14.05.2025 Aufrufe

Im Auftrag der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt hrsg. von Enno Bünz und Stefan Rhein: Friedrich der Weise (Leseprobe)

Friedrich der Weise (1463–1525) gehört bis heute zu den berühmtesten Herrschergestalten der Zeit um 1500. Die Gründe dafür sind vielfältig: sein großes Ansehen bei Kaiser und Reichsfürsten, seine Rolle als Förderer der Künste, der Ausbau seiner Residenz Wittenberg und die Gründung der dortigen Universität (1502), nicht zuletzt aber auch sein Wirken als Schutzherr Martin Luthers in der Frühzeit der Reformation. Seine lange Regierungszeit (1486–1525) verbindet das ausgehende Mittelalter und die beginnende Neuzeit, markiert also eine Zeitenwende, die sich auf verschiedenen Ebenen des politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens nachvollziehen lässt. Im Mittelpunkt des Sammelbandes stehen der sächsische Kurfürst im Reich und in Europa, Friedrich der Weise als Landesherr sowie Aspekte von Repräsentation, Kunst und Frömmigkeit, die mit dem kurfürstlichen Hof verbunden sind. Die 20 Beiträge bieten neue Forschungsergebnisse und entwerfen ein facettenreiches Bild der Person und der Regierung Friedrichs des Weisen, die weit über Kursachsen hinaus gewirkt hat.

Friedrich der Weise (1463–1525) gehört bis heute zu den berühmtesten Herrschergestalten der Zeit um 1500. Die Gründe dafür sind vielfältig: sein großes Ansehen bei Kaiser und Reichsfürsten, seine Rolle als Förderer der Künste, der Ausbau seiner Residenz Wittenberg und die Gründung der dortigen Universität (1502), nicht zuletzt aber auch sein Wirken als Schutzherr Martin Luthers in der Frühzeit der Reformation. Seine lange Regierungszeit (1486–1525) verbindet das ausgehende Mittelalter und die beginnende Neuzeit, markiert also eine Zeitenwende, die sich auf verschiedenen Ebenen des politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens nachvollziehen lässt.
Im Mittelpunkt des Sammelbandes stehen der sächsische Kurfürst im Reich und in Europa, Friedrich der Weise als Landesherr sowie Aspekte von Repräsentation, Kunst und Frömmigkeit, die mit dem kurfürstlichen Hof verbunden sind. Die 20 Beiträge bieten neue Forschungsergebnisse und entwerfen ein facettenreiches Bild der Person und der Regierung Friedrichs des Weisen, die weit über Kursachsen hinaus gewirkt hat.

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Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt

Friedrich der Weise

Reichsfürst und Landesherr

an einer Zeitenwende

Herausgegeben von Enno Bünz und Stefan Rhein

Evangelische Verlagsanstalt



Vorwort

2025 können in Mitteldeutschland zwei historische Jubiläen begangen werden, die man

sich unterschiedlicher nicht denken kann. Am 5. Mai 1525 verstarb Kurfürst Friedrich der

Weise in Lochau, dem heutigen Annaburg in Sachsen-Anhalt. Der Fürst war 61 Jahre alt

geworden und seit vielen Jahren von Krankheiten beschwert. Nicht nur sein Tod, sein ganzes

Leben vollzog sich in einer Zeit des Übergangs, des beschleunigten Wandels zwischen

zwei Epochen, die von den Historikern plakativ als Mittelalter und Frühe Neuzeit bezeichnet

werden. Teile Kursachsens wurden im April/Mai 1525 vom Bauernkrieg erfasst, der dem

Höhepunkt entgegenlief, als Friedrich der Weise starb. Noch in seinen letzten Tagen erwog

der Fürst, ob man den Untertanen nicht Ursache für diesen Aufruhr gegeben habe. Wenn

Gott es wolle, so werde es darauf hinaus gehen, dass der gemeine Mann regieren werde

(„ßo wird es eß alßo hynaußgehen, das der gemayn man regiren ßal“). Doch nicht nur die

„geschwinden läufte“, wie die Zeitgenossen sagten, sondern auch die Beharrungskraft vieler

Lebensbereiche treten ins Auge, wenn man sich mit der Zeit um 1500 beschäftigt.

Der 500-jährige Todestag erschien der gebotene Anlass, das Leben und die Persönlichkeit

Friedrichs des Weisen im Rahmen einer wissenschaftlichen Tagung zu würdigen, und

zwar an dem Ort, der wie kein anderer mit diesem Fürsten verbunden ist, der Lutherstadt

Wittenberg. Wie die Leser des vorliegenden Bandes erfahren werden, war Wittenberg zwar

keineswegs der Ort, an dem sich der Kurfürst im Laufe seines Lebens am häufigsten aufgehalten

hat, aber die Hauptstadt der Kurlande überragte die übrigen Städte im kurfürstlichen

Territorium durch ihre prachtvolle Schlosskirche und den dortigen Reliquienschatz

sowie durch die 1502 gegründete Universität, die Leucorea, mit ihrem bald berühmt werdenden

Professor Martin Luther.

Die Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt und die Historische Kommission

für Sachsen-Anhalt veranstalteten vom 23. bis 25. November 2023 die Tagung „Friedrich

der Weise. Reichsfürst und Landesherr an einer Zeitenwende“ in den Räumen der Stiftung

Leucorea. Mit der inhaltlichen Konzeption waren die Unterzeichnenden betraut, die sich

nun freuen, alle auf der Tagung gehaltenen Referate im vorliegenden Band in z. T. erheblich

erweiterter Form vorlegen zu können. Themenschwerpunkte des Tagungsbandes sind

entsprechend dem Programm der Tagung „Friedrich der Weise und Kursachsen im Reich

und in Europa“, „Friedrich der Weise als Landesherr“ sowie „Friedrich der Weise: Repräsentation

– Kunst – Frömmigkeit“. Vertreten sind nicht nur Forscherinnen und Forscher

5


Vorwort

verschiedener Disziplinen, sondern auch unterschiedlicher Generationen, was schon für

sich betrachtet zeigt, dass Friedrich der Weise und seine Zeit nach wie vor auf anhaltendes

Interesse stoßen. Das zeigte im Übrigen auch die außerordentlich gute Resonanz, die die

Einladung zu dieser Tagung gefunden hat.

So ist es uns eine große Freude, anlässlich des Friedrich-Jubiläums 2025 diesen Tagungsband

herauszugegeben. Unser Dank gilt insbesondere den Autorinnen und Autoren, die

vor dem Hintergrund einer vielfältigen Forschungslandschaft zu Friedrich den Weisen und

seiner Zeit neue Quellen, Themen und Wege aufzeigen, um diesen großen Kurfürsten im

Kontext von Reich und Territorium, von Hof und Kirche, von Politik und Frömmigkeit

mit neuen Einsichten zu würdigen. Wir danken den Veranstaltern der Tagung, der Stiftung

Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt und der Historischen Kommission für Sachsen-

Anhalt, sowie der Evangelischen Verlagsanstalt in Leipzig für ihre professionelle Arbeit bei

Gestaltung und Druck des Bandes. Namentlich gilt unser Dank Herrn Prof. Dr. Christoph

Volkmar (Magdeburg), dem Vorsitzenden der Historischen Kommission, und Herrn Dr.

Thomas T. Müller (Lutherstadt Wittenberg), dem Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten

in Sachsen-Anhalt. Die Organisation und Durchführung der Tagung lag in den

bewährten Händen von Frau Frederike Gutewort und Frau Britta Krause aus der Stiftung

Luthergedenkstätten und von Herrn Oliver Ritter M. A., dem Geschäftsführer der Historischen

Kommission. Bei der Redaktion des Tagungsbandes wurden die Herausgeber von

Bettina Weil, Sekretärin, und Jona Radzuweit, studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für

Sächsische und Vergleichende Landesgeschichte der Universität Leipzig unterstützt. Das

Orts- und Personenregister wurde von Jona Radzuweit und Niklas Suppan am Leipziger

Lehrstuhl erstellt. Ihnen allen gilt unser herzlicher Dank!

