, die Benzinflasche verschliessen.

So wird übermässige Verschmutzung

vermieden.

4

Kochen mit Benzin nie in geschlossener

Umgebung (Zelt,

Bus, Zimmer, …)

5

Wenn man länger unterwegs ist,

immer ein kleines Reparatur-Kit

mitnehmen. Kocher sind mechanische

Baugruppen, an denen mit etwas technischem

Verständnis sehr schnell eine

Kleinigkeit repariert werden kann.

6

Zum Entzünden eines Kochers

bewährt sich ein Feuerstahl als

Backup, z. B. Swedish Firesteel von

Light my Fire. Der beste Kocher bringt

nichts, wenn er wegen eines defekten

oder verlorenen Feuerzeugs nicht zum

Laufen gebracht werden kann. Auch in

Kochern integrierte Piezo-Zünder sind

oft das Erste, was an einem Kocher

kaputtgeht.

7

Wer neben Nudeln, Reis und Eintopf

auch mal Brot, Kuchen oder

Pizza auf dem Campingkocher zubereiten

möchte, dem sei das mobile Backofen-System

von Omnia ans Herz gelegt

(omniasweden.com)

Foto: Dan Patitucci

allerdings gestaltet sich etwas komplexer

als beim Gaskocher. Zunächst muss das

Benzin in der Flasche mittels Pumpe unter

Druck gesetzt und anschliessend vorgeheizt

werden, bis es vergast. Hierzu lässt

man etwas Benzin in den Kocher austreten,

verschliesst das Ventil aber direkt wieder.

Dieses Benzin wird angezündet und brennt

mit offener Flamme. Sobald die Flammen

bläulich erscheinen, nicht mehr russen und

der Kocher «faucht», ist diese Phase abgeschlossen.

Nun kann das Ventil geöffnet

werden. Viele Benzinkocher haben nur ein

Ventil, wodurch der Sweet Spot zwischen

«Aus» und «Vollgas» recht schwierig zu

finden ist. Andere Kocher, wie z. B. der Primus

Omnifuel, haben zwei Ventile in Serie,

wodurch die Justierung der Brennstärke

deutlich feiner möglich ist. Allerdings sind

die Regulierung und der Ausbrennprozess

bei diesen Kochern träge, vorausschauendes

Kochen ist also angesagt.

Nach dem Kochen sollte man Benzinkocher

ausbrennen lassen. Dazu wird bei

Wenn die hochentwickelte Technologie des MATRYX ® -Gewebes auf die Kreativität

der Petzl-Entwicklungsabteilung trifft, entsteht WHISPER - ein revolutionärer neuer

Klettergurt, der die hohen Anforderungen des technischen Bergsteigens und des

leistungsorientierten Kletterns erfüllt. Mit dem WHISPER ist keine Route mehr unmöglich!

www.petzl.com © 2024 - Petzl Distribution - Marc Daviet - Kalice

WHISPERLITE UNIVERSAL

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Gewicht: 318 g (Kocher und Pumpe)

CHF 219.–

37



Expert Kocher

ULTI STOVE SYSTEM 1.0

PRIMUS

Gewicht: 600 g

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Hocheffizient Schnee schmelzen

unter allen Bedingungen – das

beherrschen Strahlungsbrenner

wie der MSR Reactor oder

der Primus Ulti perfekt.

MINIMO

JETBOIL

Gewicht: 415 g

CHF 215.–

laufender Flamme die Benzinflasche umgedreht,

sodass die Zuleitung der Pumpe

in der Benzinflasche nicht mehr im Benzin,

sondern in der Luft hängt. Der Kocher

brennt nun so lange weiter, bis Luft durch

die Leitung strömt und der Kocher von alleine

ausgeht. Nicht vergessen, das Ventil

im Anschluss zu verschliessen! Mit diesem

Ausbrennen wird ein Verrussen relativ gut

verhindert, zudem säubert die am Ende

durch das Ventil strömende Druckluft die

Düse und bläst eventuelle Rückstände aus.

Multifuelkocher: die Allesbrenner

Das typische lautstarke «Fauchen» älterer

Benzinkocher haben die führenden Hersteller

MSR («Whisperlite») und Primus

(«OmniLite Ti Silencer») mit Spezialdüsen

inzwischen eliminiert. Aufgrund der

offenen Flamme beim Vorheizen dürfen

Benzinkocher nicht in geschlossenen Räumen

und schon gar nicht im Inneren eines

Zeltes betrieben werden. Besser als Tankstellenbenzin

ist im Betrieb übrigens das

etwas teurere, sogenannte «white gas»,

das gereinigt ist, nicht zur Russbildung

neigt und etwas mehr Brennwert hat. Für

Brennstoffe wie Diesel oder Kerosin muss

oft eine spezielle Düse verwendet werden.

