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G+L 9/2025

Gärten

Gärten

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20|09

25

MAGAZIN FÜR LANDSCHAFTSARCHITEKTUR

UND STADTPLANUNG

GÄRTEN


SILENCIO – Ruhe in Bewegung.

Drehbare Liegen, die sich jeder Blickachse anpassen –

für entspannte Momente und pertekt inszenierte Landschaftsräume.

ÜBER 90 JAHRE

Lebensräume für morgen.

Mit Holz, Herz und Verstand.

Nusser Stadtmöbel GmbH & Co. KG 71364 Winnenden Telefon 07195/693-111 nusser@stadtmoebel.de stadtmoebel.de


EDITORIAL

Während sich die globale Landschaft im Jahr 2025 weiterhin

durch soziale Spannungen und wirtschaftliche Unsicherheiten

verändert, bleibt der Garten – sei er privat, öffentlich oder

gemeinschaftlich gepflegt – ein Raum der Flucht und Ruhe. Für

viele von uns, besonders in urbanen Umgebungen, ist ein Garten

mehr als nur ein Ort für Pflanzen: Er wird zu einem Wunschtraum,

der uns an gesunde, friedliche und verbindende Momente

erinnert. Doch angesichts zunehmender Urbanisierung und

Raumknappheit bleibt die Frage: Wie können wir den Garten

demokratisieren? Wie können solche Oasen für möglichst viele

Menschen zugänglich werden, anstatt nur einigen Privilegierten

vorbehalten zu bleiben?

Dass Gärten nicht nur an privaten Wohnhäusern

zu finden sind, zeigen die elf

Projekte, die wir in dieser Ausgabe vorstellen.

Am Schloss Heidegg im Schweizer

Kanton Luzern etwa gestaltete das Büro

koepflipartner landschaftsarchitektur

einen historischen Rosengarten um. Über

den Prozess und das Ergebnis sowie

mehr zu zehn weiteren Projekten lesen Sie

ab Seite 12.

In dieser Ausgabe widmen wir uns deswegen dem Garten als

Paradedisziplin der Landschaftsarchitektur und stellen elf außergewöhnliche

Gartengestaltungsprojekte vor. Mit dabei ist etwa

ein historischer Rosengarten, der zeitgenössisch transformiert und

um Staudenpflanzungen ergänzt wurde. Oder ein neu angelegter

Privatgarten an einem Bungalow aus den 50er-Jahren. Ebenso

wie die Anlagen um – und auf – zwei städtischen Wohngebäuden

in Zürich. Die Bandbreite der Projekte ist groß und

zeigt, was in Gärten möglich ist – und was sie zu Klimaresilienz,

Biodiversität und gesellschaftlicher Teilhabe beitragen können.

Darüber hinaus diskutieren wir in dieser Ausgabe innovative

Ansätze, Gärten im städtischen Raum zu gestalten und zu teilen.

Denn: Eine spannende Bewegung bildet sich hier bereits heraus,

angetrieben von städtischen Initiativen, sozialen Projekten und

kreativen Raumkonzepten, die gezielt gegen soziale Ungleichheit

arbeiten. Gärten werden hierbei nicht nur als grüne Inseln

konzipiert, sondern als Begegnungsstätten, die Austausch,

Gemeinschaft und Resilienz fördern. Soziologin Christa Müller

von der anstiftung berichtet uns hierfür im Interview über die

Urban-Gardening-Bewegung in Deutschland – während uns

Pflanzplanerin Sonja Schwingesbauer Einblicke in ihren eigenen

Garten gibt und über die Rolle und Bedeutung von Pflanzplanung

spricht.

Freuen Sie sich auf eine besonders bunte Ausgabe der G+L.

Coverfoto: Dieter Ruckstuhl; Illustrationen: Georg Media

THERESA RAMISCH

CHEFREDAKTION

t.ramisch@georg-media.de

ANNA MARTIN

REDAKTION

a.martin@georg-media.de

G+L 3


Thea

Flexibel kombinieren.

Vielfältig gestalten.

F0x

Törna

Thea


INHALT

AKTUELLES

06 SNAPSHOTS

09 MOMENTAUFNAHME

The floor is (not) lava

10 SPEZIAL

Zwischen Termindruck und Kreativität

GÄRTEN

12 PROJEKTVORSTELLUNGEN – TEIL 1

Vom Rosengarten am Schloss Heidegg über den Münchner Elisabethmarkt bis

zum Bungalowgarten in Bonn

20 „PFLANZEN SIND NICHT MEHR NUR BEIWERK“

Pflanzplanerin Sonja Schwingesbauer im Interview

24 C. TH. SØRENSEN: 39 GARTENPLÄNE

Warum das Buch auch nach fast 60 Jahren noch aktuell ist – eine Rezension

28 PROJEKTVORSTELLUNGEN – TEIL 2

Von der Zürcher Siedlung Hardturm über die Hauptverwaltung von Sachsen­

Energie in Dresden und den Campus Garden in Heilbronn bis in die Flensburger

Landschaftsgärten

36 DIE FÜNFTE FASSADE ALS MÖGLICHKEITSRAUM

Ein Kommentar von Architekt Benedict Esche

38 DER GÄRTNER DER NATION

Eine Buchrezension der ersten kritischen Biografie zu Karl Foerster

42 PROJEKTVORSTELLUNGEN – TEIL 3

Von der Installation „Grow Together Grow Green“ über die Siedlung Zwischenbächen

in Zürich und den Wildflower Garden in Hamburg bis zur Seeuferpromenade

in Paradiso

50 „IN GEMEINSCHAFTSGÄRTEN GESTALTEN MENSCHEN AKTIV MIT“

Soziologin Christa Müller im Interview

54 VOM LUXUS, DER KEINER IST

Ein Kommentar von Norbert Kühn von der Technischen Universität Berlin

PRODUKTE

Herausgeber:

Deutsche Gesellschaft

für Gartenkunst und

Landschaftskultur e.V.

(DGGL)

Pariser Platz 6

Allianz Forum

10117 Berlin-Mitte

www.dggl.org

56 LÖSUNGEN

Bodenbeläge und Licht

im Außenbereich

RUBRIKEN

62 Impressum

62 Lieferquellen

63 Stellenmarkt

64 DGGL

66 Sichtachse

66 Vorschau

G+L 5


SNAPSHOTS

der G+L

Redaktion

ARCHITEKTEN-

KAMMERN

BAYERN & BERLIN

STARTEN VER-

GABEKOMPASS

Die Bayerische Architektenkammer und

die Architektenkammer Berlin starteten

jeweils Ende Juni bzw. Anfang Juli

den kostenlosen Online-Service „Vergabekompass“.

Die Plattformen unter

www.beste-vergabe.bayern und

www.beste-vergabe.berlin entstanden in

einem gemeinsamen Pilotprojekt auf Basis

einer österreichischen Lösung. Sie sollen

sowohl Planungsbüros als auch Vergabestellen

bei der Orientierung im Vergabewesen

unterstützen. Im jeweiligen

Vergabekompass werden Vergabeverfahren

systematisch erfasst, gesichtet

und dargestellt sowie bewertet. Das

Angebot umfasst sowohl Architekturwettbewerbe

nach den Richtlinien für

Planungswettbewerbe (RPW) sowie

Verfahren gemäß der Vergabeverordnung

(VgV) öffentlicher Auftraggeber –

Letztere bislang nur im Vergabekompass

der AK Bayern, für Berlin soll dies jedoch

in Kürze folgen. Besonders kleine und

mittlere Büros sollen von der verbesserten

Transparenz bei Vergabeverfahren

profitieren können.

WETTBEWERB

ZUR LGS

SCHROBEN-

HAUSEN 2031

ENTSCHIEDEN

Das Berliner Büro Geskes.Hack Landschaftsarchitekten

GmbH hat den

Wettbewerb für die Daueranlage der

Landesgartenschau Schrobenhausen

2031 gewonnen. Die Jury kürte den

Entwurf Anfang August einstimmig zum

Sieger. 14 Landschaftsarchitekturbüros

hatten sich am anonymen Verfahren

beteiligt. Das Konzept des Siegerentwurfs

sieht die Integration von Gewässern

ins Stadtbild, neue Grünflächen

und die gestalterische Einbindung von

Hochwasserschutzmaßnahmen vor.

Neben der Aufwertung des historischen

Stadtwalls plant das Büro einen

neuen Bürgerpark an den Eisweihern

sowie einen Sportpark an der Paar mit

direktem Flusszugang. Stadtrat und

Aufsichtsrat entscheiden im Oktober

über die weitere Beauftragung.

LENNÉ-PREIS

2025 GEHT AN

STEPHAN LENZEN

Stephan Lenzen, Landschaftsarchitekt und

Präsident des bdla, erhält den Lenné-Preis

2025 der Lenné-Gesellschaft Bonn.

Gewürdigt werden seine Leistungen im

Sinne Lennés in Stadt- und Landschaftsgestaltung.

Lenzen ist Inhaber des Büros

RMP SL und gestaltete unter anderem –

unter Berücksichtigung ursprünglicher

Pläne von Lenné – das BUGA-Gelände

Koblenz sowie Projekte in Bonn, Köln und

Berlin. Die Preisverleihung findet am

23. Januar 2026 in Bad Godesberg statt

– zum zehnjährigen Bestehen der Gesellschaft

und am 160. Todestag Lennés.

Visualisierung: Geskes.Hack Landschaftsarchitekten

6 G+L


AKTUELLES

SNAPSHOTS

BEGEHBARE

INSTALLATION

ALS NEUER

DRITTER ORT

Mit „FLUX“ verfügt die Pinakothek der

Moderne in München seit Juni über

einen öffentlich zugänglichen, konsumfreien

Aufenthaltsort im Außenbereich

sowie dem Bereich des Wintergartens.

Die temporäre Installation der britischen

Künstlerin Morag Myerscough – mit

leuchtenden Farben und geometrischen

Formen markant gestaltet – verbindet

Kunst, Aufenthaltsqualität und Partizipation.

Pavillons, Sitzbereiche und ein

„Kitchen Garden“ schaffen vielfältige

Nutzungsmöglichkeiten. Als „Dritter

Ort“ soll FLUX Dialog, Begegnung und

kulturelle Teilhabe fördern. Das Projekt

wurde von der Stiftung Pinakothek der

Moderne, der Thomas Kirch Stiftung

sowie der Kirch Stiftung gefördert und

wird für fünf Jahre bestehen. Es richtet

sich ausdrücklich an ein breites Publikum

und ergänzt das Museumsangebot

durch Veranstaltungen, Bildungsformate

und informelle Nutzung im

öffentlichen Raum.

oben: Foto: Axel König; unten links: Foto: Jens Willebrand, 2023; unten rechts: Foto: Dr. Andreas Müller

Der Deutsche Städtebaupreis 2025 geht

an den BOB Campus in Wuppertal

(linkes Bild). Das Projekt überzeugte

durch die Transformation einer Industriebrache

zu einem lebendigen Ort für

Wohnen, Arbeiten und Bildung – partizipativ

geplant und architektonisch

sensibel umgesetzt, so DASL-Präsidentin

Monika Thomas zum Preisträger-Projekt.

Den Sonderpreis „Umbaukultur in der

zirkulären Stadt“ erhält der Kellogg Pier

in Bremen (rechtes Bild). Hier zeigt sich,

wie industrielle Bauten durch kreative

Umnutzung und nachhaltige Konzepte

in identitätsstiftende Stadtbausteine

verwandelt werden können. Fünf weitere

Projekte erhielten eine Auszeichnung

sowie sieben Projekte eine Belobigung.

Ausgelobt wird der mit 25 000 Euro

dotierte Preis alle zwei Jahre von der

Deutschen Akademie für Städtebau und

Landesplanung (DASL), gefördert von

der Wüstenrot Stiftung. Mit der Auszeichnung

werden Projekte gewürdigt,

die Impulse für nachhaltige, zukunftsfähige

Stadtentwicklung setzen.

DEUTSCHER

STÄDTEBAUPREIS

2025 VERGEBEN

G+L 7


SIEGERENTWURF FÜR LINDAUER

ZECHWALD-AREAL GEKÜRT

Der Architektenwettbewerb zum Lindauer

Zechwald-Areal ist entschieden: Das

Büro schneider+schumacher (Frankfurt)

mit Carla Lo Landschaftsarchitektur

(Wien) erhält den ersten Preis. Der

Entwurf sieht ein autofreies Quartier mit

rund 300 Wohnungen, 12 000 Quadratmetern

Gewerbeflächen und

Holz-Hybrid-Bauten vor. Geplant sind

hofartige Blöcke mit Gastronomie,

Gemeinschaftsräumen, einer Kita sowie

soziale Einrichtungen. Der Freiraum wird

durchgrünt, mit Biodiversitäts- und

Retentionsflächen, schattenspendenden

Bäumen und einer Verlängerung des

Kopernikusplatzes. Die Leiblachstraße

soll als Spielstraße integriert werden.

Juryvorsitzende Lydia Haack lobte unter

anderem die hohe städtebauliche

Qualität des Siegerentwurfs. Der Baustart

wird frühestens 2028 erwartet.

WETTBEWERB

ZUM KLIMA-

QUARTIER

RAMERSDORF

ENTSCHIEDEN

15-MINUTEN-

STADT:

WEITER ALS

GEDACHT

Noch mehr Beiträge zu Nachrichten aus Stadtplanung

und Landschaftsarchitektur, aktuellen

Diskussionen und Brancheninfos gibt es auf

unserer Webseite garten-landschaft.de.

Einfach den QR-Code scannen und loslesen.

Die 15-Minuten-Stadt ist in Deutschland

vielerorts Realität – auch in kleinen und

mittleren Städten. Laut einer neuen

BBSR-Studie erreichen Menschen

durchschnittlich drei Viertel der typischerweise

für den Alltag wichtigen Einrichtungen

wie Supermärkte, Kitas oder Arztpraxen

innerhalb von 15 Minuten zu Fuß

oder mit dem Fahrrad. Analysiert wurden

über 24 Einrichtungen anhand einheitlicher

Kriterien; Geh- und Radzeiten flossen

differenziert nach Altersgruppen in einen

Der Realisierungswettbewerb für das

Klimaquartier Ramersdorf in München

ist entschieden. Den 1. Preis erhielt die

ARGE dressler mayerhofer rössler

architekten und stadtplaner mit a+p

Architekten und michellerundschalk

landschaftsarchitektur. Ziel des Wettbewerbs

war die Entwicklung eines

klimaneutralen und klimaresilienten

Quartiers im Bestand der ehemaligen

„Ami-Siedlung“ südwestlich des Karl-

Preis-Platzes. Gefordert waren zusätzlicher

Wohnraum, eine neue Quartiersmitte

sowie ein Freiraumkonzept zur

Stärkung der Biodiversität und Aufenthaltsqualität.

Ausgelobt wurde

der Wettbewerb von der Münchner

Wohnen.

Index ein. Laut BBSR profitieren unterschiedlichste

Quartiere von guter Nahversorgung

– ohne soziale Verdrängung.

Darüber hinaus gibt die Studie praxisnahe

Empfehlungen, darunter gezielte Maßnahmen

wie Nachverdichtung, bessere

Rad- und Gehwege sowie eine aktive

Einbindung der Bevölkerung. Die Studie

ist auf der Webseite des

BBSR – über den nebenstehenden

QR-Code –

kostenfrei abrufbar.

oben: Visualisierung: Rhomberg Bau; Mitte: Visualisierung: dressler mayerhofer rössler / a + p / michellerundschalk

8 G+L


MOMENTAUFNAHME

AKTUELLES

MOMENTAUFNAHME

THE FLOOR IS

(NOT) LAVA

ANNA MARTIN

Projekt: CO₂ntext, © Foto: Heidi Horten Collection

Vom Sofa zum Couchtisch zum Sessel: Im Kinderspiel „Der Boden ist Lava“ gilt es, die vermeintlich

gefährliche, glühende Fläche des Wohnzimmerbodens nicht zu berühren. Möbel werden zu rettenden

Inseln in der Glut. Im Wiener Hanuschhof wird dem heißen Boden nun entgegengewirkt: Für das

Projekt „CO 2

ntext“ gestaltete das Grazer Künstlerkollektiv Holla Hoop den Innenhof im 1. Bezirk Wiens

mit farbigen Flächen und Punkten. Das verfolgt nicht nur ästhetische Zwecke: Zum Einsatz kam eine

UV-reflektierende Spezialfarbe, die Sonneneinstrahlung stärker zurückwirft als asphaltierte Flächen.

Mit der Maßnahme soll zum einen die Oberflächentemperatur im Hanuschhof gesenkt werden. Zum

anderen wird der weltweite CO 2

-Ausstoß visuell greifbar gemacht: Jede der Flächen steht für ein Jahr,

die Punkte in den Flächen wiederum entsprechen den Mengen des ausgestoßenen CO 2

– je Punkt

eine Milliarde Tonnen. Der unregelmäßig geformte Innenhof liegt klassisch zwischen den Gebäuden

der Blockrandbebauung; die dort Ansässigen – die Heidi Horten Collection, die Bundestheater-Holding

und ART for ART – setzten das Projekt um. Der kühlende Effekt des Projekts soll nicht nur deren Mitarbeitenden,

sondern auch Besucher*innen zugutekommen.

G+L 9


SPEZIAL

ZWISCHEN

TERMINDRUCK

UND

KREATIVITÄT

Mehr Leichtigkeit im Arbeitsalltag muss kein Luxus sein, erklärt

Landschaftsarchitektin und Referentin Eva-Maria Gleitze.

Dabei kann der Wandel im Kleinen beginnen. Welche Rolle

Stress spielt, was Leichtigkeit ausmacht und wie sie sich im

Arbeitsalltag kultivieren lässt, hat sie für uns zusammengefasst.

EVA-MARIA GLEITZE

AUTORIN

Eva-Maria Gleitze ist

Landschaftsarchitektin

sowie Referentin

und ausgebildete

Yogalehrerin. Sie

begleitet

Planer*innen dabei,

im oft fordernden

Büroalltag mehr

Leichtigkeit und

Klarheit im

beruflichen Tun

wiederzufinden. In

Workshops,

Seminaren und

Coachings vermittelt

sie praxisnahe

Methoden zur

Stressbewältigung.

In einem Arbeitsfeld, das von komplexen Anforderungen, hoher Verantwortung

und ständigen Veränderungen geprägt ist, wird Leichtigkeit oft als Luxus empfunden

– oder gar als Illusion. Doch genau sie ist es, die uns Zugang zu mehr Freude,

Kreativität und Wirksamkeit im Berufsalltag verschafft. Wie also gelingt der

Weg dorthin?

Leichtigkeit ist mehr als ein Zustand ohne Stress. Sie ist das Gefühl innerer Freiheit,

verbunden mit Klarheit, Energie und einem guten Gespür für sich selbst. Viele

Planer*innen beschreiben Leichtigkeit als: „Wenn die To-do-Liste abgearbeitet ist“,

„wenn ich konzentriert arbeiten kann, ohne ständig unterbrochen zu werden“ oder

„wenn ich Freiraum für Entscheidungen und kreative Prozesse habe“. Leichtigkeit

entsteht nicht, wenn wir mehr leisten, sondern wenn wir bewusster arbeiten – mit

klaren Prioritäten und einem wohlwollenden Blick auf unsere Grenzen.

KI – ERLEICHTERUNG ODER ÜBERFORDERUNG?

Um Leichtigkeit zu kultivieren, ist es hilfreich, sich dem Gegenteil zuzuwenden: dem

Stress. Stress ist kein individuelles Versagen, sondern eine natürliche Reaktion auf

Überforderung. Doch dauerhaft aktivierter Stress führt zu körperlicher und seelischer

Erschöpfung. Studien zeigen: Die häufigsten Stressfaktoren sind Zeitdruck, hohe

Arbeitsdichte, unklare Erwartungen und gestörte Kommunikation im Team. Dabei wird

10 G+L


SPEZIAL

STRESSBEWÄLTIGUNG IM ARBEITSALLTAG

oft übersehen, dass Stress immer auch subjektiv ist – er entsteht aus der Wechselwirkung

zwischen äußeren Reizen und unserer inneren Bewertung.

Ein aktueller Aspekt, der den Büroalltag zunehmend verändert, ist der Einsatz von

künstlicher Intelligenz (KI). In der Planung kann sie wertvolle Unterstützung bieten: bei

Routineaufgaben, bei der Datenanalyse, im Entwurf oder sogar in der Kommunikation.

Richtig eingesetzt, schafft KI echte Entlastung – und damit auch Potenzial für mehr

Leichtigkeit. Doch KI kann auch zur Quelle neuen Stresses werden: wenn Erwartungen

steigen, wenn die Technik überfordert, wenn sich die Arbeitsweise zu schnell wandelt.

Oder wenn das Gefühl entsteht, nicht mehr mithalten zu können. Es braucht also nicht

nur technische Kompetenz, sondern auch mentale Klarheit: Wofür will ich KI einsetzen?

Wo unterstützt sie mich – und wo überfordert sie mich vielleicht? Leichtigkeit im digitalen

Wandel entsteht nicht durch blinde Nutzung, sondern durch bewusste Integration.

KI darf Werkzeug sein – nicht Taktgeber.

STRESSBEWÄLTIGUNG BRAUCHT STRATEGIE

Der Körper ist unser Frühwarnsystem. Enge Schultern, flache Atmung oder ein dauerangespannter

Bauch sind Hinweise darauf, dass wir im Überlebensmodus sind. Und je

länger dieser Zustand anhält, desto schwerer fällt es uns, klar zu denken, kreativ zu

handeln oder gelassen zu kommunizieren. Der Schlüssel liegt deshalb im bewussten

Zurückschalten – durch einfache, alltagstaugliche Übungen, die den Körper entspannen,

die Gedanken sortieren und die Emotionen regulieren. Bewegungsimpulse helfen,

Spannungen abzubauen, Atemtechniken fördern Ruhe und Klarheit, und individuell entwickelte

Routinen zwischen den Aufgaben schaffen mehr Bewusstheit im Tun.

Viele denken bei Stressbewältigung an radikale Veränderungen. Doch nachhaltiger

Wandel beginnt im Kleinen. Eine hilfreiche Strategie zur Stressbewältigung beginnt

damit, die eigenen Belastungssituationen bewusst zu erkennen. Wer versteht, was

genau Stress auslöst, kann auch die körperlichen Reaktionen besser einordnen – sei es

durch Anspannung, Unruhe oder Erschöpfung. Daraus entsteht die Grundlage für

Reflexion: Was braucht es, damit Entlastung möglich wird – innerlich wie im äußeren

Umfeld? Im nächsten Schritt geht es darum,

wirksame Methoden zu finden, die

helfen, akute Anspannung zu regulieren.

Und schließlich: Was sich bewährt, darf

in Form von kleinen, alltagstauglichen

Routinen Teil des Arbeitsalltags werden –

als langfristige Stärkung für mehr Gelassenheit

und Selbstwirksamkeit. Dabei

zeigt sich oft: Es geht nicht darum, mehr

zu tun, sondern anders zu handeln – mit

mehr Bewusstheit.

LEICHTIGKEIT IST MACHBAR

Der Körper ist unser

Frühwarnsystem. Enge

Schultern, flache

Atmung oder ein dauerangespannter

Bauch

sind Hinweise darauf,

dass wir im Überlebensmodus

sind.

Ein leichter Büroalltag beginnt nicht nur

bei der Einzelperson, sondern braucht

auch eine Kultur, die Leichtigkeit erlaubt.

Bewegte Meetings, bewusst gesetzte Pausen,

realistische Zielsetzungen und eine offene Kommunikationskultur fördern nicht nur

das Wohlbefinden, sondern auch die Produktivität. Denn wo Leichtigkeit herrscht, entsteht

Raum für echte Zusammenarbeit, für Innovation – und für Menschlichkeit.

Leichtigkeit bedeutet nicht, es allen recht zu machen, sondern sich selbst ernst zu nehmen

– mit allem, was da ist. Wer lernt, gut mit sich umzugehen, stärkt nicht nur die

eigene Gesundheit, sondern auch die Qualität der Arbeit. Beginnen Sie mit einer

kleinen Übung: Setzen Sie sich aufrecht hin, atmen Sie tief ein und aus – und erinnern

Sie sich daran, dass Leichtigkeit nichts ist, das man sich verdienen muss. Sie ist ein

natürlicher Zustand, zu dem wir alle zurückfinden können.

