Kapitalmarktbasierte Bankenrefinanzierung - Deutsche Bank ...
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Aktuelle Themen<br />
Globale Finanzmärkte<br />
11. Juni 2012<br />
Autor<br />
Meta Zähres<br />
+49 69 910-31444<br />
meta.zaehres@db.com<br />
Editor<br />
Bernhard Speyer<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Bank</strong> AG<br />
DB Research<br />
Frankfurt am Main<br />
Deutschland<br />
E-Mail: marketing.dbr@db.com<br />
Fax: +49 69 910-31877<br />
www.dbresearch.de<br />
DB Research Management<br />
Ralf Hoffmann | Bernhard Speyer<br />
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong><br />
<strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
(Nicht so) schöne neue Welt …<br />
Die Jahre vor der Krise waren geprägt von einer zunehmend marktbasierten<br />
Refinanzierung der <strong>Bank</strong>en bei gleichzeitig abnehmender Bedeutung von Einlagen,<br />
einer schnellen Expansion am Verbriefungsmarkt und von einem Marktumfeld<br />
mit niedrigen Zinsen sowie hoher Liquidität.<br />
Während der Finanzkrise wurde deutlich, dass diese Entwicklungen auch von<br />
mangelndem Risikobewusstsein, Interessenskonflikten entlang der Verbriefungskette,<br />
übermäßigem Vertrauen auf die Risikomodelle der Ratingagenturen<br />
und fehlender Transparenz mit Blick auf die Qualität der zugrundeliegenden<br />
Sicherheiten sowie auf Geschäftsstrukturen begleitet wurden. Bis heute ist der<br />
Zugang zum Kapitalmarkt für <strong>Bank</strong>en, insbesondere bei Verbriefungen, global<br />
beeinträchtigt; viele <strong>Bank</strong>en können sich hauptsächlich nur über die Zentralbanken,<br />
über kurzfristige Repoaktivitäten oder die Emissionen von Pfandbriefen<br />
refinanzieren. Der Markt für unbesicherte <strong>Bank</strong>anleihen ist weiterhin von großer<br />
Unsicherheit geprägt.<br />
Viele der Veränderungen, die die Refinanzierungslandschaft seit der Krise prägen,<br />
kristallisieren sich als langfristige Trends heraus, die die Refinanzierung<br />
der <strong>Bank</strong>en dauerhaft erschweren werden. Dazu zählen 1) die Risikoaversion<br />
der Investoren, 2) die als begrenzt wahrgenommene Transparenz bezüglich der<br />
Risiken, die den Schuldtiteln unterliegen, 3) die laufenden Maßnahmen der<br />
Zentralbanken, 4) die neuen regulatorischen Bestimmungen zur Anleihegläubigerhaftung,<br />
5) die mangelnde Verfügbarkeit hochqualitativer Sicherheiten und 6)<br />
die relative Menge gebundener Aktiva.<br />
<strong>Bank</strong>en befinden sich derzeit hinsichtlich ihrer Refinanzierungsmöglichkeiten<br />
in einer Zwickmühle: Die aktuelle Lage fördert das Emittieren besicherter Anleihen;<br />
die Möglichkeiten, sich auf diesem Wege Fremdkapital zu beschaffen, sind<br />
jedoch begrenzt.<br />
Insgesamt werden <strong>Bank</strong>anleihen zukünftig als risikoreicher wahrgenommen<br />
werden; die kapitalmarktbasierte Refinanzierung wird für <strong>Bank</strong>en dauerhaft teurer<br />
werden. Insbesondere die Emission unbesicherter Anleihen ist derzeit verhältnismäßig<br />
teuer und wird es auch bleiben, so dass die kapitalmarktbasierte<br />
<strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong> auf einem strukturell höheren Niveau verbleiben wird als<br />
vor der Krise.<br />
Wahrscheinliche Konsequenzen dieser Entwicklungen sind: 1) dass <strong>Bank</strong>en<br />
ihre Aktiva abbauen müssen, 2) dass <strong>Bank</strong>en sich andere / zusätzliche Refinanzierungsquellen<br />
suchen müssen und 3) dass höhere Refinanzierungskosten<br />
anfallen, was die Profitabilität der <strong>Bank</strong>en unter Druck setzt.
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
2 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
Einleitung<br />
Seit der Finanzkrise, die im Spätsommer 2007 ihre Anfänge nahm, hat sich<br />
nicht nur das regulatorische Umfeld, in dem <strong>Bank</strong>en agieren, stark gewandelt,<br />
sondern auch die Marktbedingungen. Insbesondere die Mittelbeschaffung,<br />
sprich Refinanzierung, der <strong>Bank</strong>en befindet sich seit dem Ausbruch der Finanzkrise<br />
im Umbruch.<br />
Seit jeher unterliegt die Refinanzierungsstruktur der <strong>Bank</strong>en einerseits mehreren<br />
Einflussfaktoren, andererseits einer gewissen Trägheit. Aggregierte Zahlen der<br />
<strong>Bank</strong>en in der Eurozone zeigen, dass es in den letzten 10 Jahren vor der Finanzkrise<br />
keine fundamentalen strukturellen Veränderungen in der Refinanzierungsstruktur<br />
gegeben hat (Graphik 1). Dennoch hat es immer klare Trends<br />
gegeben, die die Refinanzierungsstrukturen geprägt haben. Vor der Krise waren<br />
dies bspw. die vermehrte Refinanzierung über Asset Backed Securities, die<br />
stärkere Verwendung von Wholesale Funding sowie, im Gegenzug, die abnehmende<br />
Bedeutung traditioneller Refinanzierungsinstrumente wie Einlagen.<br />
Gründe hierfür waren u.a. ein verstärktes Bilanzsummenwachstum bei den<br />
<strong>Bank</strong>en, die Tatsache, dass Einlagen mit diesem Wachstum nicht Schritt hielten,<br />
sowie die Nachfrage der Investoren nach risikoreicheren und höher verzinslichen<br />
Produkten („search for (high-)yield“).<br />
Seit Ausbruch der Finanzkrise sind diese Trends gebrochen bzw. werden teilweise<br />
revidiert: Geld ist nicht mehr „billig“, es findet eine größere Diskriminierung<br />
statt, und es besteht eine erhöhte Nachfrage nach mehr Sicherheit und<br />
Einfachheit („flight to quality and simplicity“). Zudem tragen die regulatorischen<br />
Veränderungen dazu bei, dass <strong>Bank</strong>en ihre Refinanzierungsstruktur zukünftig<br />
werden anpassen müssen. Inwieweit die Krise und die daraus resultierenden<br />
Entwicklungen die langfristige, kapitalmarktbasierte Refinanzierung der <strong>Bank</strong>en<br />
beeinflusst haben und beeinflussen werden, soll daher im Folgenden analysiert<br />
werden.<br />
Passivseite der Bilanz der <strong>Bank</strong>en im Euroraum 1<br />
Anteile in %<br />
100%<br />
80%<br />
60%<br />
40%<br />
20%<br />
0%<br />
00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11<br />
Einlagen Externe Einlagen<br />
Schuldverschreibungen Geldmarktfonds<br />
Ext. Schuldverschr. & Geldmarktfonds Übrige Verbindlichkeiten<br />
Eigenkapital<br />
Extern: Gläubigersitz außerhalb des Euroraums<br />
Quellen: EZB, DB Research<br />
<strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong>: ein Einstieg<br />
Grundsätzlich kann die Refinanzierung einer <strong>Bank</strong> mittels unterschiedlicher<br />
Instrumente erfolgen: Neben dem Emittieren von Anleihen am Kapitalmarkt<br />
verwenden <strong>Bank</strong>en bspw. Kundeneinlagen 1 , Zentralbankfinanzierung, den Interbankenmarkt<br />
und Eigenkapital. Zu den am Kapitalmarkt emittierten langfristigen<br />
Schuldverschreibungen zählen unbesicherte sowie besicherte <strong>Bank</strong>anleihen.<br />
1 Mehr zur Refinanzierung über Einlagen s. Ahlswede, Schildbach (2012).<br />
3 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
Generell gibt es kein typisches Refinanzierungsprofil einer <strong>Bank</strong>: Welche Mittel<br />
zur Refinanzierung gewählt werden, hängt von vielen Faktoren wie dem Geschäftsmodell,<br />
der aktuellen Marktlage und der individuellen Unternehmenssituation<br />
ab. <strong>Bank</strong>en sind jedoch stets aktiv auf der Suche nach einer optimalen<br />
Refinanzierungsstruktur. So handelt es sich bei der Suche nach geeigneten<br />
Refinanzierungsinstrumenten um ein permanentes Optimierungsproblem, das<br />
die <strong>Bank</strong> aktiv zu lösen versucht. Die Erwägungsgründe der <strong>Bank</strong>en für die unterschiedlichen<br />
Refinanzierungsinstrumente sind dabei divers:<br />
— Wie gut passt ein jeweiliges Refinanzierungsinstrument in die sonstige<br />
Finanzierungsstruktur?<br />
— Welche Fristenstruktur liegt in der Bilanz vor?<br />
— Welche Mittel stehen überhaupt zur Verfügung? Besteht bspw. überhaupt<br />
die Möglichkeit und ist es kommerziell sinnvoll, sich mittels Eigen- und /<br />
oder Fremdkapital über den Kapitalmarkt zu refinanzieren? Dies ist u.a. von<br />
der Möglichkeit des Marktzugangs abhängig, aber auch von der zu zahlenden<br />
Rendite. Denn ist bspw. das Rating schlecht oder das Institut sehr klein,<br />
wird die kapitalmarktbasierte Refinanzierung verhältnismäßig teuer sein.<br />
— Welche Refinanzierungsinstrumente sind rechtlich zulässig? So hat bspw.<br />
nicht jedes Institut ein Pfandbriefprivileg.<br />
Entsprechend zeigen sich Unterschiede in der Zusammensetzung der Refinanzierungsprofile<br />
je nach Geschäftsfeld, Rating und / oder Standort.<br />
Geschäftsfeld<br />
Unterschiede im Refinanzierungsprofil der <strong>Bank</strong>en ergeben sich bspw. entsprechend<br />
des Hauptgeschäftsfeldes: <strong>Bank</strong>en mit Fokus im Privatkundenbereich<br />
oder Sparkassen stützen ihre Refinanzierung traditionell eher auf Kundeneinlagen,<br />
wohingegen einige Investmentbanken gar keine Einlagen aufweisen 2 . Generell<br />