Den Bogen zum Gaskocher schlagen

moderne «Multifuelkocher», die durch

wechselbare Düsen wahlweise mit Gas oder

mit Flüssigbrennstoffen funktionieren. Tatsächlich

gibt es heutzutage fast keine reinen

Benzinkocher mehr, sondern hauptsächlich

Multifuelkocher (z. B. Primus Omnifuel, Optimus

Polaris). Im Bergsport nur noch selten

in Gebrauch sind Spirituskocher («Esbit

Cookset Compact») und Feststoffkocher

(«Esbit Taschenkocher»), welche mit einer

Brennpaste oder Trockenbrennstoff arbeiten.

Sie bieten Vorteile in puncto Grösse,

Gewicht und Transport – Spiritus ist leicht

abzufüllen und einzuteilen, Trockenbrennstoff

ist nicht explosiv. In Sachen Leistung

können sie aber nicht mit den modernen

Gas- und Benzinkochern mithalten.

Wind, Watt und Wärme

So verlockend das Gewicht «nackter»

Aufschraubkocher auch sein mag – beim

Bergsport zählt nur das Gesamtgewicht

eines Kochersystems samt Kartusche und

Topf, gegebenenfalls auch Windschutz.

Integrierte Systeme wie zum Beispiel ein

JetBoil wirken etwas schwerer und grösser,

sind in Summe aber oft am effizientesten.

Mit Vorsicht zu geniessen sind

auch die Angaben von Heizleistungen. Die

stärksten Kocher liegen hier bei Leistungen

um die 3000 Watt. Auf die tatsächliche

Leistung, also etwa einen Liter Wasser

zum Kochen zu bringen, haben ein Windschutz,

effiziente Wärmetauscher am Topf

und dessen Material und Wandstärke einen

grossen Einfluss. Oft bewirkt ein intelligentes

System zur Wärmeübertragung

mehr als eine hohe Heizleistung.

Egal, ob Gas oder Benzin: Um die Vorund

Nachteile der Systeme, vor allem aber

ihr Handling kennenzulernen, empfehlen

wir im wahrsten Sinne des Wortes wärmstens,

die Kocher in unseren Filialen auszuprobieren.

Unsere geschulten Beraterinnen

und Berater kennen viele Tipps und Tricks

im Umgang mit den einzelnen Modellen –

nehmen Sie dieses Angebot wahr.

Fotos: Primus, MSR

Der O-Zip.

Über Generationen weiterentwickelt.

u Charlie, Pateroa Station, Neuseeland

38

39



Gipfeltreffen Profi-Partnerinnen im Gespräch

Thema Rubrik

«Ehrlich gesagt,

bin ich fast

mehr weg.»

Wie lebt es sich als Partnerin eines

Profibergsteigers? Unsere Autorin hat

bei Denise Arnold, Bettina Gruber

und Niki Siegrist nachgefragt – den

Partnerinnen von Dani Arnold,

Roger Schäli und Stephan Siegrist.

Drei Gespräche über Ängste, Urvertrauen

– und eigene Träume.

Text Magdalena Krötz

Redaktionelle Mitarbeit Thomas Ebert

40

Fotos: zvg

Mit Hand, Herz und Hirn:

Alexander Megos sieht sich als

Vertreter einer Generation, die

wohl als eine der letzten sowohl

am Fels als auch im Wettkampf

41

an der Weltspitze performt hat.



Gipfeltreffen Profi-Partnerinnen im Gespräch

«Er plant seine grossen Projekte

sehr gut.»

Dani Arnold beim Soloklettern in

der Nordwand des Petit Dru

«Seine Ruhe in Extremsituationen

stärkt mich persönlich auch sehr,

ich bin viel weniger ängstlich in

vielen alltäglichen Dingen.»

Denise Arnold

Bettina Gruber: Mir geht es eigentlich

wie Niki. Ich habe so etwas wie ein

«Urvertrauen» in seine Fähigkeiten und

Entscheidungen. Wenn Roger sich für

eine Expedition entscheidet, hat er sich

seine Gedanken gemacht, er hat sich vorbereitet,

ich weiss, er geht gut vorbereitet

in die Berge. Ich würde ihn nie zurückhalten,

wenn er etwas will. Das ist seine

Leidenschaft. Angst in dem Sinne habe

ich nicht. Ich weiss, dass ein gewisses

Risiko besteht, aber es gehört zu seinem

Beruf dazu.

