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F R E I B U R G UND DIE WELT S<strong>am</strong>stag, 28. April 2012<br />

Sinatra sang seinen Song<br />

„Pack die Badehose ein“: Hans Bradtke hat unzählige Schlager getextet, die fast immer zu Hits wurden und deren Titel in<br />

vielen F<strong>am</strong>ilien zum geflügelten Wort gehören. Ein Interview mit seinem Sohn Peter Bradtke, der als Maler in Berlin lebt.<br />

Er lebt in seinen Texten weiter:<br />

Hans Bradtke (1920–1997)<br />

war einer der erfolgreichsten<br />

Songtexter, mit seinen Schlagern<br />

stürmten viele internationale Interpreten<br />

die Hitparaden, unter anderem<br />

Costa Cordalis, Gitte, Heino, Bill<br />

R<strong>am</strong>sey, Cliff Richard, Chris Howland,<br />

Vico Torriani, Wencke Myhre, Nana<br />

Mouskouri, Peter Kraus und Frank<br />

Sinatra. Barbara Breitsprecher sprach<br />

mit seinem Sohn, dem Maler Peter<br />

Bradtke (64; Selbstporträt oben),<br />

über den berühmten Vater, der doch<br />

immer im Hintergrund blieb.<br />

<strong>Zeitung</strong> <strong>am</strong> S<strong>am</strong>stag: Ich muss gestehen,<br />

ich kannte bis vor kurzem<br />

den N<strong>am</strong>en Ihres Vaters nicht, viele<br />

der Lieder, die er geschaffen hat,<br />

sind mir aber natürlich ein Begriff.<br />

Peter Bradtke: Das ist ja das schöne<br />

an diesem Beruf: Er lässt einen<br />

privat in Ruhe und trotzdem hat<br />

man den Ruhm für sich, wenn die<br />

Sachen gespielt werden.<br />

ZaS: Ist es aber nicht so, dass da andere<br />

im R<strong>am</strong>penlicht stehen, während<br />

derjenige, der das alles im Hintergrund<br />

geschaffen hat, ein Unbekannter<br />

bleibt?<br />

Mit Schreibmaschine und<br />

Tonband in seinem Element:<br />

Songtexter und Komponist<br />

Hans Bradtke<br />

Bradtke: In Amerika hat es ja durchaus<br />

Tradition, dass die Stars, wie<br />

beispielsweise Frank Sinatra oder<br />

Shirley MacLaine, in ihren Ankündigungen,<br />

bevor sie etwas sangen,<br />

sagten, von wem der Song ist, wer<br />

das Arrangement geschrieben hat.<br />

Wir haben diese Tradition schon<br />

lange nicht mehr. Das ist natürlich<br />

ein bisschen schade.<br />

ZaS: Hat Ihr Vater darunter gelitten?<br />

Bradtke: Nein, gar nicht. Er war ja<br />

in vielen Gremien tätig gewesen<br />

und in so vielen öffentlichen Veranstaltungen<br />

geehrt worden, mit<br />

der Goldenen Stimmgabel, dem<br />

Goldenen Spatzen, der Goldenen<br />

Feder, dem Bundesverdienstkreuz<br />

und was es alles so<br />

gab.<br />

ZaS: Ihre Mutter ist 90 Jahre<br />

alt. Lebt sie nach wie vor in<br />

Berlin?<br />

Bradtke: Sie lebt noch ganz<br />

selbstständig in dem Haus in<br />

Berlin, in das wir 1956 als F<strong>am</strong>ilie<br />

hingezogen waren. Sie<br />

hat meinen Vater immer sehr<br />

unterstützt. Wie das bei vielen<br />

Künstler und ihren Beziehungen<br />

so ist, bleibt dabei<br />

ein Part oft etwas mehr auf<br />

der Strecke, in der Ausgestaltung<br />

des eigenen Lebens.<br />

Ein Künstler braucht die Un-<br />

terstützung und ist manchmal auch<br />

nicht ganz unegoistisch.<br />

ZaS: Wie haben Sie den Beruf Ihres<br />

Vaters als Kind erlebt?<br />

Bradtke: Ein Song wie „Pack die Badehose<br />

ein“ war natürlich fast autobiografisch.<br />

„Pack die Badehose ein,<br />

nimm dein kleines Schwesterlein“,<br />

das waren meine Schwester und ich.<br />

Wir saßen in den 50er und 60er<br />

Jahre an der Quelle. Da k<strong>am</strong> ein<br />

Komponist zu uns nach Hause, die<br />

beiden setzten sich an den Flügel<br />

und arbeiteten zus<strong>am</strong>men an einer<br />

Melodie und einem Text. Das war<br />

noch ganz ursprünglich. Dann k<strong>am</strong>en<br />

wir mittags aus der Schule und<br />

uns wurden die ersten Zeilen oder<br />

der Refrain vorgespielt. Wir waren<br />

das kritische Publikum. Und wir waren<br />

sehr kritisch. Wenn uns etwas<br />

nicht gefiel, dann haben die sich das<br />

noch mal überlegt.<br />

ZaS: War Ihnen das manchmal peinlich,<br />

dass Sie Ihre Geschichte in einem<br />

Song wiedererkannt haben?<br />

Bradtke: Nein, peinlich war das gar<br />

nicht. Mit zunehmender Pubertät<br />

haben wir selbst dann ja mehr englische<br />

oder <strong>am</strong>erikanische Popmusik<br />

gehört.<br />

ZaS: Ihr Vater hatte auch große Erfolge<br />

in Amerika.<br />

Bradtke: Das stimmt. Sein „Kalkutta<br />

liegt <strong>am</strong> Ganges“ wurde in einer In-<br />

strumentalversion von Lawrence<br />

Welk ein Nummer-Eins-Hit. „Those<br />

Lazy Hazy Crazy Days Of Summer“<br />

von Nat King Cole war ja ursprünglich<br />

auch eine deutsche Nummer<br />

und wurde dann ein Nummer-Eins-<br />

Hit. „Der Sommerwind“ war auf der<br />

Rückseite von „Strangers in the<br />

Night“, gesungen von Frank Sinatra.<br />

Das ist einer der größten Hits, die<br />

mein Vater geschrieben hat.<br />

ZaS: Sind Sie stolz auf Ihren Vater?<br />

Bradtke: Ja klar.<br />

ZaS: Sie sind beruflich aber nicht in<br />

seine Fußstapfen getreten?<br />

Bradtke: Das nicht, aber sozusagen<br />

haarscharf daneben. Ich bin Maler,<br />

Künstler. Mein Vater hatte ja auch<br />

als Karikaturist angefangen. Bevor<br />

er Songtexte schrieb, arbeitete er für<br />

<strong>Zeitung</strong>en und Zeitschriften, darunter<br />

für die „Hörzu“, für die letzte Seite,<br />

dort wo die Witze standen. Bis er<br />

dann Notenblätter bemalte und darüber<br />

dann zum Schlager k<strong>am</strong>. Er gestaltete<br />

die Notenblätter, las die<br />

Texte und sagte sich, das kann ich<br />

doch auch. Und ich bin eben Maler<br />

geworden, das ist artverwandt. Der<br />

Nachteil vom Maler ist, dass er das<br />

Original verkaufen muss. Während<br />

sich der Texter über die millionste<br />

verkaufte Platte freut.<br />

ZaS: Sie wohnen ebenfalls in Berlin?<br />

Bradtke: Ja, ich habe lange in New

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