refinanzieren sich Geschäfts- und Investmentbanken stärker über den<br />
Kapitalmarkt. Zudem können Finanzinstitute qua Gesetz auf ein bestimmtes<br />
Geschäftsfeld limitiert sein wie bspw. Hypothekenbanken oder Strukturfinanzierer.<br />
Rating<br />
Neben dem Geschäftsfeld beeinflusst die Bonitätsnote das Refinanzierungsprofil:<br />
So fällt es Instituten mit höherer Bonitätsbewertung leichter, sich am Kapitalmarkt<br />
zu akzeptablen Risikoprämien zu refinanzieren als Instituten, die schlechter<br />
geratet sind. Insbesondere die momentane Marktlage führt dazu, dass sich<br />
die Emissionsgewohnheiten zum Teil stark zwischen den einzelnen Instituten<br />
unterscheiden: Die bonitätsstärkeren Institute haben zumeist noch Zugang zu<br />
unbesicherter Refinanzierung, wohingegen bonitätsschwächere Institute bereits<br />
seit einiger Zeit vom Markt für unbesicherte Anleihen abgeschnitten sind. Die<br />
Investorenwahrnehmung, ob es sich um ein finanzstarkes oder -schwaches<br />
Institut handelt, wird zudem auch davon beeinflusst, ob das Heimatland der<br />
<strong>Bank</strong> mit Staatsschuldenproblemen zu kämpfen hat: <strong>Bank</strong>en in Ländern mit<br />
größeren Problemen bei den Staatsfinanzen müssen höhere Refinanzierungskosten<br />
tragen.<br />
2 Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, dass einige Investmentbanken, insbesondere in den USA,<br />
vor der Krise keine <strong>Bank</strong>lizenzen hatten und aus diesem Grund keine Einlagen halten durften.<br />
4 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
Passivseite der Bilanz europäischer <strong>Bank</strong>en 2<br />
Anteile in %, Q2 11<br />
100%<br />
80%<br />
60%<br />
40%<br />
20%<br />
0%<br />
DK FI SE LV MT UK IE NL LU FR HU RO LT EWU IT AT DE BE EE CY PT BG PL ES CZ GR SK SI<br />
Einlagen Schuldverschreibungen Geldmarktfonds Externe Verbindlichkeiten Übrige Verbindlichkeiten Eigenkapital<br />
Extern: für Euroländer - Gläubigersitz außerhalb des Euroraums; für Nicht-Eurostaaten - Ausland insgesamt<br />
Quellen: EZB, DB Research<br />
Standort: regionale Unterschiede<br />
Der Standort spielt nicht nur hinsichtlich des Heimatlandes des Finanzinstituts<br />
und dessen fiskalischer Situation eine Rolle, sondern auch hinsichtlich der regionalen<br />
Gepflogenheiten: Der Anteil des Kapitalmarkts an der Refinanzierung<br />
der <strong>Bank</strong>en ist intuitiverweise in den eher marktbasierten Systemen am höchsten,<br />
bspw. in Großbritannien oder Frankreich. Entsprechend ist die Refinanzierung<br />
der <strong>Bank</strong>en über Einlagen bspw. in den <strong>Bank</strong>enmärkten am größten, die<br />
eher auf dem klassischen Geschäftsbankenprinzip beruhen – wie zum Beispiel<br />
in den meisten süd- und mittelosteuropäischen <strong>Bank</strong>enmärkten (Graphik 2). Der<br />
Entwicklungsstand des jeweiligen Finanzmarktes spielt dabei auch eine Rolle.<br />
Im Rahmen der langfristigen kapitalmarktbasierten Refinanzierung nehmen<br />
vorrangige unbesicherte Anleihen traditionell den Großteil ein, gefolgt von besicherten<br />
Schuldverschreibungen wie Pfandbriefen oder Asset Backed Securities.<br />
Regionale Unterschiede gibt es bei den besicherten Schuldverschreibungen:<br />
Hier genießen Pfandbriefe bereits seit Jahrzehnten eine relativ große Beliebtheit,<br />
vor allem in Deutschland. In angelsächsischen Ländern fand die besicherte<br />
Refinanzierung am Kapitalmarkt indessen eher über Verbriefungen und forderungsbesicherte<br />
Geldmarktpapiere statt. Da das Image von Verbriefungen in der<br />
Finanzkrise stark gelitten hat, könnte die Attraktivität von Pfandbriefen zukünftig<br />
auch in diesen Ländern zunehmen: So konnte in Großbritannien 2011 bereits<br />
ein Rückgang des Anteils der Emissionen von Mortgage Backed Securities beobachtet<br />
werden; dieser Rückgang wurde durch einen Anstieg in den Pfandbriefemissionen<br />
kompensiert.<br />
Besicherte und unbesicherte Refinanzierung<br />
Bei einer besicherten Anleihe hinterlegt der Schuldner Aktiva als Besicherung<br />
für die Anleihe; etablierte Aktivaklassen sind hierbei bspw. Hypotheken oder<br />
sonstige Privatkundenkredite. Bei unbesicherten Anleihen haben Gläubiger<br />
hingegen keine Rechte entgegen irgendeiner Sicherheit. Im Insolvenzfall erhalten<br />
Gläubiger unbesicherter Anleihen entsprechend ihrer Rangigkeit Auszahlungen<br />
aus der Insolvenzmasse. Für das vergleichsweise höhere Risiko einer<br />
ungedeckten Anleihe gegenüber einer besicherten Anleihe werden Investoren<br />
mit einer höheren Rendite kompensiert.<br />
Gängige Formen besicherter Refinanzierung<br />
Das Verbriefen von Krediten bezeichnet die Bündelung von Forderungen zu<br />
einem Pool unterschiedlicher Arten vertraglicher Schulden. Zu diesen Schulden<br />
zählen bspw.: Wohnimmobilienkredite, Gewerbeimmobilienkredite, Darlehen<br />
oder Schuldbriefe.<br />
5 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
Vorteile einer Besicherung für Investoren 3<br />
ABS liefern zumeist höhere Renditen für identische<br />
Risiken, da die Renditespanne eine Kompensation<br />
für das Vorauszahlungsrisiko, das<br />
Tilgen der Cash Flows und die Einzigartigkeit<br />
des Instruments darstellt. Des Weiteren ergibt<br />
sich so für Investoren die Möglichkeit, in ansonsten<br />
illiquide oder unzugängliche Assets zu<br />
investieren. Außerdem sind die strukturierten<br />
Emissionen oftmals maßgeschneidert auf die<br />
Bedürfnisse der Investoren. Auch können Verbriefungen<br />
ein relativ niedriges Eventrisiko<br />
aufweisen, wenn der Verbriefungspool hinreichend<br />
diversifziert und so relativ immun gegen<br />
Eventrisiken ist.<br />
Emissionen von Verbriefungen 4<br />
Europa, in USD Mio.<br />
1.200.000<br />
1.000.000<br />
800.000<br />
600.000<br />
400.000<br />
200.000<br />
0<br />
Quelle: Sifma<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Emissionen von Verbriefungen<br />
Deutschland (rechts)<br />
Niederlande (rechts)<br />
200.000<br />
160.000<br />
120.000<br />
80.000<br />
40.000<br />
Marktdynamiken strukturierter Produkte 5<br />
Europa, in USD Mio.<br />
100%<br />
80%<br />
60%<br />
40%<br />
20%<br />
0%<br />
2000 2002 2004 2006 2008 2010<br />
Fahrzeugfinanzierung Verbraucherkredite<br />
Kreditkarten Leasingverträge<br />
CDO MBS CMBS<br />
RMBS Sonstige<br />
Quelle: Sifma<br />
2008<br />
2010<br />
0<br />
Prinzipiell kann alles als Sicherheit verwendet werden, was einen vorhersehbaren<br />
und stabilen Cash Flow liefert: Alle Kredite, die relativ homogen in Bezug<br />
auf Schuldnergruppe, Laufzeit und Zinsrisiken sind, können zu einer Besicherung<br />
gepoolt werden. Durch Verbriefung entsteht die Möglichkeit, Schulden als<br />
Anleihen durch Pass-through Wertpapiere 3 in Wertpapiertranchen unterschiedlicher<br />
Senioritäten zusammengefasst zu verkaufen. Im Wesentlichen können<br />
besicherte Anleihen dabei in vier Kategorien unterteilt werden:<br />
1. forderungsbesicherte Wertpapiere 4 (Asset Backed Securities, ABS),<br />
2. hypothekarisch besicherte Wertpapiere (Mortgage Backed Securities,<br />
MBS),<br />
3. Pfandbriefe und<br />
4. verbriefte Kredite wie Collateralised Debt Obligations (CDOs).<br />
Asset Backed Securities<br />
Im Rahmen der Emission forderungsbesicherter Wertpapiere werden durch eine<br />
für den Verbriefungszweck gegründete Zweckgesellschaft, ein sogenanntes<br />
Special Purpose Vehicle (SPV), Forderungen von dem Originator gekauft und<br />
verbrieft. 5 Die Verbriefungen werden von Ratingagenturen bewertet und durch<br />
Übersicherung und Bildung einer Liquiditätsreserve gegen einen Zahlungsausfall<br />
abgesichert.<br />
Zu unterscheiden ist zwischen True Sales und synthetischen Verbriefungen: Im<br />
Rahmen von True Sales wird das Kreditrisiko mit bilanzbefreiender Wirkung an<br />
den Investor übertragen, d.h. die Bilanz des Originators verkürzt sich entsprechend<br />
der Tranchen, die auf dem Kapitalmarkt platziert werden. Die Vermögenspositionen<br />
scheiden somit vollständig aus dem Vermögen des Verkäufers<br />
aus, inklusive aller mit ihnen verbundenen Risiken. Auch die risikogewichteten<br />
Aktiva sinken. Bei synthetischen Verbriefungen findet hingegen kein schuldrechtlicher<br />
Transfer statt, sondern lediglich ein Transfer von einzelnen oder allen<br />
mit der Forderung zusammenhängenden Risiken mit Hilfe von Kreditderivaten.<br />
Synthetische Verbriefungen haben somit keine bilanzverkürzende Wirkung,<br />
obgleich auch hier das Kreditrisiko übertragen wird und die risikogewichteten<br />
Aktiva sinken.<br />
Grundsätzlich erlaubt die Übertragung des Kreditrisikos die Umverteilung von<br />
Risiken: Die Forderung des Investors besteht gegenüber dem verbrieften Forderungspool,<br />
welcher „statisch“ ist, d.h. Ausfälle oder vorzeitige Rückzahlungen<br />
werden direkt an die Investoren weitergegeben. Im Insolvenzfall des Originators<br />
können die Zahlungsströme aus dem Pool weiterhin veranlasst werden.<br />
Mortgage Backed Securities<br />