G+L 11


07

10

08

Luxemburg

05

03

06

02

04

09

01

Italien

08

11

12

G+L


GÄRTEN

ÜBERSICHTSKARTE

Vom Dachgarten fürs Büro über den zeitgemäß umgestalteten

Rosengarten bis hin zum Privatgarten am Bungalow aus den

50er-Jahren: Gärten sind längst keine reine Zierde mehr. Ob

privat, halböffentlich oder kommunal – sie bieten Erholungsraum,

bringen Menschen zusammen, fördern Biodiversität, puffern

Regen oder mindern Hitze. Während Betonflächen weiter

wachsen, werden grüne Rückzugsorte zu gefragten Alleskönnern

für klimaresiliente Städte. Doch der Garten ist nicht nur

Funktionsträger, sondern auch Bühne für Gestaltung und Teilhabe.

In dieser G+L-Ausgabe zeigen wir Projekte, die zwischen

privatem Refugium und Landschaftsgarten changieren – mal

leise, mal laut, nie beliebig. Wer wissen will, was Gärten heute

wirklich leisten, sollte genau hinschauen. Es lohnt sich.

Rosengarten Heidegg

Gelfingen, Schweiz

01 09

Elisabethmarkt

München, Deutschland

02 10

Bungalowgarten

Bonn, Deutschland

03 11

Siedlung Zwischenbächen

Zürich, Schweiz

Wildflower Garden

Hamburg, Deutschland

Seeuferpromenade

Paradiso, Schweiz

04

05

06

07

08

Siedlung Hardturm

Zürich, Schweiz

SachsenEnergie

Dresden, Deutschland

Gastrogarten

Heilbronn, Deutschland

Flensburger Landschaftsgärten

Flensburg, Deutschland

Installation Grow Together,

Grow Green

Mailand und Bergamo, Italien,

und Luxemburg

AUTOR DER PROJEKTVORSTELLUNGEN:

TOBIAS HAGER

G+L 13


MITTE: Zuvor waren

die Beete streng

geometrisch angelegt.

Die Buchseinfassungen

wurden im Zuge der

Umgestaltung entfernt.

UNTEN: Der neu

gestaltete Rosengarten

– öffentlich

für alle zugänglich –

wirkt nun lebendiger

und offener.

OBEN: Das Büro

koepflipartner

landschaftsarchitektur

entwickelte ein neues

Konzept für den

Rosengarten von

Schloss Heidegg: Die

Planer*innen

komponierten die

Bepflanzung der Beete

neu und ergänzten

historische Rosensorten

um Stauden.

oben: Plan: koepflipartner; Mitte: Foto: koepflipartner; unten: Foto: Dieter Ruckstuhl

14 G+L


GÄRTEN

ROSENGARTEN SCHLOSS HEIDEGG

01

ROSENGARTEN

SCHLOSS HEIDEGG

LANDSCHAFTSARCHITEKT*INNEN:

koepflipartner landschaftsarchitektur

Luzern

GELFINGEN, SCHWEIZ

AUSFÜHRUNG FREIANLAGEN:

Amstutz Gartenbau Emmen

BAUHERR*INNEN:

Kanton Luzern,

Dienststelle Immobilien Luzern

HERSTELLER*INNEN:

MOBILIAR / AUSSTATTUNG: Glatz Sonnenschirme,

Fermob Stühle und Tische

LIEFERUNG ROSEN: Baumschulen

Reichenbach, Hausen a. Albis; Schultheis

Rosen, Bad Nauheim

FLÄCHE: 800 Quadratmeter

PLANUNGSZEIT: 2022 bis 2023

BAUZEIT: Herbst/Winter 2023

bis Frühling 2024

KOSTEN: 165 000 Schweizer Franken /

155 000 Euro

Es gibt Gärten, die ihre Geschichte nicht

in Schildern, sondern in Duft, Farben und

Blickachsen erzählen. Der Rosengarten

von Schloss Heidegg im Schweizer

Kanton Luzern ist so ein Ort – und er hat

eine lange, bewegte Historie. 1700 ließ

die Stadt Luzern den Terrassengarten mit

Pavillon und Ringmauer anlegen, der bis

heute das Bild des Schlosses prägt. Ab

1950 avancierte er unter dem Einfluss

des damaligen Zeitgeists zu einem der

bekanntesten Rosengärten der Schweiz.

Inspiriert wurde dies – so will es die

Überlieferung – von Bundeskanzler

Konrad Adenauer, der bei einem Besuch

1951 den Satz äußerte: „Hier sollten

Rosen blühen.“

Doch die Ära der klassischen Edelrosen

neigte sich ihrem Ende zu. Sie sind nicht

nur pflegeintensiv, bewässerungs- und

pflanzenschutzhungrig, sondern gelten

heute auch in ökologischer Hinsicht

als problematisch. Zudem hatte sich das

Publikum verändert – Rosenlieb haber*innen

sind inzwischen eine kleine,

meist ältere Zielgruppe. Vor diesem

Hintergrund entwickelte das Büro

koepflipartner landschaftsarchitektur

gemeinsam mit der kantonalen Denkmalpflege

Luzern ein Konzept, das die

Geschichte des Gartens respektiert und

gleichzeitig eine zeitgemäße, ökologische

Antwort gibt.

Die strenge Geometrie der Beete blieb

als räumliches Gerüst erhalten, doch ihre

Füllung wurde neu komponiert. Robuste,

staudenverträgliche historische Rosensorten

wurden mit einer reichen Auswahl

an Stauden kombiniert – insgesamt

135 Rosen und 1 200 Stauden. Die

Pflanzung folgt einer didaktischen

Dramaturgie: Wer von West nach Ost

durch den Garten flaniert, kann die

Entwicklung der Rose als Gartenpflanze

von der frühen Neuzeit bis heute nachvollziehen.

Das Ergebnis ist ein jahreszeitlich

wechselndes Farb- und Duftspiel,

das von Frühjahr bis Herbst visuelle und

sensorische Reize bietet.

Die Buchseinfassungen verschwanden

– zu groß waren Pflegeaufwand und

Schädlingsdruck. Stattdessen entstanden

offene Übergänge, breitere Kieswege und

neue Schattenbereiche. Vor dem Schloss

wurde die Kiesfläche vergrößert, um

Gruppenaufenthalte zu erleichtern. Die

neue Mischpflanzung hat die ökologische

Vielfalt spürbar erhöht: Insekten, Kleintiere

und sogar Eidechsen finden hier neue

Lebensräume. Der Pflegebedarf ist gering,

Pflanzenschutzmittel werden praktisch

nicht mehr benötigt.

Heute wirkt der Garten lebendiger und

zugänglicher als je zuvor. Besucher*innen

beschreiben ihn als „Märchen“ oder

„Gemälde“ mit Schloss, See und Alpen

im Hintergrund, loben die romantische

Verspieltheit und die ständige Entdeckungsfreude

beim Flanieren. Die Anlage

ist öffentlich zugänglich und wird nicht

nur von Schlossgästen, sondern auch

gerne von den Menschen der umliegenden

Dörfer genutzt, als Ort der Kontemplation

oder um den Sonnenuntergang

zu genießen.

Der Rosengarten Schloss Heidegg ist

damit ein Beispiel dafür, wie Gartendenkmalpflege

im 21. Jahrhundert aussehen

kann: traditionsbewusst, ökologisch,

ästhetisch und offen für alle – ein Ort, der

Geschichte nicht konserviert, sondern

weiterwachsen lässt. Darüber hinaus zeigt

das Projekt, wie historische Gartenanlagen

durch behutsame, zukunftsorientierte

Eingriffe ihre kulturelle Strahlkraft nicht nur

bewahren, sondern sogar erweitern.

G+L 15


OBEN LINKS:

Gemeinsam mit

bogevischs buero

entwickelte bauchplan

).( ein Konzept zur

Sanierung des

Elisabethmarkts – unter

anderem über ein

partizipatives Planspiel.

OBEN RECHTS: Auf

zwei begrünten

Dachterrassen kann

man sich aus dem

Markttreiben

zurückziehen.

UNTEN: Durch die

gewählte Struktur des

Markts entstehen

Gassen und Plätze mit

vertraut wirkender

Atmosphäre.

Plan: bauchplan ).(; Fotos: bauchplan ).( david riek

16 G+L


GÄRTEN

ELISABETHMARKT MÜNCHEN

02

ELISABETHMARKT

LANDSCHAFTSARCHITEKT*INNEN:

bauchplan ).(

MÜNCHEN, DEUTSCHLAND

ARCHITEKT*INNEN:

bogevischs buero

AUSFÜHRUNG FREIANLAGEN:

Hallertauer Landschaft GmbH & Co. KG

– Landschafts- und Sportplatzbau

BAUHERR*INNEN:

Landeshauptstadt München,

Kommunalreferat Markthallen

HERSTELLER*INNEN:

MOBILIAR/ AUSSTATTUNG: Greenleaf

GmbH & Co. KG

BELAG: GIMA; Godelmann

ENTWÄSSERUNG: H&S GmbH & Co.

KG; ACO

BEPFLANZUNG: Baum & Bonheur, Nettetal

(Gehölze); Stauden-Panitz, Rottenburg

a.d. Laaber (Stauden)

BEWÄSSERUNG: ZAAQ-Zanker Aquacomfort,

Neuried

FLÄCHE: 1 Hektar

PLANUNGSZEIT: 2019 bis 2024

BAUZEIT: 2023 bis 2024

KOSTEN: 2 Millionen Euro

WEITERES:

Anerkennung polis-award 2025

München liebt seine Märkte – aber der

Elisabethmarkt in Schwabing war lange

ein Problemfall. Über Jahre hinweg galt

er als „unsanierbar“. Unterschiedliche

Interessen von Händlerschaft, Anwohner*innen,

Stadtverwaltung und Sparkasse

– die auf dem angrenzenden

Grundstück ein Projekt realisierte – blockierten

sich gegenseitig, Initiativen

scheiterten im Wechselspiel aus Misstrauen

und Planungsstillstand. Erst ein

ungewöhnlicher Weg brachte Bewegung

in die Sache: „Über ein partizipatives

Planspiel in mehrreihigen öffentlichen

Workshops entstand letztlich in Kooperation

mit bogevischs buero ein Konzept, in

dem sich alle Beteiligten wiedergefunden

haben“, sagt Tobias Baldauf von bauchplan

).( über das Projekt. Die zwei Büros

entwickelten so ein tragfähiges Konzept

für den Elisabethmarkt.

Das Ergebnis ist eine behutsame, aber

deutliche Neuinterpretation des Marktes:

ein kleinteiliger, zeitgemäßer Marktraum

mit nostalgischem Flair und neuen Aufenthaltsqualitäten

– sowohl kommerziell

als auch kommerzfrei. Zwei begehbare

Dachterrassen setzen markante Akzente

und bieten einen Ort, um sich aus dem

Markttreiben zurückzuziehen, umgeben

von den Baumkronen der benachbarten

Grünflächen.

Die Marktstruktur wurde so angelegt,

dass eine Abfolge von Gassen und

Plätzen entsteht, geprägt von der historischen

Münchner Gehwegplatte aus

Klinker. Das erzeugt eine vertraute, fast

dörfliche Atmosphäre, die dennoch offen

für Neues bleibt. Flexible Möblierung –

kleine Tische und Stühle, die aus den

Fassaden geklappt werden können –

unterstützt die wechselnde Nutzung,

ob für den schnellen Espresso oder das

längere Gespräch. Extensive Dachbegrünungen

auf den Zeltdächern verbessern

nicht nur das Klein klima, sondern

auch die problematische Entwässerungssituation.

Besonderen Wert legte das Planungsteam

auf eine Gestaltung, die sowohl dem

Alltag als auch besonderen Anlässen

gerecht wird. Die Atmosphäre soll heimelig

wirken – mit Lichtakzenten wie Lichterketten

– und zugleich funktional bleiben.

Auch Rad- und Fußwege sind klar integriert,

gut ausgeleuchtet und verbinden den

Markt mit dem umliegenden Stadtraum.

Die Dachterrassen auf den Flachbauten

wurden intensiv begrünt, unter anderem

mit rankenden Pflanzen, die das Stadtgrün

in die Höhe ziehen.

Der Elisabethmarkt ist so zu einem Ort

geworden, der historische Markttradition

mit zeitgemäßer Aufenthaltskultur verbindet.

Er bietet Raum für Handel und

Begegnung, für spontane Gespräche und

geplante Veranstaltungen – und beweist,

dass selbst lange blockierte Orte zu neuem

Leben erweckt werden können, wenn

Planung, Beteiligung und Gestaltung auf

Augenhöhe stattfinden.

Darüber hinaus zeigt das Projekt beispielhaft,

wie eine partizipative Planungsmethodik

nicht nur architektonische und

funktionale Qualitäten verbessern, sondern

auch soziale Gräben überbrücken

kann. Der neue Elisabethmarkt ist damit

mehr als ein Ort des Einkaufens: Er ist

ein Symbol dafür, dass Stadtentwicklung

im Dialog entstehen muss – und dass

dabei Orte entstehen, die von allen

getragen werden.

G+L 17


OBEN: Landschaftsarchitekt

Noël Besgen

gestaltete in Bonn den

Garten eines

Bungalows aus den

50er-Jahren neu. Der

Garten fungiert nun als

eine Art erweitertes,

grünes Wohnzimmer.

MITTE: Innen- und

Außenräume gehen

nach der Umgestaltung

fließend ineinander

über.

UNTEN: Ebenfalls in die

Umgestaltung integriert

wurde ein Mikrohaus

mit Dachbegrünung.

Plan und Fotos: Noël Besgen / besgen Landschaftsarchitektur

18 G+L


GÄRTEN

PRIVATGARTEN BONN

03

BUNGALOWGARTEN

LANDSCHAFTSARCHITEKT*INNEN:

Noël Besgen, Landschaftsarchitekt AKNW

BONN, DEUTSCHLAND

ARCHITEKT*INNEN:

Wolfgang Leuschner

BAUHERR*INNEN:

privat

HERSTELLER*INNEN:

MOBILIAR / AUSSTATTUNG: ADEZZ;

gartana

BELAG: Schellevis; Cotto D’Este

ENTWÄSSERUNG: Hunter

BELEUCHTUNG: IP44

FLÄCHE AUSSENANLAGEN:

circa 600 Quadratmeter

PLANUNGSZEIT: 2022 bis 2024

BAUZEIT: circa zehn Monate

KOSTEN:

Außenanlagen inklusive Bewässerungsanlage

und Licht: circa 100 000 Euro;

gartana Mikrohaus: circa 65 000 Euro

Es gibt Häuser, die tragen den Geist ihrer

Entstehungszeit in jeder Linie – und

Gärten, die diesen Geist neu zum Leuchten

bringen können. Der Bungalowgarten in

Bonn-Röttgen ist ein solcher Fall. Das

Gebäude, ein freistehender Bungalow aus

den 50er-Jahren, entworfen vom Architekten

Wolfgang Leuschner, war über Jahrzehnte

von seinem ursprünglichen Außenraum

eingerahmt. Die Umgestaltung durch

das Büro besgen Landschaftsarchitektur

von Noël Besgen nahm die Geschichte

des Hauses ernst, gab dem Garten aber

eine zeitgemäße Gestalt: klimaresilient,

pflegeleicht, klar strukturiert – und zugleich

zurückhaltend genug, um die Architektur

nicht zu übertönen.

„Für uns hat durch die Umgestaltung des

Gartens das Leben neu angefangen. Wir

erleben den Garten und auch das Haus

überraschenderweise komplett neu. Wir

verbringen viel, viel mehr Zeit im Garten

als früher. Wir hätten nicht gedacht, dass

es so einen Unterschied darstellt, dass die

Art des Wohnens und das Leben im Haus

sich durch die Gartenarchitektur absolut

toll verändert!“, sagt das Bauherren-

Ehepaar über den umgestalteten Garten

des Bungalows.

Ziel der Umgestaltung war es, Innen- und

Außenräume fließend zu verbinden,

Blickachsen zu öffnen und den Garten

als „grünes erweitertes Wohnzimmer“

zu inszenieren. Die Planung arbeitet

bewusst mit dem Thema der freistehenden

Bunga lowarchitektur: klare Kanten, großzügige

Freiflächen, offene Übergänge.

Dabei entstand ein fein abgestuftes

Gefüge aus unterschiedlichen Gartenzonen

– vom Atrium-Terrassenpatio über

den grünen Innenhof und die Rasenlichtung

bis hin zu Waldgarten-Kulissen,

skulpturalen Strukturgehölzen und kleinen,

geschützten Sitznischen.

Ein besonderes Element ist das „Mikrohaus“

– ein 6 x 3 Meter großes gartana-

Modul mit Flachdachbegrünung. Es fügt

sich als funktionaler Rückzugs- und Arbeitsraum

harmonisch ins Ensemble ein, nimmt

Materialien und Farben des Gartens auf

und schafft ein neues Spannungsverhältnis

zwischen Architektur und Freiraum.

Die Materialauswahl folgt einer hellen,

freundlichen Linie: Keramikplatten in

großem Format, Sitzelemente und Blockstufen

aus Schellevis-Beton, kombiniert mit

Cortenstahl-Details bei Rasenkanten,

Pflanzkübeln und Beeteinfassungen. Die

Bepflanzung setzt auf robuste Stauden,

Gräser und Gehölze, darunter auch

„Zukunftsbäume“. Im Garten sind nun eine

mehrstämmige Hainbuche („Carpinus

betulus“), eine Kornelkirsche („Cornus

mas“) sowie ein Pagoden-Hartriegel

(„Cornus controversa“) je als Solitärgehölz,

ein Zierapfel ‘Royal Raindrops’ und

eine Zaubernuss ‘Feuerzauber’ sowie eine

Kupfer-Felsenbirne („Amelanchier lamarckii“)

und ein Gewöhnlicher Judasbaum

(„Cercis siliquastrum“) als Schirmgehölze

zu finden. Das Pflanzkonzept nutzt

Farbkontraste gezielt: dunkles Architektur-

Schwarz trifft auf sattes Grün, zarte

Blütenfarben und strukturreiche Blatttexturen.

Saisonale Wechsel inszenieren den

Garten immer wieder neu – vom lichten

Frühlingsaspekt über die sommerliche Fülle

bis zu den filigranen Winterstrukturen.

Bestehende Altbäume blieben erhalten und

wurden als identitätsstiftende Anker in das

neue Gefüge eingebunden.

Das Ergebnis ist ein Garten, der Ruhe und

Offenheit verbindet, die Geschichte des

Ortes respektiert und gleichzeitig ein neues

Wohngefühl ermöglicht. Er ist kein aufdringlicher

Bühnenbildner, sondern ein

Partner der Architektur – und ein Beispiel

dafür, wie sensible Gestaltung das Verhältnis

zwischen Haus, Garten und Bewohner*innen

grundlegend verändern kann.

G+L 19


„PFLANZEN SIND

NICHT MEHR

NUR BEIWERK“

Blühende Stauden, mächtige Baumkronen, sattgrüne Wiesen: Pflanzen

prägen Orte in ihrer Ästhetik, wirken raumbildend – sie können aber noch

mehr. Stand lange Zeit der ästhetische Aspekt im Vordergrund, müssen

Pflanzen in Zeiten des Klimawandels viel mehr leisten, als nur schön zu sein,

sagt Pflanzplanerin Sonja Schwingesbauer. Wie sie in ihrem eigenen Garten

vorgeht, wie aufgeschlossen Auftraggeber gegenüber naturnahen Bepflanzungen

sind und bei welchem Thema noch Optimierungsbedarf besteht,

berichtet sie im Interview.

FRAGEN: ANNA MARTIN

INTERVIEWEE

Sonja Schwingesbauer

ist Pflanzplanerin,

veröffentlichte als

Autorin bereits zwei

Bücher zu naturnahem

Gärtnern und

hält Vorträge. Sie

studierte an der

Universität für

Bodenkultur Wien, an

der sie im Anschluss

auch promovierte.

Von 2013 bis August

2025 war sie für das

Büro DnD Landschaftsplanung

als

Pflanzplanerin tätig.

Nun hat sie ihr

eigenes Ingenieurbüro

für Landschaftsarchitektur

mit

Schwerpunkt

Pflanzplanung und

tiergestützter

Biodiversitätsplanung

in Wien gegründet.

Frau Schwingesbauer, Sie beschreiben

sich selbst als „Laissez-faire-Gärtnerin“.

Wen oder was lassen Sie da mal machen?

Ich versuche, der Natur so weit wie möglich

ihren Lauf zu lassen. Ich finde es sehr

schön, wenn die Natur sich frei entfalten

kann. Aber natürlich ist der Garten keine

Wildnis und soll es auch nicht sein. Er ist

dadurch geprägt, dass wir ihn kultivieren,

bestimmte Pflanzen haben wollen und

andere wiederum nicht. Also greift man

immer wieder lenkend ein. Mein eigener

Garten ist tatsächlich sehr wild, da ich

wenig Zeit finde, in ihm zu arbeiten. Jeder

hat da einen anderen Zugang, wie viel

Kultivierung und Eingriffe es braucht –

oder eben nicht.

Sie haben ihn bereits angesprochen:

Seit fast 20 Jahren gärtnern Sie im eigenen

Garten, Ihrem „Hortus Pannonicus“.

Was steckt denn hinter dem Namen, und

was zeichnet Ihren Garten aus?

Der Name ergab sich aus der Region.

Wir befinden uns hier im Weinviertel

im Nordosten Österreichs. Die Region

ist stark vom pannonischen Klima geprägt.

Daraus ergab sich dann „Hortus

Pannonicus“.

Ich stamme nicht aus dieser Region, ich

komme ursprünglich aus dem Voralpenraum

in der Steiermark. Mein Elternhaus

liegt in der submontanen Zone. Dort

herrscht ein ganz anderes Klima, es ist

viel waldreicher, es ist hügelig. Vor

20 Jahren kam ich hier ins Weinviertel

– mit ganz anderem Klima, anderer

Landschaft. Man hat diese Weite, es ist

flach, sehr windig, heiß, trocken, viel

extremer. Auch der Boden ist anders.

Das löst viel in einem aus, weil man sich

noch mal ganz neu auf einen Garten,

auf einen Ort einlässt.

Mir haben schon während des Studiums

die Pflanzen, die im pannonischen

Klimaraum wachsen, gut gefallen. Der

Steppensalbei kommt wild vor, und auch

Pflanzen wie die Kugeldistel und die

Kartäusernelke wachsen hier. Viele Arten

also, die auch in gärtnerischer Kultur

verwendet werden. Federgräser zum Beispiel

kommen für extensive Dachbegrünungen

zum Einsatz, weil sie mit dem

Extremen zurechtkommen. Das wollte ich

20 G+L


GÄRTEN

INTERVIEW MIT SONJA SCHWINGESBAUER

in den Garten holen. Mein Garten ist relativ

wild. Rund um meinen Garten herum

besteht eine sehr intensive Kulturlandschaft,

man sieht leider nicht mehr viel von

diesen natürlich vorkommenden Pflanzen.

Diesen wollte ich hier wieder Raum geben.

Sie umfassen circa zwei Drittel des

Gartens. In einem weiteren Teil – weil es

ursprünglich ein Bauernhof war – wachsen

typische Bauerngartenpflanzen, also

Gemüse, Obstbäume, Beerensträucher,

aber auch klassisch eine Hecke, die den

Staub abhält. Alle Vege tationselemente,

die man typischerweise in einem Garten

vorfindet, wollte ich hier unterbringen. Für

mich ist mein Garten ein Experimentalgarten,

in dem ich alles ausprobieren kann.

Foto oben: Sandra Tauscher; Foto unten: Sonja Schwingesbauer

Wenn auch nicht

immer im Vordergrund

stehend, lässt sich in

die meisten Planungen

der Aspekt des

ökolo gischen Werts

einbinden, sagt Sonja

Schwingesbauer. So

sind Blüten beispielsweise

eine wichtige

Nahrungsquelle für

viele Insekten.

