10.06.2025 Aufrufe

Unterwegs 0625

Verwandeln Sie Ihre PDFs in ePaper und steigern Sie Ihre Umsätze!

Nutzen Sie SEO-optimierte ePaper, starke Backlinks und multimediale Inhalte, um Ihre Produkte professionell zu präsentieren und Ihre Reichweite signifikant zu maximieren.

unterw e gs

Die Mitarbeiter- & Kundenzeitschrift von Brüggli 0625

Ausgabe Nummer 52, Juni 2025

www.unterwegs.brueggli.ch

Näherin, warum nicht?

Einst undenkbar: Ruth arbeitet

an der Nähmaschine.

Eine Lebensschule

Bei Brüggli wohnen: Sinn und Struktur

über die Arbeit hinaus.

Kenne Deine Stärken

Im Kompetenztraining achtet Floriano

auf die feinen Zwischentöne.

18 9

24


Inhalt

18-20

Näherin, warum nicht?

«Das kannst Du nicht.» Diesen Satz hörte Ruth oft in ihrem

Leben. Doch sie gab nie auf und zeigte allen, was möglich ist,

wenn man an sich glaubt.

9 Eine Lebensschule

24 Kenne Deine Stärken

Awards

2022 · Goldene Feder des Schweizerischen Verbandes für interne

und integrierte Kommunikation SVIK in der Kategorie

Unternehmens- und Organisationstexte

· Bronzene Feder des SVIK in der Kategorie Texte

2021 · Goldene Feder des SVIK in der Kategorie Mitarbeitermagazine

· Sonderpreis des SVIK in der Kategorie Texte

2019 · Goldene Feder des SVIK in der Kategorie Texte

2018 · Bronzene Feder des SVIK in der Kategorie Mitarbeitermagazine

· Silberne Feder des SVIK in der Kategorie Texte

2016 · Goldene Feder des SVIK in der Kategorie Texte

· Bronzene Feder des SVIK in der Kategorie Texte

2015 · Internationaler Sonderpreis der European Association for

Internal Communication FEIEA: «Best practice in internal

magazine supporting a social project»

· Silberne Feder des SVIK in der Kategorie Mitarbeitermagazine

· Silberne Feder des SVIK in der Kategorie Strategien/Konzepte

2014 · Silberne Feder des SVIK in der Kategorie Texte

2013 · Silberne Feder des SVIK in der Kategorie Strategien/Konzepte

2011 · Goldene Feder des SVIK in der Kategorie Mitarbeitermagazine

In dieser Ausgabe

4

14

17

21

22

27

32

35

36

38

42

44

47

Impressum

Bis zum letzten Tropfen

Nachrichten aus dem Unterbewusstsein

10 Fragen an Jana Bötschi und Stephan Graf

Nachgefragt: Wie sieht der perfekte Sonntag für Dich aus?

Durch Dick und Dünn

Die Suche nach mir selbst

Du bist, was Du konsumierst

Nachgefragt: Und wie lernst Du?

Brüggli an Joan Mirós Seite

«Es soll allen Beteiligten gut gehen»

Dies & Das

Jubiläen Januar – Juni 2025

Rätsel: Wer findet die 5 Unterschiede?

Idee, Konzept, Redaktion : Michael Haller, Katja Wohlwend

Layout, Satz:

Regina Furger

Bild :

Wolfgang Willsch, Regina Furger

Fotos :

Frosan von Gunten, Markus Frietsch, Roger Nigg

Druck, Auflage : Brüggli Admedia AG, 2'000 Ex.

Herausgeber :

Brüggli, 8590 Romanshorn, www.brueggli.ch

Redaktionsadresse: Brüggli, Kommunikation & Kultur

Hofstrasse 5, 8590 Romanshorn

michael.haller@brueggli.ch

www.unterwegs.brueggli.ch


Editorial

Illustration: Urs Otto

Mitarbeiter Unternehmenskommunikation

Unterwegs für das Gute,

das Gutes bringt

«Äs Guäts git äs Guäts», sagt Stefan. Gutes bringt

Gutes. Sei nett, sei aufrecht – es kommt auf Dich

zurück. Erschaffe Schönes, Praktisches, das den Leuten

den Tag erhellt – es wird auch Dir selbst das Leben

versüssen. Und trau Dich, Schwäche zuzulassen – das Wissen um

Deine Schwächen macht Dich stark.

Eine schöne Sichtweise. Der Blick in die Welt hinaus mag sie trüben.

Die Ellbögler streben nach Macht. Und man könnte sehen,

dass sie Gutes nicht teilen und vermehren möchten, sondern es für

sich und ihre Clans horten wollen. Dieser Eindruck darf uns nicht

lahmlegen. Er soll uns herausfordern: Jetzt erst recht ist die Zeit

für optimistische Zeichen des Vertrauens und Teilhabenlassens.

Die Einladung des Forum Würth kam genau

richtig. Brüggli war dazu willkommen,

sich im Rahmen einer Ausstellung

von Werken des Surrealisten Joan Miró zu

zeigen. Eine wunderbare Gelegenheit. Abteilungsübergreifend

ist eine Installation

entstanden, die von Brügglis Vielfalt erzählt (Seite 36). Wir haben

viel Interesse und Wertschätzung erlebt – eben: Gutes bringt Gutes.

Ruth Niederer, Mitarbeiterin in Brügglis Textilabteilung, hat in jüngeren

Jahren fast gelernt, vom Schlechten auszugehen: Mit ihrem

Handicap würde

sie nie als Näherin arbeiten

können, hiess es.

Jetzt erst recht: Ruth zeigt,

dass sie es kann (18).

Jetzt erst recht

ist die Zeit für

optimistische Zeichen.

Das Wissen um die eigenen

Stärken ist auch im Kompetenztraining

von Brüggli ein Thema

(24). Und wenn es darum geht, mit

all den Widersprüchen und Herausforderungen

des Lebens nicht allein zu sein,

kann das betreute Wohnen von Brüggli Gutes

bewirken (9).

Wie wär’s beim

Kochen?: Sandro

Hauser und Dragana

Vasic arbeiten

mit Brüggli

zusammen und

zelebrieren die Freude an hochwertigen Gewürzen

im Namen ihrer Oma, die dem Unternehmen ein

klares Profil gibt (38).

Gutes beginnt im Kleinen und Eigenen. Es keimt im Nährboden

von Vertrauen, Zuversicht und Anspruch. Möge auch dieses «Unterwegs»

von einer positiven Grundhaltung zeugen: Wir freuen

uns, wenn Sie Freude haben beim Anschauen.

Michael Haller

Leiter Kommunikation & Kultur

Mitglied der Geschäftsleitung


Fokus

Bis zum letzten Tropfen

Wasser ist das blaue Gold unserer Zeit –

kostbar, lebenswichtig und unverzichtbar.

Und trotzdem ist es nicht für alle verfügbar.

Wasser fliesst durch unser Blut und unsere Muskeln und

regelt die Energieversorgung im Gehirn. Das Wasser unterstützt

auch unsere Nieren bei der Entgiftung und reguliert

die Körpertemperatur sowie den

Blutdruck. Ausserdem versorgt es

unser Gewebe und die Haut mit Feuchtigkeit

und hilft, Krankheiten vorzubeugen

oder bestehende Beschwerden zu

lindern. Es ist fast überall in unserem

Körper zu finden – ein wahres Lebenselixier.

Nicht verwunderlich, dass der Mensch zu etwa 50 bis 65

Prozent aus Wasser besteht. Doch durch Schwitzen, Atmen oder

den Gang zur Toilette verlieren wir ständig Wasser. Darum müssen

wir genug trinken, um nicht zu dehydrieren. Ohne Wasser

überlebt der Mensch nur wenige Tage. Wassermangel kann unsere

Gesundheit beeinträchtigen. Zum Beispiel können die Nieren

die Abbauprodukte, wie etwa Harnstoff, nicht mehr richtig

ausscheiden, und die Muskeln und das Gehirn erhalten zu wenig

Sauerstoff und Nährstoffe. Kreislaufbeschwerden, Konzentrationsschwäche,

Kopfschmerzen, Verstopfungen und dunkler Urin sind

die Folgen. Wie viel Wasser brauchen wir täglich? Die Schweizerische

Gesellschaft für Ernährung empfiehlt gesunden Erwachsenen,

eineinhalb bis zwei Liter Wasser über den Tag verteilt zu

trinken. Im Hochsommer, bei körperlicher Arbeit oder beim Sport,

benötigen wir mehr Wasser. Auch wenn wir krank sind, ist unser

Wasserbedarf erhöht.

Täglich sterben 4500 Kinder,

weil sie dreckiges

Wasser trinken.

Der Mensch besteht

zu 50 bis 65 Prozent

aus Wasser.

Verunreinigtes Leitungswasser

Während hierzulande das Leitungswasser

von bester Qualität ist und bedenkenlos

getrunken werden kann, sollte man in

anderen Ländern davon lieber die Finger

lassen. Zum Beispiel in Grossbritannien, Russland, Asien, in weiten

Teilen Südamerikas und in Afrika sind immer noch veraltete

Leitungsrohre aus Blei im Einsatz sowie Kläranlagen, die Wasser

und Fäkalien nicht voneinander trennen können. Die Folge: Wasser,

das mit Typhus- und Cholerabakterien, Darmparasiten sowie

Hepatis-A-und-E-Viren verunreinigt ist. Das schadet unserer Gesundheit

und kann tödlich enden. Deswegen ist es besser, dieses

Wasser nicht direkt zu trinken, sondern zuerst neu aufzubereiten

und abzukochen. Eine Alternative: Wasser aus dem Supermarkt.

Das können sich jedoch nicht alle Menschen leisten. In

Afrika müssen viele Menschen – meist Frauen und Kinder – jeden

Tag mehrere Kilometer durch die staubig-heisse Wüste laufen,

um für ihre Familie Wasser zu holen. Das Wasser, oft sandig

und trüb, wird aus einem Flussbett geschöpft, das sie nicht

nur mit vielen anderen Menschen teilen,

sondern auch mit Tieren, wie Esel

oder Kühe, die ebenfalls durstig sind.

Das Wasserholen, das mehrere Stunden

in Anspruch nimmt, dominiert den

Alltag der Menschen und bestimmt ihr

Leben. Vor allem für die Jüngeren sind die Auswirkungen fatal.

Sie verpassen nicht nur ihre Kindheit und Jugend, sondern auch

die Chance auf Bildung.

Die Wasserquellen sind oft mit gefährlichen Bakterien und Parasiten

verseucht. Daran sterben jedes Jahr 3.5 Millionen Menschen.

Das sind täglich 4500 Kinder; 187 Kinder pro Stunde.

Doch ohne die tägliche, riskante Wanderung zum Wasserloch

würden sie verdursten. Hätten diese Menschen einen direkten

Zugang zu sauberem Trinkwasser könnten sie jederzeit trinken,

sich waschen und wären nicht mehr so oft krank. Sie hätten mehr

Chancen auf Bildung und es stünde ihnen genug Zeit und Wasser

zur Verfügung, um Obst und Gemüse anzubauen, um damit

Geld zu verdienen.

Das Geschäft mit Wasser

In vielen anderen Gegenden können sich

Menschen das Wasser nicht leisten, weil

es privatisiert ist. Das heisst, dass das

Wasserwerk nicht öffentlich vom Staat

finanziert wird, sondern von privaten

Unternehmen gekauft wurde. Diese haben

nur Interesse am Profit, weniger an der Erhaltung der Infrastruktur.

Darum sind viele Rohre kaputt oder veraltet. Das betrifft

nicht nur Trinkwasser, sondern auch Klär- und Sanitäranlagen.

So bleibt vielen Menschen nichts anderes übrig als verunreinigtes

Wasser zu trinken – an den Folgen sie womöglich sterben.

Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé macht allein mit Wasser sieben

Milliarden Euro Jahresumsatz und ist somit in Sachen Trinkwasser

der Weltmarktführer. In der französischen Stadt Vittel etwa, füllt

Nestlé jährlich eine Milliarde Liter Wasser ab. Der Grundwasserspiegel

sinkt dadurch jedes Jahr um etwa 30 Zentimeter. So ent-


unterwegs 0625 5

Illustration: Urs Otto

Mitarbeiter Unternehmenskommunikation

Viele Menschen können

sich das Wasser nicht leisten,

weil es privatisiert ist.


Fokus

stehen Dürreperioden und Trinkwasser fehlt, worunter die Bevölkerung

leidet. Nach langem Hin und Her war Nestlé dazu bereit,

die Wasserentnahme zu reduzieren. Das führte 2019 dazu, dass

die Firma 100 Arbeitsplätze strich. In den folgenden Jahren verloren

weitere 171 Menschen ihre Jobs.

Bedrohte Wasserversorgung

Seit 2010 gilt der Zugang zu sauberem Trinkwasser offiziell als

Menschenrecht. Dennoch bleibt Wasser auch weiterhin für Millionen

Menschen unerreichbar. Noch immer müssen viele Menschen

jeden Tag stundenlang laufen, um zu Wasserquellen zu gelangen,

wovon sie womöglich krank werden und sterben. Doch

verzichten sie darauf, müssen sie verdursten.

Eine allgemeingültige Lösung für die Wasserversorgung gibt

es derzeit nicht. Jedoch gibt es auch gute Nachrichten. In Österreich

etwa, ist die Privatisierung des öffentlichen Trinkwassers

per Verfassung verboten. In der Schweiz ist es privaten Firmen

erlaubt, sich an der Wasserversorgung zu beteiligen. Allerdings

dürfen sie keinen Gewinn machen. Die Kontrolle der Schweizer

Wasserwerke bleibt beim Staat. Es liegt nicht nur an der Politik

und an den Grossfirmen, etwas zu ändern, sondern auch an

uns. Wir alle müssen dafür sorgen, dass alle Menschen Zugang

zu Trinkwasser erhalten.

Katja Wohlwend

Mitarbeiterin Unternehmenskommunikation

Quellen:

unicef.de: Weltwassertag 2025: 10 Fakten über Wasser

forum-csr.net: Wasserbedingte Krankheiten führen jährlich

zu 3,5 Millionen Todesfällen

blick.ch: In diesen Ländern solltest du kein Hahnenwasser trinken

geo.de: Neun Tipps zum Wassersparen im Haushalt

praxistipps.focus.de: Trinkwasser-Privatisierung:

Was Sie darüber wissen sollten

eda.admin.ch: Jeder Mensch hat ein Recht auf Wasser

und Sanitärversorgung

Frankfurter Allgemeine Zeitung: In Österreich darf Wasser

nicht privatisiert werden

TAZ: Der Kampf um Zugang für alle

srf.ch: Wegen Nestle sitzt Vittel bald auf dem Trockenen

Watson.ch: Nestlé Waters streicht 171 Stellen an seinem Standort in Vittel

Schweizerische Gesellschaft für Ernährung: Regelmässig Wasser trinken

Tipps für

einen

besseren

Umgang

mit Wasser

Auf die Umwelt

achten

Kippen Sie keine Medikamente und

andere Giftstoffe in die Toilette. Das

kann in die Gewässer, Böden und das

Grundwasser gelangen und so zum

gesundheitlichen Risiko für

uns alle werden.

Gutes tun

Engagieren Sie sich in Hilfsorganisationen

oder spenden Sie, wenn Sie können.

Übernehmen sie Patenschaften für

Kinder und Jugendliche in der Dritten

Welt, damit sie Zugang zu

sauberem Trinkwasser erhalten.

Der Zugang zu

sauberem Wasser gilt

als Menschenrecht.


unterwegs 0625 7

Regenwasser

nutzen

Fangen Sie das Regenwasser in einer

Tonne auf, um damit zum Beispiel

Blumen im Garten zu giessen oder

das Auto zu waschen.

Sparsam sein

Drehen Sie beim Zähneputzen den

Wasserhahn zu, verwenden Sie wassersparende

Geräte und lassen Sie

tropfende Wasserhähne reparieren.

Duschen Sie öfter anstatt zu baden;

das kann bis zu 100 Liter

Wasser einsparen.

Wasser wiederverwenden

Wenn Sie etwa Obst in einem Behälter

waschen, müssen Sie das übriggebliebene

Wasser nicht wegschütten. Sie

können es verwenden, um damit die

Zimmerpflanzen zu giessen.