Eine spezielle Form von ABS sind MBS. MBS sind durch private Hypothekendarlehen<br />
und somit durch Wohnimmobiliendarlehen („residential mortgage<br />
backed securities“ (RMBS)) oder durch gewerbliche Hypothekendarlehen<br />
(„commercial mortgage backed securities“ (CMBS)) besicherte Schuldverschreibungen.<br />
Die durch Wohnimmobilien besicherten Anleihen (RMBS) sind<br />
unter den verbrieften Produkten die wichtigste Assetklasse in Europa. Sicherhei-<br />
3<br />
Bei Pass-through-Wertpapieren werden die eingehenden Cashflows aus dem Asset-Pool direkt<br />
und unverändert an die Inhaber der ABS weitergeleitet. Die Wertpapiere verbriefen proportionale<br />
Ansprüche an den Pool.<br />
4<br />
Besicherungen sind typischerweise Kredite auf Eigenheime, Automobildarlehen, Kreditkartenforderungen<br />
oder Studiendarlehen.<br />
5<br />
Im „Pass-through-Verfahren“ gehen die Vermögenswerte rechts- und steuerwirksam auf die SPV<br />
über. Dieses Verfahren ist, im Gegensatz zum „Pay-through-Verfahren“, bei dem nur die Zahlungsströme<br />
aus den Forderungen weitergeleitet werden, der Regelfall. Bei synthetischen Verbriefungen<br />
basierend auf Kreditderivaten hingegen wird lediglich das Kreditrisiko verkauft.<br />
6 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
Pfandbriefemissionen nach Underlying 6<br />
Europa<br />
100%<br />
80%<br />
60%<br />
40%<br />
20%<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
0%<br />
50<br />
0<br />
Quelle: ECBC<br />
2003<br />
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
Öffentliche Anleihen Hypotheken<br />
Schiffskredite gemischt<br />
Quelle: ECBC<br />
Pfandbriefemissionen 7<br />
In EUR Mrd. (links), in % (rechts)<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
2007<br />
Anteil am globalen Volumen (rechts)<br />
DE<br />
ES<br />
NL<br />
FR<br />
GB<br />
CDO-Emissionen nach Underlying 8<br />
In USD Mrd.<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
2008<br />
2009<br />
2010<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
2000 2002 2004 2006 2008 2010<br />
High Yield Bonds High Yield Loans<br />
Investment Grade Bonds Structured Finance<br />
Andere<br />
Quelle: Sifma<br />
0<br />
ten und die Aufsicht über die Besicherungen sind bei MBS im Regelfall nicht<br />
gesetzlich geregelt, sondern werden auf einzelvertraglicher Ebene vereinbart.<br />
Pfandbriefe / Covered Bonds<br />
Pfandbriefe sind eine spezielle Form besicherter Anleihen. Sie sind durch einen<br />
speziellen Forderungspool besichert, der die Anleihe zumeist „überbesichert“<br />
(over-collateralise). Es gibt zudem genaue gesetzliche Vorschriften, was in<br />
Pfandbriefe verpackt werden darf. Dazu zählen bspw. Forderungen gegenüber<br />
der lokalen, regionalen oder nationalen öffentlichen Hand oder Hypothekendarlehen,<br />
die eine bestimmte, maximale Beleihungsquote (LTV ratio) nicht überschreiten.<br />
Das Resultat ist eine hochqualitative Anleihe, die im Regelfall ein<br />
besseres Rating erhält als vorrangige unbesicherte Anleihen desselben Emittenten.<br />
Dank der Überbesicherung weisen Pfandbriefe zudem ein sehr niedriges<br />
Investitionsrisiko auf: Verluste aus einer Investition in Pfandbriefe setzen im<br />
Prinzip sowohl den Default des Emittenten sowie substantielle Verluste des<br />
zugrundeliegenden Forderungspools voraus. Auch geben die gesetzlichen Vorschriften,<br />
wie bspw. die für den deutschen Pfandbrief 6 , strenge Regeln für die<br />
Wahl der Aktiva vor, die zur Besicherung von Pfandbriefen verwendet werden<br />
dürfen. Folglich können Pfandbriefe im Regelfall zu einer geringeren Risikoprämie<br />
am Markt platziert werden als andere forderungsbesicherte Wertpapiere.<br />
Unterscheidung MBS / Pfandbriefe: keine Bilanzübertragung, dynamischer Pool<br />
Im Gegensatz zu ABS / MBS findet im Rahmen des Emissionsprozesses bei<br />
Pfandbriefen in keinem Fall eine Bilanzübertragung und damit kein Kreditrisikotransfer<br />
der als Sicherheit hinterlegten Aktiva statt. Zudem besteht die Forderung<br />
des Investors gegenüber einem dynamischen Cover Pool. Das heißt, fällt<br />
ein Kredit im Cover Pool aus oder wird ein Kredit vorausbezahlt, wird dieser<br />
vom Emittenten durch einen neuen, leistenden Kredit ersetzt. Im Insolvenzfall<br />
des Emittenten ist der gesetzlich vorgeschriebene Treuhänder für die Abwicklung<br />
verantwortlich; bei Verbriefungen hingegen ist es der Anleger selbst. Durch<br />
die Doppelbesicherung („dual recourse“), d.h. den Anspruch im Insolvenzfall auf<br />
eine Forderung gegenüber dem Emittenten sowie ggf. dem Cover Pool, generieren<br />
Pfandbriefe im Falle eines Zahlungsausfalls eine höhere Entschädigung<br />
als andere strukturierte oder ungedeckte Produkte.<br />
Collateralised Debt Obligations (CDOs)<br />
CDOs verbriefen Forderungen, die entweder als Schuldverschreibungen oder<br />
als Darlehen bestehen können. CDOs werden, ähnlich wie ABS, von einer<br />
Zweckgesellschaft emittiert. Wert und Zahlungsmodalitäten werden im Regelfall<br />
von einem Portfolio festverzinslicher Basisobjekte abgeleitet. Die unterschiedlichen<br />
Arten von CDOs sind: Collateralised Loan Obligations (CLOs), die aus<br />
Kreditforderungen bestehen; Collateralised Bond Obligations (CBOs), die aus<br />
am Markt gehandelten Anleihen bestehen; Collateralised Synthetic Obligations<br />
(CSOs), hierbei handelt es sich um CDOs, die vornehmlich durch Kreditderivate<br />
besichert sind; strukturierte CDOs oder Gewerbeimmobilien-CDOs sowie<br />
Collateralised Insurance Obligations (CIOs), d.h. durch Versicherungs- oder<br />
Rückversicherungskontrakte besicherte Produkte. Während der Finanzkrise<br />
waren viele Assets, die Teil einer CDO waren, Subprime MBS Bonds, daher ist<br />
der CDO-Markt seit der Finanzkrise signifikant geschrumpft.<br />
6 Der deutsche Pfandbriefmarkt wird durch das „Pfandbriefgesetz“ reguliert, das u.a. sicherstellt,<br />
dass in Pfandbriefen nur Hypotheken mit einem Beleihungswert bis zu 60% verbrieft werden<br />
(§14) und Barwerte der umlaufenden Papiere inkl. einer Übersicherung jederzeit gedeckt sind<br />
(§4).<br />
7 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
Anleiheemissionen in 2011 / 2012 9<br />
In USD Mrd., pro Woche<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
Jan 11<br />
Feb<br />
März<br />
Apr<br />
Mai<br />
Jun<br />
Jul<br />
Aug<br />
Sep<br />
Okt<br />
Nov<br />
Dez<br />
Jan 12<br />
Feb<br />
März<br />
Apr<br />
Quelle: Dealogic<br />
Jan. 09<br />
Emissionen europäischer <strong>Bank</strong>en 11<br />
In EUR Mrd. (links). in % (rechts)<br />
0<br />
Mai. 09<br />
Sep. 09<br />
Q1 05<br />
Q3 05<br />
Q1 06<br />
Q3 06<br />
Q1 07<br />
Q3 07<br />
Q1 08<br />
Q3 08<br />
Q1 09<br />
Q3 09<br />
Q1 10<br />
Q3 10<br />
Q1 11<br />
Q3 11<br />
Investment Grade Bonds<br />
Covered Bonds<br />
Quellen: Dealogic, DB Research<br />
Jan. 10<br />
Mai. 10<br />
Sep. 10<br />
EURIBOR 6M EUR Repo 6M<br />
EUR Repo is the rate for secured interbank<br />
financing. The spread between EURIBOR<br />
and EUR Repo is the unsecured funding<br />
premium.<br />
Quelle: <strong>Deutsche</strong> <strong>Bank</strong><br />
Anleihen Pfandbriefe<br />
Spreaddifferenzen 10<br />
Besichert vs. unbesichert, 6-Monatsraten, in %<br />
Anteil Covered Bonds (rechts)<br />
Jan. 11<br />
Mai. 11<br />
Sep. 11<br />
Jan. 12<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Mai. 12<br />
<strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong> verändert sich seit der Krise<br />
Die Jahre vor der Krise waren geprägt durch eine stärker marktbasierte Refinanzierung<br />
der <strong>Bank</strong>en, eine schnelle Expansion am Verbriefungsmarkt sowie<br />
durch ein Kreditumfeld mit niedrigen Zinsen sowie hoher Liquidität. Einlagenbasierte<br />
Refinanzierung verlor hingegen relativ an Bedeutung. So finanzierten<br />
<strong>Bank</strong>en ihre Aktiva zunehmend durch kurzfristige Fremdfinanzierung in Form<br />
von Repos oder kurzlaufenden ABS. Verbriefungen waren eines der wichtigsten<br />
Refinanzierungsinstrumente für <strong>Bank</strong>en: Auf ihrem Höhepunkt machten sie<br />
mehr als 30% der langfristigen Emissionen europäischer <strong>Bank</strong>en aus. Der Zinsaufschlag<br />
für <strong>Bank</strong>en verharrte auf Grund geringer Risikoaversion im Markt zudem<br />
auf niedrigem Niveau. Die Spreaddifferenzen zwischen besicherten und<br />
unbesicherten Schuldverschreibungen waren relativ gering, d.h., die Kreditrisiken<br />
beider Anleiheklassen wurden als relativ ähnlich eingestuft.<br />
Während der Finanzkrise wurde dann deutlich, dass diese Entwicklungen aber<br />
auch von Interessenskonflikten entlang der Verbriefungskette, von unangemessen<br />
hohem Vertrauen in die Risikomodelle der Ratingagenturen und von fehlender<br />
Transparenz mit Blick auf die Qualität der zugrunde liegenden Sicherheiten<br />
sowie auf die Geschäftsstrukturen getragen wurden. Diese Mängel führten<br />
dazu, dass die Nachfrage nach besicherten Produkten, insbesondere nach Verbriefungen<br />