Wie lange seid ihr schon ein Paar? Und wo

lernt man einen der bekanntesten Schweizer

Bergsportler kennen?

Denise Arnold: Wir gingen bereits zusammen

in die Schule. Wir waren in einer

Parallelklasse, hatten damals aber noch

nicht wirklich Kontakt. Als wir zusammenkamen,

war Dani schon am Sportklettern,

sein Fokus lag aber noch auf dem Boardercross,

da war er in der Nati. Die extremen

Kletterprojekte kamen erst, als wir

schon zusammen waren.

Bettina Gruber: Roger und ich haben

uns in Kalymnos kennengelernt. Ich wollte

das hochgelobte Klettergebiet unbedingt

kennenlernen und hatte einen Kurs gebucht.

Die Bergführerin, eine gute Freundin von

Roger, lud ihn ein, während dieser Zeit dazuzustossen.

Das ist jetzt etwa fünf Jahre her.

Niki Siegrist: Wir sind seit 2008

zusammen. Wir haben einander durch

Stephans Schwester kennengelernt. Sie

war damals meine beste Freundin, dadurch

wusste ich, wer er ist. Getroffen

haben wir uns erstmals beim Fallschirm-

springen – ich habe für die Firma gearbeitet,

wo er seinen Schein gemacht hat.

War die Bergwelt neu für dich? Bist du

selbst gerne am Berg?

Bettina Gruber: Ich war früher Langläuferin

und viel draussen, auch in den Bergen,

aber mehr zu Fuss. Wir sind als Familie viel

gewandert, und die Skitouren meiner Mama

haben mich auch immer fasziniert, genauso

wie die Berge selbst. So richtig zum Klettern

fand ich aber erst nach meiner Karriere als

Langläuferin. Das hat mich sehr gepackt.

Dann lernte ich Roger kennen.

Niki Siegrist: Ich war damals noch

nicht viel am Berg, ich komme eher vom

Wassersport. Eine Zeit lang ging ich gern

Fallschirmspringen. Das Klettern habe

ich manchmal hier und manchmal da gemacht,

aber nicht sehr fleissig. Jetzt bin

ich sehr gerne in den Bergen.

Hatte seine Bergsportkarriere einen Einfluss

auf die Entscheidung, ob ihr eine Beziehung

eingeht?

Denise Arnold: Ich kannte die Kletterszene

damals schon, da mein Vater bereits

Bergführer war. Er hatte auch immer

so seine Projekte, das hat mir sehr geholfen.

Ich hatte keine Mühe damit, dass auch

Dani wochenweise weg war. Auch in Danis

grosse Projekte bin ich reingewachsen. Er

hat ja klein angefangen.

Bettina Gruber: Natürlich. Wir schätzen

es beide, viel draussen sein zu können,

und diese Leidenschaft ist für mich schon

ein grosser Punkt, der uns verbindet. Klar

überlegt man auch, ob man einen Partner

an seiner Seite haben will, dessen Job ein

gewisses Risiko birgt. Ich habe das als Teil

von Roger akzeptiert und gelernt, damit

umzugehen.

Niki Siegrist: Für mich hat das keine

Rolle gespielt. Ich habe das Bergsteigen nie

als primär gefährlichen oder unnormalen

Beruf gesehen, ich habe gar nicht darüber

nachgedacht. Ich glaube, ich hatte auch ein

sehr grosses Glück damit, wie ich aufgewachsen

bin. Meine Mutter war eine sehr

leidenschaftliche Professorin, ich war eine

Foto: Romano Salis

Zeit lang passionierte

Kayakerin.

Das sind auch keine

normalen 9-to-

5-Jobs.

Wie fühlst du dich,

während er auf Expedition

ist?

Denise Arnold:

Wenn Dani bei Expeditionen

sehr hoch un-

terwegs ist, habe ich mehr

Angst als bei Projekten in den Alpen. Ich

finde diese Höhe so unberechenbar. Er

kann sich zwar sehr gut einschätzen und

ich habe ein sehr grosses Vertrauen. Ich

versuche mich auch nicht in die Gedanken

zu begeben, was alles passieren könnte,

denn für mich ist klar: Er kommt zurück.

Wenn er ein grosses Projekt wegen eines

schlechten Bauchgefühls beendet, dann

gibt mir das viel Sicherheit. Er plant seine

grossen Projekte sehr gut psychisch und

physisch, er kann auch nein sagen und

umkehren, wenn es nicht geht. Das löst in

mir automatisch den Gedanken aus, dass

er wiederkommt. Trotzdem bin ich am

entscheidenden Tag extrem angespannt,

das kann ich nicht leugnen. Der Anruf vom

Gipfel ist immer extrem erleichternd.