Leipzig / Lutherstadt Wittenberg,

am Tag der deutschen Einheit 2024

Enno Bünz / Stefan Rhein

6


Inhalt

EINFÜHRUNG

13 ENNO BÜNZ / STEFAN RHEIN

Friedrich der Weise – Reichsfürst und Landesherr

an einer Zeitenwende

Stand und Perspektiven der Forschung

I. FRIEDRICH DER WEISE UND KURSACHSEN IM REICH

UND IN EUROPA

27 MANFRED RUDERSDORF

Reichsfürsten um 1500

Überlegungen zu ihrer Rolle in der Zeitenwende zwischen

Reichsreform und Reformationsbeginn

56 REINHARD SEYBOTH

Friedrich der Weise und das Reich (1508–1519)

92 MARKUS GNEISS

Friedrich der Weise und Kaiser Maximilian I. (1486–1507)

117 CHRISTOPH VOLKMAR

Friedrich der Weise und der Albertiner

II. FRIEDRICH DER WEISE ALS LANDESHERR

137 BEATE KUSCHE

Möglichkeiten und Grenzen der Verständigung

Zur Kommunikation der beiden Brüder Kurfürst Friedrich und

Herzog Johann von Sachsen (1486/1513–1525)

7


Inhalt

177 UWE SCHIRMER

Die kursächsisch-ernestinische Mutschierung des Jahres 1513

201 ENNO BÜNZ

„unser stiftkirchen zu Wittenberg“

Kurfürst Friedrich der Weise und das Allerheiligenstift

230 THOMAS LANG

„Da der churfürst von Sachssen hof hiellt“

Der Hof Kurfürst Friedrichs III. von Sachsen 1486−1525

311 CHRISTIAN HESSE

Fürstliche Amtsträger in der kursächsischen Lokalverwaltung

unter Friedrich dem Weisen

329 JOACHIM SCHNEIDER

Adel in Kursachsen um 1500

343 ALEXANDER SEMBDNER

Friedrich der Weise und die Städte im Kurfürstentum Sachsen

III. FRIEDRICH DER WEISE: REPRÄSENTATION – KUNST –

FRÖMMIGKEIT

379 SASKIA JÄHNIGEN

„liebhaber der orden, aller geistligkeit unnd gerechtigkeit“

Kurfürst Friedrich der Weise und die Klöster im ernestinischen Sachsen

406 HARTMUT KÜHNE

Friedrich der Weise im Heiligen Land

429 STEFAN MICHEL

Friedrich der Weise und das Augustinereremitenkloster in Wittenberg

Eine Beziehungsgeschichte

441 ARMIN KOHNLE

Friedrich der Weise und Martin Luther

8


Inhalt

458 HEINER LÜCK

Zur frühen Personalausstattung der Leucorea im Spiegel von „Rotulus“

und „Dialogus“ (1507)

515 THOMAS SCHAUERTE

Albrecht Dürer im Dienste Friedrichs des Weisen

537 SUSANNE WEGMANN

Die spätmittelalterliche Frömmigkeit des Fürsten und ihre lutherische Neudeutung

Friedrich der Weise auf Altarretabeln Lucas Cranachs des Älteren

560 ROLAND M. LEHMANN

Ein Kurfürst wird beerdigt

Die Beisetzung Friedrichs des Weisen (10. / 11. Mai 1525)

580 STEFAN RHEIN

Zum Nachleben Friedrichs des Weisen

Ein Spaziergang durch 500 Jahre Kunst- und Literaturgeschichte

ANHANG

647 ORTSREGISTER

656 PERSONENREGISTER

668 DIE AUTORINNEN UND AUTOREN

9



EINFÜHRUNG





Enno Bünz / Stefan Rhein

Friedrich der Weise –

Reichsfürst und Landesherr an einer Zeitenwende

Stand und Perspektiven der Forschung

Friedrich der Weise (1463–1525) gehört bis heute zu den herausragenden und geradezu prominenten

Persönlichkeiten aus der langen Reihe der Kurfürsten von Sachsen. Dafür gibt

es verschiedene Gründe: sein großes Ansehen bei Kaiser und Reichsfürsten, seine Rolle als

Förderer der Künste, der Ausbau seiner Residenz Wittenberg und die Gründung der dortigen

Universität (1502), nicht zuletzt aber auch sein Wirken als Schutzherr des Wittenberger

Theologieprofessors Martin Luther in der Frühzeit der Reformation. Kursachsen unter

Friedrich dem Weisen und seinem Bruder Johann dem Beständigen (1468–1532), der ihm

als Kurfürst nachfolgte, darf deshalb als „Mutterland“ der Reformation gelten. Die lange

Regierungszeit Kurfürst Friedrichs des Weisen (1486–1525) verbindet das ausgehende Mittelalter

und die beginnende Neuzeit, markiert also eine Zeitenwende, die sich auf verschiedenen

Ebenen des politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens

nachvollziehen lässt.

Die heutige Geschichtswissenschaft ist weit davon entfernt, das hohe Lied der großen

Männer zu singen, die alte Dynastie- und Territorialgeschichte hat im Laufe des 20. Jahrhundert

stark an Bedeutung verloren. Aber die Beschäftigung mit herausragenden Fürstengestalten

wie Friedrich dem Weisen ist deshalb nicht obsolet. Auf der einen Seite steht

außer Frage, dass eine biographische Darstellung nicht nur die individuelle Persönlichkeit,

sondern auch die Zeitumstände, leitende Entwicklungen und prägende Strukturen mit

in den Blick zu nehmen hat. Deshalb bietet gerade die Biographie eine gute Möglichkeit,

Lebenswelten darzustellen. Auf der anderen Seite öffnet eine Biographie den Blick

auf Land und Leute, auf Herrschaft und Territorium. Die Geschichte der Vormoderne ist

ohne eine solche Perspektive nicht zu verstehen. Wer den deutschen Föderalismus rühmt,

muss auch über dessen historische Wurzeln Rechenschaft ablegen, die bis in die mittelalterlichen

Landesherrschaften und Territorien zurückreichen, und wer die kulturelle Vielfalt

Deutschlands schätzt, kann nicht darüber hinwegsehen, dass diese nicht zuletzt durch

die Vielfalt der vormodernen Höfe und Residenzen grundgelegt wurde. Und schließlich:

Der Erfolg der Reformation im Heiligen Römischen Reich ist – ungeachtet theologischer

Denkformen und kollektiver Einstellungen – ohne die Förderung durch Territorialfürsten

13


Enno Bünz / Stefan Rhein

gar nicht erklärbar. Die Reformation war eben nicht nur ein „städtisches“, sondern auch

ein „territoriales Ereignis“. 1 Ohne Fürsten keine Reformation!

Kurfürst Friedrich der Weise findet seit mehr als anderthalb Jahrhunderten das Interesse

der Wissenschaft, und zwar aus wechselnden Perspektiven, mit unterschiedlichen thematischen

Akzenten. Allgemeine Geschichte und Landesgeschichte, Kirchen- und Frömmigkeitsgeschichte,

aber auch die Kunstgeschichte und Bauforschung finden in dem Wettiner

(und seiner materiellen Hinterlassenschaft) nach wie vor ein schier unerschöpfliches

Arbeitsfeld.

