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➤ INTERVIEW DER WOCHE Josef Bogdanski Was haben die Nettopreise gebracht, Herr Bogdanski? Vor einem Jahr waren Sie und Ihr Chef Thierry Antinori nach der Einführung der Nettopreise die erklärten Feindbilder vieler Reisebüros. Hat sich der harte Kurs gelohnt? ■ Ja, und zwar für beide Seiten. Zwei Drittel der Agenturen verdienen mit dem Nettopreismodell mehr als zuvor. Gleichzeitig hat Lufthansa in diesem Zeitraum rund 100 Millionen Euro Vertriebskosten gespart. Eine klare Win- Win-Situation: Lufthansa und die Mehrheit der Reisebüros stehen heute ökonomisch besser da als mit der Provision. Sie spielen auf die ta.ts-Studie an, aus der auch hervorgeht, dass 56 Prozent der Reisebüros glauben, dass sie gleich viel oder weniger verdienen als vorher. ■ Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Demnach sind die Umsatzrendite und die Einnahmen pro Ticket nur bei 15 Prozent der Agenturen gesunken. Als Sie zur Jahreswende die Service Charge für Online-Buchungen über die Lufthansa-Homepage drastisch gesenkt haben, glaubten manche, der letzte Faden zwischen Ihnen und dem stationären Vertrieb sei gerissen... ■ Die Senkung war eine Reaktion darauf, dass die Reisebüroketten die Service Charge im Online-Verkauf bereits gesenkt hatten. Weil unser Eigenvertrieb daraufhin dramatisch zurückging, mussten wir reagieren. Als wir diesen Schritt vollzogen hatten, zog der Umsatz im Eigenvertrieb sofort wieder an. Da Lufthansa keine Provision mehr zahlt, kann es Ihnen doch eigentlich egal sein, zu welchem Endpreis der Fremdvertrieb Ihre Tickets verkauft. ■ Keineswegs. Gerade FA C T S Kostendruck trotz guter Prognose »Hohe Wachsamkeit und strikte Kostenkontrolle« lautet die Marschroute, die LH-Chef Wolfgang Mayrhuber für den Konzern ausgegeben hat. Die Zwischenbilanz stimmt: Trotz der hohen Treibstoffpreise hat LH im ersten Halbjahr 253 Millionen Euro verdient, am Jahresende sollen es 400 Millionen sein. Bis 2006 soll ein Aktionsplan eine Ergebnisverbesserung von 1,2 Milliarden Euro bringen. »Die Bedeutung des Eigenvertriebs ist gewachsen, weil Lufthansa die Preishoheit aufgegeben hat« Josef Bogdanski (51) ist Senior Vice President Vertrieb Deutschland & Global Key Accounting bei Lufthansa weil wir mit dem Übergang zu Nettopreisen die Preishoheit aufgegeben haben, ist die Bedeutung unseres Eigenvertriebs gewachsen. Wenn wir in der Öffentlichkeit eine angemessene Wahrnehmung unserer eigenen Preise durchsetzen wollen, zum Beispiel bei Preisaktionen, muss der Eigenvertrieb schon ein bestimmtes Volumen erreichen. Wie groß ist dieses Volumen? ■ Heute macht der Eigenverkauf rund zehn Prozent aus, aber die Bedeutung wird wachsen – vor allem im Online-Bereich. Die Bedeutung des stationären Vertriebs nimmt also weiter ab? ■ Insgesamt schon, aber nicht in erster Linie zu Gunsten des Eigenvertriebs. Auch bei den Reisebüroketten erreicht der Online-Vertrieb das stärkste Wachstum. Die Kettenportale sind mittlerweile genauso stark wie die reinen Online-Portale. Immer wieder beklagen die Reisebüros, dass Tarife ausschließlich im Internet zur Verfügung stehen oder dort länger bereitgehalten werden. Bleibt es dabei? ■ Ja, wir werden auch künftig einzelne Tarife im Netz länger vorhalten. Aber sämtliche Online-Tarife stellen wir nicht nur über www. lufthansa.com zur Verfügung, sondern zudem über sämtliche Online-Portale mit denen wir zusammenarbeiten. Eine Benachteiligung der Reisebüros kann ich darin nicht erkennen, zumal wir die zehn Euro Preisabschlag für unsere Online-Buchungen ja gestrichen haben. Wer hat denn heute Zugriff auf Ihre Online-Tarife? ■ Mittlerweile lassen sich immerhin rund 150 Partner das gesamte Spektrum einspeisen, darunter alle wichtigen Reisebüroketten und -kooperationen. Lowcost-Airlines und Billigflieger haben den Preisdruck auf Lufthansa in den vergangenen Monaten massiv verschärft. Zwingt Sie das zu noch mehr Preisaktionen? 6 TRAVEL ONE 14.9.2005
