Das betriebliche Magazin für einen nachhaltigen Einkauf "Kleine Kniffe"
Wenn Lieferketten unterbrochen oder sogar zum Erliegen kommen, ist der Einkäufer mehr denn je gefordert, stabile und nachhaltige Beschaffungsstrategien zu entwickeln. Um dem Druck standzuhalten, müssen neue Technologien und Strategien entwickelt und genutzt werden. Ein wichtiger Fokus liegt hierbei auf der Rolle der Künstlichen Intelligenz im Einkauf. KI-basierte Systeme können nicht nur helfen, Datenmengen effizient zu verarbeiten, sondern auch proaktive Lösungen für die Identifikation von Risiken und die Optimierung von Lieferketten bieten. Weitere Schwerpunkte sind: Dekarbonisierung der Lieferkette, Recycling als Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft und viele andere mehr
Wenn Lieferketten unterbrochen oder sogar zum Erliegen kommen, ist der Einkäufer mehr denn je gefordert, stabile und nachhaltige Beschaffungsstrategien zu entwickeln. Um dem Druck standzuhalten, müssen neue Technologien und Strategien entwickelt und genutzt werden.
Ein wichtiger Fokus liegt hierbei auf der Rolle der Künstlichen Intelligenz im Einkauf. KI-basierte Systeme können nicht nur helfen, Datenmengen effizient zu verarbeiten, sondern auch proaktive Lösungen für die Identifikation von Risiken und die Optimierung von Lieferketten bieten.
Weitere Schwerpunkte sind: Dekarbonisierung der Lieferkette, Recycling als Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft und viele andere mehr
Verwandeln Sie Ihre PDFs in ePaper und steigern Sie Ihre Umsätze!
Nutzen Sie SEO-optimierte ePaper, starke Backlinks und multimediale Inhalte, um Ihre Produkte professionell zu präsentieren und Ihre Reichweite signifikant zu maximieren.
Das betriebliche Magazin
für einen nachhaltigen Einkauf
6,80 EURO
Ausgabe April 2025
Best Practice
aus Unternehmen
Im Interview
Elisa Bartels,
Heidelberg Materials
Top-Themen:
Künstliche Intelligenz im Einkauf
Dekarbonisierung in der Lieferkette
Kleine Kniffe
Recycling als Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft
1
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 1 28.04.25 11:00
2 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 2 28.04.25 11:00
Editorial
Wenn Lieferketten unterbrochen oder sogar zum Erliegen kommen, ist der Einkäufer mehr
denn je gefordert, stabile und nachhaltige Beschaffungsstrategien zu entwickeln. Rohstoffe werden
teurer, Transporte langsamer, und die Abhängigkeit von wenigen, oft geopolitisch fragilen Regionen
führt zu einer gefährlichen Verknappung von wichtigen Materialien.
Inmitten dieser Herausforderungen eröffnen sich jedoch auch Chancen, die den betrieblichen
Einkauf nachhaltig transformieren können. Um dem Druck standzuhalten, müssen neue Technologien
und Strategien entwickelt und genutzt werden. Ein wichtiger Fokus liegt hierbei auf
der Rolle der Künstlichen Intelligenz im Einkauf. KI-basierte Systeme können nicht nur helfen,
Datenmengen effizient zu verarbeiten, sondern auch proaktive Lösungen für die Identifikation
von Risiken und die Optimierung von Lieferketten bieten.
Ein weiterer Schwerpunkt dieses Magazins ist die Dekarbonisierung der Lieferkette. Im
Einklang mit den globalen Klimazielen müssen Unternehmen zunehmend darauf achten, ihre
Lieferketten CO₂-neutral zu gestalten. Die Frage, wie Unternehmen den CO₂-Ausstoß ihrer
Zulieferer messen und reduzieren können, wird zu einem unverzichtbaren Bestandteil jeder Einkaufsstrategie.
Abschließend werfen wir einen Blick auf das Thema Recycling als Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft.
Die Transformation zu einer Kreislaufwirtschaft ist für den betrieblichen Einkauf mehr
als nur eine Option – sie ist eine Notwendigkeit. Durch Recyclingprozesse können Unternehmen
Ressourcen effizienter nutzen und gleichzeitig Abfall reduzieren.
Es ist an der Zeit, als Einkäufer als Gestalter einer resilienten und nachhaltigen Unternehmenszukunft
aufzutreten. Der Wandel beginnt mit uns – packen wir ihn an!
Die Magazine erreichen Sie unter dieser Adresse (https://t1p.de/sg8q7), den Podcast unter
dieser Adresse (https://t1p.de/aw09o) und die LinkedIn-Gruppe zum Magazin unter dieser
Adresse (https://t1p.de/pt9nw)
Chefredakteur
Kleine Kniffe
3
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 3 28.04.25 11:00
08.LOREMIPSUMaecenasnecanteacorcidictumalesuadaeuismod.08.LOREMIPSUMaecenasnecanteacorcidictumalesuadaeuismod.08.LOREMIPSUMaecenasnecanteacorcidictumalesuadaeuismod.08.LOREMIPSUMaecenasnecanteacorcidictumalesuadaeuismod.42.ZUKUNFTEINKAUFEN
Impressum
Redaktion
SDG media GmbH
Wagenfeldstraße 7a
44141 Dortmund
Kontakt:
redaktion@kleine-kniffe.de
Chefredaktion und V.i.S.d.P:
Thomas Heine
Textbeiträge von:
Elisa Bartels, Caroline von Bechtolsheim, Jasper
Bhaumick, Prof. Dr. Ronald Bogaschewsky,
Mark Van den Brink, Alexander Call, Stephan
Damhorst, Nora Dorn, Nicole Dülger, Eleonore
Eisath, Thomas Fetting, Dr. Constantin
Frank-Fahle LL.M., Thomas Heine, Leslye
Herr, Rainer Karcher, Pascal Kühne, Fritz
Lietsch, Peter Oehmichen, Reiner Petzold, Pia
Pinkawa, Tanja Reilly, Dr. Richard Scholz, Jan-
Henner Theißen, Marcel Trost, Gabriele Unger,
Niels Walberg
14
Fotos/Grafiken:
BDI, Deutsche Bahn AG/Benedikt Stahl,
Depositphotos, EY, Heini Karppinen, PwC
Deutschland, Tailorlux, ZWH,
Titelfoto: Deutsche Bank
Internet:
www.nachhaltige-beschaffung.com
Social media:
LinkedIn: https://t1p.de/7xkcw
Twitter: https://t1p.de/z16xt
Facebook: https://t1p.de/fd2fu
Digitale Ausgabe veröffentlicht unter:
https://t1p.de/sg8q7
Herausgeber
SDG media GmbH
Wagenfeldstraße 7a
44141 Dortmund
www.sdg-media.de
kleine kniffe® ist eingetragene Marke
der IMAGO GmbH, Dortmund
38
06. WIRKSAM STEUERN MIT DATENBASIERTER GRUNDLAGE
10. INTERVIEW MIT NIELS WALBERG, K+S AG
13. WISSEN, DAS WIRKT
14. TFS-INSTRUMENTE FÜR NACHHALTIGE LIEFERKETTEN
16. THE FUTURE OF PROCUREMENT AND SUSTAINABILITY
18. DEKARBONISIERUNG IN DER LIEFERKETTE
2O. ROBUSTE UND INTEGRE LIEFERKETTEN
24. INTERVIEW MIT ELISA BARTELS, HEIDELBERG MATERIALS
26. DIENSTLEISTUNGEN NACHHALTIG BESCHAFFEN
28. NACHHALTIGES LIEFERANTENMANAGEMENT
30. DIE EUROPÄISCHE VERPACKUNGSVERORDNUNG 2025
32. DER BLAUE ENGEL FÜR VERANSTALTUNGEN
4 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 4 28.04.25 11:00
08.LOREMIPSUMaecenasnecanteacorcidictumalesuadaeuismod.08.LOREMIPSUMaecenasnecanteacorcidictumalesuadaeuismod.08.LOREMIPSUMaecenasnecanteacorcidictumalesuadaeuismod.08.LOREMIPSUMaecenasnecanteacorcidictumalesuadaeuismod.42.ZUKUNFTEINKAUFEN
50 30
24
56
34. RECYCLING ALS SCHLÜSSEL ZUR KREISLAUFWIRTSCHAFT
37. DIE PLATTFORM PROCUREMENT-PIONEER.COM
38. NACHHALTIGES PUMPENRECYCLING
40. NACHHALTIGKEIT IN UNTERNEHMEN–SCHNEE VON GESTERN?
44. DIE EU-ENTWALDUNGSVERORDNUNG
46. NACHHALTIGKEITSBERICHTERSTATTUNG IM EINKAUF
48. NACHHALTIGE BESCHAFFUNG DURCH KI
50. WIE EIN B2B ONLINE-SHOP NEUE MASSSTÄBE SETZT
52. CHATGPT UND COPILOT IM EINKAUF
56. NACHHALTIGE KI IST MEHR ALS CO²-BILANZIERUNG
60. INTERVIEW MIT FRITZ LIETSCH
64.TRANSFORMATION IM ZEITALTER DER DIGITALISIERUNG
Kleine Kniffe
5
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 5 28.04.25 11:00
Aus Wissenschaft und Forschung
Nachhaltigkeit in der Beschaffung
wirksam steuern mit datenbasierter Grundlage
Viele Unternehmen konzentrieren sich in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie auf den eigenen Betrieb.
Doch der größte Hebel für eine verbesserte Nachhaltigkeitsbilanz liegt oft in der Lieferkette.
Beispielsweise entstehen für ein typisches Industrieunternehmen im Gesundheitsbereich laut einer
WifOR-Studie (2025) rund 80 Prozent der ökologischen und 63 Prozent der sozialen Schäden in
vorgelagerten Prozessen.
Ein Beitrag von Dr. Richard Scholz
Der Einkauf spielt daher eine Schlüsselrolle, um den ökologischen
und sozialen Fußabdruck eines Unternehmens zu steuern.
Allerdings fehlen Mitarbeitenden in der Beschaffung häufig die
nötigen Daten, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Ohne
Transparenz in der Lieferkette bleiben sowohl Risiken als auch die
Wirkung geplanter Maßnahmen schwer einschätzbar. Hier setzt
Impact Valuation an – eine Methode, mit der Unternehmen Nachhaltigkeit
messbar machen und gezielt steuern können.
Auswirkungen erkennen –
auf Basis vorhandener Einkaufsdaten
In der Praxis verfügt kaum ein Unternehmen über vollständige
Informationen zu Lieferanten und Produkten entlang der gesamten
Wertschöpfungskette. Doch in der Regel führt jedes Unternehmen
Einkaufslisten, die drei zentrale Angaben enthalten:
• Produkt: Welche Ware wird beschafft?
• Produktionsort: Wo befinden sich die Standorte der direkten
Lieferanten?
• Menge & Wert: In welcher Stückzahl oder zu welchem Wert
wurde Ware beschafft (in Euro/USD)?
Auf Grundlage dieser Informationen lassen sich mithilfe von
Impact Valuation die sozialen, ökologischen und ökonomischen
Auswirkungen entlang der Lieferkette abschätzen. So können
Unternehmen gezielt jene Bereiche identifizieren, in denen Nachhaltigkeitsmaßnahmen
besonders wirksam sind – oder in denen eine
vertiefende Analyse erforderlich ist.
Wirkung quantifizieren:
Nachhaltigkeit in Zahlen übersetzen
Impact Valuation bewertet systematisch soziale, ökologische
und ökonomische Auswirkungen entlang der Lieferkette. Mithilfe
standardisierter Koeffizienten – auch Bewertungsfaktoren genannt
– können positive und negative Auswirkungen in monetäre Werte
umgerechnet werden.
Beispielsweise lassen sich potenzielle Umweltschäden oder der
gesellschaftliche Mehrwert beruflicher Bildungsprogramme in Euro
oder US-Dollar quantifizieren. Die Übersetzung in eine gemeinsame
Währung ermöglicht es, unterschiedliche Nachhaltigkeitsaspekte
– wie Emissionen und Wasserverbrauch – zu vergleichen und
bei Beschaffungsentscheidungen datenbasiert zu priorisieren. Das
erhöht die Vergleichbarkeit und unterstützt informierte Entscheidungen.
Die wissenschaftliche Basis der Methode
Grundlage von Impact Valuation sind erweiterte Input-Output-Analysen
– eine Methode, für die Wassily Leontief im Jahr
1973 mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet wurde. Mit
Input-Output-Analysen lassen sich Erwartungswerte für soziale
und ökologische Auswirkungen auf Grundlage statistischer Durchschnittsdaten
berechnen. So können die Auswirkungen einzelner
Produkte oder Lieferanten bewertet werden – etwa in Tonnen CO₂
oder in monetären Einheiten.
Input-Output-Analysen sind zur Abschätzung von Scope-3-Emissionen
bereits weit verbreitet. Sie eignen sich jedoch
ebenso zur Bewertung weiterer ökologischer und sozialer Auswirkungen
– sowohl mit als auch ohne monetäre Umrechnung.
6 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 6 28.04.25 11:00
Praxisbeispiel: So hilft Impact Valuation
bei der strategischen Priorisierung
Wie Impact Valuation in der Praxis funktioniert, zeigt folgendes
Beispiel: Ein Medizintechnikunternehmen möchte seine Lieferantenstruktur
nachhaltiger ausrichten, um regulatorische Anforderungen
wie das deutsche Lieferkettengesetz und die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung
(CSRD) zu erfüllen. Gleichzeitig sollen
Reputationsrisiken und Lieferengpässe reduziert werden, die durch
Verstöße gegen Umwelt- und Sozialstandards entstehen können.
Hierfür greift das Unternehmen auf Impact Valuation zurück. Als
Datengrundlage dient die bestehende Einkaufsliste, die bereits zur
Ermittlung der Scope-3-Emissionen vorliegt. Sie enthält Informationen
zu Produkten, Herkunftsländern und Beschaffungsmengen.
Kleine Kniffe
7
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 7 28.04.25 11:00
Die Analyse zeigt:
1. Die größten Nachhaltigkeitsauswirkungen entstehen
durch Treibhausgasemissionen sowie durch ein erhöhtes
Risiko für Kinderarbeit in der Lieferkette.
2. Die meisten Emissionen entfallen laut der Berechnung auf
Produkt A und dessen direkte Lieferanten (Tier 1).
3. Für die Beschaffungsregion C ergibt sich ein besonders
hohes Risiko für Kinderarbeit. Die Modellschätzung legt
nahe, dass rund 30 Prozent der erwarteten Fälle für das
betrachtete Produkt in China auftreten könnten. Dabei
handelt es sich um modellbasierte Wahrscheinlichkeiten
– nicht um dokumentierte Einzelfälle.
Von der Analyse zur Umsetzung:
Nachhaltigkeit in der Lieferkette verankern
Diese Erkenntnisse ermöglichen es dem Unternehmen, gezielt
Maßnahmen abzuleiten und informierte Einkaufsentscheidungen
zu treffen. Materialien und Rohstoffe mit besonders hohen ökologischen
oder sozialen Risiken können gezielt identifiziert und bewertet
werden. Daraus ergeben sich konkrete Handlungsoptionen:
• Zusammenarbeit mit bestehenden Lieferanten zur Verbesserung
von Standards,
• Wechsel einzelner Lieferanten oder
• geografische Verlagerung von Beschaffungsaktivitäten in
risikoärmere Regionen.
Mit diesen Maßnahmen kann das Unternehmen seine
Beschaffungsstrategie weiterentwickeln, um langfristig Risiken zu
verringern und die Widerstandsfähigkeit der Lieferkette zu stärken.
Ein weiterer zentraler Vorteil der Methode: soziale und ökologische
Auswirkungen lassen sich gemeinsam mit ökonomischen
Kennzahlen analysieren – und mit Branchenbenchmarks vergleichen.
Dadurch kann das Unternehmen die eigene Wettbewerbsposition
nicht nur finanziell, sondern auch aus sozialer und ökologischer
Perspektive bewerten. Auf dieser Grundlage lassen sich strategische
Potenziale gezielt nutzen, langfristige Investoren gewinnen und das
Vertrauen zentraler Stakeholder stärken.
Fazit:
Nachhaltigkeit als strategische Stärke nutzen
Impact Valuation unterstützt Unternehmen dabei, soziale und
ökologische Auswirkungen entlang der Lieferkette messbar zu
machen und auf Grundlage vergleichbarer Daten zu priorisieren.
Dies fördert informierte Entscheidungen und ermöglicht gezielte
Maßnahmen, um die Widerstandsfähigkeit der Lieferkette zu
stärken. So reduzieren Unternehmen, die Impact Valuation in ihre
Einkaufsprozesse integrieren, langfristig finanzielle Risiken – und
gewinnen einen strategischen Wettbewerbsvorteil.
Unternehmen, die ihre sozialen und ökologischen Auswirkungen
entlang der Lieferkette eigenständig analysieren möchten,
können WISIT nutzen – das WifOR Institute Sustainability Impact
Tool. Weitere Informationen zu WISIT finden Sie unter: https://
www.wifor.com/de/wisit-das-wifor-institute-sustainability-impact-tool/
Autor
Dr. Richard Scholz
Head of Impact Analysis
WifOR Institute
https://www.wifor.com/de/
richard.scholz@wifor.com
8 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 8 28.04.25 11:00
In eigener Sache
Jetzt auch mobil verfügbar:
„Kleine Kniffe“ - die App
Die App “Kleine Kniffe”: Dein Wegweiser für den professionellen B2B-Einkauf. Entdecke regelmäßig
aktuelle Inhalte zu Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Karriere und Strategie. Lerne von Best Practices
innovativer Unternehmen und Kommunen, Experteninterviews und Podcasts. Seit 2016 die führende
Informationsquelle für betrieblichen und öffentlichen Einkauf. Optimiere deine Einkaufsprozesse mit
hochwertigen Ratgebern und Praxistipps.
Als Beschaffungsverantwortliche erhalten Sie wöchentlich
Informationen für den Einkauf, berichten über Trends, veröffentlichen
Interviews und veranstalten Webinare. Verpassen Sie nicht die
Möglichkeit, jederzeit informiert zu sein und holen sich jetzt „Kleine
Kniffe“ als App.
Die App „Kleine Kniffe“ integriert das Informationsangebot
des Magazins für nachhaltige Beschaffung „Kleine Kniffe“, das Angebot
von https://nachhaltige-beschaffung.com, das der Webseite
https://procurement-pioneer.com und des Podcast Procurement
Pioneer. Damit bleiben Sie immer aktuell zu den Themen Nachhaltigkeit,
Digitalisierung, Karriere und Strategie informiert.
Der Reader ist als App für Android, iOS und die gängigsten
Webbrowser verfügbar und bietet damit die Flexibilität, Sie als Leser
überall, jederzeit und zu Ihren Bedingungen zu erreichen.
Die Artikel werden dadurch automatisch vom PDF ins
Textformat konvertiert. Damit bietet der Reader Lesern einen
anpassungsfähigen Lesemodus, der es Ihnen ermöglicht, Textgrößen,
Farben und Zeilenabstände für eine optimale Lesbarkeit anzupassen.
Die einzelnen Artikel können damit auch problemlos unter Freunden
oder über Social Media versandt werden. Eine solche Anpassung
steigert die Nutzerzufriedenheit und erhöht die Wahrscheinlichkeit,
dass die Leserschaft bleibt und wächst.
Außerdem verfügt der Reader über die Funktion „Artikel
anhören“. Damit können Nutzer Artikel anhören, während sie lesen,
joggen oder Auto fahren. Diese innovative Funktion erweitert die
digitale Reichweite und macht Inhalte für vielbeschäftigte Menschen
oder Menschen mit Sehbehinderungen leichter zugänglich.
Die App ist hier kostenfrei abrufbar:
iOS App
https://apps.apple.com/de/app/kleine-kniffe/id6738346425
Android App:
https://play.google.com/store/apps/details?id=com.prenly.
kleinekniffe
Kleine Kniffe
9
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 9 28.04.25 11:00
Erfolgreiche Karrieren in der Beschaffung -
Insights von Expert*innen
Niels Walberg, K+S AG
Technologie ist in der modernen Beschaffungspraxis nicht wegzudenken
Niels Walberg ist Chief Procurement Officer der K+S Gruppe, einem globalen und unabhängigen Anbieter
von mineralischen Produkten für Landwirtschaft, Industrie, Verbraucher und Kommunen, der Bergwerke
und andere Produktionsstätten in Europa, Nord- und Südamerika betreibt. Der studierte Betriebswirt
(WA) und Jurist ist seit mehr als 20 Jahren für K+S tätig, zunächst in der Rechtsabteilung und seit 20
Jahren in verschiedenen Einkaufsfunktionen. Im Jahr 2013 übernahm er die globale Verantwortung für
den Einkauf der K+S Gruppe. Neben den direkten Einsparungen als wesentlicher Teil der Einkaufsleistung
ist der sinnvolle Einsatz geeigneter Technologien und deren Timing einer der Schlüsselfaktoren für die
Wertschöpfung des Einkaufs bei K+S.
Das Interview führte Thomas Heine
Was sind die wichtigsten Verantwortlichkeiten und
Aufgaben der Beschaffung in Ihrem Unternehmen? Wie
hat sich die Rolle des Beschaffungswesens im Laufe der
Jahre entwickelt
Im Kern ist und bleiben die wichtigsten Aufgaben der Beschaffung
bei uns sicherzustellen, dass alle Funktionen des Unternehmens
alle für den Unternehmenserfolg erforderlichen Lieferungen und
Leistungen zur richtigen Zeit am richtigen Ort und zu den unter
Berücksichtigung der Total Cost of Ownership günstigsten Bedingungen
erhalten.
Verändert hat sich dabei über die Zeit, dass die Beschaffung mitdefiniert,
was „erforderlich“ ist und was alles im Rahmen der Total
Cost of Ownership zu berücksichtigen ist. Außerdem haben sich
insbesondere im Bereich des Lieferanten- und Risikomanagements
zahlreiche Zusatzaufgaben ergeben. Das betrifft nicht nur, aber
insbesondere, Berichtspflichten und Sorgfaltspflichten, wie sie die
Gesetzgebung zu Themen der Nachhaltigkeit mittlerweile im Blick
hat.
Über die Zeit hat sich zudem für die Beschaffung auch eine
prägende Rolle bei der Gestaltung und kontinuierlichen Verbesserung
von Geschäftsprozessen ergeben. Nicht nur die Governance
darüber sondern auch innovative Unterstützung der Prozesse durch
geeigente und nutzerfreundliche Systeme, Tools und Anwendung
von KI gehören mittlerweile zum Aufgaben- und Verantwortungsbereich
der Beschaffung.
Welche Fähigkeiten und Kompetenzen sind Ihrer
Meinung nach für eine erfolgreiche Karriere im Beschaffungswesen
unerlässlich, insbesondere vor dem
Hintergrund der sich wandelnden Rolle des Beschaffungswesens?
Die benötigten Fähigkeiten und Kompetenzen hängen stark von
Größe und Reifegrad der Beschaffungsorganisation ab. Die wichtigsten
Fähigkeiten sind aus meiner Sicht
• unternehmerisches Verständnis (sowohl für das
einkaufende Unternehmen als auch für die jeweiligen
Geschäftspartner) und große soziale Kompetenz: Die
Beschaffung arbeitet mit vielen Schnittstellenpartnern intern
und Lieferanten und Dienstleistern. Für eine erfolgreiche
Arbeit in der Beschaffung ist essenziell, zu verstehen, was für
die Schnittstellenpartner, Lieferanten und Dienstleister wichtig
ist, sich auf sie einzulassen, sie zu unterstützen und entlang der
jeweiligen Beschaffungsprozesses zu führen.
• Analytischer Umgang mit Daten und Technologieaffinität:
Ein gutes Verständnis dafür, welche Daten in
10 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 10 28.04.25 11:00
welchem Umfang, Detailgrad, Format benötigt werden und sie
mit Hilfe von bestehenden und neuen Technologien nutzen zu
können, ist ebenso essenziell.
Je nach Größe der Organisation sind Fähigkeiten und Kompetenzen
in dem einen oder anderen Bereich mehr gefragt oder müssen,
in kleinere Organisationen, in einer Person zusammenkommen.
3. Welchen Rat würden Sie jungen Menschen geben,
die eine Karriere im Beschaffungswesen in Betracht
ziehen? Wie können sie sich auf die Herausforderungen
und Chancen in diesem Bereich vorbereiten?
Sucht Euch gute Praktika und/oder Werkstudentenverträge in
Einkaufsabteilungen verschiedener Unternehmen. Dann seht Ihr
am ehesten, worauf es ankommt. Wenn ihr eine Branche besonders
bevorzugt, macht Euch vertraut mit den Besonderheiten, die dort
auch für die Beschaffung eine Rolle spielen können.
Macht Euch vertraut mit den Basics, die im Einkauf beherrscht
werden müssen. Nutzt KI, um Euch einen Überblick zu verschaffen,
was erforderlich ist für eine erfolgreiche Karriere in der Beschaffung
und verschafft Euch solide Grundkenntnisse in den Bereichen, die
Euch besonders interessieren.
Wie kann das Beschaffungswesen junge Talente
anziehen und binden? Welche Strategien oder Initiativen
können umgesetzt werden, um das Beschaffungswesen
zu einer attraktiven Berufswahl für junge Fachleute zu
machen?
Ausbildung im eigenen Unternehmen. Spezielle Traineeprogramme
für den Bereich Beschaffung anbieten. Interessante Praktika
und Werkstudententätigkeiten anbieten, um Nachwuchskräfte für
die Beschaffung zu interessieren.
Je besser die Beschaffung im Unternehmen positioniert ist, je
innovativer ihre Arbeitsweise, je mehr sie mitgestaltet, Werte schafft
und anerkannt wird, desto offensichtlicher wird die Vielfalt der
interessanten Aufgaben und Herausforderungen und die Chancen
sich in und außerhalb der Beschaffung im Unternehmen weiterzuentwickeln.
Welche Rolle spielt die Technologie in der modernen
Beschaffungspraxis? Wie hat die Technologie die Beschaffungsfunktion
verändert?
Technologie ist in der modernen Beschaffungspraxis nicht wegzudenken.
Jedoch gilt für mich immer noch: erst die Prozesse
Kleine Kniffe
11
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 11 28.04.25 11:00
Foto: depositphotos
gestalten und dann die geeignete Technologie für deren Unterstützung
finden. Andersherum wird es jedenfalls im laufenden
Betrieb oft schwierig.
Es gibt eine Vielzahl an sehr nützlichen Entwicklungen, die im
operativen Einkauf Aktivitäten komplett übernehmen können, z.B.
durch RPA und Chat Bots). Im taktischen Einkauf gilt dies in Teilen
ebenso. Der strategische Einkauf kann insbesondere von KI bei der
Analyse von Daten erheblich entlastet und verbessert werden.
Seit dem Aufkommen von sogenannten Einkaufssuites, die
mehr oder weniger zufriedenstellend klassische Beschaffungsprozesse
in einem System zusammenhängend unterstützen hat sich
eine neue Aufgabe für die Beschaffung entwickelt. Zum einen ist
die Auswahl von Technologie im source-to-pay Prozess oder einzelnen
Teilschritten davon Bestandteil der Warengruppenstrategie
geworden. Und zum anderen gehört es bei der Umsetzung dieser
Strategien auch verstärkt dazu, sowohl interne Schnittstellenpartner
also auch Lieferanten und Dienstleister davon zu überzeugen diese
Technologien mit zu nutzen oder zumindest zu unterstützen. Dafür
bedarf es eines sehr guten Prozess- und Technologieverständnisses
einerseits und einer großen sozialen Kompetenz in der Ausprägung
„Kommunikationsfähigkeit“. Hier muss der Einkäufer oftmals sehr
gut verkaufen können.
Das Interview führte
Thomas Heine
Chefredakteur
www.nachhaltige-beschaffung.com
12 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 12 28.04.25 11:00
Wissen, das wirkt:
Wie der Ability Hub Nachhaltigkeit machbar macht
Nachhaltigkeit wird zur Pflicht – doch gerade mittelständische Unternehmen stehen zunehmend
unter Druck, komplexe ESG-Regulatoriken und Nachhaltigkeitsthemen umzusetzen. Im Interview
stellen Tanja Reilly und Pia Pinkawa den Ability Hub vor – eine praxisorientierte Wissensplattform,
die im April 2025 startet. Das Ziel des Start-Ups: Nachhaltigkeit für Unternehmen zugänglich,
verständlich und umsetzbar zu machen.