Mehrere Gründe sind dafür anzuführen: der Rang des Wettiners als hochangesehener

Kurfürst in der Reichspolitik der Zeit Kaiser Maximilians I. und Karls V., seine Rolle als

Landesherr Martin Luthers und damit als Fürst im „Mutterland der Reformation“, nicht

zuletzt aber auch die Bedeutung Friedrichs des Weisen und seines Hofes für die Kunst und

Kultur ihrer Zeit, wobei hier der Fokus besonders auf Wittenberg und seiner Residenzfunktion

liegt. Seit langem ist bekannt, dass auch Torgau und Lochau, das heutige Annaburg,

von Friedrich häufig aufgesucht wurden, aber die dortigen Schlösser der Zeit Friedrichs

des Weisen sind verschwunden, und auch sonst ist die Spurensuche dort mühsam,

während der Kurfürst in Wittenberg durch Schloss und Schlosskirche und nicht zuletzt

auch seine Grablege in der Wittenberger Schlosskirche unübersehbar präsent ist.

Schon fast zur Topik vieler historischer Untersuchungen gehört es, am Anfang die

schlechte, lückenhafte Quellenlage zu beklagen. Auch für die Lebenszeit Friedrichs des

Weisen gibt es bedauerliche Lücken, aber insgesamt ist die Überlieferung überaus dicht,

ja streckenweise exzellent. Das ist schon daran ablesbar, dass Friedrich der Weise der erste

Wettiner ist (und für lange Zeit auch blieb), dem bereits von einem Zeitgenossen eine

ausführliche Biographie gewidmet wurde, nämlich von seinem Hofkaplan und Vertrauten

Georg Spalatin, der bald nach dem Tod seines Herrn damit begann, ein Lebensbild des

Kurfürsten zu zeichnen, ein Werk übrigens, das wir nach wie vor in der Edition von 1851

benutzen müssen. 2 Auf anderen Feldern der weitläufigen Überlieferung ist indessen viel

geschehen. Mit Blick auf die Bedeutung des Kurfürsten im Reich ist zunächst auf die enormen

Fortschritte hinzuweisen, die die Bearbeitung der Deutschen Reichstagsakten in den

letzten Jahrzehnten gemacht hat. So ist die Mittlere Reihe der Deutschen Reichstagsakten,

die den Zeitraum von 1486 bis 1519 abdeckt, mittlerweile fast vollendet. Eindrucksvoll sind

auch die Fortschritte der Jüngeren Reihe der Reichstagsakten ab 1519, durch die die letzten

1

Siehe den Forschungsüberblick von Enno Bünz: Reformation in Mitteldeutschland: Ereignis, spätmittelalterliche Voraussetzungen,

frühneuzeitliche Wirkungen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Ergebnisse und Perspektiven

des Jubiläums 1517–2017 (Teil I), in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 159 (2023, erschienen 2024) S. 569–622; der

wesentlich umfangreichere Teil II erscheint im folgenden Jahrgang.

2

Georg Spalatin: Friedrichs des Weisen Leben und Zeitgeschichte, hrsg. von Christian Georg Neudecker und Ludwig

Preller (Georg Spalatin’s historischer Nachlaß und Briefe 1), Jena 1851. Weitere Bände dieser Spalatin-Ausgabe sind nicht

erschienen.

14


Friedrich der Weise – Reichsfürst und Landesherr an einer Zeitenwende

Regierungsjahre Friedrichs des Weisen abgedeckt sind. 3 Für einige Jahre der Reichspolitik

Kurfürst Friedrichs ist zudem auf die Berichte des kursächsischen Rates Hans von der Planitz

vom Reichsregiment 1521 bis 1523 hinzuweisen, die schon seit 1899 ediert vorliegen. 4

Da sich die Regierungszeit Friedrichs des Weisen weitgehend mit der Kaiser Maximilians I.

(1496–1519) deckt, ist die Bearbeitung seiner Regierungszeit im Rahmen der Regesta Imperii

von allergrößter Bedeutung, wenn auch das Vorhaben bislang erst den Zeitraum bis 1504

erreicht hat. 5 Das Kernproblem dieses Regestenwerkes ist natürlich die Bewältigung der

unabsehbaren Quellenmassen für die Maximilianszeit.

Bedeutend sind auch die editorischen Fortschritte aus landesgeschichtlicher Perspektive.

Das von Armin Kohnle und Manfred Rudersdorf begründete Editionsprojekt „Briefe

und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen 1513

bis 1532“ bei der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig deckt mittlerweile

in zwei dicken Bänden den Zeitraum bis 1522 ab und schreitet zügig voran. 6 Was hier an

neuem, wirklich unbekanntem Material erschlossen und ediert wird, kann mit wenigen

Worten gar nicht umrissen werden. Für die Geschichte Friedrichs des Weisen und seines

Landes werden mit dieser Edition ganz neue Grundlagen gelegt. Die Dimensionen der

Überlieferung lassen sich auch durch den Hinweis verdeutlichen, dass allein die Edition der

Korrespondenz Friedrichs des Weisen mit dem Rat der Stadt Nürnberg, die Sina Westphal

2011 herausgebracht hat, mehrere hundert Seiten umfasst. 7

Aus Wittenberger Sicht ist schließlich darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des Akademievorhabens

„Die deutschen Inschriften des Mittelalters und der frühen Neuzeit“ seit

wenigen Jahren die Inschriften der Stadt Wittenberg bearbeitet vorliegen. 8 Aufschlussrei-

3

Siehe den Überblick von Enno Bünz: Sachsen und die Reichstage des 16. Jahrhunderts. Zu den Fortschritten bei der

Edition der Deutschen Reichstagsakten, Jüngere Reihe, in: Neues Archiv für sächsische Geschichte 81 (2010) S. 235‒247.

4

Des Kursächsischen Rates Hans von der Planitz Berichte aus dem Reichsregiment in Nürnberg 1521–1523 (Aus den

Schriften der Sächsischen Kommission für Geschichte, Bd. 3), hrsg. von Ernst Wülcker und Hans Virck, Leipzig 1899,

ND Hildesheim 1979.

5

J. F. Böhmer: Regesta Imperii XIV. Ausgewählte Regesten des Kaiserreiches unter Maximilian I. 1493–1519, bearb. von

Hermann Wiesflecker u. a., Bd. 1, Tl. 1–2: 1493–1495 – Bd. 4, Tl. 1–2: 1502–1504, Köln u. a. 1990–2004. In Bearbeitung

befinden sich aktuell die Bände 5 (1505–1507) und 6 (1508).

6

Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johannes des Beständigen 1513 bis 1532. Reformation im

Kontext frühneuzeitlicher Staatswerdung, hrsg. von Armin Kohnle und Manfred Rudersdorf, Band 1: 1513–1517, bearb.

von Stefan Michel, Beate Kusche und Ulrike Ludwig unter Mitarbeit von Vasily Arslanov, Alexander Bartmuß und Konstantin

Enge, Leipzig 2017. – Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johannes des Beständigen

1513 bis 1532. Reformation im Kontext frühneuzeitlicher Staatswerdung, hrsg. von Armin Kohnle und Manfred Rudersdorf,

Band 2: 1518–1522, bearb. von Stefan Michel, Beate Kusche, Ulrike Ludwig, Konstantin Enge, Dagmar Blaha und

Alexander Bartmuß, Leipzig 2022.

7

Sina Westphal: Die Korrespondenz zwischen Kurfürst Friedrich dem Weisen von Sachsen und der Reichsstadt

Nürnberg. Analyse und Edition (Kieler Werkstücke. Reihe E: Beiträge zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 10),

Frankfurt/M. u. a. 2011.

8

Die Inschriften der Stadt Wittenberg, bearb. von Franz Jäger und Jens Pickenhan (Die Deutschen Inschriften 107 =

Leipziger Reihe 6), Wiesbaden 2019.

