WIR mittendrin - 1/2025
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1|2025
DIE ZEITUNG VON MENSCHEN
MIT UND OHNE BEHINDERUNGEN
Singer-Songwriter
Peter Pux persönlich:
Mehr Einblicke
auf Seite 3.
Erwachsenwerden
ist nicht leicht
Unser Leben ist von mehreren
größeren persönlichen
Umbruchphasen gekennzeichnet.
Eine solche Phase
ist das Erwachsenwerden.
Die Adoleszenz. Um dieses
Thema dreht sich der
Schwerpunkt der aktuellen
„wir mittendrin“.
Das „Coming-of-Age“ ist für
so manchen Jugendlichen wie
eine Achterbahnfahrt, die gefühlt
endlos sein kann: geprägt
von Verunsicherung auf
Grund der körperlichen Veränderungen
und der neuen
Gefühls- und Gedankenwelt.
Junge Menschen mit Behinderungen
müssen in dieser Lebensphase
wegen ihrer oft
verzögerten kognitiven und
emotionalen Entwicklung
besondere Hürden überwinden,
um ihren Platz und ihre
Identität als Erwachsene im
Leben zu finden. Sind diese
genommen, bestätigen aber
viele von ihnen, Erwachsensein
fühlt sich gut an.
Unter anderem beschreibt der
bekannte Singer-Songwriter
Peter Pux im Schwerpunkt,
wie er das Erwachsenwerden
– als Bruder einer Schwester
mit Behinderung – empfunden
hat. Die Phase ist für ihn eng
damit verbunden, zu lernen
Verantwortung zu übernehmen.
Lesen Sie mehr von ihm
auf Seite 3. Im Schwerpunkt
beschreiben Fachkräfte auch
die Herausforderungen von
jungen Menschen mit Behinderungen
beim Erwachsenwerden.
Eine Autorin hält
Rückschau auf ihre belastete
Kindheit. Andere schildern,
was sie am Erwachsensein
genießen. Leser und Leserinnen
erfahren außerdem, wie
man als Mensch – auch mit
Einschränkungen – behandelt
werden möchte. Nämlich mit
Respekt. Eltern und ihr Sohn
mit Downsyndrom schildern
aus der jeweiligen Perspektive,
wie sie die Abnabelung des
jungen Mannes empfanden.
Überdies skizzieren verschiedene
Träger der Behindertenhilfe
im Raum Bodensee-
Oberschwaben, wie sie junge
Menschen beim Erwachsenwerden
begleiten. Lassen Sie
sich ab Seite 10 auch von weiteren
Themen inspirieren.
Text: Anne Oschwald
INKLUSION
Hoffentlich wird
das Konzert gut
Johannes Egdorf begleitet
als Pianist Chor und Combo.
Lampenfieber inbegriffen. 10
FREIZEIT
Eine der
besten Aufgaben
Ingrun Mathauer legt regelmäßig
Musik bei der Disco auf.
Sie liebt den Job als DJane. 10
MOBILITÄT
Fahrdienste
sichern Teilhabe
Mobilität bedeutet ein selbstbestimmtes
Leben. Fahrdienste
helfen Irmgard Weiland. 11
2 1 | 2025
Christoph Koschek
(rechts) weiß, wie
wichtig stabile
Beziehungen sind, um
die Turbulenzen des
Erwachsenwerdens
gut zu überstehen.
SCHWERPUNKT: ERWACHSENWERDEN
Wirklich erwachsen?
Fast jeder junge Mensch kann
es kaum erwarten: endlich 18,
endlich erwachsen. Auch die
von uns betreuten jungen Menschen
sehnen sich diesen Tag
herbei. Sie alle haben Träume,
Vorstellungen und Wünsche,
die sie nun in die Tat umsetzen
möchten.
Menschen mit einer kognitiven
Einschränkung jedoch sind beim
Überblicken, Bewerten und Einschätzen
von Situationen oft auf
fremde Hilfe angewiesen. Unabhängig
davon stärkt das Bundesteilhabegesetz
die Rechte
von Menschen mit Behinderungen.
Es gewährt dem jungen
Menschen ein hohes Maß an
Mitsprache und Mitwirkung bei
der Verfolgung seiner Ziele und
Vorstellungen. Zur Unterstützung
gibt es eine gesetzliche
Betreuungsperson, die diesen in
allen rechtlichen und formalen
Fragen vertritt. Für Menschen
in besonderen Wohnformen ist
das erste große Abenteuer der
Volljährigkeit der Umzug aus
Fachzentrum Hegenberg
dem Kinder- und Jugendbereich
in eine Wohngemeinschaft für
Erwachsene. Er muss sich auf
eine neue Umgebung, neue
Menschen, neue Abläufe einstellen.
Zeitgleich endet für die
meisten die Zeit als Schüler
oder Schülerin. Sie treten ein in
die Welt der Arbeit, werden also
ein produktiver Teil der Gesellschaft.
Das Alter zwischen 18 und etwa
Ende 20 ist oft eine Zeit der Unruhe,
des Umbruchs und
manchmal auch des Scheiterns.
Im Fachzentrum Hegenberg
der Stiftung Liebenau finden
Kinder und Jugendliche mit
Beeinträchtigungen bis zu ihrem
18. Lebensjahr ein Zuhause.
Anschließend wechseln
sie in den Erwachsenenbereich.
In differenzierten
Wohngruppen mit bis zu acht
Kindern werden sie begleitet
und besuchen das ortsansässige
Sonderpädagogische
Bildungs- und Beratungszentrum.
Neben der Alltagsstruktur
mit zahlreichen Angeboten
in den Bereichen Sport, Musik
und Kreativität wird das soziale
Lernen durch Gruppenangebote
unterstützt. In Hauskonferenzen
beteiligen sich
die jungen Menschen an der
Gestaltung des Miteinanders.
Aber auch des Ausprobierens
und des Erfolgs. Um die Phase
der Adoleszenz erfolgreich bestehen
zu können, sind Halt und
gute soziale Bindungen essenziell.
Im Alltag braucht es die
Waage zwischen Freiraum und
Einbinden in Strukturen, die Akzeptanz
von Werten und Normen,
damit ein größtmögliches
Maß an Selbstverantwortung
und Selbstständigkeit erreicht
werden kann.
Besonders gefordert wird die
Beziehung zwischen Klienten
und Mitarbeitenden in Krisen,
etwa durch traumatische Erlebnisse,
psychische Erkrankungen
oder den Missbrauch von Alkohol
und Drogen. Auch durch
Medienkonsum können junge
Menschen aus dem Gleichgewicht
geraten. Hier sind Empathie,
ein langer Atem und hohe
Fachlichkeit gefordert. Am Ende
geht es immer um Identitätsfindung
und die Suche nach einem
Platz in der Gesellschaft.
Erwachsenwerden vollzieht sich
also nicht ab einem bestimmten
Datum. Es ist ein langer Weg,
der für Menschen mit einer
geistigen Behinderung mit besonderen
Hindernissen versehen
sein kann. Um ihn herum
aber gibt es Unterstützer, die
ihm zur Seite stehen, ihn notfalls
auch aufrichten und ihn auf
seinem Weg begleiten.
Text: Christoph Koschek,
Einrichtungsleiter am
Fachzentrum Hegenberg der
Stiftung Liebenau
Foto: Stiftung Liebenau
1 | 2025 3
SCHWERPUNKT: ERWACHSENWERDEN
Einfach mal ausprobieren
Der bekannte oberschwäbische
Singer-Songwriter Peter
Pux hat eine Schwester mit einer
komplexen Behinderung.
Wie wurde er als Geschwisterkind
erwachsen?