Niki Siegrist: Ich habe keine Angst

vor dem Bergsteigen. Ich vertraue Stefs

Denise Arnold

Die 41-jährige Partnerin von Dani Arnold arbeitet als schulische

Heilpädagogin und wohnt im Kanton Uri.

Entscheidungen und seinen Fähigkeiten.

Manchmal bewegt er sich ruhiger und

sicherer in der Bergwelt als im normalen

Alltag. Sorgen mache ich mir, wenn

er anruft und ich an seiner Stimme höre,

dass etwas nicht in Ordnung ist. Dann bekomme

ich schon ein wenig Angst. Diese

Momente sind aber sehr selten. Stef ist

kein Solo-Typ. Er ist fast immer in einer

Gruppe unterwegs. Für mich ist es sehr

wichtig, die anderen Kletterer, ihre Familien

kennenzulernen. Das gibt mir ein

Family-Feeling. Zu sehen, wie sie untereinander

kommunizieren und wie stark

ihre Beziehung ist, nimmt für mich einen

sehr grossen Risiko- und Angstfaktor

weg, auch wenn das mehr emotional als

rational ist. Das ist wie mit den Kindern:

Du willst wissen, mit wem sie unterwegs

sind, um dich sicher damit zu fühlen.

Wie kommuniziert ihr während eines Projektes

oder einer Expedition?

Denise Arnold: Wenn Dani länger

weg ist, machen wir nie ab, wann er genau

anruft. Er sagt einfach, dass er sich

wieder meldet. Oft schreiben wir SMS

übers Satellitentelefon. Wenn es geht,

meldet er sich alle zwei, drei Tage, dass

ich weiss, was läuft. Bei den kleinen Sachen

meldet er sich jeden Tag und ich bin

auf dem Laufenden.

Bettina Gruber: Wir kommunizieren

hauptsächlich über ein InReach-Gerät.

Roger meldet sich sehr viel und sagt mir,

was Sache ist. Er brieft mich gut, damit

ich weiss, ob und wie er erreichbar ist.

Das entspannt mich. Vor Ort in einem

Basecamp zu warten, würde mich sicher

mehr nervös machen. Dann würde ich sehen,

wie das Wetter ist, wie die Verhältnisse

sind. Im Alltag ist man dagegen auch in

seiner eigenen Welt. Aber natürlich würde

mir unwohl, wenn ich ein paar Tage gar

nichts mehr hören würde. Ich habe auch

die Nummern der Leute und ihrer Partner,

mit denen er am Berg ist, und weiss, mit

wem er unterwegs ist. Das hilft.

Niki Siegrist: Normalerweise hat Stef

immer ein Satellitentelefon dabei. Manchmal

gibt es die Momente, an denen ich

weiss, dass er sich nicht regelmässig meldet.

Er gibt mir immer ein ungefähres Zeitfenster,

wann er sich meldet, oder wann

sich jemand vom Base Camp meldet. Für

mich ist das wichtig.

Setzt du dich damit auseinander, dass er

nicht mehr wiederkommen könnte?

Denise Arnold: Vor allem während

der Vorbereitung ist oft Angst da, aber ich

lasse den Gedanken dann bewusst wieder

los. Sonst finde ich aus diesem Rad nicht

42

43



Gipfeltreffen Profi-Partnerinnen im Gespräch

mehr raus. So kann ich ihn auch unterstützen.

Manchmal merke ich, dass es ihm zu

viel wird, wenn ich ihn darauf anspreche.

Das sind dann Momente, wo ich merke,

jetzt ist er sehr fokussiert. Ich nehme mich

dann zurück und warte ab.

Bettina Gruber: Ich arbeite als Ärztin,

unter anderem auch als Notärztin,

und erlebe viele Situationen, in welchen

Personen umkommen oder Unfälle haben.

Dadurch habe ich wahrscheinlich einen anderen

Blick auf das Ganze. Für mich kann

das jederzeit im Leben passieren. Klar, bei

Extrembergsteigern ist das Risiko exponentiell

höher als bei jemandem im Büro.

Aber auch beim Autofahren gibt es Unfälle.

Ich denke mir nie, «das ist vielleicht

der letzte Moment», wenn er aufbricht. Es

kann immer der letzte Moment sein, man

ist nie vorbereitet. Ich bin ein Mensch, der

im Moment lebt und sich nicht die Gedanken

macht, «was ist, falls». Sonst kreise

ich um Situationen, von denen ich gar nicht

weiss, ob sie eintreffen.