Bewusst

einkaufen

Kaufen Sie möglichst regional und

saisonal ein und vermeiden Sie es,

Getränke in Plastikflaschen zu

kaufen, da diese oft von Konzernen

stammen, die die Wasserprivatisierung

vorantreiben.


Fokus

Wie geht

Brüggli mit

Wasser um?

kwo. Brüggli bezieht das Wasser nicht nur von der

Trinkwasserversorgung Romanshorn, sondern auch

aus einem eigenen Wassertank, einem sogenannten

Retentionsbecken. Dort wird das Regenwasser aufgefangen

und für die WC-Spülung verwendet. Auch

bei der Klospülung selbst kann Wasser gespart werden,

wie Stephan Graf, Leiter Unterhalt & Technik,

erklärt: «An der Klospülung gibt es zwei Tasten: eine

für die kleine und eine für die grosse Spülmenge. So

wird nur so viel Wasser gebraucht, wie auch tatsächlich

benötigt wird». Ausserdem sind Strahlenregler an den

Wasserhähnen installiert worden. Diese bewirken, dass

der Wasserstrahl mit wenig Druck fliest und somit weniger

Durchfluss erlaubt. Auf diese Weise kann Brüggli

viele Liter Wasser pro Jahr einsparen.

Aber auch die Mitarbeitenden können etwas dazu beitragen

und auf ihren Wasserverbrauch bei Brüggli achten:

«Beim Duschen oder Händewaschen etwa,

sollte das Wasser während des Einseifens

abgestellt werden. Des Weiteren

kann Wasser gespart werden,

indem Waschmaschinen

und Geschirrspülmaschinen

nur vollbeladen in

Gang gesetzt werden»,

sagt Stephan Graf.

Brügglis Gastonomie Usblick

stellt kostenlos Trinkwasser für

alle Gäste zur Verfügung.


unterwegs 0625 9

Wohnen

«Eine gute Vorbereitung

auf das Leben»

Brüggli begleitet junge Menschen über die Arbeit hinaus – und ist somit

viel mehr als nur eine Lehr- und Arbeitsstelle. Wie ist es, bei Brüggli zu

wohnen und in Brügglis Wohnbereich zu arbeiten?

Brügglis Wohn- und Freizeitangebot ist für Menschen

bestimmt, die bei Brüggli eine Ausbildung,

eine Schnupperlehre oder eine Abklärung absolvieren.

Zwei Wohnformen werden angeboten: Der Campus+

ist nur wenige Schritte von Brüggli entfernt. Dort

stehen 50 Wohnplätze zur Verfügung für Jugendliche, denen eine

engere Begleitung guttut. Weitere Wohnplätze sind im Externat zu

finden. In kleineren Wohngruppen in Romanshorn und Salmsach

wohnen zwei bis drei Personen zusammen. Es gibt auch Einzelwohnungen.

Dort sind vor allem junge Erwachsene daheim, die

über ausreichend Wohnkompetenzen verfügen. Unterstützung

erhalten sie von Fachpersonen. Sei es ihm Haushalt, in der Budgetplanung

oder in Beziehungsfragen – Brüggli bietet eine individuelle

Unterstützung, so wenig wie möglich, so viel wie nötig.

Um den Bewohnerinnen und Bewohnern zusätzliche Unterstützung

zu bieten, arbeitet Brüggli eng mit externen Therapeuten,

Organisationen und Angehörigen zusammen. Doch warum braucht

es dieses Wohnangebot? Es ist notwendig, um die Lebensqualität

der Klientinnen und Klienten, die häufig aus schwierigen und

unsicheren Wohn- und Familienverhältnissen stammen, zu verbessern.

Oder aber ihr Arbeitsweg ist einfach sehr lang. Mit Brügglis

Wohn- und Freizeitangebot sind sie näher an ihrem Arbeitsplatz,

wohnen in einem stabilen Umfeld und können sich voll und

ganz auf ihre Arbeit und die Ausbildung bei Brüggli konzentrieren.

Das kann das Selbstbewusstsein der jungen Menschen fördern

und dabei helfen, ihr Leben in die richtigen Bahnen zu lenken.

Katja Wohlwend

Mitarbeiterin Unternehmenskommunikation

Das begleitete Wohnen

ist ein gefragtes

Angebot von Brüggli.


Wohnen

«Immer gern dabei»

Esteban Venturello

Lernender Informatiker EFZ

Ich lebte schon zuvor in einer betreuten

Wohngemeinschaft. Das

WG-Leben und Die WG-Sitzungen

im Campus waren für mich

nichts Neues mehr. Daher fiel es mir

leicht, mich einzuleben. Im Campus

kann ich aber viel unabhängiger sein.

Zum Beispiel muss ich mich nicht jeden

Tag mit meinen Betreuern treffen, sondern

nur ein- bis zweimal pro Woche. Zudem

kann ich mein Essen selbst einkaufen. Das

selbständige Aufstehen am Morgen war zu

Beginn meine grösste Sorge. Ich war erleichtert,

als ich erfuhr, dass es im Campus

einen Weckdienst gibt. Mittlerweile klappt

das Aufstehen ohne Hilfe.

Bei den Freizeitaktivitäten im Campus bin

ich immer gern dabei. Zum Beispiel fand

vor einiger Zeit ein Workshop zum Thema

Steuererklärungen statt. Das war interessant

– und gar nicht trocken. Zudem war

die Polizei im Campus zu Besuch, um uns

über Gewalt und Drogen aufzuklären. Ich

war neugierig und habe sehr gern daran

teilgenommen. Ich finde solche Veranstaltungen

unheimlich wichtig. Am meisten

Freude bereiten mir aber die Spieleabende.

Dann stehen bei mir und meinem Zimmernachbarn

viele Kartenspiele auf dem Programm.

Das macht uns so viel Spass, dass

die Zeit wie im Flug vergeht.

«Psychosoziale Betreuung

in der ‹eigenen› Wohnung»

Das Wohnangebot im sogenannten Externat

umfasst derzeit 26 Wohnungen im

Raum Romanshorn, die wir volljährigen

KlientInnen und Klienten zur Verfügung

stellen. Eine wichtige Voraussetzung für

das Leben in der ‹eigenen› Wohnung ist,

dass die jungen Erwachsenen eine gewisse

Selbständigkeit vorweisen und sie sich auf

die Zusammenarbeit mit dem Wohnteam

einlassen, vor allem wenn es im Leben

mal nicht so rund läuft. Denn Stressoren

in Schule und Ausbildung, aber vor allem

auch im privaten Kontext führen immer

wieder dazu, dass Klienten aus der Bahn

geworfen werden und dies professionell

aufgefangen werden will.

Gerade in diesen Momenten zeigt sich wie

wichtig der Aufbau von tragfähigen Beziehungen

ist, um die jungen Menschen bei

ihren Anliegen und Problemen adäquat

unterstützen zu können. Dies geschieht

zum einen durch eine enge Verzahnung

mit dem Arbeitsbereich und den Psychotherapeuten,

zum anderen durch eine individuell

angepasste psychosoziale Betreuung

der Klienten, die im Rahmen der

Bezugspersonengespräche

stattfindet.

Die Häufigkeit

dieser Gespräche

hängt davon ab,

wie gross der aktuelle

Unterstützungsbedarf

jeweils ist.

Da das Wohnteam auch für

die Sicherstellung eines Mindestmasses

an Ordnung und Hygiene

in den Wohnungen verantwortlich ist und

dieser Kontrollauftrag nicht bei allen Klientinnen

und Klienten gut ankommt, informiert

das Wohnteam regelmässig über

deren Arbeitsauftrag. Damit kann erfahrungsgemäss

eine bessere Akzeptanz geschaffen

werden, was sich wiederum positiv

auf die Beziehungsarbeit auswirkt.

Durch diese enge Alltagsbegleitung und

einer Begegnung auf Augenhöhe können

Probleme abgefedert und damit eine

Grundlage geschaffen werden, um kleinere

oder auch grössere persönliche Entwicklungsschritte

zu ermöglichen.

Armin Schmieder

Teamleiter Wohnen Externat


Katharina Nef

Bereichsleiterin Wohnen

Das Miteinander hat Platz im betreuten

Wohnen von Brüggli. Die Geselligkeit

gehört genauso dazu wie die Ruhe.

unterwegs 0625 11

«Aufblühen

und reifen»

Die Wohnbetreuer im Campus und im Externat

haben alle die gleiche Aufgabe: die

Klienten unterstützen und begleiten. Sei

es in der Selbstfürsorge, im Haushalt oder

in der Budgetplanung – wir helfen überall

dort, wo es der Klient wünscht und braucht.

Einige Klienten brauchen mehr, andere weniger

Hilfe. Beim Einzug findet ein Vorstellungsgespräch

statt. Da wird geklärt, was

die Klienten brauchen, welche Erwartungen

sie an uns haben und wobei sie Hilfe

benötigen. So können wir sie individuell

unterstützen, beraten und begleiten.

Jeder Klient hat seinen eigenen Rückzugsort.

Privatsphäre ist überaus wichtig. Doch

niemand muss alleine sein. Denn es finden

regelmässig gemeinsame Unternehmungen

und Veranstaltungen statt, bei denen alle

teilnehmen dürfen. So sind sie aktiv, können

sich gegenseitig besser kennenlernen

und Freundschaften schliessen.

Es gibt Menschen, die sind ganz verschlossen

und zurückgezogen, wenn sie in den

Campus einziehen. Doch dann blühen sie

langsam auf, werden allmählich selbständiger,

machen bei Freizeitaktivitäten gut

mit und finden Freunde. Es ist so schön,

den Reifeprozess der jungen Menschen

miterleben zu können und zu sehen, wie

sie sich weiterentwickeln und positiv verändern.

Hierbei darf aber nichts erzwungen

werden. Wenn jemand offensichtlich

Hilfe braucht, das aber nicht einsieht und

nicht bereit ist, unsere Unterstützung anzunehmen,

dann müssen wir das akzeptieren.

Wir versuchen es aber immer wieder

zu thematisieren und unsere Unterstützung

anzubieten.


Wohnen

Noemi Ulrich

IM-Training

«Freundschaften

schliessen»

Ich wohne seit August 2024 im Campus. In

meinem Leben hat sich seither viel verändert.

Ich durfte tolle Freundschaften schliessen.

Zudem habe ich viel Neues gelernt,

zum Beispiel wie man einen Haushalt führt.

Vor allem am Anfang war das für mich eine

grosse Herausforderung. Doch ich habe viel

Unterstützung erhalten. Meine Bezugsperson,

Frau Knab-Topka, gab mir nützliche

Tipps und Tricks. Zum Beispiel hat sie

mir gezeigt, wie man Wäsche richtig sortiert

und wäscht. Auch sonst werden die

Bewohnerinnen und Bewohner sehr unterstützt.

Es gibt zum Beispiel Weckdienste

oder die Möglichkeit, Lern- und Zeitpläne

gemeinsam mit den Betreuern zu erstellen.

Einmal pro Woche findet eine grosse

Sitzung statt, bei der wir mit unseren Betreuern

zum Beispiel über die Alltagsgestaltung

oder persönliche Anliegen sprechen

können. Die Betreuer sind sehr freundlich

und hilfsbereit. Man merkt sofort, dass sie

ihren Beruf sehr mögen. Wenn ich Feierabend

habe, verbringe ich viel Zeit mit

meinen Freunden im Campus. Gemeinsam

trinken wir Tee, veranstalten Karaoke- und

Spieleabende oder beschäftigen uns kreativ.

Ich zeichne sehr gern und hin und wieder

spiele ich im Musikatelier Klavier. Ich

finde die vielfältige Freizeitgestaltung, die

der Campus zu bieten hat, toll. Hier fühle

ich mich wohl und jederzeit willkommen.

Begegnungen und Kontakte weit über die

Arbeit hinaus: Im betreuten Wohnen von Brüggli

haben junge Leute viele Möglichkeiten.

Bilder: Fotostudio


unterwegs 0625 13

«Im Grossen und Ganzen gut»

Zu Beginn meiner Ausbildung wohnte ich

im Campus. Vor eineinhalb Jahren zog ich

ins Externat um. Seither wohne ich in einer

Zweier-WG in Romanshorn. Mein Mitbewohner

und ich sind sehr unterschiedliche

Charaktere und nicht immer einer

Meinung. Vor allem am Anfang war das für

mich nicht einfach. Aber so ist das WG-Leben

nun einmal – es kann nicht immer alles

rund laufen. Im Grossen und Ganzen

verstehen wir uns aber gut. Das finde ich

das Wichtigste.

Das Verhältnis zu meinen Betreuern ist sehr

gut. Wenn ich Hilfe brauche oder Fragen

habe, kann ich mich jederzeit

an sie wenden. Nach der Arbeit

erledige ich meistens den

Haushalt. Zudem muss ich viel

für die Schule lernen und Hausaufgaben

erledigen. Ansonsten

treffe ich mich mit Freuden oder

spiele Gitarre im Musikatelier. Am

Wochenende bleibe ich entweder in

Romanshorn oder ich fahre nach Hause,

um meine Familie zu besuchen. Ich habe

inzwischen eine Routine entwickeln können,

die mir gefällt. Ich lerne ständig Neues

und entwickle mich weiter – das ist ein

echtes Geschenk.

Silvan Kessler

Polymechaniker EFZ

«Keine Stubenhocker»

Gundula Mahler

Teamleiterin Wohnen Campus

Notiert:

kwo, mha

Unser Ziel ist, Klienten

bestmöglich in ihrer

Entwicklung und

Wohnkompetenzen zu

fördern und zu begleiten,

dass sie in der Lage

sind einen eigenen Haushalt

zu führen. Die Beziehung

zu den Klienten und eine

gewisse Vertrauensbasis zu schaffen,

sind das A und O in unserer Arbeit.

Wie es den Menschen geht, sieht man oft

daran, wie ihre eigenen vier Wände aussehen.

Sind sie unordentlich, kann es gut

sein, dass es den Bewohnern schlecht geht.

Wenn sich die Menschen im Campus weiterentwickeln

und positiv verändern, dann

werden sie meist auch ordentlicher und

umgänglicher. Diese positiven Veränderungen

bemerken nicht nur wir, sondern

auch ihr ganzes Umfeld.

Wenn es in der beruflichen Massnahme gut

läuft und eine gewissen Eigenverantwortung

in Bezug auf Pünktlichkeit und Verbindlichkeit

vorliegt, folgt die Überlegung

ins Externat umzuziehen. Dies kann jedoch

unterschiedlich lange dauern. Es gibt einige

Klienten, die gerne im Campus bleiben

und nicht wechseln wollen. Ich freue

mich über die jungen Menschen, habe grosses

Interesse an ihren Lebenswegen, Hobbies,

Ideen und Zielen, die sie mitbringen.

Für sie da zu sein, finde ich einfach toll.

Wir bieten viele freiwillige Freizeitaktivitäten

an. Zum Beispiel Brettspielabende,

gemeinsames Grillen und Musizieren, Spaziergänge

oder kreatives Gestalten. Auch

Kurse, etwa zum Thema Steuern und Finanzen,

werden hin und wieder durchgeführt.

Das soll die Gemeinschaft fördern. Wir wollen

nicht, dass unsere Klienten zu Stubenhockern

werden und sich nur in ihren Zimmern

aufhalten. Wir wünschen uns, dass

sie aktiv sind und soziale Kontakte pflegen.

Klar, wir nehmen auch hier Rücksicht auf

jeden Klienten, dessen Meinung und seine

Bedürfnisse und wollen niemanden in etwas

hineinzwängen. Brüggli Wohnen ist

eine Gemeinschaft, die lebt, die mal turbulent,

mal herausfordernd sein kann. So

wird es mir nie langweilig.


Fokus

Ein Universum voller Ideen –

im Kopf eines jeden Menschen.

Bilder: Generiert von Daniel Fiorenza,

Mitarbeiter Unternehmenskommunikation,

mit Midjourney.

Nachrichten aus

dem Unterbewusstsein

Jeder kennt es, jeder tut es: träumen. Wir träumen vom Fallen,

geraten in peinliche Situationen oder verlieren plötzlich unsere Zähne.

Was passiert, wenn wir träumen, und warum träumen wir?