Auf die oft gestellte Frage, ob
ich meine Kindheit als belastend
empfunden habe oder ob
ich viel zurückstecken musste,
weil meine Schwester eine
komplexe Behinderung hat, gibt
es für mich nur eine Antwort:
Nein! Im Gegenteil – meine Familie
war und ist wie ein schützendes
Bollwerk. Ängste, Sorgen
oder Anstrengungen meiner
Eltern habe ich als Kind und Jugendlicher
nur selten gespürt
oder wahrgenommen. Vielleicht
haben sie mir deshalb nur wenige
Grenzen gesetzt, mich immer
erst einmal ausprobieren
lassen und mich in meinem
lang verfolgten Traum, Musiker
zu sein, von Anfang an unterstützt.
Sie wollten mir nie das
Gefühl geben, zu kurz zu kommen.
Vielmehr haben mich ihre Liebe
und ihr Rückhalt zu dem Menschen
gemacht, der ich heute
bin. Fremdsein nicht als Problem,
sondern als Chance und
grundlegenden Teil des
Menschseins zu begreifen – aus
dem eine Verantwortung
gegenüber jedem Einzelnen erwächst
– ist eine Grundhaltung,
die mir schon in meiner Kindheit
vermittelt wurde. Die erstaunten,
bemitleidenden oder gaffenden
Blicke, wenn wir als Familie
mit meiner Schwester im
Rollstuhl durch die oberschwäbischen
Kleinstädte spazierten,
fielen uns immer auf. Meine Eltern
begegneten ihnen mit Humor
und Verständnis – und
wenn uns besonders erstaunte
Gesichter mit offenem Mund anstarrten,
winkten wir einfach
besonders freundlich zurück.
Wenn ich an meine Kindheit
denke, erinnere ich mich vor allem
an fantastische Familienurlaube
mit dem Wohnwagen in
Südfrankreich, an heiße Sommerabende,
in denen alle Kinder
aus meiner Straße gemeinsam
Dunkelverstecken spielten,
und an das überwältigende Gefühl
unerschöpflicher Liebe, das
meine Eltern meiner Schwester
und mir entgegenbrachten.
Antworten auf Verantwortung
Verantwortung bedeutete für
mich immer, nicht in der letzten
Reihe zu stehen, sondern einen
Schritt nach vorne zu machen.
Ob als Klassensprecher in der
Schule, als Dekanatsvorstand in
der Landjugend oder später als
Bandleader und Erzieher mit
Infos
Peter Pux ist der Frontmann
und Sänger der
gleichnamigen Band. Die
Liedtexte aus seiner Feder
sind emotional, manchmal
melancholisch und erreichen
die Herzen der Fans.
Die vier Musiker aus Oberschwaben
nennen ihr Genre
„Deutscher Akustik
Pop“. Mit Fokus auf den Lyrics.
Groove inbegriffen.
Lehrtätigkeit an der Don-Bosco-Schule
der Stiftung Liebenau
– ich habe stets versucht, Antworten
zu geben, indem ich Verantwortung
übernahm. Dabei
war mir der Austausch mit anderen
immer essenziell. Vielleicht
hat mich die Rolle als Geschwisterkind
einer Schwester
mit komplexer Behinderung –
eine Rolle, die ich mir nicht
selbst ausgesucht habe – später
immer wieder dazu gebracht,
mir bewusst neue „Sonderrollen“
zu suchen. Jahrelang lautete
mein Lebensmotto: Hauptsache
nicht normal. Dass vor
allem meine Lehrerinnen und
Lehrer damit nicht sonderlich
gut umgehen konnten, meine
Eltern regelmäßig zu Gesprächen
antreten mussten und
schließlich ein Schulwechsel
unvermeidbar wurde, waren die
Schattenseiten meiner explorativen
Jugend.
Meine Frau, die seit fast 14 Jahren
unerschütterlich an meiner
Seite steht, hat all meine Höhen
und Tiefen mitgetragen – vom
rebellischen Jugendhaus-Punkrocker
über den Douala-Raver
bis hin zum Popsänger mit eigenem
Charterfolg und bundesweiten
Tourneen. Sie war da, als
ich mich entschied, mit 27 noch
einmal neu anzufangen und ein
Vollzeitstudium an der PH Ludwigsburg
zu beginnen. Ohne sie
als meinen sicheren Hafen wäre
ich vielleicht bis heute auf der
Suche nach meinem Platz und
meiner Rolle.
Angekommen
Heute, mit 33 Jahren, bin ich
angekommen. Ich stehe (endlich)
kurz vor dem Abschluss
meines Masterstudiengangs für
Sonderpädagogik, lebe wieder
in meinem Heimatort und versuche
jeden Tag, statt auf großen
Konzertbühnen, authentisch
auf der kleinen Bühne meiner
Tochter zu stehen und ihr all die
Liebe zu schenken, die ich
selbst erfahren durfte.
Text: Peter Pux
Fotos: privat
Singer-Songwriter
Peter Pux wuchs
mit einer Schwester
mit komplexer
Behinderung auf.
Belastend war das
für ihn nie.
4 1 | 2025
SCHWERPUNKT: ERWACHSENWERDEN
Selbst die Kontrolle haben
Christina Groß ist 38 Jahre alt
und lebt in einer Wohngemeinschaft
in Ravensburg. Sie
schildert, was ihr am Erwachsensein
gefällt.
Ich bin schon seit über 20 Jahren
erwachsen. Dieses Jahr
werde ich 39 Jahre alt. An meinen
achtzehnten Geburtstag
kann ich mich noch gut erinnern.
Mit 18 ist man erwachsen.
Mir gefällt am Erwachsensein
das Arbeiten. Die Arbeit von mir
ist außerhalb der Stiftung Liebenau.
Ich arbeite im Ravensburger
Spieleverlag in Ravensburg.
Meine Arbeitskollegen
und Arbeitskolleginnen sind
ebenfalls erwachsen und uns
macht die Arbeit Spaß.
Ich komme aus Ulm, das ist
meine Heimat. Dort habe ich,
als ich noch klein war, mit meinen
Eltern gewohnt. Da ich
aber erwachsen bin, wohne ich
nicht mehr bei meiner Mutter.
Seit einigen Jahren wohne ich
Christina Groß erinnert sich noch sehr gut an ihren 18. Geburtstag.
Den Tag, an dem man offiziell volljährig und – fast – erwachsen ist.
in Ravensburg in einer WG mit
drei anderen erwachsenen
Frauen. Von zuhause ausziehen
gehört auch zum Erwachsensein.
Meine Mutter gehe ich oft
besuchen.
Besonders gefällt mir, dass wir
eigenständig einkaufen gehen.
Wir können kochen, worauf wir
Lust haben. Die Freizeit gestalten
wir auch selbst. Am Donnerstag
gehe ich selbstständig
zur Bank und hole mein Taschengeld
und meine Kontoauszüge.
In meinem Zimmer
sammle ich meine Kassenzettel
und mein Taschengeld in
einer Kasse.
Mitentscheiden ist wichtig
Bei den letzten Bundestagswahlen
in Deutschland habe ich
gewählt. Das sollte jeder erwachsene
Mensch machen,
denn das ist sehr wichtig. Wählen
kann jeder Mensch, wenn er
18 Jahre alt ist. Ich wähle
schon seitdem ich alt genug
dafür bin. Meine erste Wahl war
2005. Ich werde auch immer
wählen gehen, da ich es sehr
wichtig finde, meine Stimme
abzugeben und in der Politik
mitzuentscheiden.
Heute habe ich meine Gefühle
besser unter Kontrolle und
rege mich nicht mehr so viel
auf, wie früher als Teenager.