Frau Reilly, Frau Pinkawa, was genau ist der Ability
Hub – und wie kam es zur Idee?
Tanja Reilly: Die Idee kommt aus der Praxis. Ich habe fast zehn
Jahre bei EcoVadis Unternehmen auf dem Weg zu nachhaltigeren
Lieferketten begleitet. Immer wieder habe ich gesehen: Viele sind
überfordert, die Informationslage ist komplex, intern fehlen Kapazitäten
– und der Druck durch Regulatorik wie CSRD oder EUDR
wächst und gleichzeitig die Überforderung. Genau da setzen wir an.
Pia Pinkawa: Wir möchten mit Ability Hub eine Lücke schließen:
Menschen, die im Unternehmen für Nachhaltigkeit, Einkauf
und Lieferketten verantwortlich sind, sollen einfachen Zugang zu
relevantem, verständlichem und sofort nutzbarem Wissen haben
und sollen so befähigt werden für die Umsetzung von ESG-Compliance
und Nachhaltigkeitsthemen. Unser Ziel ist es, Überforderung
in Befähigung umzuwandeln.
ESG-Vorgaben gelten als kompliziert. Wie hilft der
Hub konkret?
Pia Pinkawa: Viele suchen stundenlang online, kämpfen sich
durch PDFs oder veraltete Schulungen. Die Anforderungen ändern
sich schnell – etwa durch Omnibusvorschläge – und das Nachhalten
ist zeitaufwendig. Wir sagen: Das muss nicht sein. Ability Hub bietet
einen verständlichen Einstieg in Gesetze und Themen, kompakte
Erklärungen, praktische Vorlagen, Tools und Best Practices – alles
sofort einsetzbar. Das spart Zeit, schafft Klarheit und macht Umsetzung
möglich
Tanja Reilly: Und das Ganze ist bewusst niedrigschwellig, denn
Nachhaltigkeit sollte kein Luxus sein, sondern für jedes Unternehmen
machbar. Und manchmal reicht ein Impuls oder gutes Beispiel,
um ins Handeln zu kommen. Dafür bringt unser wachsendes Netzwerk
an Expert:innen zusätzliche Impulse und fundiertes Wissen in
die Plattform ein.
Wer ist Ihre Zielgruppe?
Tanja Reilly: Eigentlich alle, die im Unternehmen mit den
Themen zu tun haben – oder bald zu tun haben werden – in Nachhaltigkeit,
im Einkauf, oder im SCM. Das beginnt bei Studierenden und
neuen Mitarbeitenden in großen Konzernen, reicht bis zu Verantwortlichen
und der Geschäftsführung im Mittelstand. Viele dieser
Unternehmen haben weder ein eigenes Nachhaltigkeitsteam noch
große Budgets – aber ihre Kunden fordern heute Daten, Nachweise
und Transparenz.
Pia Pinkawa: Auch in globalen Lieferketten wird es relevant.
Die wenigsten Unternehmen außerhalb Europas kennen EU-Vorgaben
wie CSRD oder EUDR – das erschwert die Datenerhebung
enorm und erhöht Compliance-Risiken für Einkaufsorganisationen.
Was treibt Sie dabei persönlich an?
Tanja Reilly: Für mich ist Nachhaltigkeit mehr als ein Job –
es ist eine Haltung. Ich finde es inspirierend, Menschen und damit
Unternehmen zu helfen, ins Handeln zu kommen.
Pia Pinkawa: Ich glaube fest daran, dass Wissen Wirkung
entfalten kann – wenn es zugänglich ist. Genau das wollen wir mit
Ability Hub erreichen: Nicht nur informieren, sondern zum Umsetzen
einladen.
Weitere Informationen finden Sie auf www.ability-hub.com
Kleine Kniffe
13
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 13 28.04.25 11:00
Dekarbonisierung der Lieferkette
Potenziale freisetzen
TfS-Instrumente für nachhaltige Lieferketten
Da der Druck zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen zunimmt, richten Unternehmen auf der
ganzen Welt ihr Augenmerk zunehmend auf ihre Wertschöpfungsketten. Indem sie die Dekarbonisierung
ihrer Lieferketten beschleunigen, versuchen die Unternehmen, ihre Verpflichtungen und die Ziele des
Pariser Abkommens zu erfüllen. Together for Sustainability (TfS) - eine globale Initiative unter der
Leitung von Beschaffungsspezialisten der chemischen Industrie - treibt die Dekarbonisierung in der
chemischen Industrie voran und unterstützt die Emissionsreduzierung in verschiedenen Branchen
weltweit.
Ein Bericht von Gabriele Unger
Warum Product Carbon Footprints (PCFs)
wichtig sind
Im Chemiesektor fallen 77 % der Emissionen unter Scope 3
nach der Terminologie des Greenhouse Gas (GHG) Protocol. Die
meisten dieser Emissionen stammen aus eingekauften Waren und
Dienstleistungen (Scope 3.1), was zeigt, dass dieser Bereich für die
Verringerung des CO 2
-Fußabdrucks entscheidend ist
Hochwertige PCF-Daten sind für eine transparente Überwachung
der Lieferkette und fundierte Beschaffungsentscheidungen
unerlässlich. PCFs messen die THG-Emissionen eines Produkts
von der “Wiege bis zum Tor”, d. h. über den gesamten Lebenszyklus
bis zur Lieferung an die Geschäftspartner und wahrscheinlich
den Endverbraucher. Für Chemieunternehmen, die eine effektive
Dekarbonisierung erreichen wollen, sind genaue und standardisierte
PCF-Berechnungen von entscheidender Bedeutung.
Unser PCF-Leitfaden ist ein wichtiges
Hilfsmittel für die Beschaffung
Viele Unternehmen schätzen derzeit die Emissionen ihrer
eingekauften Waren und Dienstleistungen auf der Grundlage
globaler Emissionsfaktoren, was zu unzureichend fundierten
Erkenntnissen führt. Um dieses Problem anzugehen, hat das TfS
den Leitfaden zum Product Carbon Footprint (PCF) eingeführt, der
den globalen Goldstandard für die Berechnung von PCFs in der chemischen
Industrie darstellt.
Der Leitfaden ist ein kostenloses, quelloffenes Dokument, das
auf der TfS-Website verfügbar ist. Er bietet Unternehmen jeder
Größe einen standardisierten Ansatz für die Berechnung und den
Austausch von PCFs, der die Ressourcenzuweisung rationalisiert
und den Lieferanten hilft, effizient nachzuweisen, dass sie die Kundenanforderungen
erfüllen. Der Leitfaden befindet sich nun in seiner
dritten Auflage und wird ständig weiterentwickelt, um den sich
ändernden Anforderungen der Branche gerecht zu werden.
PCFs, die gemäß der TfS-Richtlinie erstellt werden, sind eine
genaue Darstellung der Emissionen pro Produkt. Mit diesen Daten
können Beschaffungsfachleute und Unternehmensleiter die Emissionen
von Produkten ermitteln und nachverfolgen sowie die PCFs
von Lieferanten genau vergleichen und gleichzeitig die Zusammenarbeit
mit Lieferanten und Kunden verbessern
Mit dem PCF-Leitfaden ermöglicht das TfS kleineren Unternehmen
und KMUs, die oft nicht über umfangreiche Expertise in diesem
Bereich der Nachhaltigkeitsbewertung verfügen, durch klare Beschreibungen
der Anforderungen und Berechnungsregeln sowie
anschauliche Beispiele die Erstellung qualitativ hochwertiger PCFs.
Auf diese Weise trägt TfS dazu bei, die Berechnung von PCFs einfacher,
vergleichbarer und qualitativ hochwertiger zu machen. Dies
ermöglicht es Unternehmen unterschiedlicher Größe, eine größere
14 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 14 28.04.25 11:00
Foto: TfS
Anzahl von PCF-Berechnungen für Chemikalien zu erstellen, die
dann in vielen verschiedenen Sektoren für Dekarbonisierungsbemühungen
intensiver genutzt werden können.
Förderung der Angleichung an die Industrie
und der globalen Übernahme
Der PCF-Leitfaden wurde in Zusammenarbeit mit Organisationen
wie dem GHG Protocol, dem World Economic Forum
(WEF), der Science Based Targets Initiative (SBTi) und dem World
Business Council for Sustainable Development (WBCSD) entwickelt.
Er ist vom TÜV Rheinland Energy zertifiziert und entspricht der
ISO 14067 und dem GHG Protocol Product Standard.
Mit fast 20.000 Downloads in fünf Sprachen hat es in der
chemischen Industrie und darüber hinaus breite Zustimmung gefunden
und wurde von 13 Verbänden aus verschiedenen Sektoren
anerkannt.
Prof. Dr. Peter Saling, Direktor für Nachhaltigkeitsmethoden
bei BASF und Co-Vorsitzender des TfS PCF Guideline Work
Package, sagte: “Für Beschaffungsteams bietet der PCF-Leitfaden einen
konsistenten und zuverlässigen Rahmen für die Bewertung des CO 2
-Fußabdrucks
von Produkten, der eine bessere Entscheidungsfindung und eine
transparentere Einbindung von Lieferanten ermöglicht. Durch die
Standardisierung des Datenaustauschs werden komplexe Berechnungen
harmonisiert und die Vergleichbarkeit innerhalb der Lieferketten
verbessert. Wir haben positive Rückmeldungen aus der gesamten Branche
erhalten, auch aus Sektoren wie der Automobil- und Pharmaindustrie, die
in hohem Maße auf chemische Materialien angewiesen sind. Der PCF-Leitfaden
hat sich als vielseitiges Dokument erwiesen, und wir entwickeln ihn
kontinuierlich weiter, um den sich wandelnden Bedürfnissen der Chemieunternehmen
und ihrer vielfältigen Lieferketten gerecht zu werden.”
Die PCF Exchange-Lösung: Die Digitalisierung
von Carbon Footprint-Daten
Um den Bedarf an einem effizienten Austausch von Emissionsdaten
auf Produktebene zu decken, hat TfS die PCF
Exchange-Lösung eingeführt, die allen TfS-Mitgliedern und ihren
Lieferanten zur Verfügung steht. Diese innovative Plattform, die
auf der SiGREEN-Technologie von Siemens basiert, ermöglicht es
den TfS-Mitgliedern und ihren Lieferanten, Daten zum CO 2
-Fußabdruck
von Produkten auf sichere Weise anzufordern, auszutauschen
und zu vergleichen.
Durch die Verwendung eines standardisierten PCF-Datenmodells
kann die Lösung für eine umfassende Treibhausgasbilanzierung
in die Datensysteme der Unternehmen integriert werden. Die PCF
Exchange-Lösung zielt darauf ab, eine rasche Dekarbonisierung
voranzutreiben, indem sie die Berechnungen des CO 2
-Fußabdrucks
Kleine Kniffe
15
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 15 28.04.25 11:00
Foto: TfS
vereinfacht und die frühzeitige Identifizierung von Möglichkeiten
zur Emissionsreduzierung unterstützt.
Unterstützung von Beschaffungsfachleuten
durch die TfS-Akademie
Mit über 340 Schulungsmodulen ist die TfS-Akademie eine
wichtige Lernplattform für TfS-Mitglieder und Lieferanten. Sie
vermittelt grundlegendes Wissen über nachhaltige Beschaffung
und PCF-Management und hält Organisationen über bewährte Verfahren
und Nachhaltigkeitstrends auf dem Laufenden.
Die Kurse sind für alle Mitarbeiter der TfS-Mitglieder und deren
Zulieferer kostenlos und stehen in mehreren Sprachen zur Verfügung,
darunter Englisch, Chinesisch, Portugiesisch und Spanisch,
und werden laufend ergänzt. Der Lehrplan ist auf Flexibilität ausgelegt
und bietet mundgerechte Inhalte, die ein Lernen zu jeder Zeit
ermöglichen.
Ergänzt wird dies durch die PCF Exchange-Lösung, die einen
sicheren und effizienten Austausch von Emissionsdaten auf Produktebene
ermöglicht. Darüber hinaus vermittelt die TfS-Akademie
sowohl den TfS-Mitgliedern als auch ihren Lieferanten wichtige
Kenntnisse für eine nachhaltige Beschaffung.
Durch den Einsatz dieser Ressourcen können Unternehmen
mehr Transparenz und Kontrolle über die Emissionen in der Lieferkette
erlangen, Nachhaltigkeitsziele erreichen und sinnvolle
Veränderungen in den chemischen Lieferketten und darüber hinaus
vorantreiben. Wenn die Reduktionsziele näher rücken und die
Vorschriften strenger werden, sind Unternehmen, die jetzt handeln,
besser positioniert, um ihr Geschäft zukunftssicher zu machen und
die Reduktion von Scope-3-Emissionen voranzutreiben.
Besuchen Sie die TfS-Website und laden Sie den PCF-Leitfaden
herunter, noch heute, um die Dekarbonisierungsreise Ihres
Unternehmens zu beginnen.
Schaffung von Instrumenten für eine
kohlenstoffärmere Zukunft
Beschaffungsexperten spielen eine immer wichtigere Rolle bei
der Emissionsreduzierung. Durch die Nutzung der innovativen
Instrumente von TfS können Unternehmen ihre Bemühungen zur
Dekarbonisierung beschleunigen. Der PCF-Leitfaden ermöglicht es
Beschaffungsteams, PCF-Berechnungen über komplexe Lieferketten
hinweg zu standardisieren und zu rationalisieren.
Autorin
Gabriele Unger
Geschäftsführerin
Togehther for Sustainability (TfS)
https://www.tfs-initiative.com/
16 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 16 28.04.25 11:00
Messen und Konferenzen
The Future of Procurement and Sustainability
Der Procurement Summit ist die Gelegenheit, sich über die aktuellen Herausforderungen, neuesten
Trends, Best Practices, IT-Lösungen und Strategien namhafter Unternehmen zu informieren und
auszutauschen. An zwei Tagen versammelt die führende Messe und Konferenz für Digitalisierung
und Innovation im Einkauf, hochkarätige Speaker, Expert:innen, Entscheider:innen, Innovatoren
und Aussteller, um gemeinsam die Zukunft des Einkaufs aktiv mitzugestalten.
Seit vielen Jahren hat sich der Procurement Summit
als Event to be in den Köpfen von Beschaffungsverantwortlichen
verankert. Was sind für dich die
Mega-Herausforderungen des Procurements aktuell?
Procurement steht gerade an einem spannenden Punkt. Die
Anforderungen an Nachhaltigkeit und Transparenz steigen massiv,
während gleichzeitig geopolitische Unsicherheiten und gestörte
Lieferketten das Geschäft erschweren. Unternehmen müssen nicht
nur resilienter werden, sondern auch innovative Technologien
nutzen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Digitalisierung, Automatisierung
und KI sind hier riesige Hebel. Deshalb ist der Austausch
unter Experten heute wichtiger denn je.
Gibt es Themen des Procurement Summits, die dir
besonders wichtig sind und auf die du interessierte
Besucher*innen hinweisen möchtest?
Definitiv! Besonders freue ich mich auf unseren hochkarätigen
Speaker Ranga Yogeshwar. Er bringt eine spannende Perspektive auf
die technologischen Entwicklungen und gesellschaftlichen Herausforderungen
mit. Das wird ein echtes Highlight! Aber auch unsere
Masterclasses sind absolute Must-Sees, weil dort echte Praxis-Cases
gezeigt werden, die man direkt im eigenen Unternehmen anwenden
kann.
Erstmals habt ihr in diesem Jahr zwei Veranstaltungen
zusammengelegt: den Procurement Summit und den
Sustainability Summit. Was hat euch zu diesem Schritt
veranlasst?
Wie gelingt es euch, Aussteller an euch zu binden und
die Zahl der Aussteller regelmäßig zu erhöhen?
Wir schaffen eine Plattform, die nicht nur Leads liefert, sondern
echte Business-Möglichkeiten bietet. Unsere Aussteller lieben das
Networking mit hochkarätigen Entscheiderinnen, die lockere, offene
Atmosphäre und unsere interaktiven Formate. Zudem entwickeln
wir jedes Jahr neue Konzepte, um den Summit noch spannender zu
machen – sei es durch exklusive VIP-Areas, Startup-Pitches oder
unsere Event-App, die es Teilnehmerinnen ermöglicht, gezielt mit
relevanten Kontakten ins Gespräch zu kommen.
Kurzentschlossen möchte ich als Besucher zum Procurement
Summit kommen. Hast du einen besonderen
Anreiz für mich?
Unbedingt! Wenn du im Procurement unterwegs bist, dann ist
der Summit der Place to be. Hier bekommst du die neuesten Insights,
triffst Branchen-Kolleg*innen auf Augenhöhe und kannst dich mit
den wichtigsten Playern vernetzen. Und mal ehrlich: Wo sonst hast
du die Chance, Ranga Yogeshwar live zu erleben und danach mit
einem kühlen Getränk mit Gleichgesinnten zu diskutieren? Außerdem
erwartet dich am ersten Veranstaltungstag eine legendäre
Abendveranstaltung mit DJ – die perfekte Gelegenheit, den Tag
entspannt ausklingen zu lassen und weiter zu netzwerken!
Hier geht es zum Ticket mit 100 € Rabatt
Procurement und Nachhaltigkeit sind mittlerweile untrennbar
miteinander verbunden. Einkauf kann nicht mehr nur auf Kosten
und Effizienz schauen – ESG-Kriterien, Kreislaufwirtschaft und
nachhaltige Lieferketten stehen ganz oben auf der Agenda. Viele
unserer Besucher*innen haben beide Events ohnehin besucht. Jetzt
haben sie alles an einem Ort, mit noch mehr Austausch, noch mehr
Know-how und noch mehr Impact..
Interview Partner
Mark Van den Brink
Head of Event Management
Procurement Summit
mark.van-den-brink@trailblazer.de
Kleine Kniffe
17
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 17 28.04.25 11:00
Nachhaltigkeit in der Lieferkette
Dekarbonisierung in der Lieferkette
Digitalisierung als Schlüssel zum Social Impact
Die meisten Treibhausgasemissionen entstehen nicht dort, wo Einkaufsentscheidungen
getroffen werden – sondern entlang komplexer, oft globaler Wertschöpfungsketten. Wer heute
klimafreundlich und verantwortungsvoll beschaffen will, braucht mehr als grüne Ambitionen: Er
braucht Daten, Prozesse und den Mut zur strukturellen Veränderung. Der Beitrag widmet sich der
Frage, wie digitale Lösungen und sektorübergreifende Partnerschaften die Dekarbonisierung in
internationalen Lieferketten vorantreiben.
Ein Beitrag von Jasper Bhaumick
EU-Richtlinien wie die Corporate Sustainability Due Diligence
Directive (CSDDD) und die Corporate Sustainability Reporting
Directive (CSRD) verpflichten Unternehmen, Risiken für Mensch
und Umwelt in ihrer gesamten Lieferkette zu identifizieren, zu verhindern,
zu mildern – und darüber zu berichten. Bereits 2029 müssen
Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und über 450 Mio.
Euro Umsatz die Vorgaben erfüllen. In der ursprünglichen Fassung
galt dies für indirekte Lieferanten – der aktuelle Omnibus-Vorschlag
beschränkt die Sorgfaltspflicht nun auf direkte Geschäftspartner,
außer bei konkreten Verdachtsfällen. Ein Rückschritt aus Sicht
vieler Expert:innen, aber für Beschaffer:innen dennoch ein deutliches
Signal: Transparenz in der Kette ist nicht Kür, sondern Pflicht.
Daten statt Bauchgefühl:
Dekarbonisierung beginnt mit Sichtbarkeit
Für die Einkaufsabteilungen bedeutet das einen Paradigmenwechsel.
Nachhaltigkeit darf kein Add-on mehr sein, das kurz vor
dem Lieferanten-Ranking geprüft wird. Wer seine Lieferketten
dekarbonisieren will, muss Scope-3-Emissionen messen, ESG-Risiken
systematisch bewerten und soziale wie ökologische Wirkungen
entlang der gesamten Kette dokumentieren können – vom Rohstoff
bis zur Retourenlogistik.
Dabei entstehen neue Fragen: Welche Lieferanten haben die
größten CO₂-Fußabdrücke? Wo liegen Biodiversitätsrisiken? Wer
erfüllt Sozialstandards – und wer kommuniziert sie nur? Gerade in
der indirekten Lieferkette sind valide Antworten selten. Laut einer
KPMG-Studie aus 2024 konnten nur 37 % der befragten Unternehmen
verlässliche Scope-3-Daten erheben. Das gefährdet nicht nur
Klimaziele – sondern auch die Resilienz von Liefernetzwerken.
Vom Bericht zur Transformation:
CSRD und doppelte Wesentlichkeit als Hebel
Die CSRD wirkt dabei wie ein Katalysator. Ab 2025 müssen
viele Unternehmen in der EU einen Nachhaltigkeitsbericht nach
verbindlichen Standards (ESRS) veröffentlichen. Zentraler Bestandteil
ist die doppelte Wesentlichkeitsanalyse – sie erfasst sowohl
die Auswirkungen des Unternehmens auf Umwelt und Gesellschaft
(Impact-Materialität) als auch die finanziellen Risiken durch
ESG-Faktoren (Financial Materiality).
Für den Einkauf ist das eine strategische Chance: Wer jetzt
Lieferantenbeziehungen, Rohstoffe und Logistiksysteme entlang
ökologischer und sozialer Kriterien bewertet, kann nicht nur
Berichtspflichten erfüllen – sondern auch Wettbewerbsvorteile
sichern. Das gilt insbesondere im Hinblick auf Investoren: 85 % der
institutionellen Anleger beziehen ESG-Kriterien in ihre Entscheidungen
ein. Dies bezieht auch freiwillige Standards mit ein und
erhöht somit für Kapitalgesellschaften oft die Anforderungen.
Technische Umsetzung:
Weniger Excel, mehr Echtzeitdaten
Die Umsetzung solcher Anforderungen ist ohne digitale
Lösungen kaum denkbar. Plattformen wie bizpando helfen dabei,
Lieferanteninformationen zu bündeln, standardisierte Fragebögen
auszufüllen, Zertifikate zu verwalten und Fortschritte sichtbar zu
18 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 18 28.04.25 11:00
Foto: depositphotos
machen. Besonders wichtig: der Brückenschlag zwischen strategischem
Reporting und operativem Einkauf.
Für die Praxis bedeutet das: Weniger Excel, mehr Echtzeitdaten.
Weniger Einmalabfragen, mehr kollaboratives Netzwerken. Und vor
allem: Weniger Unsicherheit, mehr belastbare Entscheidungsgrundlagen.
Ein Beispiel ist der neue CSRD-Fragebogen auf bizpando, der
eine erste Orientierung für die doppelte Wesentlichkeitsanalyse
bietet – und damit gerade KMU einen niedrigschwelligen Einstieg
ermöglicht.
Das Projekt adressiert direkt 10 der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele
(SDGs) – darunter Armut (SDG 1), Ernährungssicherheit (SDG
2), menschenwürdige Arbeit (SDG 8) und Klimaschutz (SDG 13).
Lokale Trainingsmaßnahmen und digitale Monitoring-Systeme,
aktuell in Entwicklung durch bizpando, sorgen für Transparenz und
Verlässlichkeit in der Umsetzung – von der GPS-Vermessung über
die Zertifizierung bis zur Auszahlung der Erlöse. So wird Dekarbonisierung
zum Enabler für Social Impact – skalierbar, nachvollziehbar
und mit direkter Wirkung in den Ursprungsländern.
Dekarbonisierung mit Wirkung: Wie
Klimaschutz sozialen Fortschritt schafft
Dekarbonisierung ist mehr als ein CO₂-Reduktionsziel. Sie kann
Hebel für echte Transformation in der Lieferkette sein. Denn besonders
in rohstoffnahen Sektoren wie der Baumwollproduktion gehen
ökologische und soziale Herausforderungen Hand in Hand: arme
Böden, hoher Pestizideinsatz, geringe Einkommen und fehlende
Klimaanpassungskapazitäten.
Im Rahmen eines Carbon Credit Projekts fördert bizpando
gemeinsam mit der Aid by Trade Foundation, dem International
Cotton Advisory Committee und afrikanischen Partnern eine klimaintelligente
Landwirtschaft. Die Methode nutzt Pflanzenkohle aus
Baumwollstängeln, um CO₂ dauerhaft im Boden zu binden, gleichzeitig
die Bodenqualität zu verbessern und die Resilienz gegenüber
Dürre zu erhöhen. Durch die Einbindung lokaler Farmer entstehen
so pro Hektar mehrere Tonnen CO₂-Zertifikate – mit direkter ökonomischer
Beteiligung der Bäuer:innen.
Fazit: Nachhaltige Beschaffung beginnt heute
Die Anforderungen werden weiter steigen – ob durch CSDDD,
CSRD oder neue EU-Taxonomie-Regeln. Gleichzeitig wächst der
Druck aus Märkten, Gesellschaft und Kapital. Für Beschaffungsverantwortliche
bedeutet das: Jetzt ist der richtige Moment, um die
Weichen zu stellen. Wer Nachhaltigkeit strukturiert in seine Einkaufsprozesse
integriert, schafft nicht nur Compliance – sondern
auch Widerstandsfähigkeit, Vertrauen und Zukunftsfähigkeit.
Autor
Jasper Bhaumick
CEO der bizpando AG
https://www.bizpando.com
jasper.bhaumick@bizpando.com
Kleine Kniffe
19
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 19 28.04.25 11:00
Nachhaltige Lieferkette
Robuste und integre Lieferketten im Zeitalter von Nachhaltigkeit und Unsicherheit
Doppelarbeiten vermeiden, gezielt investieren:
Praktische Tipps zur Verknüpfung von Einzelmaßnahmen
Die letzten Jahre haben uns alle vor Augen geführt, wie sehr wir von globalen Märkten und
Entwicklungen abhängig sind. Fast täglich stellen fragile Lieferketten, geopolitische Verwerfungen
(z.B. Trend zur Multipolarität), Pandemie, Inflation und anhaltende Versorgungsunterbrechungen
unsere Widerstandsfähigkeit auf den Prüfstand. Ergänzend fordert uns die zunehmende Regulatorik,
wie Lieferkettengesetze, wie das LkSG bzw. das europäische CSDDD, weitere oftmals ungeplante
Kapazität für die Umsetzung einzusetzen und nachhaltig in die Geschäftstätigkeit zu integrieren.
Ein Bericht von Jan- Henner Theißen
Die letzten Jahre haben uns alle vor Augen geführt, wie sehr
wir von globalen Märkten und Entwicklungen abhängig sind. Fast
täglich stellen fragile Lieferketten, geopolitische Verwerfungen
(z.B. Trend zur Multipolarität), Pandemie, Inflation und anhaltende
Versorgungsunterbrechungen unsere Widerstandsfähigkeit auf den
Prüfstand. Ergänzend fordert uns die zunehmende Regulatorik, wie
Lieferkettengesetze, wie das LkSG bzw. das europäische CSDDD,
weitere oftmals ungeplante Kapazität für die Umsetzung einzusetzen
und nachhaltig in die Geschäftstätigkeit zu integrieren.
Daran wird sich in 2025ff nicht viel ändern. Im Gegenteil, es
ist zu erwarten, dass aufgrund bleibender Herausforderungen
eine abermalige Zunahme von Unsicherheiten zu einer weiteren
Konzentration der Einkaufsaufgaben auf Kosten-, Risiko-, Nachhaltigkeits-
und Verfügbarkeitsmanagement führen wird.
Aus vergangenen Vorfällen
lernen und wachsen
Ausgehend von der Wirtschaftskrise der frühen 2000er Jahre
haben viele Unternehmen ihr Lieferketten-Risikomanagement
verstärkt. Dabei Prozesse, Strukturen geschaffen, Methoden, teils
IT-gestützt, entwickelt und umgesetzt. Fokus lag hierbei oftmals auf
die klassischen Finanzkennzahlen, Insolvenzprävention und Lieferfähigkeit.