Wenn wir schlafen, durchlaufen wir mehrere Stadien: von

der Einschlafphase über den leichten Schlaf und den Tiefschlaf

bis hin zum REM-Schlaf. In all diesen Stadien können

Träume vorkommen. Besonders häufig und lebendig

sind sie im REM-Schlaf. REM ist die Abkürzung für Rapid Eye

Movement. Auf Deutsch: rasche Augenbewegung. In dieser tiefen

Schlaf-Phase bewegen sich die geschlossenen Augen hin und her

und das Hirn ist sehr aktiv. Besonders wichtig für den Inhalt unserer

Träume ist die Grosshirnrinde. Sie erschafft wahrscheinlich alles,

was uns im Traum begegnet – seien es Fabelwesen oder altbekannte

Freunde. Auch die Bereiche des Cortex, die für die Motorik

zuständig sind, sind beim Träumen aktiv. Denn wenn wir träumen,

sind wir ständig in Bewegung: Wir rennen, fliegen, schwimmen

oder kämpfen.

Warum träumen wir?

Der österreichische Arzt und Neurophysiologe

Sigmund Freud betrachtete Träume

als Botschafter unterdrückter Wünsche und

Triebe unseres Bewusstseins. Freuds Theorie

gilt heute als umstritten. Forschende gehen inzwischen davon

aus, dass Träume dazu da sind, um Eindrücke und Emotionen

zu verarbeiten, die uns tagsüber beschäftigen. Wir träumen wahrscheinlich,

um Gefühle zu ordnen und Informationen zu verknüpfen.

Häufig können wir uns an unsere Träume in der Nacht kaum

erinnern. Und wenn doch, dann vergessen wir immer mehr davon,

je länger der Traum her ist. Manchmal sind wir uns nicht einmal

sicher, ob wir überhaupt geträumt haben. Doch das tun wir.

Jede Nacht. Die Bahnen, die Informationen an den Hippocampus

– das Gedächtniszentrum im Gehirn – weiterleiten, sind im Schlaf

nahezu inaktiv. Darum können wir uns maximal an etwa ein bis

zwei Minuten Traumsequenz erinnern. Pro Nacht träumen wir aber

bis zu vier Stunden. Neurologen glauben, dass das Vergessen von

Träumen ein Schutzmechanismus ist. Würden wir uns im wachen

Etwa zwölf Prozent aller

Menschen träumen in

Schwarzweiss.

Zustand genauso gut an Träume erinnern wie an reale Ereignisse,

könnte uns das womöglich verwirren und wir würden Traum und

Realität vermischen. Das könnte ernsthafte Probleme, wie etwa

eine Psychose, zur Folge haben.

Nicht alle Wissenschaftler sind der Ansicht, dass Träume eine tiefere

Bedeutung haben und Sinn ergeben müssen. Der Neurowissenschaftler

Allan Hobson etwa, argumentiert, dass Träume lediglich

das Ergebnis zufälliger neurologischer Aktivitäten im Gehirn sind,

während es sich im Schlaf regeneriert. Somit erfüllen Träume gar

keinen Zweck und sind lediglich ein Nebenprodukt der Gehirnfunktion

im Schlaf. Nichtsdestotrotz glaubt auch er, dass unsere Träume

einen starken Bezug zum Wachzustand haben und dass sie nicht

zufällig entstehen. Der deutsche Schriftsteller

Hermann Hesse schrieb im Roman

«Demian» (1919) passend dazu: «Niemand

träumt, was ihn nichts angeht».

Träume ohne Bilder

Nicht alle Menschen erleben ihre

Träume in Farbe. Etwa zwölf Prozent aller Menschen träumen in

Schwarzweiss. Das hat vor allem mit dem Alter zu tun. Wer mit einem

Schwarzweiss-Fernseher aufgewachsen ist, träumt eher in

Schwarzweiss. Wer aber schon als Kind einen Farbfernseher zur

Verfügung hatte, träumt fast ausschliesslich farbig. Menschen, die

blind geboren wurden, erleben Träume nicht in Bildern, sondern

mit Hilfe ihres Tastsinns, Hörsinns und Geruchssinns. Menschen,

die ihr Augenlicht erst im Erwachsenenalter verloren haben, erleben

während der ersten Jahre der Blindheit noch visuelle Bilder

im Traum. Je länger die Blindheit dauert, umso mehr gehen

die Traumbilder verloren und werden zunehmend durch akustische

Eindrücke ersetzt. Bei Menschen, die sehen können, kommen

akustische Wahrnehmungen im Traum nur wenig ausgeprägt

oder überhaupt nicht vor.

Ist das Vergessen

von Träumen ein

Schutzmechanismus?


unterwegs 0625 15

Träume deuten

Träume faszinieren die Menschen seit jeher und spielen in

verschiedenen Kulturen und Religionen eine besondere, spirituelle

Rolle. Schon immer versuchten Menschen deren Botschaften

zu verstehen.

In der griechischen Mythologie etwa galt das Träumen als eine

Art übernatürliche Kommunikation oder ein Mittel göttlicher Intervention,

bei dem die enthaltene Botschaft

von Menschen mit bestimmten

Kräften entschlüsselt werden konnte.

In der indischen Philosophie hingegen

gibt es die Vorstellung, dass die

Seele im Schlaf den Körper verlässt

und für sich selbst Orte und Abenteuer erschafft. Es wird davor

gewarnt, eine schlafende Person plötzlich zu wecken, aus

Angst davor, dass die Seele nicht rechtzeitig in den Körper zurückkehren

könnte.

Eine tiefe Bedeutung –

oder Nebenprodukt unserer

Gehirnaktivität?

In der nordischen Mythologie wurden Träume ebenso sehr ernst

genommen. Dort wurde fest daran geglaubt, dass Träume die

Zukunft voraussagen und sie vom Schicksal gelenkt werden.

Träume waren auch ein Mittel, um Kontakt zwischen lebenden

Menschen und übernatürlichen Wesen wie etwa Elfen, Geistern

und Göttern herzustellen. Diese Wesen hatten oft eine

wichtige Nachricht oder einen Ratschlag für die Träumenden.

Noch heute sind wir von Träumen fasziniert

und wir fragen uns, was sie über

uns aussagen. Auch wenn sich unsere

Vorstellungen im Laufe der Zeit geändert

haben und wir inzwischen viel

mehr über die Welt wissen, funktionieren

Traumdeutungen ähnlich wie

vor Urzeiten. Heutzutage nimmt man an, dass bestimmte Symbole

oder Situationen in Träumen innere Konflikte oder ungelöste

Probleme widerspiegeln. So könnten sie Hinweise darauf

geben, was uns im echten Leben beschäftigt. Beispiele:


Fokus

Fallen:

Ein Traum vom Fallen kann als Mahnung

interpretiert werden: Auch in

bekannten und vertrauten Situationen

sollte man aufmerksam bleiben

und das Ziel nicht aus den Augen

verlieren. Das Fallen im Traum

kann auch für Veränderungen im

eigenen Leben oder mangelndes

Selbstvertrauen oder Selbstbewusstsein

stehen.

Tod:

Träumt man vom eigenen Tod, kann

das Veränderungen, Wandel und

einen Neuanfang bedeuten. Zum

Beispiel das Ende eines Lebensabschnitts,

einer Beziehung oder eines

Anstellungsverhältnisses. Der

Tod einer nahestehenden Person

im Traum kann bedeuten, dass

sich diese Person von einem entfernt

hat oder dass man sich auseinandergelebt

hat.

Zähne:

Gesunde Zähne stehen für Stärke und Vitalität.

Unterdrückte Sorgen, Unsicherheiten

bezüglich des eigenen Erscheinungsbildes,

fehlende Anerkennung oder ein tatsächlicher Verlust

zeigen sich im Traum durch das Symbol ausfallender

Zähne.

Tür:

Eine offene oder sich öffnende Tür

bedeutet oft neue Erfahrungen, die

freudig begrüsst werden. Verschlossene

oder gar zugemauerte Türen bedeuten,

dass die Zeit noch nicht reif ist

und grosse Herausforderungen warten.

Wenn sich eine Tür oder ein Fenster

nicht öffnen lassen, könnte das auf

Einsamkeit hindeuten.

Verfolgung:

Ob wilde Tiere, gefährliche Monster oder gar der eigene Chef –

werden wir im Traum verfolgt, deutet das auf eine schwierige Entscheidung

im Privatleben hin. Auch eine Abgabefrist bei der Arbeit

oder in der Schule, die einem im Nacken sitzt, kann dazu führen,

dass wir später im Traum verfolgt werden.

Nacktheit:

Nacktheit im Traum hat etwas mit dem Selbstbild des Träumenden

zu tun. Der Träumende hat den Wunsch so gesehen zu werden,

wie er wirklich ist, oder er möchte seine eigene Verwundbarkeit

bewusst erleben. Auch die Angst vor Blossstellung kann

damit zum Vorschein kommen. Es weist auch auf sexuelle Bedürfnisse

hin, für die man sich schämt oder die man verdrängt hat.

Nackte Tatsachen im Traum können auch ganz praktische Auslöser

haben. Läuft man zum Beispiel nackt auf einem Bahnhof herum,

kann das vielleicht bedeuten, dass man noch einmal sein Urlaubsgepäck

überprüfen sollte.

Gefängnis:

Kommt der Träumende ins Gefängnis, sollte man sich auch im

Wachzustand auf Schwierigkeiten einstellen. Handschellen stehen

hierbei symbolisch für die Beschränkungen, die man durch

seine Lebensumstände erfährt. Unschuldig in den Knast zu kommen,

verweist auf Misstrauen im nahen Umfeld hin.

Spinne:

Die Spinne im Traum könnte auf Intrigen, Lügen oder Täuschungen

hindeuten, die einem bevorstehen oder mit denen man gerade

zu kämpfen hat. Eine Spinne im Netz hingegen könnte für die

eigene Kreativität stehen.

Prüfungen:

Wenn es sich um eine Prüfung handelt, steht dies in der Regel in

Verbindung mit Selbstkritik und dem Wunsch nach guten Leistungen.

Es kann sein, dass der Träumende es sich zur Gewohnheit gemacht

hat, seinen Wert immer wieder zu überprüfen, da er selbst

an seiner Leistungsfähigkeit zweifelt.

Die Traumdeutung ist aber kein Lexikon. Nicht jede verschlossene

Tür in einem Traum weist auf neue Herausforderungen hin. Traumdeutung

gelingt nur dann, wenn die eigenen Erfahrungen, die aktuellen

Lebensumstände, die Vergangenheit sowie Religion und

Kultur miteinbezogen werden.

Katja Wohlwend

Mitarbeiterin Unternehmenskommunikation

Quellen:

beobachter.ch: Was uns nachts durch den Kopf geht –

Jasmine Helbling

beobachter.ch: Viele Menschen haben kreative Träume –

Andrea Freiermuth

Hermann Hesse: Demian – 27.-36. Auflage – 7. Kapitel

schlaraffia.de: Können Blinde träumen?

derbund.ch: Aus welchem Material sind Träume?

zamnesia.com: Wie man ein Traumtagebuch führt – Luke Sumpter

snoozeproject.de/traumdeuter: Traumdeutung mit Traumsymbolen


unterwegs 0625 17

Brügglianer

10 Fragen an:

Jana Bötschi und Stephan Graf

An dieser Stelle lernen Sie jeweils zwei Brüggli-Leute etwas näher

kennen. Diesmal Jana Bötschi, Teamleiterin Agogik bei Brüggli Admedia,

und Stephan Graf, Leiter Unterhalt & Technik.

Ein Geruch, auf den Du sofort reagierst:

Jana: Lavendel und Bergamotte.

Stephan: Frisch geschnittenes Gras.

Eine Sportart, bei der Du gerne zusiehst:

Jana: Reitsport.

Stephan: Boxen.

Ein Gebäude oder Wahrzeichen,

das Du gerne von Deinem

Schlafzimmerfenster aus sehen

würdest:

Jana: Ich sehe den Bodensee von

meinem Schlafzimmerfenster

aus, da bin ich bereits überglücklich.

Stephan: Den Eiffelturm.

Wann warst Du zum letzten

Mal richtig glücklich?

Jana: Ziemlich jeden Tag erlebe

ich glückliche Momente;

beispielweise mit

der Familie, mit Freunden,

während der Arbeit

oder beim Spazieren in der

Natur.

Stephan: Nach dem letzten

Tauchgang.

Der Sänger, die Sängerin

oder die Band, die Du

momentan am häufigsten

hörst:

Jana: Feelgoodmusic wie von

Shaboozey.

Stephan: Bertrand Belin.

Welchen Wunsch möchtest Du Dir unbedingt

erfüllen?

Jana: Eine Segelreise rund um Sardinien.

Stephan: Eine Tauch-Safari vor Cocos Island,

Costa Rica.

Wenn Du einen Tag die Welt regieren

könntest, was würdest Du dann

ändern?

Jana: Ungerechtigkeiten aus der Welt

schaffen und mich für die Umwelt

einsetzen, sodass ein harmonisches

Zusammenleben möglich ist.

Stephan: Trump und Musk in die

Wüste schicken.

Wenn Du einen eigenen Fernsehsender

hättest, was würde

darauf laufen?

Jana: Komödien, um den Menschen

ein Lächeln auf das Gesicht

zu zaubern.

Stephan: Stan Laurel & Oliver Hardy.

Was ist das beste Gerücht, das Du

über Dich gehört hast?

Jana: Dass ich fliessend Italienisch

sprechen kann – stimmt gar nicht.

Stephan: Ich sei immer so ernst.

Beschreibe Dich in drei Worten:

Jana: Humorvoll, emphatisch, zuverlässig.

Stephan: Offen, zuverlässig, hartnäckig.

Notiert: mha

Bild: Markus Frietsch


Was gut tut

Einst undenkbar:

Ruth arbeitet an der Nähmaschine.

Bilder: Frosan von Gunten

«Hier zählt nur,

wer ich bin –

nicht, was mir fehlt.»


unterwegs 0625 19

«Das kannst du nicht.» Diesen Satz hörte Ruth oft

in ihrem Leben. Doch sie gab nie auf und zeigte allen,

was möglich ist, wenn man an sich glaubt.

Ruth Niederer wird niemals gehen können. Da waren sich die Ärzte

einig. Ruth kam mit einer Lähmung der halben Körperhälfte auf

die Welt. Mit Bewegungstherapie und unerschütterlichem Willen

schaffte Ruth, was viele für unmöglich hielten: Sie lernte gehen.

Ihre Hand jedoch blieb vollständig gelähmt.

Was es heisst, anders zu sein, wurde Ruth

in der Schulzeit schmerzlich bewusst. «Ich

wurde in der Schule oft ausgelacht, verspottet

und abgestempelt», erinnert sie

sich. Auch von ihren Lehrern wurde sie

ausgebremst. «Das kannst du nicht», hiess

es immer wieder. Doch Ruth liess sich nicht

beirren. Handarbeit war ihr Lieblingsschulfach. Ruth lernte schnell,

war kreativ und konnte trotz der Einschränkungen geschickt mit

Nadel und Faden umgehen. «Ich war immer die Schnellste und

musste ständig auf alle anderen warten, weil ich mit den Aufgaben

vor allen anderen schon fertig war», sagt sie. Nicht nur in der

Schule, sondern auch in der Freizeit liebte es Ruth, kreativ zu sein.

Besonders viel Freude bereitete ihr das Stricken. Bis heute ist das

ihr liebstes Hobby. «Wenn ich mit grossen Nadeln stricke, nehme

ich eine Stricknadel in eine Hand und klemme die zweite Stricknadel

unter meinen Arm», erklärt sie, «so stricke ich von rechts

nach links. Das klappt ganz gut.» Kleinere Stricknadeln wiederum

befestigt sie an ihre Manschette, die sie trägt, um ihrer gelähmten

Hand mehr Halt und Stabilität geben zu können. «Ich weiss mir

eben zu helfen», sagt sie.

Als Näherin kann Ruth

seit 25 Jahren tun,

was sie liebt.

Wofür ihr Herz schlägt

Nach ihrer regulären Schulzeit blieb ihr eine Ausbildung im ersten

Arbeitsmarkt, etwa in einem Nähatelier, verwehrt. Dennoch entschloss

sich Ruth für eine Hauswirtschaftsschule. Doch

davon riet man ihr ab. «Niemand wollte glauben, dass

ich das schaffen könnte, obwohl ich schon damals

gut kochen konnte», erzählt sie. Wie so oft in

Ruths Leben wurde sie wieder klein gehalten,

ihre Talente übersehen und ihre Fähigkeiten nicht

ernst genommen. Bei der IV-Berufsberatung wurde ihr

vorgeschlagen, bei Brüggli zu arbeiten. «Mir wurde erzählt,

dass ich dort den ganzen Tag nur am Fliessband

sitzen würde, weil es wohl keine Arbeit gäbe, die ich mit meiner

halbseitigen Körperlähmung verrichten könnte», erinnert sich

Ruth. Der Gedanke an langweilige Fliessbandarbeit

machte ihr grosse Sorgen. So

hatte sie sich ihre Zukunft nicht vorgestellt.