Ich habe keine solchen Stimmungsschwankungen
mehr.
Es ist schön, sich innerlich jung
zu fühlen und ab und zu noch
das innere Kind rauszulassen.
Foto: privat
SCHWERPUNKT: ERWACHSENWERDEN
...denn brüllen bringt überhaupt nichts
David Blum findet, dass man
als Erwachsener schwierige
Situationen leichter und nicht selten
ohne Unterstützung meistern kann.
Schwierige Situationen lassen
sich nicht immer vermeiden.
Manchmal lernt man mit zunehmendem
Alter, besser damit
umzugehen. Auch durch
gestiegenes Selbstbewusstsein.
David Blum, begleitet von
den Ambulanten Diensten der
Stiftung Liebenau, schreibt
über seine Erfahrungen.
Stresssituationen kennt jeder,
egal ob privat oder bei der Arbeit.
Überall können sie auftreten.
Das Problem ist bei einer
Stresssituation, dass man sie
auch klären muss und das ist
nicht immer so einfach, vor allem
als Kind. Man ist schnell
überfordert und braucht von Erwachsenen
Unterstützung, die
Kinder in den meisten Fällen
auch bekommen. Doch im Laufe
der Zeit wird man selbst erwachsen
und muss schauen,
wie man alleine klarkommt.
Ohne Unterstützung ist alles etwas
schwerer, macht jedoch
auch selbstständig und stark.
Die Vorteile vom Erwachsensein
sind, dass man weniger Unterstützung
braucht, sondern sich
selbst zur Wehr setzen kann.
Wir werden oft im Alltag mit
Stresssituationen konfrontiert,
sei es mit dem Nachbarn, der
seinen Pudel überall hinmachen
lässt. Oder mit der Freundin, die
mal wieder ein halbes Vermögen
für Schminkzeug braucht.
Solche Situationen muss man
jedoch klären. Es sollte ruhig
ablaufen, denn brüllen bringt
nichts und wenn derjenige nicht
mit sich reden lässt, ist es vielleicht
besser, wenn man ihn stehen
lässt. Ich habe die Erfahrung
auch schon gemacht und
es hat manchmal echt nichts
gebracht. Entweder lernt man
das durch eigene Erfahrung
oder mit der Hilfe von anderen
Menschen mit mehr Erfahrung,
zum Beispiel Personen aus der
eigenen Familie oder Betreuer
und Betreuerinnen.
Stresssituationen können ungeklärt
auch psychisch belastend
sein und man tut sich nichts Gutes.
Deshalb ist es gut, wenn
man ein klärendes Gespräch
sucht oder jemanden sucht, mit
dem man über die Situation reden
kann.
Foto: privat
1 | 2025 5
SCHWERPUNKT: ERWACHSENWERDEN
Nie wieder Tomatenfisch aus der Dose
Die Jugend von Esther Zipfl ist
geprägt von wenig Fürsprache
bis hin zu Gewalterfahrugen.
Heute im Erwachsenenenalter
geht es ihr besser.
Ich bin am 13. April 1975 geboren.
Meine Familie lebte in der
Nähe von Stuttgart. Meine Familie
setzte sich aus acht Personen
zusammen: die Eltern,
drei Söhne und drei Töchter.
Meine Mutter und mein Vater
waren selten für uns da, weil
beide arbeiten gingen. Meine
Brüder waren älter und sind
sehr früh von zu Hause weg. Ich
hatte schon als Kind immer
wieder epileptische Anfälle.
Meine Schwestern waren auch
krank. Wir Mädchen kamen alle
in ein Heim.
Unsere Familienverhältnisse
waren schon immer schwierig
gewesen. Ich erinnere mich
nicht an viel aus meinem Familienleben,
da ich bereits mit
sechs Jahren wegen meiner
Krankheit in ein Heim bei Kirchhein/Teck
gekommen bin. Zwei
Erinnerungen haben sich mir
aber eingeprägt: Ich musste oft
Tomatenfisch aus der Dose essen,
wonach ich immer wieder
spucken musste. Das war ganz
furchtbar für mich. Auch erinnere
ich mich an ein Unglück,
als mir ein Heizkörper auf den
Fuß gefallen ist. Ich hatte
furchtbare Schmerzen und habe
geblutet. Meine Wunde wurde
genäht. Danach musste ich wochenlang
einen Gips tragen.
Fürsprache fehlte
In dem Heim, in das ich gekommen
bin, war es schlimm. Ich
hatte schon als junges Mädchen
Bilder von Elvis gesammelt, weil
ich ihn so toll fand. Diese Bilder
hat eine Erzieherin aber verbrannt,
um mich zu bestrafen
und zu schikanieren. Manchmal
hat sie mich auch noch geschlagen.
In diesem Heim wurde ich
das erste Mal von einem Jungen,
der auch dort lebte,
vergewaltigt. Als ich aber die
Vergewaltigung gemeldet habe,
wurde ich von den Erziehern geschlagen
und nichts ist unternommen
worden. Die Vergewaltigungen
haben sich wiederholt,
bis ich das Heim verlassen
konnte.
Etliche Wohnorte
Als Jugendliche kam ich in die
Betreuung nach Hegenberg und
später nach Rosenharz. Dort
war es etwas besser für mich,
aber die Nächte waren nicht gut,
da ich oft Albträume hatte, und
es keine Nachtwache gab, sodass
ich mit meinen Ängsten alleine
war. Meine Eltern haben
mich immer wieder in Hegenberg
besucht.
1993 ist mein Vater an einem
Herzinfarkt gestorben. Mama
und meine Schwester haben
mich ab und zu noch besucht.
Einige Zeit war ich bei Pflegeeltern
in Berg bei Ravensburg.
Diese haben mich aber auch geschlagen
und mit wüsten
Schimpfwörtern beleidigt. In
Berg hatte ich meinen ersten
Freund, der Stefan hieß.
2003 kam ich mit 28 Jahren
nach Liebenau, wo ich bis heute
lebe. Dort lernte ich zunächst
Andreas kennen, mit dem ich
eine Beziehung begann. Er hat
mich aber ausgenutzt und bald
betrogen, sodass ich die Beziehung
beendet habe.
Später habe ich meinen Freund
Jürgen kennengelernt, mit dem
ich 20 Jahre zusammen war.
Das war eine gute Zeit. Leider
ist meine Mutter 2014 an Knochenkrebs
verstorben. Sie fehlt
mir bis heute sehr. Mein Freund
Jürgen ist vor zwei Jahren an
einem Schlaganfall gestorben.
Ich muss oft an ihn denken und
bin dann sehr traurig. Ich möchte
keinen Freund mehr.
Ich bin mit meinen Freundinnen
im Haus St. Josef in Liebenau
zufrieden.
Foto: Felix Kästle
Esther Zipfl hat in ihrer Kindheit schlimme Erfahrungen gemacht.
Heute geht es ihr besser.
Beratungsstellen
für Jugendliche
Wer sich als junger Mensch
alleingelassen fühlt, kann
sich an unabhängige Beratungsstellen
wenden. Sie helfen
im geschütztem Rahmen
weiter bei Krisen:
Caritas Bodensee-
Oberschwaben
Jugendliche können sich an
die Beratungsstelle wenden
unter anderem zum Thema
Erwachsenwerden, bei Problemen
in der Familie, Konflikten
in Schule oder Job, aber
auch bei Krisen, Gewalterfahrungen
und Fragen nach dem
Sinn des Lebens. Die Gespräche
sind vertraulich.
www.caritas-bodenseeoberschwaben.de/
hilfeundberatung/kinderjugendfamilie-underziehung/jugendberatung/
jugendberatung
Brennessel e. V. –
Hilfe gegen
sexuellen Missbrauch
Der gemeinnützige Verein
bietet Fachberatung bei
sexualisierter Gewalt in Kindheit
und Jugend.