15


Enno Bünz / Stefan Rhein

che Schlaglichter auf den Hof Friedrichs des Weisen und seine Residenzen werfen schließlich

die tagebuchartigen Aufzeichnungen des bayerischen Adligen Hans III. Herzheimer

von 1518 und 1519, dem sich dank seiner Verwandtschaft mit dem kursächsischen Kämmerer

Degenhard Pfeffinger während seines Aufenthalts am Hof Friedrichs des Weisen viele

Türen öffneten. 9

Zum Forschungsstand über Friedrich den Weisen können hier nur schlaglichtartig einige

Bemerkungen gemacht werden. Die landes-, reichs- und kirchengeschichtlichen Dimensionen

sind so komplex, die Stellung des sächsischen Kurfürsten so markant, dass Friedrich der

Weise selbst in der allgemeinhistorischen Literatur sehr präsent ist. Spätestens bei der Darstellung

der frühen Reformation ist es unumgänglich, nicht nur von dem Wittenberger Professor

Martin Luther, sondern auch von dessen Landesherrn Friedrich von Sachsen zu schreiben.

Die erste im weitesten Sinne wissenschaftliche Biographie – „aus den Quellen bearbeitet“

heißt es im Untertitel – legte 1848 der Dresdner Lehrer Max Moritz Tutzschmann vor. 10

Das Buch ist eine antiquarische Rarität, doch wissenschaftlich völlig überholt. Es sollte viel

Zeit vergehen, bis – nun durch Kirchenhistoriker – ein neuer Anlauf zu einer Biographie

des Kurfürsten gemacht wurde. Bernd Stephan wurde 1979 in Leipzig mit „Beiträge[n]

zu einer Biographie Kurfürst Friedrichs III. von Sachsen, des Weisen“ promoviert. Seine

quellengesättigte Arbeit – lange Jahre als maschinenschriftliches Exemplar ein Geheimtipp

unter Fachleuten – hat der Autor schließlich doch noch 2014 veröffentlicht. 11 So stand dieses

fundierte Werk lange Zeit im Schatten der umfangreichen Biographie, die die Leipziger

Kirchenhistorikerin Ingetraut Ludolphy (1921–2014) 1984 Friedrich dem Weisen widmete.

12 Im Gegensatz zu Stephan zog Ludolphy allerdings nur punktuell archivalische Quellen

heran, doch ist ihre Darstellung der Biographie und des Territoriums bis heute von Wert.

Keinen wissenschaftlichen Anspruch erhebt die flott geschriebene Biographie des Amerikaners

Sam Wellman, die vor allem auf das Verhältnis des Wettiners zu Luther ausgerichtet

ist und sich an der Biographie Ludolphys orientiert; eigene Forschungen hat der Verfasser

nicht angestellt. 13 Auf der Grundlage der vielfältigen neuen Erkenntnisse im Ergebnis des

oben genannten Akademieprojekts über die Kirchenpolitik Kurfürst Friedrichs und seines

Bruders Johann hat Armin Kohnle eine neue Gesamtdarstellung verfasst, die während der

16

9

In Vorbereitung: Hans Herzheimers Bericht über seine Reise nach Sachsen 1518/19. Mit Aufzeichnungen über den Tod

Kaiser Maximilians I. und die Königswahl zu Frankfurt am Main 1519, hrsg. von Enno Bünz (Quellen und Forschungen

zur sächsischen und mitteldeutschen Geschichte), Leipzig/Stuttgart 2025.

10

Max Moritz Tutzschmann: Friedrich der Weise, Kurfürst von Sachsen. Ein Lebensbild aus dem Zeitalter der Reformation,

Grimma 1848.

11

Bernd Stephan: „Ein itzlichs Werck lobt seinen Meister“. Friedrich der Weise, Bildung und Künste (Leucorea-Studien

zur Geschichte der Reformation und der Lutherischen Orthodoxie 24), Leipzig 2014.

12

Ingetraut Ludolphy: Friedrich der Weise. Kurfürst von Sachsen 1463‒1525, Göttingen 1984 (Nachdruck: Leipzig

2006). Zur Vita siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Ingetraut_Ludolphy.

13

Sam Wellman: Frederick the Wise. Seen and Unseen Lives of Martin Luther’s Protector, St. Louis 2011. – Die Herausgeber

danken dem Kollegen Kohnle, dass er sein Exemplar des Buches zur Verfügung gestellt hat.


Friedrich der Weise – Reichsfürst und Landesherr an einer Zeitenwende

Drucklegung des vorliegenden Bandes erschienen ist und die künftig das Referenzwerk für

alle weiteren Forschungen über Friedrich den Weisen sein wird. 14

Das Leipziger Akademieprojekt hat darüber hinaus bereits zu weiteren einschlägigen

Publikationen geführt, etwa zu den Dissertationen von Johanna Liedke über das Wittenberger

Heiltum 15 und von Saskia Jähnigen über die Auflösung der Klöster in Kursachsen. 16

Erschienen ist auch ein Sammelband mit Beiträgen zur Kirchenpolitik des Kurfürsten, die

aus dem Editionsprojekt hervorgegangen sind. 17 Diese aktuellen Arbeiten greifen Themenfelder

auf, die auch in der Vergangenheit von größeren Untersuchungen behandelt wurden,

nämlich die Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und die frühe Reformation in Kursachsen,

während andere Bereiche kaum bearbeitet wurden, beispielsweise die Reichspolitik

Kurfürst Friedrichs, was sich künftig aber durch die Fortschritte der Reichstagsakten-Edition

ändern dürfte. 18

Friedrich war aber nicht nur Reichsfürst, sondern Landesherr. Über das Territorium Kursachsen,

seine Strukturen, seine Organisation und Verwaltung an der Wende vom Mittelalter

zur Neuzeit hat die Forschung mittlerweile ein fundiertes Bild gezeichnet. 19 Es würde

hier den Rahmen sprengen, detailliert die bisherige Forschung zur Verwaltungs organisation

und zum Gerichtswesen, 20 zu den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in

14

Armin Kohnle: Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen, Leipzig 2024.

15

Johanna Liedke: Das Wittenberger Heiltum. Frömmigkeit, Kunst und Politik zwischen Spätmittelalter und Reformation

(Leucorea-Studien zur Geschichte der Reformation und der Lutherischen Orthodoxie 42), Leipzig 2023.

16

Saskia Jähnigen: „ich mich auß dem mönische standt in die weldt gewandt” – Monastische Lebenswege im Spannungsfeld

von ernestinischer Landesherrschaft und Wittenberger Reformation (Quellen und Forschungen zur sächsischen und

mitteldeutschen Geschichte), Leipzig/Stuttgart 2025.

17

Neuhes wyssen – Quellen und Forschungen zur Kirchenpolitik Kurfürst Friedrichs und Herzog Johanns von Sachsen um

1520, hrsg. von Armin Kohnle, Beate Kusche und Manfred Rudersdorf (Abhandlungen der Sächsischen Akademie der

Wissenschaften zu Leipzig – Philologisch-historische Klasse 85, 6), Leipzig/Stuttgart 2024.

18

Aus der älteren Literatur wäre hier nur Paul Mönch: Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen als Reichsfürst. Phil.

Diss. (masch.) Jena 1922 zu nennen. Die ungedruckte Arbeit umfasst nur 55 Ms.-Seiten. Zusammenfassung in: Philosophische

Fakultät der Universität Jena: Verzeichnis der Dissertationen […] 1921/22, S. 30 f. Vgl. nun aber Peter Schmid:

Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen als Reichspolitiker, in: Fortschritte in der Geschichtswissenschaft durch

Reichstagsaktenforschung. Vier Beiträge aus der Arbeit an den Reichstagsakten des 15. und 16. Jahrhunderts, hrsg. von

Heinz Angermeier und Erich Meuthen (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der

Wissenschaften 35), Göttingen 1988, S. 47‒64.