Niki Siegrist: Mir ist bewusst, dass

er nicht zurückkommen könnte. Aber das

macht mir keine Angst. Ich bin mir sehr

bewusst, dass er sterben könnte, aber ich

bin mir auch bewusst, dass es jederzeit in

einem anderen Kontext passieren könnte.

Ich bin sehr beruhigt, durch die Beziehung,

welche Stef zu den Bergen hat. Es ist viel

natürlicher für ihn, dass er dort oben ist.

Ich hätte mehr Angst, dass er irgendwo

ausgeraubt wird oder so.

Wie viel Zeit im Jahr ist er effektiv zu Hause?

Denise Arnold: Die Dauer ist von Jahr

zu Jahr unterschiedlich. Manchmal ist es

eine längere Expedition pro Jahr und einige

kürzere, manchmal ist es einmal pro

Jahr für zwei Wochen. Seit unsere Tochter

da ist, werden die grossen Expeditionen

über mehrere Monate weniger. Trotzdem

ist er insbesondere über den Sommer

nicht viel zu Hause, denn er lebt ja auch

vom Bergführen und den Vorträgen. Übers

Jahr gesehen ist er manchmal über zwei

bis drei Wochen sehr oft zu Hause und

dann wieder häufig weg.

Bettina Gruber: Ehrlich gesagt bin

ich fast mehr weg. Wir wohnen im Engadin,

aber ich bin viel in Zürich, da ich dort

Teilzeit arbeite. Wenn Roger weg ist, dann

am Stück, meistens um die fünf Wochen

pro Expedition. Insgesamt ist er etwa zwei

Monate im Jahr

unterwegs.

Niki Siegrist:

Als die Kinder klein

waren, war Stef

viel öfter weg. Er ist

ja auch noch Bergführer.

Ich denke,

die Kombination aus Alter, Verantwortung,

Prioritäten und Zeit hat ihn mehr zu Hause

behalten. Er ist jetzt selektiver bezüglich

wann er in die Berge geht. Zwei oder drei

Expeditionen pro Jahr macht er nicht mehr,

nur noch eine.

Wirst du in seine Expeditionsentscheidungen

einbezogen?

Denise Arnold: Natürlich entscheide

ich mit, wenn wir gemeinsam klettern

gehen. Alles darüber hinaus überlasse

ich ihm. Ich bin überzeugt, dass er sich

so entscheidet, dass er wiederkommt.

Ich kann das zu wenig einschätzen, was

für ihn alles möglich ist. Allein wenn wir

zusammen am Seil klettern und ich im

Nachstieg schon voll am Anschlag bin,

macht er das noch solo.

Bettina Gruber: Er bezieht mich sehr

fest ein und meine Meinung ist ihm auch

wichtig. Wir diskutieren viel über seine

Pläne und Expeditionen. Ich merke auch,

wenn er unbedingt etwas will. Mir ist es

wichtig, dass ich weiss, was für ihn Priorität

hat und wie ich ihn dabei unterstützen

kann. Natürlich diskutieren wir manchmal,

was möglich ist und was nicht – wir können

da wirklich offen darüber reden, er

Bettina Gruber

Die 40-jährige Partnerin von Roger Schäli war als Skilangläuferin für

die Schweiz aktiv. Heute arbeitet sie als Ärztin und wohnt im Engadin.

«Ich habe so etwas

wie ein Urvertrauen

in seine Fähigkeiten

und Entscheidungen.»

Bettina Gruber

teilt mir seine Bedürfnisse mit, und wir

beziehen einander ein bei der Planung.

Natürlich fragt er mich nicht am Berg, was

ich jetzt an seiner Stelle tun würde, das

kann er selber ganz gut entscheiden.

Niki Siegrist: Ich glaube, ich habe einen

grossen Einfluss, ob er etwas macht

oder nicht. Ich habe ihm zwar noch nie gesagt,

dass er nicht gehen soll, aber meiner

Meinung nach würde er definitiv auf mich

hören, wenn ich ihm sagen würde, dass er

eine Expedition nicht durchführen soll. Für

mich wäre es härter, ihn zu Hause zu haben,

obwohl er eigentlich in den Bergen sein will,

als ihn glücklich in den Bergen zu wissen.

Foto: Kaletsch Medien GmbH

Das wäre für die Beziehung viel schwieriger.