in Form von ABS, während der Krise einbrach, da Investoren sich<br />
aus dem Markt zurückzogen. Die Tatsache, dass Verbriefungen im Rahmen der<br />
Krise als Refinanzierungsinstrument nahezu verschwunden sind, ist ein Grund<br />
dafür, dass es für die <strong>Bank</strong>en zunehmend schwieriger geworden ist, sich in größerem<br />
bzw. gewohntem Ausmaß am Kapitalmarkt zu refinanzieren. 7<br />
Auch die Emissionsvolumina unbesicherter Anleihen fielen in der Krise deutlich:<br />
in der Eurozone bspw. um 8% 2007 und um weitere 13% 2008. Hintergrund war<br />
u.a. eine Nachfrageverschiebung bei den Investoren. Denn diese wanderten in<br />
Reaktion auf die offenbar gewordenen Probleme im <strong>Bank</strong>ensektor zunächst<br />
vermehrt in andere, als vermeintlich sicher wahrgenommene Instrumente, wie<br />
bspw. Staatsanleihen, ab. Auch Emissionen von Pfandbriefen, die nicht von den<br />
Emittenten einbehalten wurden 8 , sind seit 2008 zunächst zurückgegangen.<br />
Gleichwohl haben Pfandbriefe entscheidend dazu beigetragen, dass <strong>Bank</strong>en in<br />
der Eurozone im weiteren Verlauf der Krise überhaupt in der Lage waren, den<br />
Zugang zum Kapitalmarkt aufrecht zu erhalten.<br />
In jüngster Zeit haben so auch die Emissionen vereinzelter Anleihearten, insbesondere<br />
von Pfandbriefen, wieder zugenommen: Pfandbriefemissionen stiegen<br />
2011 auf einen durchschnittlichen Anteil von etwa 45% an der Fremdfinanzierung.<br />
Der Zugang zum Kapitalmarkt für <strong>Bank</strong>en ist jedoch nach wie vor global<br />
beeinträchtigt. Insbesondere scheint es, als seien derzeit fast nur <strong>Bank</strong>en mit<br />
guten bis sehr guten Bonitätsbewertungen in der Lage, unbesicherte Anleihen<br />
am Markt zu platzieren – und selbst diese nur zu signifikant höheren Kosten als<br />
vor der Krise. Für schwächere Institute ist der Zugang zum unbesicherten Anleihemarkt<br />
seit Beginn der Krise stark beeinträchtigt. So fielen die Emissionen<br />
unbesicherter vorrangiger Anleihen in der zweiten Hälfte 2011 auf 38% des<br />
Fremdkapitals, verglichen mit einem Durchschnittswert seit 2000 von 51%.<br />
Das Investoreninteresse an Verbriefungen ist nach wie vor gering, vor allem in<br />
Europa. Die Emissionen, die seit der Krise im Verbriefungsmarkt stattgefunden<br />
haben, sind insbesondere durch nicht marktbezogene Faktoren, wie staatliche<br />
Programme, getrieben: So wurden sie bspw. als Sicherheiten einbehalten, um<br />
Zentralbankliquidität zu erhalten.<br />
7 EZB.<br />
8 Pfandbriefe, die nicht am Markt platziert werden, können bspw. als Sicherheiten bei Zentralban-<br />
ken oder CCPs verwendet werden.<br />
8 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
Risikoprämien für <strong>Bank</strong>anleihen erholen<br />
sich noch nicht 12<br />
iBoxx Euro <strong>Bank</strong>s Debt Indizes, Asset Swap<br />
Spread in bp<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
06 07 08 09 10 11 12<br />
Quelle: <strong>Deutsche</strong> <strong>Bank</strong><br />
Senior-Anleihen<br />
Sub-Senior Anleihen<br />
Auch derzeit können sich viele <strong>Bank</strong>en nur über kurzfristige Repoaktivitäten<br />
oder fortgesetzte Emissionen von Pfandbriefen refinanzieren – soweit sie überhaupt<br />
Finanzierung über den Kapitalmarkt in Anspruch nehmen bzw. nehmen<br />
können. Dagegen ist der Markt für unbesicherte <strong>Bank</strong>anleihen in Europa weiterhin<br />
von großer Unsicherheit geprägt. Insbesondere das erste Quartal 2012 diente<br />
als Indikator dafür, wie sich die Stimmungslage 2012 entwickeln wird, denn<br />
im ersten Quartal sind die Ablösungen erfahrungsgemäß am größten. Zudem<br />
hätten Emittenten die anstehenden Tilgungen normalerweise bereits drei bis<br />
sechs Monate im Voraus refinanziert; auch dies ist in 2011 nicht geschehen.<br />
Zunächst hatten sowohl die besicherten als auch die unbesicherten <strong>Bank</strong>enanleihemärkte<br />
in der EU in Q1 2012 einen relativ soliden Start absolviert – mit<br />
wöchentlichen Emissionen von bis zu EUR 18,3 Mrd. und zum Teil zu einem<br />
moderaten Preis von 75 Basispunkten über dem 3-Monatseuribor. 9 Ein Großteil<br />
dieser Platzierungen wurde allerdings von Instituten durchgeführt, die als sehr<br />
solide gelten. Zudem unterstütze die EZB im ersten Quartal die Refinanzierung<br />
der <strong>Bank</strong>en massiv durch ihr LTRO-Programm. Seit April ebbt der Optimismus<br />
jedoch bereits wieder ab; das Marktumfeld für kapitalmarktbasierte Refinanzierung<br />
bleibt für die Mehrheit der <strong>Bank</strong>en schwierig.<br />
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> Refinanzierung: Einflussfaktoren<br />
Viele der Veränderungen, die die Refinanzierungslandschaft seit der Krise prägen,<br />
könnten sich als langfristige Trends erweisen, die die Refinanzierung der<br />
<strong>Bank</strong>en dann dauerhaft erschweren würden. Im Großen und Ganzen lassen<br />
sich sechs Faktoren identifizieren, die die langfristige kapitalmarktbasierte Refinanzierung<br />
der <strong>Bank</strong>en seit der Krise beeinflusst haben und diese in den nächsten<br />
Jahren auch weiterhin vornehmlich beeinflussen werden. Diese Trends sind:<br />
1) die Risikoaversion der Investoren, 2) die anhaltend als gering wahrgenommene<br />
Transparenz bezüglich der Risiken, die den Schuldtiteln unterliegen, 3)<br />
die laufenden Maßnahmen der Zentralbanken, 4) die neuen regulatorischen<br />
Anforderungen, 5) die mangelnde Verfügbarkeit hochqualitativer Sicherheiten<br />
und 6) die relative Menge belasteter Aktiva.<br />
1) Risikoaversion der Investoren<br />
Seit der Finanzkrise ist die Risikoaversion der Investoren stark gestiegen. Davon<br />
ist insbesondere auch der <strong>Bank</strong>ensektor betroffen. So sind Investoren derzeit<br />
vornehmlich auf der Suche nach Kapitalsicherung und nicht nach Rendite.<br />
Aus dem ehemaligen „search for yield“ aus der Vorkrisenzeit ist nunmehr ein<br />
„flight to quality and simplicity“ geworden. Diese Entwicklung ist getrieben durch<br />
Sorgen um i) die Kreditwürdigkeit bestimmter Emittenten, ii) systemische Risiken<br />
und iii) die als undurchsichtig wahrgenommenen <strong>Bank</strong>bilanzen.<br />
Diese Risikoaversion wird voraussichtlich erst mit der wirtschaftlichen Erholung<br />
und mehr Sicherheit in Bezug auf die Lösung der europäischen Staatsschuldenkrise<br />
deutlich abnehmen. Somit wird entscheidend sein, ob es den europäischen<br />
Politikverantwortlichen gelingt, einen glaubwürdigen Plan vorzulegen, wie<br />
Vertrauen in die Märkte zukünftig und langfristig wieder hergestellt werden<br />
kann. So waren bspw. auch etwa 50% der Befragten des “Fixed-Income Investor<br />
Survey” von Fitch der Ansicht, dass allein das Lösen der europäischen<br />
Staatsschuldenkrise langfristig dazu führen wird, dass Schuldtitel von <strong>Bank</strong>en<br />
wieder als investitionswürdig angesehen werden. Initiativen wie die höheren<br />
Kapitalanforderungen, Klarheit über die Auflösungsmechanismen und Limits<br />
9 Im Maximum konnten acht Pfandbriefemissionen mit einem Gesamtvolumen von EUR 9,2 Mrd.<br />
sowie sechs vorrangige unbesicherte Anleihen mit einem Gesamtwert von EUR 9,1 Mrd. in einer<br />
Woche platziert werden.<br />
9 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
Risikoprämien der Eurozone sind nicht<br />
auf Erholungskurs 13<br />
iBoxx Index Euro, Eurozone, in EUR<br />
200<br />
160<br />
120<br />
80<br />
06 07 08 09 10 11 12<br />
Quelle: <strong>Deutsche</strong> <strong>Bank</strong><br />
Vor-/Nachteile erhöhter Offenlegungspflichten<br />
14<br />
Vorteile:<br />
— Marktteilnehmer können fundiertere Entscheidungen<br />
treffen, wenn sie besser informiert<br />
sind. D.h. Investoren fühlen sich<br />
weniger Marktunsicherheit ausgesetzt,<br />
— die Glaubwürdigkeit der Informationen<br />
kann besser eingeschätzt werden,<br />
— höhere Offenlegungspflichten setzen positive<br />
Verhaltensanreize für die <strong>Bank</strong>, bspw.<br />
risikogerechtere Konditionen zu gewährleisten,<br />
oder beschränken per se bestimmte<br />
Volumina / Geschäftsarten,<br />
— bieten Signalling-Möglichkeiten für die<br />
<strong>Bank</strong>,<br />
— können volkswirtschaftliche Wirkung haben:<br />
systemische Risiken werden begrenzt,<br />
da Marktteilnehmer auf Grund einer<br />
verbesserten Informationslage besser differenzieren<br />
können; Kontrollmöglichkeiten<br />
der Anteilseigner sowie bankenaufsichtliche<br />
Maßnahmen werden gestärkt.<br />
Nachteile:<br />
— mögliche Überreaktionen des Marktes,<br />
— Ansteckungsgefahren für andere <strong>Bank</strong>en<br />
und<br />
— Kosten (insb. liegt ein Anreizproblem vor,<br />
denn der Nutznießer der Informationen<br />
trägt nicht die Kosten).<br />
hinsichtlich der Aktiva, die zur Besicherung verwendet werden dürfen, seien<br />
hingegen allein nicht genug, um wieder Vertrauen in die Kreditwürdigkeit der<br />
<strong>Bank</strong>en herzustellen.<br />