Betroffene können sich an die
Stelle wenden, aber auch
Personen, die betroffene Kinder
und Jugendliche unterstützen
wollen. Anlaufstellen
sind in Ravensburg und Biberach.
www.brennessel-ravensburg.
de/wordpress
Frauen und Kinder
in Not e. V. – Hilfe bei
Gewalt und Krisen
Die Beratungsstelle für Frauen,
die Gewalt erfahren haben,
bietet einen geschützten
Ort für ein vertrauliche Gespräche.
Unterstützung finden
Frauen nach seelischer,
körperlicher Gewalt, nach sexueller
Belästigung, sexueller
Nötigung, Vergewaltigung,
nach sexuellem Missbrauch
in der Kindheit und in Krisen
wie etwa Trennung zur Erstabklärung/Weitervermittlung.
Beratungsstellen gibt es in
Ravensburg und Wangen im
Allgäu.
www.frauen-und-kinder-innot.de/beratungsstelle
6 1 | 2025
SCHWERPUNKT:
ERWACHSENWERDEN
Respekt bitte
Was versteht
man unter Respekt?
Respekt äußert sich durch
verschiedene Verhaltensweisen:
• Achtung, Höflichkeit und
Anerkennung
• Toleranz gegenüber
anderen Ansichten
Wie zeigt man
einer Person Respekt?
• Einen anderen Menschen
zu achten. Es spielt keine
Rolle, ob es der Chef ist,
Freunde oder Eltern –
eigentlich all meine
Mitmenschen.
• Höflich sein
• Genau zuhören
• Aussprechen lassen
• Pausen gönnen
• Auf Gestik und Mimik
achten
• Gefühle erkennen und
akzeptieren
• Sich in die Gesprächspartner
hineinversetzen
Wo fängt Respekt an?
Respekt fängt
bei uns selbst an.
Text: Julia Francovich, lebt in
einer gemeindeintegrierten
Wohnung der Stiftung
Liebenau und wird von
Fachkräften begleitet.
Sie arbeitet in der Teilhabe
Werkstatt in Liebenau
Foto: stock.adobe.com
(Jade Maas)
SCHWERPUNKT: ERWACHSENWERDEN
Plötzlich fehlt der Mittelpunkt
Doris und Paul Michel, Eltern
von Maxim, schildern ihre
Gefühle, als ihr Sohn mit
Down-syndrom in eine eigene
Wohnung zieht.
Die Nachricht kam ganz überraschend.
Wir hatten uns zwar
schon länger damit befasst,
aber jetzt zog es uns die Füße
weg. Unser Sohn Maxim hat einen
Platz in einer WG bekommen.
Genau da wollte er doch
unbedingt einziehen. Maxim hat
das Downsyndrom und wird in
diesem Jahr 30 Jahre alt. Es ist
an der Zeit, sein Kinderzimmer
zu verlassen. Die Gefühle fahren
Karussell und der Gedanke
an den Auszug löste viele Ängste
und Emotionen bei uns aus.
Unser morgendliches Frühstücksritual,
bevor er auf den
Bus geht, wenn er von der Arbeit
kommt und von seinem Tag
erzählt, das in den Armnehmen,
bevor er schlafen geht. Wer
schaut nach seiner Kleidung
und tröstet ihn, wenn er einen
schlechten Tag hat? Was ist,
wenn er krank wird? Für uns
begann eine herausfordernde
Zeit. Plötzlich fehlte der Mittelpunkt
in unserem Alltag. Da war
so eine Leere. Wir mussten uns
neu organisieren und lernen,
neue Prioritäten zu setzen. Inzwischen
schätzen wir unsere
gewonnene Freiheit. Es ist
schön sich auch wieder als Paar
wahrzunehmen. Ein halbes Jahr
ist vergangen, Maxim ist selbstständig
geworden und wir können
immer mehr loslassen.
Foto: privat
SCHWERPUNKT: ERWACHSENWERDEN
Ich will ausziehen wie meine Geschwister
Maxim Michel wollte mit 30
Jahren endlich auch selbstständig
leben. Der Mann mit
Downsyndrom beschreibt
seine Gefühle des Aufbruchs.
Es ist schön bei uns daheim,
aber ich wollte auch mal ausziehen
und selbstständig werden.
Meine Eltern kümmern sich
manchmal zu viel um mich. Ich
sag dann immer: „Nicht böse
nehmen, aber ich bin erwachsen
und will selber bestimmen.“
Meine Mama macht sich zu viele
Gedanken. Meine Geschwister
sind schon länger ausgezogen
und ich will das auch. Wir haben
mal eine WG in Ravensburg
Wie vielen Eltern fällt es auch Doris und Paul Michel nicht ganz leicht,
ihren Sohn Maxim loszulassen. Aber es geht immer besser.
angeschaut, da wollte ich unbedingt
wohnen. Leider gab es
keinen Platz. Ich musste zwei
Jahre warten.
Aber jetzt wohne ich da! Es gefällt
mir richtig gut! Ich habe ein
schönes Zimmer und nette Mitbewohner.
Die Betreuer unterstützen
mich, aber ich kann
ganz viel selbst entscheiden.
Jetzt bin ich selbstständig. Ich
vermisse meine Eltern manchmal
schon. Dann telefonieren
wir einfach miteinander. Es gibt
auch die Wochenenden bei meiner
Familie. Das genieße ichsehr!
Foto: privat
Maxim Michel hegte schon länger
den Wunsch, aus dem Elternhaus
auszuziehen. Heute lebt er mit
anderen in einer WG und fühlt sich
wohl.
1 | 2025 7
SCHWERPUNKT: ERWACHSENWERDEN
Bedürfnissen gerecht werden
Wir alle durchlaufen bis zum
Erwachsenenalter bestimmte
Entwicklungsphasen und reifen
dabei, körperlich, kognitiv,
sozial und emotional. Das gilt
auch für Menschen mit geistiger
Behinderung. Ihre Entwicklung
verläuft jedoch oft
nicht geradlinig und auch nicht
vollständig.
Während jemand kognitiv zum
Beispiel schon das Niveau von
Zwölfjährigen erreicht haben
kann, entsprechen die emotionalen
Bedürfnisse unter Umständen
einem Alter von Drei.
Menschen mit einem niedrigen
emotionalen Entwicklungsstand
sind einer hohen Irritierbarkeit
ausgesetzt. Das heißt, es ist für
das Wohlbefinden und die Lebensqualität
entscheidend, ob
ihre emotionalen Bedürfnisse
bekannt sind und bei der Gestaltung
des Alltags durch angemessene
Anforderungen und
Erwartungen berücksichtigt
werden. Studien zeigen, dass
ein Ungleichgewicht zwischen
kognitiver und emotionaler Entwicklung
das Risiko für Verhaltensauffälligkeiten
erhöht.
Der niederländische Psychiater
Anton Došen hat auf Grundlage
dieser Erkenntnisse ein Phasenmodell
der emotionalen Entwicklung
herausgearbeitet, in
dem fünf Entwicklungsschritte
von der Geburt bis zum zwölften
Lebensjahr beschrieben sind.
Mit Hilfe des „Schema van Emotionele
Ontwikkeling“, kurz SEO,
wird die emotionale Entwicklung
von Menschen mit Behinderungen
systematisch erfasst. Die
Perspektive der emotionalen
Die kognitive
und die
emotionale
Entwicklung
verlaufen bei
Menschen mit
Behinderungen
oft nicht
geradlinig.