Was kann eine gute Pflanzplanung

leisten, zum Beispiel in einem landschaftsarchitektonischen

oder freiraumgestalterischen

Projekt?

Pflanzen erfüllen verschiedenste Funktionen.

Lange Zeit stand der ästhetische

Aspekt im Vordergrund. Pflanzen verleihen

Freiräumen nun mal einen eigenen

Charakter, eine Atmosphäre. Baumarten

wirken zum Beispiel raumbildend. Die

Ästhetik tritt aber mittlerweile in den

Hintergrund – als Pflanzplaner hat man

mit anderen Herausforderungen zu

kämpfen, besonders im städtischen Raum:

mit Extremen wie Hitze und Starkregenereignissen.

Man betrachtet die ökologischen

Funktionen der Pflanzen wieder

stärker und überlegt beispielsweise, ob

man das Mikroklima an einem Ort durch

Baumpflanzungen verbessern kann. Als

Sickermuldenbegrünungen nehmen

Pflanzen Wasser auf und filtern es. Diese

Aspekte stehen nun stärker im Fokus als

noch vor 15 Jahren. Inzwischen ist bei

jedem Projekt eine große Anforderung,

dass die Pflanzen viel mehr leisten müssen,

als nur schön zu sein. Sie sind nicht

mehr nur Beiwerk.

Sie arbeiten als Pflanzplanerin, jetzt mit

Ihrem eigenen Büro und davor zwölf

Jahre lang für DnD Landschaftsplanung.

Legen Sie Auftraggeber*innen eine naturnahe

Bepflanzung nahe, und falls ja,

stoßen Sie damit auf Widerstände?

Ich zwinge niemandem etwas auf. Auch

der Auftraggeber hat seine Bedürfnisse.

Unsere Aufgabe als Planer*innen ist es,

das umzusetzen, was er sich vorstellt.

Zudem kommt es immer auf das Projekt

an, nicht immer steht der ökologische

Wert im Vordergrund. Das Gute ist aber,

dass man diesen Aspekt fast immer in die

Planung einfließen lassen kann. Gerade

Blüten erfreuen fast jeden Menschen –

und damit schafft man schon einen ökologischen

Wert, denn Blüten sind eine

wichtige Nahrungsquelle für viele Insekten.

Inzwischen wünschen sich aber auch

sehr viele Auftraggeber, dass der ökologische

Wert beachtet wird, und oft ist

er durch Gebäudezertifizierungen gefordert.

Da ist dann Thema: Wie wertvoll ist

die Begrünung aus ökologischer Sicht?

Werden heimische Pflanzen verwendet?

Dann kommt noch die Pflege dazu, mit

der man viel Positives leisten, aber auch

viel an ökologischen Aspekten verändern

oder verhindern kann.

Pflanzplanerin Sonja

Schwingesbauer stellt

fest, dass die Bedeutung

von Pflanzen für

Stadt, Gestaltung und

Freiräume inzwischen

erkannt wird. Ein

Thema, bei dem es

jedoch weiterhin viel

zu tun gibt, ist die

Pflege.

G+L 21


In ihrem eigenen

Garten, dem Hortus

Pannonicus, gibt Sonja

Schwingesbauer den

natürlich im Weinviertel

vorkommenden

Pflanzen wieder Raum.

Viele Auftraggeber sind inzwischen eher

positiv gestimmt, nur sind die Vorstellungen

davon, was eine naturnahe Planung

dann bedeutet, oft andere. Viele Menschen

haben nicht mehr so einen starken

Bezug zur Natur. Sie sind in einem städtischen

Umfeld aufgewachsen und haben

eine romantische Vorstellung von Natur.

Wenn dann zu viel Getier herumfliegt, ist

oft zuerst eine gewisse Angst oder Reserviertheit

da. Leider kennt man auch eher

jene Tiere, die Schäden anrichten, und

hat Sorge, es könnte mit dem Anlocken

von Wildtieren zu Problemen kommen.

Bei Totholz tauchen solche Fragen zum

Beispiel immer wieder auf: Wenn wir

Tieren Totholz anbieten und das Gebäude

selbst auch mit Holz gebaut wird, gehen

die Tiere dann auch aufs Gebäude?

Was sie nicht tun. Wir sehen darin keinen

Konflikt. Man muss versuchen, das dann

im Gespräch zu klären.

Unterscheidet sich, was Sie in Gärten auf

dem Land anpflanzen würden von dem,

was man im Garten in der Stadt anpflanzen

kann?

Ich würde es schon unterscheiden, aktuell

erkennt man – in Österreich – jedoch

keinen großen Unterschied mehr. Es gibt

ja auch einen Wechsel: Viele Leute leben

einige Jahre in der Stadt, ziehen dann

aufs Land und nehmen die städtische

Lebensweise mit. Zum Beispiel, dass man

sich mehr abgrenzt. In Österreich und in

Deutschland möchte man eine Hecke und

quasi sein Refugium schaffen, in dem man

seine Ruhe hat. Also der eigene Garten

als Erholungsparadies, in dem man wenig

Einflüsse von außen haben möchte. In

Holland, in nordischen Ländern oder

auch schon je weiter man in Deutschland

in den Norden kommt, ist es oft offener,

so mein Eindruck.

Sonst sehe ich keine starken Unterschiede

mehr, auch bei den Auftraggebern – das

hat sich angeglichen. Bei unseren Projekten

achte ich aber natürlich darauf, wo

wir uns befinden. Zum Beispiel auf dem

Land: Bin ich nah an einer naturnahen

Fläche oder einer wertvollen Kulturlandschaft?

Wie breiten sich Arten, die ich

dort einbringe, möglicherweise aus?

Gibt es Pflanzen, die Sie heute – mit

Blick auf den Klimawandel – nicht mehr

pflanzen können, die vor zehn Jahren

aber noch weit verbreitet waren, mit den

heutigen Bedingungen aber nicht mehr

klarkommen? Wie gehen Sie mit solchen

Entwicklungen um?

Der Osten Österreichs, der Wiener

Raum generell, war schon immer sehr

stark durch dieses heiße, kontinentale

Klima geprägt. Deshalb sind wir hier

schon relativ weit, was klimaangepasste

Pflanzungen betrifft. Ich war vor Kurzem

auf einer Tagung zum Klimawandel,

„Grüne Antworten auf heiße Fragen“,

organisiert von Häussermann Stauden +

Gehölze. Dort ging es vor allem um

diese Fragen, und in den Vorträgen habe

ich gesehen, dass in Deutschland und

Westösterreich, wo das Klima bisher

ausgeglichener war, die Herausforderungen

größer sind als im Osten Österreichs.

Hier sind wir schon länger

gewöhnt, dass wir Bäume brauchen, die

etwa mit Hitze und Starkwindereignissen

zurechtkommen.

Bei mir selbst kann ich nicht feststellen,

dass ich sage, bestimmte Pflanzen kann

ich gar nicht mehr verwenden. Allerdings

pflanzen wir zum Beispiel keinen Eisenhut

mehr. Der ist stark giftig, da muss man

sich generell gut überlegen, wo man ihn

verwendet. Eisenhut ist aber eine eindrucksvolle

Pflanze mit ihrem schönen

Blau und dem kerzenförmigen Blütenstand.

Solche Pflanzen, die eine gewisse

Luftfeuchte, klimatisch ausgeglichene,

kühle Bedingungen benötigen, kann

man kaum noch verwenden. Auch den

Wald-Geißbart, eine heimische Pflanze,

kann man deshalb nicht mehr überall

setzen. Solche Pflanzen tun sich inzwischen

mit den Klimaveränderungen

zunehmend schwer.

Was wünschen Sie sich vonseiten der

Auftraggeber*innen, Ihren Kolleg*innen

aus der Planer*innenschaft oder auch

der Öffentlichkeit in Bezug auf die

Pflanzplanung für die Zukunft?

Es ist durchwegs angekommen, dass

Pflanzen wichtig sind – für die Stadt, für

die Gestaltung und für Freiräume generell

im Siedlungsraum. Das hat sich gut

etabliert. Das Thema, bei dem noch viel

zu tun ist, ist die Pflege. Gerade im

Bereich naturnahes Pflegen: Die ökologische

Pflege ist zwar auch angekommen,

aber trotzdem bewegen wir uns noch sehr

nah am klassischen Ansatz. Man schneidet

vieles einfach zurück, achtet nicht auf

die Schnittzeitpunkte, schneidet alle

Flächen gleichzeitig, etwa auch Wiesen,

die ein tolles Grünelement sein können.

Damit kann man Gelege zerstören oder

Schmetterlingen und anderen Wildtieren

die Nahrungsquelle nehmen. Pflege ist

ein ganz großes Thema – dass überhaupt

und dass richtig gepflegt wird. Da gibt

es in den nächsten Jahren noch viel zu

tun, zu lernen und zu optimieren. Und

natürlich lernen wir auch immer wieder

von der Natur selbst.

Foto: Sonja Schwingesbauer

22 G+L


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G+L 23


REZENSION

C. TH. SØRENSEN:

39 GARTENPLÄNE

Ein Grundriss, 39 Gartenentwürfe: 1966 veröffentlichte der

dänische Landschaftsarchitekt Carl Theodor Sørensen erstmals

seine „39 Gartenpläne“. Im vergangenen Jahr erschien

nun bei Lars Müller Publishers die Neuauflage auf Deutsch,

ergänzt um Annotationen von Günther Vogt. Warum das Buch

auch fast 60 Jahre später noch aktuell und lesenswert ist,

zeigt Julia Treichel in ihrer Rezension auf.

JULIA TREICHEL

C. Th. Sørensen

39 Gartenpläne:

Ungewöhnliche

Gärten für ein

gewöhnliches Haus

Neuauflage

Mit Annotationen

von Günther Vogt

Herausgegeben von

AUTORIN

Julia Treichel

absolvierte an der

TU München den

Bachelor und Master

in Landschaftsarchitektur

und arbeitete

danach in diversen

Büros im Raum

München und in

Mailand. Derzeit ist

sie bei michellerundschalk

in München

tätig. Daneben

engagiert sie sich

auch freiberuflich in

Theorie und Praxis

zu sozialen und

gestalterischen

Fragen der Umwelt.

In den letzten Jahrzehnten sei durch die

digitale Planung und die verstärkte

Ausrichtung auf architektonische und

städtebauliche Fragestellungen zunehmend

grundlegendes Wissen über

Gestaltungsprinzipien und den Umgang

mit Pflanzen verloren gegangen, erklärt

Landschaftsarchitekt Jonathan Stimpfle

im Vorwort zur Neuauflage von Carl

Theodor Sørensens „39 Gartenpläne:

Ungewöhnliche Gärten für ein gewöhnliches

Haus“. Er fügt hinzu: „Dabei sind

genau diese Schwerpunktthemen der

Profession gerade im aktuellen Stadtlandschaftsdiskurs

gefragter als jemals zuvor.“

Ein überzeugender Grund, das 1966

erstmals erschienene, 1979 auf Deutsch

veröffentlichte und mittlerweile vergriffene

Werk neu aufzulegen und in einen zeitgemäßen

Kontext zu stellen.

WORUM ES GEHT:

Die Originalausgabe von Carl Theodor

Sørensens „39 Gartenpläne“ versammelt

39 unterschiedliche Entwürfe für Gärten

mit identischem Grundriss. Jeder Plan

bietet eine eigenständige Gestaltungsidee,

die den Garten in seiner räumlichen,

funktionalen und atmosphärischen

Jonathan Stimpfle

Lars Müller

Publishers, 2024

144 Seiten,

122 Abbildungen

ISBN 978-3-03778-

745-8

40 Schweizer Franken

/ 40 Euro

Cover: Lars Müller Publishers

24 G+L


GÄRTEN

BUCHREZENSION „39 GARTENPLÄNE“

Der dänische

Landschaftsarchitekt

C. Th. Sørensen

versammelte in

seiner Publikation

39 unterschiedliche

Entwürfe für Gärten

mit identischem

Grundriss – darunter

etwa auch den

„Spielgarten“. Im

vergangenen Jahr

erschien eine

Neuauflage auf

Deutsch mit

Annotationen.

Produktaufnahme von „39 Gartenpläne: Ungewöhnliche Gärten für ein gewöhnliches Haus, Jonathan Stimpfle (ed.)”, Lars Müller Publishers, 2024

Wirkung jeweils neu interpretiert. Das

Buch versteht sich als Untersuchung der

vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten im

kleinen Maßstab und vermittelt grundlegende

Prinzipien der Gartenarchitektur

– klar, reduziert und zeitlos modern. Die

Neuauflage erweitert dieses Konzept

durch Kommentare von Günther Vogt,

einen Einblick in Sørensens Leben und

Werk sowie einen Exkurs zur Frage

„Was lernen wir von Sørensen?“. Damit

wird das Buch zu einer inspirierenden

Ver bindung zwischen klassischer Landschaftsarchitektur

und zeitgenössischer

Gartengestaltung.

WAS DIE AUTOREN AUSZEICHNET:

An diesem Werk haben mehrere Autoren

mitgewirkt. Günther Vogt, einer der

einflussreichsten Landschaftsarchitekten

der Gegenwart, bringt mit seinen

Kommentaren einen reichen Erfahrungsschatz

und tiefes Wissen ein. Jonathan

Stimpfle ergänzt das Buch durch ein

stimmungsvolles Vorwort sowie eine

wertvolle biografische Einführung zu Carl

Theodor Sørensen und seinem Schaffen.

Dennoch bleibt der wichtigste Autor

natürlich Sørensen selbst. Als einer der

bedeutendsten dänischen Landschaftsarchitekten

des 20. Jahrhunderts prägte

er über Jahrzehnte die moderne Gartenund

Freiraumgestaltung Skandinaviens.

Sein Werk besticht durch klare, funktionale

Formen und ein tiefes Verständnis

für den sozialen und kulturellen Wert von

Grünräumen. Wie Sven-Ingvar Andersson

hervorhebt, betrachtete Sørensen die

Gartenkunst als die demokratischste aller

Künste. Dieses Verständnis wird in seiner

Publikation „39 Gartenpläne“ ebenso

deutlich wie in seinen Entwürfen von

Bau- und Gerümpelspielplätzen sowie

Parkanlagen.

DAS IST EINE WICHTIGE AUSSAGE:

„Wenn man nur ein kleines bisschen

persönliche Freiheit aufgibt, kann etwas

entstehen, das ein größeres Erlebnis

bietet, als ein Einzelner allein erreichen

kann.“ (Seite 119)

DAS IST EINE PROVOKANTE AUSSAGE:

„Dänische Einfamilienhäuser haben

alles. Es fehlt ihnen nur an Charakter.“

(Seite 110)

DER KLAPPENTEXT WIRD ERFÜLLT, WEIL

… er genau das verspricht, was das

Büchlein im Inneren bietet: eine Einordnung

aktueller Tendenzen und das Potenzial

alternativer Entwurfskonzepte – sowohl

durch die Gartenpläne von C. Th.

Sørensen als auch durch die Anmerkungen

von Günther Vogt.

MIT DIESEM WISSEN AUS DEM BUCH

KANN MAN ANGEBEN:

Etwa mit der Tatsache, dass die seit den

1950er-Jahren als adventure playgrounds

in England, als Robinsonspielplätze in

der Schweiz und als Abenteuerspielplätze

in Deutschland bekannt gewordenen

Spielplätze auf C. Th. Sørensen

zurückgehen, der bereits in den 1930er-

Jahren die sogenannten Bau- und

Gerümpelspielplätze „erfand“. Das darin

erkennbare Einfühlungsvermögen in die

Bedürfnisse von Nutzenden ist weniger

reines Fachwissen als vielmehr eine

Haltung, die sich durch die gesamte

Publikation zieht. Sørensen selbst betonte

den pädagogischen Wert seiner

Gartenpläne: Sie sollen vor allem dazu

anregen, die eigene Vorstellungskraft zu

schulen. So vermittelt die Lektüre weit

mehr als gestalterische Prinzipien – sie

zeigt, wie mit den Elementen Wand,

Boden und Inhalt kraftvolle Strukturen

entstehen können, die als wandelbare

G+L 25


REZENSION

und nutzungsoffene Freiräume für den

Menschen gedacht sind.

MEHR KLASSIKER ALS TREND, WEIL …

… Sørensens Ansatz der Variantenstudie

sich auch heute noch grundlegend auf

gestalterische Projekte übertragen lässt

und nichts von seiner Relevanz eingebüßt

hat. Einzelne Gestaltungsvorschläge –

wie etwa großflächige Kiesflächen –

mögen aus heutiger Perspektive kritisch

hinterfragt werden, doch seine Herangehensweise

war nie als starre Anleitung

gedacht. Vielmehr bieten seine

Konzepte eine inspirierende Grundlage

für ein eigenständiges, reflektiertes

Arbeiten im Freiraum. Für Gartenbesitzende,

Gärtner*innen und Planer*innen

gleichermaßen stellen sie einen wertvollen

Impuls zur Auseinandersetzung mit dem

Außenraum dar.

KURZER SATZ ZU…

HAPTIK Mit seinen rund 140 Seiten liegt

das Büchlein angenehm in der Hand. Die

matten, griffigen Seiten unterstreichen den

hochwertigen Eindruck und laden zum

Blättern und Verweilen ein.

DESIGN Das Layout überzeugt durch

eine ansprechende, minimalistische

Gestaltung. Die klare typografische Trennung

zwischen Sørensens Originaltexten

und den ergänzenden Inhalten der Neuauflage

– etwa durch unterschiedliche

Farben und Schriften – fördert die Orientierung

und unterstützt ein angenehmes,

übersichtliches Leseerlebnis.

LESEFLUSS Die Texte im Buch variieren

in Stil und Ton je nach Autor*in, was auch

durch die jeweilige Übersetzung beeinflusst

ist. Die Originaltexte von Carl Theodor

Sørensen wurden 1979 von Gunnar

Martinson und Helle Borup ins Deutsche

übertragen – beide waren mit Sørensens

Werk eng vertraut, jedoch keine deutschen

Muttersprachler*innen. Einige

Formulierungen mögen daher ungewohnt

erscheinen, zugleich aber verleihen sie

den Texten eine atmosphärische Dichte,

durch die die Entwürfe gedanklich klar

und lebendig werden. Das erstmals ins

Deutsche übersetzte Vorwort von Sven

Ingvar-Andersson bietet eine wertvolle

und angenehm lesbare Einführung. Abgerundet

wird das Buch durch die Beiträge

von Günther Vogt und Jonathan Stimpfle,

die sowohl klar und nachvollziehbar als

auch stellenweise poetisch und inspirierend

formuliert sind.

BILDSPRACHE Die Zeichnungen zu

Sørensens „39 Gartenplänen“ bilden

einen besonders eindrucksvollen Teil der

Publikation. In einer Zeit, in der die

Handzeichnung im planerischen Alltag

zunehmend in den Hintergrund tritt,

entfalten seine klaren Linien eine bemerkenswerte

gestalterische Kraft. Ergänzt

werden sie im hinteren Teil des Buches

durch ausgewählte Fotografien realisierter

Projekte, die Sørensens gestalterische

Handschrift im gebauten Raum anschaulich

nachvollziehbar machen.

INFORMATION Die Verbindung von

Sørensens Originalplänen und -texten

mit den ergänzenden Beiträgen von

Günther Vogt und Jonathan Stimpfle

macht das Buch zu einem stimmigen

Gesamtwerk. Es vermittelt einen klaren

Einblick in Sørensens Gestaltungsdenken

und zeigt auf, wie seine Konzepte vom

kleinen Garten bis in größere Maßstäbe

übertragbar sind.

WAS SONST NOCH WICHTIG WÄRE:

Die Neuauflage hinterfragt kritisch das

siedlungsstrukturelle Ideal des Einfamilienhauses,

das Sørensens Gartenverständnis

zugrunde liegt, und zeigt zugleich, wie

sich seine grundlegenden Gestaltungsansätze

und Elemente auf unterschiedlichste

Kontexte übertragen lassen – von dichten

innerstädtischen Räumen bis hin zu locker

bebauten oder ländlichen Siedlungsformen.

So regt das Buch eine zeitgemäße

Auseinandersetzung mit dem Typus des

(Stadt-)Gartens in neuen Maßstäben und

räumlichen Zusammenhängen an.

Hier geht es zu

„39 Gartenplänen“

auf der Webseite

des Verlags.

26 G+L


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OBEN: Einen

funktionalistischen

Erschließungshof

transformierten die

Planer*innen in einen

grünen Wohnhof.

MITTE LINKS: Das

Büro ORT AG für

Landschaftsarchitektur

erneuerte die

Freiräume der Siedlung

Hardturm.

MITTE RECHTS: Auf

der Dachterrasse

wurden Betonplatten

aufgestapelt und

für Trockenmauern

umgenutzt.

UNTEN: Mit der Umgestaltung

wurden die

Freiräume neu definiert

und ökologische

Pro zesse gestärkt.

Plan: ORT AG für Landschaftsarchitektur; Fotos: Thomas Haug, Zürich

28 G+L


GÄRTEN

SIEDLUNG HARDTURM ZÜRICH

04

SIEDLUNG HARDTURM

LANDSCHAFTSARCHITEKT*INNEN:

ORT AG für Landschaftsarchitektur, Zürich

MITARBEITER*INNEN:

Gesa Behm, Deborah Akosah,

Jael Germann, Matthias Hartmann,

Florian Seibold

ZÜRICH, SCHWEIZ

ARCHITEKT*INNEN (UMBAU):

häni joho birchler architekten gmbh,

Zürich; Neubau circa 2000

von Stücheli Architekten

AUSFÜHRUNG FREIANLAGEN:

DACHGARTEN: Lüscher Gartenbau,

Zürich

FREIRAUM STADTEBENE: Berger Gartenbau,

Kilchberg

BAUHERR*INNEN:

Baugenossenschaft Kraftwerk 1

FLÄCHE DACHEBENE:

Umgebungsfläche: 626 Quadratmeter

Gebäudefläche: 624 Quadratmeter

Total: 1 250 Quadratmeter

FLÄCHE STADTEBENE:

Umgebungsfläche (bearbeitet):

3 200 Quadratmeter

Fußabdruck Gebäude: 1 330 Quadratmeter

Total bearbeitete Fläche: 4 530 Quadratmeter

PLANUNGSZEIT: 2020 bis 2023

BAUZEIT: 2023 (Etappe 1)

bis 2025 (Etappe 2)

KOSTEN: BKP 42, circa 1 Million

Schweizer Franken

Manchmal sind es nicht die großen

Budgets, sondern die klugen Ideen, die

Projekte zu Vorbildern machen. Die

Siedlung Hardturm der Baugenossenschaft

Kraftwerk 1 in Zürich, seit ihrer

Errichtung ein Meilenstein des genossenschaftlichen

Wohnungsbaus, stand nach

25 Jahren vor einer Frischzellenkur. Die

Architekten häni joho birchler hatten sich

der baulichen Erneuerung angenommen

– und aufseiten des Freiraums kam mit der

ORT AG für Landschaftsarchitektur ein

Team ins Spiel, das aus dem Bestand das

Maximum an Qualität herausholte. Ziel

war es, nicht nur zu verschönern, sondern

klima-, gesellschafts- und umweltwirksam

aufzuwerten – und das mit einem

schlanken Budget.

Im Zentrum standen zwei Flächen: eine

karge Dachterrasse und ein funktionalistischer

Erschließungshof. Beide galten

bislang als Nutzräume ohne eigentliche

Aufenthaltsqualität. Die Wünsche der

Bewohner*innen, gesammelt in einem

intensiven partizipativen Prozess, waren

klar: weniger Versiegelung, mehr Grün,

mehr Raum für Begegnung, mehr Schatten.

Daraus entstanden zwei eigenständige,

aber inhaltlich verknüpfte Teilprojekte

– die Verwandlung des Dachs in

eine Dachoase und die Neuinterpretation

des Hofs als grüner Wohnhof, beschreibt

die Ort AG das Projekt. „Beide bauen

auf den vor Ort bestehenden Potenzialen

und Materialien auf“, so das Büro zu den

zwei Teilprojekten.