■ Ich werde unseren Mitbewerbern heute nicht ankündigen, was wir künftig vorhaben, aber natürlich sind Preisaktionen wichtig. Andererseits müssen wir uns weiter so positionieren, dass sich die Yield-Erosion in Grenzen hält. Wir müssen den Wert dessen, was wir verkaufen, richtig vermitteln. Können Sie sich vorstellen, Ticketgutscheine über Discounter oder Baumärkte zu verkaufen? ■ Nein, solche Aktionen sind widersinnig. Wenn ich einen Voucher verkaufe, steigere ich meine Prozesskosten, weil jeder Kunde, der einen solchen Voucher erwirbt, im Callcenter anrufen muss, um seinen Flug zu reservieren. Als Werbegag mag das ganz nett sein, aber betriebswirtschaftlich ist es ohne jede Logik. Aber reagieren mussten Sie doch... ■ Klar, aber wir haben das zusammen mit Profis gemacht, nämlich mit den Reisebüros. Und im Gegensatz zu DBA, wo die Tickets nur bei Aldi Süd zu kaufen waren, haben wir unsere Tickets flächendeckend abgeben können. Braucht Lufthansa keine innovativen Vertriebsmodelle? ■ Schon vor drei Jahren haben wir Flüge über Tchibo verkauft, die die TUI-Tocher Berge & Meer mit weiteren Leistungen zu Paketen geschnürt hat. Die Zusammenarbeit mit Einzelhandelsketten ist für uns überhaupt nichts Neues. Wir sind offen für Innovation, aber dabei arbeiten wir mit Partnern, die es können. ■ Ja, selbstverständlich. Wo sehen sehen Sie dafür noch Luft? ■ Zum Beispiel bei des GDS-Kosten und im eigenen Vertrieb. Bei den GDS-Anbietern werden Sie damit auf erbitterten Widerstand stoßen. Können Sie sich dagegen durchsetzen? ■ Die GDS wissen doch auch, dass ihr Geschäftsmodell aus den 80er Jahren heute nicht mehr zeitgemäß ist. Der Markt ist bei weitem nicht mehr so starr. Im übrigen sind die GDS ja nicht unsere Gegner, sondern wichtige Partner, die unsere Leistungen und Preise in die Reisebüros bringen. Dennoch kann ihre Forderung nach Preissenkungen den GDS nicht recht sein. Wie wollen Sie argumentieren? ■ Unser Ziel ist es, die Stückkosten zu senken, wie in allen anderen Bereichen auch. Die GDS stehen ebenfalls unter Druck, besser und preisgünstiger zu werden. Die Konkurrenz durch alternative Distributionssysteme, Liberalisierung und zunehmender Marktdruck lassen ihnen gar keine andere Wahl. Mal angenommen, die GDS ziehen nicht mit – werden Sie dann eigene Lösungen entwickeln, um ohne sie auszukommen? ■ Darüber möchte ich jetzt nicht spekulieren, schließlich arbeiten wir sehr gut mit den GDS zusammen. Unser Ziel ist eine GDS-unabhängige Lösung sicherlich nicht, aber ich kann Wollen Sie bei den Vertriebskosten noch sie andererseits auch nicht für alle Zeiten aus- weiter den Rotstift ansetzen? schließen. ANZ. <strong>Travel</strong><strong>One</strong> 37/05 08.09.2005 13:34 Uhr Seite 1 Wo liegen die Einsparpotenziale im Eigenvertrieb? ■ Der größte Block liegt sicher im Internetverkauf. Seit ich den Online-Bereich Ende 2002 übernommen habe, ist es uns bereits gelungen, die Stückkosten zu halbieren, und in den nächsten zwei Jahren wollen wir erneut eine Halbierung erreichen. Lufthansa muss in der Lage sein, jede Online-Plattform auf der Kostenseite zu matchen. Wie soll das funktionieren? ■ Es gibt immer zwei Faktoren, die zusammenwirken: Mengenwachstum und technologischer Fortschritt. An beidem arbeiten wir. Was erwartet den Lufthansa-Vertrieb als nächstes? ■ Wir arbeiten an einer neuen technischen Plattform und sprechen gerade unter anderem mit dem DRV darüber, welche Lösungen die neue Technologie für die Reisebüros bieten könnte. Wird Thierry Antinori die neue Plattform auf der DRV-Tagung in Dubai präsentieren? ■ Dazu kann ich Ihnen noch nichts sagen. Bei technologischen Entwicklungen ist es sehr gefährlich, sich verfrüht auf ein Einführungsdatum festzulegen. Wir werden damit an die Branchenöffentlichkeit gehen, wenn wir wissen, dass die Technologie funktioniert. Das Interview führte Christian Schmicke Mailen Sie uns Ihre Meinung… c.schmicke@travel-one.net DIE NEUEN WINTER-KATALOGE SIND DA! NAZAR nun im 3-er Pack Türkei - alt bewährt Ägypten - nun ganz groß Brasilien - ganz neu 14.9.2005 TRAVEL ONE 7 mehr Infos unter � 0211/5636 - 120+124+140
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