Wirtschaftsstandort Region Hannover Regionalreport 2002 - NIW
Wirtschaftsstandort Region Hannover Regionalreport 2002 - NIW
Wirtschaftsstandort Region Hannover Regionalreport 2002 - NIW
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
244<br />
NEUE STÄDTEBAULICHE QUALITÄTEN<br />
Messegelände <strong>Hannover</strong><br />
zukunftsweisende Lösungen hervorgebracht hat. Führende<br />
Architekten haben mit Mut zum Neuen innovative<br />
Energiekonzepte erarbeitet, neue Tragwerks-Konstruktionen<br />
entwickelt und im Einklang von Gestaltung und Technik<br />
architektonisch anspruchsvolle Gebäude mit hoher<br />
Aufenthaltsqualität entworfen.<br />
Der Begriff der Messe- und Ausstellungsarchitektur<br />
wurde im Vorfeld der Expo für das Messegelände völlig<br />
neu definiert. Die Hallen 2 und 4 aus den Jahren 1993<br />
und 1996 gelten dabei als richtungsweisend. Die dreischiffige<br />
Halle 2 (Europahalle) der hannoverschen Architekten<br />
Bertram, Bünemann & Partner nutzt das natürliche<br />
Tageslicht und öffnet sich mit ihrer 100 Meter langen<br />
Glasfassade großzügig nach außen. Als größte freitragende<br />
Messehalle Europas wurde sie abgelöst von der<br />
benachbarten Halle 4 der Hamburger Architekten gmp<br />
von Gerkan, Marg & Partner, die mit ihren Abmessungen<br />
von 184 x 132 Meter über 20.000 Quadratmeter<br />
Ausstellungsfläche bietet. Ein transparentes gewölbtes<br />
Dach überspannt die gesamte Hallenfläche und auch<br />
hier sorgt eine Verglasung in voller Höhe für die optische<br />
Öffnung und natürliche Belichtung der Halle. Beide Bauten<br />
prägen heute mit ihrer leichten und markanten Architektur<br />
den Nordbereich des Geländes und geben ihm<br />
zusammen mit dem angrenzenden Messepark ein offenes,<br />
erlebnisorientiertes und urbanes Flair.<br />
Bei der 220 x 115 Meter großen Halle 26 ist es den<br />
Planern in besonderer Weise gelungen, eine Wechsel-<br />
beziehung zwischen Ökologie und Architektur herzustellen,<br />
die Trennung von Innen- und Außenräumen aufzuheben<br />
und attraktive Sichtbeziehungen zu schaffen.<br />
Dieses architektonische Highlight des Münchener Büros<br />
Herzog & Partner ist eine Kombination aus funktionaler<br />
Ausstellungshalle und sympathischem Erlebnisraum. Zu<br />
den besonderen Merkmalen der 1996 fertiggestellten<br />
Halle zählen die Dreiteilung und der Zeltcharakter des<br />
Hängedachs, die Verglasung der Fassaden und die Verwendung<br />
von Holz für die Deckenkonstruktion (Brettstapeldecke).<br />
Ein neu entwickeltes, Kosten sparendes Lüftungssystem,<br />
das so genannte Hybridsystem, kombiniert<br />
natürliche und mechanische Lüftung. Hallenluft, die sich<br />
in den nach Norden ausgerichteten, 28 Meter hohen<br />
„Giebeln“ bis auf 45 °C aufheizen kann, wird durch<br />
den Außenwind abgesaugt. Ein spezielles Beleuchtungssystem,<br />
bei dem die Hallendecke als Großreflektor<br />
dient, nutzt optimal das einfallende Tageslicht. 1998<br />
wurden die Architekten für ihre Arbeit mit dem Deutschen<br />
Stahlbauer-Preis ausgezeichnet, weil es ihnen<br />
nach Auffassung der Jury mit diesem innovativen Hallentypus<br />
gelungen ist, in herausragender Weise Funktionalität,<br />
Gestaltung und Ökologie in Einklang zu bringen.<br />
Die Halle 13 aus dem Jahr 1997 zeichnet sich durch ihr<br />
zurückhaltendes Erscheinungsbild, eine klare Form, konstruktive<br />
Intelligenz, innovative Haustechnik und Umweltfreundlichkeit<br />
aus. Das 225 x 120 Meter große Gebäude<br />
des Münchener Architekten Prof. Ackermann hat zu<br />
allen Seiten transparente Fassaden und besteht primär<br />
aus einem Stahlträgerrost, der auf sechs Installationskernen<br />
aus Beton aufliegt. Bis auf diese Techniksäulen,<br />
die gleichzeitig der Aussteifung in vertikaler und horizontaler<br />
Richtung dienen, ist die Halle stützenfrei und<br />
kann für unterschiedliche Nutzungen flexibel aufgeteilt<br />
werden. Mut zum Experiment hat laut Prof. Ackermann<br />
das innovative Lüftungssystem der Halle 13 hervorgebracht.<br />
Verbrauchte Hallenluft wird durch ein System<br />