Dieser Ansatz reflektierte die damaligen kurzfristigen
Herausforderungen. Klimaschutz, Transformationen ganzer Branchen
(z.B. Automotive) oder ein schwächelndes, expansives China
waren auf keiner Agenda.
Im Zeitalter von globalen Unsicherheiten, gesellschaftlichem Druck
zu ethischem und nachhaltigem Handeln und daraus entstehenden
gesetzlichen Anforderungen zeigt sich, dass dieser Ansatz unzureichend
ist und keinesfalls die gewünschte Widerstandsfähigkeit sichert. In
vielen Unternehmen besteht ein erheblicher Entwicklungsbedarf für ein
proaktives, strukturell verankertes und ganzheitliches Risikomanagement
moderner Prägung mit klar definierten Methoden, Prozessen und
digitalen KI-gestützten Lösungen, das gleichwertig Lieferkettenrisiken,
Kostenrisiken sowie die Einhaltung von Nachhaltigkeitsprinzipien und
regulatorischen Anforderungen abdeckt.
Ein Beispiel: Wir sollten uns bewusst sein, dass zusätzliche (Compliance-)
Risiken auch durch gut gemeinte Regulatorik wie dem LkSG
entstehen (hält mein Lieferant diese Regeln ein und welche Risiken birgt
sein Verhalten für mich) und diese einer Überwachung und Gegenmaßnahmen
bedarf.
Ein zweites Beispiel: Technologien für den Klimaschutz verlangen
oft nach bestimmten kritischen bzw. seltenen Materialen, die in
bestimmten Regionen der Welt gefördert werden und um die es einen
Wettstreit bis hin zu Ausfuhrbeschränkungen gibt. Somit die typischen
Verfügbarkeitsrisiken und Unplanbarkeit bei der Beschaffung fördert.
Gilt im Übrigen analog für militärische Technologien und
Anwendungen. Hier bestimmt nach Einschätzung von Experten die
Verfügbarkeit dieser Materialien auch über Verteidigungsfähigkeit und
militärisches Gleichgewicht, was in einer multipolaren Weltordnung
von hoher Wichtigkeit ist.
20 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 20 28.04.25 11:00
Foto: depositphotos
Fazit: Auch sinnvolle Maßnahmen für Mensch und Umwelt
können für Unternehmen nicht nur Mehraufwand, sondern auch
eine verstärkte Risikoexposition bedeuten. Dieses verstärkt die Notwendigkeit
eines Risikomanagements der Lieferkette drastisch.
Ein Risikomanagement der Lieferkette ist
mehr als Finanzkennzahlen, Versorgungs- und
Insolvenzrisiken zu managen - Ganzheitlichkeit
und übergreifendes Arbeiten ist die Devise
Der Betrieb einer robusten und gleichzeitig integren Lieferkette
ist mehr denn je Hauptaufgabe jeder Einkaufsorganisation und der
Unternehmensführung. Es geht um nicht weniger als den Fortbestand
und die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens, aber auch
um den Ruf eines ethisch und nachhaltig handelnden, verantwortungsbewussten
„Good Corporate Citizen“.
Umso wichtiger ist aus Sicht eines Risikomanagements die
Verzahnung aller Bausteine. Dazu gehört, neben den klassischen
Risikoindikatoren und -kennzahlen (finanzielle Stabilität, Blacklisting,
Fluktuation, Managementwechsel, Eigentümerwechsel,
schlechte Lieferperformance) auch die Minimierung von Nachhaltigkeitsrisiken
sowie kommerzieller Risiken. Jenes bedingt, dass
auch Kostenrisiken der Lieferanten offengelegt (Stichwort: Preisund
Kostenanalyse) und präventiv bearbeitet werden.
Nur so lassen sich in einem schwierigen Marktumfeld Ergebnis
und Liquidität Ihres Unternehmens stützen. Nachhaltigkeit bedeutet
hier: Stabile Lieferanten sind Teil stabiler Lieferketten, es gilt
der Grundsatz „leben und leben lassen“ ebenso wie das gemeinsame
Erarbeiten und Umsetzen von Potentialen. Ein fairer, nachhaltiger
und partnerschaftlicher Ansatz auf Basis von Zahlen, Daten, Fakten
ist unerlässlich. Nur unternehmensübergreifend lassen sich Risiken
und gesetzliche Anforderungen wirksam und nachhaltig vermeiden
bzw. umsetzen. Gerade die Lieferkettengesetze fordern dieses ein,
der gesunde Menschenverstand sollte jedoch Treiber allen Handelns
sein.
Was Sie etablieren sollten:
• Einen verzahnten Ansatz aller Aktivitäten, die in irgendeiner
Form Ihre Lieferkette betreffen. Projekte zum Risiko-, Nachhaltigkeits-
und Compliance Mgmt.
• Silos aufbrechen. Parallelität führt zu Doppelarbeiten,
konfliktären Prioritäten, doppelten IT-Lösungen und Budgets,
Mehrbelastung für Mitarbeitende & Lieferanten. Ein Projekt
zur Optimierung der Lieferkette muss das Ziel sein
• Indikatoren und Kennzahlen erweitern. Nicht nur Lieferleistung
(Qualität, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit) messen,
sondern diese um risiko- und Nachhaltigkeitskennzahlen
erweitern. Digitale Lösungen helfen hier.
• Eine 360 Grad Sicht auf Lieferant und Lieferkette schaffen.
Auch unter Einsatz geeigneter digitaler Lösungen, die wertvolle
Betrachtungen, Vorfälle und Kennzahlen liefern,
Transparenz schaffen.
Kleine Kniffe
21
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 21 28.04.25 11:00
Grafik: Jan- Henner Theißen
Übrigens: All das lässt sich auch im Mittelstand umsetzen und
ist dank zahlreicher Lösungen auf dem Markt bezahlbar, wie unser
abschließendes Praxisbeispiel zeigt.
Bausteine für ein ganzheitliches
Risikomanagement der Lieferkette
Kultur vor Prozess! Grundlage für ein effektives Risikomanagement
der Lieferkette ist die Verankerung in den Köpfen, Strukturen
und Entscheidungsalternativen des Unternehmens sowie die Schaffung
und Pflege einer gelebten Risikokultur. Es gilt vorranging die
Menschen zu sensibilisieren, ein ganzheitliches Risikobewusstsein
zu schaffen und für ein effektives Risikomanagement der Lieferkette
fit zu machen. Nur dann lassen sich danach dann effektive und
notwendige Strukturen, Prozesse und Methoden zu etablieren, die
sowohl bei den Lieferanten als auch im eigenen Unternehmen eine
erfolgreiche Fortführung des Unternehmens sicherstellt, Ergebnisse
und Liquidität sichert. Praxisorientierte Bausteine sind:
1. Risikobewusstsein und Strategie: Risikokultur &
Risikostrategie inkl. ESG Themen
2. Aufbau eines ganzheitlichen Risikomanagements:
Betriebsmodell & Governance
3. Identifikation von Risiken: Risikokategorien, Kostenrisiken,
Compliance Risiken
4. Risikobewertung: Wahrscheinlichkeit, Auswirkungen,
Priorisierung
5. Risikominimierung: Diversifikation, Substitution,
Puffer, Verträge, Technologie
6. Kontinuierliches Monitoring, auch hier mit analogen
und digitalen Methoden: Überwachung Lieferanten, Logistikknoten,
Regionen und Leistungsmessung
7. Krisenmanagement und Resilienz: Notfallpläne,
Kommunikation, Lernen
8. Zusammenarbeit und Partnerschaften: Kooperationen &
Lieferkettentransparenz
9. Regelmäßige Überprüfung und Anpassung: Audits
und agile Anpassung
Ein Praxisbeispiel – Mittelstand im Wandel
Ein mittelständisches Unternehmen aus Brandenburg (ca. 1.0
Mrd. Umsatz) hat die Anforderungen des LkSG zum Anlass genommen
sein Lieferantenmanagement vollständig zu überarbeiten und
auf digitale Füße zu stellen. Dabei Transparenz in der Lieferkette
und bei der Interaktion zur den gesetzlichen Anforderungen zu
erzeugen. Mit Hilfe digitaler Lösungen wurden die Anforderungen
so umgesetzt, dass die Vielzahl der Aufgaben und Lieferanten auch
22 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 22 28.04.25 11:00
Grafik: Jan- Henner Theißen
mit einem überschaubaren Team gesetzeskonform, nachvollziehbar
und auditfähig bearbeitet werden können. Das zentrale Lieferantenmanagement
(SRM) dient dabei nicht nur als digitaler Hub, der einen
360 Grad Blick auf den Lieferanten ermöglicht, sondern spiegelt
auch die Ganzheitlichkeit des Risikomanagements sicher. In diesem
Hub fließen alle Informationen und Risikomeldungen des digitalen
Risikoüberwachungssystems, der Lieferantenbewertung und Nachhaltigkeitssystems
(ESG, LKSG Konformität der Lieferanten) ein.
Das erlaubt dem Unternehmen eine frühzeitigere Identifikation von
Risiken und Abweichungen und ein besseres steuern der Lieferanten
und der Lieferkette. Die notwendige Verzahnung eines zeitgemäßen
Risikomanagements wurde hier beispielhaft umgesetzt.
Digitale Technologien in Verbindung mit einer pragmatischen
Vorgehensweise erlauben auch mittelständischen und öffentlichen
(Beschaffungs-) Organisationen mit eingeschränktem Budget und
Personaldecke erfolgreich progressive analoge und digitale Ansätze
zu erarbeiten. Was im Hinblick auf die Arbeitsbelastung eine dringende
Empfehlung ist.
Zusammenfassend: Nur ein ganzheitlicher Ansatz, der diese
Elemente kombiniert, ermöglicht es Unternehmen, ihre Lieferketten
auch in der Praxis robuster und widerstandsfähiger gegen
Störungen zu gestalten und dabei die Einhaltung wichtiger Nachhaltigkeitsprinzipen
sicherzustellen Das Zusammenspiel von Mensch
und Maschine ist entscheidend für die Effektivität und insbesondere
sind in aktuellen Zeiten zu befähigen als Risikomanager zu handeln.
Über den Autor:
Jan- Henner Theißen ist dem Einkauf seit fast 28 Jahren
eng verbunden und wirkte bei namhaften Unternehmen
(AGCO, Benteler, ThyssenKrupp) in verschiedenen
Einkaufs- und Führungsfunktionen, davon 8 Jahre in
leitenden Funktionen in den USA. Er befasst sich seit
2008 mit dem Risikomanagement von Lieferketten
und seine Projekte wurden mehrfach durch das Forbes
Magazin sowie den BME eSolutions Award (2015) und
den Deutschen Logistikpreis (2016) gewürdigt.
Autor:
Jan- Henner Theißen
https://www.targetp.de/
jht@targetP.de
Kleine Kniffe
23
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 23 28.04.25 11:00
CO 2
-Strategie von Unternehmen
Transformation in der Baustoffindustrie
Langfristiger Unternehmenserfolg setzt nachhaltig orientiertes Handeln und einen
verantwortlichen Umgang mit Nachbarn, Geschäftspartnern und Mitarbeitern voraus.Doch wie
gelingt der Wandel in der Praxis? Ich spreche mit mit Elisa Bartels, Senior Manager Sustainability
Ratings & Products bei Heidelberg Materials, über den Weg des Unternehmens in die
Klimaneutralität.
Das Interview führte Thomas Heine
Frau Bartels, vielen Dank für das Gespräch. Könnten
Sie sich bitte kurz vorstellen und Ihre Rolle bei Heidelberg
Materials beschreiben?
Natürlich, ich bin Senior Manager Sustainability Ratings &
Products bei Heidelberg Materials und konzentriere mich auf
Group-Ebene auf die Themen ESG-Ratings und nachhaltiges Produktportfolio.
Unsere ESG-Rating-Strategie ist für uns ein wichtiges
Instrument zur Beobachtung und Analyse des ESG-Marktumfeldes,
sowie zur kontinuierlichen Identifikation von Best Practices und
Optimierungspotenzialen. Daher bewerte ich regelmäßig die Relevanz
und Bedeutung unserer aktuellen Zielratings und trete in einen
proaktiven Dialog mit den Ratinganbietern. Dies hilft uns, genauer
und besser zu verstehen, was diese erwarten. Das letzte Jahr war
ein sehr erfolgreiches Jahr für Heidelberg Materials, denn wir haben
uns in zahlreichen ESG-Ratings signifikant verbessert, und sind
seit Dezember erstmals im Dow Jones Sustainability Index Europe
gelistet.
Was bedeutet diese Anerkennung für Ihr Unternehmen?
Die Aufnahme in den DJSI Europe ist in der Tat eine bedeutende
Anerkennung unserer konsequenten ESG-Strategie. Sie zeigt,
dass wir unsere Nachhaltigkeitsziele ernst nehmen und konsequent
umsetzen. Besonders positiv wurden unsere Leistungen in den Bereichen
Klimastrategie, Transparenz und Berichterstattung bewertet.
Heidelberg Materials ist ein führendes Unternehmen
in der Baustoffindustrie. Wie wichtig ist das Thema verantwortungsvolle
Beschaffung für Ihr Unternehmen und
welche Rolle spielt es in der Nachhaltigkeitsstrategie?
Verantwortungsvolle Beschaffung ist für uns von entscheidender
Bedeutung. Wir erkennen an, dass unsere Lieferkette mit
Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft verbunden ist.
Bei der Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen verfolgen
wir einen transparenten, nachhaltigen und zukunftsorientierten
Ansatz. Wir setzen uns dafür ein, dass unsere Lieferanten hohe
Standards in Bezug auf Umweltschutz, Arbeitsbedingungen und
soziale Verantwortung einhalten. Bei der Auswahl und Evaluierung
unserer Lieferanten sind wir kontinuierlich bemüht, menschenrechtliche,
ethische und ökologische Faktoren zu berücksichtigen.
Dies entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben, sondern ist
auch ein entscheidender Faktor für unsere Stakeholder, insbesondere
für Investoren, die zunehmend auf ESG-Kriterien achten.
Heidelberg Materials hat einen umfassenden
Klima-Transition-Plan entwickelt. Könnten Sie uns
mehr über diesen Plan erzählen und wie er sich auf die
Unternehmensstrategie auswirkt?
Unser Klima-Transition-Plan knüpft an unserer Unternehmensstrategie
an und beschreibt, wie wir unsere CO 2
-Emissionen
reduzieren und bis 2050 klimaneutral werden wollen. Der Plan
umfasst robuste CO 2
-Roadmaps auf Länder- und Standortebene
und setzt auf Technologien wie Carbon Capture, Utilisation und
Storage (CCUS).
24 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 24 28.04.25 11:00
Wie sehen Sie die Rolle von Innovationen und Technologien
in der Umsetzung Ihres Klima-Transition-Plans?
Innovationen und Technologien spielen eine entscheidende
Rolle in der Umsetzung unseres Klima-Transition-Plans. Wir
investieren in neue Technologien wie CCUS und entwickeln innovative,
CO 2
-arme Produkte. Diese Technologien helfen uns nicht
nur, unsere Umweltbilanz zu verbessern, sondern auch die Effizienz
unserer Prozesse zu steigern und neue Märkte zu erschließen.
Wie wichtig ist es, dass Unternehmen wie Heidelberg
Materials in Bezug auf Nachhaltigkeit vorangehen, und
welche Auswirkungen hat dies auf die Branche?
Es ist entscheidend, dass energieintensive Unternehmen wie
Heidelberg Materials eine Vorreiterrolle in Bezug auf Nachhaltigkeit
übernehmen. Dies trägt zu einer positiven Veränderung in der gesamten
Branche bei.
Abschließend, welche Herausforderungen sehen Sie
in der Zukunft auf dem Weg zur Erreichung Ihrer Nachhaltigkeitsziele,
und wie plant Heidelberg Materials, diese
zu meistern?
Die Dekarbonisierung unserer Industrie ist eine Mammutaufgabe,
an der wir intensiv arbeiten – auch gemeinsam mit Partnern.
Wir setzen dabei auf maßgeschneiderte Maßnahmen für alle
Standorte weltweit und einen intelligenten Mix aus etablierten
Reduktionsmaßnahmen und neuen Technologien.
Heidelberg Materials,
Bekenntnis zur Nachhaltigkeit
Heidelberg Materials will bis 2030 den Umsatz
mit nachhaltigen Produkten auf einen Anteil von
50 % des Konzernumsatzes steigern. Dabei setzt
das Unternehmen auf CO 2
-ärmerer Zemente und
Betone, die Nutzung neuer Technologien und dem
zunehmenden Einsatz recycelter Materialien. Damit
treibt Heidelberg Materials die Kreislaufwirtschaft
in seiner Wertschöpfungskette voran und beteiligt
sich außerdem im Einklang mit den Zielen der
Europäischen Union an Forschungsprojekten zur
Wiederverwendung von rezyklierten Baustoffen.
Elisa Bartels
Bevor sie bei Heidelberg Materials die
Verantwortung für die erfolgreiche Positionierung
auf dem ESG-Ratingmarkt übernahm, sowie
bei der globalen Go-to-Market-Entwicklung und
-implementierung des nachhaltigen Produktportfolios
mitwirkte, hat Elisa Bartels bei der BASF SE
verschiedenste Nachhaltigkeitsthemen betreut: von
Geschäftsgenerierung durch Nachhaltigkeit, bis hin
zur Nachhaltigkeitsstrategie sowie deren Umsetzung.
Kleine Kniffe
25
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 25 28.04.25 11:00
Aus nationalen Kompetenzstellen der Beschaffung
Projektbericht
„Dienstleistungen nachhaltig beschaffen“
Die Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung (KNB) des Beschaffungsamtes des BMI hat
am 19.02.2025 einen neuen, umfassenden Projektbericht veröffentlicht, der sich mit der Frage
befasst, wie ökologische und soziale Nachhaltigkeitskriterien bei den öffentlichen Vergaben von
Dienstleistungen berücksichtigt werden können.
Ein Beitrag von Nicole Dülger, Leslye Herr und Caroline von Bechtolsheim
Die letzte große Vergaberechtsreform für europaweite Vergaben
im Jahr 2014 hat nicht nur den Weg für die Einbeziehung von Nachhaltigkeitskriterien
bei Ausschreibungen geebnet, sondern diesen
auch stärker in den Fokus gerückt. Besonders bei den sogenannten
Oberschwellenvergaben, die europaweit veröffentlicht werden
müssen, aber auch bei anderen Vergaben, spielt Nachhaltigkeit eine
zunehmend wichtigere Rolle. Dienstleistungsaufträge machen dabei
im Vergleich zu Liefer- und Bauaufträgen einen erheblichen Anteil
des Gesamtvolumens der öffentlichen Ausschreibungen aus. Dennoch
finden Nachhaltigkeitskriterien in der Praxis nur in wenigen
Dienstleistungsvergaben Berücksichtigung. Ein zentrales Ziel des
Projektberichts ist es daher, den Vertreterinnen und Vertretern
öffentlicher Auftraggeber und Vergabestellen einen umfassenden
Überblick über Möglichkeiten zu geben, wie Nachhaltigkeitsaspekte
stärker in die Vergabe von Dienstleistungen integriert werden
können, und konkrete Umsetzungsmöglichkeiten in Ausschreibungen
aufzuzeigen.
Der Projektbericht „Dienstleistungen nachhaltig beschaffen“
wurde vom Anwaltsbüro Gaßner, Groth, Siederer & Coll. [GGSC]
gemeinsam mit Ramboll Management Consulting – civity im Auftrag
der KNB erstellt. Im Wesentlichen besteht er aus drei voneinander
klar abgegrenzten Teilen:
Teil A: Rechtlicher Rahmen und Abwägungen
Teil A führt in die rechtlichen Rahmenbedingungen und Diskussionen
zum Thema ein. Es werden ein anschaulicher Überblick
über die rechtlichen Spielräume und Möglichkeiten sowie deren
Ausschöpfung und gleichzeitig Hinweise für die Vergabepraxis
gegeben. Dabei werden nicht nur die Bundesregelungen berücksichtigt.
Vielmehr wird auch auf einige relevante Vorgaben der Länder
hingewiesen. Bevor die rechtlichen Grundlagen zur Anwendung
von Nachhaltigkeitskriterien und den erforderlichen Abwägungsprozessen
erläutert werden, werden hier erste Einschätzungen von
Beschaffenden vorgestellt. Dies ermöglicht eine praxisnahe Bewertung
von Ansätzen, die bereits in der Vergabepraxis Anwendung
finden.
Teil B: Konkrete Nachhaltigkeitskriterien
In Teil B werden einzelne soziale und ökologische Nachhaltigkeitsaspekte
mit Blick auf ihre vergaberechtliche und praktische
Umsetzbarkeit bei Dienstleistungsvergaben eingeordnet.
Dabei wurden aus der Perspektive der Auftraggeber besonders
relevante Nachhaltigkeitskriterien ausgewählt und diskutiert:
• Inklusion und Barrierefreiheit,
• Gleichstellung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf,
• Entlohnung,
• Arbeitszeiten,
• Umweltmanagementmaßnahmen und -systeme,
• Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien,
• Bilanzierung, Verringerung und Kompensation von
CO2-Emissionen,
• Mobilität,
• Abfallmanagement und Ressourcenbewirtschaftung.
26 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 26 28.04.25 11:00
Grafik: KNB
Anschließend wurden mögliche Einsatzfelder auf den unterschiedlichen
Vergabeebenen – insbesondere für Mindestkriterien
bzw. Ausführungsbedingungen und Zuschlagskriterien – untersucht.
Ergänzt wird dies durch einen tabellarischen Überblick.
Teil C: Beispiele aus den Bereichen IT-
Weiterbildung und Transportdienstleistungen
Auf Basis von Teil B werden in Teil C zunächst die beiden
Dienstleistungsbereiche bzw.
-sektoren IT-Weiterbildung einerseits und Transport/Kurier
andererseits präsentiert. Dem Bericht gingen Befragungen mit
Marktteilnehmenden dieser Sektoren voraus. Die dortigen Ergebnisse
werden anschließend vorgestellt, daraus werden zur besseren
Einordnung Einschätzungen des Marktes im Kontext der Nachhaltigkeitskriterien
abgeleitet. Darauf aufbauend werden abschließend
Formulierungsbeispiele für einige konkrete Nachhaltigkeitskriterien
im Einklang mit den rechtlichen Möglichkeiten entwickelt. Tabellarische
Zusammenfassungen jeweils zu Befragungsergebnissen und
Folgerungen im Anhang III sowie im Anhang IV runden das Bild ab.
Kurz gesagt, können die Berichte ideal genutzt werden,
wenn Sie folgende Hinweise beherzigen:
• Sie suchen einen (rechtlichen) Einstieg in das Thema? Lesen
Sie Teil A!
• Sie kennen sich schon grundlegend mit der Beschaffung von
Dienstleistungen aus und möchten wissen, welche Nach
haltigkeitskriterien sinnvoll sein könnten? Ziehen Sie Teil B
für nähere Informationen und Umsetzungshinweise heran!
• Sie möchten insbesondere zu den Bereichen IT-Weiterbildung
und Transportdienstleistungen konkrete Formulierungsbeispiele
lesen, diese einsetzen und ggf. weiterentwickeln?
Studieren Sie Teil C und nutzen Sie die Anhänge III und IV!
Die drei Teile des Projektberichts „Dienstleistungen nachhaltig
beschaffen“ stehen nun in digitaler Form zur Verfügung und können
über den folgenden Link heruntergeladen werden:
https://www.nachhaltige-beschaffung.info/Projektbericht_
Dienstleistungen
Autorinnen
Nicole Dülger,
Kompetenzstelle für Nachhaltige Beschaffung (KNB)
Leslye Herr und
Caroline von Bechtolsheim
Anwaltsbüro Gaßner, Groth, Siederer & Coll.
Kleine Kniffe
27
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 27 28.04.25 11:00
Lieferketten Management
Nachhaltiges Lieferantenmanagement:
Ein Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit von KMU
In der heutigen Geschäftswelt ist Nachhaltigkeit weit mehr als nur ein Trend – sie ist zu einem
entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden. Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen
(KMU) stellt die Integration von Nachhaltigkeitsprinzipien in das Lieferantenmanagement eine bedeutende
Herausforderung, aber auch eine Chance dar.
Ein Beitrag von Stephan Damhorst
In einem zunehmend globalisierten und regulierten Markt sind
KMU nicht nur dazu aufgerufen, ihre eigenen betrieblichen Prozesse
zu optimieren, sondern auch Einfluss auf die Praktiken ihrer
Lieferanten zu nehmen. Ein nachhaltiges Lieferantenmanagement
spielt hier eine zentrale Rolle, da es nicht nur ökologische und soziale
Verantwortung fördert, sondern auch den langfristigen Erfolg des
Unternehmens sichert.
Die Bedeutung von Nachhaltigkeit für KMU
Für KMU stellt die Einführung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen
eine Herausforderung dar, die jedoch durch die Integration
nachhaltiger Praktiken in das Lieferantenmanagement gemeistert
werden kann. KMU zeichnen sich oft durch begrenzte Ressourcen
und eine enge Zusammenarbeit mit ihren Lieferanten aus. Hier liegt
eine große Chance, die unternehmerische Verantwortung auf die
gesamte Lieferkette auszudehnen. Nachhaltigkeit in der Lieferantenbeziehung
bedeutet, nicht nur auf den Preis und die Qualität von
Produkten und Dienstleistungen zu achten, sondern auch auf ökologische
und soziale Aspekte.
Die Bedeutung von Nachhaltigkeit für KMU zeigt sich in
verschiedenen Bereichen: von der Ressourcenschonung über
die Verringerung von Emissionen bis hin zur Verbesserung der
Arbeitsbedingungen in der Lieferkette. Besonders im Kontext des
Lieferantenmanagements können KMU durch die Auswahl und
enge Zusammenarbeit mit nachhaltigen Partnern nicht nur ihren
ökologischen Fußabdruck minimieren, sondern auch ihre Reputation
als verantwortungsbewusster Akteur auf dem Markt stärken.
Langfristig führt dies zu einer stärkeren Bindung der Kunden und
einer besseren Marktpositionierung.
Relevante Aktivitäten im
Lieferantenmanagement
Für KMU ist es entscheidend, konkrete Schritte in Richtung
eines nachhaltigen Lieferantenmanagements zu unternehmen. Dies
beginnt bereits bei der Auswahl der richtigen Lieferanten. Es ist
wichtig, dass KMU bei der Auswahl ihrer Partner nicht nur traditionelle
Kriterien wie Preis und Qualität berücksichtigen, sondern auch
ökologische und soziale Standards. Nachhaltige Lieferanten zeichnen
sich durch transparentere Produktionsprozesse, umweltfreundlichere
Materialien und faire Arbeitsbedingungen aus.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist die kontinuierliche Überwachung
und Bewertung der Nachhaltigkeitspraktiken der Lieferanten.
Hier können KMU beispielsweise Kriterien wie CO₂-Emissionen,
Ressourceneffizienz und die Einhaltung von Menschenrechten in
der Lieferkette einbeziehen. Regelmäßige Audits und das Einfordern
von Nachhaltigkeitsberichten sind dabei essenziell. So wird
sichergestellt, dass die Lieferanten auch langfristig den eigenen
Nachhaltigkeitsanforderungen gerecht werden.
Zudem sollten KMU die Zusammenarbeit mit ihren Lieferanten
aktiv fördern, um gemeinsam an Nachhaltigkeitszielen zu arbeiten.
Dies könnte die gemeinsame Entwicklung von umweltfreundlicheren
Produkten oder die Verbesserung der Energieeffizienz in der
Produktion umfassen. Eine offene Kommunikation und partnerschaftliche
Zusammenarbeit sind hier von zentraler Bedeutung.
Die Bedeutung des Lieferantenmanagements
im Nachhaltigkeitsbericht
Ein nachhaltiges Lieferantenmanagement hat auch eine direkte
Bedeutung für den Nachhaltigkeitsbericht eines Unternehmens.
Immer mehr Unternehmen sind verpflichtet, jährlich über ihre
Nachhaltigkeitsleistungen zu berichten. Für KMU bedeutet dies,
28 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 28 28.04.25 11:00
dass sie nicht nur ihre eigenen umwelt- und sozialpolitischen Maßnahmen
dokumentieren müssen, sondern auch ihre Bemühungen im
Bereich der Lieferkette.
