Wirtschaftsstandort Region Hannover Regionalreport 2002 - NIW
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INNOVATIVE EXISTENZGRÜNDUNGEN ALS IMPULS FÜR DEN STRUKTURWANDEL<br />
Abb. 14-2 Technologie- und wissensintensive Gründungen in der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong><br />
Technologiegründungen<br />
im Verarbeitenden<br />
Gewerbe<br />
Technologiegründungen<br />
im Dienstleistungssektor<br />
Gründungen<br />
im Bereich<br />
nichttechnischer<br />
Beratungstätigkeit<br />
Quelle: Gründerdaten des ZEW, eigene Darstellung<br />
von hoher Bedeutung. Neben Akteuren, welche die Jungunternehmer<br />
von der Vorgründungsphase bis in die<br />
Nachgründungsphase beratend begleiten, spielen Finanzierungsangebote,<br />
Gewerbeflächen- und Infrastruktureinrichtungen,<br />
z.B. in Form von Gründerzentren, eine<br />
wichtige Rolle. Im Folgenden sollen die Beratungsdienstleistungen<br />
für Gründer im Vordergrund stehen. Eine gute<br />
Gründungsinfrastruktur zeichnet sich u.a. dadurch aus,<br />
dass der Gründer in jeder Entwicklungsphase seines<br />
Unternehmens Zugriff auf eine qualitativ hochwertige<br />
Beratungsleistung hat.<br />
Die Gründungsforschung unterteilt den Prozess einer Unternehmensgründung<br />
in Phasen ein, in denen Gründer mit<br />
verschiedenen Problemen und Aufgaben konfrontiert werden.<br />
Entsprechend sind die Anforderungen an die Beratung<br />
in den einzelnen Phasen unterschiedlich. Im Allgemeinen<br />
wird der Prozess der Unternehmensgründung in<br />
drei Abschnitte gegliedert: die Vorgründungsphase, die<br />
Gründungsphase und die Nachgründungsphase.<br />
In der Vorgründungsphase entsteht die Idee des eigenen<br />
Unternehmens und der Entschluss zur Selbstständigkeit<br />
wird getroffen. In der Gründungsphase werden Gründungsidee<br />
und das Konzept für die Existenzgründung<br />
überarbeitet und verfeinert. Gleichzeitig werden notwendige<br />
Genehmigungen eingeholt, Kredite und Förderungen<br />
beantragt, bis schließlich die formale Unternehmensgründung<br />
mit dem Eintrag ins Handelsregister oder<br />
mit der Gewerbeanmeldung erfolgt. Die Übersicht 14-1<br />
zeigt, welche Aufgaben die Jungunternehmer in den<br />
jeweiligen Phasen zu bewältigen haben, welche Probleme<br />
in diesem Zusammenhang auftauchen und welche<br />
Institutionen vor allem die Beratung in den einzelnen<br />
Phasen übernehmen.<br />
Gründungen je 10.000 Erwerbsfähige im Jahresdurchschnitt 1995-99<br />
Verdichtungsraum <strong>Hannover</strong><br />
westdeutsche Verdichtungsräume<br />
Westdeutschland<br />
0 1 2 3 4 5 6<br />
Existenzgründerbefragungen in <strong>Region</strong>en Niedersachsens<br />
und in Nordrhein-Westfalen ergaben, dass die größten<br />
Hemmnisse für den Unternehmensgründer im Bereich<br />
Finanzen liegen. Informations-, Beratungs- und Fördermaßnahmen<br />
sind in diesem Bereich anscheinend besonders<br />
notwendig. Weiterhin verfügen die Gründer häufig<br />
über ein unzureichendes Wissen in Betriebswirtschaft,<br />
Buchhaltung, Steuern und Recht. Zudem wirken sich die<br />
Doppelbelastung durch Familie und Beruf, die Bürokratie<br />
der Verwaltungen, die Defizite bei Marketing- und Vertriebskenntnissen,<br />
beim persönlichen Auftreten und bei<br />
Marktkenntnissen negativ auf den Existenzgründungsprozess<br />
aus. Besonders die zuletzt genannten Punkte gewinnen<br />
im Verlauf der Unternehmertätigkeit an Bedeutung 1 .<br />
Das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn ermittelte<br />
für Existenzgründungen in Nordrhein-Westfalen, dass in<br />
der Nachgründungsphase, unmittelbar nach Aufnahme<br />
der Geschäftstätigkeit, vor allem Schwierigkeiten in den<br />
Bereichen Absatz, Finanzierung und Betriebsablaufsplanung<br />
auftreten: Die Erschließung neuer Kundenpotenziale<br />
und Absatzwege, eine hohe Wettbewerbsdichte,<br />
Nachfrageschwächen und Mängel im Marketingkonzept<br />
führen zu Absatzschwierigkeiten. Zudem tauchen weiterhin<br />
Finanzierungsprobleme auf, die hauptsächlich in der<br />
Beschaffung von Fremdkapital bestehen, gefolgt von Forderungsausfällen<br />
und Eigenkapitalknappheit. Die Auftragsplanung<br />
und die Einhaltung von Terminen ist ein<br />
weiterer Schwachpunkt in der Nachgründungsphase,<br />
der die Betriebsablaufsplanung erschwert 2 .<br />
Technologiegründungen sind meistens mit speziellen<br />
Ansprüchen der Existenzgründer an die Finanzierung,<br />