aus so genannten Venturi-Flügeln auf dem Dach durch<br />
Unterdruck abgesaugt. Dieses natürliche Lüftungskonzept<br />
führt zusammen mit der optimalen Ausnutzung des<br />
Tageslichts durch ein blendfreies Oberlichtsystem zu<br />
einer Energieeinsparung von 50%. Besuchern, die über<br />
den Skywalk vom Bahnhof zum Messegelände kommen,<br />
bereitet die Halle 13 an der Allee der Vereinigten<br />
Bäume mit ihrer offenen Architektur einen freundlichen<br />
Empfang.<br />
Nach ihrer Fertigstellung im Frühjahr 1999 ist nun die<br />
neue Doppelhalle 8/9 die größte freitragende Ausstellungshalle<br />
Europas, sie ist geprägt von Transparenz und<br />
Leichtigkeit. Die Halle verfügt über eine Ausstellungsfläche<br />
von rund 30.000 Quadratmeter, davon sind<br />
22.050 stützenfrei. Der markante architektonische Eckpunkt<br />
für den Süden des Messegeländes entstand nach<br />
den Plänen des Hamburger Büros gmp von Gerkan,<br />
Marg und Partner. Ein besonderer Blickfang ist das freitragende<br />
Holzdach mit seinen fünf sanften Schwüngen.<br />
Es scheint auf dem Gebäude zu schweben – ein Eindruck,<br />
der durch die allseitig transparente Fassade<br />
noch unterstrichen wird. Der hohe Tageslichtanteil, die<br />
ressourcenschonende Verwendung von Materialien und<br />
der Einsatz von Holz als nachwachsendem Rohstoff<br />
dokumentieren den ökologischen Anspruch. Der 250 x<br />
143 Meter große Gebäudekomplex stellt auch eine Art<br />
Bindeglied zwischen der benachbarten Expo-Plaza und<br />
dem Messegelände dar. Von der Stadtbahnhaltestelle<br />
Messe-Ost gelangen Besucher über die Plaza und die<br />
attraktive, 30 Meter breite Fußgängerbrücke „Exponale“<br />
zunächst auf ein großzügig gestaltetes Plateau,<br />
das gleichzeitig als Dach der Halle 8 dient. Eine 80<br />
Meter breite Freitreppe führt von dort direkt zur Südschiene<br />
des Messegeländes mit der Allee der Vereinigten<br />
Bäume.<br />
Das neue Verwaltungsgebäude der Deutschen Messe<br />
AG, geplant vom Münchner Büro Herzog & Partner, ist<br />
das neue Wahrzeichen der Messe und zugleich mit<br />
etwas über 100 Metern auch das höchste Gebäude<br />
<strong>Hannover</strong>s. Es ist im Hinblick auf hohe Arbeitsplatzqualität<br />
und einen innovativen Einsatz von Energie entwickelt<br />
und von dem in <strong>Hannover</strong> ansässigen Büro BKSP<br />
umgesetzt worden. Es reiht sich ein in das konsequent<br />
umgesetzte städtebauliche Konzept einer durchgängig<br />
rechtwinkligen Grundstruktur, bei der der ständige<br />
Wechsel von bebauten und unbebauten Flächen für eine<br />
gute Orientierung und für die besondere Aufenthaltsqualität<br />
sorgt. Das hannoversche Messegelände ist<br />
heute nicht nur weltweit eines der größten, sondern<br />
auch eines der modernsten und attraktivsten – ein<br />
bedeutender Faktor im internationalen Vergleich.<br />
N I W · NORD/LB · WIRTSCHAFTSSTANDORT REGION HANNOVER · REGIONALREPORT <strong>2002</strong> 245<br />
FAZIT<br />
Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich das Erscheinungsbild<br />
<strong>Hannover</strong>s auffällig gewandelt. Im Vorfeld der<br />
Expo wurden so viele interessante architektonische und<br />
städtebauliche Projekte initiiert, dass Bewohnern und<br />
Gästen diese positiven Veränderungen im ganzen Stadtgebiet<br />
begegnen. Ob auf dem Messegelände, in einzelnen<br />
Stadtteilen oder direkt in der Innenstadt – der neue<br />
Qualitätsanspruch ist überall sichtbar. Die Lebensqualität<br />
ist gestiegen und das neue Selbstbewusstsein kommt<br />
dem Standort <strong>Hannover</strong> zugute. Die Stadtplaner setzen<br />
die begonnene Arbeit kontinuierlich auch nach der Weltausstellung<br />
fort und tragen so, wenn auch manchmal nur<br />
in kleinen Schritten, zu einer zukunftsorientierten Entwicklung<br />
der Stadt bei. Diese größere städtebauliche<br />
Attraktivität ist sicherlich auch ein Grund dafür, dass der<br />
Städtetourismus in <strong>Hannover</strong> wie in keiner anderen<br />
deutschen Stadt zugenommen hat – ein Kompliment und<br />
zugleich ein Anreiz, die entwickelten Konzepte konsequent<br />
weiterzuverfolgen.