Für ihn ist es auch wichtig, ihm zu sagen,

dass ich okay damit bin, wenn er geht.

Bist du an der Organisation seiner Arbeit

beteiligt – Instagram, E-Mails, Sponsoren

– und wie viel Unterstützung bekommt er

von dir?

Denise Arnold: Ich unterstütze ihn, so

gut es geht. Vor allem in der Administration.

Ich telefoniere mit Leuten oder checke

das Wetter ab und helfe logistisch. Unsere

beiden Familien unterstützen uns auch relativ

viel. Vor allem in der Kinderbetreuung.

Ohne das ginge es nicht, da ich auch

berufstätig bin.

Bettina Gruber: Absolut. Er schreibt

mir immer eine Liste, was ich alles machen

soll. Das ist aber auch okay. Wenn Roger

fünf Wochen weg ist, muss natürlich jemand

seine Post machen. Manchmal leitet er mir

auch einfach Dinge weiter, die ich beantworten

soll. Für mich ist es selbstverständlich,

dass ich ihn entlaste, wo es mir möglich ist.

Das ist umgekehrt auch so: Wenn ich viel als

Ärztin unterwegs bin, schaut er zu Hause,

dass der Kühlschrank voll ist. Wir haben

eine sehr flexible Arbeitsteilung. Wahrscheinlich

macht er sogar mehr als ich.

Niki Siegrist: Ich unterstütze Stef

viel. Manchmal ist unser Haus voll mit

Bergsteigern, und ich übernehme einige

organisatorische Aspekte. Vieles organisiert

er auch selber.

Wie sieht die Arbeitsteilung in eurem gemeinsamen

Leben aus? Haushalt, Kindererziehung?

Denise Arnold: Wenn Dani weg ist,

ist es klar, dass alles an mir hängen

bleibt. Wenn er aber da ist, ist er voll da

und entlastet mich. Die organisatorischen

Sachen in der Familie mache aber meistens

ich. Er kocht häufig und macht den

Garten, sofern er Zeit hat. Da ich auch an

drei Tagen arbeite, versuchen wir, die Arbeit

aufzuteilen. Dani hat einen Papi-Tag

mit unserer Tochter.

«Natürlich macht es mich auch

glücklich, wenn ich sehe, wie seine

Augen vor Freude leuchten.»

Roger Schäli in «Le Chant du

Cygne» (7a) in der Eigernordwand

44

45



Gipfeltreffen Profi-Partnerinnen im Gespräch

Niki Siegrist

Die 48-jährige Partnerin von Stephan Siegrist ist Lehrerin

und Anthropologin. Gemeinsam mit zwei Kindern wohnt die

Familie im Berner Oberland.

Bettina Gruber: Wie gesagt, Roger

macht zu Hause wahrscheinlich mehr als

ich. Ich arbeite 100 % mit einem 50-Stunden-Job.

Ja klar, Roger ist auch viel weg,

aber er ist definitiv flexibler als ich.

Musst du deine eigenen Träume aufgeben,

damit euer Leben auf diese Art funktioniert?

Denise Arnold: Er unterstützt mich

sehr viel. Aktuell würde ich gerne eine

Weiterbildung machen, aber wir haben

als Familie entschieden, dass das noch

zu früh ist, weil seine Vorträge gerade

so gut laufen. Ich schiebe es also wegen

der Familiensituation nach hinten. Wenn

ich aber sagen würde, ich will das jetzt

machen, dann würde er bestimmt auch

zurückstehen. Er steht mir beruflich gar

nicht im Weg.

Bettina Gruber: Nein, ich darf meine

Träume trotzdem erfüllen und meiner

Leidenschaft nachgehen. Natürlich ist es

ein Geben und ein Nehmen. Wenn er seine

Träume ausleben darf, dann darf ich

das auch. Ich fühle mich wirklich nicht

eingeschränkt.

Niki Siegrist: Aufgeben ist nicht das

richtige Wort dafür, aber ich musste definitiv

sehr flexibel sein, was für mich

wichtig ist, und klar Prioritäten setzen.

Ich hatte viele Träume und nicht nur einen,

deshalb war das für mich einfacher.

Ich hatte jung Familie, das war ein Glück.

Ich hatte nie das Gefühl, dass ich alle meine

Träume komplett aufgeben musste. Ich

habe mich einfach für diese entschieden,

die mit unserem Lebensstil kompatibel

waren, und das ist für mich gut so.

Würdest du dir eine Beziehung ohne seine

Leidenschaft wünschen?

Denise Arnold: Es ist ein grosser Teil

von unserem Leben und war es schon immer.