Auf dem Dach wurden die ehemals

versiegelnden Betonplatten nicht entsorgt,

sondern als niedrige Trockenmauern

wiederverwendet. Sie umfassen Pflanzflächen

mit ausreichend Wurzelraum für

Zier- und Obstgehölze, die künftig

Schatten spenden. Lücken in den Mauern

bieten Lebensraum für spezialisierte

Pflanzen und Mauerritzenbewohner. So

entstand ein ökologisch wertvoller Raum

mit hoher Aufenthaltsqualität, ergänzt um

einen Pavillon und eine Pergola, die den

Blick über die Stadt rahmen.

Die Stadtebene wandelte sich vom reinen

Durchgangsraum zu einem vielschichtigen

Mosaik aus Sitzbereichen, Pflanzzonen

und durchlässigen Belägen. Niedrige

Stampfbetonmauern strukturieren die

Flächen, brechen Höhenunterschiede auf

und schaffen klare Aufenthaltsorte. Wo

früher Asphalt dominierte, wachsen heute

Kräuterrasen, Stauden, Kleinsträucher

und Ruderalpflanzen. Zahlreiche Bäume

wurden neu gepflanzt, um Mikroklima

und Aufenthaltsqualität zu verbessern.

Parkplätze wurden reduziert und konzentriert,

Velos finden nun Platz in gestapelten

Pavillons.

Die Haltung hinter diesem Projekt ist

programmatisch: Re-Use ist hier nicht

dekorative Geste, sondern zentrales

Entwurfsprinzip. Die Materialität erzählt

die Geschichte des Ortes weiter, anstatt

sie zu löschen. Gleichzeitig werden ökologische

Prozesse gestärkt, soziale Begegnungen

gefördert und der Freiraum als

flexible Ressource neu definiert.

Mit der Pflege der Anlage ist ein erfahrener

Brachen- und Permakulturgärtner

betraut – eine Entscheidung, die sicherstellt,

dass aus der initialen Aufwertung

ein langfristig lebendiger Ort wird. Die

Siedlung Hardturm zeigt damit exemplarisch,

wie man mit wenigen, gezielten

Eingriffen und einer klaren gestalterischen

Vision aus vermeintlich alltäglichen Freiräumen

atmosphärische, funktionale und

ökologische Oasen schafft.

G+L 29


OBEN: Für den Neubau

der Hauptverwaltung

der SachsenEnergie AG

gestaltete das Büro

Blaurock Landschaftsarchitektur

die Freiräume

– auf Erdgeschoss-

Niveau sowie zwei

Dachgärten.

MITTE: Aluminiumgefasste

Beete und

großformatige

Plattenbeläge prägen

die Freiräume rund ums

Gebäude.

UNTEN: Auf den

Dachgärten sind sowohl

Zier- als auch

Nutzpflanzen sowie

Gehölze zu finden.

oben: Plan: Blaurock Landschaftsarchitektur; Mitte und unten: Bildquelle: Blaurock Landschaftsarchitektur, Fotograf: Christoph Reichelt

30 G+L


GÄRTEN

HAUPTVERWALTUNG SACHSENENERGIE DRESDEN

05

HAUPTVERWALTUNG

SACHSENENERGIE

LANDSCHAFTSARCHITEKT*INNEN:

Blaurock Landschaftsarchitektur

DRESDEN, DEUTSCHLAND

ARCHITEKT*INNEN:

gmp International GmbH

WEITERE PLANUNGSBÜROS:

Brunn und Möllers GmbH & Co. KG

(EG LPH 1 bis 4)

AUSFÜHRUNG FREIANLAGEN:

HEIDEL Garten- und Landschaftsbau

(Dach); Eiffage Infra-Ost GmbH (EG)

BAUHERR*INNEN:

Projektgesellschaft Anbau CITY CENTER

Dresden GmbH & Co. KG (PACC)

HERSTELLER*INNEN:

MOBILIAR / AUSSTATTUNG: Hess GmbH

Licht + Form (Abfallbehälter); FMK

Feinblech- und Metall-Sonderkonstruktion

GmbH (Beeteinfassung EG); Tecto Dachbaustoffe

GmbG (Beeteinfassung Dach)

BELAG: Godelmann GmbH & Co. KG

ENTWÄSSERUNG: ACO Inotec GmbH

BEPFLANZUNG: Vulkatec GmbH (Substrat);

Stauden-Ihm GmbH (Stauden); Bruns

Pflanzen-Export GmbH & Co. KG (Bäume)

BELEUCHTUNG: Hess GmbH Licht + Form

DACHBEGRÜNUNG: Nophadrain GmbH

(Dach und EG); Zinco GmbH (EG)

ABSTURZSICHERUNG: Optigrün international

AG

BEWÄSSERUNG: SPOWATEC GmbH

FLÄCHE: 1 140 Quadratmeter Dachflächen,

davon 730 Quadratmeter intensiv

begrünt; 4 770 Quadratmeter Außenanlagen

EG, davon 2 480 Quadratmeter

als Dachbegrünung der Tiefgarage

PLANUNGSZEIT: 2020 bis 2022

BAUZEIT: 2022

KOSTEN: 1,5 Millionen Euro (netto) /

1,76 Millionen Euro (brutto)

AUSZEICHNUNG: 1. Platz, Preis des

sächsischen Garten- und Landschaftsbaus

2022

Wenn ein neues Bürogebäude mehr sein

will als nur eine Hülle für Arbeitsplätze,

dann muss auch der Freiraum ein Statement

setzen. Mit der Hauptverwaltung der

SachsenEnergie AG am Friedrich-List-Platz

in Dresden ist ein Ensemble entstanden,

das Arbeitswelt und Grünraum eng miteinander

verknüpft – vom begrünten Erdgeschoss

bis zu den intensiv bepflanzten

Dachgärten im 5. und 6. Obergeschoss.

Die Freianlagen konzipierte das Büro Blaurock

Landschaftsarchitektur.

„Inmitten urbaner Dichte und abseits des

Schreibtisches schafft unser Dachgarten

einen offenen Raum des Rückzugs, der

Begegnung und des Miteinanders für die

Mitarbeitenden“, sagt Anne Sieber von

Blaurock Landschaftsarchitektur. „Üppige

und essbare Bepflanzung, gemeinschaftlich

nutzbare Flächen und einladende Sitzmöglichkeiten

machen ihn zu einem Ort, der

Arbeit, Erholung und Gemeinschaft vereint

– eine grüne Oase im Arbeitsalltag mit

weitem Blick über die Stadt“, führt sie aus.

Der Außenraum wurde als grüner Rahmen

gedacht, der Gebäude und Stadtraum

vermittelt. Im Erdgeschoss fassen großzügige,

intensiv bepflanzte Flächen das

Gebäude ein, schaffen Abstand zu Straßen

und Nachbargrundstücken und leisten

durch Verdunstungskühlung und Artenvielfalt

einen Beitrag zur Klimaanpassung.

Aluminiumgefasste Beete, teils mit Sitzfunktionen,

und großformatige Plattenbeläge

definieren klare Wege und einladende

Aufenthaltsbereiche.

Im Innenhof bildet die Kunstinstallation

„Reifentreiben“ der Künstlerin Bignia Wehrli

einen visuellen Anker. Inspiriert vom

gleichnamigen Kinderspiel steht sie

sinnbildlich für Bewegung, Anstoß und

Austausch – und macht den Hof zu einem

identitätsstiftenden Treffpunkt.

Die beiden Dachgärten sind Herzstück und

Alleinstellungsmerkmal zugleich. Hochbeete

mit Kräutern, Beerensträuchern und

Zierpflanzen, mehrstämmige Gehölze und

klare Gestaltungselemente gliedern die

Flächen in Rückzugszonen und Gemeinschaftsbereiche.

Sitznischen, lange Bankelemente

und eine verbindende Plattenfläche

machen sie flexibel nutzbar – ob für

Team-Meetings, Mittagspausen oder Afterwork-Grillabende.

Das Pflanzkonzept kombiniert

Zierwert und Nutzaspekt: Thymian,

Rosmarin, Oregano oder Salbei bereichern

nicht nur das Erscheinungsbild, sondern

auch die Pausenverpflegung.

Technisch erforderte das Projekt Präzision

im Verborgenen. Unterschiedliche Dachaufbauhöhen,

geringe Lastreserven und

gestufte Gebäudedecken machten maßgeschneiderte

Lösungen nötig. Tragfähige

Leichtbauschichten aus Schaumglasschotter,

auflastgehaltene Absturzsicherungen

ohne Dachhaut-Durchdringung sowie eine

optimierte Baustellenlogistik waren zentrale

Bausteine. Viele Materialien mussten

etappenweise per Kran oder – im Fall von

Substraten und Kies – per Einblasverfahren

angeliefert werden.

Das Pflanzkonzept folgt einer klaren Logik:

Wechselnde Blühaspekte vom Frühling bis in

den Winter schaffen Ganzjahresattraktivität.

Aromatische Stauden, essbare Pflanzen und

strukturgebende Gehölze fördern Biodiversität

und binden die Dachgärten atmosphärisch

in das Gebäude ein. Die Ausstattung

mit Wasserspeichermatten, Tropfbewässerung

und Kalksplitt-Mulch reduziert Pflegeaufwand

und Wasserverbrauch.

Das Projekt zeigt, wie sich zeitgemäße

Büroarchitektur und anspruchsvolle Landschaftsgestaltung

zu einem funktionalen

und zugleich atmosphärischen Ganzen

verbinden lassen – ein Modell für grüne

Arbeitswelten, das weit über Dresden

hinaus wirkt. Darüber hinaus verdeutlicht

das Projekt, dass qualitätsvolle Freiraumgestaltung

nicht als „Add-on“, sondern als

integraler Bestandteil von Unternehmensarchitektur

verstanden werden muss.

G+L 31


MITTE: Die Fläche wird

von Pflanzinseln mit

artenreicher Vegetation

gegliedert.

UNTEN: Der Campus

Garden ist so

konzipiert, dass er

verschiedene

Nutzungen zulässt.

OBEN: Mit dem

Campus Garden schuf

das Büro von K

Landschaftsarchitektur

einen gastronomischen

Freiraum auf dem

Bildungscampus in

Heilbronn.

Plan und Fotos: von K GmbH

32 G+L


GÄRTEN

CAMPUS GARDEN HEILBRONN

06

CAMPUS GARDEN

LANDSCHAFTSARCHITEKT*INNEN:

von K GmbH

MITARBEITER*INNEN:

Tobias von Kortzfleisch, Nico Gaulocher,

Thea Ludwig, Joke Theiß

HEILBRONN, DEUTSCHLAND

AUSFÜHRUNG FREIANLAGEN:

Jörg Seidenspinner Garten- und

Landschaftsbau GmbH, Stuttgart

BAUHERR*INNEN:

Schwarz Immobilienmanagement

GmbH & Co. KG

HERSTELLER*INNEN:

BESTUHLUNG UND TISCHE: Weishäupl

SCHIRME: May Gerätebau

BAUMGITTER: Urbidermis

GARTENLAUTSPRECHER: Pronomic

BELAG: vorhandene Betonplatten wiederverwendet

BEPFLANZUNG: zehn Bestandsgehölze

(Zelkoven), um naturnahe, extensive

Sträucher- und Staudenpflanzung ergänzt

BELEUCHTUNG: zwei bestehende Mastleuchten

integriert

FLÄCHE: 450 Quadratmeter

PLANUNGSZEIT: Dezember 2023

bis Juni 2024

BAUZEIT: März 2024 bis April 2025

in zwei Bauabschnitten

Zwischen Bibliothek, Seminarräumen und

Mensa einen Ort zu finden, der Ruhe und

Begegnung gleichermaßen ermöglicht, ist

eine planerische Herausforderung. Mit

dem Campus Garden hat das Büro von K

Landschaftsarchitektur auf dem Bildungscampus

in Heilbronn einen Freiraum

geschaffen, der diesen Spagat meistert –

und zugleich zeigt, wie ein gastronomischer

Außenbereich zur städtischen Visitenkarte

werden kann.

„Der Campus Garden ist kein Garten im

klassischen Sinne, vielmehr die zeitgemäße

Interpretation eines Stadtgartens:

multifunktional, integrativ und mit gestalterischer

Qualität. Wir wollten einen gastronomischen

Freiraum schaffen, der emotional

anspricht, im Alltag Ruhe bietet und

gleichzeitig Gemeinschaft ermöglicht“,

beschreibt Tobias von Kortzfleisch, Inhaber

und Geschäftsführer der von K GmbH,

das Projekt in Heilbronn.

Die Ausgangslage war anspruchsvoll:

eine stark geneigte Bestandsfläche von

rund 450 Quadratmetern im Herzen

des Campus Ost. Durch gezielte Erdmodellierungen

wurde sie terrassiert, teilweise

entsiegelt und so gestaltet, dass ein

subtiler Höhenversatz das natürliche

Gefälle abfängt. Eine Stufe zum Gebäude

hin zoniert den Raum und schafft einen

geschützten Bereich für die Außengastronomie,

während der barrierefreie Zugang

über den nördlichen Hauptweg erhalten

bleibt. Die Flächen vermitteln nun fließend

zwischen Architektur und Natur – offen

zum Campus, aber mit klar erkennbaren

Aufenthaltsqualitäten.

Das räumliche Konzept lebt von einer

differenzierten Zonierung. Pflanzinseln mit

artenreicher Vegetation gliedern die

Fläche, bieten Sichtschutz und schaffen

intime Rückzugsräume. Baum-, Strauchund

Gräserstrukturen fördern Biodiversität

im urbanen Raum und geben dem Garten

über das Jahr eine wechselnde Kulisse.

Das Pflanzkonzept kombiniert strukturgebende

Gehölze wie Duftblüte oder

Wildrose mit texturreichen Gräsern und

Stauden, die gezielte saisonale Akzente

setzen – vom Frühling mit duftender

Katzenminze bis zum Spätsommer mit

hohen Astern und vertikalem Patagonischem

Eisenkraut.

Besondere Aufmerksamkeit gilt der Aufenthaltsqualität.

Eine großzügige Holzbank

im nördlichen Bereich dient nicht nur

als Ruhepunkt, sondern birgt auch versteckten

Stauraum für die Gastronomie.

Hochwertige, pflegeleichte Möbel im

zeitgenössischen Stil, großflächige Sonnenschirme

und eine dezente Materialwahl

schaffen Komfort und visuelle

Klarheit. Der bestehende Plattenbelag aus

Beton wurde wiederverwendet, um

Ressourcen zu schonen und den CO₂-

Fußabdruck zu minimieren.

Das Gesamtkonzept versteht den Campus

Garden als integrativen Ort – offen für

Studierende, Lehrende, Gäste und Stadtgesellschaft.

Er ist Rückzugsort inmitten der

städtischen Dichte, aber auch Treffpunkt

für Gespräche, spontane Workshops oder

gemeinsames Essen. Die Freiraumgestaltung

ist so angelegt, dass sie unterschiedliche

Nutzungen zulässt, ohne an Gestaltungsqualität

zu verlieren.

Der Campus Garden ist damit mehr als

ein gelungenes Gastronomieprojekt. Er

zeigt, wie Freiraum im urbanen Kontext

gleichzeitig funktional, ökologisch und

atmosphärisch sein kann – und wie

sorgfältige Planung Orte schafft, die nicht

nur konsumiert, sondern gelebt werden.

Darüber hinaus verdeutlicht er, dass Freiraumgestaltung

in Bildungs- und Wissensquartieren

eine zentrale Rolle spielt –

nicht nur als Aufenthaltsort, sondern als

strategischer Baustein für Standortattraktivität,

Imagebildung und das soziale

Miteinander einer heterogenen Campusgemeinschaft.

G+L 33


Alter Friedhof

Christiansenhaus

OBEN: In Flensburg

gestaltete WES

LandschaftsArchitektur

drei historische

Grünanlagen um – nun

bilden sie gemeinsam

die Flensburger

Landschaftsgärten.

Eiszeit-Haus

Museumsberg

Sauermannhaus

Fritz-Wempner-Platz

MITTE: Durch die

Parkanlage führen nun

einheitliche Wegeleitund

Möblierungssysteme.

Idstedt-Löwe

UNTEN: Der Museumsberg

ist nun Bestandteil

Christiansenpark

der Flensburger

Landschaftsgärten.

Unter anderem

entstand hier ein

zentrales Plateau mit

Veranstaltungsfläche.

Plan: WES LandschaftsArchitektur; Fotos: Guido Erbring

34 G+L


GÄRTEN

FLENSBURGER LANDSCHAFTSGÄRTEN

07

FLENSBURGER

LANDSCHAFTSGÄRTEN

LANDSCHAFTSARCHITEKT*INNEN:

WES LandschaftsArchitekur

mit Hans-Hermann Krafft

MITARBEITER*INNEN: Claus Rödding,

Sven Schatz, Timm Clasen, Bernd Groth,

Frank Helmke, Lukas Bucher,

Karoline Biermanski, Walter Maas, Klaus

Haase, Henriette Henning,

Frauke Kanowski

FACHPLANER*INNEN:

BELEUCHTUNG: OC|L Lichtplanung,

Oliver Christen, Diephol Beschilderung/

WEGELEITSYSTEM: sis | sign information

systems GmbH, Hamburg

BAUGRUND/GEOTECHNIK: Boden & Lipka

KG, Ingenieur-Geologisches Büro, Kiel

STATIK ENTWURF: Struktur+Festigkeit

Ingenieurgesellschaft mbH, Conrad

Hansen, Kiel

STATIK AUSFÜHRUNG: Rohwer Ingenieur

gesellschaft für Statik und Baukonstruktion,

Handewitt

AUSFÜHRUNG FREIANLAGEN:

WES LandschaftsArchitektur

(Leitungsphasen 1 bis 9)

BAUHERR*INNEN:

Stadt Flensburg, Die Oberbürgermeisterin,

Fachbereich Stadtentwicklung

und Klimaschutz

FLÄCHE: 100 645 Quadratmeter

PLANUNGSZEIT: 2019 bis 2022

BAUZEIT: 2021 bis 2023

KOSTEN: 8 700 000 Euro

AUSZEICHNUNGEN: Nationale Projekte

des Städtebaus, Premiumprojekt 2019;

Deutscher Naturstein-Preis 2024, Besondere

Anerkennung in der Kategorie Landschaftsarchitektur

und Freiraumgestaltung;

Bundespreis Stadtgrün 2024, Anerkennung;

Deutscher Landschaftsarchitektur-

Preis 2025, Nominierung in der Kategorie

„Bauen im Bestand/Historische Bauten“

FLENSBURG, DEUTSCHLAND

Manchmal genügt ein klarer Leitgedanke,

um ein vielschichtiges Projekt über Jahre

hinweg zu tragen. In Flensburg hieß er:

„Ein Stück Stadt auf den Museumsberg

hinaufholen und ein Stück Museumsberg

in die Stadt hinunterbringen“, so formulierte

es Claudia Takla-Zehrfeld, ehemalige

Fachbereichsleiterin Stadtentwicklung und

Klimaschutz der Stadt Flensburg. Dieses

Ziel stand am Anfang einer umfassenden

Neugestaltung, die drei der bedeutendsten

historischen Grünanlagen Schleswig-

Holsteins wieder zu einem zusammenhängenden

Erlebnisraum machte: den

Museumsberg, den Alten Friedhof und

den Christiansenpark. Gemeinsam bilden

sie heute die „Flensburger Landschaftsgärten“

– ein Gartendenkmal mit gesamtstädtischer

Strahlkraft.

Die zehn Hektar große Anlage, einst

bürgerlicher Landschaftsgarten und

Begräbnisstätte, war in den letzten Jahrzehnten

funktional und räumlich fragmentiert.

Die Stadt Flensburg entschloss sich

2018 im Rahmen ihres integrierten Stadtentwicklungskonzepts

zu einer grundlegenden

Aufwertung – mit dem Ziel, das

kulturhistorische Ensemble zu sichern und

gleichzeitig für eine wachsende, diverse

Stadtgesellschaft neu zu interpretieren.

WES LandschaftsArchitektur mit Hans-

Hermann Krafft entwickelten dafür ein

Konzept, das Gartendenkmalpflege,

Naturschutz, Naherholung und Barrierefreiheit

miteinander verknüpft.

Kern des Projekts war die Wiederherstellung

historischer Raumbezüge und Sichtachsen,

die Verbesserung der Erschließung

und die behutsame Integration

neuer Nutzungen. Am Museumsberg

entstand ein zentrales Plateau mit Veranstaltungsfläche,

das die Topografie betont

und Verbindungen zur Altstadt durch

Sichtfenster im Vegetationsbestand stärkt.

Der Alte Friedhof erhielt denkmalgerechte

Wege, sanierte Grabdenkmäler und neue

barrierefreie Zugänge. Im Christiansenpark

wurden der Wasserkreislauf der drei

Spiegelteiche reaktiviert, die Mumiengrotte

und das Eiszeit-Haus landschaftlich

eingebettet und Bereiche als Obstbaumund

Kräuterwiese gestaltet.

Das „Prinzip der Überraschung“ – inspiriert

von den Gestaltungslinien bürgerlicher

Landschaftsparks – zieht sich als

gestalterisches Motiv durch die gesamte

Anlage. Verborgene Orte, wechselnde

Raumfolgen und gezielt inszenierte

Blickbeziehungen machen den Park zu

einem Entdeckungsraum. Neue Spielbereiche,

Ruhezonen und ein einheitliches

Wegeleit- und Möblierungssystem

erhöhen die Aufenthaltsqualität für alle

Generationen.

Das Projekt ist zugleich Ausdruck eines

kooperativen Planungsprozesses:

Bürger*innen, Vereine, Museen und

Denkmalpflegebehörden wurden eng

eingebunden. Historische Aspekte, etwa

die Rolle der Kaufmannsfamilie Christiansen

in der Kolonialzeit, fanden Eingang

in die neue Beschilderung – und führten

auch zur bewussten Umbenennung in

„Flensburger Landschaftsgärten“.

Mit der Fertigstellung 2023 ist ein Freiraum

entstanden, der Historie und Gegenwart

verbindet, die Altstadt mit ihrer grünen

Hangkante verknüpft und weit über Flensburg

hinaus als Modell für zeitgemäße

Gartendenkmalpflege gilt. Darüber hinaus

demonstriert das Projekt, wie denkmalgerechte

Freiraumentwicklung strategisch

in übergeordnete Stadtentwicklungsziele

eingebettet werden kann. Die Verbindung

von kulturellem Erbe, ökologischer Aufwertung

und sozialer Nutzung schafft Mehrwerte,

die weit über den eigentlichen Park

hinausreichen – und setzt ein starkes

Zeichen dafür, dass historische Anlagen in

Zeiten des Klimawandels und der Verdichtung

eine Schlüsselrolle für lebenswerte

Städte spielen.

G+L 35


KOMMENTAR

DIE FÜNFTE

FASSADE ALS

MÖGLICHKEITS-

RAUM

BENEDICT ESCHE

AUTOR

Benedict Esche

studierte Architektur

und Baukunst in

München und

Mendrisio. Er ist

Gründungspartner

des Büros Kollektiv

A . Architektur,

München und Berlin.

Es sind oft die unscheinbaren Orte, die

das Potenzial haben, eine Stadt zu verändern.

Das Dach, das jahrzehntelang die

unsichtbare „fünfte Fassade“ war, entwickelt

sich heute vielerorts zur Bühne für

neue Formen des Miteinanders und zur

Adresse eines anderen städtischen Lebens,

denn gerade öffentliche Dachgärten

zeigen, was möglich wird, wenn Architektur

und Stadtplanung sich nicht auf das

Erdgeschoss beschränken, sondern das

Oben als Möglichkeitsraum für Teilhabe,

Klimaresilienz und neue Formen von

Gemeinsinn verstehen.

Inzwischen hat in vielen Städten ein

Umdenken eingesetzt. Die stadtplanerische

Praxis reagiert zunehmend auf die

Herausforderungen verdichteter Quartiere,

fehlender Grünflächen und steigender

Temperaturen. Durch die notwendige

Nachverdichtung wachsen urbane Räume

enger zusammen, und die klassischen

Freiflächen verschwinden.