Die positive Korrelation zwischen Staatsschulden- und <strong>Bank</strong>risiken hat außerdem<br />
zunehmend nicht nur Auswirkungen auf die unbesicherten Anleihemärkte,<br />
sondern auch auf die verbrieften Schuldinstrumente: So finden sich Marktaktivitäten<br />
am Verbriefungsmarkt fast nur in den Ländern, die begrenzte Risiken aus<br />
Staatsschulden und eine relativ robuste Konjunkturlage aufweisen. 10 Ebenso<br />
geht aus dem „Covered Bond Investor Survey“ von Fitch Ratings hervor, dass<br />
Investoren ihre Investments in Pfandbriefe nur in bestimmten Regionen zu erhöhen<br />
planen; bspw. in Skandinavien, Kanada, Australien, Großbritannien und<br />
den Niederlanden. Auch zeigt die Befragung, dass Investoren seit der Krise<br />
wenig Experimentierfreude zeigen, was die Art der Sicherheiten von Pfandbriefen<br />
angeht: So würden sich bspw. nur 35% der Befragten wohl damit fühlen,<br />
Pfandbriefe zu kaufen, die von anderen Aktiva besichert sind als Hypotheken<br />
oder öffentliche Anleihen – und dies auch nur zu höheren Spreads. Pläne der<br />
Emittenten, Pfandbriefe mit weniger traditionellen Aktiva zu besichern wie bspw.<br />
KMU-Krediten, versprechen demnach derzeit noch relativ wenig Erfolg.<br />
Insgesamt kann also festgehalten werden, dass erstens die Risikoaversion der<br />
Investoren seit Ausbruch der Krise deutlich gestiegen ist und zweitens das auch<br />
vorläufig so bleiben wird – vor allem, so lange sich die Marktlage nicht signifikant<br />
verbessert.<br />
2) Geringe Transparenz hinsichtlich der eingegangenen Risiken<br />
Die veränderte Risikoaversion der Investoren wird insbesondere auch durch die<br />
als gering wahrgenommene Transparenz beeinflusst. Die mit diesen Intransparenzen<br />
verbundenen Risiken sind aus Sicht der Investoren nur schwer kalkulierbar.<br />
Zudem führt fehlende Transparenz zu asymmetrischen Informationen,<br />
was die Risikoaversion der Investoren weiter verstärkt.<br />
Die als mangelhaft wahrgenommene Transparenz beruht vor allem auf zwei<br />
Aspekten: i) die grundsätzlichen impliziten wie expliziten Risiken in den Bilanzen<br />
der <strong>Bank</strong>en, die die Investoren oft nicht einzuordnen wissen und ii) Unsicherheit<br />
über die Qualität der Forderungen, d.h. Unsicherheit darüber, was man als Investor<br />
im Insolvenzfall wirklich bekommt.<br />
Hintergrund ist, dass <strong>Bank</strong>en im Regelfall keine detaillierten Informationen darüber<br />
zur Verfügung stellen müssen, welche ihrer Aktiva wo gebunden sind.<br />
Zudem ist bei besicherten Finanzierungsinstrumenten die Transparenz hinsichtlich<br />
der Qualität und Quantität der öffentlich zugänglichen Informationen über<br />
den Forderungspool entscheidend, denn daraus geht hervor, welche Finanzaktiva<br />
als Sicherheiten gebunden sind und wie die Qualität dieser Aktiva ist.<br />
Konsequenterweise versuchen aktuelle Maßnahmen, mehr Transparenz in den<br />
Märkten, und insbesondere den Verbriefungsmärkten, zu gewährleisten. So hat<br />
bspw. das Financial Stability Board (FSB) im Oktober 2011 eine Konsultation für<br />
neue Prinzipien zur Zeichnung von RMBS publiziert, und die EZB will ab Sommer<br />
2012 für die bei ihr hinterlegten Sicherheiten in Form von ABS Daten auf<br />
Einzelkreditebene von den hinterlegenden Instituten verlangen. Zu diesem<br />
Zweck soll ein Datenportal eingerichtet werden, das dann auch für Investoren<br />
und die Öffentlichkeit zugänglich sein soll.<br />
Eine weitere Initiative, die verbesserte Qualitätssignale auf den Verbriefungsmärkten<br />
schaffen soll, ist das „Prime Collateral Securities“ (PCS) Programm.<br />
Hierbei handelt es sich um eine „securitisation labelling initiative“, die derzeit<br />
von der europäischen Finanzindustrie im Rahmen des European Financial Ser-<br />
10 EZB.<br />
10 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
Das PCS-Programm 15<br />
Das PCS-Programm beabsichtigt, eine umfassende<br />
Marktkonvention zu konzipieren, die vor<br />
allem auf Standardisierung und Transparenz<br />
sowie der Schaffung einer Marke mit bestimmten<br />
Qualitätsmerkmalen basiert. So soll in Verbindung<br />
mit weiteren unterstützenden Maßnahmen<br />
wie bspw. Market-Making ausreichende<br />
und vor allem krisenfeste Liquidität am Primär-<br />
und Sekundärmarkt generiert werden.<br />
vices Round Table (EFR) verfolgt wird. Ziel ist es, ein neues Segment am Verbriefungsmarkt<br />
zu schaffen und das durch die Krise belastete Produkt “Verbriefung”<br />
so zu rehabilitieren. Die Idee, einen Standard für Verbriefungen zu setzen,<br />
ist dabei nicht neu und wird auch am deutschen Markt bspw. in Form der TSI-<br />
Zertifizierung bereits seit mehreren Jahren praktiziert. 11<br />
3) Zentralbankmaßnahmen<br />
Seit Ausbruch der Finanzkrise haben die Zentralbanken diverse Maßnahmen<br />
ergriffen, um die Finanzmärkte zu stützen. Zu diesen Maßnahmen zählen u.a.:<br />
— In den USA: Das „quantitative easing“ der FED, welches dazu führte, dass<br />
große Mengen an Liquidität in das <strong>Bank</strong>ensystem flossen. 12 Die Maßnahmen<br />
der Fed beinhalteten u.a. einen Aktivakauf über USD 2,3 Billionen an<br />
MBS und US Staatsanleihen.<br />
— In Großbritannien: Das „Special Liquidity Scheme“ (SLS) der <strong>Bank</strong> of England,<br />
welches es den <strong>Bank</strong>en erlaubte, MBS oder Pfandbriefe gegen<br />
Staatsanleihen einzutauschen, um so Liquidität am Markt zu erhalten.<br />
— In der Eurozone: Die EZB unterstützt die <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong>, indem sie<br />
Vollzuteilungen zur Liquiditätsversorgung festlegte. 13 Dies ermöglichte es<br />
den <strong>Bank</strong>en, unter Bereitstellung von Sicherheiten, von der EZB zu Niedrigzinsen<br />
zu leihen und so Zentralbankliquidität zu erhalten.<br />
Zudem unterstützte die EZB durch ihr EUR 60 Mrd. schweres „covered<br />
bond purchase program“ (CBPP) den Pfandbriefmarkt. Im Rahmen des<br />
CBPP tätigte die EZB Ankäufe von Pfandbriefen, die bestimmte Mindestanforderungen<br />
an die Qualität erfüllten. So stellte sie die Liquidität in diesem<br />
Marktsegment sicher.<br />
Die Relevanz dieser Zentralbankmaßnahmen für die Refinanzierung der <strong>Bank</strong>en<br />
kann in einen direkten und einen indirekten Effekt aufgeteilt werden: Der<br />
direkte Effekt entsteht aus Programmen wie dem CBPP der EZB, welches Anreize<br />
für die <strong>Bank</strong>en setzt, eine bestimmte Anleiheart, in dem Fall Pfandbriefe,<br />
zu emittieren. Die Zentralbank beeinflusst somit die relative Attraktivität eines<br />
Instruments gegenüber anderen Instrumenten. Ein indirekter Effekt entsteht<br />
zum einen dadurch, dass <strong>Bank</strong>en, die Liquidität der Zentralbanken in Anspruch<br />
nehmen wollen, Aktiva / Wertpapiere / Cash benötigen, um diese als Sicherheiten<br />
bei der Zentralbank zu hinterlegen. Seit Ausbruch der Finanzkrise stellen<br />
bspw. ABS und unbesicherte <strong>Bank</strong>anleihen den größten Anteil an Sicherheiten<br />
im Eurosystem (s. Graphik 16). Zum anderen verändert sich die relative Attraktivität<br />
der Aktiva: so führt das „quantitative easing“ bspw. dazu, dass Staatsanleihen<br />
liquider werden.<br />
4) Das neue regulatorische Umfeld<br />
Auch die neuen regulatorischen Rahmenbedingungen für den <strong>Bank</strong>ensektor<br />
werden die Refinanzierungsmärkte langfristig beeinflussen und die Präferenzen<br />
der Investoren verändern. Zu den Initiativen gehören die geplanten Bail-in Mechanismen,<br />
und die damit verbundene Beseitigung der impliziten Garantien der<br />
Steuerzahler für Anleihegläubiger, sowie die neuen Liquiditäts- und Kapitalan-<br />
11 Die True Sale International (TSI) Zertifizierung entstand 2004 aus einer Initiative von dreizehn<br />
<strong>Bank</strong>en zur Förderung und Entwicklung des deutschen Verbriefungsmarktes. Ziel ist es, dass<br />
<strong>Bank</strong>en mittels eines standardisierten, mit allen Marktteilnehmern abgestimmten Verfahrens ihre<br />
Kredite verbriefen und TSI-zertifizierte Verbriefungstransaktionen so mit einem hohen Standard<br />
hinsichtlich Transparenz, Investoreninformation und Market Making versehen werden.<br />
12 Im März 2012 beendete die FED ihre Liquiditätsmaßnahmen.<br />
13 Die „longer term refinancing operation“ (LTRO) ist ein Teil dieser Liquiditätsbereitstellung. Im<br />
Dezember 2011 startete ein dreijähriger LTRO-Tender; ein weiterer wurde Ende Februar 2012<br />
aufgelegt.<br />
11 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
Wechselwirkung mit anderen Initiativen 17<br />
Auch die neuen regulatorischen Vorschriften für<br />
Versicherungen, Solvency II, zielen darauf ab,<br />
die Liquiditätsprofile der Versicherer zu verbessern.<br />
Da im Januar 2013 sowohl die neuen<br />
Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften für<br />
<strong>Bank</strong>en (Basel III), als auch die neuen Eigenkapitalrichtlinien<br />
für Versicherer (Solvency II)<br />