Der Lieferantenmanagement-Teil des Nachhaltigkeitsberichts
sollte transparent darlegen, wie das Unternehmen Nachhaltigkeitskriterien
in den Auswahlprozess von Lieferanten integriert
und wie die Zusammenarbeit mit den Partnern dazu beiträgt, die
Gesamtziele des Unternehmens in Bezug auf Umwelt, Soziales und
Governance (ESG) zu erreichen. Dies stärkt nicht nur die Glaubwürdigkeit
des Unternehmens, sondern bietet auch einen klaren
Nachweis für Kunden, Investoren und Regulierungsbehörden, dass
das Unternehmen seine Verantwortung ernst nimmt und aktiv an
der Verbesserung der globalen Lieferketten arbeitet.
Zertifizierungen:
Ein relevanter Schritt für KMU?
Eine Zertifizierung kann für KMU ein effektives Werkzeug
sein, um ihre Bemühungen um Nachhaltigkeit im Lieferantenmanagement
zu untermauern und öffentlich sichtbar zu machen.
Zertifikate wie die ISO 14001 (Umweltmanagement) oder die ISO
26000 (Gesellschaftliche Verantwortung) sind weit anerkannt und
bieten Unternehmen eine klare Orientierung, wie Nachhaltigkeitsziele
in der Praxis umgesetzt werden können.
Eine Zertifizierung ist insbesondere dann von Vorteil, wenn
KMU ihre Marktposition im Bereich der Nachhaltigkeit weiter
stärken möchten. Kunden und Partner suchen zunehmend nach
Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften, und eine Zertifizierung
kann als vertrauenswürdiger Beweis für ein ernsthaftes Engagement
in diesem Bereich dienen. Für KMU kann eine solche Auszeichnung
auch einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, da sie häufig als Differenzierungsmerkmal
gegenüber nicht zertifizierten Wettbewerbern
dient.
Allerdings ist eine Zertifizierung kein Allheilmittel und sollte
nicht als Ende des Prozesses verstanden werden. Vielmehr ist sie
ein Schritt auf dem Weg zu einer kontinuierlichen Verbesserung
der Nachhaltigkeitsleistung. KMU müssen sicherstellen, dass sie die
durch die Zertifizierung festgelegten Standards auch in der Praxis
umsetzen und ständig an der Weiterentwicklung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie
arbeiten.
Lieferantenmanagement
Von Lieferantenmanagement kann gesprochen
werden, wenn ein Unternehmen die Beziehungen
zu den Lieferanten systematisch steuert.
Die Strategie von Unternehmen, sich auf ihre
Kernkompetenzen zu beschränken, führt naturgemäß
zu einer Verlagerung von großen Anteilen der
Wertschöpfungskette auf Lieferanten und demgemäß
zu einer steigenden Bedeutung des Einkaufs.
Lieferantenmanagement umfasst im Wesentlichen die
folgenden Bereiche:
• die Bewertung und Auswahl der Zulieferer (
Lieferantenbewertung)
• die Entwicklung des Leistungsniveaus der Lieferanten
• die Entscheidung, auf welcher Stufe der Lieferant in die
Wertschöpfungskette einbezogen werden soll.
Mit einem guten und effektiven Lieferantenmanagement
lassen sich die Beziehungen zwischen
Abnehmer und Lieferanten besser lenken, gestalten
und entwickeln. In der Beschaffung stellt das
Lieferantenmanagement einen zentralen Schwerpunkt
von Aufgaben dar.
Fazit
Nachhaltiges Lieferantenmanagement ist für KMU ein entscheidender
Faktor, um den wachsenden Anforderungen an
Umweltschutz und soziale Verantwortung gerecht zu werden.
Durch die Integration von Nachhaltigkeitsprinzipien in die Lieferkette
können Unternehmen ihre ökologischen und sozialen Ziele
verwirklichen, ihre Marktposition stärken und sich als verantwortungsbewusste
Akteure auf dem Markt etablieren. Die Auswahl
nachhaltiger Lieferanten, die enge Zusammenarbeit mit diesen und
die kontinuierliche Überwachung der Nachhaltigkeitspraktiken
sind dabei die zentralen Bausteine. Der Nachhaltigkeitsbericht und
mögliche Zertifizierungen können dabei helfen, die Bemühungen
transparent darzulegen und das Vertrauen von Kunden und Partnern
zu gewinnen. Nachhaltigkeit im Lieferantenmanagement ist
somit nicht nur eine Notwendigkeit für den Erfolg von KMU, sondern
auch eine wertvolle Chance, sich für die Zukunft zu rüsten.
Autor:
Stephan Damhorst
Group Director, Wilo Group,
Sustainability Solutions |
Sustainability Leadership
Kleine Kniffe
29
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 29 28.04.25 11:00
EU Regulation - PPWR
Die europäische Verpackungsverordnung 2025
Die neue europäische Verpackungsverordnung (PPWR) bildet den aktualisierten Rechtsrahmen
für Verpackungen und Verpackungsabfälle in der EU. Doch wie gelingt der Wandel in der Praxis?
Ich spreche mit Eleonore Eisath, MSc, Lead Innovation Lab & Business Development Manager von
M.I.L.K. über die die europäische Verpackungsverordnung und nachhaltige Verpackung im Einkauf.
Das Interview führte Thomas Heine
Wie hat die europäische Verpackungsverordnung
(PPWR) 2025 Ihre Arbeit als Verpackungsdesignerin
beeinflusst? Welche Rolle spielt nachhaltige Verpackung
aus Ihrer Sicht bereits heute im Einkauf? Glauben Sie,
dass Unternehmen ausreichend vorbereitet sind, um die
neuen Anforderungen zu erfüllen?
können, um einen Überblick über neue Materialien und inspirierende
Ideen zu kriegen.
Können Sie uns eine konkrete Innovation nennen, die
besonders vielversprechend für die Kreislaufwirtschaft
ist? Wie könnte diese den Markt verändern?
Die PPWR ist gerade DAS Thema in der Industrie – das Gesetz
beinhalten strenge Vorgaben zu Themen wie Recyclebarkeit,
Mindesteinsatz von Rezyklaten oder Verpackungsgestaltung. Das
wirkt sich natürlich stark auf unsere Arbeit als Verpackungsdesigner
und vor allem auf die Produkte unserer Kunden der Food
& Beverage-Branche aus. Während wir letztes Jahr noch eine eher
abwartende Haltung beobachten konnten, ist durch den Abschluss
der Verhandlungen im Februar dieses Jahres der Druck gestiegen.
Ab dem Zeitpunkt bleiben noch 18 Monate bis zum Inkrafttreten des
Gesetzes und auch erste Maßnahmen greifen schon.
Man muss allerdings dazu sagen, dass in den sogenannten „delegierten
Rechtsakten“ noch nachverhandelt wird, und sich Details
wie z.B. genaue Quoten noch ändern könnten. Dennoch sollte man
jetzt ins Handeln kommen, vor allem auch aus Perspektive eines
Einkäufers – die Nachfrage nach nachhaltigen Verpackungsmaterialien
wird sich aufgrund der Regulatorik definitiv erhöhen. Um
den Kriterien zu entsprechen, werden zum Beispiel Mono-Kunststoffe,
Barriere-Papiere und Rezyklate stärker nachgefragt werden.
Für unsere Kunden analysieren wir deshalb das bestehende Verpackungsportfolio
und sourcen nach nachhaltigen, verfügbaren
und möglichst kostengünstigen Lösungen. Diese tragen wir auch in
unserem Material Lab zusammen, in Form eines frei zugänglichen
Online-Glossars, das Einkäufer oder andere Interessierte nutzen
Wir beobachten einen starken Trend hin zu faserbasierten
Lösungen, also verschiedenen Formen von Papieren. Hier tut
sich besonders viel bei den Barrierepapieren (Papiere mit einer
Zusatzschicht, die dem Produktschutz und der Haltbarkeit dient).
In dem Bereich arbeiten wir mit Startups zusammen, und testen
deren Lösungen in Zusammenarbeit mit dem Maschinenhersteller
Multivac, um die Skalierbarkeit zu überprüfen. Ein neues Material
können wir nur dann guten Gewissens anpreisen, wenn es
„maschinengängig“ also in der Großindustrie einsetzbar ist.
Sehr spannend mit Blick auf Kreislaufwirtschaft sind auch Fiber-
Mold-Lösungen. Im Wet-Fiber-Mold Verfahren wird aus Wasser
und Papierfasern eine Maße hergestellt (Pulpe), die in komplexe
Formen wie zum Bespiel Butterdosen gebracht werden kann. Das
Dry-Fiber-Molding werden flache, faserbasierte Bahnen in Form
gepresst. Damit lassen sich Kunststoffverpackungen ersetzen, die,
wenn das Produkt nicht zusätzlich zu stark beschichtet ist, im Papiermüll
entsorgt werden können.
Man muss aber auch jeden Trend kritisch hinterfragen – im
Sinne der Kreislaufwirtschaft können oft auch gut recyclebare
Kunststoffe eine gute Lösung sein. Bei Verpackungen kommt es
immer auf den Kontext an.
30 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 30 28.04.25 11:00
Foto: depositphotos
Wie können Unternehmen und Designer zusammenarbeiten,
um die ehrgeizigen Ziele der PPWR zu
erreichen? Gibt es bereits erfolgreiche Kooperationen
oder Best Practices?
Unternehmen und Designer MÜSSEN zusammenarbeiten,
anders können die Ziele nicht erreicht werden. Die PPWR sieht
auch eine „Design for Recycling“ Guideline für 2027 vor – darin
wird es Vorgaben geben, wie man entsorgungsfreundlich gestaltet.
Wir beschäftigen uns täglich damit und arbeiten zum Beispiel
mit Kunden wie Bad Heilbrunner zusammen. Bad Heilbrunner sehr
engagiert im Nachhaltigkeitsbereich und setzt sich deshalb ambitionierte
Ziele, die über die PPWR hinausgehen. Deshalb arbeiten wir
hier mit einem ganzheitlichen Ansatz, der nicht nur die Verpackungsentwicklung
an sich berücksichtigt, sondern auch die Strategie
und Nachhaltigkeitskommunikation. Das bedeutet, dass wir dabei
unterstützen, intern und extern zu dem Thema informieren, Ziele
zu stecken und transparent kommunizieren.
Bei der Kommunikation auf und über die Verpackung muss
besonders darauf geachtet werden, die Verbraucher zu erreichen,
aber Greenwashing zu vermeiden. Kreislaufwirtschaft kann auch
nur dann gelingen, wenn alle Stakeholder im Boot sind. Die nachhaltigste
Verpackung ist nutzlos, wenn der Konsument nicht intuitiv
versteht, wie man sie richtig entsorgt.
Welche Trends oder Entwicklungen erwarten Sie bis
Ende 2025 im Bereich nachhaltiges Verpackungsdesign?
In unserem Trend-Radar, das auch als open-source auf unserer
Website zur Verfügung steht, beschäftigen wir uns mit den neuesten
Entwicklungen in den Bereichen Packaging, Food, Kitchen und Production.
Dabei denken wir nicht nur an heute (2025), sondern auch
an morgen (2030) und übermorgen (2040). Im Packaging Bereich
beleuchten wir neben den bereits erwähnten Trends hin zu mehr
Papier (Fiberization) und des Design-for-Recyclings auch noch die
Themen Reduce, Reuse, Compostable und Digitalization. Während
Reduce und Reuse, also Materialeinsatz zu reduzieren und Mehrwegsysteme
zu testen aktuell wieder an Schwung gewinnen, sehen
wir bei dem Thema kompostierbare Materialien eher eine Stagnation.
Das Problem liegt hier an der Verfügbarkeit und auch an der
Entsorgungsinfrastruktur. Industriell kompostierbare Kunststoffe
sind beispielsweise in den allermeisten Fällen nicht kompatibel mit
den real existierenden Kompostieranlagen, wodurch sie aussortiert
und verbrannt werden. Hier sehen wir oft gute Ansätze, die leider
an der Realität scheitert. Einfacher ist es bei heimkompostierbaren
Materialien, aber auch hier gibt es noch Entwicklungsbedarf.
Die Digitalisierung dagegen schreitet auch bei dem Verpackungen
voran, nicht zuletzt wegen des Digitalen Produktpasses (DPP),
der auch 2027 EU-weit eingeführt werden soll. Trends und Regulatorik
gehen, wie an diesem Beispiel gut erkennbar, oft Hand in Hand.
Für den Einkauf ist es wichtig, über beide Themen gut informiert zu
sein, und dabei unterstützen wir gerne.
Kleine Kniffe
31
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 31 28.04.25 11:00
Aus Kompetenzzentren des nachhaltigen Einkaufs
Nachhaltige Events planen und durchführen:
Der Blaue Engel für Veranstaltungen
Veranstaltungen bieten eine einzigartige Plattform, um Nachhaltigkeit erlebbar zu machen. Mit
dem Umweltzeichen „Blauer Engel“ können Veranstalter ihre ökologischen Standards sichtbar
machen und somit einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten. Ob Konferenzen,
Messen oder kulturelle Events – der Blaue Engel setzt klare Maßstäbe für umweltfreundliche
Veranstaltungen und bietet Orientierung für Veranstalter, Besucher*innen und Dienstleister.
Ein Beitrag von Nora Dorn
Nachhaltigkeitspotenzial der
Veranstaltungsbranche
Mit jährlich rund 2,15 Millionen Events und über 311
Millionen Teilnehmer*innen allein im Jahr 2023 gehört die Veranstaltungsbranche
in Deutschland zu den dynamischsten Sektoren der
Wirtschaft. Gleichzeitig birgt sie ein enormes Potenzial zur Reduzierung
von Umweltbelastungen. Bereits jetzt zeigt die Branche
wachsendes Interesse an Nachhaltigkeit, etwa durch die Einführung
von Umweltmanagementsystemen. Der Blaue Engel für Veranstaltungen
schafft hier eine zusätzliche Möglichkeit, Umwelt- und
Klimaschutz auf hohem Niveau umzusetzen und öffentlich sichtbar
zu machen.
Ziele des Umweltzeichens
Das Ziel des Blauen Engels für Veranstaltungen ist die Zertifizierung
von Events, die deutliche ökologische Vorteile gegenüber
herkömmlich organisierten Veranstaltungen bieten. Neben der
Reduktion von CO₂-Emissionen stehen Ressourcenschonung,
Abfallvermeidung und soziale Aspekte im Fokus. Teilnehmer*innen
erleben die nachhaltigen Maßnahmen dabei direkt vor Ort – von
der umweltfreundlichen Anreise bis hin zu ressourcenschonendem
Catering. Veranstalter und Veranstaltungszentren erhalten so die
Möglichkeit, ihr Engagement für den Umweltschutz transparent
darzustellen und sich als Vorreiter der Branche zu positionieren.
Klimafreundliche Mobilität: Anreise neu denken
Ein wesentlicher Faktor für die Klimabilanz einer Veranstaltung
ist die Mobilität der Teilnehmer*innen. Hier setzt der Blaue
Engel klare Vorgaben. Emissionsarme Verkehrsmittel wie Bahn,
öffentlicher Nahverkehr (ÖPNV), Fahrräder und Fußwege sollen
bevorzugt genutzt werden. Veranstalter müssen die Nutzung dieser
Verkehrsmittel aktiv fördern, beispielsweise durch die Bereitstellung
vergünstigter Bahntickets oder die Integration von Kombitickets, die
sowohl Fernzüge als auch den Nahverkehr abdecken. Dadurch wird
eine umweltfreundliche Anreise erleichtert. Zusätzlich wird eine
No-Flight-Policy für Mitarbeitende der Veranstaltung eingeführt,
während Referent*innen und Künstler*innen nur für Strecken über
700 Kilometer Flugreisen nutzen dürfen. Diese Maßnahmen zielen
darauf ab, den Anteil umweltfreundlicher Verkehrsmittel deutlich zu
erhöhen und dadurch die CO₂-Emissionen zu reduzieren.
Nachhaltiges Catering
Auch das gastronomische Angebot ist ein zentraler Hebel, um
die Umweltbelastung von Veranstaltungen zu senken. Der Blaue
Engel fordert eine überwiegend vegetarische oder vegane Verpflegung.
Fleischgerichte sollten nur in Ausnahmefällen angeboten
werden. Darüber hinaus müssen mindestens die Hälfte der angebotenen
Speisen und Getränke aus biologischem Anbau stammen. Diese
Vorgabe fördert nicht nur eine umweltverträgliche Landwirtschaft,
sondern auch den Schutz der Artenvielfalt. Zusätzlich sollen Lebensmittelabfälle
durch eine sorgfältige Planung weitestgehend vermieden
werden. Nicht vermeidbare Reste müssen sachgerecht entsorgt
werden. Dem Ressourcenschutz wird weiterhin Rechnung getragen,
indem Mehrwegbecher verpflichtend genutzt werden müssen. Diese
Maßnahmen tragen zur Reduktion von CO₂-Emissionen bei, schonen
Ressourcen und fördern nachhaltige Konsummuster.
32 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 32 28.04.25 11:00
Ressourcenschonung und Abfallmanagement
Auch bei der Entsorgung muss auf einen bewussten Umgang
geachtet werden. Veranstalter müssen ein umfassendes Entsorgungskonzept
vorlegen, das auf die Vermeidung, Trennung und
umweltgerechte Entsorgung von Abfällen abzielt. Temporäre
Bauten und Dekorationen, sogenannte fliegende Bauten, müssen
vollständig rückgebaut und wiederverwendet werden. Falls das
nicht möglich ist, sind die Materialien ordnungsgemäß zu entsorgen.
Auch die Energieeffizienz spielt eine entscheidende Rolle. Die
technische Ausstattung der Veranstaltung sollte möglichst aus der
vorhandenen Infrastruktur vor Ort stammen. Ergänzend dazu muss
ein detaillierter Energiebedarfsplan erstellt werden, um Einsparpotenziale
zu identifizieren und umzusetzen. Auf diese Weise wird der
Ressourcenverbrauch minimiert, und die Veranstaltung wird nach
dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft organisiert.
Der Blaue Engel für Veranstaltungen – ein
Schritt in die Zukunft
Das Umweltzeichen „Blauer Engel für Veranstaltungen“
(DE-UZ 236) wurde im Juni 2024 durch die Jury Umweltzeichen
verabschiedet und auf Grundlage wissenschaftlicher Kriterien des
Öko-Instituts und Adelphi entwickelt. Die ersten Veranstaltungen
können ab 2025 zertifiziert werden. Mit diesem Umweltzeichen wird
es der Veranstaltungsbranche ermöglicht, umweltfreundliche Events
durchzuführen und somit Vorbild für andere zu sein. Nachhaltigkeit
wird damit nicht nur zu einem Wettbewerbsfaktor, sondern zu
einem festen Bestandteil moderner Veranstaltungsplanung.
Nachweis und Zertifizierung
Die Einhaltung der Kriterien des Blauen Engels wird durch
eine Kombination aus Muss- und Kann-Kriterien sichergestellt.
Die Muss-Kriterien sind verbindlich und müssen von allen Veranstaltungen
erfüllt werden. Zusätzlich gibt es Kann-Kriterien,
die optional sind und mit Punkten versehen werden. Veranstalter
müssen mindestens 30 Prozent der möglichen Punkte erreichen, um
die Zertifizierung zu erhalten. Zur Nachweisführung müssen Dokumente
wie Sicherheitsdatenblätter, Prüfberichte oder Zertifikate
vorgelegt werden. Um das Logo des Blauen Engels bereits in der
Planungsphase nutzen zu dürfen, müssen bestimmte Muss-Kriterien
frühzeitig nachgewiesen werden. Die vollständige Zertifizierung
erfolgt dann nach Abschluss der Veranstaltung.
Autorin
Nora Dorn
Susanne Spies Ansprechpartnerin Blauer Engel
Umweltbundesamt
www.blauer-engel.de
Kleine Kniffe
33
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 33 28.04.25 11:00
Kreislaufwirtschaft
Recycling als Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft
Bei schwindenden Ressourcen und zunehmenden Umweltproblemen gewinnt die Kreislaufwirtschaft immer
mehr an Bedeutung. Ein zentrales Element dieses nachhaltigen Wirtschaftsmodells ist das Recycling – der
Prozess, Materialien wiederzuverwenden, um Abfall zu reduzieren und natürliche Ressourcen zu schonen.
Das Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es, Materialkreisläufe zu schließen, indem Produkte so gestaltet
werden, dass sie am Ende ihres Lebenszyklus nicht zu Abfall, sondern zu Ressourcen werden. Recycling
spielt dabei eine entscheidende Rolle, da es ermöglicht, gebrauchte Produkte in wertvolle Rohstoffe zu
verwandeln.
Ein Beitrag von Stephan Damhorst
Ein gutes Beispiel sind hier Pumpensysteme, die in der Gebäudetechnik
und Wasserwirtschaft eingesetzt werden. Obgleich sie
eine lange Lebensdauer haben, erreichen sie jedoch zum Ende ihrer
Nutzung häufig das Ende ihrer Funktionsfähigkeit. In diesem Fall
ermöglicht ein durchdachtes Recyclingkonzept die Rückgewinnung
wertvoller Materialien aus den alten Systemen, um diese erneut in
den Produktionskreislauf einzuführen und so Ressourcen zu schonen.
Pumpen-Recycling: Ein Best-Practice-Ansatz
Gebrauchte Pumpen werden sorgfältig zerlegt, wobei die verschiedenen
Materialien wie Edelstahl, Kupfer, Aluminium und
Kunststoffe voneinander getrennt werden. Die metallischen Komponenten
werden recycelt und finden in der Herstellung neuer
Pumpen oder anderer Produkte Verwendung. Kunststoffe und elektronische
Bauteile werden entweder fachgerecht entsorgt oder einer
Wiederaufbereitung unterzogen, um wertvolle Rohstoffe wie Gold
und Silber zurückzugewinnen. Durch die Wiederverwendung dieser
Materialien wird der Energieverbrauch in der Produktion signifikant
reduziert, wodurch nicht nur die Ressourcennutzung optimiert, sondern
auch die Umweltbelastung durch die Entsorgung von Abfällen
minimiert wird.
Nachhaltiges Produktdesign: Eine Grundlage
für die Kreislaufwirtschaft
Nachhaltiges Produktdesign ist ein entscheidender Baustein der
Kreislaufwirtschaft. Besonders in der Entwicklung von Pumpensystemen
wird zunehmend darauf geachtet, dass die Produkte nicht
nur effizient arbeiten, sondern auch am Ende ihres Lebenszyklus
wiederverwertet werden können. Hierbei steht der Gedanke im Vordergrund,
Produkte so zu gestalten, dass sie Ressourcen schonen und
ihren ökologischen Fußabdruck minimieren.
Ein wesentliches Prinzip des nachhaltigen Designs ist die Modularität.
Pumpensysteme werden so entwickelt, dass sie sich leicht
demontieren lassen. Dies erleichtert die Trennung von verschiedenen
Materialien und fördert das Recycling. Ein praktisches Beispiel
hierfür ist der Einsatz von Pumpen, bei denen einzelne Komponenten
wie Rotoren, Gehäuse oder Elektronikmodule separat
ausgetauscht werden können, ohne das gesamte System entsorgen
zu müssen. So können nur die tatsächlich abgenutzten Teile ersetzt
und die wiederverwendbaren Teile weiter genutzt werden.
Ein weiteres zentrales Element ist die Materialwahl. Die Auswahl
langlebiger, recycelbarer und umweltfreundlicher Materialien
ist von entscheidender Bedeutung. Beispielsweise wird zunehmend
auf Edelstahl und Aluminium gesetzt, die nicht nur robust sind, sondern
auch nach der Nutzung vollständig recycelt werden können.
Ebenso achten Hersteller darauf, dass Kunststoffe, die in Pumpensystemen
verwendet werden, entweder recycelbar sind oder leicht in
den natürlichen Kreislauf zurückgeführt werden können.
Langlebigkeit ist ebenfalls ein Schlüsselmerkmal nachhaltigen
Produktdesigns. Durch den Einsatz hochwertiger Materialien und
präziser Fertigung wird die Lebensdauer von Pumpen erheblich
verlängert. Dies verringert nicht nur die Notwendigkeit, Ersatzteile
zu beschaffen, sondern reduziert auch den Energieaufwand und
die Ressourcenverbrauch im gesamten Lebenszyklus des Produkts.
34 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 34 28.04.25 11:00
Foto: depositphotos
Ein Beispiel hierfür sind Druckerhöhungsanlagen, die mit korrosionsbeständigen
Beschichtungen ausgestattet sind und so auch
unter extremen Bedingungen zuverlässig arbeiten können, was ihre
Lebensdauer verlängert und den Wartungsaufwand minimiert.
Insgesamt trägt nachhaltiges Produktdesign in der Pumpentechnologie
nicht nur dazu bei, Ressourcen zu schonen und Abfall zu
vermeiden, sondern auch, den Energieverbrauch und die CO₂-Emissionen
über den gesamten Lebenszyklus hinweg zu reduzieren. Diese
Praxis fördert nicht nur die Kreislaufwirtschaft, sondern bietet
Unternehmen auch langfristige wirtschaftliche Vorteile, da sie die
Notwendigkeit von Reparaturen und Ersatzteilen verringert und
gleichzeitig den Materialverbrauch optimiert.
Die Synergie zwischen Recycling und
Produktdesign
Durch die Kombination von nachhaltigem Produktdesign mit
einem effizienten Recyclingkonzept wird ein geschlossener Kreislauf
geschaffen, der den gesamten Lebenszyklus von Pumpen berücksichtigt.
Bereits in der Entwicklungsphase wird darauf geachtet, dass
Pumpen so gestaltet sind, dass sie nach Ablauf ihrer Lebensdauer
leicht zerlegt und die einzelnen Komponenten wiederverwendet
oder recycelt werden können. Dies stellt sicher, dass alte Produkte
nahtlos in den Produktionsprozess zurückgeführt werden können,
wodurch wertvolle Materialien wie Kupfer, Edelstahl oder Aluminium
nicht verloren gehen, sondern wieder in den Fertigungszyklus
integriert werden.
Dieser geschlossene Kreislauf hat nicht nur einen positiven Einfluss
auf die Umwelt, sondern bietet auch erhebliche wirtschaftliche
Vorteile. Unternehmen können durch die Wiederverwendung von
Materialien Kosten sparen, da die Notwendigkeit, neue Rohstoffe
zu beschaffen, verringert wird. Ein praktisches Beispiel dafür ist die
Wiederverwertung von gebrauchten Pumpen, bei denen wertvolle
Materialien wie Kupferdraht und Eisen wiederaufbereitet und in
neuen Produkten verwendet werden. Dies reduziert die Produktionskosten
und minimiert gleichzeitig die Abfallmengen.
Darüber hinaus hilft diese Praxis Unternehmen, den wachsenden
Nachhaltigkeitsanforderungen von Kunden und Regulierungsbehörden
gerecht zu werden. Angesichts der immer strengeren
Umweltvorschriften und des zunehmenden Drucks von Konsumenten,
die nachhaltig produzierte Produkte bevorzugen, wird die
Integration von Recycling und nachhaltigem Design zu einem
entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Unternehmen, die ein geschlossenes
Kreislaufsystem implementieren, positionieren sich nicht nur
als umweltbewusst, sondern schaffen auch Vertrauen bei ihren
Kunden und Partnern, die zunehmend auf die Umweltverträglichkeit
der Produkte achten.
Ein weiteres Beispiel sind Unternehmen, die durch Recyclingprozesse
die CO₂-Emissionen in der Produktion reduzieren. Indem
sie recycelte Materialien anstelle von neu gewonnenen Rohstoffen
verwenden, können sie den Energieverbrauch senken und damit
auch ihren ökologischen Fußabdruck verringern. Dies kommt
sowohl der Umwelt zugute als auch der Rentabilität des Unternehmens,
da weniger Ressourcen benötigt werden und gleichzeitig die
Produktionskosten gesenkt werden.