Es ist okay für mich, und wir verbringen

in den Bergen auch so viele schöne

Zeiten zusammen.

Bettina Gruber: Wir dürfen die Leidenschaft

zum Glück teilen. Leidenschaft

ist für mich in einer Beziehung zentral,

«Stefs Plan ist es, den

Plan zu ändern. Die

Agenda ist egal. Das

ist eine Situation,

in der ich aufblühe.»

Niki Siegrist

egal, für was. Ich gönne ihm seine Touren

und die Zeit in den Bergen von Herzen.

Ich hoffe, dass andere Beziehungen einander

auch die Freiheit lassen, ihre Träume

erfüllen zu dürfen.

Niki Siegrist: Leidenschaft gibt es

nicht nur im Sport. Meiner Meinung nach

ist da der Unterschied nicht so gross, ob

du Banker bist oder Bergsteiger. Da ist

dieser Wille, dir selbst etwas zu beweisen.

Dieses Leben habe ich mir ausgesucht,

und es ist gut so. Ich glaube nicht, dass ich

mir jemanden aussuchen könnte, welcher

nicht leidenschaftlich ist.

Was sind deine Bewältigungsstrategien

deiner Ängste um deinen Mann?

Denise Arnold: Ich gehe gerne in

die Berge, gehe arbeiten oder unternehme

etwas mit unserer Tochter. Das lenkt

mich ab, um nicht die ganze Zeit daran zu

denken, was alles passieren könnte. Ich

rede auch gerne mit meinen Eltern über

alles, die immer Bescheid wissen, wie die

Projekte ablaufen. Seine Eltern weihen

wir detaillierter meist erst nachher ein.

Bettina Gruber: Ich hatte noch nie

die Situation, dass ich richtig Schiss hatte.

Ich weiss, dass die Jungs manchmal

länger unterwegs sind und dass ich oft

nichts höre. Es bringt nichts, Angst zu

haben. Ich funktioniere gut unter Stress.

Das hilft mir. Wenn es mir aber echt mal

nicht gut geht mit der Situation, würde ich

eine Freundin anrufen.

Niki Siegrist: Ich schreibe viel und

denke daran, geduldig zu sein und mir

nicht zu viele Gedanken zu machen.

Fotos: Frank Kretschmann, Thomas Huber

Hat sich seine Risikobereitschaft verringert,

als ihr Kinder bekommen habt? Hat

sich deine Angst verstärkt?

Denise Arnold: Seit unsere Tochter

auf der Welt ist, ist die Angst deutlich grösser.

Andererseits ist auch Danis Risikobereitschaft

gesunken. Er nimmt noch mehr

Rücksicht und überlegt sich noch viel genauer,

ob er ein Projekt angeht oder nicht.

Bettina Gruber: Für uns ist seine

Bergkarriere kein Grund, keine Kinder zu

haben. Wir haben abgemacht, dass wir

uns beide so weit anpassen, dass es geht.

Wenn Kinder dann mal da sein sollten,

muss sich das Risikomanagement definitiv

nochmal ändern. Dann tragen wir Verantwortung

für Menschen, die nicht für sich

selbst einstehen und damit einverstanden

sein können. Das heisst nicht, dass man

nicht auf Expedition gehen kann, aber es

muss auf jeden Fall diskutiert werden.

Niki Siegrist: Seit die Kinder da sind,

habe ich nicht mehr Angst um ihn, aber

der Respekt ist grösser geworden, weil

er mehr Arbeit hinterlassen wird. Mir war

wichtig, dass der ganze Papierkram in

Ordnung ist. Ich wollte abgesichert sein,

falls ihm etwas passieren sollte. Wir haben

früh ein Testament gemacht.

Gibt es einen Notfallplan im Falle seines

Todes?

Niki Siegrist: Ja, das war für mich etwas

vom Wichtigsten.

Bettina Gruber: Natürlich, das ist für

mich ein Muss.

Wie wirkt sich die Bergsportkarriere deines

Mannes positiv auf dich und eure Beziehung

aus?

Denise Arnold: Positiv sind natürlich die

gemeinsamen Tourenerlebnisse. Ich konnte

in den Bergen sehr viel von Dani lernen. Das

Vertrauen zwischen uns stärkt unsere Beziehung

extrem. Ich wusste von Anfang an, dass

er für mich da ist, und eine Bindung am Berg

ist nicht so leicht zu brechen. Seine Ruhe in

Extremsituationen stärkt mich persönlich

auch sehr, ich bin viel weniger ängstlich in

vielen alltäglichen Dingen.

