open.med Bericht 2007 - Ärzte der Welt e.V.
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Vorwort<br />
Unzufriedenheit über Beitragserhöhungen und<br />
Kürzungen bei den Kassenleistungen prägt die aktuelle<br />
Diskussion zur <strong>med</strong>izinischen Versorgung in<br />
Deutschland. Die Einführung des neuen Basistarifs<br />
soll für jeden Bürger die <strong>med</strong>izinische Versorgung<br />
im Krankheitsfall garantieren. Doch gibt es laut<br />
statistischem Bundesamt etwa 200 000 Deutsche,<br />
die diesen Mindestbeitrag nicht aufbringen können.<br />
Im Krankheitsfall dreht sich die Sorge <strong>der</strong> Betroffenen<br />
folglich nicht nur um die eigene Gesundheit,<br />
son<strong>der</strong>n gleichermaßen um die Frage nach<br />
dem wirtschaftlichen Überleben. Neben nicht versicherten<br />
deutschen Mitbürgern sind vor allem<br />
von dieser Problematik betroffen – Menschen, die<br />
ohne o<strong>der</strong> nur mit unsicherem Aufenthaltsstatus<br />
in Deutschland leben. Gerade ihnen, <strong>der</strong>en<br />
schwierige Lebensbedingungen die Entwicklung<br />
von Krankheiten begünstigen, bleibt <strong>der</strong> Zugang<br />
zu <strong>med</strong>izinischer Hilfe oft versperrt.<br />
Wir von <strong>open</strong>.<strong>med</strong> sind in unserer Arbeit täglich<br />
mit dem Schicksal dieser Menschen konfrontiert.<br />
Von den Patienten, die zu uns kommen, sind fast<br />
15 % Deutsche. Einen wichtigen Anteil (19,6 %)<br />
bilden Migranten ohne Papiere. Für sie ist ein Besuch<br />
beim Arzt immer mit <strong>der</strong> Angst verbunden,<br />
entdeckt und abgeschoben zu werden.<br />
Doch auch für Einwan<strong>der</strong>er mit Ausweispapieren<br />
ist <strong>der</strong> Zugang zur Gesundheitsversorgung nicht<br />
immer gewährleistet.Vor allem Bürger aus den<br />
neuen EU-Staaten können sich eine Krankenversicherung<br />
aufgrund ihres niedrigen Einkommens oft<br />
nicht leisten.<br />
Seit September 2006 können wir bei <strong>open</strong>.<strong>med</strong> in<br />
München dank des ehrenamtlichen Engagements<br />
von <strong>Ärzte</strong>n und Pflegepersonal diesen Menschen<br />
eine kostenlose <strong>med</strong>izinische Gesundheitsversorgung<br />
anbieten.Viel wurde seit Beginn des Projektes<br />
schon erreicht, doch bestehen nach wie vor Engpässe.<br />
Zu den Bereichen, die weiter ausgebaut<br />
werden müssen, gehört insbeson<strong>der</strong>e die stationäre<br />
Behandlung <strong>der</strong> nicht versicherten Patienten.<br />
Die Frage nach <strong>der</strong> Kostenübernahme für solche<br />
umfangreichen <strong>med</strong>izinischen Leistungen ist bislang<br />
ungeklärt. <strong>open</strong>.<strong>med</strong> setzt sich in diesen Fällen<br />
dafür ein, neue Regelungen und tragbare Lösungen<br />
zu finden.<br />
Natürlich ist nicht nur Deutschland gezwungen,<br />
sich den gesundheitspolitischen Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />
zu stellen. Lösungsansätze bieten unter an<strong>der</strong>em<br />
unsere europäischen Nachbarn, wo das Recht auf<br />
Gesundheitsversorgung für alle Menschen ohne<br />
Rücksicht auf ihren Aufenthaltsstatus o<strong>der</strong> ihr Einkommen<br />
gesetzlich verankert ist. In Italien gilt<br />
ein Meldeverbot im gesundheitlichen Bereich.<br />
Für nie<strong>der</strong>ländische <strong>Ärzte</strong> besteht die Möglichkeit,<br />
Kosten, die ihnen bei <strong>der</strong> Behandlung illegaler Einwan<strong>der</strong>er<br />
entstehen, auf Antrag von einer staatsfinanzierten<br />
Stiftung erstatten zu lassen. In Spanien<br />
haben Migranten ohne Papiere den gleichen Zugang<br />
zum öffentlich finanzierten Gesundheitssystem<br />
wie Staatsangehörige. Die einzige Bedingung<br />
ist, dass sie sich bei <strong>der</strong> Stadt registrieren müssen.<br />
Eine mögliche Umsetzung solcher Ansätze sollte<br />
auch in Deutschland diskutiert werden, denn ungeachtet<br />
aller Landesgrenzen gehört das Recht auf<br />
<strong>med</strong>izinische Versorgung zu den Grundrechten eines<br />
jeden Menschen.<br />
Dr. Pierre Rosenstiel,<br />
stellvertreten<strong>der</strong> Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong>,<br />
<strong>Ärzte</strong> <strong>der</strong> <strong>Welt</strong> e.V.<br />
Dr. Barbara Theml,<br />
ehrenamtliche Leiterin, <strong>open</strong>.<strong>med</strong><br />
Marion Chenevas,<br />
Projektkoordinatorin, <strong>open</strong>.<strong>med</strong><br />
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