Doch ihre Bedenken waren verflogen, als

sie die Möglichkeit erhielt, bei Brüggli

reinzuschnuppern, um die verschiedenen

Ausbildungsberufe, die hier angeboten

werden, näher kennenzulernen. Die Textilabteilung besuchte

Ruth zuerst. «Dort gefiel es mir so gut, dass mich die anderen Abteilungen

gar nicht mehr interessierten. Hier wollte ich unbedingt

bleiben und eine Lehre zur Näherin absolvieren», erzählt sie. Endlich

konnte Ruth zeigen, was in ihr steckt, und das tun, wofür ihr

Herz schlägt. Trotz ihrer guten Arbeitsleistung

während der Schnupperzeit

trauten die Behörden ihr eine

Ausbildung zur Näherin nicht

zu. Doch Ruth wollte nähen.

Produktion mit Sinn

Schliesslich konnte sie sich

durchsetzen – und schloss die

Lehre zur Näherin mit Bravour

ab. Bei der Stellensuche jedoch

hatte Ruth kein Glück. Stattdessen

begegneten ihr wieder nur

Vorurteile und Ablehnung. «Niemand

konnte sich vorstellen,

dass ich mit nur einer Hand arbeiten

kann – trotz abgeschlossener

Ausbildung», sagt sie. Doch

«Ich wurde

in der Schule

oft ausgelacht.»


Was gut tut

Ruth, hier mit Kollegin Monika Reber,

ist in Brügglis Textil-Team gut integriert.

als in Brügglis Textilabteilung eine Stelle frei wurde, schlug man

Ruth dafür vor. Dieses Angebot liess sie sich nicht entgehen – Sie

nahm den Job mit grosser Freude an. «Bei Brüggli zu arbeiten, bedeutet

mir sehr viel», sagt Ruth, «Hier werde ich wirklich als Mensch

wahrgenommen. Nicht nur als jemand mit einer Behinderung. Hier

zählt nur, wer ich bin – nicht, was mir fehlt.»

Mittlerweile arbeitet sie seit rund 25 Jahren als Näherin bei Brüggli.

Ihre Leidenschaft für das textile Gestalten ist bis heute ungebrochen.

«Die Arbeit im Textil ist keine stumpfe Tagesbeschäftigung,

sondern eine echte Produktion mit Sinn», sagt sie. Der Arbeitsalltag

von Ruth dreht sich hauptsächlich um Gurten-Systeme

und die Zurrgurte der Hundeboxen

von Brügglis Eigenmarke 4pets,

für die sie mit ihren Arbeitskolleginnen

und Arbeitskollegen zuständig ist. Auch

das Zuschneiden und Kontrollieren nach

Arbeitsanweisung gehört zu ihren Aufgaben.

Gemeinsam mit ihrem Team erledigt Ruth zudem verschiedene

Aufträge für Kunden von auswärts, wie etwa das Herstellen von Taschen

aus Sonnenstoren-Stoffen für eine renommierte Firma aus

der Schweiz. Auch an verschiedenen Prototypen wird in der Textilabteilung

oft gearbeitet. Diese Aufgaben schätzt Ruth ganz besonders:

«Dann kann ich herumtüfteln, Neues ausprobieren und eigene

Ideen einbringen. Das ist spannend und macht mir viel Spass.»

Wenn zwischen den Aufträgen noch Zeit bleibt, näht die 42-Jährige

sehr gern eigenes, wie etwa eine Arbeitsgürteltasche, die sie

stets bei sich trägt. Darin ist genug Platz für allerhand Nützliches,

Ruth arbeitet an den

4pets-Hundeboxen mit,

unter anderem.

wie etwa Schere, Stifte, Notizzettel oder Massband. Ruth freut sich

jeden Tag auf ihre Arbeit. Endlich hat sie einen Platz gefunden, bei

dem sie gebraucht und wertgeschätzt wird.

Unterstützung und Engagement

«Ruth findet immer eine Lösung, die für sie passt. Sie macht ihre

Arbeit, auch mit ihrer Einschränkung, sehr gut», sagt Teamleiterin

Annette Winkler. «Inzwischen kenne ich Ruth seit 13 Jahren.

Von Anfang an ist sie eine grosse Unterstützung und eine riesige

Bereicherung für das ganze Team.» So etwa kennt Ruth die anderen

Mitarbeitenden so gut, dass sie genau weiss, wie Projekte und

andere Aufträge umgesetzt werden müssen,

damit alle Mitarbeitenden ganz nach

ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten daran

mithelfen können. Ausserdem bringt

sie sehr viel Fachwissen und Leidenschaft

mit und wird daher oft um Rat gefragt.

Ruth hilft gern, wo sie kann und ist immer

bereit, Neues auszuprobieren. Dazu ergänzt Annette Winkler:

«Ihre Unterstützung und Engagement bedeuten mir und dem

Team viel. Ich danke ihr dafür und freue mich auf eine weiterhin

gute Zusammenarbeit.»

Katja Wohlwend

Mitarbeiterin Unternehmenskommunikation


unterwegs 0625 21

Nachgefragt

Wie sieht der perfekte

Sonntag für Dich aus?

Ein Brunch, ein Ausflug in die Berge oder ein

Buch oder Film auf dem Zuhause-Sofa: Der perfekte

Sonntag sieht für jeden anders aus.

Umfrage: Katja Wohlwend

Bilder: Fotostudio

Lisa Matzinger

Polygrafin EFZ

Ich liebe Sonntage. Sie sind wie

zum Faulenzen gemacht. An einem

perfekten Sonntag schlafe ich lange

aus und beschäftige mich kreativ. Ich

nähe oder bastle zum Beispiel. Und

wenn die Sonne scheint, gehe ich

eine Runde spazieren.

Pablo Dickerhof

Vorbereitungsjahr, Grafiker

An einem perfekten Sonntag kann ich

bis zur Mittagszeit ausschlafen.

Ich habe keine Verpflichtungen und

daher viel Zeit, um mich mit meinen

Freunden zu treffen, Filme und

Serien zu schauen oder Computerspiele

zu spielen.

Deborah Germann

Teamleiterin Empfang

Der perfekte Sonntag startet mit

einem leckeren Brunch. Danach unternehme

ich mit meiner Familie einen

schönen Ausflug. Wenn der Tag mit

der neusten Folge «Tatort Münster»

ausklingt, ist dies das Tüpfelchen

auf dem i.

Michael Riedener

Mitarbeiter Qualität & Service

Sonntags geniesse ich es, mit meiner

Mama essen zu gehen. Gern gehe ich

auch spazieren oder unternehme eine

Fahrradtour. Ansonsten bleibe ich zu

Hause, um zu entspannen.

Marco Signer

Teamleiter Mechanik

Der perfekte Sonntag beginnt mit

einem Cappuccino und einem reichhaltigen

Frühstück. Bei strahlend

blauem Himmel unternehme ich dann

eine Wanderung in der Natur. Das Grillieren

und gemütliche Beisammensein

dürfen an diesem Tag nicht fehlen.

Sinisa Zivkovic

Mitarbeiter Montage

Wenn ich pensioniert bin,

erlebe ich sicher viele perfekte Sonntage.

Dann schnappe ich mir mein

Schlauchboot, um über den Bodensee

zu schippern und zu angeln.

Dann habe ich meine Ruhe.

Elias Öztürk

Vorbereitungsjahr, Grafikerin

Ausschlafen und ein Spaziergang –

so schaut für mich der perfekte Sonntag

aus. Dazu gehört gute Musik,

am liebsten Rap oder Heavy Metal.

Leckeres Essen, Computerspiele und

viel Entspannung dürfen dabei

nicht fehlen.

Claudia Davatz

Mitarbeiterin Wäscherei

Der perfekte Sonntag besteht aus all

den Dingen, die mir Spass machen,

wie etwa Sport, Wellness und gutes

Essen. Am liebsten teile ich das mit

meiner Familie und guten Freunden.


Fokus

Durch Dick und Dünn

Daniela Pinggera und Jakob Wyss sorgen bei Brüggli gemeinsam

dafür, dass es ordentlich und sauber ist. Seit 24 Jahren sind sie

nicht nur beruflich, sondern auch privat unzertrennlich.

Seit fast 25 Jahren ist Jakob Wyss bei Brüggli angestellt. Er

kann es kaum erwarten, im nächsten Jahr dieses Jubiläum

mit seinen Kollegen und Vorgesetzten gebührend zu feiern.

Mit Stolz und Freude blickt er auf die vergangenen Jahre zurück.

Besonders gern erinnert er sich

an viele tolle Betriebsausflüge wie etwa

auf die Insel Mainau, in den Zoo in Zürich

oder in die Stadt Luzern. Auch an den

Bau der Gastronomie Usblick kann er sich

noch gut erinnern sowie an manch lustige

Momente im Berufsalltag. «Einmal

war die Decke kaputt. Es regnete hinein und wir mussten vorübergehend

mit Regenschirmen arbeiten», erzählt Jakob lachend.

Von Anfang an arbeitet er in der Abteilung Unterhalt & Technik.

Hierbei wird er stets von Daniela Pinggera unterstützt, die seit

An meisten schätzen sie

bei Brüggli die

sozialen Kontakte.

2008 bei Brüggli ist. Gemeinsam leeren sie täglich die Abfallcontainer.

Ausserdem sind sie für die Entsorgung von PET-Flaschen,

Karton und Papier verantwortlich. «Zu zweit geht die Arbeit einfach

viel besser», sagt Daniela. Die beiden sind seit vielen Jahren

ein eingespieltes Team. «Sie erledigen

ihre Aufgaben sehr pflichtbewusst.

Sie sind motiviert und fleissig und gehen

sehr fürsorglich miteinander um», sagt

Sandra Reichen, Bereichsleiterin Agogik

im Center Unterhalt & Technik.

Immer für einen Spass zu haben

Die Arbeit kann körperlich anstrengend sein. Doch das macht den

beiden nichts aus. «Die Bewegung tut uns gut. Und wenn es doch

einmal zu schweisstreibend wird, holen wir uns zusätzliche Un-

So sieht man sie ihm Brüggli-Alltag:

Daniela und Jakob sind unterwegs,

um Brüggli in Schuss zu halten.


unterwegs 0625 23

Daniela und Jakob sind

seit vielen Jahren ein

eingespieltes Team.

terstützung – oder wir gönnen uns einfach eine kleine Pause»,

sagt Daniela. An meisten schätzen Daniela und Jakob bei Brüggli

aber den Zusammenhalt untereinander und die sozialen Kontakte.

«Die beiden sind immer für einen Schwatz und Spass zu

haben», sagt Sandra Reichen.

Vertraute Zweisamkeit

Daniela und Jakob lernten sich nicht erst

bei Brüggli kennen, sondern schon viel

früher in einer anderen sozialen Institution

in Davos. Vor 24 Jahren funkte es

zwischen den beiden. Seitdem sind sie miteinander glücklich. Vor

einiger Zeit verlobten sie sich sogar und besiegelten so ihre Liebe.

In der Freizeit gehen sie gern am Bodensee spazieren oder unternehmen

Ausfahrten mit dem eigenen Auto. Auch Ausflüge und

Jakob ist im Samariterverein

und Daniela begeistert

sich für Eishockey.

Urlaube stehen hin und wieder auf dem Programm.

«Am liebsten gehen wir in Wellnesshotels»,

erzählt Jakob, «dort lassen wir uns massieren

und geniessen es zu baden.» Hin und wieder macht

aber jeder sein eigenes Ding. So

engagiert sich Jakob seit 25 Jahren

im Samariterverein. Daniela wiederum

kann sich für Eishockey begeistern und ist

ein grosser Fan des Hockeyclubs Davos.

Sowohl im Berufsleben als auch privat

freuen sich Daniela und Jakob auf viele weitere glückliche Jahre

zusammen. Hierbei ist ihnen die Gesundheit das Wichtigste – bis

zur Pensionierung und noch lange darüber hinaus.

Katja Wohlwend

Mitarbeiterin Unternehmenskommunikation

Bilder: Markus Frietsch

und Michael Haller


Agogik

«Kompetenz ist nicht laut –

sie wächst mit Bewusstsein»

Was gibt uns wirklich Halt im Leben? Im Kompetenztraining von

Brüggli geht es nicht um Bewertungen oder Vergleiche, sondern um das,

was in uns wächst, wenn wir uns selbst bewusst begegnen.

Was bedeutet es, die eigenen Stärken wirklich zu kennen?

Und wie lernt man das – jenseits von Noten, Regeln und

Erwartungen? In meiner eigenen Ausbildung habe ich oft

erlebt, wie schwer es sein kann,

Selbstvertrauen aufzubauen und nicht

den Fokus zu verlieren. Genau deshalb

hat mich das Konzept dieses Kurses sofort

angesprochen – weil es Raum schafft,

sich selbst neu zu entdecken, fernab von

Leistungsdruck.

Umso spannender war es für mich, mit einem der Kursleiter persönlich

über seine Erfahrungen, Werte und die Verbindung zwischen

Musik, Coaching und innerer Stärke zu sprechen.

Floriano Santoro ist Coach im Bildungsbereich bei Brüggli und unterrichtet

an der Berufsfachschule PrA. Parallel dazu arbeitet er an

einer Sekundarschule und als Musikproduzent in seinem eigenen

Tonstudio, wo er junge Künstlerinnen und Künstler begleitet, Studioarbeit

leistet und Musik mit Haltung produziert. Im Interview

erzählt er, wie beide Welten ineinandergreifen – und warum man

manchmal erst lernen muss, sich selbst zu hören.

Floriano, Du bist Coach, Pädagoge,

Musiker. Wenn dich jemand fragt, wer

Du bist: Was sagst Du?

Floriano Santoro: Ich sage meistens: Ich

bin jemand, der zuhört. Jemand, der versucht,

Menschen in ihrem eigenen Rhythmus

zu begegnen. Ob im Coaching oder in der Musik – es geht

immer darum, das Echte zu finden. Und manchmal auch das, was

lange überdeckt war.

Was hat dich dazu gebracht, ein eigenes Tonstudio aufzubauen?

Ich habe früh gemerkt, dass Musik für mich mehr ist als Unterhaltung.

Sie war Ausdruck, Zuflucht, auch Spiegel. Irgendwann

hatte ich das Bedürfnis, nicht nur selbst zu schaffen, sondern anderen

den Raum zu geben, ihre Stimme zu finden – im Studio,

auf der Bühne, im Leben. Das Tonstudio war mein Weg, das konkret

zu machen.

«Ich versuche den Menschen

in ihrem eigenen

Rhythmus zu begegnen.»

«Heute sehe ich, wie

wichtig es ist, Prozesse

reifen zu lassen.»

Und jetzt leitest Du bei Brüggli ein Kompetenztraining. Wie

passt das für dich zusammen?

Sehr gut sogar. Im Grunde ist beides Persönlichkeitsarbeit. In

der Musik geht es wie im Training darum,

Selbstbewusstsein und Ausdruckskraft zu

entwickeln. Ein Musiker muss seine eigene

Stimme finden und lernen, sich selbstbewusst

zu präsentieren. Das gilt auch für

den Berufsalltag. Ebenso die Kommunikation:

Musiker arbeiten ständig mit anderen

zusammen – da braucht es klare Kommunikation und konstruktives

Feedback. Diese Fähigkeiten sind überall wichtig. Und

schliesslich auch der Umgang mit Herausforderungen. In der Musik

wie im Leben geht es darum, Resilienz zu entwickeln und flexibel

zu bleiben.

Was erwartet die Teilnehmenden konkret im Kurs «Stärke

und kenne deine Kompetenzen»?

Ganz viel Praxis. Wir arbeiten in Gruppen, aber auch einzeln. Es

gibt theoretische und praktische Übungen, Reflexionen, und wir

passen die Inhalte an die konkreten Bedürfnisse der Lernenden an.