Damit rücken bislang ungenutzte Potenziale

in den Fokus: Dächer werden als

wertvolle Reserve entdeckt, um dringend

benötigtes Grün und kollektive Räume

nachzurüsten. Städte beginnen also nicht

mehr nur in Grundflächen, sondern in

Volumen und Ebenen zu denken. Damit

werden Dachgärten zu öffentlichen Experimentierfeldern

für eine urbane Zukunft

und ein Stück weit auch zur Antwort auf

die wachsende Nachfrage nach Erholung,

Begegnung und Klimaschutz – und das

mitten in der Stadt.

In unserer Arbeit als Architekten begreifen

wir das Dach nicht als Abschluss, sondern

als Einladung. Der Kulturdachgarten

auf dem Gasteig in München wurde so

zumindest für uns zum Symbol für einen

Perspektivwechsel: Statt eines exklusiven

Rückzugsraums entstand ein offener Ort

für alle, die Stadt aktiv mitgestalten wollen.

Zwischen Hochbeeten, konsumfreien

Sitzinseln und Wildkräutern entstand kein

fertiger Garten, sondern ein kollektives

Labor für das Urbane. Die Begrünung

war dabei nicht dekoratives Beiwerk,

sondern Ausgangspunkt einer neuen

Adressbildung. Der Dachgarten wurde

zum Treffpunkt, zum identitätsstiftenden

Impuls weit über das Gebäude hinaus.

Gleichzeitig ermöglichen fünf verschiedene

Stadtkioske auf dem Dach flexible

Nutzungsszenarien.

Und auch Projekte wie das „Kosmos unter

Null“, ein temporärer öffentlicher Garten

und Biergarten in einer Schwabinger

Baugrube, kann zeigen: Urbanes Grün ist

weit mehr als eine Frage der Flächenstatistik.

Es geht um Orte, die Menschen

zusammenbringen, Beziehungen stiften,

Aneignung ermöglichen und ein Quartier

mit neuem Sinn aufladen. Hier entstand

im Rahmen einer fast ewig feststeckenden

Baustelle ein sozialer Treffpunkt mit

130 Hochbeeten, einem Hühnerstall,

Musik und Hellem für 1,30 Euro. Was

am Ende bleibt, ist nicht der einzelne

große Wurf, sondern die Erinnerung an

ein gemeinsam geteiltes Stück Stadt.

36 G+L


GÄRTEN

KOMMENTAR VON BENEDICT ESCHE

Gerade Dachgärten

können zeigen, was

möglich wird, wenn

Architektur und

Stadtplanung sich

nicht aufs Erdgeschoss

beschränken,

findet Architekt

Benedict Esche.

Foto: Max Arens

Öffentliche Dachgärten sind jedoch keine

Selbstverständlichkeit. Die größten Hürden

liegen oft weniger in der Technik als im

Kopf: Brandschutzauflagen, Versicherungsfragen,

Fragen der Haftung und Sicherheit

blockieren allzu oft prozessoffene,

gemeinschaftlich getragene Nutzungen.

Hinzu kommt das Beharren auf dauerhaften

Lösungen, obwohl gerade temporäre

Projekte wertvolle Impulse setzen können.

Verwaltung, Eigentümer*innen und

Initiativen müssen lernen, Verantwortung

zu teilen, Spielräume zu eröffnen und Mut

zum Ungeplanten zu zeigen. In den

Städten und Kommunen wächst hier

langsam, aber kontinuierlich die Bereitschaft,

auch mal ein wenig Kontrolle und

Verantwortung abzugeben und damit

neue Allianzen zuzulassen.

Dachgärten sind daher weit mehr als

grüne Inseln auf dem Haus. Sie werden zu

Adressen, Orten der Identifikation und

zum Kern neuer Quartiersidentitäten. Wer

ein Gebäude betritt, das oben offen für

die Stadt ist, erlebt einen Perspektivwechsel.

Von der Privatheit ins Öffentliche, vom

Erdgeschoss auf das Dach, vom Einzelnen

zum Gemeinsamen. So entsteht aus der

fünften Fassade ein quartiersbildender

Raum, der das Leben zwischen den

Häusern buchstäblich in die Höhe wachsen

lässt und damit eine neue Ebene der

Stadtgestaltung erschließt.

Im Idealfall können solche Orte weit über

ihr Grundstück hinaus wirken: Sie stiften

neue Nachbarschaften, regen zu weiterer

Begrünung an und machen aus einer

Adresse ein lebendiges Stück Stadt. Dabei

erleben wir, dass es aber auch noch einiges

an Vereinfachung braucht, um solche

Projekte flächendeckend umsetzen zu

können. Es würde rechtliche und strukturelle

Unterstützung brauchen: etwa in Form

vereinfachter Genehmigungsverfahren,

gezielter Förderungen für gemeinschaftliche

Projekte und der Bereitschaft, auch

private Dächer für öffentliche Nutzungen

zu öffnen. Denn die Zukunft der Stadt

entscheidet sich nicht allein am Boden. Sie

entscheidet sich dort, wo wir bereit sind,

das Dach als Teil des Gemeinwesens zu

denken als geteilte Ressource, als Experimentierfeld

und als Bühne des Urbanen.

Öffentliche Dachgärten stehen dabei

beispielhaft für eine Haltung, die die Stadt

als Möglichkeitsraum begreift, von der am

Ende alle profitieren.

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G+L 37


REZENSION

DER GÄRTNER

DER NATION

Mit „Gärtner der Nation“ erschien 2024 die erste kritische

Biografie zu Karl Foerster, Deutschlands wohl bekanntestem

Gärtner. Autor Clemens Alexander Wimmer setzte sich

dafür mit Primärquellen, zahlreichen Figuren aus Foersters

Umfeld, seinen schriftstellerischen Werken und mehr auseinander.

Wie detailliert Wimmer dabei vorging, welche

Foerster- Narrative die Biografie korrigiert und was „Gärtner

der Nation“ die Leser*innen lehren kann, analysiert Lars

Hopstock in seiner Rezension.

LARS HOPSTOCK

Clemens Alexander

Wimmer

Gärtner der Nation:

Die vier Leben des

Karl Foerster

VDG, 2., korrigierte

und verbesserte

Auflage 2025

520 Seiten,

AUTOR

Lars Hopstock

studierte Landschaftsarchitektur

in

Berlin und Genua. Er

promovierte an der

University of

Sheffield über den

deutschen Landschaftsarchitekten

Hermann Mattern.

Seit 2019 ist er

Junior-Professor für

Landschaftsarchitektur

an der

Technischen Universität

Kaiserslautern.

Über den „Staudenpapst“ und „Gartenmystiker“

Karl Foerster liegen bereits

einige Bücher vor, die, auf Sekundärliteratur

basierend, mehrheitlich versuchen,

seine züchterische Arbeit und seine

gestalterischen Ideen zu beleuchten. An

eine Aufarbeitung der umfangreichen

Nachlässe der Familie und damit eine

ernsthafte Auseinandersetzung mit dem

Schriftsteller Foerster und seinen pathosgeladenen

Natur-Kontemplationen hatte

sich bisher niemand gewagt. Und so

war Deutschlands bekanntester Gärtner

einer der zahlreichen Vertreter seiner

Gene ration, über die jahrzehntelang vor

allem nette Anekdoten vorlagen, die man

bereitwillig wiederkäute.

Über ein halbes Jahrhundert nach Foersters

Tod 1970 legte Clemens Alexander

Wimmer im Sommer 2024 eine erste

kritische Biografie vor, die nun schon in

der zweiten Auflage erscheint. Der in

Potsdam lebende Gartenhistoriker,

-denkmalpfleger und Landschaftsarchitekt

ist als Autor seit Jahrzehnten einschlägig

bekannt. In „Gärtner der Nation“ ist

Wimmer spürbar bestrebt, möglichst viele

Fakten für eine bisher nicht mögliche

200 Abbildungen

ISBN 978-3-89739-

994-5

34 Euro

Cover: VDG Weimar

38 G+L


GÄRTEN

REZENSION „GÄRTNER DER NATION“

differenzierte Beurteilung Karl Foersters

auszubreiten und die Person hinter der

berüchtigt neo-romantischen Sprache

wirklich greifbar werden zu lassen. Das

Vorhaben scheint geglückt und lässt einen

angesichts der Dichte der Informationen

zuweilen schwindelnd zurück.

FOERSTER-NARRATIV AUCH KORRIGIERT

Das Buch kommt wie ein dicker Roman

daher: Auf gut 500 Seiten sind 200 meist

winzige Abbildungen verteilt, größtenteils

Porträts erwähnter Personen und

Dokumente wie Titelblätter, die durch

ihre historischen Schrifttypen die Lektüre

atmosphärisch bereichern. Die „vier

Leben“ – Kaiserreich, Weimarer Republik,

Hitler-Diktatur und DDR bzw. Besatzungszeit

– sind in zwei bis fünf größere Unterkapitel

eingeteilt. Innerhalb dieser Struktur

widmet Wimmer fast jedem Lebensjahr

Foersters einen eigenen Abschnitt. Die

konzise Sprache ist sehr gut lesbar und

dabei reich an Andeutungen zwischen

den Zeilen. Die Spannung lässt auch nicht

nach, wenn es um quantitative Dinge

geht. Auflagenstärken oder die komplexe

Editionsgeschichte von Foersters Publikationen

(zum Beispiel auf Seite 257),

Finanzierungen, Zukäufe von anderen

Züchtereien – viele dieser Informationen

sind nur in zeitraubender Archivarbeit zu

ermitteln. Zudem sind sie ungemein wertvoll

für die Forschung.

Kurze eingeschobene Exkurse vertiefen

die zeitgenössischen Fachdiskurse. Trotz

der spartanischen Bebilderung: Weit mehr

als eine Biografie, bietet „Gärtner der

Nation“ einen tiefen Einblick in die gartengestalterischen

Vorstellungen der Zeit.

Auch behandelt die Publikation unterschiedliche

Positionen zu Begriffen, die

für die Gartenkultur des frühen 20. Jahrhunderts

essenziell sind, wie „Bodenständigkeit“,

um hier nur einen beispielhaft

herauszugreifen. Und auch das uns

mittlerweile so ferne späte 19. Jahrhundert

wird überraschend lebendig.

Die gigantische Anzahl erwähnter Personen

verleitet öfters dazu, das Lesen zu

unterbrechen, um zu recherchieren, um

welche oft Wikipedia-würdige vergessene

Bekanntheit es sich da nun wieder

handelt. Ein einzelner Satz kann schon

einmal drei, vier neue Personen mit

Geburtsdatum und Verwandtschaftsbeziehung

vorstellen. Manche davon tauchen

nie wieder auf. Einige werden hier erstmals

gewürdigt, wie die zahlreichen, in

die Projektbearbeitung eingebundenen, in

Gartengestaltung ausgebildeten Fachkräfte

der Foersterschen Betriebe. Erst neben

all diesen Figuren seines sozialen Umfeldes,

vor allem aber seinen Eltern und

seinen Geschwistern, und vor dem Hintergrund

seiner Zeit tritt Karl Foerster immer

kontrastreicher hervor.

Auch all die züchterische Arbeit und die

Unternehmenskonzepte der Foersterschen

Betriebe zwischen Pflanzenproduktion,

Pflanzarbeiten sowie Garten- und Parkgestaltung

breitet Wimmer kenntnisreich

aus. Dies reicht bis zu den Wirrungen

der Finanzen, mit Verschuldungen, Anleihen,

Investitionen und Veränderungen

bei den Besitzverhältnissen. Dies ist nicht

zuletzt deswegen relevant, weil das

Foersters Weltfremdheit auf diesem Feld

deutlich werden lässt. Diese Weltfremdheit

macht immer wieder ein Einschreiten

von Freunden, Verwandten und nicht

zuletzt seiner Frau Eva notwendig. Nach

der Weltwirtschaftskrise und der wirtschaftlichen

Konsolidierung steigen die

Umsätze bis Kriegsende durch Pflanzenlieferung

kontinuierlich. Ein Zitat wie „Vati

ist heute in Karinhall“ als Kapitelüberschrift

zu wählen, mag auf den ersten

Blick wie eine Überzeichnung der Realitäten

wirken. Dem könnte man entgegnen,

dass jahrzehntelang ein Besuch Foersters

bei Göring nicht einmal denkbar gewesen

wäre, und so eine Hervorhebung das

Foerster- Narrativ zunächst einmal korrigiert.

Zudem sind derartige Beweise normalerweise

längst vernichtet worden; da

kann ein noch so kurzes Zitat zum wertvollen

Zeugnis werden. Aber auch über

bekannte Fachleute aus Foersters Umfeld

wie Hermann Mattern oder Herta Hammerbacher

lernt man einige neue Details.

PRIVILEGIERT UND IN VÄTERLICHER

OBHUT

Ein heikles Thema ist Karl Foersters Krankheitsgeschichte,

deren Ausmaß deutlich,

gleichzeitig aber mit kritischer Distanz

betrachtet wird. 1901 merkt der ältere

Bruder an, es sei „viel Hypochondrie im

Spiel wegen des vielen Selbstbeobachtens“

(Seite 59). Foerster leidet jahrelang

unter mysteriösen Magenproblemen

und weiteren Beschwerden, die ihm teils

schon beim Gehen Schmerzen verursachen,

ihn körperlich einschränkten und

Anlass für zahlreiche, ausgiebige Kuren

in luxuriösem Ambiente sind. Später

kommen psychische Probleme hinzu.

Von Tag eins der Anlage seiner ersten

Pflanzungen hinter dem elterlichen

Wohnhaus in Westend im Frühjahr 1904

erscheint er plötzlich beschwerdefrei.

Von nun an, im Alter von 29 Jahren,

beginnt die eigentliche Laufbahn als

Pflanzenzüchter.

Dass die Foersters im 19. Jahrhundert

High Society waren, konnte man wissen.

Der berühmte Vater Wilhelm erscheint

konsequent liberal und war mit Unterstützung

beispielsweise der Kaiserinwitwe

Friedrich, die zurückgezogen in

Friedrichshof im Taunus lebte, in diversen

Assoziationen gesellschaftlich engagiert.

Die nächste Generation lässt sich jedoch

weniger klar einordnen. So ist die

heimliche Lichtgestalt des Buches auch

Wilhelm Foerster, der sich beispiels weise

mit seinen öffentlichen Beiträgen über

die Kulturleistung des Judentums und

gegen den Krieg ähnlich exponierte wie

der ältere Sohn Friedrich Wilhelm. Jedoch

tut der Vater dies ganz ohne Friedrich

Wilhelms religiöse Moralinsäure und

Verherrlichung von Disziplin. Nicht zuletzt

durch die minutiöse, chronologische

Aneinanderreihung unzähliger Ereignisse

werden viele der anekdotischen Informationen,

die über die Foersters in Umlauf

sind, erklärt oder auch widerlegt. Ein

besonders eklatantes Beispiel ist die stets

behauptete tiefe Bruderliebe zwischen

Karl und dem Nazigegner Friedrich Wilhelm.

Dieser wollte nicht darüber hinwegsehen,

wie seine in Deutschland

verbliebenen Geschwister nationalistische

Narrative adoptierten. Die Adresse des

älteren Bruders war Ende der Nazizeit in

Bornim nicht einmal mehr bekannt. Über

Jahre hinweg fand keine Kommunikation

statt, und in seinem 1944 verfassten Testament

berücksichtigt Karl den ehemals so

vertrauten älteren Bruder als den einzigen

der Geschwister nicht.

Was Wimmer subtil herausarbeitet, nicht

zuletzt durch die Auswahl der Zitate und

eine gelegentlich aufblitzende Ironie, ist

die enorme gesellschaftliche Privilegiertheit:

Die Kontakte beider Elternteile, ihre

weitreichende Verwurzelung in der

Oberschicht – die Mutter ist verwandt

mit einflussreichen Militärs der Familie

Paschen – und die freundschaftlichen

Kontakte bis in die Kaiserfamilie hinein

sorgen für Vermittlung essenzieller

Kontakte, Aufträge, die bestmöglichen

Ausbildungsstellen und vorzügliche

ärztliche Behandlung. Reisen in Kurhotels

in wärmeren Gefilden sind keine Selten-

G+L 39


REZENSION

heit. Die Skurrilitäten dieser Familie, aber

auch die geistreiche, straffe Art und

Weise, mit der Wimmer das scheinbar

Anekdotische zu einem immer detaillierteren

Bild verwebt, sorgen also für

einigen Witz. Und Wimmer lässt sich

nicht beeindrucken – weder von den

chronischen Schmerzen Karls, die gelegentlich

Vorwand für weitere Privilegien

zu sein scheinen, noch von der politischen

Chuzpe des überambitionierten,

geltungsbewussten älteren Bruders

Friedrich Wilhelm.

Es entsteht das Bild einer von sozialem

Status und ungewöhnlich liberalen, sanftmütigen

Eltern verwöhnten Geschwistergeneration,

denen die Fürsprache und

finanziellen Mittel des berühmten Vaters

die besten Chancen in ihren jeweiligen

Interessengebieten eröffnen (der frühe Tod

der Mutter 1908 wird nur kurz erwähnt).

Friedrich Wilhelms vielzitierte, wegen

Majestäts beleidigung verhängte dreimonatige

Festungshaft erscheint nach

Wimmers Recherchen fast ehrenhaft und

wie ein Urlaub. Damit dem leidenden Karl

der Militärdienst erspart bleibt, sorgt der

Vater für eine Ausmusterung. Bei Ausbruch

des Ersten Weltkriegs reicht erneut

ein Schreiben des Seniors, um Karl vor

der Einziehung zu bewahren. Überhaupt

beeindruckt die Beziehung zwischen

Sohn und Vater, wenn Letzterer selbst in

Liebesdingen ins Vertrauen gezogen

wird und den Sohn mit seinen Ratschlägen

auch erreicht. Im Übrigen wird das

Liebesleben erstaunlich offen gehandhabt

– die moderne, fast drei Jahrzehnte

jüngere Eva Hildebrandt, die für ihren

Mann auf eine vielversprechende

Gesangskarriere verzichtet, hat im Laufe

der Ehe zahlreiche andere Verehrer, und

auch Karl Foerster entwickelt für andere

Frauen Gefühle. Diese werden zwar nicht

voll ausgelebt, aber auch nicht geheim

gehalten. Die Ehe bleibt trotz zahlreicher

Prüfungen stabil.

KRASSE GEGENÜBERSTELLUNGEN

WIRKEN AUGENÖFFNEND

Auch Karl Foersters Leistungen und

Charakterstärke kommen in „Gärtner der

Nation“ zur Geltung. Interessant sind

beispielsweise die Einblicke in seine Lyrik.

Beindruckend ist Foersters geschicktes

strategisches Agieren durch seine

Publikations- und Vortragstätigkeit: Viele

Journalisten und auffällig viele Journalistinnen

schwärmen in den Feuilletons von

Foersters Büchern. Viel reiche Kundschaft

bestellt größere Mengen an Pflanzen für

die damals noch verbreiteten Blumengärten

in weitläufigen privaten Anwesen. Auf

der anderen Seite steht Foersters problematische

Übertragung pflanzenzüchterischer

Ziele auf Gesellschaft – also

explizite, in öffentlichen Reden verbreitete,

eugenische Vorstellungen. Auch der bis

ans Lebensende geäußerte Glaube an

eine kulturelle Vormachtstellung Deutschlands

wirkt befremdlich. Hinzu kommen

Modernefeindlichkeit in der Kunst und

konservative Ansichten über Frauen. All

dies sind Einstellungen, mit denen er in

seiner Generation nicht allein ist, und

trotzdem wurden sie bisher zu wenig klar

benannt. Bei der Lektüre überraschen sie

dementsprechend negativ.

Einige krasse Gegenüberstellungen

wirken dabei augenöffnend. So wird wie

nebenbei fallengelassen, dass 1928

zwei der Kinder Ludwig Bartnings eine

Ferienwoche auf Schultze-Naumburgs

Anwesen in Saaleck verbringen, noch

nachdem dessen berüchtigtes Buch „Kunst

und Rasse“ erschienen war (Seite 170).

Der unmittelbar anschließende Satz

bezieht sich auf Eva Foersters neuen

Neufundländer und beginnt mit dem

Zitat: „Es wird immer lieblicher im Haus.“

Stellen dieser Art wirken wie eine

Schocktherapie und führen die harten

ideologischen Kontraste der Zeit auch vor

1933 vor Augen.

Doch es gibt auch Stellen, wo man sich

fragt, ob eine derartig kleinteilige Collage

in starrer chronologischer Form nicht zu

verfälschender Dekontextualisierung führt.

Manche Zusammenhänge gehen verloren,

wenn ein beiläufig erwähnter, längst

vergessener Name Jahre später unvermittelt

wieder auftaucht. Kritik ist aber

auch vorprogrammiert durch die sehr

freie Verwendungsweise von Zitaten aus

Publikationen (kursiv) und Tonbandaufnahmen

(in Anführungszeichen), wahlweise

als Einschübe, Satzfragmente oder

gar einzelne Worte. Organisch in die

Erzählung eingeflochten, sorgen sie zwar

für ein Gefühl großer Nähe zu den

handelnden Personen. Gleichzeitig wird

aber auch sehr viel Vertrauen dem Autor

gegenüber vorausgesetzt, hier nichts

verzerrt darzustellen. Gelegentlich ist die

Quelle nur sehr schwer nachzuvollziehen.

In solchen Fällen kann man nicht beurteilen,

ob es sich beispielsweise um eine

strategische Äußerung handelt oder

um einen vertraulichen Satz aus einem

privaten Brief.

WIMMERS ZWEIFACHES VERDIENST:

ENTZAUBERUNG UND WÜRDIGUNG

Was lehrt „Gärtner der Nation“ also,

außer einen umfassenden Einblick in die

Gartengeschichte des 20. Jahrhunderts

zu bieten? Es zeigt einmal mehr, dass

Menschen sich selten dazu eignen, auf

Grundlage von Selbstzeugnissen bewundert

zu werden, ohne dass an einem

gewissen Punkt eine Entzauberung

einsetzen muss. Und es zeigt, welche

Mischungen und Verflechtungen das

letzte Jahrhundert prägten und zum

Vorschein kommen, wenn intensiv

bereinigte Lebensläufe einmal hinterfragt

werden. Das gilt insbesondere für die

Generation, die als Erwachsene den

Machtaufstieg der Nazis erlebten und

eine Karriere im „Dritten Reich“ hatten,

die zwangsläufig später verharmlost

werden musste.

Welche Bedeutung gibt man den aus

heutiger Sicht psychotisch anmutenden

Erklärungen Foersters für Leid und Krieg?

Der abenteuerlichen ethischen Konstruktion,

mit der er wahrlich nicht alleine

dastand? Diese Konstruktion „löste“ die

Schuldfrage folgendermaßen: Die

zunächst unschuldigen Deutschen hätten

sich gewissermaßen „automatisch“ als

Reaktion schuldig machen müssen, in

Reaktion auf die Schuld des Judentums

nämlich. Nimmt man die zentrale Rolle

hinzu, die die züchterische Auswahl in

Karl Foersters Weltsicht und Gesellschaftsvorstellungen

spielt – damit ein Denken in

Kategorien von minder- und höherwertigen

Genen –, dann muss man sich schon

fragen, wie er noch immer vorrangig als

naiver Menschenfreund gelten kann. Dahingegen

wird noch in der jüngsten Publikation,

dem Katalog zur einigermaßen

kitschigen Ausstellung, die das Potsdamer

Stadtmuseum dem Lokalhelden ebenfalls

im Jahr 2024 widmete, deutlich zu wenig

kritische Distanz gewahrt.

Auch der Autor dieser Rezension ist den

lange Zeit verbreiteten Narrativen ein

Stück weit auf den Leim gegangen: Wäre

Wimmers beachtliche Aufklärungsarbeit

etwas früher erschienen, hätte das

Foerster-Kapitel in der quasi zeitgleich

erschienenen Mattern-Biografie „Idyll

and Ideology“ mehr beinhaltet als die

40 G+L


vergleichsweise leise geäußerten Zweifel.

So hält uns eine Biografie wie die Karl

Foersters auch den Spiegel vor. Unsere

Vorstellung von der Moderne ist eben

noch immer zu keimfrei und homogen, die

vom „Dritten Reich“ zu schwarz-weiß

gezeichnet. Angeblich oder tatsächlich

verfemte Künstler fallen einem ein, wie

Emil Nolde, für den die Forschung tiefen

Antisemitismus und gerade in der Nazizeit

Rekordumsätze dokumentiert hat.