Kleine Kniffe
35
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 35 28.04.25 11:00
Foto: depositphotos
Insgesamt fördert der Ansatz des geschlossenen Kreislaufs nicht
nur die Kreislaufwirtschaft, sondern trägt auch dazu bei, langfristige
wirtschaftliche Vorteile zu sichern, indem er Unternehmen hilft,
ihre Betriebskosten zu senken, den Materialverbrauch zu optimieren
und den steigenden Anforderungen an Nachhaltigkeit gerecht
zu werden.
Fazit
Dieses Beispiel zeigt eindrucksvoll, wie Recycling und nachhaltiges
Produktdesign Hand in Hand arbeiten können, um die
Kreislaufwirtschaft zu fördern. Es wird deutlich, dass ökologische
Verantwortung und wirtschaftlicher Erfolg kein Widerspruch sind.
Vielmehr ebnen sie den Weg für eine zukunftsfähige Industrie, die
natürliche Ressourcen schont und ein lebenswertes Umfeld für kommende
Generationen sichert.
Verantwortung bei Wilo
Nachhaltig handeln bedeutet, (knappe) Ressourcen heute
so verantwortungsbewusst und vorausschauend einsetzen, dass
sie auch morgen noch ausreichend und global gerecht verteilt
zur Verfügung stehen. Eine Ressource liegt Wilo ganz besonders
am Herzen: Wasser. Als einer der weltweit führenden
Premiumanbieter von Pumpen und Pumpensystemen für die
Gebäudetechnik, die Wasserwirtschaft und die Industrie bewegt
Wilo das lebensnotwendige Element tagtäglich - und zwar
möglichst intelligent, effizient und klimafreundlich. Ressourcenbewusstes
Denken und nachhaltiges Handeln sind Wilos
Kernkompetenzen und essenzieller Bestandteil seiner Unternehmenskultur.
Autor:
Stephan Damhorst
Von verlässlichen Partnerschaften profitieren alle Beteiligten.
Deshalb ist Wilo u. a. Mitglied des deutschen Netzwerks
des Global Compact der Vereinten Nationen – der weltweit
größten und wichtigsten Initiative für eine verantwortungsvolle
Unternehmensführung weltweit und unterstützt als einer von
„50 Climate & Sustainability Leaders“ eine grüne und nachhaltige
Zukunft.
Group Director, Wilo Group,
Sustainability Solutions |
Sustainability Leadership
36 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 36 28.04.25 11:00
Procurement Plattform
Procurement-Pioneer.com
Eine neue auf den Einkauf spezialiserte Plattform
Procurement-Pioneer.com ist eine neue Procurement-Plattform, die sich auf die Kommunikation
von Inhalten rund um das Beschaffungswesen spezialisiert hat. In einer Zeit, in der sich die
Beschaffungslandschaft rasant verändert, bietet Procurement-Pioneer einen zentralen Anlaufpunkt für
alle Themen rund um modernes und zukunftsorientiertes Procurement. Das Portal ist die Antwort auf die
wachsenden Herausforderungen und Chancen im Einkauf und der Beschaffung. Sie bietet Einkaufsexperten
und Beschaffungsprofis einen zentralen Anlaufpunkt für aktuelle Informationen und Expertenwissen.
Täglich werden Artikel zu Themen wie Procurement-Strategie, Best Practices, Digitalisierung im Einkauf,
Nachhaltigkeit und HR-Management im Procurement veröffentlicht.
Was erwartet Sie auf
https://Procurement-Pioneer.com?
Egal ob Sie ein erfahrener CPO, ein aufstrebender Einkäufer
oder einfach nur neugierig auf die Welt des Procurements sind – bei
uns finden Sie wertvolle Ressourcen und Inspirationen für Ihre berufliche
Entwicklung. Tauchen Sie ein in eine Welt voller Expertise,
Innovation und Vernetzung. Unser engagiertes Team aus Fachexperten,
erfahrenen Einkäufern und Branchenkennern liefert Ihnen
regelmäßig hochwertige Inhalte zu den Kernthemen:
• Procurement Strategie: Erfahren Sie, wie Sie Ihre
Einkaufsstrategie optimieren und an zukünftige Herausforderungen
anpassen können.
• Best Practices: Lernen Sie von den Besten der Branche und
entdecken Sie praxiserprobte Lösungen für Ihre täglichen
Herausforderungen.
• Digitalisierung im Procurement: Bleiben Sie auf dem
Laufenden über die neuesten technologischen Entwicklungen
und deren Anwendung im Einkauf.
• HR-Management im Procurement: Erhalten Sie wertvolle
Einblicke in die Personalentwicklung und -führung im
modernen Einkauf.
Bleiben Sie immer up-to-date über die neuesten Entwicklungen
in der Beschaffungswelt, gewinnen Sie Einblicke von führenden
Köpfen der Branche. nutzen Sie konkrete Tipps und Anleitungen
für Ihren Arbeitsalltag und verpassen Sie keine wichtigen Procurement-Veranstaltungen
mehr.
Um immer auf dem neuesten Stand zu bleiben, laden wir Sie
herzlich ein, sich für unseren Newsletter anzumelden. So erhalten
Sie regelmäßig die wichtigsten Updates, exklusive Einblicke und
Sonderangebote direkt in Ihr Postfach.
Aber das ist noch nicht alles! Wir freuen uns, Sie auch in unserer
lebendigen LinkedIn-Gruppe begrüßen zu dürfen: https://www.
linkedin.com/company/procurement-pioneer/. Hier können Sie
sich mit anderen Procurement-Profis austauschen, an Diskussionen
teilnehmen und Ihr berufliches Netzwerk erweitern.
Procurement Pioneer ist Ihre Plattform – gestalten Sie sie mit!
Wir laden Sie ein, aktiv teilzunehmen, Ihre Ideen einzubringen und
gemeinsam mit uns die Zukunft des Einkaufs zu gestalten.
Besuchen Sie noch heute https://procurement-pioneer.com
und werden Sie Teil unserer wachsenden Community von Procurement-Pionieren.
Gemeinsam treiben wir Innovation voran,
meistern Herausforderungen und gestalten die Zukunft des Einkaufs.
Kleine Kniffe
37
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 37 28.04.25 11:00
Kreislaufwirtschaft
Nachhaltiges Pumpenrecycling
als Schlüssel zum Klimaschutz
Die Kreislaufführung von Rohstoffen ist ein entscheidender Hebel im Kampf gegen den
Klimawandel. Wilo, einer der weltweit führenden Premiumanbieter von Pumpen- und
Pumpensystemen für die Gebäudetechnik, die Wasserwirtschaft und Industrie, hat daher ein
umfassendes Konzept entwickelt, das sowohl nachhaltiges Produktrecycling als auch einen
integrierten Rücknahmeprozess umfasst, bei dem Kundinnen und Kunden eingebunden werden.
Dieser Prozess sichert die gesetzeskonforme Entsorgung von Altpumpen und leistet zugleich
einen Beitrag zum Klimaschutz. Im Interview erläutert Thomas Fetting, Group Director Analysis
& Circular Economy von Wilo Europe, wie der multinationale Technologiekonzern auf die
Herausforderung der knappen Ressourcen reagiert und welche Rolle die Kreislaufwirtschaft
(Circular Economy) dabei spielt.
Das Interview führte Thomas Heine
Herr Fetting, als Recycling-Experte bei Wilo kümmern
Sie sich um die Integration der Kreislaufwirtschaft in die
Unternehmensprozesse. Was treibt Sie persönlich und
Wilo an?
Es ist wichtig, dem Thema Circular Economy Aufmerksamkeit
zu schenken und es konsequent umzusetzen. Wir bei Wilo sind uns
sicher: Der Klimawandel ist einer der größten Herausforderungen
unserer Zeit. Neben der Energieknappheit, dem Wassermangel, der
Digitalisierung, Globalisierung und Urbanisierung. Unsere nachhaltigen
Produkte, Systeme und Lösungen leisten weltweit einen
entscheidenden Beitrag dazu, dieser Krise zu begegnen. Indem wir
innovative und energieeffiziente Pumpen und Pumpensysteme entwickeln.
Und natürlich auch, indem wir recyceln.
Welche Zusammenhänge bestehen zwischen den
Recyclingprozessen und den globalen Klimazielen?
Um dem Klimawandel effektiv entgegenzuwirken, ist ein nachhaltiger
Lebensstil entscheidend, insbesondere durch die Schonung
von Ressourcen. Etwa die Hälfte der weltweiten CO2-Emissionen
resultiert direkt oder indirekt aus der Gewinnung und Verarbeitung
von Rohstoffen. Würden alle Menschen den Lebensstil pflegen, den
wir in Deutschland haben, wären drei Erden nötig, um den jährlichen
Ressourcenbedarf zu decken. Daher ist es unerlässlich, die
bereits abgebauten Ressourcen zu recyceln. Das bedeutet, Materialien,
die in Produkten verarbeitet wurden, nach ihrer Nutzung im
Kreislauf zu halten.
Und genau das tun Sie bereits seit mehreren Jahren
bei Wilo. Welche konkreten Maßnahmen hat Wilo zur
Umsetzung der Kreislaufführung ergriffen und welche
Vorteile ergeben sich daraus?
Deutschlandweit bietet Wilo eine gesetzeskonforme und nachhaltige
Rücknahme von Altpumpen an. Der rechtliche Hintergrund:
Ausrangierte Elektroaltgeräte, zu denen auch Pumpen zählen,
müssen bei zertifizierten Sammelstellen entsorgt werden. Das Elektrogerätegesetz
sieht bei Missachtung Bußgelder von bis zu 100.000
Euro vor. Die Wilo-Lösung: ein ausgeklügelter und nachhaltiger
Altpumpen-Recyclingprozess.
Große Fachhandwerksunternehmen sammeln alte Pumpen
und beantragen deren Abholung bei Wilo. Kleinere Fachhandwerksbetriebe
liefern ihre Altpumpen an Großhandelshäuser, die
als zentrale Sammelstellen und Wilo-Recycling-Partner fungieren.
Unsere oberste Prämisse dabei lautet, dass der Prozess für alle
Teilnehmenden einfach sein muss. Daher sammeln wir alle alten
Pumpen; unabhängig von Hersteller, Zustand, Alter und Typ. Eine
Win-Win-Situation, da wir neben der Gesetzeskonformität mit
einer Einsparung von 3,42 Kilogramm CO2 je Kilogramm Altpumpen
auch einen nennenswerten Beitrag zur Klimaschonung leisten.
Aktuell haben wir 580 Sammelstellen in Deutschland - diese haben
in den vergangenen rund drei Jahren 260 Tonnen Altpumpen für
uns eingesammelt. Ein großer Erfolg! Wir sehen, dass unsere Branche
nicht nur klimaschonende Produkte verbaut, sondern auch ein
großes Interesse an nachhaltigen Lösungen sowie Geschäftsprozessen
hat.
38 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 38 28.04.25 11:00
Neben der gesetzeskonformen Rückgabelösung steht für uns die
Kreislaufführung von Seltene-Erden-Magneten und weiteren Bauteilen
und Produkten im Vordergrund. Jährlich werden bei Wilo
in Dortmund 30.000 bis 40.000 Bauteile und Produkte im Kreislauf
gehalten und in neuen Produkten verbaut oder bei Reparaturen im
Service eingesetzt, was nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch
sinnvoll ist. Des Weiteren arbeiten wir mit unseren Partnern
an einem Recyclingprozess von Seltene-Erden-Magneten. Damit
sind wir zukünftig in der Lage, aus den gesammelten Altpumpen
die Magnete zu demontieren und daraus wieder neue Magnete zu
fertigen, die dann in unseren neuen Pumpen eingesetzt werden.
Demnach enthalten auch Wilo-Pumpen Seltene
Erden, die bei Ihnen im Kreislauf bleiben?
Ja, Seltene Erden stecken in den Permanentmagnetmotoren
unserer Pumpen und Systeme. Sie werden zum Beispiel auch für
Smartphones, E-Bikes, E-Autos, Windräder und andere Errungenschaften
der modernen Welt zwingend benötigt. Seltene Erden sind
das Öl des 21. Jahrhunderts. Die 17 Metalle, darunter Neodym und
Dysprosium, gehören zu den begehrtesten Rohstoffen der Welt und
werden fast ausschließlich in China abgebaut.
Das Problem: Die Neugewinnung der Seltenen Erden kann den
künftigen Bedarf allein nicht decken. Deshalb kommt es darauf an,
wie gut Seltene Erden und Rohstoffe generell recycelt werden. Wir
müssen die bereits vorhandenen Ressourcen, die in den Produkten
verbaut sind, als das Materialdepot von morgen sehen.
Welche weiteren Schritte sind aus Ihrer Sicht erforderlich,
um den Bedarf unserer technologisch fortschrittlichen
Welt zu decken, aber gleichzeitig Umweltaspekte zu
berücksichtigen und nachhaltige Lösungen zu fördern?
Es ist dringend notwendig, dass wir unsere Aufmerksamkeit
erhöhen und Recycling intensivieren. Die Zeit drängt. Der Abbau
von Ressourcen muss verlangsamt werden, während der Übergang
zur Kreislaufwirtschaft beschleunigt werden sollte. Eine Aufgabe, bei
der jeder Einzelne einen Beitrag leisten kann. Statt auf andere zu
schauen, sollten wir bei uns selbst beginnen und die Prinzipien der
Kreislaufwirtschaft verinnerlichen. Dazu gehört, Müll zu trennen,
defekte Elektrogeräte korrekt zu entsorgen und Produkte möglichst
lange zu nutzen und bei Bedarf zu reparieren, anstatt ständig neue
zu kaufen.
Obwohl die Unterstützung für das Projekt groß ist, stellt es eine
Herausforderung dar, Partner zur aktiven Teilnahme am Sammelprozess
zu motivieren. Dennoch setzen wir uns weiterhin intensiv
dafür ein, da wir die Kreislaufführung als alternativlos betrachten.
Abschließend kann man sagen, dass der Pumpenrecyclingprozess
von Wilo ein großer Schritt in Richtung Klimaschutz ist.
Doch: Mehr geht immer! Nur gemeinsam mit dem Fachhandwerk
und dem Fachgroßhandel können wir eine nachhaltige Kreislaufführung
gewährleisten – und so das Klima gemeinsam für uns und
zukünftige Generationen schützen. Denn uns muss allen klar sein:
Die Ressourcen der Erde sind nicht verhandelbar!
Kleine Kniffe
39
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 39 28.04.25 11:00
Aus Wissenschaft und Forschung
Nachhaltigkeit in Unternehmen – alles Schnee von gestern?
Warum die Wirtschaft jetzt nicht naiv und zu gierig sein darf
Mit dem EU Green Deal und den diesbezüglichen Regulierungen wie dem EU-Lieferkettengesetz
CSDDD, den nachhaltigkeitsbezogenen Berichterstattungspflichten nach den European Sustainability
Reporting Standards (ESRS) im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD),
dem Grenzausgleichsmechanismus CBAM und auch den verschärften Plänen hinsichtlich des
Zertifikatehandels im EU ETS schien der Weg in Richtung mehr Nachhaltigkeit in der EU geebnet zu sein.
Doch das – teilweise berechtigte – Wehklagen und die Lobbyanstrengungen der Industrie waren groß
und letztlich erfolgreich.
Ein Bericht von Prof. Dr. Ronald Bogaschewsky
Mit dem Rechtsschwenk in vielen europäischen Staaten und vor
allem nach der Wahl von Donald Trump als US-Präsident sollen nun
im Rahmen des Omnibus-Pakets zur Nachhaltigkeitsberichterstattung
die Nachhaltigkeitsanforderungen in der EU abgeschwächt bzw.
zeitlich gestreckt werden. Angesichts des Aussteigens vieler institutioneller
und privater Investor*innen aus Nachhaltigkeitsfonds und
dem Rückzug aus entsprechenden Initiativen der Finanzbranche,
sinkt der Druck auf die Unternehmen massiv, zügig in Richtung
Net Zero zu gehen.
Also Ende-Gelände für den Umweltschutz? In der Tat sieht es
auch in Anbetracht von Rekordgewinnen der Erdöl- und Gasindustrie
so aus, dass die Fossilen wieder goldenen Boden versprechen,
wohingegen ökologische Investments und soziale Projekte nur
noch mit spitzen Fingern angefasst – und dann entsorgt werden.
Aber Halt! So schlimm wird es hoffentlich nicht kommen, denn: Die
Umweltkosten allein durch Straßenverkehr, Strom- und Wärmeerzeugung
gibt das Umweltbundesamt mit gut 300 Milliarden Euro
pro Jahr an. Die klimawandelbedingten Kosten könnten sich bis zum
Jahre 2050 auf bis zu fast einer Billion Euro summieren. Klar ist:
Das muss jemand bezahlen und das dürften die Steuerzahlenden und
damit auch die Unternehmen sein. Wer diese Kostengrößen aus der
Kalkulation lässt, muss sich den Vorwurf der Milchmädchen- bzw.
-männchen-Rechnung machen lassen. Zur Mitte des Jahrhunderts
wird der globale Rückgang des globalen Bruttoinlandsprodukts
von der Swiss Re auf 18 % taxiert, andere Institute nennen noch
höhere Zahlen. Das heißt, dass sich das weltweite BIP ja bereits heute
durch Klimaschäden und Schutzmaßnahmen deutlich reduziert.
Wenn ein Nullwachstum schon als Katastrophe wahrgenommen
wird, was bedeutet dann das? Vermutlich eine nie dagewesene
Weltwirtschaftskrise unbeschreiblichen Ausmaßes, einschließlich
brutalster Begleiterscheinungen wie Hunger, Vertreibungen und
kriegerische Auseinandersetzungen – denn es wird mal wieder die
Ärmsten der Armen am härtesten treffen.
Bedachtes und kluges Wirtschaften in Unternehmen und
auch in der Politik stellt also kurzfristige Profitmaximierung nicht
vor die mittel- bis langfristige Überlebensmöglichkeit. Das hat
man schon früher im ersten Semester Wirtschaftswissenschaften
gelernt und dies gilt heute umso mehr. Dass einige Politiker*innen
und Unternehmenslenker*innen hiervon noch nie etwas gehört zu
haben scheinen, macht diese Logik nicht falsch. Zudem dürfte bei
diesen Menschen schlichtweg kurzfristige Profitmaximierung auch
deshalb ganz oben auf der Agenda stehen, weil sie, wenn dann die
Rechnung kommt, nicht mehr im Amt, sondern mit ihrem Geld in
einer sonnigen Steueroase sein werden. Aber genug des Bashings:
Vorstände börsennotierter Unternehmen machen nur ihren Job und
die Ziele werden in der Regel von Aufsichtsräten definiert, die wiederum
die Wünsche der Kapitalgeber widerspiegeln. Und was wollen
die? Richtig! Profit und sonst zumeist nichts. Das ist nicht linkes
Gehetze, sondern das sind die Grundregeln des Kapitalismus,
von denen die meisten von uns (im Global North) in den letzten
Jahrzehnten wunderbar profitiert haben.
Geht man von der, zugegebenermaßen etwas abstrakten
Analyse hin zu den täglichen Herausforderungen, ist die Lage ernst,
aber nicht völlig hoffnungslos. Das Mega-Investitionspaket der
Bundesregierung könnte viel Gutes bewirken, wenn man es richtig
40 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 40 28.04.25 11:00
Foto: EY
macht – und dankenswerterweise haben ja die viel gerügten Grünen
dafür gesorgt, dass die Staatsknete nicht beliebig verteilt, sondern für
sinnvolle und dringend benötigte Infrastrukturmaßnahmen verwendet
wird. Was davon natürlich nicht weggeht, ist eine destruktive
US-amerikanische Handelspolitik, einige autokratische Staatsführer
innerhalb der EU, die alles blockieren, was geht, nur um für sich
Vergünstigungen herauszuholen und um Russland zu stärken, das
wiederum unvermindert versucht, die Ukraine als Staat von der
Landkarte zu tilgen. Die Lage ist mittlerweile so vertrackt, dass
der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz am 15. März in einem Handelsblattinterview
feststellt, dass die USA sich selbst als Feind der EU
sehen und angesichts destruktiver Praktiken als Partner weniger
zuverlässig sei als die in Wirtschaftsfragen pragmatisch agierende
VR China. Letztere verfügt im Übrigen teilweise über mehr als 90
% der wichtigsten mineralischen Rohstoffe – sowohl solche aus
Primärproduktionen als auch aus dem Recycling. Wer hier „den
Schuss nicht gehört“ hat, für die/den dürfte es ein schlimmes Erwachen
geben.
Aber was machen Unternehmen denn Stand heute in Sachen
ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit wirklich? Angesichts der
Geschehnisse auf der politischen Bühne der letzten Wochen dürfte
diesbezüglich einiges zurückgefahren werden, aber die erratischen
Aussagen eines Donald Trump führen auch hier zu größter Unsicherheit.
Insofern dürfte vieles dann doch nicht gleich eingestampft
werden.
Wir haben in einer aktuellen Studie Unternehmensvertreter*innen
befragt, was ihr Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit und
hier vor allem hinsichtlich der Reduzierung von Treibhausgasemissionen
tut. Diese entstehen bekanntlich zumeist primär in der
Lieferkette, so dass die nach dem Greenhouse Gas Protocol so genannten
upstream Scope 3-Emissionen hier von besonderer Wichtigkeit
sind. Dementsprechend haben wir vor allem Supply Chain
Manager*innen und Einkäufer*innen befragt. Festzustellen ist
zunächst, dass bereits über 70 % der Unternehmen Daten zu
THG-Emissionen erheben und somit die Kategorie E1 im ESRS
fokussieren. Mit der Erfassung der weiteren Kategorien ist es dagegen
noch nicht weit her – E2: Umweltverschmutzung 30,8 %, E2:
Wasser- und Meeresressourcen 21,2 %, E4: Biologische Vielfalt
und Ökosysteme 15,4 % und E5: Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft
32,7 %. Offensichtlich steht hier noch viel Arbeit an und
viele Unternehmen wissen vermutlich noch gar nicht, wie und was
sie hier an Daten erfassen und wie sie diese bewerten sollen.
Von den Unternehmen, die THG-Emissionen erfassen, haben
rund drei Viertel auch konkretere Reduktionsziele formuliert, ein
knappes Drittel allerdings nur unverbindliche. Wiederum drei
Viertel machen die Ziele auch öffentlich und ein knappes Drittel
davon hat sich sogar über die Science-based Targets-Initiative
quasi zur Erreichung der Ziele verpflichtet. Rund 80 % bringen
ihre Nachhaltigkeitsziele dann auch in ihre Erfolgsmessung ein.
Bei der Zielgewichtung gibt jedoch nur ein Drittel an, dass es
Nachhaltigkeitsziele insgesamt hoch oder sogar sehr hoch in der
Erfolgsmessung gewichtet. Dies ist natürlich stark vom Produkt-
Kleine Kniffe
41
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 41 28.04.25 11:00
portfolio, dem Nachfragemarkt und der Position des jeweiligen
Unternehmens abhängig. Man kann allerdings erwarten, dass die
Gewichtung angesichts der oben beschriebenen Entwicklungen
kurzfristig nicht unbedingt zunehmen dürfte. Die Unternehmen
sehen dabei die größten Herausforderungen in der mangelnden
Datenverfügbarkeit und dem mit der Datenerhebung und -analyse
verbundenen Personalaufwand, wie das Chart zeigt.
Die Ermittlungsmethoden für THG-Emissionen sind dabei
unterschiedlich und sollten auch sinnvollerweise produktkategorieabhängig
gewählt werden. Ausgabenbasierte Ermittlungsmethoden
sind vergleichsweise einfach, aber auch ungenau und die prozessbezogene
Ermittlung ist hier nur bei spezifischen Gütern besser.
Die genauere Messung des THG-Fußabdrucks bedarf dagegen der
Erfassung und Bewertung vieler Daten, insbesondere bei komplexen
Stücklisten oder Rezepturen.
Besonderes interessant ist zudem, inwiefern das Thema
THG-Emissionen im Verhältnis zu Lieferanten eine Rolle spielt.
Hier dominiert mit 85,7 % nach wie vor die „Allgemeine Sensibilisierung
für das Thema“, aber immerhin fast 55 % geben an, dass
nun auch konkretere Projekte zur THG-Emissionsreduzierung
angestoßen werden. 40 % kündigen bereits die Relevanz von
THG-Emissionen in zukünftigen Preisverhandlungen an, bei nur
einem Fünftel ist dies bereits heute der Fall. Dementsprechend ist
die Berücksichtigung von THG-Emissionen für die Auswahl von
bestehenden Lieferanten oder bei Neuausschreibungen erst bei sehr
wenigen Unternehmen heute die Regel. Dies gilt generell sowohl
allgemein als auch unter konkreter Berücksichtigung des CBAM.
Diese und anderen Fragen diskutieren wir auf dem
4. Würzburger Nachhaltigkeitstag:
https://wuerzburger-nachhaltigkeitstag.de
Jasmin Möller
nachhaltigkeitstag@cfsm.de
Autor
Prof. Dr. Ronald Bogaschewsky
Lehrstuhl BWL 2 der Julius-
Maximilians-Universität Würzburg
42 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 42 28.04.25 11:00
Kleine Kniffe
43
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 43 28.04.25 11:00
Berichtspflichten
Die EU-Entwaldungsverordnung
Die EU-Entwaldungsverordnung (Verordnung (EU) 2023/1115 des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 31. Mai 2023; EU Deforestation Regulation – EUDR) verpflichtet bestimmte erfasste Unternehmen
dazu, Sorgfaltspflichten in ihren Geschäftsablauf zu integrieren, um das Ziel entwaldungsfrei hergestellter
Produkte zu erreichen. Die Verordnung ist zwar bereits am 29. Juni 2023 in Kraft getreten und ursprünglich
sollten erste Unternehmen die EUDR nach Ablauf einer Übergangsfrist ab Ende Dezember 2024 befolgen.
Allerdings hat die Europäische Union (EU) den EUDR-Anwendungsbeginn um 12 Monate verschoben.
Erfasste Unternehmen müssen nun frühestens ab 30. Dezember 2025 die EUDR-Sorgfaltspflichten
befolgen. Kleinst- und kleine Unternehmen haben unter Umständen sogar bis 30. Juni 2026 Zeit zur
Umsetzung.
Ein Bericht von Dr. Constantin Frank-Fahle, LL.M. und Marcel Trost
1. Hintergrund der EUDR
Die EU hat sich durch den sog. Green Deal vorgenommen, bis
2050 klimaneutral zu werden. Eine Biodiversitätsstrategie für 2030
wurde beschlossen und verschiedene gesetzliche Maßnahmen, u.
a. die EUDR, umgesetzt. Die EUDR wurde in 2023 auf Basis der
Überzeugung verabschiedet, dass Entwaldung und Waldschädigung
Treiber des Klimawandels und des weltweiten Biodiversitätsverlustes
sind. Nach EU-Angaben wurden zwischen 1990 und 2020
weltweit 420 Mio. ha Wald zerstört. Rund 90 % der Entwaldung
geht auf die Ausdehnung landwirtschaftlicher Flächen zur Gewinnung
bestimmter Rohstoffe zurück. Da EU-Konsumenten viele der
Produkte verbrauchen, die auf Entwaldung und Waldschädigung
beruhen, ist die EU überzeugt, dass ein Einfuhr- und Exportverbot
auf Ebene der EU-Mitgliedstaaten zur Reduzierung der weltweiten
Entwaldung beitragen kann.
2. Pflichten für Unternehmen
Die EUDR verpflichtet bestimmte Unternehmen zu neuen
Sorgfaltspflichten, um in Lieferketten Entwaldung, Waldschädigung
und eine Herstellung unter Verstoß gegen Vorschriften des
Erzeugerlandes zu vermeiden. Die EUDR bezeichnet die verpflichteten
Unternehmen als sog. „Marktteilnehmer“ und „Händler“.
„Marktteilnehmer“ ist „jede natürliche oder juristische Person, die
im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit relevante Erzeugnisse
in Verkehr bringt oder ausführt“. Händler ist „jede Person in der
Lieferkette mit Ausnahme des Marktteilnehmers, die im Rahmen
einer gewerblichen Tätigkeit relevante Erzeugnisse auf dem Markt
bereitstellt.“ „Bereitstellung auf dem Markt“ bedeutet „jede entgeltliche
oder unentgeltliche Abgabe eines relevanten Erzeugnisses zum
Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Unionsmarkt im
Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit“.