implementiert werden, und Versicherer große<br />
institutionelle Investoren – auch in <strong>Bank</strong>anleihen<br />
– sind, können Wechselwirkungen dieser gemeinsamen<br />
Implementierung nicht ausgeschlossen<br />
werden (s. Zähres, 2011).<br />
Auch weist Solvency II hohe Kapitalanforderungen<br />
für Verbriefungen wie ABS und strukturierte<br />
Finanzprodukte auf, nicht aber für Pfandbriefe.<br />
So machen die Kapitalanforderungen Pfandbriefe<br />
für Versicherungen attraktiver und ABS weniger<br />
attraktiv.<br />
forderungen unter Basel III. Diese Initiativen werden die Risikowahrnehmung<br />
von <strong>Bank</strong>anleihen durch Investoren permanent verändern.<br />
Hinterlegte Sicherheiten im Eurosystem nach Aktivaklasse 16<br />
EUR Mrd.<br />
2.250<br />
2.000<br />
1.750<br />
1.500<br />
1.250<br />
1.000<br />
750<br />
500<br />
250<br />
0<br />
Quelle: EZB<br />
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
Staatsanleihen (Zentralregierung) Staatsanleihen (Landesregierung)<br />
Unbesicherte <strong>Bank</strong>anleihen Pfandbriefe<br />
Unternehmensanleihen Asset backed securities<br />
Andere marktfähige Kapitalanlagen Andere nicht marktfähige Kapitalanlagen<br />
Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen unter Basel III<br />
Im Dezember 2010 veröffentlichte der Baseler Ausschuss seine Vorschläge für<br />
die neuen Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen für <strong>Bank</strong>en (Basel III).<br />
Unter anderem sollen zwei regulatorische Vorgaben eingeführt werden, der<br />
NSFR und der LCR, die das Ziel einer solideren Refinanzierung von <strong>Bank</strong>en<br />
verfolgen.<br />
Net Stable Funding Ratio (NSFR)<br />
Ziel des NSFR ist die Verringerung von Inkongruenzen zwischen den Fristenstrukturen<br />
von Aktiv- und Passivgeschäften (Maturity Mismatches) der <strong>Bank</strong>en,<br />
d.h. die Sicherstellung einer fristenkongruenten Finanzierung. Zudem sollen<br />
Refinanzierungslücken jenseits des LCR-Zeithorizontes (s.u.) vermieden werden.<br />
Der NSFR sieht somit vor, dass <strong>Bank</strong>en ihre langfristige Refinanzierung<br />
unabhängiger von der aktuellen Marktlage und stabiler gewährleisten können<br />
müssen. Als stabil gelten wiederum Refinanzierungsmittel mit einer zuverlässigen<br />
Verfügbarkeit von mindestens einem Jahr wie bspw. aufsichtsrechtliches<br />
Kapital, sonstiges Kapital und Verbindlichkeiten oder stabile Einlagen (Privatkunden<br />
und KMUs).<br />
Der NSFR ist somit eine dynamische Kennzahl: wenn <strong>Bank</strong>en sich in bestimmte<br />
Geschäfte involvieren wollen, müssen sie die entsprechende Refinanzierungsstruktur<br />
aufweisen, um eventuelle Mismatches auszugleichen.<br />
Liquidity Coverage Ratio (LCR)<br />
Ein weiteres Element der neuen Liquiditätsanforderungen unter Basel III ist der<br />
LCR. Zweck dieser Vorgaben ist die Bereitstellung eines Liquiditätspuffers für<br />
einen 30-tägigen Zeitraum, d.h. die Verfügbarkeit eines Mindestbestands an<br />
hochliquiden Aktiva. Als liquide gelten bspw. Barmittel, Schuldtitel mit keinem<br />
oder niedrigem Risikogewicht und Aktiva, die zentralbankfähig sowie jederzeit<br />
marktgängig 14 sind. So soll die bankindividuelle Resistenz im Falle eines akuten<br />
Liquiditätsstresses sichergestellt werden.<br />
14 Insbesondere im Sinne von repofähig zu sehen.<br />
12 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
Auflösungsregime auf EU-Ebene 18<br />
Der Entwurf für die erste Gesetzesvorlage der<br />
Europäischen Kommission, die sich mit dem<br />
Management insolvenzgefährdeter <strong>Bank</strong>en und<br />
deren geordneter Abwicklung befasst, ist zwar<br />
fertig, liegt jedoch noch in den Schubladen der<br />
Europäischen Kommission. Derzeit scheint<br />
wahrscheinlich, dass die Europäische Kommission<br />
die Gesetzesvorlage vor dem Treffen der<br />
G20 im Juni als Vorschlag herausgeben wird.<br />
Ziel dieser Gesetzesvorlage ist es, einen harmonisierten<br />
Ansatz für den Umgang mit schwächelnden<br />
Finanzinstituten zu gewährleisten.<br />
Sie bildet somit das europäische Pendant zum<br />
deutschen <strong>Bank</strong>enrestrukturierungsgesetz.<br />
Das Gesetz ist als Richtlinie geplant, die Auflösungsautorität<br />
läge bei den Mitgliedstaaten.<br />
Nach Aussage der Europäischen Kommission<br />
wird insbesondere aus Rücksicht auf das aktuelle<br />
Marktumfeld der Start des Gesetzgebungsverfahrens<br />
derzeit noch hinausgezögert. Unsicherheit<br />
besteht vor allem auch hinsichtlich der<br />
Frage, für welche Instrumente genau ein Write<br />
down notwendig wird, sowie auch hinsichtlich<br />
der Rangigkeit der Gläubiger im Verlustfall.<br />
Quellen: <strong>Deutsche</strong> <strong>Bank</strong>, Europäische Kommission<br />
Restrukturierungsverfahren und Bail-in Mechanismen<br />
Eine weitere regulatorische Neuerung mit Wirkung auf die Refinanzierung der<br />
<strong>Bank</strong>en sind die vorgesehenen Änderungen in der Anleihegläubigerhaftung und<br />
die von Aufsichtsbehörden geführten Restrukturierungsverfahren für Finanzinstitute.<br />
Die derzeit in vielen Ländern eingeführten oder geplanten Restrukturierungsregime,<br />
in Deutschland bspw. das <strong>Bank</strong>enrestrukturierungsgesetz, verändern die<br />
Art und Weise, wie <strong>Bank</strong>en behandelt werden, wenn sie in ihrem Bestand gefährdet<br />
sind. Die neuen Maßnahmen erlauben es bspw. der zuständigen Aufsichtsbehörde,<br />
das Senior Management abzusetzen bzw. zu ersetzen und einen<br />
Verwalter zu nominieren, der die Kontrolle über das Institut übernimmt und es<br />
restrukturiert. Auch die Rechte der Aktionäre können temporär übergangen<br />
werden, wenn es bspw. um die Zustimmung zu bestimmten Transaktionen geht.<br />
Zudem erhält die Aufsichtsbehörde die Autorität, ein Bail-in durchzuführen, d.h.<br />
bspw. Anleihen im Wert zu berichtigen oder in Eigenkapital umzuwandeln.<br />
Durch ein Bail-in sollen Verluste an die Anleihegläubiger weitergereicht werden,<br />
ohne dass notwendigerweise die komplette <strong>Bank</strong> liquidiert werden muss (s.u.).<br />
Die Restrukturierungsregime werden dazu führen, dass Gläubiger unbesicherter<br />
Anleihen schlechter gestellt werden als bislang. Dies gilt insbesondere im Vergleich<br />
zu Investoren besicherter Anleihen, denn diese sind im Regelfall von den<br />
Auflösungsmechanismen ausgenommen und ihre Forderungen zudem mit<br />
hochqualitativen Aktiva besichert.<br />
Ziel der Bail-in Mechanismen ist es, Gläubiger bereits vor einer Insolvenz an<br />
den Kosten des Krisenmanagements zu beteiligen. Während der Finanzkrise<br />
blieben diese weitgehend verschont, da fast alle <strong>Bank</strong>en auf Grund ihrer Bedeutung<br />
für das Finanzsystem staatlich aufgefangen wurden; die Zahlungsansprüche<br />
selbst nachrangiger Bondinvestoren wurden dabei aufrecht erhalten, sie<br />
hafteten nur im Falle eines Insolvenzverfahrens. Zukünftig sollen sich die Risiken<br />
vor- und nachrangiger Anleihen nun adäquater in den Konditionen widerspiegeln.<br />
Die Möglichkeit, ein Bail-in durchzuführen, d.h. bspw. Anleihen im Wert zu berichtigen<br />
oder in Eigenkapital umzuwandeln, ist daher in den meisten regulatorischen<br />
Initiativen Teil des Restrukturierungsregimes. 15 Bail-ins gehen mit neuen<br />
Eingriffsrechten in der Finanzmarktregulierung einher, denn eine Aufsichtsbehörde<br />
entscheidet über den richtigen Zeitpunkt für einen Forderungsverzicht,<br />
der dann mit großer Wahrscheinlichkeit alle nachrangigen Anleihegläubiger und<br />
eventuell sogar auch vorrangige Anleihegläubiger betreffen wird / könnte. Hierbei<br />
ist insbesondere die Aussicht auf „Bail-in“ Vorschläge, die den Zeitpunkt und<br />
die Höhe des Cuts ausschließlich in das Ermessen der Aufsichtsbehörden legen,<br />
als kritisch anzusehen, da das Ereignis der Wertberichtigung für Investoren<br />
im Voraus dann nicht abzuschätzen bzw. nicht zu kalkulieren ist.<br />
Für Institute schwächerer Bonität dürfte die Möglichkeit zum Bail-in bedeuten,<br />
dass der Markt für unbesicherte Anleihen für diese Institute (noch) unzugänglicher<br />
wird. Denn es ist davon auszugehen, dass, sobald die Möglichkeit eines<br />
unfreiwilligen Forderungsverzichts in eine Regulierung eingeführt wird,<br />
Tailrisiken ein Problem werden, da die Eintrittswahrscheinlichkeit für diese Risiken<br />
durch die Regulierungsinitiativen steigt. Dies gilt insbesondere für die Institute,<br />
die vom Markt nicht als absolut sicher wahrgenommen werden. Die Möglichkeiten<br />
für ein Finanzinstitut, unbesicherte Anleihen zu platzieren, wird zukünftig<br />
entscheidend von der Resistenz des Instituts gegenüber einem möglichen<br />
Bail-in abhängen.<br />
15 Auch in Großbritannien liegt eine Bail-in Regulierung vor: der <strong>Bank</strong>ing Act 2009, der von der<br />
“Independent Commission on <strong>Bank</strong>ing“ vervollständigt wurde („ring-fencing“).<br />