Gleichzeitig ist die Angst, durch ein allzu

kritisches Hinsehen Vorbilder der Landschaftsarchitektur

zu verlieren, unbegründet.

Erstens ist es um manche Kultfigur der

Architektur nicht besser bestellt, zweitens

sind Foersters Leistungen nach wie vor

enorm und sein Einfluss weitreichend.

Auch das zeigt Wimmer in bisher unbekannter

Tiefe.

Feinstaubbindung

Retention

Energiegewinnung

„Gärtner der Nation.

Die vier Leben des

Karl Foerster“

erschien bereits

2025 in einer

Luftreinhaltung

zweiten, korrigierten

und verbesserten

Auflage. Hier geht es

zur Webseite des

Verlags.

Lebensräume für Tiere

UND DIE

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nachhaltig. www.bauder.de


UNTEN LINKS: Die

temporäre Installation

„Grow Together Grow

Green“ von Topotek 1

ist aktuell in Luxemburg

bei der LUGA zu sehen.

OBEN: Auf dem

Fuorisalone in Mailand

hatte die Installation

die Form eines Würfels.

UNTEN RECHTS: Auf

dem Landscape Festival

in Bergamo – für das

Topotek 1 „Grow

Green Grow Together“

erstmals konzipierte –

war die Installation

mitten in der Stadt zu

finden.

oben: Foto: © Paolo Consaga; unten links: Foto: © TOPOTEK 1; unten rechts: Foto: © Alesandro Villa

42 G+L


GÄRTEN

INSTALLATION „GROW TOGETHER GROW GREEN“

08

GROW TOGETHER

GROW GREEN

LANDSCHAFTSARCHITEKT*INNEN:

TOPOTEK 1

AUSFÜHRUNG FREIANLAGEN:

CETA (Mailand und Bergamo); Nüssli

(Luxembourg)

LUXEMBURG

MAILAND & BERGAMO, ITALIEN

BAUHERR*INNEN:

Landscape Festival I Maestri del Paesaggio

(Mailand und Bergamo, 2023);

LUGA – Luxembourg Urban Garden

(Luxembourg Stadt)

BEPFLANZUNG:

ERSAF – Ente Regionale per i Servizi

all'Agricoltura e alla Foreste (Mailand

und Bergamo); LUGA (Luxemburg)

FLÄCHE:

30 Quadratmeter (Mailand);

circa 220 Quadratmeter (Bergamo);

circa 500 Quadratmeter (Luxembourg)

PLANUNGSZEIT:

2023 (Mailand und Bergamo);

2024 bis 2025 (LUGA)

BAUZEIT:

2023 (Mailand und Bergamo);

2025 (LUGA)

KOSTEN:

Realisierung durch Sponsoren

Es gibt temporäre Installationen, die

bleiben – nicht physisch, sondern im

Stadtgedächtnis. „Grow Together Grow

Green“ von TOPOTEK 1 ist eine davon.

Ursprünglich 2023 für das Landscape

Festival in Bergamo entwickelt, zuvor als

Prototyp beim Fuorisalone in Mailand

erprobt und aktuell bei der LUGA in

Luxemburg zu sehen, verfolgt das Projekt

eine simple wie radikale Idee: Gemeinschaftliches

Handeln ist das wirksamste

Mittel gegen die Ohnmacht angesichts

des Klimawandels.

Die Grundlage ist eine leichte, modulare

Gerüstkonstruktion, deren Lebenszyklus

praktisch unbegrenzt ist. Sie lässt sich an

nahezu jedem Ort schnell auf- und wieder

abbauen und in unterschiedlichen Formen

inszenieren – als skulpturaler Würfel

in Mailand, als zikkuratartige Bühne in

Bergamo oder als offenes Forum in

Luxemburg. Bedeckt ist das Gerüst mit bis

zu 10 000 Setzlingen regionaltypischer

Baumarten, die den Ort zunächst temporär

begrünen, um anschließend die Stadt

dauerhaft zu verändern.

Das Prinzip ist einfach: Die Besucher*innen

registrieren sich vor Ort, nehmen

Setzlinge mit und pflanzen diese an selbstgewählten

Plätzen in der Stadt – im privaten

Garten, auf öffentlichem Grund oder

im Rahmen begleitender Stadtbegrünungsinitiativen.

In Mailand etwa kooperierte

das Projekt mit „Forestami“ im Parco Nord,

in Bergamo wurden die Pflanzorte von der

Stadt festgelegt, in Luxemburg gilt völlige

Freiheit. Jede Pflanzung wird dokumentiert,

wodurch ein kollektives Narrativ aus vielen

Einzelaktionen entsteht.

Die Installation kombiniere eine „ikonografische,

gemeinschaftliche und interaktive

Erfahrung“ mit nachhaltig wirkenden

Interventionen für Stadtbegrünung,

beschreibt Martin Rein-Cano, Gründer

des Büros Topotek 1, die Installation. Zu

den von den Besucher*innen mitgenommenen

und im Stadtraum gepflanzten

Pflanzen führt er weiter aus: „So generiert

die Dekonstruktion der grünen Skulptur

über die ganze Stadt verteilte klandestine

grüne Interventionen – die Pflanzung

zahlreicher neuer Stadtbäume – an

Orten, wo sie durch institutionelle Stadtbegrünungsmaßnahmen

nie entstanden

wären, und überführt das temporäre

künstlerische Ereignis in eine dauerhafte

urbane Bereicherung.“

Damit wird das temporäre Kunstwerk zu

einem sozialen Werkzeug: Die eigentliche

Gestaltung findet in der Verteilung,

Pflanzung und Pflege statt – getragen

von den Händen vieler. Die Replikationsfähigkeit

der Installation macht sie zu

einem Wanderer zwischen Städten, der

sein grünes Erbe immer wieder neu

aussät. Es ist ein Projekt, das weniger auf

monumentale Geste als auf die stille

Kraft vieler kleiner Eingriffe setzt – und

so den Beweis antritt, dass Stadtbegrünung

nicht nur top-down, sondern vor

allem gemeinsam funktioniert.

G+L 43


OBEN: In Zürich

gestaltete das Büro

manoa landschaft die

Freiräume der Siedlung

Zwischenbächen

– mit modellierten

Grün flächen, einem

„Begegnungsband“

und vielfältigen

Spiel angeboten.

MITTE: Kleintierhotels,

Totholz und

mehr fördern die

Biodi versität.

UNTEN: Wegebeziehungen

binden die

Siedlung Zwischenbächen

ins Quartier ein.

Plan: manoa landschaft ag; Fotos: © adamphotography 2025, Robert Adam, Basel

44 G+L


GÄRTEN

SIEDLUNG ZWISCHENBÄCHEN ZÜRICH

09

SIEDLUNG

ZWISCHENBÄCHEN

LANDSCHAFTSARCHITEKT*INNEN:

manoa landschaft ag

ZÜRICH, SCHWEIZ

ARCHITEKT*INNEN:

ARGE Michael Meier Marius Hug

Architekten AG / Caretta + Weidmann

Generalplaner AG

BAUINGENIEUR*INNEN:

Urech Bärtschi Maurer AG

AUSFÜHRUNG FREIANLAGEN:

GGZ Gartenbau, Zürich

BAUHERR*INNEN:

bgnzwo Baugenossenschaft für neuzeitliches

Wohnen, Zürich

HERSTELLER*INNEN:

SITZBÄNKE, ANLEHNBÜGEL:

Velopa AG

SONNENSCHIRME: Glatz AG

MOBILIAR, ABFALLEIMER: BURRI public

elements AG

UFC: Villiger Entsorgungssysteme AG

SPIELGERÄTE: motorsänger gmbh

AUTOCHTHONES SAATGUT:

Ö+L GmbH

BELEUCHTUNG: Louis Poulsen Switzerland

AG

FLÄCHE: 15 700 Quadratmeter

PLANUNGSZEIT: seit 2017

BAUZEIT: Baustart 2023; Abschluss Bauphase

1: 2024; Abschluss Bauphase 2:

voraussichtlich Anfang 2027

KOSTEN:

3 Millionen Schweizer Franken

Die Siedlung Zwischenbächen im Zürcher

Stadtraum ist ein Beispiel dafür, wie sich

dichter Wohnungsbau und hoher Freiraumwert

nicht ausschließen, sondern gegenseitig

stärken können. Der Ersatzneubau

der bgnzwo Baugenossenschaft für neuzeitliches

Wohnen verbindet zeitgemäße

Architektur mit einem großzügig durchgrünten

Außenraum, der sowohl ökologisch als

auch sozial Maßstäbe setzt. Die Freiräume

gestaltete manoa landschaft.

„Die Neugestaltung verbindet einen hohen

Durchgrünungsgrad mit dichter urbaner

Bebauung und schafft zugleich viele attraktive,

ökologisch hochwertige Aussenräume“,

beschreibt das Büro das Projekt.

„Insbesondere die Integration von vielfältigen

Lebensraumstrukturen wie Kleintierhotels,

Benjeshecken, Sandlinsen, Nisthilfen

sowie eine strukturreiche Dachbegrünung

machen sie zu einem Vorzeigeprojekt für

biodiversitätsfördernde Stadtentwicklung“,

so manoa landschaft.

Die städtebauliche Setzung der Neubauten

nimmt Bezug auf den sensiblen Kontext:

Die Siedlung liegt in einem vom Bundesinventar

ISOS als „von nationaler Bedeutung“

eingestuften Gebiet mit Erhaltungsziel

„A“. Die neuen Baukörper führen das

bewährte Verhältnis von Bebauung und

Freiraum fort und rahmen großzügige, sanft

modellierte Grünflächen. Ein hierarchisch

gegliedertes Wegenetz erschließt die

Gebäude barrierefrei und wird durch ein

durchgängiges „Begegnungsband“

ergänzt, das die Häuser und ihre Bewohner*innen

miteinander verbindet.

Spiel- und Aufenthaltsbereiche sind gezielt

entlang der Wege platziert. Der zentrale

Gemeinschaftsplatz ist offen gestaltet und

kann sowohl für Quartiersfeste als auch für

sportliche Aktivitäten genutzt werden.

Ergänzend bieten ein ruhiger Sitzplatz im

Kirschenhain mit Liegen und Hängematten

sowie vielfältige Spielangebote – vom

Naturspielplatz mit Sand-Matsch-Bereich

bis zum Geländespielplatz mit Kletterwand

und Trampolin – Möglichkeiten für alle

Altersgruppen. Der Außenraum des Kindergartens

fügt sich in die Gesamtstruktur ein

und ist außerhalb der Nutzungszeiten

öffentlich zugänglich.

Der grüne Rahmen wird durch Baumgruppen,

Solitärbäume und einen durchgehenden

Gehölzsaum gebildet. Die Bepflanzung

folgt einem klaren ökologischen

Konzept: einheimische, standortgerechte

Laub- und Nadelbäume, Blütensträucher

mit hohem ökologischen Wert, extensive

Wiesenflächen und gezielte Strukturelemente

wie Totholz oder Stein- und

Asthaufen. Die extensive Dachbegrünung

auf mehreren Gebäuden ist mit regionalem

Saatgut angesät und enthält zusätzliche

Lebensraumstrukturen wie Sandlinsen

oder Asthaufen.

Das Konzept fördert nicht nur die Biodiversität,

sondern auch das soziale Leben.

Die Gestaltung schafft Räume, die

gleichermaßen zum Rückzug wie zur

Begegnung einladen und die Identität der

Siedlung stärken. Wegebeziehungen

binden die Anlage ins Quartier ein, während

klare Zonierungen und gut platzierte

Aufenthaltsbereiche eine hohe Nutzungsvielfalt

ermöglichen.

Mit der Fertigstellung der ersten Bauphase

2024 ist ein Freiraum entstanden, der

zeigt, wie zeitgemäße Stadtentwicklung

aussehen kann: verdichtet, aber durchgrünt;

ökologisch ambitioniert und zugleich

alltagsnah gestaltet. Die Siedlung Zwischenbächen

ist damit ein Modellprojekt,

das beweist, dass urbane Dichte und

Lebensqualität keine Gegensätze sind –

und dass die Zukunft der Stadt im intelligenten

Zusammenspiel von Architektur und

Landschaft liegt.

G+L 45


OBEN: Im Rahmen der

zweiten Landschaftsbiennale

gestaltete der

Landschaftsarchitekt

Tom Stuart-Smith den

neuen Wildflower

Garden in Planten un

Blomen.

MITTE RECHTS: Der

Schaugarten besteht

aus organisch geformten

Beeten, bepflanzt

mit regionaltypischen

Arten sowie Pflanzen

aus trockeneren Klimazonen.

MITTE LINKS UND

UNTEN RECHTS:

Eine Sandschicht

ermöglicht den Pflanzen

weitreichende

Wurzelentwicklungen

und damit eine hohe

Trockenheitstoleranz.

Plan: Tom Stuart-Smith Studio; Mitte rechts: Foto: Mocanox; Mitte links und unten rechts: Fotos: Enver Hirsch

46 G+L


GÄRTEN

WILDFLOWER GARDEN HAMBURG

10

WILDFLOWER

GARDEN

LANDSCHAFTSARCHITEKT:

Tom Stuart-Smith

HAMBURG, DEUTSCHLAND

PROJEKTLEITUNG:

Mattis Köpe

BAUAUSFÜHRUNG:

Klaus Hildebrandt AG Garten- und Landschaftsbau,

Hamburg

BAUHERR*INNEN:

Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde

für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft

(BUKEA), Naturschutzgroßprojekt

„Natürlich Hamburg!“

BEPFLANZUNG:

8 700 Wildstauden, 8 000 Geophyten

WETTBEWERB: 2023

BAUPHASE: 2024 bis 2025

ERÖFFNUNG: Juli 2025

WEITERES:

Naturnahe Umgestaltung im Rahmen

der 2. Biennale in Planten un Blomen

Wenn ein traditionsreicher Park zur Bühne

für zeitgenössische Gartenkunst wird, ist

das selten ein leiser Auftritt. Mit dem „Wildflower

Garden“ des britischen Landschaftsarchitekten

Tom Stuart-Smith erhält Hamburgs

Planten un Blomen 2025 eine neue,

poetisch-naturnahe Schaugartenfläche, die

Biodiversität, Klimaanpassung und Ästhetik

auf höchstem Niveau vereint. Als Teil der

Landschaftsbiennale des Naturschutzgroßprojekts

„Natürlich Hamburg!“ setzt sie ein

Zeichen dafür, dass artenreiche Stadtnatur

und anspruchsvolles Design keine Gegensätze

sind.

Wer den neuen Schaugarten im Rahmen

der Biennale gestalten sollte, wurde in

einem Auswahlverfahren entschieden –

drei internationale Büros hatten Entwürfe

geliefert. „Die besondere Herausforderung

für die aufgeforderten Teilnehmer*innen

bestand darin zu zeigen, dass hochwertige

ästhetische Gestaltung auch mit vorwiegend

in Hamburg heimischen Wildpflanzen

möglich ist“, äußert sich Maria Au böck,

Landschaftsarchitektin und Kuratorin der

Landschaftsbiennale, zum Auswahlprozess.

„Die Ideenskizze von Tom Stuart-Smith

zeigt, dass klassische städtische Gartenkultur

und neue Elemente einer wilderen Ästhetik

sich nicht widersprechen. Er plädiert

für die reichhaltige Verwendung von Wildpflanzen“,

so Auböck weiter.

Der Entwurf fügt sich sensibel in die bekannten

Schaugärten des Parks ein und

nutzt heimische und klimaresiliente Arten,

die nicht nur visuell, sondern auch ökologisch

überzeugen. Mehrere organisch

geschwungene Beete bilden die Grundlage

für ein Pflanzkonzept, das mit subtilen

Farbverläufen, texturreichen Gräsern und

blütenstarken Stauden spielt. Neben regional

typischen Arten finden sich Pflanzen

aus trockeneren Klimazonen Süddeutschlands

und Südeuropas – bewusst gewählt,

um den absehbaren Veränderungen durch

den Klimawandel standzuhalten.

Stuart-Smiths Ansatz ist dabei ebenso botanisch

fundiert wie gestalterisch präzise. Eine

tiefe Sandschicht ermöglicht den Pflanzen

weitreichende Wurzelentwicklung und

damit hohe Trockenheitstoleranz, während

nährstoffarme Bedingungen unerwünschten

Arten wenig Chancen lassen. Diese methodische

Strenge schafft einen langlebigen,

pflegearmen Pflanzenbestand, der zugleich

ein hohes Maß an Biodiversität bietet.

Neben der gärtnerischen Qualität setzt der

Wildflower Garden auf Aufenthaltswert.

Sitzgelegenheiten aus Eiche laden zum

Verweilen ein. Wegebeläge aus hellem

Naturstein führen durch die Beete, schaffen

klare Orientierung und inszenieren

wechselnde Blickachsen. Dabei entsteht

ein Dialog zwischen gebändigter Gestaltung

und natürlicher Entwicklung – ein

Spannungsfeld, das Stuart-Smith meisterhaft

beherrscht.

Das Projekt ist nicht nur gärtnerisch, sondern

auch kulturell verankert. Für Stuart-

Smith, der weltweit Projekte realisiert und

dabei stets die kulturellen Bezüge des

Ortes in den Mittelpunkt stellt, ist der

Wildflower Garden eine Hommage an

Hamburgs Gartenkultur. Die Verbindung

von Pflanzensammlung, Freiwilligenarbeit

und öffentlicher Vermittlung – wie er sie

auch in seinem „Serge Hill Project“ in

England praktiziert – findet hier eine lokale

Entsprechung. So wird der Garten zu

einem Ort des Austauschs, der Bildung und

der stillen Beobachtung.

Die Eröffnung fand am 4. Juli 2025 in

Planten un Blomen statt. Als Teil des

Biennale-Formats wird alle zwei Jahre

eine weitere Fläche naturnah umgestaltet

– der Wildflower Garden ist damit

zugleich Impulsgeber und Maßstab für

künftige Projekte. Hamburg erhält so nicht

nur eine neue Attraktion, sondern auch

ein lebendiges Beispiel dafür, wie sich

Gartenkunst, Klimaschutz und kulturelle

Identität miteinander verweben lassen.

G+L 47


OBEN: Für die

Kleinstadt Paradiso am

Ufer des Luganersees

entwick elte Studio

Vulkan eine neue

Seeuferprome nade.

Zwischen den Wegebändern

entfalten

sich die „Gärten von

Paradiso“.

MITTE: Mit der neuen

Promenade erhalten

die Bewohner*innen

Paradisos wieder

Zugang zum Wasser.

Vormals trennte ein

Schutzdamm die Stadt

vom See.

UNTEN: Rückgrat der

neuen Anlage sind zwei

Wegebänder, entlang

der oberen Straße

sowie direkt am Ufer

des Sees.

Plan: Studio Vulkan; Fotos: Daniela Valentini

48 G+L


GÄRTEN

SEEUFERPROMENADE PARADISO

11

SEEUFERPROMENADE

LANDSCHAFTSARCHITEKT*INNEN:

Studio Vulkan Landschaftsarchitektur AG

mit Robin Winogrond

PARADISO, SCHWEIZ

ARCHITEKT*INNEN:

Architetto Könz

INGENIEUR*INNEN:

Staubli Kurath & Partner

ELEKTROPLANER*INNEN:

Solcà SA

AUSFÜHRUNG FREIANLAGEN:

BAULEITUNG: Comal.ch SA

GÄRTNER*INNEN: Grano Giardini SA,

Hofer-Degiorgi SA

BAUMEISTER*INNEN: Galli Costruzioni

SA, Edilstrada SA, Spalu SA

METALLBAU: Degmo

ELEKTRIKER*INNEN: Elettrocrivelli SA,

Etavis

BAUHERR*INNEN:

Comune di Paradiso

HERSTELLER*INNEN:

MOBILIAR / AUSSTATTUNG: Neuco

SPIELGERÄTE: Urbafit Sarl

BELAG: Falkenstein

BEPFLANZUNG: Il Vivaio; Grano

Giardini SA

BELEUCHTUNG: Neuco

FLÄCHE:

5 000 Quadratmeter

PLANUNGSZEIT:

2019 bis 2024

BAUZEIT:

2020 bis 2025

KOSTEN:

3,4 Millionen Schweizer Franken

Die Kleinstadt Paradiso, südlich von Lugano

zwischen Monte San Salvatore und

dem Luganersee gelegen, hatte lange ein

paradoxes Verhältnis zum Wasser: In

unmittelbarer Ufernähe gebaut, trennte

ein erhöhter Schutzdamm die Stadt vom

See – sowohl räumlich als auch im Bewusstsein.

Eine öffentlich zugängliche

Ufer promenade existierte nicht, und große

Teile des Seeufers lagen im Schatten des

Berges oder in privater Hand.

Mit dem prämierten Wettbewerbsentwurf

von Studio Vulkan Landschaftsarchitektur

in Zusammenarbeit mit Architetto Könz ist

nun ein Projekt auf dem Weg, das diese

Distanz überwindet. Die neue Lungolago

– der italienische Begriff für die Seeuferpromenade

– gibt Paradiso nicht nur den

physischen Zugang zum Wasser zurück,

sondern entwickelt eine eigenständige,

zeitgenössische Interpretation der historischen

Seeuferkultur.

Zwei Wegebänder bilden das Rückgrat

der neuen Anlage: Die „Passeggiata a

monte“ folgt dem Verlauf der oberen

Straße und bietet weite Ausblicke auf See

und Berge, während die „Passeggiata a

lago“ direkt entlang des Ufers geführt

wird. Letztere reagiert mit einem spielerischen

Stegverlauf auf die komplexen

örtlichen Gegebenheiten – sie umgeht

private Grundstücke, ermöglicht die

Durchfahrt von Booten, öffnet sich an

Badestellen und schafft vielfältige Orte

zum Verweilen.

Zentraler Bestandteil sind die Belvedere

– Aussichtspunkte mit historischem

Vorbild. Einst prägend für die Baia di

Lugano, werden sie hier neu interpretiert:

Jedes erhält einen eigenen Namen, ein

kleines Bauwerk und eine individuelle

Gestaltung, die soziale Interaktionen

fördert. Das zentrale, historische Belvedere

bleibt als identitätsstiftendes Element

erhalten und wird durch die neuen

Strukturen ergänzt.

Zwischen den Wegebändern entfalten

sich die „Gärten von Paradiso“ – thematische

Gartenräume mit jeweils eigener

Identität. Hier wird die Pflanzenvielfalt des

Tessins szenografisch inszeniert: Palmen,

Zedern und andere südliche Gehölze

setzen markante Silhouetten vor der

sonnenbeschienenen Kulisse der gegenüberliegenden

Bucht. Ergänzt wird dies

durch exotische Blütenstauden und

strukturreiche Gehölze, die das milde

Mikroklima nutzen.

Ein neuer Hafen am östlichen Ende der

„Passeggiata a lago“ fügt sich dezent in

die Gesamtgestaltung ein. Ökologische

Aufwertungen – von gezielten Erdmodellierungen

bis zu neuen Uferbepflanzungen

– verbessern Lebensräume für

Flora und Fauna. Hochwertige Materialien

wie Natursteinbeläge, Holzdecks

und maßgefertigte Sitzmöbel aus Eiche

schaffen eine langlebige und elegante

Atmosphäre.

Die Planung legt großen Wert auf die Verzahnung

von städtischen und landschaftlichen

Qualitäten. Die Promenade ist nicht

nur ein Ort des Flanierens, sondern auch

ein sozialer Katalysator, der Bewohner*innen,

Besucher*innen und Natur in

einen lebendigen Dialog bringt.

Darüber hinaus setzt das Projekt ein starkes

Zeichen für den öffentlichen Raum als

identitätsstiftende Ressource. Der Lungolago

Paradiso zeigt, dass selbst unter

beengten räumlichen Bedingungen Orte

entstehen können, die nicht nur schön,

sondern auch ökologisch wertvoll, funktional

und kulturell bedeutsam sind – ein

Modell, das weit über den Luganersee

hinaus Strahlkraft hat.