19

Als Synthese der Forschung sei verwiesen auf Enno Bünz: Raum und Herrschaft um 1500: Kurfürstentum Sachsen

und Hochstift Würzburg im Vergleich, in: Bischof Lorenz von Bibra (1495–1519) und seine Zeit – Herrschaft, Kirche

und Kultur im Umbruch, hrsg. von Enno Bünz und Wolfgang Weiß (Quellen und Forschungen zur Geschichte des

Hochstifts Würzburg 79), Würzburg 2020, S. 127‒209; ders.: Hessen und Sachsen im Vergleich. Landgrafschaft und

Kurfürstentum um 1500, in: Fürsten – Gelehrte – Gesellschaften. Forschungen zur Fürstenherrschsaft, Beziehungs- und

Bildungsgeschichte in Deutschland und Europa (13. bis 20. Jahrhundert) [Manfred Rudersdorf zum 70. Geburtstag

gewidmet], hrsg. von Wolfgang Huschner, Beate Kusche und Franziska Menzel (Quellen und Forschungen zur sächsischen

und mitteldeutschen Geschichte 50), Leipzig 2023, S. 15‒59.

20

Der weitgespannte Überblick von Thomas Klein: Kursachsen, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, hrsg. von Kurt G.

A. Jeserich, Hans Pohl und Georg-Christoph von Unruh, Bd 1: Vom Spätmittelalter bis zum Ende des Alten Reiches,

Stuttgart 1983, S. 803‒857, greift nur punktuell in die Zeit vor 1547 zurück. Tiefergehend Sebastian Brather: Die Ver-

17


Enno Bünz / Stefan Rhein

Stadt und Land oder zur Geschichte der Stände und der ständischen Repräsentation 21

nachzuzeichnen.

Hinsichtlich der landesherrlichen Kirchenpolitik im ausgehenden Mittelalter ist vor

allem auf das Buch von Paul Kirn über Friedrich den Weisen und die Kirche hinzuweisen,

eine 1926 gedruckte Leipziger Habilitationsschrift, die ungeachtet ihres schlanken

Umfangs grundlegend ist und auf umfangreichen Quellenstudien beruht. 22 Zur frühen

Reformation in Kursachsen lassen sich zahlreiche Publikationen anführen, die das wissenschaftliche

Interesse seit dem 19. Jahrhundert belegen; zu nennen sind hier die Arbeiten

z. B. von Johann Karl Seidemann (1807–1879), 23 Theodor Kolde (1850–1913), 24 Paul Kalkoff

(1858–1928), 25 aus jüngerer Zeit von Helmar Junghans (1931–2010), 26 Armin Kohnle 27 und

waltungsreformen am kursächsischen Hof im ausgehenden 15. Jahrhundert, in: Archivar und Historiker. Studien zur

Archiv- und Geschichtswissenschaft. Zum 65. Geburtstag von Heinrich Otto Meisner (Schriftenreihe der Staatlichen

Archivverwaltung 7), Berlin 1956, S. 254‒287.

21

Ernst Müller: Die Ernestinischen Landtage in der Zeit von 1485–1572 unter besonderer Berücksichtigung des

Steuerwesens, in: Forschungen zur Thüringischen Landesgeschichte. Festschrift Friedrich Schneider, Weimar 1958,

S. 188‒228. – Matthias Kopietz: Ordnung, Land und Leute. Politische Versammlungen im wettinischen Herrschaftsbereich

1438–1547 (Studien und Schriften zur Geschichte der sächsischen Landtage 6), Ostfildern 2019.

22

Paul Kirn: Friedrich der Weise und die Kirche. Seine Kirchenpolitik vor und nach Luthers Hervortreten im Jahre 1517,

18

Leipzig 1926. Nachdruck Hildesheim 1972.

23

Johann Karl Seidemann: Erläuterungen zur Reformationsgeschichte durch bisher unbekannte Urkunden, Dresden

1844; Ders.: Die Reformationszeit in Sachsen von 1517 bis 1539, Dresden 1846.

24

Neben seiner zweibändigen Luther-Biographie (Gotha 1884/93) v. a. Theodor Kolde: Luther und der Reichstag zu

Worms, Halle/S. 1883.

25

Vor allem Paul Kalkoff: Briefe, Depeschen und Berichte über Luther vom Wormser Reichstage 1521. Aus dem Englischen,

Italienischen und Spanischen übersetzt und erläutert (Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte 59), Halle

1898. – Hochgradig spekulativ ist Ders.: Die Kaiserwahl Friedrichs IV. und Karls V. (am 27. und 28. Juni 1519), Weimar

1925. Das Buch wurde seinerzeit von der Kritik abgelehnt, doch haben neuere Forschungen gezeigt, dass die zentrale

These, Friedrich der Weise sei gewählt worden, belastbar ist. Siehe dazu Enno Bünz: Die Wettiner auf den Reichstagen.

Kurfürst Friedrich der Weise auf dem Wahltag 1519 in Frankfurt, gesehen mit den Augen eines Zeitzeugen, in: König,

Reich und Fürsten im Mittelalter. Abschlusstagung des Greifswalder „Principes-Projekts“. Festschrift für Karl-Heinz

Spieß, hrsg. von Oliver Auge (Beiträge zur Geschichte der Universität Greifswald 12), Stuttgart 2017, S. 441–460 anhand

der Aufzeichnungen Hans Herzheimers von 1519, und auf breiterer Grundlage nun Armin Kohnle: Kurfürst Friedrich

der Weise von Sachsen und die Königswahl des Jahres 1519, in: 1423‒2023. 600 Jahre Sachsen(-Meißen). Winchester,

Magdeburg, Braunschweig, Wittenberg, Meißen. Sächsische Herzogtümer, König- und Kaiserreiche in Europa, hrsg.

von Enno Bünz und Wolfgang Huschner, Leipzig 2025 (im Druck).

26

Seine Themen waren allerdings weniger auf Friedrich den Weisen, als vielmehr auf Luther, die Universität Wittenberg

und den Renaissancehumanismus ausgerichtet. Vgl. etwa Helmar Junghans: Spätmittelalter, Luthers Reformation,

Kirche in Sachsen. Ausgewählte Aufsätze, hrsg. von Michael Beyer und Günther Wartenberg (Arbeiten zur Kirchen- und

Theologiegeschichte 8), Leipzig 2001; Ders.: Der mitteldeutsche Renaissancehumanismus: Nährboden der Frühen Neuzeit

(Sitzungsberichte der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Philologisch-Historische Klasse 139, 1),

Leipzig 2004; Ders.: Wittenberg als Lutherstadt, Berlin 1979, Neuausgabe u. d. T. Luther und Wittenberg. Fotografien

Jürgen M. Pietsch, Spröda 2016.