Entwicklung führte zu einem
tieferen Verständnis für viele
Verhaltensweisen von Menschen
mit Behinderungen und
ermöglicht es, ihren emotionalen
Bedürfnissen in ihrem Lebensumfeld
besser gerecht zu
werden.
Therapeutisch wirksam
Die Liebenau Kliniken der Stiftung
Liebenau setzen das SEO-
Konzept seit Jahren in der Therapie
ein. Es wurde angepasst
und in Zusammenarbeit mit
weiteren Experten um eine
sechste Entwicklungsstufe
erweitert. Eine interne Studie
zeigt, dass die Dosierung von
Psychopharmaka dadurch in
vielen Fällen messbar gesenkt
werden konnte.
Die Berücksichtigung der emotionalen
Entwicklung sollte fester
Bestandteil jeder Diagnostik
sein. Gleichwohl gibt es auch
Kritik an diesem Konzept. Es
birgt die Gefahr, dass erwachsene
Menschen mit Beeinträchtigungen
infantilisiert und in der
Folge nicht altersentsprechend
respektiert werden. Diese Kritik
hat ihre Berechtigung aber nur
bei falscher Auslegung und Umsetzung.
Zielsetzung des Konzepts
ist vielmehr die Beachtung
der individuellen Fähigkeiten
und deren Anerkennung
für eine Lebensführung ohne
Überforderung, Missverständnisse
und Unverständnis.
Text: Alfons Ummenhofer,
Geschäftsführer Liebenau
Kliniken, und Ruth Hofmann,
Diplom-Pädagogin
Foto: Stiftung Liebenau
SCHWERPUNKT: ERWACHSENWERDEN
„Wie ein Puzzle, wo die Teile endlich zusammenpassen“
Seine erste Freundin, eine Kollegin
von der Arbeit, hatte er
mit 27. Die Beziehung hielt nur
etwa einen Monat. Seine zweite
Freundin lernte er auf einer
Single-Party kennen. Aber
auch diese Freundschaft war
nur von kurzer Dauer. „Es hat
einfach nicht gepasst“, sagt
Matthias Aigner heute rückblickend.
Und dann?
Ja dann kam Sabine in sein Leben,
seine erste echte und große
Liebe. Mit ihr ist er zwischenzeitlich
schon über drei
Jahre zusammen. Wenn er von
ihr spricht, strahlen seine Augen,
und er gerät ins Schwärmen.
„Sie ist sehr nett, lächelt
viel, küsst und streichelt mich
Matthias und seine erste und große
Liebe Sabine: In ihrer Beziehung
wollen sie alles langsam und mit
viel Zeit angehen.
oft. Ich bin überglücklich“, gesteht
er. Und beschreibt es „wie
ein Puzzle, wo die Teile endlich
zusammenpassen“.
Besonders gefällt Matthias Aigner
an ihr, „dass sie hübsch
aussieht und ihr Lächeln“. An
ihrem 40. Geburtstag hat er ihr
einen silbernen Verlobungsring
mit den eingravierten Vornamen
der beiden geschenkt. „Ich bin
hingekniet. ‚Mach mal Augen
zu‘, habe ich gesagt. Habe Prinz
gespielt“, lacht er.
Der 35-Jährige und seine
41-jährige Verlobte sehen sich
jeden Tag bei der Arbeit in der
NEULAND-Werkstatt der Zieglerschen.
Morgens und mittags
in den Pausen treffen sie sich
und genießen die Zweisamkeit.
Wichtig ist beiden, dass sie die
Themen, die sie beschäftigen,
miteinander besprechen können.
„Wir streiten uns nie. Wir
sprechen miteinander und verhandeln
manchmal intensiv“,
erzählt Matthias Aigner.
Gemeinsam war das Paar auch
schon bei der Sexualpädagogischen
Beratungsstelle der Zieglerschen
„Hand aufs Herz“, die
sich an Menschen mit Beeinträchtigungen
in Wilhelmsdorf
und Umgebung richtet. „Das
war gut“, sagt Sabine. „Da hat
man uns viel beigebracht.“ Einig
sind sich die beiden, dass sie in
ihrer Beziehung alles langsam
und mit viel Zeit angehen wollen.
Und wenn Matthias Aigner einen
Wunsch frei hätte? „Dann würde
ich gerne mit Sabine mit dem
Flugzeug auf eine schöne Insel
mit Palmen fliegen! Zwei Wochen
lang!“
Text/Foto: Annette Scherer,
Zieglersche
8 1 | 2025
SCHWERPUNKT: ERWACHSENWERDEN
Kleine Leute werden groß
St. Johann in Zußdorf ist ein
Ort zum Erwachsenwerden. In
der Teilhabeeinrichtung der
„Theresia Hecht Stiftung“ leben
Kinder und Jugendliche in
einer besonderen Wohnform.
Zur Entlastung des familiären
Umfeldes wachsen hier junge
Menschen mit unterschiedlichem
Unterstützungsbedarf
auf. Jedes Kind hat seine individuelle
Geschichte. Hier treffen
sich junge Menschen aller
Altersgruppen. Der jüngste
Zuwachs ist vier Jahre alt.
Das bunte gemeinsame Miteinander
bildet den strukturellen
Rahmen für die Persönlichkeitsentwicklung
der Jugendlichen
und unterstützt das Erwachsenwerden.
Betreuer und
Betreuerinnen begleiten und
fördern diese Entwicklung im
täglichen Leben. Das Ziel ist es,
die Jugendlichen zu fördern,
neue Fähigkeiten zu erwerben.
Dazu zählen alltagspraktische
Dinge, wie beispielsweise einen
Arzttermin ohne Hilfe auszumachen
oder den Weg mit dem E-
Rollstuhl von der Wohngruppe
zum Klassenzimmer allein zu
St. Johann bietet jungen Menschen mit Wohn- und Schulangeboten einen
beschützten Platz zum Erwachsenwerden.
bewältigen. Die heranwachsenden
Jugendlichen lernen so
Verantwortung zu übernehmen.
Erwachsenwerden bedeutet,
sich selbstwirksam zu erleben
und mitbestimmen zu können.
Dies bestärkt und ermutigt auf
dem Weg, um vermehrt eigene
Entscheidungen treffen zu können.
Zusätzlich zu den alltagspraktischen
Dingen braucht es
eine Begleitung in den großen
Lebensfragen. Die Beziehungsarbeit
zwischen Jugendlichen
und betreuenden Personen ist
dafür ein wesentlicher Bestandteil.
Eine starke und vertrauensvolle
Beziehung kann den
Jugendlichen helfen, sich unterstützt
zu fühlen. Dadurch werden
Unsicherheiten leichter abgebaut,
auch in der Frage: Wie
sieht meine Zukunft aus, wenn
ich St. Johann verlassen muss,
weil ich erwachsen werde?
Angeschlossen an das St. Johann
ist das sonderpädagogische
Bildungs- und Beratungszentrum
St. Christoph mit
Schulkindergarten und Frühberatungsstelle.
Der Schwerpunkt
in der Berufsschulstufe liegt in
der Berufs- und Lebensvorbereitung.
Es wird mit verschiedenen
Kooperationspartnern im
gesamten schulischen Einzugsgebiet
zusammengearbeitet.
So haben die Jugendlichen die
Möglichkeit verschiedene Tätigkeiten
als inner- oder außerschulisches
Praktikum kennenzulernen.
Diese Praktika sind
oft Wegweiser für die eigene Zukunft.