13 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
Zwischenfazit: Stärkere Nachfrage nach hochqualitativen Finanzinstrumenten<br />
Die hohe Risikoaversion sowie die als gering wahrgenommene Transparenz<br />
führen zu einer höheren Nachfrage nach als sicher wahrgenommenen Finanzinstrumenten<br />
wie Pfandbriefen. Diese Assetklasse dürfte somit zukünftig weiterhin<br />
an Attraktivität gewinnen. Eine Marktnachfrage nach anderen besicherten<br />
Produkten wie Verbriefungen besteht derzeit hingegen vornehmlich nur für Produkte,<br />
deren Besicherungen vom Markt als „gut“ bewertet werden, d.h. mit sehr<br />
niedrigem Risikoprofil und aus Ländern mit niedrigen Risiken.<br />
Auch die neuen regulatorischen Vorgaben könnten in der praktischen Umsetzung<br />
den verstärkten Einsatz von Pfandbriefen motivieren, da Pfandbriefe unter<br />
gewissen Bedingungen als Teil der „liquiden Aktiva“ dem LCR zugerechnet<br />
werden können und sie zudem ein kosteneffizientes Mittel sind, um die Laufzeiten<br />
der <strong>Bank</strong>verbindlichkeiten im Rahmen des NSFR zu verlängern. Innerhalb<br />
der besicherten Anleihen könnten die neuen Vorgaben also dazu führen, dass<br />
sich die Nachfrage weiter vom Verbriefungsmarkt hin zum Pfandbriefmarkt verschiebt.<br />
Die Nachfragestruktur der letzten Jahre nach der Krise hat bereits gezeigt, dass<br />
Investoren Produkte genauer zu prüfen scheinen und transparenten, einfachen<br />
und erprobten Produktstrukturen den Vorzug geben. Weitere Schlüsselfaktoren<br />
für Investoren sind derzeit zudem niedrige Risiken bei Sicherheiten sowie die<br />
Reputation des Emittenten.<br />
5) Mangelnde Verfügbarkeit hochqualitativen Collaterals<br />
Die bislang diskutierten Entwicklungen deuten zwar auf eine Verschiebung zugunsten<br />
von besicherten Anleihen, insbesondere von Pfandbriefen, hin. Da das<br />
Angebot an hochqualitativen Aktiva für den Forderungspool jedoch begrenzt ist,<br />
gibt es Grenzen für die Emission von besicherten Anleihen. Hinzu kommt, dass<br />
verschlechterte makroökonomische Bedingungen, steigende Arbeitslosigkeit<br />
und niedrigerer Konsum die Kreditvergabe allgemein gedämpft und so die Verfügbarkeit<br />
und Qualität der Sicherheiten in jüngster Zeit geschwächt haben.<br />
Als Alternative zu Pfandbriefen könnten wieder vermehrt andere besicherte<br />
Anleihen wie ABS emittiert werden, da die Ansprüche an die Besicherung für<br />
diese Anleiheform weniger restriktiv sind. Jedoch werden im Rahmen der Aufarbeitung<br />
der Krise die „Underwriting Practices“ derzeit überarbeitet, was die Wahl<br />
des Collaterals zukünftig einschränken dürfte. Bislang konnte sich der Markt für<br />
Verbriefungen noch nicht wieder erholen. Jüngste Emissionsaktivitäten, bspw.<br />
in UK, Spanien oder den USA, suggerieren zwar eine leichte Wiederbelebung<br />
des Verbriefungsmarktes. Hauptsächlich lassen sich in den USA bislang jedoch<br />
nur die von der Regierung besicherten hypothekarischen Wertpapiere platzieren;<br />
in Deutschland sind es hauptsächlich durch Automobildarlehen besicherte<br />
ABS und in den Niederlanden bspw. Residential Mortgages. Die Nachfrage<br />
beschränkt sich jedoch weitestgehend auf die vorrangigen Tranchen dieser<br />
Produkte. Langfristig werden Verbriefungen aber nur dann wieder „einen Fuß<br />
auf den Boden bekommen“, wenn es gelingt, alle Tranchen eines verbrieften<br />
Produktes zu platzieren – auch die Equity-Tranche und die Mezzanine-<br />
Tranchen.<br />
Neben der Qualität des Collaterals ist zudem entscheidend, dass der Durchgriff<br />
auf die Sicherheit im Ernstfall funktioniert. Denn ist dies nicht der Fall, bringt<br />
auch die beste Qualität der Sicherheit nichts.<br />
14 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
6) Relative Menge belasteter Aktiva schränkt Menge besicherter Anleihen ein<br />
Die größere Nutzung von besicherten Anleihen und insbesondere Pfandbriefen<br />
wird neben der mangelnden Verfügbarkeit an hochqualitativem Collateral zudem<br />
von der Relation unbesicherter / besicherter Anleihen im Refinanzierungsmix<br />
eingeschränkt.<br />
Ein hoher Anteil besicherter Anleihen bedeutet, dass weniger und weniger<br />
hochwertige Aktiva zur Bedienung der Forderungen der restlichen Gläubiger zur<br />
Verfügung stehen. So hätten z.B. Kreditgeber unbesicherter Anleihen im Insolvenzfall<br />
weniger Zugriffsrechte auf die hochqualitativen Aktiva.<br />
Der Anteil besicherter Verbindlichkeiten ist für das Finanzinstitut somit sowohl<br />
im Rahmen der Bewertung aus Investorensicht, als auch im Zusammenhang mit<br />
der Bonitätsbewertung relevant: Zu viele gebundene Aktiva und ein hoher Verschuldungsgrad<br />
der Bilanz haben Einfluss auf das Rating für unbesicherte Anleihen,<br />
denn Ratingagenturen berücksichtigen die Recovery Rate. Diese ist<br />
wiederum umso niedriger, je größer der Verschuldungsgrad der Bilanz ist und je<br />
größer der relative Anteil besicherter Anleihen. Zwar gibt es keinen allgemeingültigen<br />
Grenzwert, ab dem der Anteil von besicherten Anleihen als „zu hoch“<br />
wahrgenommen wird, da dies auch von dem individuellen Geschäftsmodell und<br />
der Qualität und Struktur der Aktiva abhängt. Die <strong>Bank</strong> of America Merrill Lynch<br />
hat jedoch berechnet, dass bei einer Pfandbriefemissionsmenge in Relation zu<br />
den Aktiva von 40% den vorrangigen unbesicherten Gläubigern keine Ansprüche<br />
im Falle einer Insolvenz blieben. 16<br />
Das Emittieren besicherter Anleihen, wie Pfandbriefe, hat zudem zur Folge,<br />
dass nicht nur viele, sondern insbesondere hochqualitative Aktiva gebunden<br />
sind. Dies führt zu weniger Flexibilität in der Gesamtfinanzierung. Genau das,<br />
was Pfandbriefe so sicher für Pfandbriefinvestoren macht, macht sie bedenklich<br />
aus Sicht der anderen <strong>Bank</strong>anleihegläubiger. Denn die zunehmenden Emissionen<br />
von Pfandbriefen führen dazu, dass die Forderungen vorrangiger Anleihegläubiger<br />
„nachrangiger“ werden: Je größer die Menge an gebundenen Aktiva<br />
(„encumbrance“), desto größer wird das Kreditrisiko für vorrangige unbesicherte<br />
Anleihegläubiger im Falle einer Insolvenz. Somit unterliegen die Gläubiger<br />
unbesicherter Anleihen zukünftig nicht nur einer strengeren Haftungsregelung,<br />
sondern werden auch „nachrangiger“ behandelt.<br />
Auch führen Emissionen unterschiedlicher Arten besicherter Anleihen zu einer<br />
größeren Tranchierung der <strong>Bank</strong>passiva: Aus einer relativ einfachen Verbindlichkeitsstruktur,<br />
in der viele Gläubiger den gleichen Rang genießen, wird eine<br />
Verbindlichkeitsstruktur mit vielen unterschiedlichen Senioritäten.<br />
Besicherte Refinanzierung: Möglichkeiten sind begrenzt<br />
Zusammengefasst führt das derzeitige Marktumfeld zwar dazu, dass besicherte<br />
Anleihen, insbesondere Pfandbriefe, weitaus erfolgreicher platziert werden können,<br />
als unbesicherte Anleihen. Das Binden von Bilanzaktiva durch Emissionen<br />
besicherter Anleihen birgt langfristig jedoch auch Risiken und kann die Emissionen<br />
unbesicherter Anleihen gefährden. Preisvorteile, die sich durch die Emission<br />
von Pfandbriefen ergeben, könnten so, zumindest teilweise, durch die Forderung<br />
der Gläubiger unbesicherter Anleihen nach höherer Kompensation des<br />
Ausfallrisikos aufgewogen werden.<br />
Auch die Fragen nach hinreichend hochwertigem Collateral sowie nach dem<br />
Verschuldungsgrad der <strong>Bank</strong>bilanzen, und der damit verbundenen strukturellen<br />
Unterordnung von vorrangigen Anleihegläubigern, führen dazu, dass besicherte<br />
Anleihen auch weiterhin nur einen eingeschränkten Teil im Refinanzierungsmix<br />
16 Fitch gibt zudem eine Relation von etwa 50/50 als „Toleranzgrenze“ an, bevor ein Downgrade der<br />
unbesicherten Verbindlichkeiten stattfindet.<br />
15 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
der <strong>Bank</strong>en ausmachen können. Die Nutzung besicherter Refinanzierung zieht<br />
zudem Einschränkungen in der Wahl des Aktivageschäfts nach sich, denn nicht<br />
alle Aktiva können als Collateral verwendet werden. Obgleich Pfandbriefe also<br />
an Attraktivität gewinnen und unbesicherte Anleihen unattraktiver und / oder<br />
teurer werden, da unbesicherte Gläubiger in der „neuen Welt“ schlechter dastehen<br />
als zuvor 17 , sind die Gestaltungsmöglichkeiten in der Refinanzierungsstruktur<br />
der <strong>Bank</strong>en eingeschränkt. Die Möglichkeit, sich mittels Verbriefungen zu<br />
refinanzieren, scheitert derzeit zudem noch am fehlenden Investorenvertrauen.<br />
Initiativen wie das oben diskutierte PCS-Programm versuchen daher, mit Verbriefungen<br />
wieder eine Funding-Alternative zum Pfandbrief bzw. zur unbesicherten<br />
Anleihe zu schaffen.<br />
Insgesamt befinden sich <strong>Bank</strong>en hinsichtlich ihrer Refinanzierungsmöglichkeiten<br />
derzeit in einer Zwickmühle: Die aktuelle Lage würde das Emittieren besicherter<br />
Anleihen unterstützen, die tatsächlichen Möglichkeiten, sich auf diesem Wege<br />