Die EUDR erfasst sieben Rohstoffe (Rinder, Kakao, Kaffee,
Ölpalme, Kautschuk, Soja und Holz) und einen abschließenden Katalog
von Erzeugnissen in Anhang 1 EUDR, die aus diesen Rohstoffen
hergestellt werden. Sie dürfen nur dann von den erfassten Unternehmen
in der EU in Verkehr gebracht, bereitgestellt oder aus der EU
ausgeführt werden, wenn (1) sie entwaldungsfrei sind, (2) sie gemäß
den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt
wurden und (3) für sie eine Sorgfaltserklärung vorliegt. „Entwaldungsfrei“
bedeutet, dass die relevanten Erzeugnisse relevante
Rohstoffe enthalten, mit diesen gefüttert wurden oder unter deren
Verwendung hergestellt wurden, auf Flächen erzeugt wurden, die
nach dem 31. Dezember 2020 nicht entwaldet wurden, oder bei
Holz und Holzerzeugnissen, dass das Holz aus dem Wald geschlagen
wurde, ohne dass es dort nach dem 31. Dezember 2020 zu Waldschädigung
gekommen ist.
Um die Sorgfaltserklärung vorlegen zu können, müssen erfasste
Unternehmen bestimmte Informationen, Daten und Unterlagen, die
für die Erfüllung der Informationsanforderung nötig sind, sammeln
(bspw. Geolokalisierung der Nutzfläche) und zudem Maßnahmen zur
Risikobewertung und -minderung vor Inverkehrbingen oder Aus-
44 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 44 28.04.25 11:00
fuhr der relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse vornehmen. Besteht
nach der Risikobewertung ein nicht vernachlässigbares Risiko dafür,
dass Produkte gegen die EUDR verstoßen, sind Verfahren und
Maßnahmen zur Risikominderung einzuleiten. Mit Einreichung
einer Sorgfaltserklärung über das elektronische Informationssystem
der EU-Kommission bestätigen erfasste Unternehmen vor
Inverkehrbringen/Bereitstellung/Ausfuhr, dass sie die
EUDR-Sorgfaltspflicht erfüllt haben, und dass kein oder lediglich
ein vernachlässigbares Risiko für einen EUDR-Verstoß vorliegt.
Andernfalls dürfen die erfassten Rohstoffe in der EU nicht in Verkehr
gebracht, bereitgestellt oder ausgeführt werden. Sonderregelungen
bestehen für erfasste Unternehmen, die als KMU qualifiziert werden
können.
Die zuständigen Behörden überprüfen durch regelmäßige
unangekündigte Kontrollen, ob die erfassten Unternehmen den
EUDR-Pflichten folgen. Anlassbezogene Kontrollen sollen bei
Kenntnis über einen möglichen EUDR-Verstoß erfolgen. Bei Zuwiderhandlungen
können einstweilige Maßnahmen und Sanktionen
angeordnet werden (u.a. Zwangs- und Bußgelder). In Deutschland
ist zuständige Behörde die Bundesanstalt für Landwirtschaft und
Ernährung (BLE). Landesbehörden werden die heimischen Rohstoffe
und Erzeugnisse aus Rindern, Soja und Holz kontrollieren.
3. Tipps für die Praxis
Unternehmen müssen prüfen, ob sie in den EUDR-Anwendungsbereich
fallen und ob sie relevante Rohstoffe oder Erzeugnisse
in die EU importieren, dort vermarkten oder exportieren.
Erfasste Unternehmen sollten ausreichend Zeit einplanen, sich mit
den umfassenden EUDR-Compliance-Maßnahmen vertraut zu
machen, ihre Lieferkette auf Transparenz zu überprüfen und Sorgfaltspflichten
zu implementieren. Auch um Risiken zu verstehen und
zu minimieren, müssen Informationen über die Lieferkette bis zu den
Anbauflächen der verarbeiteten Rohstoffe gesammelt, dokumentiert
und analysiert werden. Zudem sind Lagerbestände zu überprüfen
und Lieferketten etwaig anzupassen. Vorhandene Compliance-
Prozesse sind mit EUDR-Vorgaben abzustimmen. Kostenlose öffentliche
Hilfsangebote, bspw. der EU-Kommission aus März 2025
sowie der BLE, erleichtern das Verständnis des Pflichtenkatalogs.
Autoren
Dr. Constantin Frank-Fahle, LL.M. und Marcel Trost
Rechtsanwälte und Gründungspartner der Kanzlei emltc
(Emerging Markets – Legal. Tax. Compliance.), Abu
Dhabi/Dubai, Vereinigte Arabische Emirate
Kleine Kniffe
45
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 45 28.04.25 11:00
Reporting
Nachhaltigkeitsberichterstattung im Einkauf
Pflicht oder entscheidender Wettbewerbsfaktor?
Das EU-Parlament hat für ein späteres Inkrafttreten der Regeln zur EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung
gestimmt. Daher sollten Unternehmen die gewonnene Zeit nutzen, um sich entsprechend aufzustellen
und die richtigen Entscheidungen in Bezug auf Strategien und Prozesse zu treffen, insbesondere nach der
Verabschiedung der drei geplanten Omnibus-Pakete. Denn es ist wichtig zu verstehen, dass die CSRD
eine aktive EU-Gesetzgebung bleibt. Änderungen sind geplant, aber eine vollständige Aufhebung ist
unwahrscheinlich.
Ein Beitrag von Peter Oehmichen
Während Großunternehmen über entsprechende Ressourcen
zur Erfüllung der Regularien verfügen, stellt dies den Mittelstand vor
erhebliche Herausforderungen. Dieser verfügt in der Regel nur über
eine begrenzte Personalausstattung, um vor allem seine Kosten wettbewerbsfähig
zu halten. Auch sind die IT-Kapazitäten oftmals nur
auf die betriebsnotwendigen Anforderungen ausgerichtet. Hingegen
sind die finanziellen Mittel und Möglichkeiten von Großunternehmen
vielfach großzügiger ausgelegt, so dass Anforderungen von
außen einfacher umgesetzt werden können. Zwar räumt der
Gesetzgeber den kleineren Unternehmen daher meist längere Übergangsfristen
ein, jedoch geht damit nicht die direkte Förderung der
notwendigen Anpassungsmaßnahmen einher. Die Fragen nach Art
und Weise, Zeitpunkt sowie Umfang der Umsetzung liegt allein in
der Hand der Geschäftsführungen in den mittelständischen Betrieben,
die oftmals auch tief ins operative Tagesgeschäft eingebunden
sind und daher diese regulatorischen Anforderungen vielfach nicht
im unmittelbaren Fokus stehen. Doch was sind die Alternativen?
Viele Großunternehmen verlagern die Berichtspflichten auf
ihre mittelständischen Zulieferer, indem sie detaillierte Nachhaltigkeitsnachweise
verlangen. Wer diese Anforderungen nicht
erfüllen kann, riskiert den Verlust wichtiger Kunden. In naher
Zukunft ist auch mit entsprechenden Bußgeldern bei Nichtbeachtung
zu rechnen. Doch wer frühzeitig soziale und ökologische Standards
in die Anforderungen seiner Lieferketten integriert, kann neben
gesetzlichen Anforderungen auch Wettbewerbsvorteile sichern.
Grundsätzlich gehört die systematische Marktbeobachtung zum
Handwerkzeug eines jeden Einkaufes. Nicht nur die Preis- und Konditionenentwicklung,
auch die Frage nach alternativen Lieferanten
und Lösungen, der Qualität, der Verfügbarkeit, der Liefertermintreue
als auch die Potentiale und Skalierbarkeit eines Lieferanten
sollten im Einkaufs-Controlling verankert sein. Warum nicht auch
Nachhaltigkeitskennzahlen mit in die Steuerungsmatrix integrieren?
Die Globalisierung der Märkte bietet die Chance, bestmögliche
Lieferanten zu lokalisieren. Die Recherche dafür ist zwar heute besser
denn je, doch die regelmäßige Bewertung der Lieferanten, insbesondere
die geforderten Nachweise zu Sozial- und Umweltstandard
wie sie u.a. im CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism), der
EUDR (European Deforestation Regulation) und der PPWR (Packaging
and Packaging Waste Regulation) genannt sind, erfordern ein
hohes Maß an Automatisierung, will man die Anforderungen effizient
und intelligent umsetzen. Unterschiedliche Datenquellen sind
heranzuziehen, Daten zu validieren und auf Relevanz für das eigene
Geschäftsmodell zu bewerten, bevor man sich auf die eigentliche
Bewertung des jeweiligen Lieferanten fokussieren kann. Insbesondere
die Aktualität der Daten und ihre Vertrauenswürdigkeit spielen
für die Analyse und nachfolgende Entscheidungsfindung eine wichtige
Rolle.
Mit dieser Anforderung an die Berichterstattung steigt die
Herausforderung für die Unternehmen nicht nur die finanziellen
Mittel, sondern auch die Ressourcen bereitzustellen, was wiederum
bestenfalls eine Frage der Motivation und Qualifikation der Mitarbeiter
darstellt. Intelligente und zusätzlich KI-gestützte Software
unterstützt bei der Erfassung und Analyse der vielfältigen Datenpunkte
und reduziert den personellen Aufwand. Auf diese Weise
kann es gelingen einerseits relevante ökologische, soziale und auch
finanzielle Bewertungsfaktoren entlang der gesamten Lieferkette
zu verarbeiten und zur weiteren Entscheidungsfindung zu nutzen.
Am Anfang dieser Datenanalyse steht jedoch die Erhebung der relevanten
Einflußfaktoren der gesamten Lieferkette inklusive der
46 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 46 28.04.25 11:00
Foto: depositphotos
originären Lieferantenbewertungskriterien sowie die Definition
einer Entscheidungsmatrix, um die Daten zielgerichtet und effizient
verarbeiten zu können.
Ein derartiges Vorgehen bietet beiden Seiten – Einkäufer und
Lieferant – die Möglichkeit, Geschäftsbeziehung professionell und
transparent zu gestalten. Digitale Lösungen schaffen wiederum beidseitig
Raum, sich auf wesentliche Themen wie Lieferfähigkeit und
Qualität sowie angemessene Preise und Konditionen in den Verhandlungen
zu fokussieren. Somit entsteht für die Geschäftspartner
die Chance eine vertrauensvolle und auf gegenseitigen Respekt
ausgerichtet Beziehung aufbauen zu können. Nicht nur durch die
Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards, sondern auch durch
eine auf langfristige Zusammenarbeit ausgerichtete Geschäftsbeziehung
im globalen Markt kann der Einkauf die Resilienz des eigenen
Geschäftsmodells mit stärken.
Wer frühzeitig umweltfreundliche Lieferanten auswählt, sichert
sich langfristig Kostenstabilität und minimiert das Risiko steigender
Rohstoff- oder Entsorgungskosten. Insbesondere in schwierigen
Zeiten entscheidend die Nachhaltigkeit der Geschäftsbeziehung, ob
und in wieweit der Lieferant durch entgegenkommende Konditionen
oder gar durch intelligente Ausgestaltung von Sicherheiten, die
auch dem eigentlichen Käufer des Endproduktes zu Gute kommen
können, bespielsweise können durch Einbindung der Lieferantensicherheiten
in das Vorliefergeschäft mit dem Endkunden temporäre
Liqiuditäts- oder Sicherheitenengpässe ausgeglichen werden..
Zusätzlich profitieren auf Nachhaltigkeit ausgerichtete
Unternehmen zunehmend von besseren Finanzierungskonditionen
und Fördermöglichkeiten aufgrund des besseren Rankings bei den
Haus- und Förderbanken. Sie sind auch in Bezug auf den daraus
resultierenden Unternehmenswert „beständiger“ als auch in einer
möglichen Altersnachfolge zu einem attraktiveren Preis veräußerbar.
Fazit: Wer heute handelt, sichert sich den
Vorsprung von morgen
Je früher Einkäufer soziale und ökologische Standards aktiv
einfordern, desto nachhaltiger und widerstandsfähiger werden
nachgelagerte Unternehmen – und damit auch das eigene Geschäftsmodell.
Unternehmen, die jetzt ihre Nachhaltigkeitsstrategie
mit digitalen Prozessen verknüpfen, können nicht nur Risiken minimieren,
sondern Kosten optimieren, Marktchancen sichern und
ihre Lieferketten zukunftssicher aufstellen.
Nachhaltigkeitsberichterstattung ist also nicht nur eine Pflicht –
sie ist eine Chance, die eigene Position im Wettbewerb langfristig zu
stärken. Die derzeitige Diskussion um die Omnibus-Verordnung der
EU ist daher als Einladung zu verstehen, sich frühzeitig mit diesen
Themen zu beschäftigen und auch als Arbeitgeber sich langfristig die
„richtigen Köpfe zu sichern“.
Autor
Peter Oehmichen
O-Consulting Management
Beratungen
peter.oehmichen@o-consulting.de
http://www.o-consulting.de/
Kleine Kniffe
47
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 47 28.04.25 11:00
Nachhaltiger Einkauf
Nachhaltige Beschaffung durch KI
Wie Technologie den Weg zu einer grüneren Zukunft ebnet
Die Beschaffung ist längst nicht mehr nur ein Mittel zur Kostensenkung oder Effizienzsteigerung –
sie ist zu einem strategischen Hebel für Nachhaltigkeit geworden. Doch wie können Unternehmen
sicherstellen, dass ihre Lieferketten umweltfreundlich, sozial gerecht und wirtschaftlich
verantwortungsvoll gestaltet sind? Die Antwort liegt in der Künstlichen Intelligenz (KI). Mit ihrer
Fähigkeit, riesige Datenmengen zu analysieren und fundierte Entscheidungen zu treffen, eröffnet
KI neue Möglichkeiten, die Beschaffung nachhaltig auszurichten. Dieser Artikel zeigt, wie KI dabei
hilft, ökologische und soziale Ziele zu erreichen, und beleuchtet konkrete Anwendungsbeispiele
sowie die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Implementierung.
Ein Beitrag von Thomas Heine
Die globale Wirtschaft steht unter Druck, nachhaltiger zu agieren
– nicht nur aus ethischen Gründen, sondern auch aufgrund
strengerer Regulierungen und wachsender Erwartungen von
Kunden und Investoren. Die Beschaffung spielt hierbei eine Schlüsselrolle:
Sie beeinflusst die gesamte Lieferkette und kann durch
gezielte Entscheidungen ökologische Schäden minimieren, soziale
Standards fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität sichern.
Doch wie lässt sich diese Komplexität bewältigen? KI bietet die
Werkzeuge, um Nachhaltigkeitsziele effektiv umzusetzen.
Wie unterstützt
KI eine nachhaltige Beschaffung?
KI kann auf vielfältige Weise dazu beitragen, die Beschaffung
nachhaltiger zu gestalten. Ein Beispiel ist die präzise Berechnung von
Scope-3-Emissionen – also jener Emissionen, die entlang der gesamten
Lieferkette entstehen. Die EcoSpend-Lösung von Onventis nutzt
KI, um Ausgaben automatisch zu kategorisieren und Emissionsfaktoren
zu berechnen. So erhalten Unternehmen eine detaillierte
Übersicht über ihre Emissions-Hotspots und können gezielt Maßnahmen
ergreifen, um diese zu reduzieren.
Ein weiteres Beispiel ist die Optimierung der Lieferantensuche.
Mithilfe von KI können Unternehmen potenzielle Lieferanten analysieren
und bewerten – nicht nur nach Preis und Qualität, sondern
auch nach Nachhaltigkeitskriterien wie Umweltfreundlichkeit oder
sozialer Verantwortung. Dies ermöglicht eine umfassende Trans-
parenz entlang der Lieferkette und fördert die Zusammenarbeit mit
Partnern, die nachhaltige Praktiken anwenden.
Globale Anwendungsbeispiele
für KI in der nachhaltigen Beschaffung
Wie sieht das konkret aus? In Deutschland hat das Projekt *fashionsort.ai*
ein KI-gestütztes System entwickelt, das gebrauchte
Textilien effizient sortiert. Durch die Analyse von Bilddaten erkennt
die KI Materialtyp, Farbe und Defekte – ein entscheidender Schritt
für die Kreislaufwirtschaft in der Modeindustrie.
Auch Coca-Cola setzt auf KI zur Förderung nachhaltiger Prozesse.
In Zusammenarbeit mit Microsoft nutzt das Unternehmen
Cloud-basierte Technologien, um seine Lieferketten effizienter
zu gestalten. Durch präzise Nachfrageprognosen und optimiertes
Bestandsmanagement werden Ressourcen geschont und Emissionen
reduziert.
Ein besonders innovatives Beispiel kommt aus Kenia: Die
MyAnga-App nutzt KI-gestützte Wetterdaten, um Hirten vor
Dürren zu warnen und sie bei der nachhaltigen Verwaltung ihres
Viehs zu unterstützen. Diese Technologie zeigt eindrucksvoll, wie
KI nicht nur ökologisch sinnvoll sein kann, sondern auch soziale
Herausforderungen adressiert.
48 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 48 28.04.25 11:00
Foto: depositphotos
Welche Potenziale
bietet KI für eine grünere Beschaffung?
Die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt. KI kann Überproduktion
vermeiden, indem sie Bedarfsprognosen präzisiert und
Lagerbestände optimiert. Sie hilft Unternehmen dabei, Lieferanten
auszuwählen, die nachhaltige Praktiken anwenden, und überwacht
kontinuierlich Emissionen entlang der gesamten Lieferkette.
Darüber hinaus ermöglicht sie eine transparente Berichterstattung
über Fortschritte bei Nachhaltigkeitszielen – ein entscheidender
Faktor für Unternehmen, die ihre ESG-Kriterien erfüllen wollen.
Voraussetzungen
für eine erfolgreiche Implementierung
Wie gelingt es Unternehmen, KI erfolgreich in ihre nachhaltige
Beschaffung einzubinden? Der erste Schritt ist eine klare Zielsetzung:
Welche Nachhaltigkeitsziele sollen erreicht werden? Anschließend
müssen geeignete Datenquellen identifiziert werden – denn ohne
qualitativ hochwertige Daten kann selbst die beste KI keine fundierten
Entscheidungen treffen.
Ebenso wichtig ist die Auswahl passender Technologien: Von
generativer KI zur Erstellung von Berichten bis hin zu autonomen
KI-Agenten für dynamische Prozessanpassungen gibt es zahlreiche
Lösungen. Pilotprojekte bieten einen idealen Einstieg, um erste
Erfahrungen zu sammeln und konkrete Anwendungsfälle zu testen.
Schließlich sollten Unternehmen ihre Mitarbeiter schulen und sensibilisieren
– denn technologische Innovation braucht menschliches
Verständnis.
Fazit: Eine grüne Zukunft
durch intelligente Technologie
KI hat das Potenzial, die Beschaffung grundlegend zu verändern
– nicht nur in Bezug auf Effizienz und Kosten, sondern auch hinsichtlich
ökologischer und sozialer Verantwortung. Mit ihrer Fähigkeit
zur Analyse großer Datenmengen und zur Automatisierung komplexer
Prozesse ist sie ein unverzichtbares Werkzeug für Unternehmen,
die ihre Nachhaltigkeitsziele erreichen wollen. Wer jetzt handelt und
auf diese Technologie setzt, gestaltet nicht nur seine eigene Zukunft
nachhaltig – sondern auch die unseres Planeten.
Das Interview führte
Thomas Heine
Chefredakteur
www.nachhaltige-beschaffung.com
Kleine Kniffe
49
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 49 28.04.25 11:00
Digitalisierung des Einkaufs
Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil:
Wie ein B2B Online-Shop neue Maßstäbe setzt
Pascal Kühne ist Head of Key Account Management vom Schäfer Shop. Er ist in einem
mittelständischen Unternehmen beschäftigt, dass sich im Wettbewerb zukunftsorientiert
positioniert, weil es Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Automatisierung durch KI und Zertifiierung als
elementare Differenzierungsmöglichkeiten strategisch betrachtet. Wie das funktioniert, beschreibt
er im Interview.
Das Interview führte Thomas Heine
Hallo Pascal, als Key Account Manager von Schäfer
Shop, eines B2B Online-Shops, habt ihr auch das Thema
Nachhaltigkeit im Fokus- wie geht ihr das an?
Wir von Schäfer Shop reden nicht nur über Nachhaltigkeit, wir
handeln! Zum Beispiel mithilfe einer internen Projektgruppe, die
sich abteilungsübergreifend mit allen relevanten Themen beschäftigt
und diese vorantreibt – vom Recyclingbecher in der Betriebskantine
bis zu tonnenweiser Papiereinsparung bei unserer Katalogproduktion.
Wir arbeiten ständig daran, in Sachen Nachhaltigkeit noch besser
zu werden, intern, aber auch unter Betrachtung unserer gesamten
Lieferkette sowie unseres Service- und Produktportfolios
Welche konkreten Vorteile bietet die Schäfer Shop
Lösung für seine Kunden?
Für Unternehmen, die unser System in ihre Beschaffungsplattformen
integrieren möchten, bieten wir eine Anbindung mit
vollständiger Transparenz der Lieferkette. Unsere ISO-Zertifizierung
durch GutCert garantiert standardisierte Qualitätsprozesse,
was besonders für große Unternehmen mit komplexen Compliance-Anforderungen
wichtig ist.
Unser System ermöglicht nicht nur den Zugang zu einem Produktportfolio
mit einer Auswahl an nachhaltigen Artikeln, sondern
auch die Konsolidierung von Bestellprozessen. Wir haben die
Vision, dass wir für Unternehmen, die ihren Einkauf digitalisieren
und harmonisieren möchten, in Zukunft eine All-in-One-Lösung
verwirklichen wollen. Dieses Ziel ergibt sich genuin aus den Anforderungen,
die sich aus dem Schulterschluss von Digitalisierung und
Nachhaltigkeit ergeben. Zur Pilotierung suchen wir zurzeit aktiv
nach Partnerschaften am Markt. Langlebigkeit ist ein wichtiger
Aspekt eures Angebots. Wie stellt ihr sicher, dass die
Produkte im Shop diesen Anspruch erfüllen?
Wir haben strenge Auswahlkriterien für unsere Lieferanten
entwickelt, die in unserem Code of Conduct für Geschäftspartner
festgehalten sind. Wir fragen unsere Lieferant, ob ihre Produkte auf
Langlebigkeit ausgelegt sind und reparierbar oder recycelbar sind.
Wir haben darüberhinaus ein Bewertungssystem implementiert, das
Feedback unserer Kunden zur Produktqualität und -langlebigkeit
einbezieht.
Wir arbeiten daran, in Zukunft ein zertifiziertes Abfallmanagementsystem
anbieten zu können, das den gesamten
Produktlebenszyklus berücksichtigt. Damit wollen wir den Wunsch
der Kunden nach einem Rücknahme- und Recyclingprogramme entsprechen,
um die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Einmal etabliert
können diese Maßnahmen in Zukunft die Gesamtbetriebskosten für
unsere Kunden erheblich senken.
Wie nutzt ihr heute bereits Künstliche Intelligenz und
welchen Mehrwert bietet das dem Kunden?
KI ist im B2B-E-Commerce keine Spielerei mehr, sondern
ein strategischer Hebel, um intern effizienter zu arbeiten und den
individuellen Ansprüchen der Kunden zu genügen. Besonders
in komplexen Beschaffungsprozessen, wie sie für B2B typisch
sind, kann KI helfen, Komplexität zu reduzieren, Entscheidungen
zu erleichtern und Prozesse zu beschleunigen. Uns geht es dabei
nicht nur um Effizienzgewinne, sondern auch um eine strategische
Weiterentwicklung des Geschäftsmodells. KI-gestützte Automatisierungstools
können administrative Abläufe wie das Onboarding neuer
Kunden, das Pflegen von Produktdaten, die Rechnungsstellung oder
Support-Tickets weitgehend automatisiert abwickeln. Besonders bei
standardisierten Vorgängen entlastet dies Mitarbeiter und reduziert
Fehlerquoten. In Zukunft sollen 24/7 verfügbare, KI-basierte Chatbots
Kundenanfragen direkt beantworten können, Bestellungen
50 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 50 28.04.25 11:00
anstoßen oder bei technischen Fragen erste Hilfe leisten. Für unsere
Kunden bedeutet das kürzere Reaktionszeiten, jederzeitige Erreichbarkeit
und konsistente Informationsqualität.
Nachhaltigkeit und ethisches Handeln sind zentrale
Werte Ihres Unternehmens. Wie setzt ihr diese konkret
um?
Als Unterzeichner des UN Global Compact haben wir uns verpflichtet,
dessen zehn Prinzipien in den Bereichen Menschenrechte,
Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung einzuhalten.
Unser innerbetrieblicher Code of Conduct definiert klare
Verhaltensregeln für alle Mitarbeiter und schafft eine Unternehmenskultur,
die auf Integrität und Verantwortung basiert.
In diese Richtung zielt auch unser Hinweisgebersystem, das uns
dabei unterstützt, potenzielle Verstöße frühzeitig zu erkennen und
zu adressieren. Dies schafft Vertrauen bei unseren Geschäftspartnern
und stellt sicher, dass wir unseren hohen ethischen Standards
gerecht werden.
Wie unterstützt Schäfer Shop speziell mittelständische
Unternehmen bei der Digitalisierung ihrer
Beschaffungsprozesse?
Wir verstehen, dass viele mittelständische Unternehmen beim
Thema Digitalisierung vor Herausforderungen stehen. Deshalb
bieten wir nicht nur eine Technologieplattform, sondern ein umfassendes
Ökosystem. Unsere Kunden erhalten Zugang zu Schulungen,
Beratungsleistungen und einem Netzwerk gleichgesinnter Unternehmen.
für die Kunden?
Die ISO 9001-Zertifizierung ist besonders im B2B-Bereich ein
entscheidender Faktor. Sie garantiert unseren Kunden standardisierte
Qualitätsprozesse und ist oft Voraussetzung für die Teilnahme
an öffentlichen Ausschreibungen. Für Konzerne mit strengen Compliance-Anforderungen
bietet die Zertifizierung die Sicherheit, dass
unsere Prozesse den internationalen Standards entsprechen.
Die Zertifizierung umfasst alle Bereiche unseres Unternehmens
– von der Lieferantenauswahl über die Produktqualität bis hin zum
Kundenservice. Dies schafft Vertrauen und reduziert den Prüfaufwand
für unsere Kunden erheblich.
Blicken wir in die Zukunft: Welche Entwicklungen
siehst du im Bereich nachhaltiger B2B-E-Commerce?
Wir beobachten einen klaren Trend zur Kreislaufwirtschaft.
Immer mehr Unternehmen erkennen, dass lineare Wirtschaftsmodelle
nicht zukunftsfähig sind. Unsere Plattform entwickelt
sich daher kontinuierlich weiter, um nicht nur den Verkauf neuer
Produkte zu ermöglichen, sondern auch Reparatur-, Wiederaufbereitungs-
und Recyclingdienste anzubieten.
Zudem wird die Transparenz der Lieferkette immer wichtiger.
Dazu benötigt es Technologie, um die Herkunft, und Nachhaltigkeit
jedes Produkts lückenlos nachvollziehbar zu machen. Dies wird
besonders für Konzerne mit strengen ESG-Reporting-Anforderungen
zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil.
Pascal Kühne, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch.
Welche Rolle spielt die Zertifizierung nach ISO 9001
Kleine Kniffe
51
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 51 28.04.25 11:00
Künstliche Intelligenz
ChatGPT und Copilot im Einkauf
Im November 2022 wurde mit der Veröffentlichung des Chatbots ChatGPT das Thema Künstliche
Intelligenz auf ein neues Niveau gehoben. Ein Jahr später veröffentlichte Microsoft den Copilot, der
auf ChatGPT basiert. Es handelt sich um sogenannte Large-Language-Modelle (LLM), Künstliche
Intelligenz, die mithilfe riesiger Datenmengen trainiert wurde, um menschenähnliche Texte zu
verstehen und zu generieren.