27

Neben den bereits in Anm. 14 und 25 genannten Arbeiten siehe vor allem Armin Kohnle: Kaiser, Reichstag, Reichsreform:

Friedrich der Weise und das Reich, in: Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen. Politik, Kultur und Reformation

(wie Anm. 57), S. 12‒22; Ders.: Zwickau im Kontext. Die Reformation unter Friedrich dem Weisen und Johann dem


Friedrich der Weise – Reichsfürst und Landesherr an einer Zeitenwende

Volkmar Joestel. 28 Der wissenschaftliche Ertrag des Reformationsjubiläums 2017 war in

territorialgeschichtlicher Perspektive für Mitteldeutschland überschaubar, doch kann hier

auf das von Uwe Schirmer und Werner Greiling verantwortete Projekt über Thüringen

im Zeitalter der Reformation hingewiesen werden, das eine Fülle von Monographien und

Tagungsbänden hervorgebracht hat. 29

Neben der Kirchenpolitik hat die Kunstförderung des Kurfürsten wiederholt Interesse

gefunden. Bereits 1897 legte Cornelius Gurlitt (1850–1938), durch die Inventarisierungsarbeit

ein hervorragender Kenner der sächsischen Kunstlandschaft, ein Buch über die Kunst

unter Kurfürst Friedrich den Weisen vor, das vor allem Quellenauszüge aus den kursächsischen

Rechnungsbüchern, aber auch aus anderen Quellen bietet. 30 Durch diese Veröffentlichung

angeregt wurde das etwas umfangreichere Buch von Robert Bruck (1863–1942)

über Friedrich den Weisen als Förderer der Kunst. 31 Statt nach Künstlern ordnete Bruck

seinen Stoff nach Kunstgattungen und benutzte mehr Quellen als Gurlitt und druckte

diese ebenso wie schon die von Gurlitt edierten Quellen im Anhang ab. 32 Dass die Cranach-Forschung

in vielfältiger Hinsicht Friedrich den Weisen und seinen Hof betrifft, muss

hier nicht eigens hervorgehoben werden. 33 Für die Musikkultur am Hof ist noch immer

die ältere Arbeit von Adolf Aber grundlegend, ergänzt durch die ausführliche Studie von

Jürgen Heidrich zu den deutschen Chorbüchern der Hofkapelle. 34 Der Blick auf die Kunst

am Hof Friedrichs des Weisen ist nicht zu trennen von zentralen Aspekten wie Repräsentation

und Frömmigkeit. Hier ist besonders auf zwei Ausstellungskataloge hinzuweisen:

„Apelles am Fürstenhof“ mit vielen Bezügen zum Hof Friedrichs des Weisen 35 und „Maria

zwischen den Konfessionen“ mit aussagekräftigen Exponaten zur vorreformatorischen praxis

pietatis des Wettiners. 36

Beständigen, in: „Martinus halbenn …“ Zwickau und der reformatorische Umbruch, Zwickau 2016, S. 11‒20; Ders.:

Kurfürst Friedrich der Weise, Martin Luther und die Reformation, in: Sächsische Heimatblätter 63 (2017), S. 82‒90.

28

Volkmar Joestel: Geschwinde Zeitläufte. Wittenberg und die Reformation in Kursachsen 1521/1522 (Schriften der Stiftung

Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt 25), Leipzig 2023.

29

Thüringen im Jahrhundert der Reformation. Bilanz eines Projektes – Perspektiven der Forschung, hrsg. von Werner

Greiling, Alexander Krünes und Uwe Schirmer (Beiträge zur Reformationsgeschichte in Thüringen 19), Jena 2019.

30

Cornelius Gurlitt: Die Kunst unter Kurfürst Friedrich dem Weisen (Archivalische Forschungen 2), Dresden 1897.

31

Robert Bruck: Friedrich der Weise als Förderer der Kunst (Studien zur deutschen Kunstgeschichte 45), Straßburg 1903.

32

Soweit die Quellenauszüge aus dem Buch von Gurlitt übernommen wurden, hat Bruck die Stellen mit * gekennzeichnet.

33

Vgl. Cranach Digital Archive (cda), Projektleitung: Gunnar Heydenreich: https://lucascranach.org.

34

Adolf Aber: Die Pflege der Musik unter den Wettinern und wettinischen Ernestinern von den Anfängen bis zur Auflösung

der Weimarer Hofkapelle 1662 (Veröffentlichungen des Fürstlichen Instituts für musikwissenschaftliche Forschung

zu Bückeburg 4, 1), Bückeburg/Leipzig 1921, hier bes. S. 17‒84; Jürgen Heidrich: Die deutschen Chorbücher aus der

Hofkapelle Friedrichs des Weisen. Ein Beitrag zur mitteldeutschen geistlichen Musikpraxis um 1500 (Sammlung Musikwissenschaftlicher

Abhandlungen 84), Baden-Baden 1993.

35

Apelles am Fürstenhof. Facetten der Hofkunst um 1500 im Alten Reich, hrsg. von Matthias Müller u. a., Berlin 2010.

36

Maria zwischen den Konfessionen. Verehrt. Geliebt. Vergessen, hrsg. von Katja Schneider, Petersberg 2019.

19


Enno Bünz / Stefan Rhein

Schließlich noch ein Blick auf Wittenberg, das hier exemplarisch hervorgehoben sei,

auch wenn wir mittlerweile deutlicher als die ältere Forschung sehen, dass auch Torgau,

Lochau (Annaburg), Altenburg und andere Orte eine wichtige Funktion als Residenzen

Friedrichs des Weisen besaßen. Wittenberg verfügt bis heute über keine umfassende

wissenschaftliche Stadtgeschichte. 37 Der Fokus der Forschung war hier vorrangig auf die

geistlichen Institutionen gerichtet: Luthers Kloster der Augustinereremiten, den Franziskanerkonvent,

vor allem aber auf die Stiftskirche Allerheiligen. 38 Daneben hat vor allem die

Universität Wittenberg Aufmerksamkeit erfahren. Im Abstand von rund hundert Jahren

sind zwei große Gesamtdarstellungen der Universitätsgeschichte erschienen. 1917 von Walter

Friedensburg 39 und 2020 von Heiner Lück. 40 Einzelforschungen, die institutionen- wie

personengeschichtliche Fragen betreffen, können hier nicht referiert werden.

Erheblich erweitert wurden in den letzten 15 Jahren unsere Kenntnisse über Wittenberg

zur Zeit Friedrichs des Weisen durch das Projekt der Stiftung Leucorea „Das ernestinische

Wittenberg“. Seit 2011 hat dieses interdisziplinär angelegt Projekt umfangreiche Bände

mit zahlreichen Einzelbeiträgen über Universität und Stadt, die Stadt und ihre Bewohner,

Lukas Cranachs Wirken in Wittenberg, die Leucorea und ihre Räume sowie über Residenz

und Stadt hervorgebracht. 41 Für den Schlossbau ist zudem auf die Forschungen von Stephan

Hoppe zu verweisen. 42

37

Die Aufsätze in: 700 Jahre Wittenberg. Stadt, Universität, Reformation, hrsg. von Stefan Oehmig, Weimar 1995, bieten

20

Grundlegendes zu einzelnen Aspekten.

38

Bis heute grundlegend und wegweisend für weiterführende Forschungen zu den Quellen Gottfried Wentz: Das Kollegiatstift

Allerheiligen in Wittenberg, in: Fritz Bünger/Gottfried Wentz: Das Bistum Brandenburg, Teil 2 (Germania

Sacra, 1. Abt.: Die Bistümer der Kirchenprovinz Magdeburg 3), Berlin 1941 (Fotomechanischer Nachdruck 1963),

S. 75–164. Von der weiteren Literatur seien hier nur genannt Paul Kalkoff: Ablass und Reliquienverehrung an der

Schlosskirche zu Wittenberg unter Friedrich dem Weisen, Gotha 1907. Das Heiltum ist ein besonderes Thema, siehe

Anm. 15.

39

Walter Friedensburg: Geschichte der Universität Wittenberg, Halle/S. 1917.

40

Heiner Lück: Alma Leucorea. Eine Geschichte der Universität Wittenberg 1502 bis 1817, Halle/S. [2020]. Vgl. auch

die Bände in der Reihe der Leucorea-Studien zur Geschichte der Reformation und der Lutherischen Orthodoxie, z. B.

Professorenbuch der Theologischen Fakultät der Universität Wittenberg 1502 bis 1815/17, hrsg. von Armin Kohnle und

Beate Kusche, Leipzig 2016, oder Initia Reformationis. Wittenberg und die frühe Reformation, hrsg. von Irene Dingel

u. a., Leipzig 2017.