Fremdkapital zu beschaffen, sind jedoch begrenzt.<br />
Zusammenfassung: Auswirkung der Trends auf die einzelnen Anleihearten 19<br />
Trend / Auswirkung des Trends auf Anleiheart unbesichert ABS MBS Pfandbrief CDO<br />
Risikoaversion der Investoren<br />
Geringe Transparenz<br />
Zentralbankmaßnahmen<br />
Regulatorisches Umfeld<br />
Mangelnde Verfügbarkeit hochqualitativen Collaterals<br />
Relative Menge belasteter Aktiva<br />
Zusammengefasste Auswirkung der Trends auf die Attraktivität<br />
der jeweiligen Anleiheart<br />
Fazit<br />
In vielen europäischen Ländern haben Pfandbriefe seit der Krise an Popularität<br />
gewonnen und stellen zunehmend ein komplementäres Refinanzierungsinstrument,<br />
insbesondere zu RMBS, dar. 18 So waren Pfandbriefe in den letzten zwei<br />
Jahren die Hauptrefinanzierungsquelle im Bereich der langfristigen Kapitalmarktrefinanzierung.<br />
Auch zukünftig werden sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite<br />
Anreize entstehen, bevorzugt besicherte Anleihen, insbesondere Pfandbriefe,<br />
zu emittieren, denn die allgemein hohen Refinanzierungskosten lassen<br />
das Angebot an relativ günstigen besicherten Refinanzierungsmitteln weiter<br />
steigen.<br />
Insgesamt dürften die diskutierten Entwicklungen dazu führen, dass unbesicherte<br />
vorrangige <strong>Bank</strong>anleihen zukünftig unattraktiver für Investoren oder<br />
zumindest teurer für die Emittenten werden. Sie werden zukünftig bspw. auf<br />
Grund der aktuellen Diskussion über die Auflösungsregime und das politische<br />
Ziel, die <strong>Bank</strong>anleihegläubiger an den Kosten einer <strong>Bank</strong>enrestrukturierung zu<br />
17 Dieser Entwicklung entsprechend sinkt die Nachfrage der Investoren nach vorrangigen<br />
unbesicherten <strong>Bank</strong>anleihen seit 2010 stetig.<br />
18 EZB.<br />
16 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
Strukturierte Pfandbriefe 20<br />
Ein strukturierter Pfandbrief ähnelt einem herkömmlichen<br />
Pfandbrief, nur dass ersterer nicht<br />
den gleichen regulatorischen Rahmenbedingungen<br />
unterliegt. Strukturierte Pfandbriefe<br />
erweitern im Prinzip viele der positiven Eigenschaften<br />
von Pfandbriefen, wie Überbesicherung,<br />
Regressansprüche, u.a., auf andere,<br />
zusätzliche Aktivaklassen – ohne die etablierten<br />
Rechtsstrukturen, denen klassische Pfandbriefe<br />
unterliegen.<br />
beteiligen, um Bail-outs durch den Steuerzahler zu verhindern, als risikoreicher<br />
wahrgenommen werden. Die kapitalmarktbasierte Refinanzierung für <strong>Bank</strong>en<br />
und insbesondere die Kosten unbesicherter Mittelaufnahme werden somit permanent<br />
auf einem strukturell höheren Niveau verbleiben als vor der Krise.<br />
Einige Institute werden ihre Refinanzierungsstruktur somit grundlegend überprüfen<br />
müssen, denn was eine <strong>Bank</strong> für unbesicherte vorrangige Anleihen am<br />
Markt zahlen muss, ist ein maßgeblicher Faktor in ihrem Geschäftsmodell. Gelingt<br />
es den <strong>Bank</strong>en langfristig nicht, in gewohntem Maße an Finanzierungsmittel<br />
zu kommen, müssten sie ihre Bilanzen verkleinern, um ihre bisherige Kapitalstruktur<br />
aufrecht erhalten zu können. In der Konsequenz heißt das, dass<br />
<strong>Bank</strong>en ihre Aktiva abbauen müssen oder aber verstärkt andere, zusätzliche<br />
Refinanzierungsquellen bzw. eine andere Mischung an Refinanzierungsinstrumenten<br />
nutzen müssen. Die strukturell höheren Refinanzierungskosten werden<br />
die Profitabilität der <strong>Bank</strong>en zukünftig in jedem Fall unter Druck setzen.<br />
Investoren in <strong>Bank</strong>anleihen werden zukünftig zudem entweder höhere Renditen<br />
für unbesicherte Anleihen oder mehr Sicherheiten in Form von Collateral verlangen.<br />
Da Sicherheiten aber nur begrenzt verfügbar sind, könnte die kapitalmarktbasierte<br />
<strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong> in den nächsten Jahren insgesamt<br />
schrumpfen. Um Refinanzierungsengpässe am Kapitalmarkt zu überwinden,<br />
wäre die zunehmende Refinanzierung über Einlagen denkbar. 19<br />
Möglich wäre auch, dass sich andere Alternativen zu der teurer gewordenen<br />
Refinanzierung über unbesicherte vorrangige Anleihen entwickeln; z.B. strukturierte<br />
Pfandbriefe oder Kreditfonds. Sollten zudem neue Besicherungen Verwendung<br />
finden, müsste die hinreichende Qualität dieser Besicherungen jedoch<br />
in jedem Fall gewährleistet sein. Derzeit scheinen Investoren allerdings noch<br />
skeptisch, was Verbriefungen im Allgemeinen und neue, unkonventionelle Besicherungen<br />
im Besonderen angeht.<br />
Bis vor etwa fünf Jahren war die Refinanzierung für nahezu alle <strong>Bank</strong>en unproblematisch.<br />
Nun wird zunehmend deutlich, dass die kapitalmarktbasierte Refinanzierung<br />
für <strong>Bank</strong>en zukünftig ein Engpass wird.<br />
Meta Zähres* (+49 69 910-31444, meta.zaehres@db.com)<br />
* Die Autorin bedankt sich bei Irina Clemens für die wertvolle Unterstützung.<br />
19 Zur einlagenbasierten Refinanzierung von <strong>Bank</strong>en s.a. Ahlswede, Schildbach (2012).<br />
17 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
<strong>Kapitalmarktbasierte</strong> <strong><strong>Bank</strong>enrefinanzierung</strong><br />
Ausgewählte Literatur<br />
Ahlswede, S. (2011). <strong>Bank</strong> funding of residential mortgages in the EU.<br />
EU Monitor. August 2011. <strong>Deutsche</strong> <strong>Bank</strong> Research. Frankfurt am Main.<br />
Ahlswede, S. und J. Schildbach (2012). Vor dem Comeback: Einlagen bei<br />
<strong>Bank</strong>en – Warum sich <strong>Bank</strong>en das Sparbuch nicht sparen sollten. Aktuelle<br />
Themen. Februar 2012. <strong>Deutsche</strong> <strong>Bank</strong> Research. Frankfurt am Main.<br />
European Central <strong>Bank</strong> (2011). Recent Developments in Securitisation. Februar<br />
2011.<br />
Fitch Ratings (2012). Covered Bond Investor Survey Year-End 2011 – Growing<br />
but Selective Appetite for the Asset Class. 16. Januar 2012.<br />
Fitch Ratings (2011). Trends in <strong>Bank</strong> Funding Profiles – Secured Financing on<br />
the Rise, But Likely to Tail Off. 16. Juni 2011.<br />
Wolter, J. (2011). Nordic <strong>Bank</strong>s: EU <strong>Bank</strong> Resolution & Bail-in proposal back on<br />
the table. 23. November 2011. <strong>Deutsche</strong> <strong>Bank</strong> Global Markets Research.<br />
Zähres, M. (2011). Solvency II und Basel III – Wechselwirkung beachten.<br />
Aktuelle Themen. 24. August 2011. <strong>Deutsche</strong> <strong>Bank</strong> Research. Frankfurt am<br />
Main.<br />
18 | 11. Juni 2012 Aktuelle Themen
Aktuelle Themen<br />
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� Makroprudenzielle Finanzaufsicht in den USA:<br />
Der Financial Stability Oversight Council (FSOC) .............. 4. Juni 2012<br />
� Sachwerte:<br />
Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten .............................. 10. Mai 2012<br />
� Ausblick Deutschland:<br />
Konsolidierung vs. Wachstum – was kann<br />
man von Deutschland lernen? ............................................. 9. Mai 2012<br />
� Ausblick Deutschland:<br />
Weiterhin vorsichtige BIP-Prognose<br />
trotz Aufwärtsrisiken .......................................................... 23. April 2012<br />
� Der vermessene Mensch: Biometrische<br />
Erkennungsverfahren und mobile Internetdienste ............ 20. April 2012<br />
� Ausblick Deutschland: Rezessionsrisiko gesunken –<br />
BIP-Prognose 2012 jetzt ½% ........................................... 13. März 2012<br />
� Vor dem Comeback:<br />
Einlagen bei <strong>Bank</strong>en ................................................... 27. Februar 2012<br />
� Honorar vs. Provision: Vergütung allein<br />
entscheidet nicht über Qualität ................................... 10. Februar 2012<br />
� Ausblick Deutschland: „Schwarze Null“ ........................ 6. Februar 2012<br />
� Moderne Stromspeicher: Unverzichtbare<br />
Bausteine der Energiewende ........................................ 31. Januar 2012<br />
� US-Automarkt auf dem Weg zurück<br />
zu alter Größe ......................................................... 20. Dezember 2011<br />
� Globaler Wettlauf um Exzellenz und<br />
Fachkräfte: Ein Zwischenstand ............................... 19. Dezember 2011<br />
� Deutschland: Nikolaus und Knecht Ruprecht .......... 5. Dezember 2011<br />
� Systemisch relevante Finanzinstitute (SIFIs):<br />
Wie misst man systemische Relevanz ...................... 3. November 2011<br />
� Minderung des Klimawandels durch<br />
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gabe „<strong>Deutsche</strong> <strong>Bank</strong> Research“ gebeten.<br />
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� Auf der Suche nach Wachstum .................................. 17. Oktober 2011<br />
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