Ein Beitrag von Alexander Call
Die Vorgehensweise gleicht dabei, vereinfacht gesagt, der Logik
der Wortvervollständigung auf dem Smartphone. In Apps wie
WhatsApp oder Messager werden dem Nutzer nach jeder Eingabe
das nächste Wort vorgeschlagen. Dieser Vorschlag basiert dabei auf
Wahrscheinlichkeiten, die sowohl auf allgemeinen als auch individuellen
Nutzerdaten basieren. Ein LLM arbeitet ähnlich, allerdings
auf einem viel komplexeren Niveau. Wird dem System eine Anfrage
gegeben, so berücksichtigt es nicht nur einzelne Wörter, sondern
den gesamten Kontext, Muster und Zusammenhänge des Textes, um
die wahrscheinlich sinnvollste Fortsetzung zu generieren und so zu
„antworten“.
Somit kann ein solches Modell natürliche Unterhaltungen
führen und auf die individuellen Eingaben der Anwender, auch
„Prompts“ genannt, eingehen. Dabei sind die Systeme sowohl für den
Privatgebrauch als auch im beruflichen Kontext geeignet. Bei komplexeren
Aufgabenstellungen gibt es einige grundlegende Regeln,
die es zu beachten gilt, um klare und hilfreiche Ergebnisse von den
LLMs zu erhalten.
1. Grammatik
Gleich vorweg: Perfekte Rechtschreibung und Grammatik sind
nicht ausschlaggebend für die Qualität der Antworten von ChatGPT
& Co. Die KI erkennt in den meisten Fällen den Sinn einer Anfrage,
auch wenn diese nicht fehlerfrei formuliert ist. Dennoch kann
es gerade am Anfang hilfreich sein, auf korrekte Interpunktion zu
achten. So lassen sich Prompts besser strukturieren, etwa durch
Stichpunkte oder Klammern.
2. Kontext
Die Qualität einer Antwort hängt oft davon ab, wie viel Hintergrundwissen
der KI mitgegeben wird. Ohne Kontext bleibt die
Anfrage vage, was zu ungenauen oder allgemeinen Antworten
führen kann. Wenn dagegen die eigene Situation oder Rolle kurz
erläutert wird, hilft das dem Modell, die Frage besser zu verstehen
und passgenau zu antworten. Besonders nützlich ist es, den Kontext
in eckige Klammern zu setzen, um ihn klar von der eigentlichen
Frage zu trennen.
3. Klarheit, Kürze & Objektivität
Beim Bereitstellen des Kontexts ist eine klare und prägnante
Formulierung der Schlüssel zu hilfreichen Antworten. Lange,
unstrukturierte Fragen mit unnötigen Details hingegen führen oft
zu ungenauen oder weniger hilfreichen Ergebnissen.
Dabei sollte der Prompt neutral formuliert und voreingenommene
Annahmen vermieden werden, da diese die KI unbewusst in
eine bestimmte Richtung lenken und so missverständliche Ergebnisse
erzeugen.
52 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 52 28.04.25 11:00
Foto: depositphotos
4. Offene oder geschlossene Frage
Zu guter Letzt ist es wichtig, sich über die Art der gewünschten
Antwort Gedanken zu machen. Ist eine gezielte Information oder
eine offene, umfassendere Antwort erforderlich? Ein Prompt, der
die Antwortmöglichkeiten vorgibt (z. B. „Analysiere den Vertrag
und identifiziere Klauseln, die mit deutschem Arbeitsrecht kollidieren“),
kann die KI darauf ausrichten, eine präzise Wahl zu treffen. Im
Gegensatz dazu kann eine offene Anfrage wie „Wie bewertest du den
folgenden Vertrag aus Sicht des Auftragnehmers?“ eine umfangreichere
Antwort erzeugen, die verschiedene Ansätze und Perspektiven
beleuchtet.
Wer neu im Umgang mit ChatGPT oder dem Copilot ist, sollte
zunächst offene Fragen stellen, um die Möglichkeiten des Systems
auszuloten.
Beispielprompts für den Einkauf
Wenn die obigen Punkte berücksichtigt werden, bieten LLMs
einen echten Mehrwert im Tagesgeschäft von Einkäufern. Untenstehend
finden Sie einige Beispielprompts, die die verschiedenen
Funktionsbereiche von ChatGPT abdecken und mit denen Sie direkt
loslegen können!
1. Emails formulieren
„[Ich bin strategischer Einkäufer. Mein Lieferant hat mir nachfolgende
Mail geschrieben. Ich möchte ihm höflich, aber bestimmt
widersprechen und ihn zu einem Gespräch einladen. Bitte verfasse
die Antwort.] Hier die Mail des Lieferanten: …“
Einer der häufigsten Anwendungsfälle von LLMs ist das Verfassen
längerer Texte. Bei diesem Prompt wird der KI in Form der
entsprechenden E-Mail der Kontext mitgegeben, sodass eine individuelle
Antwort formuliert wird.
2. Messevorbereitungen
„[Ich bin strategischer Einkäufer für Schaltschrankkomponenten
im Maschinenbau. Ich werde die SPS in Nürnberg besuchen.] Mit
welchen Lieferanten sollte ich mich treffen? Nutze das Web und gib
mir eine Auflistung mit Kurzbeschreibung der Hauptaktivitäten der
Lieferanten.“
Es ist möglich, über ChatGPT oder den Copilot Internetrecherchen
durchzuführen. Dabei werden mehrere Websites besucht und
die Inhalte zusammengefasst. So kann das System zu verschiedenen
Themen schnell eine Übersicht inklusive Quellenangaben erstellen.
Kleine Kniffe
53
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 53 28.04.25 11:00
Foto: depositphotos
3. Angebotsvergleich
„Ich habe hier 2 Angebote von Lieferanten erhalten. Bitte analysiere
die beiden Dateien vollumfänglich, kategorisiere die Inhalte
und stelle einen tabellarischen Angebotsvergleich auf. “
ChatGPT kann verschiedene Datentypen wie Excel-Dateien
oder PDF- Dateien analysieren und daher auch bei Angebotsvergleichen
unterstützen, indem es die Inhalte strukturiert, kategorisiert
und übersichtlich in Tabellenform aufbereitet. Das ermöglicht eine
schnelle Gegenüberstellung von Preisen, Leistungen oder anderen
relevanten Kriterien.
Neben der Textverarbeitung, der Internetrecherche und der
Dateianalyse verfügt ChatGPT über die Möglichkeit, Bilder auszulesen
und Inhalte in ein bearbeitbares Format umwandelt. So lassen
sich beispielsweise Screenshots, eingescannte Dokumente oder
fotografierte Inhalte wie Etiketten effizient weiterverarbeiten – vorausgesetzt,
die Bildqualität ist ausreichend.
Die KI agiert nicht immer fehlerfrei. Daher sollten kritische
Inhalte stets Korrektur gelesen werden.
4. Bilderkennung und -konvertierung
„Mein Kollege hat mir einen Screenshot einer Tabelle geschickt.
Ich möchte darin in Excel arbeiten. Bitte gib mir die Tabelle entsprechend
aus“
Autor
Alexander Call
Durch Denken Vorne Consult GmbH
www.durchdenkenvorne.de
54 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 54 28.04.25 11:00
Chancen und Risiken von KI-Modellen
Generative KI-Modelle im Einkauf
Die rasante Entwicklung generativer KI-Modelle bietet sowohl Chancen als auch Risiken für
die Digitalisierung, insbesondere im Bereich der IT-Sicherheit. Eine umfassende Analyse der
Gefahrenlage ist unerlässlich, um die potenziellen Auswirkungen dieser Technologie zu verstehen.
Ein Bericht von Thomas Heine
Chancen generativer KI-Modelle
Große KI-Sprachmodelle (LLMs) ermöglichen die Automatisierung
textbasierter Aufgaben wie Textgenerierung, -bearbeitung
und -verarbeitung. Sie können formale Dokumente verfassen,
Schulungsunterlagen erstellen, Texte zusammenfassen und übersetzen
sowie Programmcode analysieren und optimieren. Im Bereich
der IT-Sicherheit können LLMs das Sicherheitsmanagement unterstützen,
unerwünschte Inhalte detektieren, Programmcode
analysieren und härten sowie Security-Code erstellen.
Risiken generativer KI-Modelle
Die Nutzung generativer KI-Modelle birgt Risiken, die in drei
Kategorien unterteilt werden können: Risiken im Rahmen der ordnungsgemäßen
Nutzung, Risiken durch missbräuchliche Nutzung
und Risiken infolge von Angriffen.
Zu den Risiken im Rahmen der ordnungsgemäßen Nutzung
gehören die Abhängigkeit vom entwickelnden/betreibenden
Unternehmen, die fehlende Vertraulichkeit eingegebener Daten,
fehlerhafte Reaktionen auf Eingaben, fehlende Ausgabequalität,
problematische und verzerrte Ausgaben, sowie selbstverstärkende
Effekte und Model Collapse.
Die missbräuchliche Nutzung generativer KI-Modelle kann zur
Erzeugung ver- und gefälschter Inhalte, zum Vortäuschen einer
(medialen) Identität, zur Wissenssammlung und -aufbereitung im
Kontext krimineller Aktivitäten sowie zur Re-Identifizierung von
Personen aus anonymisierten Daten führen. LLMs können zur
Generierung und Verbesserung von Malware sowie zur Platzierung
von Malware verwendet werden. Generative KI-Modelle sind anfällig
für verschiedene Angriffe, darunter Poisoning Attacks, Privacy
Attacks und Evasion Attacks. Poisoning Attacks zielen darauf ab,
eine Fehlfunktion oder Leistungsverschlechterung durch eine Vergiftung
des angegriffenen Modells herbeizuführen. Privacy Attacks
zielen darauf ab, Informationen über Trainingsdaten, im Betrieb
verarbeitete Daten oder Teile des KI-Modells zu rekonstruieren.
Evasion Attacks zielen darauf ab, die Eingabe an ein generatives
KI-Modell so zu verändern, dass das Ausgabeverhalten des Modells
gezielt manipuliert oder bestehende Schutzmechanismen umgangen
werden.
Gegenmaßnahmen
im Kontext generativer KI-Modelle
Um den beschriebenen Risiken zu begegnen, sind sowohl
technische als auch organisatorische Maßnahmen erforderlich.
Zu den Gegenmaßnahmen gehören die Auswahl des Modells
und betreibenden Unternehmens, die Sicherstellung der Erklärbarkeit,
die Detektion KI-generierter Inhalte, das Management der
Trainings- und Bewertungsdaten, die Sicherstellung der Integrität
der Trainingsdaten und Modelle, die Sicherstellung der Qualität der
Trainingsdaten, der Schutz sensibler Trainingsdaten sowie Reinforcement
Learning from Human Feedback.
Zudem sollten robuste Filtermechanismen eingesetzt, die Ausgabesicherheit
erhöht, ein Monitoring der Modelle etabliert sowie
die Modelle gehärtet werden. Auch die Sensibilisierung der Nutzenden
und die Festlegung von Verantwortlichkeiten sind wichtige
Maßnahmen.
Zusammenfassung
Generative KI-Modelle bieten vielfältige Chancen für die Digitalisierung,
bergen jedoch auch Risiken, die es zu beachten gilt. Durch
die Umsetzung geeigneter Gegenmaßnahmen können Unternehmen
und Behörden die Vorteile dieser Technologie nutzen und gleichzeitig
die Risiken minimieren.
Autor
Thomas Heine
Chefredakteur
www.nachhaltige-beschaffung.com
Kleine Kniffe
55
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 55 28.04.25 11:00
Nachhaltige Künstliche Intelligenz
Nachhaltige KI ist mehr als CO ²
-Bilanzierung
Künstliche Intelligenz ist das Wort der Stunde. Ob ChatGPT, KI-basierte Diagnosetools oder autonome
Fahrzeuge – das Thema ist medial omnipräsent und hat längst Eingang in politische Debatten,
wirtschaftliche Strategien und alltägliche Anwendungen gefunden. Was in dieser Debatte jedoch
auffällig unterbelichtet bleibt, sind nachhaltige Perspektiven. Während das gesellschaftliche Gespräch
über Digitalisierung zunehmend von ethischen Leitplanken und regulatorischer Gestaltung geprägt
ist, wird der Diskurs über KI noch stark von technischer Machbarkeit und wirtschaftlichem Potenzial
dominiert. Nachhaltigkeit, so scheint es, ist bislang ein Randaspekt – wenn überhaupt. Dabei bietet
gerade dieser technologische Wendepunkt eine Chance: die Möglichkeit, eine digitale Transformation
von Anfang an mit einem Nachhaltigkeitsverständnis zu verbinden, das über Emissionswerte hinausgeht.
Ein Beitrag von Thomas Heine
Warum CO 2
-Bilanzen so präsent sind
Wenn Nachhaltigkeit in Zusammenhang mit KI genannt wird,
dann fast ausschließlich in Bezug auf den Energieverbrauch großer
KI-Modelle. Die CO 2
-Bilanz von Rechenzentren, die Emissionen bei
Training und Inferenz von Sprachmodellen oder der Strombedarf
von Serverfarmen werden intensiv diskutiert. Das hat gute Gründe:
Die Zahlen sind greifbar, vergleichbar und bieten eine scheinbar
objektive Grundlage für Bewertung und Regulation. Studien wie
die von Strubell et al. (2019) oder Patterson et al. (2021) haben den
enormen Ressourcenverbrauch von Modellen wie GPT-3 und BERT
öffentlich gemacht. Die Debatte ist auch politisch anschlussfähig,
denn sie lässt sich in bestehende Emissionsziele und Klimastrategien
integrieren. Zudem passen CO 2
-Zahlen hervorragend in das Raster
regulatorischer Berichterstattung: Was gemessen werden kann, lässt
sich politisch steuern. Doch diese Fokussierung auf die CO 2
-Bilanzierung
greift zu kurz. Nachhaltigkeit ist mehrdimensional – und
eine zukunftsfähige KI muss sich auch daran messen lassen.
Erweiterte Dimensionen nachhaltiger KI
Ein ganzheitlicher Nachhaltigkeitsbegriff umfasst
ökologische, soziale, ökonomische und technologische Aspekte. Die Diskussion
muss sich daher auf breitere Grundlagen stellen. Etwa auf
die Frage, wie durch KI soziale Ungleichheiten verschärft oder abgebaut
werden können – Stichwort digitale Kluft oder automatisierte
Diskriminierung. Trainingsdaten, die gesellschaftliche Vorurteile
enthalten, führen zu verzerrten Ergebnissen und können bestehen-
de Machtstrukturen zementieren. Die ethischen Implikationen sind
erheblich, vor allem, wenn KI in der Verwaltung, im Finanzsektor
oder in der Gesundheitsversorgung eingesetzt wird.
Auch auf der ökologischen Ebene reichen einfache Emissionswerte
nicht aus. Der gesamte Lebenszyklus der Hardware, auf der
KI läuft – von der Förderung seltener Erden bis zur Entsorgung
elektronischer Bauteile – muss berücksichtigt werden. Der immense
Wasserverbrauch von Rechenzentren, etwa bei der Kühlung, bleibt
in den meisten Nachhaltigkeitsberichten unsichtbar.
In der Theorie liefern Konzepte wie die „Doughnut Economics“
(Raworth, 2017), die planetare Grenzen mit sozialen Mindeststandards
verbindet, eine zentrale Denkfigur. Auch systemische
Nachhaltigkeitsmodelle wie das „Triple Bottom Line“-Prinzip zeigen
auf, dass wirtschaftlicher Erfolg, Umweltverträglichkeit und soziale
Verantwortung in Balance stehen müssen. Feministische und
dekoloniale Ansätze wie die des Afro-Asian AI Research Collective
erweitern diesen Blick um Fragen der globalen Gerechtigkeit:
Wer profitiert von KI und wer trägt ihre ökologischen und sozialen
Lasten?
Beispiele, die zum Umdenken zwingen
Die theoretischen Forderungen nach einer erweiterten Sicht
auf nachhaltige KI lassen sich durch zahlreiche Praxisbeispiele
untermauern. In Bangladesch etwa wird KI zur Frühwarnung bei
56 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 56 28.04.25 11:00
Foto: depositphotos
Überschwemmungen eingesetzt – ein wertvoller Beitrag zur Klimaanpassung
im Globalen Süden (UN ESCAP, 2021). Gleichzeitig
exportieren große Tech-Konzerne ihre energieintensiven KI-Rechenlasten
in Regionen mit instabiler Stromversorgung, was Fragen
nach „Data Colonialism“ aufwirft (Couldry & Mejias, 2019). Auch bei
der Hardware zeigen sich Brüche: KI-Chips benötigen seltene Erden,
deren Abbau häufig unter prekären Bedingungen erfolgt. Initiativen
wie Fairphone AI versuchen, hier transparente Lieferketten zu etablieren,
stoßen aber an Grenzen globaler Marktstrukturen.
Ebenfalls relevant ist der Bereich der Open-Source-KI. Modelle
wie LLaMA von Meta stehen im Gegensatz zu proprietären Systemen
und fördern Transparenz sowie kollaborative Innovation. Sie
ermöglichen es auch Akteuren aus Ländern des Globalen Südens,
eigene KI-Systeme aufzubauen, ohne in Abhängigkeit großer Plattformkonzerne
zu geraten.
Wo KI strategisch zur Transformation beiträgt
KI kann mehr sein als ein Werkzeug zur Effizienzsteigerung.
Wenn Unternehmen den Nachhaltigkeitsbegriff ernst nehmen und
nicht auf reine Berichtspflicht reduzieren, eröffnet sich ein neues
Potenzial. KI kann helfen, Geschäftsmodelle zu analysieren, Szenarien
für klimaneutrale Produktionsweisen zu entwickeln oder
soziale Risiken in Lieferketten sichtbar zu machen. In der öffentlichen
Verwaltung kann sie dabei unterstützen, Ressourcen effizienter
zu verteilen, Mobilität klimafreundlich zu planen oder partizipative
Prozesse zu stärken. Voraussetzung ist jedoch, dass die Implementierung
strategisch angelegt ist – mit klaren Zieldefinitionen, ethischen
Leitplanken und langfristiger Ausrichtung.
Nachhaltige Transformation bedeutet hier nicht, bestehende
Prozesse digital effizienter zu machen, sondern neue Wege zu
denken. KI kann etwa in der Produktentwicklung dazu beitragen,
Lebenszyklen von Produkten zu verlängern oder Kreislaufwirtschaftsmodelle
zu entwickeln. In der Landwirtschaft ermöglichen
KI-gestützte Systeme eine präzisere Bewässerung und Düngung, was
ökologische Auswirkungen minimiert. Im Gesundheitswesen kann
KI präventiv arbeiten, statt nur Symptome zu analysieren.
Der Gap zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Derzeit zeigt sich jedoch ein deutlicher Widerspruch zwischen
dem, was möglich wäre, und dem, was tatsächlich geschieht. KI wird
vielfach als Mittel zur Kostensenkung oder Prozessoptimierung
eingesetzt, nicht aber als Transformationswerkzeug. Die Daten,
auf denen KI basiert, sind oft proprietär, intransparent und westlich
dominiert. Selbstlernende Systeme werden nicht systematisch
auf Biases geprüft, und ihre Wirkung auf Gesellschaft und Umwelt
bleibt häufig unbeachtet. Der Nachhaltigkeitsanspruch wird dadurch
zur kosmetischen Maßnahme – eine CO 2
-Bilanz hier, ein Greenwashing-Versprechen
dort.
Kleine Kniffe
57
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 57 28.04.25 11:00
Foto: depositphotos
Ein weiteres Problem ist die fehlende Einbindung von
Nachhaltigkeitsverantwortlichen in die KI-Strategien vieler Organisationen.
KI-Entwicklung erfolgt oft im Silo: technisch exzellent,
aber strategisch blind für langfristige Nachhaltigkeitsziele. Und auch
regulatorisch ist noch vieles unklar. Der AI Act der EU setzt zwar
neue Standards für Transparenz und Risikobewertung, doch Nachhaltigkeit
ist bislang kein zentraler Prüfpunkt.
zukunftsfähig zu machen – nicht nur im Sinne des Shareholder Value,
sondern im Sinne gesellschaftlicher Verantwortung. Nachhaltige KI
ist keine technische Disziplin, sie ist eine kulturelle Herausforderung.
Und es ist an der Zeit, ihr mit derselben Ernsthaftigkeit zu begegnen
wie dem Klimawandel selbst.
Stakeholder in der Verantwortung
Eine nachhaltige KI kann nur entstehen, wenn alle relevanten
Akteure ihren Beitrag leisten. Unternehmen müssen ihre
Entwicklungsteams diversifizieren, Offenlegungspflichten für
KI-Algorithmen schaffen und Verantwortung für die gesamte Wertschöpfungskette
übernehmen. Regierungen sind gefordert, nicht
nur Regularien wie den AI Act der EU zu erlassen, sondern auch
Förderprogramme für nachhaltige KI-Projekte aufzulegen. NGOs
und Zivilgesellschaft sollten als Kontrollinstanzen und Impulsgeber
gestärkt werden. Und die Wissenschaft hat die Aufgabe, interdisziplinär
zu forschen, Wissen offen zugänglich zu machen und Standards
zu entwickeln, die über Effizienz hinausgehen.
Auch die Finanzierung nachhaltiger KI-Projekte spielt eine Rolle.
Venture Capital orientiert sich bislang stark an Skalierbarkeit und
Profitabilität. Ein Wandel hin zu Impact Investing in digitale Infrastrukturen
könnte helfen, alternative Geschäftsmodelle zu stärken.
Öffentliche Institutionen und Stiftungen können hier Vorreiterrollen
einnehmen.
Fazit
Wenn Sie in Ihrem Unternehmen, Ihrer Behörde oder Organisation
über den Einsatz von KI nachdenken, dann stellen Sie sich bitte
nicht nur die Frage nach den Einsparpotenzialen. Fragen Sie, ob Ihre
KI fair ist. Ob sie transparent ist. Ob sie hilft, Ihr Geschäftsmodell
Quellen:
1. • Strubell, E., Ganesh, A., & McCallum, A. (2019). Energy and Policy Considerations
for Deep Learning in NLP. arXiv.
2. • Patterson, D. et al. (2021). Carbon Emissions and Large Neural Network
Training. Google.
3. • Raworth, K. (2017). Doughnut Economics. Chelsea Green Publishing.
4. • Couldry, N., & Mejias, U. (2019). The Costs of Connection. Stanford
University Press.
5. • UN ESCAP (2021). AI for Flood Forecasting in Bangladesh.
6. • AI Now Institute Reports (2022–2024). https://ainowinstitute.org/
7. • European Commission. AI Act Proposal. https://digital-strategy.ec.europa.eu/
8. • Afro-Asian AI Research Collective. (2023). Ethical AI from the Global
South.
Das Interview führte
Thomas Heine
Chefredakteur
www.nachhaltige-beschaffung.com
58 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 58 28.04.25 11:00
In eigener Sache
Procurement Pioneer - der Podcast zum Magazin
In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit und Umweltschutz immer wichtiger werden, erweitert die Redaktion
des Magazins für nachhaltige Beschaffung seine digitale Reichweitet. Seit Anfang des Jahres ergänzt ein
monatlicher Podcast namens “Procurement Pioneer” die Berichterstattung des Magazins. Wir befassen uns
mit den aktuellen Themen der Beschaffung. Der inhaltliche Schwerpunkt des Podcast liegt auf den Themen
Klimawandel, Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Widerstandsfähigkeit und Menschenrechte in der Lieferkette.
Der Podcast bietet den Hörern einen einzigartigen Einblick in die Welt der nachhaltigen Beschaffung
und präsentiert Pofis des Einkaufs, die über ihre tägliche Arbeit und Innovationen in ihrem Arbeitsgebiet
berichten.
Ein Beitrag von Thomas Heine
Warum ein Podcast heute wichtig ist
Podcasts haben sich in den letzten Jahren zu einem beliebten
und einflussreichen Medium entwickelt. Sie bieten Zuhörern die
Möglichkeit, sich auf unterhaltsame und informative Weise mit
Themen auseinanderzusetzen, die sie interessieren. Im Bereich der
nachhaltigen Beschaffung ist ein Podcast besonders wertvoll, da
er komplexe Themen verständlich und lebendig vermitteln kann.
Durch die persönlichen Gespräche mit Experten können die Hörer
einen authentischen Einblick in die Branche gewinnen und von
deren Erfahrungen profitieren.
Vorteile für die Hörer des Podcasts
Der Podcast “Procurement Pioneer” bietet den Hörern zahlreiche
Vorteile. Zum einen können sie sich bequem von überall aus über die
neuesten Entwicklungen in der nachhaltigen Beschaffung informieren.
Egal ob unterwegs, beim Sport oder in den eigenen vier Wänden
- der Podcast ist jederzeit abrufbar. Zum anderen erhalten die Hörer
exklusive Einblicke in die Arbeit von Vorreitern in diesem Bereich.
Die Interviews mit den Gästen ermöglichen es, deren Motivation,
Herausforderungen und Lösungsansätze kennenzulernen und daraus
selbst Inspiration zu schöpfen.
Podcast als ideale Ergänzung zum Magazin
Der Podcast “Procurement Pioneer” ist die perfekte Ergänzung
zum digitalen Magazin für nachhaltige Beschaffung. Während das
Magazin die Leser mit ausführlichen Artikeln, Hintergrundinformationen
und Analysen versorgt, bietet der Podcast eine persönlichere
und interaktivere Plattform. Die Hörer können die Protagonisten
direkt erleben, ihre Stimmen hören und so einen authentischeren
Eindruck von ihrer Arbeit gewinnen. Gemeinsam schaffen Magazin
und Podcast ein umfassendes Angebot, das Interessierte umfassend
über Trends, Herausforderungen und Lösungen in der nachhaltigen
Beschaffung informiert.
Mit dem neuen Podcast “Procurement Pioneer” geht das Magazin
für nachhaltige Beschaffung einen mutigen Schritt in die digitale
Zukunft. Im Gespräch mit Profis des Einkaufs, die einen Einblick in
die tägliche Arbeit und deren Innovationen geben, bietet der Podcast
den Hörern wertvolle Impulse zum Weiterdenken.
Insgesamt bietet ein Podcast wie “Procurement Pioneer” die
Möglichkeit, das Interesse an nachhaltiger Beschaffung auf vielfältige
Art und Weise zu wecken und zu vertiefen. Durch die persönlichen
Einblicke, verständliche Aufbereitung und bequeme Verfügbarkeit
kann er dazu beitragen, dass sich mehr Menschen mit diesem wichtigen
Thema auseinandersetzen.
Mehr Informationen:
Podcast: “Procuremen Pioneer:
https: /nachhaltige-beschaffung.com/podcast.html
Kleine Kniffe
59
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 59 28.04.25 11:00
Im Portrait
Interview mit Fritz Lietsch,
forum Nachhaltig Wirtschaften
Seit über 35 Jahren ist der Social Entrepreneur Fritz Lietsch engagierter Vertreter des nachhaltigen
Wirtschaftens. Mit der Gründung des ALTOP Verlages und als Chefredakteur des Magazins Forum
Nachhaltig Wirtschaften konnte er feste Größen im Diskurs um nachhaltige Ökonomien etablieren.
Das Interview führte Thomas Heine
Guten Tag, Herr Lietsch. Es freut uns sehr, dass Sie
sich Zeit für dieses Interview genommen haben! Sie
engagieren sich bereits seit 40 Jahren für Nachhaltigkeit.
Gab es ein Schlüsselerlebnis oder eine Erfahrung, die Ihre
Leidenschaft für dieses Feld entfacht hat?
Ja, mich hat schon immer sinnlose Verschwendung genervt!
Darüber hinaus habe ich sehr früh die Bedeutung einer durchdachten
Beschaffung für die zukünftige Entwicklung unserer Wirtschaft
erkannt.
Ein prägendes Erlebnis hatte ich bei einem Besuch der neuen
Geschäftsstelle von Greenpeace München. Auf meine Frage, mit
welcher Farbe die Wände gestrichen worden seien, bekam ich
zur Antwort: „Na, mit Dispersionsfarbe natürlich.“. Aber genau in
dieser Farbe stecken schädliche Substanzen – gegen die Greenpeace
ja eigentlich kämpft!