41

Das ernestinische Wittenberg: Universität und Stadt (1486 ‒ 1547), hrsg. von Heiner Lück, Enno Bünz, Leonhard Helten

u. a. (Wittenberg-Forschungen 1), Petersberg 2011. – Das ernestinische Wittenberg: Stadt und Bewohner, hrsg. von

Dens., Textband und Bildband (Wittenberg-Forschungen 2, 1–2), Petersberg 2013. – Das ernestinische Wittenberg:

Spuren Cranachs in Schloss und Stadt, hrsg. von Dens. (Wittenberg-Forschungen 3), Petersberg 2015. – Das ernestinische

Wittenberg: Die Leucorea und ihre Räume, hrsg. von Dens. (Wittenberg-Forschungen 4), Petersberg 2017. – Das

ernestinische Wittenberg: Residenz und Stadt, hrsg. von Leonhard Helten, Enno Bünz, Armin Kohnle u. a. (Wittenberg-

Forschungen 5), Petersberg 2020. Vgl. auch Stefan Rhein: Der Beginn der Reformation. Wittenberg 1517, Spröda 2017.

42

Stephan Hoppe: Die funktionale und räumliche Struktur des frühen Schloßbaus in Mitteldeutschland (Veröffentlichung

der Abteilung Architekturgeschichte des Kunsthistorischen Instituts der Universität Köln 62), Köln 1996; Ders.:

Architektur als politische Sprache und intellektuelle Aufgabe. Raumgestalt und Raumfunktionen des Wittenberger


Friedrich der Weise – Reichsfürst und Landesherr an einer Zeitenwende

Über die anderen Residenzorte Friedrichs des Weisen ist weitaus weniger geforscht

worden. Für Altenburg ist vor allem eine größere Arbeit über die städtische Gesellschaftsstruktur

der Reformationszeit zu nennen, 43 doch ist auch durch neuere Forschungen über

Georg Spalatin mehr Licht auf Residenz und Stadt zur Zeit Kurfürst Friedrichs gefallen. 44

Intensiv erforscht wurde die Stadt Torgau zur Reformationszeit. 45 Neben Wittenberg liegt

übrigens auch für Torgau ein umfassendes Denkmalinventar vor, das die Baudokumentation

mit archivalischen Forschungen verknüpft. 46 Ebenso wie in Torgau ist auch in Lochau

das Renaissanceschloss Kurfürst Friedrichs im 16. Jahrhundert durch einen Neubau ersetzt

worden. 47 Da es auch keine zeitgenössischen Ansichten der Schlösser gibt, stellen die

Beschreibungen Hans Herzheimers von 1519 die wichtigsten Quellen dar, um eine Vorstellung

von der Baugestalt zu gewinnen. 48

In diesem notgedrungen unvollständigen Forschungsüberblick soll abschließend auf

einige in den letzten Jahrzehnten entstandene größere Arbeiten hingewiesen werden, die

mit ihrem Fokus auf Kursachsen um 1500 auch auf Friedrich den Weisen eingegangen sind:

z. B. die grundlegende Studie von Uwe Schirmer über die kursächsischen Staatsfinanzen

vom 15. bis 17. Jahrhundert, in der die Regierungszeit Friedrichs des Weisen und seines

Bruders Johann umfassend beachtet wird, 49 zahlreiche Veröffentlichungen im Rahmen der

Reihe „Residenzenforschung“ 50 sowie die Arbeiten von Joachim Schneider über den spät-

Kernschlosses unter Kurfürst Friedrich dem Weisen und Herzog Johann im Kontext von älterer Residenzentradition und

beginnender Renaissance, in: Residenz und Stadt (wie Anm. 41), S. 59‒94.

43

Hans Joachim Kessler: Altenburg – eine kurfürstlich-sächsische Mittelstadt in der Entwicklung zur territorialfürstlichen

Residenzstadt zwischen der Leipziger Teilung 1485 und der Wittenberger Kapitulation 1547, Diss. masch., Leipzig

1991; auf den Ergebnissen der Dissertation beruht das Buch von Dems./Alexander Krünes: Die Stadt Altenburg während

der Reformation (Beiträge zur Reformationsgeschichte in Thüringen 4), Jena 2016.

44

Siehe die Angaben Anm. 54.

45

Jürgen Herzog: Vorreformatorische Kirche und Reformation in Torgau (Schriften des Torgauer Geschichtsvereins 10),

Beucha/Markkleeberg 2016; Ders.: Beiträge zur Residenz- und Reformationsgeschichte der Stadt Torgau (Schriften

des Torgauer Geschichtsvereins 8), Beucha 2015. – Schloss Hartenfels und die Schlosskirche in Torgau. Denkmal der

Reformation, hrsg. von Jürgen Herzog und Hans-Christoph Sens (Schriften des Torgauer Geschichtsvereins 11), Beucha/

Markkleeberg 2017.

46

Die Denkmale der Stadt Torgau, bearb. von Peter Findeisen und Heinrich Magirius (Die Denkmale im Bezirk Leipzig),

Leipzig 1976. – Weiterführend: Torgau ‒ Stadt der Renaissance, hrsg. von Tilmann von Stockhausen, Dresden 32009.

47

Stephan Hoppe: Anatomy of an Early ‚Villa‘ in Central Europe. The Schloss and Garden of the Saxon Elector Frederick

the Wise in Lochau (Annaburg) according to the 1519 Report of Hans Herzheimer, in: Maisons des champs dans

l’Europe de la Renaissance. Actes des premières Rencontres d’architecture européenne, Château de Maisons, 10–13 juin

2003, hrsg. von Monique Chatenet, Paris 2006, S. 159–170.

48

Siehe Anm. 9.

49

Uwe Schirmer: Kursächsische Staatsfinanzen (1456‒1656). Strukturen – Verfassung – Funktionseliten (Quellen und

Forschungen zur sächsischen Geschichte 28), Leipzig 2006.

50

Siehe den ausgezeichneten Überblick von Werner Paravicini: Hof und Residenz, in: Impulse der Kieler Geschichtsforschung

einst und heute für die deutschsprachige Geschichtswissenschaft. Zum 150-jährigen Bestehen des Historischen

Seminars der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, hrsg. von Oliver Auge und Gerhard Schwedler, Kiel 2022,

S. 279–310, auch digital: URL: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:8:3-2022-00708-0 (Zugriff: 3.6.2024).

21


Enno Bünz / Stefan Rhein

mittelalterlichen deutschen Niederadel, die auch Sachsen mit einbezieht, 51 von Christian

Hesse über Amtsträger der Fürsten im spätmittelalterlichen Reich, die ebenfalls Sachsen

behandelt, 52 und die Dissertation von Fanny Münnich über die sächsischen Adligen des

15. und 16. Jahrhunderts an deutschen und europäischen Universitäten. 53 Die Perspektive

ließe sich unschwer weiterziehen, beispielsweise, wenn wir zentrale Gestalten in den Blick

nähmen, die im Umfeld des Kurfürsten wirkten. Hierbei ist natürlich nicht in erster Linie

an Martin Luther zu denken, das wäre ein Thema für sich, sondern an Funktionsträger wie

Georg Spalatin, 54 Christoph Scheurl 55 oder Degenhard Pfeffinger. 56 Der Stoff wird so bald

nicht ausgehen. Auch offene Forschungsfelder wären noch zu benennen, beispielsweise die

Städtepolitik in Kursachsen, die wirtschaftlichen Strukturen in Stadt und Land, die Geldgeschichte,

um nur einige Aspekte anzusprechen.

Die Beiträge des vorliegenden Tagungsbandes bieten ein facettenreiches Bild der Person

und der Regierung Friedrichs des Weisen sowie der Geschichte Kursachsens und

zeigen exemplarisch auf, welche langfristig wirksame Prägekraft Fürst, Dynastie, Territorium

und Hof in der Zeit um 1500 entfaltet haben. Bereits 2014 – im Vorfeld des

51

Joachim Schneider: Spätmittelalterlicher deutscher Niederadel. Ein landschaftlicher Vergleich (Monographien zur

22

Geschichte des Mittelalters 52), Stuttgart 2003.

