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Zvi Goldstein – Haunted by Objects - Druckservice HP Nacke KG

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30<br />

unter Umständen erst wieder lernen, seine<br />

Dame zu führen. César meint, als Lehrer<br />

entdecke man schnell die Persönlichkeit<br />

des Tänzers und könne ihm helfen, sich<br />

zu befreien und Selbstvertrauen zurückzugewinnen,<br />

selbst wenn das zuweilen viel<br />

Zeit und Geduld erfordert.<br />

Ein Tangotänzer, der das CaféADA von<br />

Anbeginn begleitet hat, erzählt, dass<br />

natürlich der Mann die Frau auffordert,<br />

doch „besonders in argentinischen Tangosalons<br />

steht das auch der Frau zu, allerdings<br />

gilt es für den Mann, blitzschnell<br />

auf einen Wimpernschlag zu reagieren.<br />

Wer in ein Tangolokal kommt, signalisiert<br />

Tanzbereitschaft. Früher, als hier noch<br />

alle an einem langen Tisch saßen, war das<br />

einfacher, man tanzte mit verschiedenen<br />

Partnern. Allerdings muss man erst die<br />

Tänze mit dem Kavalier der Dame abwarten<br />

und dann herausfühlen, ob man mit<br />

ihr tanzen darf. Sie schon nach ein oder<br />

zwei Tänzen an den Tisch zurückzuführen<br />

wäre sehr unhöfl ich. Wie eine Frau sich<br />

anfühlt weiß man vorher nie, sie kann<br />

gut trainiert aber ganz hart sein oder sehr<br />

wohlbeleibt und trotzdem tanzen wie eine<br />

Feder.“<br />

Tango Argentino ist eine Kommunikation<br />

besonderer Art, es gibt weder Smalltalk<br />

noch Keep Smiling. Die Tänzer geben sich<br />

der Musik und dem Fluss der Bewegung<br />

schweigend hin. „Wenn man Glück hat,<br />

so erlebt man für ganz kurze Augenblicke<br />

das Gefühl der vollkommenen Übereinstimmung,<br />

dann kann man eigentlich<br />

nach Hause gehen,“ sagt der Tangotänzer.<br />

Aber diesen Moment der Seligkeit möchte<br />

man immer wiederfi nden, auch dann,<br />

wenn es viel Mühe und Enttäuschungen<br />

kostet. Doch dafür gibt es ja die Kurse<br />

und die professionellen Lehrer!<br />

Der Tango verbindet zwar die Menschen,<br />

aber gerade deshalb kann er manchmal<br />

auch zum Prüfstein für Beziehungen werden.<br />

Carmen und César beobachten, dass<br />

die Paare schnell merken, ob es stimmig<br />

ist oder nicht. Der Tangotänzer sagt dazu:<br />

„Ich kann mit einer Frau frühstücken und<br />

Kinder großziehen, aber es kann sein, dass<br />

ich mit ihr keinen Tango tanzen kann.“ So<br />

kann es passieren, dass Beziehungen zerbrechen<br />

oder entstehen. Auf dem Parkett<br />

zählen weder Alter, Geschlecht, Herkunft<br />

oder Einkommen, sondern allein die<br />

Qualität des Tanzens.<br />

Im Laufe der letzten 15 Jahre haben<br />

immer wieder namhafte Lehrer unterrichtet,<br />

und jeder von ihnen hat den Tango<br />

weitergebracht, so dass sich das CaféADA<br />

den Ruf als Kulturstätte für die Entwicklung<br />

des Tango erworben hat. Dazu<br />

trägt auch das inzwischen zur Tradition<br />

gewordene Tangofestival in der Historischen<br />

Stadthalle bei, dessen Veranstalter<br />

Carsten Heveling ist. Mit dem CaféADA<br />

und neuerdings dem Barmer Bahnhof<br />

als weitere Austragungsorte ist es eins der<br />

größten Festivals der Welt. Immerhin<br />

kommen fast 90% der Besucher von<br />

weit her, und darauf darf Wuppertal stolz<br />

sein. Heveling ist übrigens einer der ganz<br />

wenigen Fachleute für die Restaurierung<br />

des klassischen Tango-Bandoneons und<br />

war im ADA einer der Organisatoren der<br />

ersten Stunde.<br />

1998 wurde der Verein „Mare“ e.V.<br />

gegründet. Vorsitzender ist Yener Sözen;<br />

der verstorbene Musiker Peter Kowald war<br />

einer der Gründungsmitglieder. „ADA“<br />