Deshalb haben wir damals das Alternative Branchenbuch gegründet
– um genau jenen Produkten und Dienstleistungen Rückenwind
zu geben, die umweltfreundlich sind. Das reicht von der Abfallvermeidung
über ökologische Baustoffe, Dämmstoffe, Kosmetik und
Lebensmittel bis hin zu Energieerzeugung und Effizienzsteigerung.
Mit diesem Nachschlagewerk hatten wir unseren ersten Bestseller,
der schnell zur „Bibel“ der Nachhaltigkeitsbewegung wurde und
erstmals ein „strategisch ökologisch bewussten Einkauf“ ermöglichte
.
Sie bezeichnen sich selbst als „Zukunftsbotschafter“.
Inwiefern beeinflusst diese persönliche Mission Ihre Arbeit
als Chefredakteur von forum Nachhaltig Wirtschaften?
„forum“ möchte eine zukunftsfähige, enkelfreundliche Wirtschaft
fördern. Wir schreiben deshalb nicht nur über Probleme – sondern
zeigen vor allem die Lösungen Wir ermutigen Entscheidungsträger
in Wirtschaft, Politik, Zivilgesellschaft und Medien, genau diese
Lösungen zu priorisieren. Wir zeigen auf, welchen wichtigen
Hebel die Wirtschaft im Veränderungsprozess einer nachhaltigen
Gesellschaft hat.
forum Nachhaltig Wirtschaften thematisiert häufig
nachhaltige Beschaffung. Welche aktuellen Trends und
Herausforderungen sehen Sie in diesem Bereich – insbesondere
für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)?
Die großen Trends sind ganz klar: Kreislaufwirtschaft, Pfandmodelle
– und mein persönliches Steckenpferd: XaaS – Everything
as a Service.
Wenn Produkte nicht mehr dem heute üblichen „von-der-Wiegezur-Bahre“-Prinzip
folgen, sondern dem Cradle-to-Cradle-Prinzip,
also „von der Wiege zur Wiege“, dann sind sie kreislauf- und damit
zukunftsfähig. Dann orientieren sie sich am Vorbild der Natur – und
sind langfristig auch die kostengünstigere Alternative.
Immer knapper werdende Ressourcen sollten uns diesen Weg
schon längst schmackhaft gemacht haben. Wachsende Müllberge
und Mikroplastik in den Ozeanen mahnen uns. Der Kampf um
Ressourcen kann nur mit intelligenten, gemeinsamen Lösungen
gewonnen werden.
In einem Interview betonten Sie die Bedeutung von
„BeGEISTerung“ für den Wandel. Wie bewahren Sie
persönlich Ihre Begeisterung – und wie inspirieren Sie
andere in dem oft komplexen Feld der nachhaltigen Beschaffung?
Oh je – das sind jetzt zwei Fragen auf einmal!
BeGEISTerung braucht Mut und Geist. Dieser Spirit ist notwendig,
um sich nicht gegen den Wandel zu stemmen oder krampfhaft
am Bisherigen festzuhalten. Vielmehr geht es darum, mit Begeis-
60 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 60 28.04.25 11:00
Foto:
terung in die Zukunft zu gehen, Chancen zu erkennen und bereit
zu sein für Veränderung – hin zu einer besseren, kreislauffähigen,
friedvollen und fairen Zukunft.
Was nachhaltige Beschaffung betrifft: Mit einer bewussten
Kaufentscheidung für das bessere Produkt unterstützen Sie genau
jene Anbieter, die mithelfen, eine bessere Zukunft zu schaffen. So
einfach funktioniert das Gesetz der Märkte.
Machen Sie einfach mit! Diesen Appell richte ich besonders
an die öffentliche Beschaffung: Statt nur auf den niedrigsten Preis
zu schauen, sollte der Staat mit gutem Beispiel vorangehen. Statt
in Waffen zu investieren, sollten wir in die Zukunft investieren
– in wirklich nachhaltige Produkte und damit in unser aller Lebensgrundlage
auf diesem Planeten.
Sie sprechen von der Notwendigkeit einer
„Veränderungskultur“ anstelle einer reinen
„Verzichtskultur“. Wie können Einkaufsverantwortliche
diesen kulturellen Wandel in ihren Organisationen
fördern, ohne sich ausschließlich auf Kostensenkung zu
konzentrieren?
Das reine Kostenargument zielt oft nur auf den kurzfristigen
Vorteil, ohne die langfristigen Auswirkungen zu berücksichtigen.
Dabei geht Nachhaltigkeit häufig mit höherer Qualität einher – mit
geringeren Entsorgungskosten und mit einem starken Statement
gegenüber Mitarbeitenden und Kund*innen: Sustainability first!
Sehen Sie sich das Beispiel der Photovoltaik an: Das EEG und
ihr breiter Einsatz in Deutschland hat weltweit eine Revolution ausgelöst
– und die Produktionskosten in den letzten Jahren drastisch
gesenkt. Nur durch bewussten Konsum können solche positiven
Preisentwicklungen entstehen.
Welchen praktischen Rat würden Sie einem
Einkaufsverantwortlichen geben, der gerade beginnt,
Nachhaltigkeit in seine Beschaffungsstrategie zu integrieren?
Ich empfehle: Tauchen Sie tief in die Materie ein. Informieren
Sie sich umfassend über die Vorteile nachhaltiger Produkte und
Verfahren.
Und betrachten Sie Kosten mehrdimensional: Nicht nur die
Anschaffungskosten zählen – auch versteckte Kosten sollten berücksichtigt
werden. Dazu gehören: CO₂-Bilanz, Arbeitsbedingungen
entlang der Lieferkette, Transportwege, Kinderarbeit, Fairness,
Auswirkungen in der Weiterverarbeitung, Wiederverwendbarkeit,
Recyclingfähigkeit, Service, Qualität und nicht zuletzt der Imageeffekt.
Gerade dieser wird oft unterschätzt – und genau hier sollten
Einkaufsverantwortliche mutiger kommunizieren und die Vorteile
ihrer nachhaltigen Entscheidungen offensiv nach innen und außen
tragen.
Denn: Gemeinsam können wir Rohstoffkreisläufe schließen –
und für mehr Fairness in der Liefer- und Wertschöpfungskette
sorgen.
Oder auf Deutsch: Wir übernehmen Verantwortung, gehen
mutig voran und zeigen den Weg. Und genau daraus entstehen
Kosteneffekte, die langfristig allen Marktteilnehmern zugutekommen.
Kleine Kniffe
61
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 61 28.04.25 11:00
SustainableIT.org Chapter D-A-CH
SustainableIT.org im deutschsprachigen Raum:
Jetzt wird es konkret!
SustainableIT.org ist eine Non-Profit-Organisation (NPO), die von Führungskräften aus der
Technologiebranche geleitet wird, um die Nachhaltigkeit in der Welt durch technologische Führung
zu fördern. Wir setzen uns dafür ein, Programme zur Umgestaltung der Nachhaltigkeit zu definieren,
Best Practices und Rahmenwerke zu erstellen, Standards und Zertifizierungen festzulegen, Aus- und
Weiterbildung anzubieten und das Bewusstsein für ökologische und gesellschaftliche Programme zu
schärfen, die unsere Organisationen und die Welt für kommende Generationen nachhaltig machen.
Ein Beitrag von Thomas Heine und Rainer Karcher
In den vergangenen Monaten war SustainableIT.org global erstmals
auf zahlreichen Bühnen vertreten – von der New York Climate
Week über die UN-Klimakonferenz COP29 in Baku bis hin zum
World Economic Forum in Davos. Auf jedem dieser Foren haben
wir erfahren, wie sehr IT und Digitalisierung als Schlüssel für eine
nachhaltige Transformation betrachtet werden. Vielfach haben wir
aber auch erfahren, wie heftig der schnelle Wandel und überbordende
Informationen Menschen fordern und überfordern. Immer
wieder haben wir den Ruf nach klaren und pragmatischen Konzepten
zur nachhaltigen Digitalisierung gehört. Besonders in Europa
sehen wir, dass Nachhaltigkeit in der IT mehr ist als eine Checkbox.
Es geht um Verantwortung, Transparenz und eine digitale Zukunft,
die nicht auf Kosten der Umwelt oder der Gesellschaft geht.
Jetzt ist die Zeit gekommen, genau diese Erkenntnisse systematisch
in die Unternehmen des deutschsprachigen Raums zu tragen.
Dabei setzen wir auf drei zentrale Ziele:
Verbindung zwischen globaler Agenda und
lokaler Umsetzung schaffen
Wir werden die globalen Entwicklungen von SustainableIT.org
aktiv und transparent an unsere Mitgliedsunternehmen
kommunizieren. Dazu gehören erste Ergebnisse aus unserer Responsible
AI-Arbeitsgruppe, Einblicke aus Davos sowie Erkenntnisse aus
internationalen Partnerschaften und Forschungsinitiativen. Denn es
reicht nicht aus, dass große Player an nachhaltiger IT arbeiten – diese
Transformation muss für Unternehmen jeder Größe greifbar und
umsetzbar werden.
Brücken zwischen Unternehmen, Mittelstand
und Bildung bauen
Nachhaltige IT beginnt mit Wissenstransfer und gemeinsamer
Strategiearbeit. Wir suchen daher den aktiven Austausch mit Großkonzernen,
mittelständischen Unternehmen sowie Universitäten
und Bildungseinrichtungen im deutschsprachigen Raum. Denn
Nachhaltigkeit in der IT ist nicht nur ein Compliance-Thema – sie
ist ein Innovationsmotor und eine wirtschaftliche Chance. Europa
hat hier eine eigene, starke Perspektive, die wir in die globale Agenda
von SustainableIT.org einbringen wollen.
Zukunftsfähigkeit auch in politisch unsicheren
Zeiten sichern
Mit Blick auf die geopolitischen Entwicklungen, insbesondere
die zweite Amtszeit von Donald Trump in den USA, müssen
wir sicherstellen, dass Nachhaltigkeit in und durch IT weiter vorangetrieben
wird. Die europäische Perspektive mit ihrer klaren
Fokussierung auf ESG-Kriterien, Lieferkettenverantwortung und
digitale Souveränität muss gestärkt werden – auch wenn globale
politische Strömungen in eine andere Richtung zu drängen scheinen.
Wir wollen dafür sorgen, dass Unternehmen sich hier aktiv positionieren
und eine resiliente, nachhaltige Digitalstrategie verfolgen.
62 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 62 28.04.25 11:00
Jetzt mitgestalten!
Nachhaltige IT ist keine Zukunftsvision, sondern ein notwendiger
Schritt in der Gegenwart. Wer sich dem anschließen möchte,
ist herzlich eingeladen, sich aktiv an SustainableIT.org im DACH-
Raum zu beteiligen. Egal ob Unternehmen, IT-Expert*innen oder
Hochschulen – die digitale Nachhaltigkeitstransformation kann nur
gemeinsam gelingen. Lasst uns den technologischen Fortschritt
nutzen, um eine lebenswerte Zukunft für alle zu gestalten.
Wir bauen das D-A-CH-Chapter von
SustainableIT.org auf
Thomas Heine ist Herausgeber des Magazins für nachhaltige
Beschaffung „Kleine Kniffe“, Geschäftsführer der SDG media GmbH
und setzt sich ehrenamtlich als CO-Chair des Chapter DACH von
SustainableIT.org und als SPP Ambassador für nachhaltige Beschaffung
und nachhaltige IT ein. Sein digitales Special Interest Magazin
für einen nachhaltigen IT-Einkauf wurde schon in seiner ersten Auflage
über 580.000-mal aufgerufen.
Rainer Karcher ist Gründer und Geschäftsführer der Heartprint
GmbH. Mit seiner langjährigen Erfahrung in großen Konzernen
unterstützt er den Mittelstand dabei, die digitale und nachhaltige
Transformation auf Augenhöhe und lösungsorientiert zu meistern.
Als Chief Sustainability Officer von SustainableIT.org setzt er sich
zudem ehrenamtlich weltweit für offene Standards in der nachhaltigen
IT ein. Zuvor war Rainer Chief Sustainability and Human Rights
Officer bei Allianz Technology und Global Director IT Sustainability
bei Siemens AG, wo er wegweisende IT-Nachhaltigkeitsstrategien
entwickelte.
Seit Oktober 2024 haben wir mit vielen Menschen und Unternehmen
gesprochen, die unsere Initiative zum Aufbau eines
D-A-CH-Chapters von SustainableIT.org begrüßen und uns ihre
Unterstützung angeboten haben. Jetzt ist der Moment, nicht nur zu
reden, sondern zu handeln. Lasst uns das Zeitalter des Pragmatismus
ausrufen. Wir wollen Globale Nachhaltigkeit durch Technologieführerschaft
in der D-A-CH-Region verankern. Deine Expertise ist
gefragt. Schreib und eine E-Mail und bekunde dein Interesse, dich
einzubringen. Wir antworten prompt – garantiert. Und wir freuen
uns auf das erste Gespräch mit dir.
Der direkte Kontakt zu uns:
Thomas Heine:: thomas.heine@sustainableit.org
Rainer Karcher: rainer.karcher@sustainableit.org
Kleine Kniffe
63
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 63 28.04.25 11:00
Digitale Transformation
Transformation im Zeitalter der Digitalisierung
Von der Strategie zur Planung, Umsetzung, Steuerung und Messung der Ergebnisse
und Wirkung durch den Einsatz von Kennzahlen wie BSC, Dashboard, KPI und OKR
Die digitale Transformation treibt die nachhaltige Beschaffung in Unternehmen und öffentlichen
Verwaltung voran. Strategische Umsetzung, Steuerung und Messung durch BSC, KPI, OKR und Dashboards
verbessern Transparenz, Effizienz, Leistung und Wirkung. So entstehen Mehrwerte, Kostenvorteile und
nachhaltige Entscheidungen für eine verantwortungsvolle Zukunft.
Ein Beitrag von Reiner Petzold
Nachhaltige Beschaffung gewinnt in Unternehmen und der
öffentlichen Verwaltung zunehmend an Bedeutung. Der Einkauf
von Waren und Dienstleistungen soll ökologische, soziale und wirtschaftliche
Kriterien berücksichtigen.
Ziele:
• Reduktion der Umweltbelastung durch nachhaltige Produkte
• Faire Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette
• Langfristige Kostenersparnis durch effiziente Ressourcennutzung
• Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe
Die öffentliche Verwaltung hat eine Vorbildfunktion und kann
durch nachhaltige Beschaffung innovative Entwicklungen fördern.
Heutige Situation
in der nachhaltigen Beschaffung
Nachhaltige Beschaffung ist bereits in vielen Unternehmen und
Institutionen verankert. Dennoch gibt es Verbesserungspotenzial.
Status quo:
• Gesetzliche Vorgaben wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
• Zunehmende Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten
• Integration von Nachhaltigkeitskriterien in Ausschreibungen
• Herausforderungen bei der Transparenz und Kontrolle von
Lieferketten
Viele Organisationen setzen auf Zertifizierungen um Nachhaltigkeit
sicherzustellen.
Trends in der nachhaltigen
Beschaffung und Digitalisierung
Die Digitalisierung spielt eine entscheidende Rolle bei der
Transformation der Beschaffung.
Trends:
• Digitale Plattformen: Optimierung der Lieferantenauswahl
(digitale Marktplätze)
• Blockchain Technologie: Verbesserung der Transparenz
(Lieferketten)
• Künstliche Intelligenz (KI): Automatisierung (Prozesse, Bewertungen)
• Kreislaufwirtschaft: Fokus auf Recycling und Wiederverwendung
• Öffentlich-private Partnerschaften: Zusammenarbeit für
nachhaltige Innovationen
Die Digitalisierung hilft, Prozesse effizienter und transparenter
zu gestalten.
64 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 64 28.04.25 11:00
Foto: depositphotos
Herausforderungen nachhaltiger Beschaffung
und Digitalisierung
Trotz positiver Entwicklungen gibt es zahlreiche Herausforderungen:
• Datenverfügbarkeit: Fehlende oder unzureichende Informationen
(nachhaltige Produkte)
In der digitalen Transformation ist es wichtig, zuerst eine klare
Strategie zu entwickeln. Diese muss sorgfältig geplant, bearbeitet,
umgesetzt, gemessen und gesteuert werden. Es gibt mehrere
bewährte Methoden, die in diesem Prozess erfolgreich eingesetzt
werden und hier sind diese wichtigsten Themen kurz beschrieben
und erklärt.
• Kostenfrage: Höhere Anfangsinvestitionen in nachhaltige
Produkte, Technologien
• Lieferketten Komplexität: Schwierigkeiten bei der Nachverfolgbarkeit
(Nachhaltigkeitskriterien)
• Widerstand gegen Digitalisierung: Traditionelle Prozesse
sind tief verwurzelt und schwer umzustellen
• Regulatorische Anforderungen: Unterschiedliche Gesetze
und Standards (erschwerte Umsetzung)
Um nachhaltige Beschaffung weiter zu etablieren, sind Investitionen
in digitale Technologien und klare Nachhaltigkeitsstandards
erforderlich.
Nachhaltige Beschaffung ist ein entscheidender Hebel. Die
Digitalisierung bietet viele Chancen, um Prozesse effizienter zu
gestalten. Durch klare Strategien und innovative Technologien
kann die nachhaltige Beschaffung in der öffentlichen Verwaltung
und Unternehmen erfolgreich umgesetzt werden. Dies beinhaltet die
Steuerung und Messung der Ziele und Resultate von Output-Impact-Outcome
durch die Koordination und Syncronisation mit KPI
(Key Performance Indicators) und OKR (Objectives & Key Results).
Definitionen
Kennzahlen sind messbare Werte, die wichtige Sachverhalte
quantifizieren. Sie dienen zur Bewertung der Zielerreichung und
müssen interpretiert werden.
Dashboard (Kennzahlen-Cockpit) stellt Kennzahlen und Messwerte
übersichtlich dar. Es visualisiert Daten zur Überwachung,
Analyse und Entscheidungsfindung.
Balanced Scorecard (BSC) ist ein Managementsystem zur
Steuerung der Unternehmensleistung. Es betrachtet vier Perspek-
Kleine Kniffe
65
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 65 28.04.25 11:00
Abbildung 3: Unterschiede KPI und OKR – Eigenschaften und Superkräfte
tiven: Finanzen, Kunden, Prozesse sowie Lernen & Wachstum. Für
jede Perspektive werden Ziele und Massnahmen festgelegt.
Key Performance Indicators (KPI) sind zentrale Kennzahlen
zur Messung des Erfolgs von Organisationen, Projekten oder Prozessen.
Sie helfen, strategische und operative Verbesserungen zu
steuern.
Objectives & Key Results (OKR) kombinieren qualitative Ziele
mit messbaren Ergebnissen. Diese Methode hilft Organisationen,
ihre Strategie fokussiert umzusetzen bei der digitalen Transformation,
siehe Abbildung 2 sind die Schwerpunkte als 360° Rundumblick.
Herausforderungen bei der Strategie-Planung können vielfältig
sein. Die Komplexität erfordert die Koordination verschiedener
Abteilungen. Oft gibt es Widerstand gegen Veränderungen, der die
Umsetzung erschwert. Eine klare Kommunikation ist entscheidend,
um Missverständnisse zu vermeiden. Begrenzte Ressourcen müssen
effizient genutzt werden. Strategien sollten flexibel bleiben, um sich
an Marktveränderungen anzupassen.
Schwerpunkte Strategieplanung, Umsetzung
und Steuerung mit Kennzahlen
• Strategieentwicklung: Entwickele eine klare Unternehmensstrategie
mit Zielen und Wettbewerbsvorteilen.
• Zielsetzung: Setze messbare und realistische OKR, die den
gewünschten Fortschritt widerspiegeln.
• Aktionsplanung: Erstelle einen konkreten Plan mit
Maßnahmen, Ressourcen, Verantwortlichkeiten.
• KPI-Definition: Wähle relevante KPI, um den Fortschritt
und den Erfolg der Strategie zu messen.
• Umsetzung und Überwachung: Führen Sie den Plan aus,
analysieren Sie regelmäßig die KPI und passen Sie bei Bedarf
an.
• Kommunikation und Ausrichtung: Stelle sicher, dass alle
Mitarbeitenden die Strategie verstehen und darauf abgestimmt
arbeiten.
• Kontinuierliche Verbesserung: Optimiere Strategie, Pläne
und KPI laufend auf Basis von Analysen und Erfahrungen.
Best Practices Kennzahlen mit BSC,
Dashboard, KPI und OKR
Sie erhalten ein Gesamtbild, was die Strategieumsetzung erleichtert.
• Ergebnisorientierte Organisation benötigen sowohl OKR als
auch KPI
• Mithilfe der KPI kann die Leistung überwacht, Probleme sowie
Bereiche mit Verbesserungspotenzial identifizieren werden.
• OKR helfen, Probleme zu lösen, Prozesse zu verbessern, Innovationen
voranzutreiben.
Wir sehen die Unterschiede in Abbildung 3, KPI und OKR mit
ihren Eigenschaften als Superkräfte. Alle Details sind im Dokument
[5] Whitepaper mit wesentlichen Unterschiede als Gegenüberstellung
und Vergleich beschrieben.
66 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 66 28.04.25 11:00
OKR Set und Beispiel
Ein Objective und zwei bis vier Key Results
bilden ein OKR-Set.
• Als Key Results werden die relevantesten Erfolgstreiber aus
gewählt.
• Kurz: Ergebnisse mit dem grössten Effekt auf die Zielerreichung.
Anleitung, Erstellung und Definition von OKR
• Ziele (Objectives) definieren WAS erreicht werden soll.
• Ergebnisse (Key Results) beschreiben, WIE die Ziele erreicht
werden.
Umsetzung, Vorteile und Nutzen
Der Erfolg der Umsetzung von OKR hängt von fünf
Schlüsselfaktoren ab: Fokus, Ausrichtung, Engagement,
Verfolgung und Dehnung.
Der Mehrwert bei der Anwendung von KPI und OKR ist
Stärkung agiler Prinzipien wie Transparenz. Die Zusammenarbeit
zwischen KPI und OKR ermöglicht die Festlegung klarer Ziele und
messbarer Ergebnisse mit Wirkung. Die Implementierung von
OKRs fördert die Teamausrichtung, Flexibilität, Fokussierung und
Autonomie, motiviert Mitarbeitende und steigert die Leistung über
die bisherigen Erwartungen hinaus.
Die Vorteile und Nutzen von OKR und KPI sind die Klarheit,
Ausrichtung, Fokus, Agilität und kontinuierliche Verbesserung
innerhalb der Organisation.
Tabelle: Objective und Key Results
Beispiel:
Digitales Projekt Nachhaltige Beschaffung
Objective:
Entwicklung und Einführung einer neuen mobilen App
Praxistipps
Abbildung 4: Strategieentwicklung und der OKR Zyklus
Key Results:
• Fertigstellung des App-Prototyps innerhalb von 4 Monaten.
• Erreichen von 5‘000 Downloads innerhalb der ersten 6
Wochen nach dem Launch.
• Zufriedenheit der Nutzer von mindestens 80 % in den ersten
3 Monaten.
Diese OKRs bieten eine klare Richtung und messbare Ergebnisse,
um den Fortschritt des Projekts zu verfolgen und sicherzustellen,
dass die Ziele der nachhaltigen Beschaffung erreicht werden.
OKR Prozess
Hier gibt der «Rhythmus» den Takt vor und bestimmt den OKR
Zyklus Zeitraum, innerhalb dessen die OKR gesetzt werden. Dieser
umfasst weiterhin die einzelnen Events (Planning, Weekly, Review,
Retro), wie in obiger Abbildung angedeutet. In den meisten Fällen
beträgt die Zeitspanne eines Zyklus 3 bis 5 Monate. In Abbildung 4
sehen wir das Zusammenspiel von Strategieentwicklung und OKR
Zyklus.
Zusammengefasst sind hier die wichtigsten
Tipps und Hilfsmittel:
Start
• Pilotprojekt schrittweise umsetzen
• Proaktiv beginnen
• Nach 6 Monaten Roll-out mit Pilot-Team als Storyteller
Reifegradmodell
• Beachte die Levels: Anfänger (1), Fortgeschritten (2),
Champion (3), Exzellenz (4)
• Lerne und verbessere dich und dein Team
• Manuelles Arbeiten (Level 1 und 2) zur Erfahrungssammlung
• Softwarelösung (Level 3 und 4) basierend auf gesammelten
Erfahrungen
Kleine Kniffe
67
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 67 28.04.25 11:00
SMART und FAST
• SMART: Spezifisch, messbar, erreichbar, relevant, terminiert
• FAST: Regelmäßige Diskussion, ambitioniert, spezifisch,
transparent
Arbeit und Fortschritt
• Einfach starten, dann besser und schneller werden
• Wichtige Kommunikation im Team und der Organisation
• Fortschritte messen und reflektieren (KPI und OKR)
• Team und Management zur Zusammenarbeit fördern
• Aktivitäten koordinieren und synchronisieren
Lessons Learned
• Dokumentation und systematische Sammlung von Erfahrungen
und Risiken
• Erkenntnisse verbessern die Strategieumsetzung mit KPI
und OKR.
Ausblick und zukünftige Entwicklungen
Der Ausblick auf zukünftige Entwicklungen in Unternehmen
und der öffentlichen Verwaltung zeigt eine verstärkte Integration
nachhaltiger Beschaffungspraktiken und eine zunehmende Verantwortung
nachhaltige digitale Führung (CDR), um ökologische und
soziale Standards zu fördern.
Fazit
Bei der nachhaltigen Beschaffung ist OKR ideal für Organisationen,
um klare Ziele zu setzen, die Leistung zu steigern und die
digitale Strategie effektiv umzusetzen. Die Nutzung von OKR und
KPI ermöglicht eine bessere Führung, agile Prozesse und eine gezielte
Fortschrittsmessung der digitalen Transformation. Durch die
Analyse des Erfolgs können Organisationen Optimierungsmöglichkeiten
identifizieren und die Effizienz ihrer Ressourcen maximieren.
Empfehlungen und Refernezen
1. John Doerr (2018): «OKR Objectives & Key Results – Wie Sie Ziele,
auf die es wirklich ankommt, entwickeln, messen und umsetzen»
www.vahlen.de/doerr-okr/product/24058586
2. Jeff Gothelf (2020): «Use OKRs to Set Goals for Teams, Not Individuals»,
Harvard Business Review, https://hbr.org/2020/12/use-okrs-to-set-goals-for-teams-not-individuals
3. Dr. Marc K. Peter (2023): «Digitaler Masterplan – So gelingt die digitale
Transformation» https://digitaler-masterplan.ch/
4. Reiner Petzold, Dr. Peter Staub (2025): «Real Estate Management (Smart
City & Regions, Public Sektor) Digital Transformation im Zeitalter der
Digitalisierung Smart Real Estate, AI, Data & Value (ESG) Von der
Strategie zur Planung, Umsetzung, Steuerung und Messung der Ergebnisse
und Wirkung» https://zenodo.org/records/14856842
5. Reiner Petzold (2024): Whitepaper «KPI und OKR in der digitalen
Transformation» Strategien für die Planung, Umsetzung, Steuerung
sowie Messung der Ergebnisse und Wirkung https://www.fhnw.ch/
de/die-fhnw/hochschulen/hsw/media-newsroom/news/erfolgsmessung-von-digitalprojekten-kpi-und-okr-der-digitalen-transformation/
media/kpi-okr-digitale-transformation-cas-fhnw.pdf
6. Dr. Michael Wade, Massimo Marcolivio (2021/2024): «Digital Transformation
– The measurement of digital transformation performance»
IMD Lausanne www.thedigitaltransformationpeople.com/channels/
delivery/measuring-digital-transformation https://www.imd.org/centers/dbt/digital-business-transformation/key-performance-indicators/
7. Workpath (2021): «Ziele setzen: SMART zu FAST», www.workpath.com/
magazin/fast-goals#Ziele-setzen-von-SMART-zu-FAST
Autor
Reiner Petzold
Advisory Board Swiss CxO Forum
Council Harvard Business Review
Dozent UniBasel, FHNW, HWZ
CDO, swissICT Fachgruppe DTI
68 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 68 28.04.25 11:00
Kleine Kniffe
69
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 69 28.04.25 11:00
70 Kleine Kniffe
Kleine_Kniffe_04_25_KMU.indd 70 28.04.25 11:00