Um eine realistische Einschätzung
ihrer Möglichkeiten
zu erhalten, finden Berufsberatungsgespräche
statt. Hier haben
die Jugendlichen die Gelegenheit,
ihre Wünsche und
Vorstellungen miteinzubringen.
Text: Alexandra Bröggelhoff,
Teamleitung Fachdienste
St. Johann, Zußdorf
Foto: Andreas Keilholz
SCHWERPUNKT: ERWACHSENWERDEN
„Ich fühle mich gut dabei, erwachsen zu werden“
Ben Luca Hofmann freut sich auf
seine Zukunft als erwachsener
Mensch.
Ben Luca Hofmann kam mit
fünf Jahren ins Haus St. Johann
in Wilhelmsdorf-Zußdorf
(s. oben). Nach dem Kindergartenbesuch
kam er mit
sechs Jahren in die Schule
St. Christoph. Heute mit 18
steckt er mitten in der Phase
des Erwachsenwerdens.
Ben, wie fühlst du dich, wenn
du daran denkst, erwachsen zu
werden?
Ich fühle mich gut damit. Sobald
mein Vater für mich eine andere
Einrichtung gefunden hat, wird
es höchste Zeit für mich zu gehen.
Woran erkennst du, dass du
erwachsen wirst?
Ich kann jetzt anderen auch mal
helfen. Ich kann mit meinem
E-Rolli im Haus rumfahren, wohin
ich möchte. Früher ist immer
ein Mitarbeiter oder eine
Mitarbeiterin mitgegangen.
Was sind deine Träume und
Ziele für die Zukunft?
Ich arbeite gerne in der Küche.
Ich kann Spaghetti Bolognese
kochen und Schneegestöber.
Kochen ist meine Leidenschaft.
Haben sich deine Freundschaften
verändert, seit du älter geworden
bist?
Ich habe jetzt WhatsApp. Ich
freue mich, wenn mich andere
Freunde nach meiner Handynummer
fragen. Mit dem Handy
ist es auf jeden Fall einfacher
geworden und ich kann Freunde
auch mal anrufen.
Wie geht es dir, wenn du an die
Zukunft denkst?
Ich werde die Gruppe vermissen,
wenn ich gehe. Aber ich
freue mich auch darauf.
Fragen/Foto: Alexandra
Bröggelhoff, Teamleitung
Fachdienste St. Johann, Zußdorf
1 | 2025 9
SCHWERPUNKT: ERWACHSENWERDEN
Chancen nutzen
In der Sauterleuteschule, Berufliche
Schulen der Stiftung
KBZO, haben junge Menschen
mit entsprechendem Förderbedarf,
zumeist durch eine
Körperbehinderung begründet,
die Möglichkeit, eine Berufsausbildung
in unterschiedlichsten
Berufsfeldern zu
absolvieren. Alexander I. hat
eine dieser Möglichkeiten, die
es an der Schule gibt, für sich
genutzt.
Nach seinem schweren Unfall
und der daraus resultierenden
Einschränkungen wusste der
33-Jährige zunächst nicht, wie
es weiter gehen sollte. Dann
besuchte er die „Differenzierte
Werkstufe“ der Stiftung KBZO
und hat durch Praktika an der
Sauterleuteschule eine Perspektive
entwickelt. Sein großes
technisches Interesse und die
Aufmerksamkeit eines Lehrers
machten ihm klar: „Ich bin ein
Handwerker. Genau das möchte
Alexander I. (links) mit Metallbaumeister Wolfgang Jung.
ich machen.“ So hat er mit der
Fachpraktiker-Ausbildung mit
allen „Höhen und Tiefen“, wie er
schildert, im Bereich Metall begonnen.
Durch wohnortnahe
Praktika konnte er während der
Ausbildung wertvolle Berufserfahrungen
sammeln und Kontakte
zu Betrieben aufbauen. In
Zusammenarbeit mit Fachlehrern
und Therapeuten der Sauterleuteschule
wurden Vorrichtungen
entwickelt, die es ihm
ermöglichten, CNC-gesteuerte
Bearbeitungsmaschinen mit einer
Hand zu bedienen.
Der Ausbildung hängte er die
Vollausbildung „Fachkraft für
Metalltechnik“ an und diese mit
Erfolg, geprüft von der IHK Bodensee-Oberschwaben,
abgeschlossen.
In einem zweiwöchigen Praktikum
konnte er sich bei der Firma
Risa beweisen und hat mittlerweile
einen unbefristeten
Arbeitsvertrag. Glücklich erzählt
Alexander I.: „Es gefällt
mir sehr, die Kollegen helfen
sich gegenseitig und unterstützen
mich, wenn etwas nicht
klappt.“ Sein Alltag ist nicht immer
einfach: „Jeder Tag ist
schwierig, da nur eine Hand
vollumfänglich funktioniert, die
andere Hand kann ich nur zur
Hilfestellung nutzen. Während
der Ausbildung habe ich aber
spezielle Hilfsmittel und emotionale
Unterstützung erhalten,
die es mir erleichtern, mit der
Herausforderung umzugehen.“
Text: Frank Markwart
Foto: Nora Gollob,
Stiftung KBZO
SCHWERPUNKT: ERWACHSENWERDEN
„Ich genieße jeden Moment als Geschenk“
Benni M. lebt im „Internat 365
Tage“ der Stiftung KBZO. Gemeinsam
mit zwölf Kindern,
Jugendlichen und jungen Erwachsenen
wird der 21-Jährige
in der „turbulenten Zeit“
des Erwachsenwerdens von
den Mitarbeitenden der Stiftung
KBZO begleitet und unterstützt.
Seine Behinderung zu akzeptieren,
fiel für Benni M. in die Zeit des
Erwachsenwerdens.
Im Alter von etwa zehn Jahren
quälten Benni M. viele Fragen:
„Was stimmt nicht mit mir? Ich
war häufig müde, nicht stabil
und bin oft umgefallen. Ich habe
mir sehr viele Sorgen gemacht,
die Ungewissheit hat mich gestresst
und irgendwie hatte alles
kein Ende.“ Nachdem er sich
dann zuerst das eine und kurz
darauf das andere Bein gebrochen
hatte, wurde Muskeldystrophie
Duchenne und eine
stark ausgebildete Skoliose
festgestellt. Ab dem Zeitpunkt
war er auf einen Rollstuhl
angewiesen. Die Zeit in seiner
Heimat Kroatien mit seiner Behinderung
war nicht leicht. Mit
17 Jahren kam er nach
Deutschland. Auch das war zuerst
nicht einfach. „Ich konnte
die Sprache nicht und wurde
online zu Hause unterrichtet.
Alle anderen waren in der Schule
oder beim Arbeiten.“
Unglaubliche Veränderungen
Geändert hat sich dies, als Benni
M. vor rund vier Jahren die
differenzierte Werkstufe der
Stiftung KBZO besuchte. Er war
mit Gleichaltrigen zusammen
und lernte die Sprache. Ein
wichtiger Wendepunkt war dann
der Einzug ins „Internat 365
Tage“. „Es ist nicht vorstellbar,
wie ich mich hier verändert
habe. Früher bin ich eingeschüchtert,
ruhig, zurückhaltend
gewesen und wollte nicht
am gemeinschaftlichen Leben
in der Wohngruppe teilnehmen.