G+L 49


„IN GEMEIN-

SCHAFTSGÄRTEN

GESTALTEN

MENSCHEN AKTIV

MIT“

Standen Kommunen Urban-Gardening-Projekten anfänglich noch skeptisch

gegenüber, haben sie das Potenzial inzwischen erkannt – und Gemeinschaftsgärten

werden in der Stadtplanung mitgedacht. Denn: Hier werden

Menschen nicht nur beteiligt, sondern sie können aktiv mitgestalten,

stellt Soziologin Christa Müller heraus. Im Interview berichtet sie, wie die

Gartenbewegung in Deutschland ihre Anfänge in einem Göttinger Garten

nahm, welches transformative Potenzial Gemeinschaftsgärten für nachhaltige

Städte haben und weshalb Gartenprojekte auch als Care-Projekte

zu verstehen sind.

FRAGEN: ANNA MARTIN

INTERVIEWEE

Dr. Christa Müller ist

Soziologin und

Vorstandsvorsitzende

der anstiftung in

München. Sie forscht

seit über 20 Jahren

zu DIY-Bewegungen,

mit Schwerpunkt auf

Urban Gardening.

2011 veröffentlichte

sie das Buch „Urban

Gardening. Über die

Rückkehr der Gärten

in der Stadt“ und sie

ist Mitherausgeberin

von „Unterwegs in

die Stadt der

Frau Müller, was ist die aktuelle Urban-

Gardening-Hauptstadt in Deutschland –

wo gibt es die meisten Gemeinschaftsgärten?

Die Urban-Gardening-Hauptstadt

war und ist Berlin. Wenn Sie die von

der anstiftung administrierte Gartenkarte

auf urbane-gaerten.de/karte

ansteuern, finden Sie allein in Berlin

137 Gemeinschaftsgärten (Stand:

1. August 2025). München folgt mit

58 Projekten. In beiden Städten –

ebenso wie in Leipzig, Hamburg, Köln

oder Dresden – ist eine engagierte

Stadtökologiebewegung aktiv, die mittels

des urbanen Gärtnerns die Stadt

der Zukunft – und die der Gegenwart –

mitgestalten will.

Wie sah Urban Gardening Anfang der

2000er-Jahre aus, und in welchem Ausmaß

fand es überhaupt statt?

Anfang der 2000er-Jahre war die urbane

Gartenbewegung in Deutschland geprägt

von sogenannten Interkulturellen Gärten.

Der äthiopisch-deutsche Agraringenieur

Tassew Shimeles hatte mit aus Bosnien

geflüchteten Frauen einen Gemeinschaftsgarten

für Menschen unterschiedlicher

Herkunft gegründet, der auf das Gärtnern

als Kommunikationsmedium setzte.

So bauten erstmals 1996 in Göttingen

geflüchtete Menschen aus vielen Krisenregionen

gemeinsam mit Deutschen

Gemüse an – und kamen so in den Austausch

über ihre eigenen Biografien, über

die Besonderheiten des Gemüseanbaus

Zukunft. Urbane

Gärten als Orte der

Transformation“,

das im vergangenen

Jahr ebenfalls

als Open Access

erschien.

50 G+L


GÄRTEN

INTERVIEW MIT CHRISTA MÜLLER

Gemeinschaftsgärten

sind zentrale Lern- und

Experimentierorte für

Städte, die sich

nachhaltig transformieren

wollen, erklärt

Christa Müller aus

dem Vorstand der

anstiftung.

Foto: Quirin Leppert

in unterschiedlichen klimatischen Regionen,

über Zubereitungsformen, über

Gastlichkeit, über ökologisches Wissen

und Nichtwissen. Der Göttinger Garten

inspirierte viele Initiativen, ebenso einen

Interkulturellen Garten aufzubauen. Und

so wurden innerhalb weniger Jahre aus

einem Projekt mehrere hundert, die von

der anstiftung zum „Netzwerk Interkulturelle

Gärten“ gebündelt, unterstützt und

erforscht wurden.

Auf der Basis dieser Bewegung betrat

schließlich 2009 mit dem Prinzessinnengarten

in Berlin ein Akteur die städtische

Bühne, der der bislang herrschenden

Ansicht widersprach, eine Großstadt sei

durch die Abwesenheit von jeglichem

Ländlichen oder gar Bäuerlichen definiert.

Das war ein performativer Bruch. Seitdem

gilt Gärtnern in der Stadt als „cool“,

nachhaltig und innovativ.

Urban Gardening ist mehr, als auch in

der Stadt die eigenen Tomaten anpflanzen

zu können. Spätestens die Kapitel

des neu erschienenen und von Ihnen mitherausgegebenen

Buchs „Unterwegs in

die Stadt der Zukunft. Urbane Gärten als

Orte der Transformation“ zeugen davon:

„Recht auf Stadt – Gärten als politische

Orte“, „Gärten als Ökosysteme“, „Antworten

auf Probleme der Stadt“, um nur

ein paar wenige zu nennen. Welches

transformative Potenzial haben Gemeinschaftsgärten?

Wenn wir uns die von den Vereinten Nationen

postulierten Nachhaltigkeitsziele

(SDGs) genauer ansehen, stellen wir fest,

dass transformatives Potenzial insbesondere

an der Schnittstelle von sozialer und

ökologischer Nachhaltigkeit existiert.

Gemeinschaftsgärten bieten die einzigartige

Möglichkeit, Wissen von Menschen

einzubinden und fruchtbar zu machen,

das in der formellen (Bildungs-)Ökonomie

nicht erfasst wird. Informelle Wissensquellen

können wichtig sein für die Verstetigung

lokaler Nachhaltigkeitspraxen und

vor allem für das „Mitnehmen“ und Einbinden

auch von sozial benachteiligten

Menschen, die von der Leistungsgesellschaft

aussortiert wurden und deren

Kenntnisse keinerlei Wertschätzung erfahren.

Hier setzen viele Projekte an. Die

begleitende Forschung der anstiftung

zeigt klar: Gemeinschaftsgärten sind zentrale

Lern- und Experimentierorte für die

sich auf Nachhaltigkeit umstellende Stadt.

Ein Blick auf die Pflanzauswahl: Geht es

bei Urban-Gardening-Projekten primär

um essbare Pflanzen, oder gibt es auch

Projekte, die sich zum Beispiel einem gestalterischen

oder ökologischen Aspekt

verschrieben haben?

Die auf eine Zahl von mehr als 1 000

angewachsenen Projekte sind sehr

vielfältig. Essbare Pflanzen werden in

allen Gemeinschaftsgärten angebaut.

Wir beobachten aber auch immer mehr

Initiativen innerhalb der Gemeinschaftsgärten,

die sich schwerpunktmäßig dem

Themenfeld Biodiversität widmen – und

dabei Bezüge herstellen zur urbanen

Flora und Fauna. Gartenprojekte kann

man in vielerlei Hinsicht als Care-Projekte

bezeichnen: Man sensibilisiert sich für

die Bedürfnisse auch nicht-menschlicher

Lebewesen, kümmert sich darum, wilde

Ecken zu schaffen, in denen Kleinstlebewesen

wie Bestäuberinsekten oder

Schmetterlinge Unterschlupf und Rückzugsorte

finden. Forschende an Universitäten

verstehen Gemeinschaftsgärten

längst als Citizen-Science-Labore: Sie

werden von der Biodiversitätsforschung

als exzellente Forschungsorte wahrgenommen,

da in Gemeinschaftsgärten zum

G+L 51


„Und heute, nicht zuletzt im Kontext

der klimapolitischen Debatten,

denkt eine moderne Stadtplanung

Gemeinschaftsgärten mit. Auch

der wirkmächtige Partizipationsund

Mitgestaltungsdiskurs greift

hier Raum.“

einen eine große Bandbreite an Gemüseund

Kräutersorten extensiv angebaut wird

und zum anderen ein achtsamer Umgang

der Akteure unterschiedlicher Herkunftskulturen

zur programmatischen DNA der

Gartenprojekte gehört. Ein Beispiel: Die

Professur für Urbane Produktive Ökosysteme

an der TU München kooperiert

mit diversen Gartenprojekten, um im

Rahmen der Biodiversitätsstrategie der

Stadt München mit Bottom-up-Ansätzen

biologische Vielfalt zu identifizieren, zu

erhalten und auszuweiten.

Wunder, dass Städte wie Berlin oder

Stuttgart heute ihre eigenen Gartenbeauftragten

beschäftigen.

Werden die Projekte professionell begleitet

– zum Beispiel von Landschafts architekt*innen

oder Pflanz pla ner*innen?

Obwohl sich die Landschaftsarchitektur

als Disziplin schon früh für Gemeinschaftsgärten

interessierte, werden die Projekte

in der Regel nicht professionell begleitet.

Es ist ein genuines Merkmal von Gemeinschaftsgärten,

dass sie selbstorganisiert

Methode „Versuch und Irrtum“, das war

von Anfang an so. Wie die internationalen

Gärtner*innen in Göttingen verstehen

wollten, warum das Saatgut aus ihrer

Heimat, zum Beispiel aus ariden Regionen

im Irak, in hiesigen, teils schweren

Lehmböden, anders keimt und aufgeht

und warum die Pflanzen weniger Wasser

benötigen: All diese Erfahrungen machen

den Garten zum experimentellen

Ankommensort in der neuen Stadt, die

auf diese Weise leichter zur neuen Heimat

werden kann.

Wer beteiligt sich an Urban-Gardening-

Projekten, und wie lässt sich der Personenkreis,

den die Projekte ansprechen,

zukünftig noch ausweiten?

Je mehr Flächen in unterschiedlichen

Stadtquartieren – aber durchaus auch in

Kleinstädten oder gar Dörfern – von

Gemeinschaftsgarten-Initiativen beackert

werden, umso mehr wächst die Vielfalt

der Beteiligten. Gegründet werden

Gemeinschaftsgärten nach wie vor primär

von ökologisch und stadtpolitisch engagierten,

häufig akademisch gebildeten

Wie sind Kommunen gegenüber Urban-

Gardening-Projekten eingestellt?

Die Einstellung hat sich im Laufe der

Jahre stark gewandelt. Am Anfang gab

es überwiegend Skepsis und Zweifel an

der Beständigkeit der Initiativen. Vor

allem aber war die Frage der Ästhetik

umstritten. Die Gärtner*innen brachten

eine neue Ästhetik in die Stadt, die

visuelle Anleihen aus kleinbäuerlichen

Kontexten aus aller Welt nahm. Es gab

keine Gartenzäune, es wurde mit den

vorhandenen Materialien experimentiert,

es kamen ausrangierte Behältnisse

und Europaletten zum Einsatz. All das

irritierte den Blick. Das war einerseits

pragmatisch, anderseits intendiert. Es

generierte Aufmerksamkeit. Und Aufmerksamkeit

ist die zentrale Währung im

Medienzeitalter. Dennoch hoffte man

wohl in manchen Stadtver waltungen,

dass dieses Phänomen ein kurzzeitiges

sein und bald wieder von der Bildfläche

verschwinden würde. Das Gegenteil

war jedoch der Fall. Und heute, nicht

zuletzt im Kontext der klimapolitischen

Debatten, denkt eine moderne Stadtplanung

Gemeinschaftsgärten mit. Auch

der wirkmächtige Partizipations- und

Mitgestaltungsdiskurs greift hier Raum.

In Gemeinschaftsgärten werden Menschen

nicht nur beteiligt; vielmehr

gestalten sie aktiv mit. Und so ist es kein

„Je mehr Flächen in unterschiedlichen

Stadtquartieren – aber

durchaus auch in Kleinstädten oder

gar Dörfern – von Gemeinschaftsgarten-Initiativen

beackert werden,

umso mehr wächst die Vielfalt der

Be teiligten.“

sind und sich von dem Wissen leiten

lassen, das die Menschen mitbringen.

Informelle Wissensquellen sind der

Ausgangspunkt für das Engagement

unterschiedlichster Menschen. Auf Basis

des ökologischen Anbaus können

mannigfaltige Formen von Transformationswissen

geborgen und neu verknüpft

werden. Einige Menschen bringen

Heilkräuterwissen mit, beherrschen aber

vielleicht die deutsche Sprache nicht gut.

Hier finden sie Anknüpfungspunkte, um

wahrgenommen und wertgeschätzt zu

werden. Das ist für viele eine Selbstwirksamkeitserfahrung

im öffentlichen Raum,

die auf Nachbarschaft und Stadtquartier

ausstrahlen kann. Viele Gemeinschaftsgärten

arbeiten bewusst nach der

Akteuren aus alternativen und kreativkünstlerischen

Milieus, aber mittlerweile

auch von Kirchengemeinden, Wohlfahrtsverbänden

wie der Caritas oder öffentlichen

Bibliotheken. Viele wollen die

Projekte von Beginn an „für alle“ öffnen.

Um die soziale Reichweite zu erhöhen,

braucht es je nach Standort und Umgebung

unterschiedliche Strategien. Um das

sozial inklusive Potenzial vom gemeinsamen

Gärtnern auszuschöpfen, sind

gezielte Strategien zur Ansprache weiterer

Bevölkerungsgruppen nötig, insbesondere

solcher mit geringerem Zugang zu

öffentlichen Grünflächen.

Gemeinschaftsgärten entstehen mittlerweile

vermehrt auch auf Initiative von –

und räumlich an – Theatern, Museen,

52 G+L


Hochschulen, Bibliotheken, Geflüchtetenunterkünften

und Volkshochschulen. Sie

werden bewusst als Orte zum Ankommen

konzipiert, als Orte für Begegnung, als

Lernorte für Nachhaltigkeit und zuweilen

auch als Grenzüberschreiter zwischen

Hochkultur und kleinbäuerlichen Lebensstilen.

Zur Zielgruppe gehören ebenso

junge Eltern, die wollen, dass ihre Kinder

erfahren, woher das Gemüse kommt und

wie es wächst; aber auch Menschen aus

migrantischen bzw. postmigrantischen

Milieus (mit unterschiedlichen Bildungsgraden)

sind relativ schnell für die

Möglichkeiten, die ein solches Projekt

bietet, zu begeistern – insbesondere,

wenn sie in Quartieren leben, die wenig

Umweltgerechtigkeit aufweisen. Und

auch ältere Menschen, die unter Einsamkeit

leiden, sind für ein gemeinschaftlich

organisiertes urbanes Gartenprojekt

adressierbar. Ein aktives Ansprechen –

auch über Institutionen wie Altenzentren

oder Migrationszentren – kann bisweilen

hilfreich sein.

Zur Publikation

„Urban. Gardening.

Über die Rückkehr der

Gärten in die Stadt“

beim oekom-Verlag

Wassergebundene

Wegedecke

Infos

anfordern

Zur Publikation

„Unterwegs in die

Stadt der Zukunft.

Urbane Gärten als Orte

der Transformation“

beim transcript-Verlag

PLAZADUR | TEGSTAB

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Deckschichten für Parkanlagen und

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anstiftung

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Stabilität und Witterungsbeständigkeit

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G+L 53


KOMMENTAR

VOM LUXUS ,

DER KEINER IST

NORBERT KÜHN

AUTOR

Prof. Dr. Norbert

Kühn ist Leiter

des Fachgebiets

Vegetationstechnik

und Pflanzenverwendung

an der

Technischen

Universität Berlin. Er

studierte Landespflege

an der

TU München-Weihenstephan

und promovierte

im Bereich

Vegetationsökologie.

Parks und Gärten, überhaupt alles, was

um uns herum grün ist, wird gerne als

Luxus gesehen. Nice to have. Zuerst

kommt das, was den Investor*innen Geld

bringt, also Bauen, Bauen, Bauen. Dann

die Verteidigung und die Notwendigkeit,

Brücken und Straßen zu sanieren, damit

wir mobil bleiben. Wir investieren in

KI, damit wir in der technologischen

Entwicklung nicht abgehängt werden.

Allen ist klar, dass wir nur als Teil unserer

Umwelt überleben können. Und trotzdem

lösen wir alle Probleme bislang

immer auf Kosten der Natur. In seinem

Buch „Survival of the Richest“ beschreibt

Douglas Rushkoff, wie amerikanische

Tech-Milliardäre nicht etwa nach Lösungen

für die großen Herausforderungen

suchen, sondern ihn um Rat fragen, wohin

sie im Falle der offensichtlich unabwendbaren

Katastrophe denn am besten

fliehen können.

Nun, so weit sind wir noch nicht. Aber

trotzdem zeigt sich, wie sehr Verantwortung

für die Bevölkerung, für das Glück

und das Wohlbefinden des Einzelnen

heute zugunsten von Geldgier und Machterhalt

zurücktreten muss. Soziale Medien

befeuern die Unzufriedenheit, sollen

Bedürfnisse nach Technologien wecken,

die es noch gar nicht gibt, und schüren

Hass und Feindseligkeit auf alles und

jeden, der nicht im selben Blasendenken

verhaftet ist. Wo hat da noch die Sorge

um unsere Umwelt Raum – wenn man

über vernünftige, differenzierte Argumente

die Menschen gewinnen will und nicht

selbst zu populistischem Alarmismus

greifen möchte?

Grün symbolisiert die Umwelt, Pflanzen

stehen für das Gute in der Natur. Selbst

Menschen, die keinen Bezug zum Gärtnern

haben, lieben Bäume, eine positive

Identifikation, die eine gute Ausgangsposition

darstellt. Und um das, was ich

liebe, darum sollte ich mich schon auch

kümmern – oder zumindest dafür einstehen,

dass es andere tun. Kümmern

bedeutet bei Bäumen, den Ort bestmöglich

nach ihren Bedürfnissen aussuchen,

ihre Etablierung fördern, sich in den

Folgejahren um sie sorgen. Dieser Aufbau

einer Beziehung ist ganz fundamental

für den Erfolg, ob sie nun behördlich in

einem Grünflächenamt verankert ist, durch

eine Firma mit entsprechenden Mitarbeiter*innen

durchgeführt wird oder im ganz

Privaten stattfindet. Ein neu gepflanzter

Baum verzeiht es nicht, wenn er bei Hitze

ohne das nötige Wasser allein gelassen

wird, weil die Besitzer*innen jetzt gerade

drei Wochen nach Südwestnorwegen

fahren müssen – der schönen Natur

wegen. Doch Sparzwänge, Rationalisierungen

und ökonomisches Denken brandmarken

diese fundamentale Gärtner-

Pflanze-Beziehung als unzeitgemäß und

propagieren smarte Lösungen. Und

trotzdem muss am Ende noch einer sein,

der wässert.

In historischen Gärten lernt man, das

Vertrauen auf das Bewährte wiederzugewinnen.

Nicht dass es darum ginge,

alles so zu machen, wie Fürst Pückler im

19. Jahrhundert. Technik hat sich weiterentwickelt,

Wissen hat sich vermehrt und

die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen

haben sich verändert. Aber die

54 G+L


GÄRTEN

KOMMENTAR VON NORBERT KÜHN

Gärten und Parks sind

kein Luxus, so Norbert

Kühn, Professor an

der TU Berlin. Vielmehr

seien sie Garant für

eine gesunde Beziehung

von Natur und

Mensch, fungieren als

Foto: Julia von Vietinghoff / FG Vegetationstechnik und Pflanzenverwendung, TUB

Beziehung zur Natur, zum Park und

seinen Elementen, den Pflanzen, hat sich

überall da aufrechterhalten, wo es noch

genügend Personal für diesen Zweck gibt.

Eine Führung durch eine*n Revierleiter*in

hilft zu verstehen, dass ein alter Baum

nicht nur einen Teil der ästhetischen Konzeption

darstellt, sondern auch wie er

sich dort über die Jahrhunderte entwickeln

konnte, was ihm heute zusetzt, wie

man ihm hilft, was ihm zukünftig vielleicht

bevorsteht. Verantwortung für lebende

Organismen wird dort über Generationen

weitergegeben. Mit dieser Verantwortung

wurde auch Wissen tradiert – Wissen,

das uns heute nützt, um Extremereignisse

abzufangen, um so einzuwirken, dass der

Baum vielleicht noch weitere 100 Jahre

stehen bleiben kann.

Ob das so sein wird, entscheidet nicht nur

der Klimawandel. Es entscheidet auch

unsere Gesellschaft, ob wir Tempelhof der

Bebauung opfern oder ob die Bäume,

die Wiesen und die Feldlerchen dort in

Koexistenz mit den Menschen bleiben

dürfen. Ein berühmtes Zitat von Dieter

Kienast lautet: „Der Garten ist der letzte

Luxus unserer Tage, denn er fordert das,

was in unserer Gesellschaft am kostbarsten

geworden ist: Zeit, Zuwendung und

Raum.“ Aber eigentlich liegt er damit

falsch: Gärten und Parks sind eben kein

Luxus, sondern Garant für eine gesunde

Beziehungen von Natur und Mensch, sie

sind Orte der Begegnung, der gelebten

Demokratie. Hier kann jeder so sein wie

er will, muss kein Geld zahlen, um hineinzukommen,

muss nichts konsumieren,

kann Regen oder Sonnenschein genießen,

alleine oder mit Freunden, kann die Kühle

genießen, wenn die eigene Wohnung

zu eng, zu laut, zu heiß oder zu stickig

wird, weil man sich keine andere leisten

kann. Es braucht gar nicht erst die Argumenta

tion um den Klimawandel oder

poten zielle zukünftige Pandemien, um den

Wert herauszustellen. Parks und Gärten

und ihre Pflanzen zu erhalten, zu pflegen,

verantwortlich weiterzuentwickeln –

egal ob sie zum historischen Kulturerbe

gehören oder nicht – wäre eine zentrale

Aufgabe einer zukunftsfähigen demokratischen

Gesellschaft.

Orte der Begegnung

sowie der gelebten

Demokratie.

G+L 55


LÖSUNGEN

Alle Produktinformationen

laut Herstellerangaben.

BODENBELÄGE UND LICHT

IM AUSSENBEREICH

RINGLEUCHTER IM STADTRAUM

Am Potsdamer Platz in Berlin wurde ein

umfassendes Lichtkonzept realisiert. Ziel war

es, die Aufenthaltsqualität zu steigern und die

städtebauliche Struktur zu schärfen. Zentral

sind funktionales Licht, gestalterische Akzente

und ökologische Aspekte. Highlight ist der

acht Meter breite Chandelier von TRILUX,

ergänzt durch maßgefertigte Mastleuchten

desselben Herstellers. Die Planung stammt

von Bartenbach, umgesetzt wurde das Projekt

in Abstimmung mit den Berliner Behörden.

Für die städtebauliche Planung zeichnen

die Büros Schulze + Grassov und Behnisch

Architekten verantwortlich.

trilux.com

BELEUCHTUNG IN NATURNAHEN

RÄUMEN

Hersteller Deltalight ergänzt seine Polesano-

Serie um die neue Pollerleuchte Polesano

Bollard NCL. Die Leuchte – gemeinsam

mit dem Designer Dean Skira entwickelt –

minimiert mit einem reduzierten Blauanteil

im Lichtspektrum die Störung von Flora und

Fauna. Entwickelt für Wege in Parks und

naturnahen Räumen, ermöglicht sie durch ein

optimiertes optisches System Montageabstände

von bis zu zehn Metern. Die Technologie

der Nature Centric LEDs (NCL) zielt auf eine

artenschonende, energieeffiziente Beleuchtung.

Die Jury des Red Dot Awards zeichnete

sie in der Kategorie Product Design mit dem

Titel „Best of the Best 2025“ aus.

deltalight.com

oben: Foto: TRILUX; unten: Abbildung: Deltalight

56 G+L


PRODUKTE

LÖSUNGEN

BAD DOBERANER STADTPARK IN

NEUEM LICHT

Der historische Park „Kamp“ im Zentrum

von Bad Doberan wurde mit einer neuen,

individuell entwickelten Beleuchtung ausgestattet.