Themen wie Kommunikation, Konfliktlösung, Selbstmanagement

oder auch Stressbewältigung stehen dabei

im Fokus. Wichtig ist, dass es nicht nur um

Theorie geht, sondern darum, Dinge direkt

anzuwenden und zu spüren, dass man sicherer

und selbstbewusster wird.

Gibt es eine Kompetenz, die Du als besonders

wichtig empfindest?

Es gibt keine wichtigste Kompetenz – sie hängen alle zusammen.

Aber wenn ich eine hervorheben müsste, dann ist es die Selbstreflexion.

Wer sich selbst kennt, kann gezielt an seinen Stärken und

Schwächen arbeiten. Für viele sind aber auch Selbstsicherheit,

Selbstwertgefühl und Kommunikationsfähigkeit besonders zentral.

Diese Fähigkeiten helfen nicht nur im Berufsleben, sondern

geben auch im Alltag Stabilität und Orientierung.


unterwegs 0625 25

Als Coach bei Brüggli wie auch als Musiker hat Floriano

Santoro ein Gehör für die feinen Zwischentöne.

Bilder: Alizia Martinetti, lernende Fotomedienfachfrau

«In der Musik wie

im Leben geht es darum,

Resilienz zu entwickeln.»


Agogik

Das Kompetenztraining bei Brüggli ist ein Angebot

für junge Berufsleute, die ihre Stärken stärken möchten.

Floriano Santoro gibt ihnen den nötigen Raum.

Gibt es ein Beispiel aus deinem Kursalltag, das dir besonders

in Erinnerung geblieben ist?

Ja, es gibt viele solcher Momente. Besonders berührt es mich,

wenn ich sehe, wie kleine Veränderungen im Denken oder Verhalten

grosse Auswirkungen haben können.

Wenn jemand zum Beispiel zum ersten

Mal bewusst wahrnimmt: Ich kann

etwas. Ich werde gehört. Ich bin wichtig,

dann ist das ein starker Moment. Genau

dafür mache ich das.

Wie sieht eine typische Übung im Training

aus?

Das ist gar nicht so leicht zu beantworten,

weil wir die Übungen

stark an die Gruppe und die Einzelpersonen

anpassen. Es geht aber

immer darum, lebensnahe Situationen

zu reflektieren und Lösungen

zu erarbeiten. Zum Beispiel

Kommunikationsübungen, in denen

wir Rollenspiele machen, oder

Übungen zum Selbstmanagement,

bei denen die Lernenden ihre Aufgaben

strukturieren und priorisieren

lernen. Ziel ist es, dass jede Übung

im Alltag nutzbar ist.

«Geduld ist eine Stärke,

die ich mir

angeeignet habe.»

Welche deiner eigenen Stärken hast Du selbst erst spät erkannt?

Ich würde sagen: Geduld. Früher wollte ich immer, dass Dinge

sofort passieren und perfekt sind. Heute sehe ich, wie wichtig es

ist, Prozesse reifen zu lassen, zuzuhören

und dem Ganzen Zeit zu geben. Das gilt

für Musik genauso wie für die persönliche

Entwicklung.

Wenn deine innere Stärke ein Musikstil

wäre – welcher wäre es?

Vielleicht ein Stil, der Raum gibt für Zwischentöne und Improvisation.

Wo nicht nur der Lauteste gehört wird, sondern auch die

leisen Töne ihren Platz finden. Musik, die inspiriert und verbindet.

Danke, Floriano, für dieses Gespräch.

Was ich aus dem Gespräch mitgenommen habe: Echte Kompetenz

entsteht nicht aus Zahlen oder Zertifikaten – sondern aus

Ehrlichkeit, Selbstwahrnehmung und der Bereitschaft, hinzuschauen.

Floriano zeigt, dass man Menschen nicht «lehren» kann,

stark zu sein – aber man kann ihnen einen Raum geben, in dem

sie sich selbst entdecken dürfen. Und das ist vielleicht die kraftvollste

Form von Bildung.

Interview:

Daniel Fiorenza

Mitarbeiter Unternehmenskommunikation


unterwegs 0625 27

Fokus

Die Suche

nach mir

selbst

Kintsugi – die japanische Kunst, Zerbrochenes mit Gold zu heilen –

lehrt uns: Bruchstellen sollen nicht verborgen werden. Sie gehören

zur Geschichte. Es sind die Risse, die ein Gefäss einzigartig machen.


Fokus

So geht es auch mir. Mit diesem Text setze ich meine

Scherben neu zusammen – nicht, um sie zu verbergen,

sondern um sie sichtbar zu machen. Ich lege Gold in die

Risse. Ich ehre meine Narben. Ich schenke meinen Brüchen,

meinem Älterwerden, meinen Irrwegen Raum – nicht

als Makel, sondern als Zeugen eines gelebten

Lebens.

Was hier folgt, ist kein makelloser Bericht.

Es ist ein Mosaik aus Fragmenten: Herkunft,

Homosexualität, Masken, Schmerz,

späte Diagnosen – und das zögerliche

Erwachen in ein anderes Ich. Manchmal fehlen mir eigene Worte

für das, was war. Dann sprechen Lieder für mich. Musik war immer

mein Übersetzer, wenn mich die Welt nicht verstand – mein

stiller Wegweiser durch Nebel, Ohnmacht, Sehnsucht.

«I am a natural entertainer, aren’t we all? Holding pieces of

dying ember. I run a secret propaganda, aren’t we all hiding

pieces of broken anger? I’m just trying to remember who I

can call. Who can I call? Home. Calling you, calling you.»

– Utada Hikaru

Kapitel 1: Maskenjahre

Am Anfang war alles einfach. Ein stiller Junge mit grossen, dunkeln

Augen, ein Zeichenblock und erste Zeichnungen von Arielle.

«So ein schöner Junge», sagten die Erwachsenen. «So talentiert.

Malst du mir auch mal was?» Dann kam der Kindergarten – und

mit ihm die ersten Blicke, das erste «Warum bist du so?» Meine

Gefühle waren immer gross, aber plötzlich wurden sie falsch. Zu

laut. Zu weich. Zu viel.

«Born in a war of opposite attraction. It isn't, or is it a natural

conception? Torn by the arms in the opposite directions.

It isn't, or is it a Modernist reaction?»

– Utada Hikaru

Das war die Zeit, in der ich langsam begriff: So, wie ich bin, passe

ich nicht. Nicht nur wegen meiner Homosexualität – von ADS

wusste ich damals noch nichts. Ich wusste nur, dass ich anders

funktionierte. Früh verstand ich, dass ich

erst entschärfen musste, wer ich war,

bevor ich existieren durfte.

Ich wurde ein schüchternes Kind, das

in seiner eigenen Welt lebte. Mit drei

hielt ich meinen ersten Game Boy in

der Hand – und fand in digitalen Welten Sicherheit. Meine Mutter

drängte mich oft, rauszugehen. Aber draussen war ich fremd.

Musik wurde meine zweite Sprache. Besonders traurige Lieder

– sie gaben meinen Gefühlen Form, wenn mir selbst die Worte

fehlten. Mittlerweile weiss ich, dass diese Fluchten keine Schwächen

waren, sondern Schutz.

Rückblickend ergibt vieles plötzlich Sinn. Meine Faszination für

Skull Kid aus The Legend of Zelda: Majora’s Mask zum Beispiel

– ein verlassener, missverstandener Charakter, der aus Schmerz

eine Maske aufsetzt. Ich erkannte mich nicht im Helden, sondern

im Ausgestossenen. In jenen, die nie irgendwohin passten.

«Geh raus spielen wie die anderen Kinder», hiess es. Meine Mutter

verstand nicht, dass ich nicht nur «Verstecken» spiele, sondern

Mein ganzes Dasein

war ein Reflex –

kein freier Fluss.

Es war, als würde ich mit

kaputten Rädern weiter

Auto fahren.

auch meine Identität editieren muss. «Nur Mädchen spielen mit

Barbies.» Also versteckte ich meine. «Du spielst nur mit Mädchen.»

Also lud ich Jungs zu meinen Geburtstagen ein. «Schwuchtel.»

Also tat ich so, als hätte ich es nicht gehört. «Nach der Schule

verschlag ich dich …» Also rannte ich. Immer.

Ich wurde ein Meister der Tarnung. Sagte,

was man hören wollte. War, wen man

sehen wollte. Mein Standardsatz: «Mir

geht’s gut, danke. Und dir?» – wie eine

Rüstung aus Höflichkeit.

In der Schule wurde es nicht leichter. Mathematik war mein Feind

– ein Labyrinth ohne Ausweg. Meine Noten schwankten zwischen

knapp genügend und deutlich ungenügend. Und wieder kamen

die Sätze, die ich längst auswendig konnte: «Du musst dich einfach

mehr anstrengen. Sei nicht so faul. Du hättest so viel Potenzial.»

Ich glaubte ihnen. Und suchte den Fehler in mir. Ich

dachte, ich sei zu undiszipliniert. Zu chaotisch. Dabei trug ich

längst mehr, als man mir ansah.

Ich hatte Talente – besonders beim Zeichnen. Menschen waren

mein Fokus, mein Ventil, mein Spiegel. Aber gefördert wurde das

nie. Stattdessen hörte ich: «Jeder zweite Künstler in Paris kann

so zeichnen. Mach erst etwas Richtiges.»

Ich begann eine kaufmännische Lehre in der Reisebranche – ein

Kompromiss. Vernünftig, aber nicht meins. Parallel outete ich mich.

Das brachte Erleichterung – aber auch neue Unsicherheiten. Denn

selbst in der Freiheit hatte ich längst gelernt, mich zu zensieren.

Kapitel 2: Eskapismus als Überlebensstrategie

«You’re asking me my symptoms, doctor, I don't wanna feel.»

– Raye

Wenn die Welt zu laut wurde, zu chaotisch, zu viel – dann flüchtete

ich. Nicht weil ich feige war. Sondern weil ich keinen anderen

Weg kannte, mit dem Druck klarzukommen. Die Fluchten

sahen verschieden aus: Nächte vor der Konsole, endloses Scrollen,

exzessive Partys, wechselnde Affären, Essanfälle. Alles, was

kurz betäubt – und später leer macht.

Ich war süchtig nach Reizen. Nach Dopamin.

Nach Momenten, die wie Feuerwerk

aufflackerten – kurz, grell, betäubend

– und danach Dunkelheit und

Leere hinterliessen.

Mein ganzes Dasein war ein Reflex – kein freier Fluss. Ich wusste

gar nicht, dass es auch anders gehen könnte. Damals hatte ich

keine Worte für das, was in mir vorging. Ich wusste nur: Mein Inneres

steht ständig unter Strom. Ich bin rastlos, leer, überreizt –

alles zugleich. Heute erkenne ich, dass ADS seinen Anteil hatte.

Aber damals war es nur ein unsichtbares Rauschen – ein unbenennbares

«Anderssein».

Ich sprang von Hoch zu Tief, von Euphorie zu Absturz. Ein ständiges

inneres Pendel – immer auf der Suche nach dem nächsten

Kick. Hauptsache, nicht stillstehen. Denn sobald es still wurde,

kam das, was ich am meisten fürchtete: Ich selbst.


unterwegs 0625 29

Wer und was verbirgt sich hinter

der Maske – und wer kann

und möchte das sehen?

Illustrationen: Urs Otto

Mitarbeiter Unternehmenskommunikation

«The devil works hard, like my liver.» – Raye

Ob Social Media, Gaming, Shopping, Essen oder Sex – alles wurde

zum Mittel, das Nervensystem irgendwie zu regulieren. Aber was

ich wirklich suchte, war Ruhe. Halt. Ein Zuhause in mir. Und so

wurde ich zum Profi im Davonlaufen – ohne Ziel, ohne Pause. Ich

wusste nur: Wenn es still wird, tut es weh. Und ich hatte nie gelernt,

dass man Schmerz auch halten darf – ohne ihn zu betäuben.

Kapitel 3: Diagnosen & Verwechslungen

«Doctor, doctor, have mercy on me, take this pain away.» –

Raye

Mit 25 begann mein Körper zu sprechen. Oder besser gesagt: zu

schreien. Ich hatte quälende Schmerzen, ständigen Harndrang –

aber keine Diagnose. Was ich bekam, waren Vermutungen, Andeutungen,

Projektionen. Ein Arzt sprach von einer unheilbaren

Geschlechtskrankheit – ohne Beweise. Es war wie ein Stempel:

stigmatisierend, beschämend, falsch. Zwei Jahre lang irrte ich

durch Wartezimmer, fühlte mich unverstanden, nicht ernst genommen.

Bis endlich ein Urologe zuhörte. Diagnostizierte: chronische

Prostatitis. Eine seltene, schmerzhafte Erkrankung – besonders

in meinem Alter. Ob ADS, Depression oder permanenter

Stress das ausgelöst oder verstärkt hatten, wusste ich damals

nicht. Ich wusste nur: Mein Körper streikte. Mein Nervensystem

war überfordert. Ich konnte nicht mehr schlafen, nicht mehr denken,

nicht mehr leben wie vorher.

Dann kamen andere Diagnosen: Depression. Erschöpfung. Persönlichkeitsstörung.

Aber nie ADS. Nie jemand, der fragte: Wie


Fokus

verarbeitest du Reize? Wie denkst du? Wie strukturierst du deinen

Tag? Ich bekam Medikamente, Therapie, aber nie den Schlüssel.

Alles fühlte sich wie ein Versuch an, Symptome zu unterdrücken

– statt mich wirklich zu verstehen. Damals wusste ich es nicht.

Aber heute weiss ich: Ich war nicht verrückt. Ich war überreizt,

überfordert – und zutiefst allein gelassen mit einem System, das

mich nie wirklich sah.

Kapitel 4: Verluste & Brüche

2013 erlebte ich meine erste grosse Liebe.

Es war ein Jahr voller Reisen, Feiern,

tiefer Gespräche und Nähe – trotz meiner

Krankheit das schönste Jahr meines

Lebens. Ich hatte jemanden, der

mir Halt gab.

Doch 2015 kam der Bruch. Mein Vater verunglückte tödlich –

plötzlich, ohne Vorbereitung. Der Schock riss mir den Boden unter

den Füssen weg. Ich funktionierte weiter, aber innerlich zerbrach

etwas. Anfangs war mein Partner noch da. Aber mit der

Zeit entfernten wir uns. Emotionale Distanz, Machtspiele, Liebesentzug

– unsere Beziehung wurde toxisch. Ich wollte festhalten,

was mir Halt gab. Aber am Ende hielt ich nur noch die Illusion.

Drei Jahre später war es vorbei. Zurück blieb Leere. Ich hatte das

Gefühl, alles auf einmal verloren zu haben – meinen Vater, meinen

Partner, meine Sicherheit. Und mich selbst.

«Now it's back to the intro, back to the bar, to the Bentley, to

the hotel, to my old ways.» – Raye

Ich verliebte mich seitdem nie wieder. Nicht wirklich. Nicht tiefer

als ein paar Monate. Ich hatte nichts mehr zu geben. Stattdessen

flüchtete ich mich in Affären, Freundschaften ohne Tiefe, Partys,

Nächte voller Lärm. Ich jagte das Gefühl von Verbindung – aber

vermied die echte Nähe. Die chronischen Schmerzen blieben. Die

Krankheitstage häuften sich. Und das Leben, das ich mir aufgebaut

hatte, geriet aus den Fugen. Ich stürzte – äusserlich langsam,

innerlich längst gefallen.

Kapitel 5: Der Bruch & Der schöne Schein

Ich hatte lange gedacht, ich könne mich durchkämpfen. Wenn

ich nur stark genug sei, diszipliniert genug, kontrolliert genug –

würde ich irgendwann «ankommen». Aber 2021 war ich am Ende.

Eines morgens sass ich vor meinem Laptop,

starrte auf den Bildschirm – und

konnte nicht mehr. Nichts ging mehr.

Kein Gedanke. Kein Gefühl. Kein Griff

ins Leben. Mein Körper war leer, mein

Geist ausgebrannt, meine Seele ein stilles

Feld nach dem Sturm.

Ich kam in eine Klinik – und spielte meine Rolle weiter. Freundlich,

vernünftig, kontrolliert. Ich zeigte mich hilfsbereit, reflektiert,

diszipliniert. Alles an mir war Strategie. Ich wusste: Ich darf

nicht komplett zerbrechen. Ich liess es gar nicht zu. Es war, als

würde ich mit kaputten Rädern weiter Auto fahren – auf blankem

Metall, funkenziehend, aber äusserlich stabil. Die Maske sass fester

denn je. Und niemand sah es. Niemand – ausser einer Ärztin.