Heute bin ich wie ein anderer
Mensch: offen, überall dabei
und genieße jeden Moment des
Lebens. Ich habe akzeptiert, mit
meiner Behinderung zu leben
und meinen E-Rolli als einen
Teil von mir zu sehen.“ Dadurch
habe er Freiheit und Selbstbestimmung
erfahren: „Durch
meinen E-Rolli kann ich mich
selbstständig fortbewegen,
mich mit Freunden im Café treffen,
in Urlaub fahren und jeden
Moment als Geschenk des Lebens
genießen!“
Text: Nora Gollob,
Stiftung KBZO
Foto: privat
10 1 | 2025
INKLUSION
Konzert: hoffentlich ein voller Erfolg
Johannes Egdorf lebt in Grünkraut,
unterstützt von den Ambulanten
Diensten der Stiftung
Liebenau. Seit Juli 2024 begleitet
er auf dem Klavier den
Chor „Just Now“ der Musikschule
Ravensburg.
Mit vier Jahren probierte ich das
erste Mal, Klavier zu spielen.
Mein Vater hatte ein Klavier, seit
ich ein kleiner Junge war. Bezüglich
des Klaviers konnte ich von
meinem Vater auch was lernen.
Später besuchte ich die Musikschule
in Rastatt und hatte dort
meinen ersten Klavierunterricht.
Ende 2015 zog ich nach Ravensburg
und nahm 2018 den Klavierunterricht
in der Musikschule
Ravensburg wieder auf. Letztes
Jahr lernte ich durch meinen
Klavierlehrer die Chorleiterin Silvia
Wiggenhauser kennen. So
kam es zur Zusammenarbeit.
In den Chor „Just Now“ habe ich
mich gut integriert. Dann erfuhr
ich von Silvia Wiggenhauser von
Johannes
Egdorf begleitet
den Chor
„Just Now“ am
Klavier. Er freut
sich schon auf
das Konzert
in der Kirche
St. Jodok,
Aufregung
inbegriffen.
der „Combo Play Now“. Die Band
trifft sich monatlich zum gemeinsamen
Üben. Manchmal
proben wir auch mit den Sängern
zusammen. Am Anfang fand ich
es gut, den Chor zu begleiten.
Kurz nach meinem Einstieg begann
allerdings die
Sommerpause. Und danach starteten
die Intensivproben. Mitte
Februar war Chorprobenwochenende
mitsamt der Combo-
Musikergruppe als Instrumentalbegleitung.
Unser Auftritt findet
am 24. Mai in der Kirche St. Jodok
in Ravensburg statt.
Diesbezüglich ist unser Chor ein
bisschen im Stress, aber ich hoffe,
das bekommen wir alles hin.
Zusätzlich begleite ich abwechselnd
mit Silvias Sohn Thilo, der
auch Klavier spielt, noch einen
Frauenchor, der ebenfalls in Ravensburg
singt. An ein neues
Lied gewöhne ich mich sofort,
mit dem Umblättern tue ich mir
allerdings schwer. Während des
Klavierunterrichts ist das auch
ein Problem. Voriges Jahr haben
mir meine Eltern ein Tablet zum
Geburtstag geschenkt. Ich dachte,
das Umblättern der Chornoten
würde leichter, wenn ich ein
Tablet benutze, anstatt einen Papiersalat
zu haben. Falsch gedacht!
Jedenfalls sind die Sängerinnen
und Sänger sowie die Musiker
nett und wir ziehen alle an einem
Strang. Wir wünschen uns, dass
das Konzert ein voller Erfolg
wird.
Foto: Ruth Hofmann
FREIZEIT
Eine der liebsten Aufgaben
Am Fachzentrum Rosenharz
der Stiftung Liebenau hat vor
mehr als 30 Jahren ein ehemaliger
Mitarbeiter die regelmäßige
Disco ins Leben gerufen.
Ingrun Mathauer zum Team,
das die Musik auflegt.
Ich mache das schon seit mehr
als 25 Jahren. Die Disco ist unten
im Haus St. Vinzenz. Wir haben
einen sehr guten Heimleiter.
Denn: Wir dürfen auch in der
Advents- und Fastenzeit Disco
machen. Unser Gruppenleiter
ist da genauso locker. Ich mag
80er-Titel, Dieter Thomas Hecks
alte Hitparade, Neue Deutsche
Welle, Wolfgang Petry, Party-
Musik, gemäßigten Hard-Rock.
Ich bekam von einem Vetter einer
Mitbewohnerin gute CDs.
Jetzt erfülle ich auch zehn Mal
eher Wünsche. Ich habe auch
Nena, Oldfield, – und klar – Fasnachtsmusik,
Falco, etwas Erste
Allgemeine Verunsicherung.
Viele, die in meinem Alter sind,
mögen die alten Sachen.
Wir haben einen sehr schönen
Raum: schwarze Wände mit
bunten Handabdrucken, auch an
der Anlage. Im ganzen Raum
sind Lichterketten. Die Bar machen
Mitarbeitende der Wohngruppen
und einige Bewohner.
Die Anlage hat zwei Decks für
die CDs. Man sucht die Nummer
vom Titel, der laufen soll. Nun
drückt man auf das Pausenzeichen.
Bei Deck 1 wird das
Pausenzeichen weggedrückt
und der entsprechende Lautstärkenregler
etwas hochgefahren.
Wenn dann der eine Titel
aus ist, wird der erste Hebel
runter- und der zweite Hebel
hochgefahren. Ich hatte am Anfang
etwas gebraucht, bis ich
das im Griff hatte.
In coolen Klamotten
Ich ziehe mich auch passend an:
lange Ketten, dicke Armreifen,
Leggings, Netzhemd, meine
Sonnenbrille. Ich mag auch Hippie:
Ich war vor vielen Jahren
bei Verwandten in Amerika.
Auch in San Francisco. War echt
der Knaller. Ich habe zwei Hawaii-Ketten.
Auch ein Armband.
Ab und zu muss ich für andere
den Notnagel machen. Mache
das aber gerne. Für mich selbst
springt aber oft keiner ein. Etwas
blöd.
Es ist meine liebste Aufgabe.
Foto: M. Bertsch
Ingrun Mathauer genießt es, in der
regelmäßig stattfindenden Disco im
Fachzentrum Rosenharz der
Stiftung Liebenau die Musik.
1 | 2025 11
MOBILITÄT
„Ich bin froh, dass es Fahrdienste gibt“
Für viele Menschen ist es eine
Selbstverständlichkeit, in ihr
Auto oder in Bus und Bahn zu
steigen, um an andere Orte zu
gelangen. Auf Grund ihrer körperlichen
Einschränkungen ist
Irmgard Weiland für Unternehmungen
oft auf Fahrdienste
angewiesen.
Ich bin auf verschiedene Hilfsmittel
angewiesen und tue mich
schwer beim Gehen. Wenn ich
fortgehe, um unter Leute zu
kommen, verständige ich die
Fahrdienste, wie etwa Malteser
und im Ausnahmefall mal das
Taxi. Zum Beispiel einmal im
Monat zum Spieleabend nach
Ravensburg. Einen Fahrdienst
brauche ich manchmal, um ein
Angebot der Offenen Hilfen zu
nutzen oder ein Konzert zu besuchen.
Bei den Maltesern gibt es vier
Freifahrten im Monat. Wenn ich
mehr brauche, muss ich einen
Anteil selbst zahlen. Die
Fahrdienste sind für mobilitätseingeschränkte Menschen wichtig, damit sie
am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.
Malteser muss ich mindestens
eine Woche vorher bestellen,
das Taxi einen Tag vorher.
Innerhalb von Tettnang brauche
ich oft kein Fahrzeug. Wenn ich
hier unterwegs bin oder zum
Arzt muss, gehe ich mit Rollator
oder eine Fachkraft der Ambulanten
Dienste schiebt mich mit
dem Antriebs-Rollstuhl.
Ich bin dankbar, so verständnisvolle
Leute um mich zu haben,
die mir jederzeit helfen.