52

Christian Hesse: Amtsträger der Fürsten im spätmittelalterlichen Reich. Die Funktionseliten der lokalen Verwaltung

in Bayern-Landshut, Hessen, Sachsen und Württemberg 1350‒1515 (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der

Bayerischen Akademie der Wissenschaften 70), Göttingen 2005.

53

Fanny Münnich: Der sächsische Adel an den Universitäten Europas. Universitätsbesuch, Studienalltag und Lebenswege

in Spätmittelalter und beginnender Frühneuzeit, 2 Teilbde. (Quellen und Forschungen zur sächsischen und mitteldeutschen

Geschichte 45), Leipzig/Stuttgart 2020.

54

Spalatin in Altenburg. Eine Stadt plant ihre Ausstellung. Protokollband zum Kolloquium „Georg Spalatin und Altenburg“

im Schloss Altenburg und im Lindenau-Museum Altenburg zur Vorbereitung der Ausstellung „Spalatin – Steuermann

der Reformation“ vom 1. bis 3. Dezember 2011, hrsg. von Hans-Joachim Kessler und Jutta Penndorf, Halle (Saale)

2012; Georg Spalatin. Steuermann der Reformation. Begleitband zur Ausstellung „Georg Spalatin – Steuermann der

Reformation“, Residenzschloss Altenburg und Stadtkirche St. Bartholomäi Altenburg, 18. Mai bis 2. November 2014,

hrsg. von Armin Kohnle, Christina Meckelnborg und Uwe Schirmer, Halle (Saale) 2014; Björn Schmaltz: Georg Spalatin

und sein Wirken in Altenburg (1525–1545) (Veröffentlichung des Thüringischen Staatsarchivs Altenburg), Beucha

2009; Christine Weide: Georg Spalatins Briefwechsel. Studien zu Überlieferung und Bestand (1505–1525) (Leucorea-

Studien zur Geschichte der Reformation und der Lutherischen Orthodoxie 23), Leipzig 2014. – Ungeachtet vieler neuer

Details und biographischer Aspekte bleibt die umfangreiche Biographie von Irmgard Höss: Georg Spalatin 1484–1545.

Ein Leben in der Zeit des Humanismus und der Reformation, Weimar 21989, grundlegend. Vgl. auch Dies.: Georg

Spalatin, in: Fränkische Lebensbilder, Bd. 8, hrsg. von Gerhard Pfeiffer und Alfred Wendehorst (Veröffentlichungen der

Gesellschaft für fränkische Geschichte, Reihe VII A, 8), Würzburg 1978, S. 35‒50; Dies.: Georg Spalatin: 1484–1545 (Aus

der Spalter Heimat 23), Spalt 1984.

55

Über ihn zuletzt umfassend Franz Fuchs: Scheurl, Christoph (II.), in: Deutscher Humanismus 1480–1520. Verfasserlexikon,

hrsg. von Franz Josef Worstbrock, Band 2: L–Z, Berlin usw. 2013, Sp. 840‒877.

56

Enno Bünz: Die Heiltumssammlung des Degenhard Pfeffinger, in: „Ich armer sundiger mensch”. Heiligen- und Reliquienkult

am Übergang zum konfessionellen Zeitalter, hrsg. von Andreas Tacke (Schriftenreihe der Stiftung Moritzburg,

Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt 2), Göttingen 2006, S. 125‒169; Ders.: Degenhard Pfeffinger (1471–1519), in:

Sächsische Lebensbilder, Band 8, hrsg. von Konstantin Hermann (Quellen und Forschungen zur sächsischen und mitteldeutschen

Geschichte 43), Leipzig 2025 (im Manuskript abgeschlossen).


Friedrich der Weise – Reichsfürst und Landesherr an einer Zeitenwende

Reformationsjubiläums – fand in Torgau eine große Tagung über Friedrich den Weisen mit

den Schwerpunkten Politik, Kultur und Reformation statt. 57 Es ist wohl der beste Beleg für

den Facettenreichtum der Gestalt Friedrichs des Weisen, dass sich kaum ein Jahrzehnt später

eine Tagung wieder diesem Kurfürsten zuwendete, mit neuen Themen und neuen Fragen.

Legt man die beiden Tagungsbände von 2015 und 2025 nebeneinander, wird deutlich,

wie die Themen ineinandergreifen und sich sinnvoll ergänzen. Es gibt keine andere Fürstengestalt

der Zeit um 1500, für die Vergleichbares denkbar wäre – vielleicht noch Landgraf

Philipp von Hessen, dessen Wirken freilich sehr viel einseitiger in den Kontext der Reformationsgeschichte

eingebettet ist als das Friedrichs des Weisen, der strenggenommen nicht

als Reformationsfürst bezeichnet werden kann, sondern als Fürst an der Zeitenwende, als

Fürst auf dem Weg zur Reformation, die sich in seiner Residenz Wittenberg, an seiner

Landesuniversität, an seinem Hof angebahnt hat. Dabei kann es nicht um eine isolierte

individualbiographische Perspektive gehen, sondern darum, mit vergleichendem Blick das

Typische von Fürsten und fürstlicher Herrschaft um 1500 herauszuarbeiten, zumal Friedrich

der Weise im Kontext einer Generation großer Fürstengestalten steht. 58 Zumindest

für jene Fürsten, mit denen Friedrich der Weise besonders eng verbunden war, würde man

sich umfangreichere Biographien wünschen, nämlich über den albertinischen Vetter Georg

(reg. 1486–1539) 59 und über den hessischen Verbündeten Landgraf Philipp von Hessen. 60

Die Beiträge des vorliegenden Bandes zeigen, dass es sich lohnt, Kurfürst Friedrich den

Weisen und seine Zeit in den Blick zu nehmen, sei es mit neuen Fragestellungen, Themen

oder auch bislang unbekannten Quellen, die es noch in Fülle gibt. Insofern ist zu hoffen,

dass die Beiträge der hier vorgelegten Tagung viele Anregungen und Fingerzeige für weitere

Forschungen über Kurfürst Friedrich den Weisen bieten.

57

Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen. Politik, Kultur und Reformation, hrsg. von Armin Kohnle und Uwe Schirmer

(Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte 40), Leipzig 2015. – Ein Teil der Tagungsbeiträge wurde bereits

vorab veröffentlicht: Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen (1463–1525). Beiträge zur wissenschaftlichen Tagung vom

4. bis 6. Juli 2014 auf Schloss Hartenfels in Torgau. Im Auftrag der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden hrsg. von

Dirk Syndram, Yvonne Fritz und Doreen Zerbe, Dresden 2014. Dieser Band verdient dank seiner hervorragenden Bebilderung

Beachtung.

58

Fürsten an der Zeitenwende zwischen Gruppenbild und Individualität. Formen fürstlicher Selbstdarstellung und ihre

Rezeption (1450–1550). Wissenschaftliche Tagung Landeskulturzentrum Schloß Salzau, 27.‒29. März 2008, hrsg. von

Oliver Auge, Ralf-Gunnar Werlich und Gabriel Zeilinger (Residenzenforschung 22), Ostfildern 2009.

59

Sie wird von Enno Bünz vorbereitet.

60

Anstelle zahlreicher Literaturhinweise sei verwiesen auf Inken Schmidt-Voges: Transformation und politische Verdichtung

(1509–1567), in: Handbuch der hessischen Geschichte 6: Die Landgrafschaften ca. 1100–1803/06, hrsg. von Holger

Th. Gräf und Alexander Jendorff (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen, 63, 6), Marburg a. d.

Lahn 2022, S. 191–235.

23




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Satz: FRUEHBEETGRAFIK · Thomas Puschmann, Leipzig

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