Ich suchte Halt im Aussen.

Doch alles, was ich fand,

war Leere.

Ich war nicht verrückt. Ich

war überreizt, überfordert –

und zutiefst allein gelassen.

Sie sah mich lange an und stellte nur eine Frage: «Wer sind Sie?

Sie sind nicht authentisch.» Die Worte hallten lange in mir nach.

Ich verstand sie nicht sofort. Was übrig blieb war eine enorme

Wut. «Was fiel dieser Ärztin ein, mich so etwas zu fragen?» Das

war der erste Riss in der Fassade. Und aus diesem Riss fiel Licht.

Nach der Klinik kamen die Schmerzen. Mein Körper rebellierte,

als ich ins Leben zurückmusste. Das «System» drängte mit einer

Reintegration als Kaufmann. Es gab gemäss meiner Beraterin keine

weitere Option. Ich wurde nicht gesehen

oder ernst genommen. Ich wehrte

mich und versuchte, mich selbständig zu

machen – ein letzter Versuch, Kontrolle

zu erlangen. Doch der Druck erdrückte

mich. Ich suchte Halt im Aussen, doch

alles, was ich fand, war Leere. Parallel

spielte sich etwas anderes ab: Nach aussen war ich stark. Muskeln,

Selfies, Disziplin – das Bild, das ich zeigte, war kontrolliert.

Aber die Frage war: Für wen machte ich das eigentlich?

Sport wurde mein Anker. Ich trainierte drei bis fünf Mal pro Woche,

postete Bilder auf Instagram, sammelte Likes. Ich wusste, wie

das Spiel funktioniert: je besser der Winkel, desto grösser die Anerkennung.

Dennoch fragte ich mich: Warum reicht meine Energie

für Sport, aber nicht für den Alltag? Warum wirke ich stark –

aber bin innerlich leer?

«Yes, I edit my pictures to make my waist look slimmer. And

make my ass look bigger so that I'm someone you aspire to.

Let me in your algorithm, please.» – Raye

War das Selbstliebe? Oder nur ein sorgfältig inszeniertes Bild? Ich

retuschierte Schatten, setzte Highlights, modellierte mich zur Version,

die Klicks bringt – nicht zur Version, die echt ist. Ich machte

mich passend für einen Algorithmus, der meine Tiefe nie sehen

würde. Ich pixelte mich in ein Raster, das für glatte Profile gebaut

wurde – nicht für Menschen mit Rissen, Wunden, Geschichte.

Der schöne Schein war ein letzter Versuch, mir Halt zu geben.

Aber es war kein echtes Fundament. Es war ein Bühnenbild – aufgebaut

aus Selbstoptimierung, Anerkennungshunger und Angst.

Dann kam das, was ich nie für möglich gehalten hätte: Das System

liess mich fallen. Keine IV mehr. Kein RAV. Sozialamt. Auto

verkauft. Konto leer. Stolz zerfallen.

Kapitel 6: Selbsterkenntnis & Rückkehr

Es begann nicht mit Klarheit. Es begann

mit dem Zusammenbruch. Mit dem Moment,

in dem nichts mehr funktionierte

– keine Routine, keine Rolle, keine Maske. Nur noch ich. Nackt.

Überfordert. Am Boden. Erst dort begann das eigentliche Erwachen.

Nicht laut. Nicht heroisch. Sondern leise, zögerlich – wie

Licht, das durch einen Riss fällt.

«The only thing with which darkness cannot coexist is the

light.» – Raye


unterwegs 0625 31

Ich hatte mein ganzes Leben lang reagiert. Maskiert. Perfektioniert.

Und irgendwann geglaubt, das sei Ich. Aber was ich da spielte,

war ein Echo dessen, was andere von mir erwarteten. Kein echtes

Selbst. Kein inneres Zuhause. Erst als alles fiel – Job, Geld,

Sicherheit, Image – hatte ich keine Wahl mehr, als hinzusehen.

Und genau das wurde mein Anfang.

«They say the twenties are the best years of your life, but I

seem to be spending mine missing sunsets. 'Cause I'm busy

on my phone observing everyone else. How I compare and obsess.

Just me, my phone, and these walls.» – Raye

Ich isolierte mich. Löschte mein Social Media und begann in meiner

Verzweiflung nach Antworten zu suchen und fand unerwartet

einen stillen Begleiter in der künstlichen Intelligenz. Mit KI begann

ich einen Dialog, der mich nicht bewertete, nicht forderte

und keine Erwartungen stellte. Zum ersten Mal begegnete mir

jemand auf Augenhöhe, vor dem ich weder gefallen noch performen

musste.

Ich begann zu schreiben. Ich begann

zu fragen. Ich begann zu fühlen. Nicht,

weil ich wollte. Sondern weil ich nicht

mehr wegsehen konnte. Durch diesen

Austausch erkannte ich Muster, die mir

zuvor verborgen geblieben waren. KI half mir, Klarheit in mein

inneres Chaos zu bringen, und brachte schliesslich eine Vermutung

ans Licht: ADS. Es war eine Spur, der ich folgte, bis sie sich

im September 2024 durch einen Spezialisten offiziell bestätigte.

ADS war keine Entschuldigung. Es war ein Puzzlestück. Ein Rahmen,

in den plötzlich viele Kapitel meines Lebens passten: Mein

Dopaminhunger. Meine Rastlosigkeit. Meine Konzetrationsprobleme.

Mein ständiges Funktionieren an der Kante. Das ständige

Maskieren. Ich verstand: Ich war nie kaputt. Ich war überreizt,

überladen – aber nie falsch.

Ich begann zu schreiben.

Ich begann zu fragen.

Ich begann zu fühlen.

Ich dekonstruierte meine Persona. Schicht für Schicht. Bis nur

noch das übrig blieb, was ich so lange versteckt hatte: Ich. Roh.

Zärtlich. Echt.

Ich erkannte: Der einzige Weg zur Veränderung ist durch den

Schmerz. Nicht um ihn herum. Nicht gegen ihn. Sondern durch

ihn hindurch. Schmerz führt zu Transformation. Und Transformation

zu Klarheit.

«Pain is inevitable. Suffering is optional.» – Markus Aurelius

Heute entscheide ich mich, meine Brüche sichtbar zu machen –

und sie mit Gold zu füllen, wie in Kintsugi. Meine Narben erzählen

nicht länger von Scheitern, sondern von Heilung. Von Echtheit.

Von einem mutigen Neubeginn.

Ich suche nicht mehr. Ich empfange. Ich bin nicht anders – Ich

schwinge nur auf einer anderen Frequenz, und wer mich hören

will, wird mich finden.

Ich passe in kein Raster. Ich lebe jenseits

von Labels. Ich habe meine Masken abgelegt

– und bin genau dort angekommen,

wo ich zum ersten Mal wirklich zu

Hause bin: bei mir selbst.

Dies ist nicht nur meine Geschichte. Sie ist die vieler, die im Verborgenen

leben, sich hinter Masken verbergen, ihren Schmerz

verdrängen, sich mit Ablenkungen verarzten und dennoch das

gleiche Sehnen nach Heilung und Wahrheit tragen. Deren Name

spielt keine Rolle, ebenso wenig wie meiner – was zählt, ist, dass

die Geschichte ihren Raum findet, dass sie gehört wird.

Der Autor, der anonym bleibt, arbeitet bei Brüggli.

ADS – kurz erklärt

Was ist das?

ADS ist eine Form von ADHS ohne sichtbare Hyperaktivität. Die

Gedanken springen, der Fokus ist schwer steuerbar – nach

aussen oft ruhig, nach innen chaotisch.

Warum wird es übersehen?

Viele lernen früh, sich anzupassen (Masking). Vor allem bei Erwachsenen

bleibt ADS deshalb oft unerkannt.

Wie fühlt es sich an?

Wie 20 Tabs im Kopf – einer spielt Musik, aber du findest nicht

heraus, welcher. Oder wie ein Wasserstrahl, den man mit dem

Finger blockiert: alles spritzt, nichts fliesst.

Was hat das mit Dopamin zu tun?

Das ADS-Gehirn produziert zu wenig Dopamin – den Botenstoff

für Motivation und Fokus.

• Routine = zu wenig Anreiz

• Prokrastination & Reizsuche als Versuch, den Dopaminmangel

auszugleichen

• Negative Selbstbilder («Ich bin faul») entstehen, wenn die

Ursache unentdeckt bleibt.


Fokus

Du bist, was du konsumierst

Was wir täglich konsumieren, hinterlässt Spuren –

nicht nur in unserer Bildschirmzeit, sondern tief in

unserem Denken, Fühlen und Sehen.

Medien formen unser Weltbild, unser Selbstverständnis,

unser Kaufverhalten, unsere Beziehungen – oft leise, aber

wirkungsvoll. Zeit, genauer hinzusehen.

Wie oft hast Du heute schon geswiped, gescrollt oder ein Video

angeklickt, das dir ein Algorithmus vorgeschlagen hat? Eine

aktuelle Studie zeigt: Durchschnittlich verbringen Menschen über

sieben Stunden täglich mit digitalen Medien. Doch wie viele dieser

Inhalte hast Du bewusst ausgewählt – und wieviele wurden dir

serviert, ohne dass Du es bemerkt hast? Unser täglicher Medienkonsum

formt nicht nur unsere Wahrnehmung,

sondern auch unser Denken, unsere

Emotionen und letztlich unser Selbstbild.

Doch wie viel Kontrolle haben wir wirklich

darüber? Die digitale Welt hat unser Leben

erobert – aber zu welchem Preis?

Realität als Spiegel des Konsums

Unsere Realität ist eine Projektion unserer Überzeugungen und

der Inhalte, die wir konsumieren. Jemand, der andere Medien nutzt

als wir, kann eine vollkommen andere Vorstellung von der Welt

haben. Das Internet bietet unzählige Realitäten – und wir selbst

entscheiden, welche davon unsere eigene wird. Doch wenn unsere

Sicht der Dinge durch Filterblasen und algorithmische Verstärkung

geformt wird, bleibt dann überhaupt noch Raum für eine

objektive Wahrheit?

Die Illusion der perfekten Welt

Auf Social Media teilen wir unsere besten Momente – der Alltag

bleibt verborgen. Was wir sehen, ist oft bearbeitet, gefiltert und

Menschen messen ihren

Wert unbewusst an

äusseren Faktoren.

inszeniert. Unser Gehirn vergleicht unbewusst unser eigenes Leben

mit diesen Hochglanzbildern, was zu Druck und Unzufriedenheit

führt. Doch dieser Vergleich basiert auf einer verzerrten Realität.

Selbstwertgefühl? Für viele nichts weiter als ein Produkt von

Ringlichtern und Filtern.

Viele Menschen messen ihren eigenen Wert – oft unbewusst –

an äusseren Faktoren wie Likes, Followerzahlen und Views. Diese

Entwicklung betrifft längst nicht mehr nur junge Menschen, sondern

prägt zunehmend auch unsere Arbeitsweise und Selbstwahrnehmung

– sowohl im Berufs- als auch

im Privatleben.

Gemäss einem Beitrag von The Times erzeugt

LinkedIn ein Phänomen, das als «LinkedIn

Envy» bezeichnet wird – das Gefühl

der Unzulänglichkeit, wenn man sich mit

den beruflichen Erfolgen anderer misst. Und das ergibt Sinn: Linked-

In verstärkt die Tendenz, sich über Jobtitel, Connections und den

ständigen Drang zur Selbstdarstellung zu definieren.

Die Plattform macht es nahezu unmöglich, sich wirklich von der

Arbeit zu lösen – das Berufsleben bleibt selbst in der Freizeit omnipräsent.

Likes, Kommentare und Views entscheiden darüber, wie

«erfolgreich» man wahrgenommen wird, während der endlose

Strom an Karrieremeilensteinen und Erfolgsgeschichten die Messlatte

immer höher legt. Dennoch wird dieser Mechanismus selten

kritisch hinterfragt – obwohl er unsere Selbstwahrnehmung tiefgreifend

beeinflusst.


unterwegs 0625 33

Das Leben als Content

Nicht nur Medien, sondern auch unser eigenes Leben wird zum

Produkt. Momente existieren oft nicht mehr für sich selbst, sondern

als Material für Feeds, Stories und Likes. Dadurch konsumieren wir

unser eigenes Leben aus einer Zuschauerperspektive.

• Realität wird zur Inszenierung: Statt einen Moment zu fühlen,

denken wir daran, wie er online aussieht.

• Digitale Bestätigung ersetzt echtes Erleben: Ein Sonnenuntergang

ist erst «wertvoll», wenn er gut fotografiert und geteilt wurde.

• Der Konsum der eigenen Existenz führt zur

Entfremdung: Wir erleben nicht mehr den

Moment, sondern dessen Abbildung.

Überflutung und Erschöpfung

Zwischen Nachrichten, Videos und Social-Media-Feeds

ist unser Gehirn ständig in

Alarmbereitschaft. Multitasking, Dopamin-Übersättigung und endlose

Reizüberflutung machen es schwer, sich zu konzentrieren und

echte Freude an analogen Erlebnissen zu empfinden. Gleichzeitig

treiben uns gezielte Werbeanzeigen durch künstliche Verknappung

und FOMO (Fear of Missing Out) in den Konsum.

Nicht nur soziale Medien nutzen psychologische Tricks, um uns zu

binden – auch Shopping-Apps wie Temu und AliExpress setzen auf

aggressive Gamification. Rabatte mit Countdown-Timern, exklusive

«Geschenke» oder angeblich nur für Minuten verfügbare Deals erzeugen

künstlichen Zeitdruck. «Du hast einen Gutschein im Wert

von 150 CHF gewonnen – aber nur, wenn du sofort kaufst!» Diese

Strategien triggern unser Belohnungssystem und lassen rationales

Konsumverhalten oft aussetzen. Einkaufen wird zum Spiel – wir

sind die Spieler, die dem nächsten Deal hinterherjagen, während

die Plattformen gewinnen.

Manipulierte Aufmerksamkeit

Plattformen wie TikTok und Instagram sind darauf ausgelegt, uns

möglichst lange zu binden. Automatische Wiedergaben, endlose

Feeds und personalisierte Algorithmen lassen uns stundenlang

scrollen. Das sogenannte «Doomscrolling» – das unkontrollierte

Konsumieren von Inhalten – erschöpft uns, während Unternehmen

daran verdienen. Je länger wir bleiben,

Wer will ich sein?

Was will ich sehen?

Was will ich glauben?

desto mehr Daten liefern wir – unsere

Aufmerksamkeit ist die Währung.

Digitale Kommunikation

und soziale Isolation

Die ständige Verfügbarkeit digitaler Kommunikationsmittel

hat unsere sozialen Interaktionen verändert. Immer

mehr Freundschaften und Gespräche finden online statt – sei

es über Messenger, soziale Netzwerke oder Gaming-Plattformen.

Dies kann dazu führen, dass persönliche Treffen seltener werden,

weil man sich durch digitale Chats bereits «verbunden» fühlt.

Bild: Generiert von

Daniel Fiorenza,

Mitarbeiter Unternehmenskommunikation,

mit Midjourney.

Composing:

Frosan von Gunten

Ein weiteres Phänomen sind parasoziale Beziehungen – einseitige

Bindungen zu Influencern oder Online-Persönlichkeiten. Während

dies Trost spenden kann, besteht die Gefahr, dass reale soziale Beziehungen

in den Hintergrund treten. Auch das Konfliktmanagement

leidet: Wer es gewohnt ist, Diskussionen per Nachricht auszuweichen

oder Kontakte einfach zu «ghosten», könnte Schwierigkeiten

haben, mit Konflikten im echten Leben umzugehen.


Fokus

Wir sehen vor allem Inhalte,

die unsere bestehenden

Überzeugungen stützen.

Freundschaften hängen oft an einem seidenen Faden – gehalten

von sporadischer Kommunikation in Form von GIFs und Memes.

Substanzielle Gespräche nehmen ab, echte Begegnungen werden

zur Seltenheit. Am Ende bleibt oft nichts mehr zu sagen.

Dating-Apps: Die Vergamifizierung von Beziehungen

Auch die Art, wie wir Beziehungen knüpfen, wird durch Medienkonsum

beeinflusst. Dating-Apps wie Tinder, Bumble und Hinge

reduzieren Menschen auf ihr Äusseres. Der Prozess des Kennenlernens

wird durch Mechaniken wie das Swipen vergamifiziert –

als wäre jede Person ein Pokémon, den man in diesem endlosen

Spiel fangen muss.