Bettina Gruber: Roger hat mir viele

Türen geöffnet. Für mich ist das auch ein

Privileg, dass er auch mit mir Bergtouren

macht. Wir waren zum Beispiel zusammen

in Patagonien, das ist ja auch nicht selbstverständlich.

Er zeigt mir seine Welt, und

das geniesse ich. Natürlich macht es mich

auch glücklich, wenn ich sehe, wie seine

Augen vor Freude leuchten. Er weiss auch,

dass er privilegiert ist und teilt es gerne

mit mir. Diese Leidenschaft, die er hat, ist

für mich auch eine grosse Inspiration.

Niki Siegrist: Ich liebe die Flexibilität.

Egal, ob auf Reisen oder beim Wetter: Stefs

Plan ist es, den Plan zu ändern. Die Agenda

ist egal. Das ist eine Situation, in der ich

aufblühe. Ich mag es, so zu leben und Struktur

in meinem Chaos zu haben. Ich wachse

täglich daran. Ich bin mir bewusst, dass es

ein Riesenprivileg ist, ein Teil von seinem

Leben und seiner Einstellung zu sein. Dieser

Lifestyle, den wir gewählt haben, hat mir geholfen,

durch die schwierigen Zeiten zu navigieren.

Auch unsere Kinder haben davon

profitiert. Es ist wirklich nie langweilig.

«Ich bin mir bewusst, dass es

ein Riesenprivileg ist, ein Teil

von seinem Leben und seiner

Einstellung zu sein.»

Stephan Siegrist auf Expedition;

Erstbegehung im Indischen

Himalaya

46

47



Ausstieg

«Von mir aus

könnten wir jedes

Jahr fliegen.»

Am 15. Juni tritt Bächli-Athlet Chrigel Maurer an,

um seinen Titel beim Red Bull X-Alps zu verteidigen

48

Interview Thomas Ebert

Hast du geplant, beim X-Alps immer

anzutreten, solange du Titelverteidiger

bist?

Wettkämpfe zu gewinnen ist immer

ein Ziel. Nach acht Titeln geht es

mir aber auch darum, erneut Bestleistung

bringen zu können. Ich versuche

immer noch, etwas fitter und robuster

anzutreten als beim letzten Mal. Klar,

wenn der Körper nicht mehr mitmacht,

müsste ich natürlich aufhören.

Aber ich mache es einfach sehr gern.

Ich würde gern öfter das X-Alps machen,

von mir aus gerne jedes Jahr!

Wie lange brütest du nach dem Erscheinen

der X-Alps-Strecke über

der Karte?

Die Alpen kenne ich mittlerweile

recht gut. Ich sehe schnell, wo

man effizient vorwärtskommt oder

wo es schwierig sein könnte. Viel

Arbeit stecke ich in die Turnpoints.

Wir planen sehr genau den Weg vom

Signboard zum nächsten Startplatz

– und zwar bei verschiedenen Tageszeiten

und Verhältnissen. Das ist die

Hauptarbeit bis zum Rennen, dass

ich für jeden Turnpoint den nächsten

Startplatz in der Schublade habe, die

gpx schon rechne, und eine genaue

Idee habe, wie ich weiterkomme.

Du hast im Vorjahr mit Peter von

Känel alle Alpenviertausender

bestiegen – nur zu Fuss und mit

dem Gleitschirm. Die perfekte Vorbereitung

fürs X-Alps?

Beim X-Alps ist das Motto: Wie

schnell kann ich gehen, sodass es

noch sicher ist? Und beim X-Peaks

war es wichtig, dass es sicher ist,

egal, wie langsam wir sind. Bei den

ausgesetzten Grattouren bin ich

bergsteigerisch nochmal neu ans

Limit gekommen. Aber ein paar Erkenntnisse

habe ich schon mitgenommen

– etwa das richtige Tempo

bei sehr langen Touren ohne Essen

und Trinken. Und eine sehr gute

Kombination aus Seidensocken mit

Wandersocken.

Dir ist Souveränität und Sorgfalt

sehr wichtig, andererseits gehörst

du zu den Piloten, die jederzeit einen

spontanen «Move» auspacken

können. Wie bringt man Souveränität

und Spontaneität zusammen?

Spontan sein heisst für mich,

dass man vom Plan abweichen

kann. Und souverän heisst, dass

diese Entscheide gut und nachhaltig

sind. Ich versuche immer, einen

Plan B zu haben.

Wird Maurer seinen 9. Titel in Serie beim X-Alps holen?

Folgen Sie ihm ab 15. Juni im Livetracker

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