Ich bin froh, dass es Fahrdienste
gibt, sonst käme ich ja gar
nirgends hin. Aber für mich ist
es schon eine Geldsache.
Text: Irmgard Weiland,
lebt in Tettnang und wird
von Fachkräften der
Ambulanten Dienste der
Stiftung Liebenau begleitet
Foto: AdobeStock
Mobilität zur Teilhabe
Vier Freifahrten für
schwerbehinderte Menschen
stehen Irmgard Weiland
im Monat zu, höchstens
jedoch 100 Kilometer.
Hin- und Rückfahrt zählen
als zwei Fahrten. Meist
übernehmen die Fahrten
die Malteser. Sind die Freifahrten
ausgeschöpft, hat
sie nach der Eingliederungshilfe
(SGB IX zur Gewährung
von Leistungen
zur Sozialen Teilhabe –
Leistungen zur Mobilität)
die Möglichkeit, das Taxiunternehmen
Fuhrmann in
Höhe von 45 Euro pro Fahrt
in Anspruch zu nehmen.
Für sie fällt dann im Monat
ein Eigenbetrag von 39,01
Euro an. Die Abrechnungen
gehen über die gesetzliche
Betreuerin an das Landratsamt
Bodenseekreis.
GESUNDHEIT
Es ging so mittelmäßig…
Nicole Weiss, 37, wohnt in einer
Einrichtung der Liebenau
Teilhabe in Friedrichshafen.
Sie berichtet über ihre Behandlung
im Zentrum für Psychiatrie
(ZfP) in Zwiefalten.
Ich war vom 8. Januar bis
4. März im ZfP in Zwiefalten.
Hauptsächlich, damit das mit
meiner Psyche besser wird.
Dass ich ruhiger werde und
mich nicht so schnell aufrege.
Man wurde um 7 Uhr geweckt,
um 7:30 Uhr gab es Frühstück,
auch am Wochenende, was ich
nicht ganz verstehe. Montags
bis freitags war morgens eine
Laufrunde. Danach gab es verschiedene
Angebote, zum Beispiel
kreatives Werken, Kochen,
Holzwerkstatt. Nachmittags
Bewegungstherapie, Einkaufen
oder Kegeln. Wir hatten auch
Arbeitstherapie. Da wurden
Dichtungen oder Plastikteile für
ein Spiel sortiert. Es gab außerdem
eine sogenannte Ressourcengruppe.
Man musste abends
sagen, was das Beste am Tag
gewesen war. Negatives wollte
man da nicht hören.
Einmal im Monat gab es auch
Kino in der Cafeteria und wir
hatten einen Faschingsball. Ich
war verkleidet als Blumenfee.
Weil ich wegen meiner Epilepsie
einen Helm tragen musste,
habe ich gesagt: „Ich bin eine
Blumenfee vom Mond.“
Ziemliche Belastung
Es waren ungefähr 20 Patientinnen
und Patienten auf meiner
Station. Zeitweise wurde in
mein Doppelzimmer ein drittes
Bett geschoben. Manchmal ging
es chaotisch zu. Mitpatienten
haben Stühle durch die Gegend
geschmissen. Es gibt eben auch
noch andere Krankheitsbilder.
Das hat mich ziemlich belastet.
Ab der Mitte meines Aufenthalts
ging es mir eigentlich schlechter
als vorher. Gut war, dass ich
mit Psychologen sprechen
konnte. Ich habe Tipps bekommen,
wie ich mich besser verhalten
kann, zum Beispiel dass
ich im Zug beim Ein- oder Aussteigen
ruhiger bleibe, wenn
mich jemand schubst. Dass ich
nicht gleich aufbrause. Dafür
bekomme ich jetzt auch Medikamente.
Am Ende habe ich mich mit drei
Patienten richtig gut verstanden,
mit drei oder vier aber gar
nicht. Heute würde ich sagen,
Nicole Weiss war fast zwei Monate
im Zentrum für Psychiatrie.
der ganze Aufenthalt war mittelmäßig.
Bei einer Bewertung
von 1 bis 10 ungefähr bei 6.
Foto: privat
12 1 | 2025
Sie sind
gefragt!
ERWACHSENWERDEN
Was bedeutet es, erwachsen zu werden?
Auf diese Frage geben Jugendliche und junge Erwachsene vom Fachzentrum Hegenberg der Stiftung
Liebenau Antworten.
Machen Sie mit – denn
Inklusion braucht jeden von
uns. Schicken Sie uns einen
Leserbrief, schreiben Sie einen
Gastbeitrag oder werden Sie
Mitglied in unserem inklusiven
Redaktionsteam „wir mittendrin“.
Ihr Engagement ist
gefragt, damit Menschen mit
und ohne Behinderungen ganz
selbstverständlich Teil unserer
Gesellschaft sind.
Gestalten Sie Inklusion mit.
Kontakt
Anne Luuka
Öffentlichkeitsarbeit
Liebenau Teilhabe
anne.luuka@stiftung-liebenau.de
www.stiftung-liebenau.de/
teilhabe
Infos in Leichter Sprache
gibt es außerdem auf
www.stiftung-liebenau.de
Einfach oben rechts auf der
Seite auf Leichte Sprache
klicken.
…, dass man arbeiten
gehen muss, dass
man viel Verantwortung
hat, dass man
mehr Rechte hat,
dass man vieles
selbstständig machen
muss…
Carina
…, dass man sich benimmt. Man
löst keinen Feueralarm ohne
Grund aus. Man kann in den
Erwachsenenbereich umziehen.
Es heißt auch, alleine Zug fahren
zu können. Man muss auf den
Verkehr achten und wissen, wo
man einsteigt und wo man aussteigt.
Man macht keinen Blödsinn
mehr.
Markus, 19 Jahre
Es bedeutet für mich, selbstständig
zu wohnen. Ich kann
kochen, Wäsche waschen,
arbeiten gehen und eine Freundin
haben.
Lukas, 20 Jahre
… selbstständig werden,
selbst kochen können, für
sich sorgen können, Verantwortung
übernehmen,
Entscheidungen treffen,
die Schule beenden…
Katharina
Für mich bedeutet erwachsen
werden, selbstständig zu
werden und manche Dinge
alleine hinzubekommen. Dass
man selbst Verantwortung
übernimmt, für Gutes und
Schlechtes, was man macht.
Alexander
Erwachsen werden ist
auch anstrengend. Man
muss viel lernen. Das ist
manchmal nicht leicht.
J. V. , 17 Jahre
Erwachsen werden ist gut:
Die Erzieher helfen dabei,
selbstständiger zu werden.
Aber immer alles gleich
machen zu müssen, nervt.
J. V. , 17 Jahre
Über die QR-Codes erhalten Sie
weitere Einblicke, wie junge Menschen
das Erwachsenwerden empfinden,
sowie Infos zur Zeitung „wir mittendrin“.
Die „wir mittendrin“ wird:
Für mich bedeutet erwachsen
sein, viel Kraft zu haben und
groß zu sein.
Marcel, 21 Jahre
Frank
Johannes
wir mittendrin
Impressum
Herausgeber: Liebenau Teilhabe gemeinnützige GmbH,
Siggenweilerstraße 11, 88074 Meckenbeuren – www.stiftung-liebenau.de/teilhabe
Redaktion: Anne Oschwald (NETZ-3 – Die Medienprofis); Anne Luuka, Öffentlichkeitsarbeit Liebenau Teilhabe, Ruth Hofmann
Grafische Umsetzung: Natalie Baumbusch (NETZ-3 – Die Medienprofis)
Stand: Mai 2025 | 76.700 Stück | 2 Ausgaben/Jahr