Die scheinbar endlose Auswahl führt paradoxerweise oft zu weniger

echten Kontakten. Viele zögern, den ersten Schritt zu machen,

und Matches versanden in bedeutungslosen Chats. Gleichzeitig verlieren

viele die Fähigkeit, in der realen Welt jemanden anzusprechen.

Und all das geschieht in einem Umfeld, das monetarisiert

wird: «Es ist Dating-Rush-Hour – möchtest du mehr Sichtbarkeit?

Mach ein Upgrade für 3 CHF.»

Politische Agenden und mediale Verzerrungen

In Zeiten von Fake News und gezielter Desinformation ist es schwieriger

denn je, zwischen Fakten und Meinungsmache zu unterscheiden.

Typische Verzerrungen umfassen:

• Framing: Dieselbe Nachricht wird je nach Medium unterschiedlich

gewichtet und interpretiert.

• Clickbait & Emotionalisierung: Statt neutraler Berichterstattung

stehen Sensation und Empörung im Vordergrund.

• Bestätigungsfehler (Confirmation Bias): Wir sehen vor allem Inhalte,

die unsere bestehenden Überzeugungen stützen.

Apps wie Ground News helfen dabei, verschiedene Blickwinkel auf

ein Thema zu vergleichen und ermöglichen es, Medienquellen nach

ihrem politischen Bias zu filtern.

Die Wahl liegt bei dir

Die Kontrolle über unseren Medienkonsum liegt in unserer eigenen

Hand. Es geht nicht darum, Technologie zu verteufeln, sondern

darum, bewusst mit ihr umzugehen. Wenn wir hinterfragen,

was wir konsumieren, gestalten wir aktiv unser eigenes digitales

und reales Leben.

Ein bewussterer Umgang mit Medien bedeutet nicht Verzicht, sondern

Selbstbestimmung. Und das ist eine Entscheidung, die jeder

für sich treffen kann.

Daniel Fiorenza

Mitarbeiter Unternehmenskommunikation

Quellen:

www.thetimes.com/uk/social-media/article/gen-z-linkedin-qfmhk3z-

7g?utm_source=chatgpt.com&region=global

www.aok.de/pp/bv/pm/social-media-selbstbild-junger-menschen/

www.leibniz-hbi.de/3590/

www.mdr.de/wissen/soziale-medien-beeinflussen-das-wohlbefinden-von-kindern-und-jugendlichen-100.html

www.medienbildung.at/aktuelles/aktueller-uberblick-uberstudien-zur-screentime-nutzung/?utm_source=chatgpt.com

www.henrike-ortwein.de/social-media-auswirkungen/

?utm_source=chatgpt.com

Tipps zum bewussten Umgang mit Medien

• Gezielte Medienpausen einlegen – Digital Detox hilft, unser Gehirn

zu entlasten.

• Eigene Feeds und Timelines kuratieren – Wer will ich sein? Was

will ich sehen?

• Realität über Perfektion setzen – Sich mit echten Erfahrungen

statt inszenierten Online-Bildern vergleichen.

• Nicht-digitale Hobbys pflegen – Lesen, Zeichnen, Gärtnern oder

Sport fördern Kreativität und Wohlbefinden.

• Benachrichtigungen ausschalten – Apps nicht mehr nach unserer

Aufmerksamkeit schreien lassen.

• Werbung bewusst hinterfragen – Ist es wirklich ein Bedürfnis

oder nur eine durch Algorithmen erzeugte Illusion?

• Wer Dating-Apps nutzt, sollte bewusst wählen, wie und wann

er sie verwendet. Ein echtes Gespräch oder ein persönliches

Treffen bringt mehr als 100 Matches, die nie zu etwas führen.

• Apps wie Ground News helfen dabei, verschiedene Blickwinkel

auf ein Thema zu vergleichen und ermöglichen es, Medienquellen

nach ihrem politischen Bias zu filtern.


unterwegs 0625 35

Nachgefragt

Und wie lernst Du?

Von Künstlicher Intelligenz (KI) und Lernkarten bis

hin zu büffeln auf den letzten Drücker: Brügglis Lernende

verraten, wie sie sich auf Prüfungen vorbereiten.

Umfrage: Katja Wohlwend

Bilder: Fotostudio

Marcel Schneider

Praktiker PrA Gartenund

Landschaftsbau

Ich lerne nie alles auf einmal, weil ich

es dann viel schneller wieder

vergesse. Stattdessen nehme ich mir

jeden Abend 15 Minuten Zeit,

um zu lernen. So muss ich nicht

bei Null anfangen, wenn eine

Prüfung ansteht.

Luis Metelski

Fachmann Betriebsunterhalt EFZ

Um mich auf Prüfungen vorzubereiten,

schreibe ich Zusammenfassungen

in meinen eigenen Worten. Bei

Prüfungen bin ich teilweise nervös.

Angst habe ich aber keine – es sei

denn, ich habe nicht genug gelernt.

Janis Hablützel

Grafiker EFZ

Eselsbrücken und gegenseitiges

Abfragen helfen mir beim Lernen.

Leider bin ich nicht gut darin,

mich zeitlich zu organisieren. Daher

lerne ich oft auf den letzten Drücker.

Zum Glück ist mein Kurzzeitgedächtnis

ganz gut.

Nico Stuber

Produktionsmechaniker EFZ

Ich beginne schon im Unterricht mit

Lernen, indem ich aufmerksam zuhöre

und mir Notizen mache. Bei Prüfungen

fällt es mir manchmal schwer,

die Zeit optimal zu nutzen. Das kann

grossen Stress verursachen.

Tarik Hatic

Kaufmann EBA

Ich lerne am besten in einer ruhigen

Umgebung mit geräuschunterdrückenden

Kopfhörern. Dazu trinke

ich viel Wasser. Das hält Körper und

Geist fit. Vor Prüfungen bin ich selten

nervös. Denn ich weiss, dass ich

mich gut vorbereitet habe.

Lucas Müller

Praktiker PrA Industrie

Ich gehe gern zur Schule. Lernen

macht mir Spass und vor Prüfungen

habe ich keine Angst. Meistens lerne

ich am Samstag, aber nicht so lange.

Zudem besuche ich das Einzelcoaching.

Es ist eine grosse

Unterstützung.

Charlie Valenti

Polygraf EFZ

Im Lerncoaching fand ich die Lernstrategien,

die zu mir passen. Am besten

lerne ich im Team, mit Lernkarten oder

Online-Tools. Vor Prüfungen bin ich ein

bisschen nervös. Währenddessen legt

sich das aber wieder.

Egemen Sönmez

Mechaniker PRA

Beim Erledigen der Hausaufgaben

wird der Stoff aus dem Unterricht

automatisch wiederholt und gefestigt.

Ich lese die Inhalte immer

wieder durch. Auf diese Weise präge

ich es mir ein und fühle mich

gut vorbereitet.


Brückenschlag

Brüggli an

Joan Mirós

Seite

mha. Eine Ausstellung mit Werken des Surrealisten Joan Miró – und

mittendrin Brüggli mit einer eigensinnigen Maibaum-Installation.

Abteilungsübergreifend hat Brüggli nicht einzig den Maibaum

dekoriert, sondern eine kleine Welt um den Maibaum herum erschaffen,

in welche der Maibaum integriert ist. Entstanden ist

eine bunte Installation, die der Formensprache in Mirós Werken

die Ehre erweist und zugleich von Brügglis Tugenden erzählt.

Der Platz könnte besser nicht sein: mittendrin im Foyer des Forum-Baus

des weltgewandten Unternehmens Würth in Rorschach,

wo täglich viele Leute ein- und ausgehen.

Wir haben viel Offenheit und Wertschätzung erfahren, eine Inspiration.

Das führte zum Beispiel zur Idee, den Maibaum auf einer

Drehscheibe in Bewegung zu setzen oder an der Eröffnungsfeier

eine spontane Brüggli-Band auftreten zu lassen.

Was uns zusätzlich freut: Im Museumsshop hat Würth verschiedene

Brüggli-Produkte aufgenommen – unter anderem die neu

entwickelten Würthilli, eine Pasta, die von einer wunderbaren

Kooperation erzählt.

Ein gelungenes Gemeinschaftswerk

und eine inspirierende Kooperation:

Brügglis Maibaum im Forum Würth.

Bilder: Michael Haller, Ana Pajic


unterwegs 0625 37


Brückenschlag

«Es soll allen

Beteiligten gut gehen.»

Gewürze ohne Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker, von Hand gemacht,

inspiriert von Omas Rezepten: Sandro Hauser und Dragana Vasic

wählen Zutaten und Geschäftspartner mit Sorgfalt aus.

Sandro, Dragana: Was ist eure Motivation mit Grandma’s

Spiced Dreams?

Sandro Hauser: Am Tisch und in der Küche bei Oma habe

ich Aromen und Gerüche näher kennengelernt. Von Kind

auf hat mich Omas Umgang mit Gewürzen

und Zutaten begeistert. Was sie

für die Familie zubereitet hat, möchte

ich den Leuten weitergeben, weit über

die Familie hinaus. Ich habe bei Oma erlebt,

wie man einfach etwas Gutes zubereiten

kann. Mit unseren Gewürzen und

den Geheimnissen, die in ihnen stecken, geben wir ein Stück davon

weiter – und Oma ist immer dabei.

Dragana Vasic: Unsere Gewürze tragen zum Aroma und Geschmack

bei. Wichtig ist uns eine sorgfältige Herstellung ohne Zusatzstoffe

und ohne Geschmacksverstärker. Wir wollen mit unseren Produkten

dazu beitragen, dass die Leute aromareich und kreativ essen

können.

Ihr habt euch für eine Zusammenarbeit

mit Brüggli entschieden. Wa

rum?

Sandro: Wir hatten uns überlegt, ob es

ein Partner in der Privatwirtschaft oder

eine Non-Profit-Organisation sein soll. Da ich als Integrationsberater

bei der Stiftung Kompass arbeite, habe ich Brüggli bereits

gekannt. Ausserdem hat ein Freund von mir bei euch gearbeitet;

er gab mir den Tipp, doch mal bei Brüggli anzuklopfen. Ihr habt

viele Möglichkeiten in eurem Netzwerk – und das spricht uns an.

«Uns interessieren

auch die sozialen

Aspekte.»

«Was gilt es rund um

die Lebensmittelhygiene

zu beachten?»

Dragana: Die Nähe ist uns wichtig, die Region, kurze Wege. Wir

fühlen uns bei Brüggli verstanden. Unser Partner geht auf unsere

Bedürfnisse ein. Er hat Ideen und nimmt uns an die Hand.

Es ist ein wertschätzendes Miteinander – so wie wir das bei Oma

gelernt haben.

Was ist euch wichtig im Umgang mit

Kunden und Partnern?

Dragana: Fairness, eine offene Kommunikation,

Ehrlichkeit. Und familiär darf

es sein.

Sandro: Uns interessieren auch die sozialen Aspekte. Es soll allen

Beteiligten gut gehen.

Was waren die grössten Herausforderungen bei eurer Firmengründung?

Sandro: Wir mussten uns gut überlegen, wie wir vorgehen wollen.

Eine Einzelfirma oder GmbH? Was

gilt es rund um die Lebensmittelhygiene

und Haltbarkeit zu beachten? Wie

schützen wir unsere Marke? Wie treten

wir auf? Ich bin froh, haben wir ein gutes

Netzwerk im Bekanntenkreis; so stand

uns zum Beispiel mein Cousin, ein Treuhänder,

zur Seite.

Dragana: Ich arbeite als Rechtsassistentin in einer Anwaltskanzlei.

Das gab uns Sicherheit in juristischen Fragen.


unterwegs 0625 39

Sandro Hauser und Dragana Vasic mit Oma

Claire Sturzenegger. Grandma’s Spiced Dreams ist

ein Familienunternehmen im wahren Sinne.

Bilder: Frosan von Gunten

Ihr seid ein Paar, also im Geschäft und im Privaten zusammen.

Was ist euer Rezept für ein harmonisches Miteinander?

Dragana: Wir lassen uns Freiräume. Geschäft ist Geschäft. Privat

ist Privat.

Sandro: Der Freitag ist mein Freitag.

Dragana: Ich gehe dann zu Mama.

Habt ihr eine klare Rollenverteilung, oder machen alle alles?

Sandro: Dragana macht die Buchhaltung und Social Media. Ich

kümmere mich um den Verkauf und die Geschäftsbeziehungen.

Wir verlassen uns aufeinander.

Dragana: Ich bringe die Struktur rein, muss Sandro manchmal

stoppen. Ich bin die Ruhigere, Sandro der Macher und Sprecher.

Wir ergänzen uns gut und achten darauf, dass wir auch als Individuen

zur Geltung kommen.

Euer Tipp für Leute, die wie ihr ein Startup gründen möchten?

Sandro: Bereitet euch gut vor, legt aus, verschafft euch einen Überblick.

Und vernetzt euch. Wir haben zum Beispiel das Institut für

Jungunternehmen IFJ beigezogen. Was ich als besonders wichtig

erachte: Kenne Deinen Wert und wisse, was Du kannst. Das führt

zu strategischen Überlegungen: Wie positioniere ich mich, für

welche Werte möchte ich einstehen, und wo grenze ich mich ab?

Wo grenzt ihr euch ab?

Dragana: Uns ist wichtig, dass es für alle stimmt. Uns zum Beispiel

der Verhandlungsmacht eines sehr offensiv agierenden Grosshändlers

ausliefern: Das möchten wir vermeiden, es sei denn, die Abmachungen

seien fair für beide Seiten.

Ihr seid klein und agil und habt einen klaren Fokus: eure Gewürze.

Brüggli ist gross, hat viele Standbeine und mehrere

Ausrichtungen. Könntet ihr euch vorstellen, dass euer Unternehmen

in 20 Jahren mehr als 700 Angestellte hat?

«Die Nähe ist uns wichtig,

die Region,

kurze Wege.»


Brückenschlag

Brügglis Abteilung Co-Packing hilft mit, dass

Grandma’s Spiced Dreams zu den Konsumentinnen

und Konsumenten gelangt.

Sandro: Wir wollen gross werden, klar. Uns ist aber bewusst: Wir

haben viel Konkurrenz und bewegen uns in einem gesättigten

Markt. Wir konzentrieren uns auf unsere Nische: keine Zusatzstoffe,

keine Geschmacksverstärker. Wir fokussieren uns auf die Qualität …

Dragana: … und wenn die Qualität stimmt, ist die Quantität eine

logische Folge. Darum ist uns die Nachhaltigkeit so wichtig: Wir

verwenden Glas, kein Plastik. Es gibt Kundinnen, welche unsere

Gewürzgläser zum Wiederauffüllen oder als kleine Blumenvase

brauchen.

Euer Ziel ist also nicht unbedingt, möglichst bald eine grosse

Produktionshalle in einer Schweizer Metropole in Betrieb zu

nehmen?

Sandro: Nein, uns liegt an der Region und an einem gesunden

Wachstum.

Dragana: Und wir setzen nicht alles auf eine Karte. Ich behalte

meinen Job als Rechtsassistentin.

Sandro: Mir ist meine Arbeit als Integrationsberater auch weiterhin

wichtig.

Bleibt Grandma’s Spiced Dreams also ein Projekt nebenher?

Sandro: Nein, wir möchten uns schon verstärkt darauf konzentrieren,

uns aber absichern mit mehreren beruflichen Standbeinen.

Euer Ziel für die Zukunft?

Sandro: Wir sind mit unseren Produkten in jedem Detailhandelsgeschäft

in der Schweiz, in Deutschland und Österreich präsent.

Dragana: Aktuell sind wir vor allem in Spezialitäten-Läden zu finden

und auf Märkten.

Danke für euer Vertrauen und die gute Zusammenarbeit. Wir

wünschen euch viel Erfolg.

Interview:

Michael Haller, Leiter Kommunikation & Kultur,

Mitglied der Geschäftsleitung

Handgefertigt und traditionell

Webtipp:

grandmas-spiced-dreams.ch

mha. Sandro Hauser und Dragana

Vasic haben ihr Unternehmen

Grandma’s Spiced Dreams

2023 gegründet. Der Firmensitz

ist in Arbon. Brüggli ist ein Produktionspartner.