die Beratung und den Standort verbunden. Je nach Branche<br />
entstehen hohe Kosten für Laborausstattung, die<br />
Übersicht<br />
14-1<br />
Aufgaben/Ziele<br />
Problemfelder<br />
Beratungsschwerpunkte<br />
Beratungsanbieter<br />
Zeitachse<br />
Quelle: verändert nach Kailer 2000<br />
Erstellung von Technologiegutachten, Prototypenentwicklung<br />
oder Patentanmeldungen. Zum einem sind damit<br />
die Vorlaufkosten von Technologiegründungen höher als<br />
beim Aufbau eines nichttechnologieintensiven Unternehmens.<br />
Zum anderen eignen sich für Technologiegründungen<br />
wegen des höheren Kapitalbedarfs und Risikos eher<br />
Finanzierungsmöglichkeiten außerhalb des normalen<br />
Kreditgeschäfts, z.B. in Form von Beteiligungskapital.<br />
Aufgrund der Technologieintensität der Gründungsvorhaben<br />
bedarf es eines hohen technischen Sachverstands<br />
bei den beratenden Institutionen, damit die Unternehmenskonzepte<br />
richtig eingeschätzt werden können. Im<br />
Gegensatz zu nichttechnologieintensiven Gründungen<br />
spielen die Nähe zu Forschungs- und Bildungseinrichtungen,<br />
die Verfügbarkeit technischer Infrastruktur wie<br />
z.B. Laboratorien sowie der Zugang zu Netzwerken und<br />
qualifizierte Arbeitskräfte eine große Rolle.<br />
Die Ergebnisse der Gründungsforschung zeigen, dass<br />
Existenzgründer sehr differenzierte Anforderungen an<br />
Beratungsleistungen haben. Die auftretenden Schwierig-<br />
N I W · NORD/LB · WIRTSCHAFTSSTANDORT REGION HANNOVER · REGIONALREPORT <strong>2002</strong> 209<br />
Anforderungen an Gründer und die Förderung nach Gründungsphasen<br />
Vorgründungsphase<br />
• Generierung/Klärung<br />
von Gründungsideen<br />
• Klärung der Entscheidung<br />
bezgl. Selbstständigwerden<br />
• Zunehmend unausgereifte<br />
Gründungsideen<br />
• Vorzeitige Fremd-/<br />
Selbstselektion<br />
• Informationssuche und<br />
-bereitstellung<br />
• Angebote zur Generierung<br />
von Gründungsideen<br />
• Persönliche Beratung<br />
• Industrie- u. Handelskammer<br />
für Erstinformationen u. zur<br />
Weiterleitung im Gründungsnetzwerk<br />
• Handwerkskammer<br />
etwa 29 Monate<br />
Gründungsphase<br />
• Aufbereitung eines<br />
Geschäftsplanes<br />
• Beseitigung von<br />
Kompetenzdefiziten<br />
• Zulassungsprüfungen<br />
Gründungsakt<br />
• Fehlende bzw. mangelhaft<br />
ausgearbeitete Gründungspläne<br />
• Weiterbildungsveranstaltungen<br />
• Prüfungsvorbereitungskurse<br />
• Kurzdiagnosen, -checks<br />
• Fachberatung<br />
• Begleit-Coaching<br />
• Team-Coaching<br />
• Problembezogene Fachberatung<br />
durch Steuerberater,<br />
Rechtsanwalt, Bank,<br />
Gründungsberater, Technische<br />
Berater, Unternehmensberater<br />
Nachgründungsphase<br />
• Unternehmenssicherung<br />
und -ausbau<br />
• Erweiterungsfinanzierung<br />
• Aufbau von Kooperationen,<br />
Kontakten<br />
• Krisenbewältigung<br />
• Enge zeitliche/örtliche<br />
Grenzen für Konzeptentwicklung<br />
• Dominanz des Tagesgeschäfts<br />
• Informelle Lernprozesse von<br />
hoher Bedeutung<br />
• fehlende Kapitalgeber<br />
• Erfahrungsaustauschtreffen<br />
• Kooperationsunterstützung<br />
• Fachberatung<br />
• Begleit-Coaching<br />
• Prozessberatung<br />
• Integrierte Trainings- u.<br />
Beratungsprogramme<br />
• Unternehmensberater<br />
• Fachberater<br />
• Existenzfestigungsberatung<br />
• Coaches<br />
etwa fünf Jahre<br />
keiten und Problemfelder während der Gründungsphasen<br />
und die speziellen Anforderungen, die Technologiegründungen<br />
an die Finanzierung, Beratung und den<br />
Standort haben, erfordern eine Gründungsinfrastruktur,<br />
die sich an den Beratungsbedarfen in den unterschiedlichen<br />
Entwicklungsphasen und der verschiedenen Gründergruppen<br />
orientieren. Vor allem ist die Unterstützung<br />
der Gründer in allen Gründungsphasen notwendig, damit<br />
das vorhandene Gründungspotenzial ausgeschöpft<br />
werden kann. Der Existenzgründer steht in der Praxis<br />
einer Vielzahl von Beratungsinstitutionen gegenüber, die<br />
kaum durchschaubar ist. Andererseits hängt es stark von<br />
der Gründerperson selbst ab, ob Beratungsleistungen<br />
überhaupt in Anspruch genommen werden. Zudem entspricht<br />
das Beratungsergebnis nicht immer den Vorstellungen<br />
der Gründer 3 .<br />
1) vgl. Jung 1998, 1999<br />
2) vgl. IfM 2000<br />
3) vgl. Jung 1998,1999; Kailer, 2000