ist also die „Insel“, gleichsam umgeben<br />

vom „MARE“ der kulturellen Vielfalt. Es<br />

war die Idee von Mehmet Dok und Jean<br />

Laurent Sasportes, über die Tanzkurse<br />

hinaus ein breites kulturelles Programm<br />

anzubieten. Sasportes hat die künstlerische<br />

Leitung für Theater- und Tanzveranstaltungen<br />

inne. Sein Vorrat an Ideen ist<br />

unerschöpfl ich! Neben den etablierten<br />

Häusern wünschte er sich eine kleinere<br />

Bühne, auf der man experimentieren<br />

kann, etwa wie im Tanzhaus in Düsseldorf.<br />

So bietet das CaféADA jungen<br />

Tänzern und Choreographen ein Forum<br />

für interdisziplinäres Arbeiten. Die Reihe<br />

„Ikonoclaste“ (Bildersturm) meint das<br />

Ausbrechen aus künstlerischen Normen.<br />

Der Höhepunkt des vierten „Ikonoclaste“<br />

2011 war die Aufführung „carte blanche“<br />

mit Choreographien von und mit Tänzern<br />

des Tanztheaters Pina Bausch.<br />

Neben Aufführungen gibt es Jazzkonzerte,<br />

Ausstellungen, und vieles mehr. Unlängst<br />

hat die WDR-Bigband unmittelbar<br />

nach ihrem ersten Konzert den Wunsch<br />

geäußert, einen neuen Termin zu erhalten;<br />

Peter Brötzmann tritt hier auf, und man<br />

arbeitet mit der Musikschule zusammen.<br />

Leider fehlt es immer an Geld, und immer<br />

gibt es zu viel Bürokratie. So ist der Verein<br />

dankbar, dass ehrenamtlichen Mitarbeiter<br />

helfen, das Programm zu bewältigen und<br />

die technische Abteilung des Wuppertaler<br />

Tanztheaters Unterstützung leistet, - und<br />

zuweilen fi nden sich Sponsoren.<br />

Mehmet Doks Haus ist multikulturell,<br />

man spricht Deutsch, Englisch, Spanisch<br />

und natürlich Türkisch, denn die<br />

Mitarbeiter kommen aus verschiedenen<br />

Ländern. Auf meine Frage, wie sich Tango<br />

und muslimischer Glaube vereinbaren<br />

lassen, schaut er mich überrascht an:<br />

“Eigentlich sind alle Religionen mehr oder<br />

weniger körperfeindlich, Religionen spielen<br />

im CaféADA überhaupt keine Rolle.“<br />

Immerhin ist der Tango 2009 zum Weltkulturerbe<br />

ernannt worden. Kulturarbeit<br />

ist im ADA die Begegnung mit sich selbst<br />

und mit anderen, die durch den Tango<br />

vermittelt wird. „Die Symbiose war von<br />

Anfang an da, der Geist des Hauses und<br />

der Tango gehören zusammen“, sagt Yener<br />

Sözen. So erzählt Mehmet Dok stolz, das<br />

CaféADA sei gleichsam Pinas Bauschs<br />

Wohnzimmer gewesen, und man habe<br />

sich wie eine kleine Familie gefühlt.<br />

Tatsächlich ist die Tangogemeinde wie<br />

eine Familie, jeder ist willkommen, jeder<br />

hilft jedem, jeder kann hier tun was er<br />

möchte, schweigen, reden, lesen, spielen,<br />

arbeiten, essen oder eben tanzen. Für<br />

einen Stammgast der ersten Stunde, der<br />

nicht zum Tanzen sondern als passionierter<br />

Zuschauer kommt, ist dieses Haus „ein<br />

Ort hoher künstlerischer Qualität und<br />

Authentizität, der jenseits ausgetretener<br />

Kulturpfade künstlerische Besonderheiten<br />

bietet, die sonst nirgends zu haben<br />

sind. Man wird sofort von der einmaligen<br />

Atmosphäre des Hauses umfangen und<br />

verlässt es nie ohne bereichert worden zu<br />

sein. Hier treffen die verschiedenartigsten<br />

Menschen zusammen, man muss sich nur<br />

einlassen, dann passiert immer etwas.“<br />

Das alles macht der Tango möglich. Von<br />

diesem Tanz hat Tete Rusconi gesagt: „Wir<br />

verlieren den Tango, wenn wir ihn nicht<br />

respektieren.“ Darum braucht man im<br />

CaféADA keine Sorgen zu haben, man<br />

braucht nur hinzugehen.<br />

Informationen unter www.cafeada.de<br />

Marlene Baum<br />

Fotos CaféADA

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