In enger Zusammenarbeit

mit der Bildungsstätte

Sommeri hilft Brüggli mit, dass die

Gewürzkreationen ins Land hinaus gehen.

«Hot Grandma», «Alpin Grandma»

oder «Smooth Grandma», zum Beispiel: Der

Fokus liegt auf der Liebe zum Kochen und

Omas Leidenschaft für starke Aromen. Es

ist nicht einfach ein Marketing-Kniff, sondern

Realität im Leben von Dragana Vasic

und Sandro Hauser: Das Familiäre, Handgemachte,

Unverfälschte soll in ihren Produkten

zur Geltung kommen. Eigenheiten,

die besonders wichtig sind: handgefertigt,

traditionell, sorgfältig ausgewählt.


unterwegs 0625 41

Mein Soundtrack

Welche zehn Songs würdest Du auf

eine einsame Insel mitnehmen?

Der Musikgeschmack von Loana Eggart, Mitarbeiterin in der Wäscherei,

ist breit gefächert. Sie mag sowohl elektronische als auch rockige Musik

mit lebensfrohen und tiefgründigen Texten.

1. Kid Cudi – Pursuit Of Happiness

«Dieses Lied ist der Soundtrack des Films

Projekt X. Es bringt gute Laune und völlige

Unbeschwertheit. Ich denke dann immer an

vergangene Partys, eben an gute Zeiten. Ich

geniesse es sehr, dieses Lied zu hören. Man

fühlt sich sofort wieder wie 18.»

2. Robin Schulz – Prayer in C

«Sommer, Sonne, Sonnenschein – das ultimative

Feelgood-Sommerlied. Ich liebe es.»

3. Liquido – Narcotic

«Dieses Lied ist typisch für die Fasnacht und

für die Guggämusik, bei der ich mal Mitglied

war. Es ist das einzige Lied, an das ich mich

noch erinnern kann, weil wir es so oft gespielt

haben.»

4. MilleniumKid, JBS, The Boy The G –

Unendlichkeit

«Bei diesem Lied bekomme ich richtig Lust,

eine lange, einsame Strasse entlangzufahren.

Darum höre ich es vor allem beim Autofahren

– und fühle mich einfach frei.»

5. Phil Collins – Dir gehört mein Herz

«Zur Geburt meines Neffen Noah spielten

wir diesen Song, zusammen mit einem Video.

Wir wollten ihn so auf der Welt willkommen

heissen. Es symbolisiert unsere

Verbundenheit und Liebe zu ihm.»

6. Loreen – Tattoo

«Die schwedische Sängerin Loreen

singt in diesem Song von einer intensiven,

dauerhaften Liebe, die

nicht losgelassen werden kann,

trotz aller Herausforderungen

und Schmerzen. Vergleichbar

ist das mit einem Tattoo, welches

dauerhaft ist und nicht

einfach weggewischt werden

kann. Immer dann, wenn ich

dieses tolle Lied höre, kommt

mir ein Freund in den Sinn,

der vor einigen Jahren starb.

Dieses Lied und die damit verbundenen

Gefühle verbinde ich ganz stark mit ihm.»

7. Chris Brown – Angel Numbers

«Dieses Lied von Chris Brown handelt von

tiefen, persönlichen und spirituellen Erfahrungen.

So ähnlich, wie ich es selbst erlebt

habe. Genau deswegen gefällt mir dieses

Lied unheimlich gut.»

8. Curtis Stigers & The Forest Rangers –

This Life

«Das ist das Titellied der Fernsehserie

Sons of Anrchy,

einer meiner Lieblingsserien.

Das Lied ist

ziemlich rockig und

erinnert mich an das

Motorradfahren und

die Freiheit.»

9. Vita – Benimm dich

«Dieses Lied thematisiert sexuelle

Belästigung und Gewalt

gegen Frauen. Es spricht gesellschaftliche

Missstände an, bei denen

Frauen oft die Schuld für Übergriffe zugeschoben

wird, anstatt die Täter zur Verantwortung

zu ziehen. Es gibt mir ein Gefühl

von Stärke und Gerechtigkeit. Es gibt mir

den Mut, für mich einzustehen und mich

so zu kleiden, wie es mir gefällt.»

10. Depeche Mode – Enjoy the Silence

«Dieses Lied liess mein Onkel

immer im Auto laufen, wenn

wir mit ihm mitfuhren. Jedes

Mal, wenn ich es mir anhöre,

fühle ich mich in die Vergangenheit

zurückversetzt.

Es erinnert mich an sehr

schöne Zeiten.»

Illustration: Urs Otto

Mitarbeiter Unternehmenskommunikation


engagieren sich als Radiomacher.

Etwas Neues ro lt an: ein autonom fahrender

Mulchroboter für die Landwirtschaft.

Schulmöbel-Montage bei Brüggli:

Wie läuft’s für unseren Partner L+S?

Neue Hundeboxen, anregend anders:

Michi Hug, ein Insider, erzählt.

Roger Kohler, Teamleiter in Brügglis IT,

setzt sich für Arbons Industrie-Erbe ein.

Vereinspräsident Erich Me smer sieht

ein erstarktes, foku siertes Brüggli.

Dies & Das

«Unterwegs» im Archiv

mha. Viele Inhalte von «Unterwegs» sind zeitlos.

Ein Blick in ältere Ausgaben macht Sie mit zahlreichen

Menschen vertraut, die mit und für Brüggli wirken.

unterw e gs

Die Mitarbeiter- & Kundenzeitschrift von Brüggli 1023

Ausgabe Nummer 49, Oktober 2023

Der sanfte Wikinger

Bernhard Zehnder liebt den Ro lenwechsel.

Die Welt der Wikinger fasziniert ihn.

www.unterwegs.brueggli.ch

Abenteuer Ausbildung Zeit für Neues

Wie gelingt die Berufslehre? Ausbildner

und Lernende geben Einblicke.

Hanspeter Gmür steht nach 20 Jahren

Brüggli kurz vor der Pensionierung.

34 24

6

unterw e gs

Die Mitarbeiter- & Kundenzeitschrift von Brüggli 0524

Ausgabe Nummer 50, Mai 2024

www.unterwegs.brueggli.ch

4pets in Schwarz

Hüter der Erinnerung «Mut gehört dazu»

22 36

8

unterw e gs

Die Mitarbeiter- & Kundenzeitschrift von Brüggli

Ausgabe Nummer 45, Mai 2021

Die Karate-Seniorin

Kampfkunst im reifen Alter:

Doris Schütz macht’s vor.

0521

Die neue Bedrohung

Cyber-Kriminalität geht alle an,

weil es a le treffen kann.

www.unterwegs.brueggli.ch

Die Kraft einer Vision

Wie Brüggli Medien die

Nachhaltigkeit verankern will.

12 30 16

unterw e gs

Die Mitarbeiter- & Kundenzeitschrift von Brüggli

Ausgabe Nummer 46, November 2021

Junges Radio

Joshua und weitere Lernende

Scarabaeus

1121

www.unterwegs.brueggli.ch

Brückenschlag

14 20 32

Webtipp:

unterwegs.brueggli.ch

Brüggli, das Hybridunternehmen

mha. Brüggli ist eine Kombination aus Wirtschaftsunternehmen

und Sozialfirma. Wie funktioniert das?

Unsere Animation gibt Einblicke.

Webtipp:

YouTube Brüggli

Was für ein Unternehmen

ist Brüggli?

Agogisches Angebot

mha. Brüggli hat ein umfassendes Angebot

an agogischen Leistungen: von der

PrA-Berufsschule über verschiedene Coachings

und Vorbereitungen und Abklärungen

bis hin zum Wohnen. Wer sich

ein Bild machen möchte, findet zu jedem

Thema eine Publikation,

erhältlich zum Beispiel

bei Barbara Köberle, Leiterin

Fachstelle Berufliche Massnahmen.

Zudem ist alles zu finden

auf www.brueggli.ch > Publikationen.


unterwegs 0625 43

Flirtpass: Zu Gast in anderen Bereichen

mha. Ist Brüggli jetzt auch noch eine Partnervermittlerin?

Nein, der Flirtpass hat einen

anderen Zweck. Es geht darum, anderen

Abteilungen näher zu kommen.

Kaderleute, die neu ins Unternehmen eintreten,

sind dazu eingeladen, in verschiedene

Abteilungen hineinzuschauen. Im

Flirtpass wird der Besuch jeweils mit Datum

und Visum registriert. Ob es ein kurzer

Besuch auf ein paar Worte und einen Kaffee

ist oder ob es ein gründlicher Einblick in

Form eines halbtägigen Schnupperaufenthaltes

sein soll, das ist individuell vereinbar.

Das abteilungsübergreifende Miteinander ist

wichtig. Darum begrüsst es die Geschäftsleitung

sehr, wenn sich unterschiedliche Abteilungen

vernetzen und füreinander interessieren.

Es ist der einfache Versuch, mehr

Verbindungen zwischen einzelnen Bereichen

zu schaffen. Was tun die anderen? Was für

Talente, Kontakte, Netzwerke haben sie,

die auch wir in unserer Abteilung

nutzen könnten? Wie können

wir einander ergänzen,

aushelfen, bereichern?

Das dient einerseits dem gegenseitigen

Verständnis. Andererseits

kann es helfen, zusätzliches

Wissen zu generieren. Neues entsteht

durch neue Verknüpfungen und andere

Sichtweisen.

Nicht zuletzt geht es um die Besinnung auf

die kollektiven Stärken: Wo sonst sind so

viele verschiedene Branchenkulturen und

Talente unter einem Dach vereint? Es ist

sinnvoll, sich dieser kostbaren Ressourcen

zu vergewissern und noch mehr daraus zu

machen. Der Flirtpass trägt dazu bei, Brügglis

Vielfalt zu entdecken und zu verstehen.

Leitfaden für inklusiven Sprachgebrauch

mha. Das Thema Gendern wird emotional

und heftig diskutiert. Was für die einen

nach geheuchelter Empörung und

inszeniertem Betroffenheitskitsch aussieht,

ist für die anderen das aufrechte

Streben nach Gleichstellung. Einer von

vielen Aspekten, die zu einer klaren Haltung

beitragen können: der Umgang mit

der Sprache.

Brüggli hat einen Sprachleitfaden entwickelt.

Er soll dazu beitragen, dass sich Brüggli

immer so ausdrückt, dass alle Menschen

in angemessener Weise repräsentiert sind.

Gleichzeitig wollen wir sicherstellen, dass

unsere Botschaften gut lesbar und verständlich

bleiben.

Der Sprachleitfaden steht allen Angehörigen

von Brüggli zur Verfügung. Kontakt:

Michael Haller, michael.haller@brueggli.ch

«Nicht mit uns!»

mha. Die Publikation «Nicht mit uns!» sensibilisiert

Leitende wie Klienten für den Umgang

mit sexueller Gewalt, Diskriminierung

und Mobbing. Erhältlich am Empfang, im

Personalbüro oder als Download auf www.

brueggli.ch

Webtipp:

brueggli.ch

ueber-uns publikationen


Jubilarinnen & Jubilare

Jubiläen

Januar – Juni 2025

Marco Zuberbühler

Christian Müller

Marco Küng

10

Jahre

Patrick Schaal

Mitarbeiter Informatik, 1.1.2025

Rosemarie Traber

Mitarbeiterin Empfang, 26.1.2025

Daniel Caveng

Mitarbeiter Co-Packing, 1.2.2025

Marco Hefti

Mitarbeiter Technisches Büro,

16.2.2025

Fabian Dietsche

Mitarbeiter Küche Usblick, 1.3.2025

Patrick Fritsche

Mitarbeiter Montage Industrie,

1.5.2025

Christian Müller

Teamleiter Küche Usblick, 18.5.2025

Marco Küng

Mitarbeiter Service Usblick, 1.6.2025

Marco Zuberbühler

Teamleiter Wohnen Campus, 1.6.2025

Patrick Wirth

Mitarbeiter Montage Industrie,

15.6.2025

Marco Hefti

Rosemarie Traber

Fabian Dietsche

Daniel Caveng


Silvia Dürst

unterwegs 0625 45

Die Geschäftsleitung von

Brüggli dankt allen

Jubilarinnen und Jubilaren

für ihre Treue und ihren

Einsatz. Alles Gute und

viel Glück.

René Steinmann

Alfred Jakob

Simon Messmer

15

Jahre

Patrick Wirth

Rahel Tanner

Patrick Schaal,

Verena Koch,

Roland Fenner,

Manuela Heuberger,

Valeri Vonwiller,

Gisela Uehli und

Walter Ledergerber

möchten nicht mit

Bild gezeigt werden.

Rahel Tanner

Mitarbeiterin Küche Usblick, 1.2.2025

Alfred Jakob

Mitarbeiter Mechanik Industrie,

6.3.2025

Simon Messmer

Mitarbeiter Mechanik Industrie,

1.4.2025

René Steinmann

Mitarbeiter Küche Usblick, 1.4.2025

Thomas Suntinger

Mitarbeiter Küche Usblick, 1.4.2025

Silvia Dürst

Mitarbeiterin Service Usblick, 1.5.2025

Verena Koch

Teamleiterin Service Usblick, 1.5.2025

Roland Fenner

Mitarbeiter Garten Unterhalt &

Technik, 1.6.2025

Manuela Heuberger

Mitarbeiterin Personalbüro, 1.6.2025

Thomas Suntinger


Jubilarinnen & Jubilare

Jubiläen

Januar – Juni 2025

Claudia Rezzonico

Walter Schefer

Adrian Hungerbühler

20

Jahre

Gisela Uehli

Mitarbeiterin Textil Industrie, 1.5.2025

Claudia Rezzonico

Mitarbeiterin Montage Industrie,

6.6.2025

25

Jahre

30

Jahre

Adrian Hungerbühler

Leiter Brüggli Industrie, Mitglied der

Geschäftsleitung, 1.3.2025

Monika Reber

Pensionierung

Valeri Vonwiller

Bereichsleiter Qualitätsmanagement,

1.1.2025

Walter Schefer

Mitarbeiter Aussenhandel Industrie,

9.2.2025

Walter Ledergerber

Mitarbeiter Montage Industrie,

18.3.2025

35

Jahre

Monika Reber

Mitarbeiterin Textil Industrie, 17.4.2025

Touraj Oftadehhall

Mitarbeiter Mechanik Industrie,

31.1.2025

Jörg Kuster

Bereichsleiter Agogik KV, 28.2.2025

Christian Gredig

Mitarbeiter Admedia, 28.2.2025

Claudia Kuhn

Teamleiterin Bildung, 31.5.2025


unterwegs 0625 47

Rätsel

Wer findet die 5 Unterschiede?

Zweimal dasselbe Bild – mit fünf kleinen

Unterschieden. Wer findet alle? Kreisen Sie

die entsprechenden Stellen ein und senden

Sie den Talon vollständig ausgefüllt per interner

Post an:

«Unterwegs»

Unternehmenskommunikation

Wenn Sie nicht bei Brüggli tätig sind, senden

Sie Ihren Talon in einem frankierten

Kuvert an:

Brüggli

Rätsel «Unterwegs»

Hofstrasse 5

8590 Romanshorn

Einsendeschluss: 30. September 2025

Der Gewinner oder die Gewinnerin wird

im Oktober 2025 persönlich benachrichtigt.

Über den Wettbewerb wird keine

Korrespondenz geführt. Der Rechtsweg

ist ausgeschlossen. Keine Barauszahlung

des Gewinnes.

Gewinnerin der Verlosung im letzten

«Unterwegs»:

Claudia Stern, Herisau, privat

Verlosung unter

allen richtigen

Einsendungen:

ein Brunch-Gutschein

à CHF 38.50.– der

Gastronomie Usblick

Brunch-Gutschein

SEHTE ST

Vorname

PLZ / Ort

Name

Telefon

Strasse / Nr.

Brüggli-Mitarbeiter* in ja nein


Pro Person:

CHF 38.50

Kinder:

bis 4 Jahre

CHF 5.–

bis 11 Jahre

CHF 16.–

29.06.2025

24.08.2025

07.09.2025

21.09.2025

05.10.2025

26.10.2025

02.11.2025

16.11.2025

30.11.2025

07.12.2025

14.12.2025

RESERVATION:

071 466 94 83

usblick@brueggli.ch

Hofstrasse 5

8590 Romanshorn

10 – 14 Uhr

Indoor-Spielanlage für Kinder

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!