Die Planung übernahm Lichtdesigner

Thomas Römhild, umgesetzt wurde das Projekt

in Kooperation mit Hersteller WE-EF. Das

Lichtkonzept verbindet denkmalgerechte

Zurückhaltung mit technischer Raffinesse:

Mast-, Poller- und Pendelleuchten sorgen

für Sicherheit und Atmosphäre, ohne das

historische Ensemble zu stören. Die mehrfarbigen

„Lampions“ orientieren sich farblich

am Abendhimmel.

we-ef.com

LICHT PRÄZISE LENKEN

oben: Foto: WE-EF; unten: Grafik: © ERCO GmbH

Mit der Produktlinie Tesis New stellt Hersteller

ERCO eine überarbeitete Generation

von Bodeneinbauleuchten vor. Die Leuchten

bieten schwenkbare Lichtköpfe, austauschbare

Linsen und Zoom-Optiken für

präzise Lichtführung im Außenraum. Ein neu

entwickelter Halbeinbau-Wandfluter bietet

größeren Positionierungsspielraum. Ziel ist

es, Lichtverschmutzung zu reduzieren und

gleichzeitig gestalterische sowie funktionale

Anforderungen zu erfüllen. Bestehende

Einbaumaße wurden beibehalten. Die Serie

ist auf Langlebigkeit ausgelegt.

erco.com

G+L 57


STABILE STRASSENRÄNDER

Für stark beanspruchte Straßenränder bietet Hersteller FCN mit der

Stradafino-Serie robuste Bankettplatten an. Die Elemente aus zweischichtigem

Beton entsprechen der Belastungsklasse B4 und sind widerstandsfähig

gegen Frost und Tausalz. Erhältlich in glatter oder gerillter Ausführung,

unterstützen sie Regenwasserabfluss und erhöhen durch akustische Rückmeldung

die Verkehrssicherheit. Die Randelemente sind in fünf Varianten

lieferbar, unter anderem mit Leitpfostenanbindung oder für Kurvenbereiche

– abgestimmt auf unterschiedliche Straßenführungen.

nuedling.de

RASEN TRIFFT PFLASTERKLINKER

Greenflow, ein Rasenlochklinker von Vandersanden,

wurde entwickelt, um eine klimafreundliche

Stadtplanung zu unterstützen.

Durch die Integration von Grünflächen in

seine Öffnungen ermöglicht der Pflasterklinker

die Versickerung von Regenwasser und behält

gleichzeitig seine Tragfähigkeit bei – wodurch

Greenflow für Parkplätze und Wohnstraßen

geeignet ist. Die Hohlräume des Steins reduzieren

den Rohstoffverbrauch und die CO₂-

Emissionen. Greenflow bietet Langlebigkeit,

Farbechtheit und Wiederverwendbarkeit.

Er kann maschinell verlegt werden, und die

Pflege des Rasens hängt von der Nutzungsintensität

ab.

vandersanden.com

GRÜNE FUGENWELLE

Das Pflastersystem WaveLiner Rasenwelle von Hersteller KANN verbindet

ökologische Versickerung und moderne Gestaltung. Die zwölf Zentimeter

dicken Steine eignen sich für Verkehrsflächen mit geringem Schwerverkehrsanteil,

wie Stellflächen oder Feuerwehrzufahrten. Breite Fugen

ermöglichen bis zu 50 Prozent Begrünung oder eine Splittfüllung für hohe

Versickerungsraten. Die wellenförmigen Steine sind in Grau und Anthrazit

erhältlich, im Format 60 x 40 x 12 Zentimeter.

kann.de

oben: Foto: FCN, Fulda; Mitte: Foto: KANN, Bendorf; unten: Abbildung: © Vandersanden

58 G+L


PRODUKTE

LÖSUNGEN

KLINKER IM DIALOG

Für das Heizkraftwerk Leipzig Süd entwarf

das Architekturbüro Atelier ST eine architektonische

Gesamtkomposition aus Klinker und

Keramik. Während die oberen Bereiche der

Fassaden mit Keramikplatten von MOE-

DING verkleidet sind, findet der am Sockel

eingesetzte Klinker in drei Sonderfarben

von Hersteller GIMA seine Entsprechung im

Außenraum: Dort verlegt, spiegelt der Pflasterklinker

„Toskana“ von GIMA das Farbspiel

der Fassade im Maßstab des Bodens. So

entsteht ein gestalterischer Zusammenhang

zwischen Gebäude und Umfeld, der stadträumlich

vermittelt.

gima-ziegel.de

RANKEN IM PFLASTER

oben: Foto: Viet Duc Nguyen / Atelier ST; unten: Foto: GODELMANN

In der Anlage für Mehrgenerationenwohnen

in Kümmersbruck finden sich zwischen den

Häusern nicht nur Grünanlagen, sondern

auch durchgrünte Beläge. Zum Einsatz kam

dabei unter anderem das Pflastersystem

GDM.SCADA ornament von Hersteller

GODELMANN. Die Pflastersteine kombinieren

ein Rankenmuster mit begrünten

Fugen; die Vegetation hat einen Flächenanteil

von rund 30 Prozent. Die Oberfläche

der grauen Betonpflastersteine im Format

30 x 30 x 12 Zentimeter ist naturbelassen.

godelmann.de

G+L 59


WATTENMEER IM ORTSZENTRUM

In Büsum wurde der zentral gelegene

Brunnenplatz nach zweijähriger Bauzeit im

Sommer 2024 neu eröffnet. Die Planung

übernahm das Büro Wagner Landschaftsarchitektur.

Gestaltung und Materialwahl

– darunter gelblicher belgrano® Granit und

dunkelgrauer belgrano® Diorit der Firma

BESCO – nehmen direkten Bezug auf die

Strukturen des Wattenmeers. Das zentrale

Wasserspiel bildet dessen Geometrien nach.

Die Maßanfertigung der Natursteine erlaubte

eine präzise Umsetzung. Der Platz verbindet

Küstenlandschaft und Aufenthaltsqualität im

urbanen Raum und stärkt so den Treffpunkt

in der Gemeinde für Besucher*innen und

Einheimische.

besco-gmbh.de

LICHTDESIGN FÜR PARKHAUS

Im polnischen Kołobrzeg wurde ein neues

Parkhaus mit LEDVANCE-Beleuchtung ausgestattet.

Die LED-Streifen mit RGB- und

Weißlicht-LEDs ermöglichen flexible Lichtszenen,

abgestimmt auf verschiedene Anlässe.

Die DALI-gesteuerte Technik erlaubt die Einzelsteuerung

der Lichtsegmente. Das System

wurde werkzeuglos installiert und auf glatten

Flächen mit selbstklebendem Band befestigt.

Ziel des Projekts war es, mit einem hochwertigen

Lichtkonzept die optischen Anforderungen

der Anwohner*innen an die städtische

Infrastruktur zu erfüllen.

ledvance.de

oben: Foto: BESCO: Berliner Steincontor; unten: Foto: LEDVANCE

60 G+L


PRODUKTE

LÖSUNGEN

KOMPAKT BELEUCHTET

Kompakte Bodenaufbauleuchten von

Hersteller BEGA bieten eine bandförmigbreite

Lichtverteilung. Die flachen, robusten

Gehäuse aus Aluminiumguss ermöglichen

eine leuchtennahe Ausleuchtung bei geringer

Lichtpunkthöhe – geeignet für Wege, Plätze

und Eingänge. Durch die breite Lichtabgabe

lassen sich größere Abstände realisieren,

ohne an Gleichmäßigkeit zu verlieren. Die

Leuchten emittieren weniger als ein Prozent

ihres Lichtstroms nach oben und erfüllen

damit „Dark Sky“-Anforderungen zum Schutz

nachtaktiver Tierarten.

bega.com

ORIENTIERUNG IM DUNKELN

oben: Foto: BEGA; unten: Foto: Thorn Lighting

Die Mastaufsatzleuchte Cesar Strut von

Hersteller Thorn Lighting ist für öffentliche

Freiräume konzipiert. Sie eignet sich für

Fußgängerzonen, Parks und Plätze und soll

die Orientierung sowie das Sicherheitsgefühl

bei Dunkelheit verbessern. Die Leuchte verfügt

über eine omnidirektionale Lichtverteilung,

DALI2-Konnektivität und erreicht Schutzklassen

IK10 sowie IP65. Die Mastaufsatzleuchte

ist 3,5 Meter hoch, das Gehäuse

besteht aus Aluminiumdruckguss und ist in

vier Farbtönen erhältlich.

thornlighting.com

G+L 61


IMPRESSUM

LIEFERQUELLEN A-Z

GARTEN+LANDSCHAFT

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Außenmobiliar

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Aber wir haben immer gute Ideen!

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genannten Verwertungsformen ab.

Erfüllungsort und Gerichtsstand: München

G+L erscheint 2025 im 135. Jahrgang

ISSN 0016-4720 B 3134 E

BEILAGENHINWEIS

Dieser Ausgabe liegen Prospekte der Euroform K.Winkler

GmbH/srl, I-Sand in Taufers und der RINN Beton- und

Naturstein GmbH + Co. KG, Heuchelheim bei.

Wir bitten unsere Leser um Beachtung.

62 G+L


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G+L 63


GARTEN DER VILLA

BORSCHT IN MÜNCHEN

Der Garten der Villa Borscht in München-Solln stammt aus der

Zeit der Jahrhundertwende. Verfallserscheinungen an Terrassen,

Mauern, Wegen und einer historischen Steinbrücke erforderten

dringenden Sanierungsbedarf zur Erhaltung Münchner Gartengeschichte.

Genau dies waren auch Absicht und Wunsch des

privaten Bauherrn und Besitzers der Gartenanlage.

WOLFGANG H. NIEMEYER

AUTOR

Wolfgang H.

Niemeyer ist

Dipl.-Ing. Landschaftsarchitekt

DWB in München

und 1. Vorsitzender

des DGGL-Landesverbandes

Bayern-Süd.

Als ein „Meisterwerk moderner Gartenkunst“

und als das „Tusculum des Münchner

Oberbürgermeisters“ wurde der

Garten 1911 in der Münchner Illustrierten

Zeitung bezeichnet. Am Isarhochufer in der

Villenkolonie Prinz-Ludwigs-Höhe ließ sich

der ehemalige 1. Bürgermeister Dr. Wilhelm

von Borscht seine Villa von Architekt

Max Littmann und später noch Max Ostenrieder

planen und beauftragte August jun.

Buchner aus der bekannten Münchner

Kunstgärtnerfamilie Buchner mit der Gestaltung

der Gartenanlage. Die Ausführung

des Gartens begann bereits 1897 noch vor

dem Bau der Villa.

Der circa ein Hektar große Garten im Stil

des Historismus mit Elementen der italienischen

Frührenaissance, aber auch der Antike

und des damaligen Zeitgeschmacks,

erstreckt sich über drei Gartenplateaus in

Form von Terrassen – früher teils von Pergolen

überstellt –, von denen aus man weit in

das Isartal, aber auch in den unteren Gartenteil

mit dem Wenzbach, zwei Teichen,

einer Grotte, einer Steinbrücke und Rundbank

mit „Münchner Kindl“ sowie zahlreichen

Balustraden und Skulpturen blicken

konnte. Heute ist der Steilhang von nahezu

30 Metern Höhenunterschied von großen

Bäumen bewachsen, die die Sichtbeziehungen

vor allem im Sommer stark einschränken

oder auch ganz verhindern. „Die Bepflanzung

dieses Parks ist weitgehend unter

dem Gesichtspunkt der ‚künstlerischen

Steigerung der Natur‘ erfolgt, wie sie der

Gartenbaudirektor Willy Lange zu Beginn

dieses Jahrhunderts [20. Jh.] für entsprechende

Anlagen empfiehlt … auffallend

viele schlanke Nadelbäume, vor allem Thujen

… Bepflanzung mit Haselwurz, Hirschzungenfarn

und Wurmfarn, Elfenblume,

Roter Schneerose und vielem mehr. In der

Nähe des Teiches Roter Fingerhut, Geißbart

und am Ufer Sumpfdotterblumen und

ähnliches“ (Ursula Gräfin zu Dohna, 1986).

GUTACHTEN ZUR GARTENSANIERUNG

Nach Beauftragung im Jahr 2022 wurde

in Arbeitsgemeinschaft der Landschaftsarchitekturbüros

Susanne Hlawaczek

und Wolfgang Niemeyer zunächst ein

Gutachten zur Instandsetzung der im Laufe

der Jahrzehnte gealterten historischen

Gartenanlage erstellt. Grundlagen hierfür

waren ein genauer, für die Denkmalpflege

geeigneter Vermessungsplan, ein Parkpflegewerk,

alte Fotos und Beschreibungen

des Gartens und ein Dutzend Veröffentlichungen

über den Garten. Historische

Pläne gab es dagegen keine.

Nach einer umfangreichen Bestandsaufnahme

wurden Entwicklungsziele und Maßnahmen

in Text und Bild formuliert sowie

Kosten ermittelt und Termine zur Umsetzung

der Sanierungsmaßnahmen festgesetzt. Aufgrund

der vorliegenden Verfallserscheinungen

sollte als erste Maßnahme die Brücke

über den Wenzbach saniert werden.

INSTANDSETZUNG DER BRÜCKE

Die Brücke aus Kunststein und Beton wies

nicht nur Risse im Mauerwerk und Abblätte-

64 G+L


links: Villa mit

Gartenterrassen im

Isarhang und Brücke

über den Wenzbach

vor der Sanierung im

Vordergrund

rechts: Blick auf den

unteren Garten mit

sanierter Brücke und

Schwimmbecken

im Hintergrund

Fotos: W. Niemeyer, München

rungen von Feinputzschichten auf, sondern

insbesondere Setzungen von Mauerteilen

aufgrund mangelnder Fundamentierung

und Unterspülungen durch den Wenzbach.

So wurden zunächst Untersuchungen zu

Untergrund- und Grundwasserverhältnissen

angestellt: Hierauf aufbauend, erfolgten

statische Berechnungen und Festlegungen

für acht Meter in die Tiefe gehende Mikropfähle

und darauf aufliegende Fundamentplatten

zur Gründung der instabilen

Brückenteile. Zur Kunststeinsanierung selbst

wurde ein Gutachten an ein Fachbüro für

denkmalpflegerische Bauwerkserhaltung,

Dipl.-Restaurator Gerhard A. Roth,

beauftragt, das wiederum die Grundlage

für die Ausschreibung der erforderlichen

Restaurierungsarbeiten war.

Dipl. Restaurator Milan Meinl, der schließlich

für die Ausführung der Brückensanierung

verantwortlich war, stellt in seiner

Abschlussdokumentation fest: „Das

Restaurierungsprojekt umfasste ein breites

Spektrum an Maßnahmen, darunter die

Demontage und Wiederherstellung der

originalen Brückenelemente, die Reparatur

der Untergrundschichten sowie die

Anwendung neuer Abdichtungen. Die

Arbeiten wurden unter strenger Aufsicht

des Denkmalschutzamts durchgeführt, mit

einem Schwerpunkt auf der Bewahrung

der authentischen Materialien und Techniken,

um die historische Treue der Konstruktion

und ihren langfristigen Schutz vor

weiteren Schäden zu gewährleisten. Die

Stabili sierung und Sanierung der stark

beschädigten Fundamente waren entscheidende

Schritte, um den dauerhaften Schutz

dieses bedeutenden Denkmals zu sichern.“

Fachlich begleitet und finanziell unterstützt

wurde das Projekt von der Deutschen

Stiftung-Denkmalschutz, dem Bayerischen

Landesamt für Denkmalpflege der

Bayerischen Landesstiftung und dem Bezirk

Oberbayern.

AUSBLICK

Der erste Schritt zur Erhaltung der historischen

Gartenanlage war getan. Die

weiteren erforderlichen Maßnahmen zur

Sicherung des Bestandes sind zahlreich:

die Stabilisierung von Mauern und Pfeilern,

die durch den Hangdruck in Schieflage

geraten sind; die Ausrichtung und Reparatur

von Stufen und Treppenanlagen sowie

LITERATUR ZUM GARTEN DER VILLA BORSCHT

Diese Rubrik unterliegt presserechtlich und inhaltlich der Verantwortung der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur:

DGGL Bundesgeschäftsstelle, Pariser Platz 6, Allianz Forum, 10117 Berlin-Mitte, www.dggl.org

Wegen am Steilhang, Terrassenbeläge,

Errichtung einer historischen Pergola, die

Wiederherstellung von verloren gegangenen

Blickbezügen durch Gehölz-Freischnitt

sowie pflanzliche Aufwertungen im Park.

Zu Letzterem wurde im Bereich der Brücke

und des Wenzbaches schon ein Pflanzkonzept,

beruhend auf historischen Fotos und

Beschreibungen, erstellt.

Der fertiggestellte 1. Bauabschnitt wurde

im Sommer 2025 gefeiert. Die Umsetzung

der weiteren Maßnahmen wird noch Jahre

dauern. Im Rahmen der alljährlichen

Pflegearbeiten kann die Gartenanlage

vielleicht in kleinen Schritten fortentwickelt

und vervollkommnet werden, sodass dieses

Juwel der Gartenkunst – wie auch vom

heutigen Besitzer so gesehen – dauerhaft

erhalten bleibt.

• Cavalieri, Ingrid: Die Kunstgärtnerfamilie Buchner. „Münchens ältestes Gärtnergeschlecht“, in:

Die Gartenkunst, Heft 1 (2021), S. 31–48, insbes. S.43–45.

• Dohna, Ursula zu / Schönborn, Philipp / Sayn-Wittgenstein-Sayn, Marianne zu: Private

Gartenkunst in Deutschland, Herford 1986, insbes. S. 180–186.

• Gribl, Dorle: Villenkolonien in München und Umgebung, München 1999, insbes. S. 97–100.

• Lauterbach, Iris: Stadt, Land, Fluss: Private Gartenkultur und Villengärten in München,

1800–1930, in: Borgmeyer, Anke / Knipping, Detlef / Lauterbach, Iris (Hgg.): Villengärten

1830–1930: Geschichte, Bestand, Gefährdung, Regensburg 2020, S. 27–60, insbes. S. 46–48.

G+L 65


SICHTACHSE

ZEIT FÜR EINE

EIGENSTÄNDIGE

UNIVERSITÄT

Jürgen Weidinger

ist Professor an der

TU Berlin und leitet

das Fachgebiet

„Landschaftsarchitektur

Entwerfen“.

Als geschäftsführender

Gesellschafter

von Weidinger

Landschaftsarchitekten

ist er als

praktizierender

Landschaftsarchitekt

tätig.

JÜRGEN WEIDINGER

Landschaftsarchitektur ist eine Handlungsdisziplin. Diese zentrale

Kompetenz kann man als Know-how-Wissen bezeichnen. Landschaftsarchitektur

wird durch zahlreiche Disziplinen, wie unter anderem

Verkehrswesen, Pflanzenkunde oder Baukon struktion, unterstützt,

die sich als Know-what-Wissenschaften verstehen. Die

Handlungskompetenz aller Entwurfsdisziplinen ist der Schlüssel,

damit das Know-what-Wissen anderer Wissenschaften überhaupt

erst aktiviert werden kann. Ohne Entwerfen bleibt Know-what-

Wissen stumpf und folgenlos für die Verbesserung der Welt.

Wenn es um das Verhältnis dieser Wissensarten geht, führt das

in eine Debatte über Wissenschaftsverständnisse und auch in die

Wissenschafts- und Universitätspolitik. Die Know-what-Wissenschaften

gehen in der Regel davon aus, dass durch Forschung

als Top-down-Theoriebildung neues Wissen gewonnen wird.

Man geht dort auch davon aus, dass dieses Know-what-Wissen

durch die Gesellschaft oder die Entwurfspraxis, wie nach einem

Rezept, nur noch angewendet werden muss oder durch Fachhochschulen

erprobt wird.

In der Landschaftsarchitektur funktioniert das so nicht! Bei Landschaftsarchitektur-Autor*innen

erfolgen Lernprozesse und die

Auffindung neuen Wissens auf andere Weise. Es ist in der Regel

nicht die Lektüre der Papers und Berichte der Know-what-Wissenschaften

zu den vorherrschenden Themen der Zeit, wie Biodiversität,

Teilhabe, Gesundheit et cetera, die das Neue triggern.

Häufig sind es andere Anregungen, wie die Resultate und Idiosynkrasien

geschätzter Entwerfer*innenpersönlichkeiten.

Neue Landschaftsarchitektur entsteht durch das Aufspüren und

das Entwickeln ungewöhnlicher Lösungsansätze. Die Voraussetzung

dafür ist, dass man sehr gut entwerfen kann. Das umfasst

das schnelle Skizzieren, die Erarbeitung überzeugender Wettbewerbsbeiträge

und die konsequente Umsetzung – auch gegen

Widerstände. Es ist ausschließlich die stetige und intensive Entwurfsarbeit,

die darauf vorbereitet. Die Untersuchung von Einzelproblemen

als Forschung reicht dafür nicht.

Ungewöhnliche Lösungsansätze fordern zuerst die kritische

Diskussion in der Praxis heraus, dann folgt der Diskurs in Academia.

Durch dieses argumentierende „Streiten“ wird das Neue

nicht deduktiv, sondern induktiv und abduktiv aus den Entwurfsprojekten

„herausgehoben“ und versprachlicht. Es geht dabei um

Findung und nicht um Anwendung.

Was bedeutet das für die Landschaftsarchitektur als Wissenschaft

und deren institutionelle Verortung? In Deutschland ist die wissenschaftliche

Landschaftsarchitektur an den Universitäten angesiedelt.

Dort, insbesondere an den Technischen Universitäten,

bestimmen die Know-what-Wissenschaften als Mehrheit über die

Rahmenbedingungen und die Zukunft der universitären Landschaftsarchitektur.

Akzeptiert man dieses Wissenschaftsmodell der

Know-what-Wissenschaften, wird das auch zur Folge haben,

dass Landschaftsarchitektur zukünftig fast nur noch durch Vertreter*innen

der Know-what-Wissenschaften gelehrt wird, die selbst

nicht entwerfen oder nicht entwerfen können und keine Entwurfsresultate

vorweisen können. Das kann nicht sinnvoll sein.

Wissenschaftliche Fakten sind ein hohes Gut, besonders in

Zeiten verrückter Social-Media-Fakes, trotzdem benötigen wir

für die zukünftige Landschaftsarchitektur ein Gegenmodell zur

Know-what-Wissenschaft. Es ist Zeit für eine Universität für

die ent werfenden Disziplinen Landschaftsarchitektur, Architektur

und Städtebau, die auf einem emanzipierten Wissensbegriff,

auf eigenständigen Methoden und Qualifizierungsverfahren,

wie zum Beispiel der entwurfsbasierten Promotion (siehe

www.pep.tu-berlin.de), aufbaut.

Wir sollten die Handlungskompetenz der Landschaftsarchitektur

weiter stärken und die daraus resultierende wissenschaftliche

Kompetenz, das heißt, die Wissenserzeugung als Brücke von der

Praxis zur Theorie und wieder zur Praxis, aktiv bewerben und im

politischen Diskurs durchsetzen.

G+L IM OKTOBER 2025: DIGITALISIERUNG IN ÄMTERN & BÜROS

Während Estland nahezu papierlos und blitzschnell plant, verzögert

sich in Deutschland jeder Planungsprozess durch analoge Verfahren

und Bürokratiechaos. In der Oktoberausgabe der G+L diskutieren wir,

wie die Digitalisierung in Ämtern, aber auch in privatwirtschaftlichen

Planungsbüros vorangetrieben werden kann. Was hindert deutsche

Bürochef*innen und Planungsreferent*innen daran, auf digitale Arbeitsweisen

umzustellen? Wir sprechen mit Expert*innen, die zeigen,

wie Ämter und Büros auch in ihren Arbeitsweisen up to date bleiben.

Illustration: Georg Media, ursprüngliches Foto: JULIE NAGEL Photography

66 G+L


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Foto © Alex Filz; AKI Familyresort, Brixen

Seilfähre

Das uralte Prinzip der Seilfähre stand Pate für unsere schwimmende Überbrückung von

kleinen Gewässern in Parks, Freizeitanlagen und auf Spielplätzen. Ein beidseitig verankertes

Seil verbindet die gegenüberliegenden Ufer. An diesem Seil wird die Fähre sicher in

ihrer Bahn von einer Seite zur anderen gezogen. Ein mit Schaumstoff gefüllter Hohlkörper

sorgt für die Seetüchtigkeit und ein eingebautes Gegengewicht aus Beton verhindert eine

unerwünschte Verlagerung des Bootskörpers. Die Seilfähre wird oft in Rollenspiele integriert,

ist aber vor allem auch ein faszinierendes Beförderungsmittel.

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