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MünchnerUni.Magazin - Ludwig-Maximilians-Universität München

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<strong>MünchnerUni</strong>.<strong>Magazin</strong><br />

Zeitschrift der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>München</strong> #03/2002<br />

PRO & CONTRA<br />

BRAUCHEN<br />

LEHRER EINE<br />

UNIVERSITÄRE<br />

AUSBILDUNG?<br />

PROFILE<br />

EHREN-<br />

PROMOTION<br />

FÜR MARCEL<br />

REICH-<br />

RANICKI<br />

NEUES FORSCHUNGSPROJEKT<br />

DIE NS-GESCHICHTE<br />

DER LMU<br />

STUDIUM<br />

ENSEMBLES<br />

VON BACH<br />

BIS BEAT<br />

LMU


IMPRESSUM<br />

Herausgeber<br />

Rektorat der<br />

<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> (LMU)<br />

<strong>München</strong><br />

Redaktion<br />

Kommunikation und Presse<br />

Cornelia Glees-zur Bonsen (gl)<br />

(Leitung)<br />

Ortrun Huber (oh)<br />

(stellv. Leitung)<br />

Karnik Gregorian (kg)<br />

Thomas Pinter (thp)<br />

(Online-Redakteur)<br />

Susanne Wedlich (suwe)<br />

Mitarbeit<br />

Manuela Baldauf (mb)<br />

Luise Dirscherl (dir)<br />

Eva Kittel (ki)<br />

Stefanie Zuk (zuk)<br />

Geschwister-Scholl-Platz 1<br />

80539 <strong>München</strong><br />

fon: +49 (0) 89 2180-3423<br />

fax: +49 (0) 89 33 82 97<br />

mum@lrz.uni-muenchen.de<br />

www.lmu.de/presse/mum<br />

Bildredaktion<br />

Angelica Fuss (af)<br />

Designkonzept und Layout<br />

HAAK & NAKAT<br />

www.haak-nakat.de<br />

Distribution<br />

Mathias Schiener<br />

Druck<br />

Color-Offset GmbH<br />

Geretsrieder Straße 10<br />

81379 <strong>München</strong><br />

Titelseite<br />

Die LMU vor 1944<br />

Quelle: Stadtarchiv <strong>München</strong>


EDITORIAL<br />

Die <strong>Universität</strong>en stehen im<br />

Wettbewerb um Studierende<br />

und Wissenschaftler und<br />

benötigen die besten zur Verfügung<br />

stehenden Kräfte beiderlei<br />

Geschlechts, um in Lehre,<br />

Wissenschaft und Forschung<br />

national und international<br />

führend zu sein. Zur Sicherung<br />

der hohen Qualität in der Lehre<br />

werden zunehmend Eignungsfeststellungsprüfungen<br />

vor<br />

Beginn des Studiums diskutiert.<br />

Um das Abitur als Hochschulzugangsberechtigung<br />

nicht abzuwerten,<br />

bietet sich in weniger<br />

nachgefragten Studiengängen<br />

auch eine Prüfung innerhalb des<br />

ersten Fachsemesters an, um die<br />

Leistungsanforderungen des<br />

gewählten Faches zu verdeutlichen<br />

und interessierte Studierende<br />

zu motivieren.<br />

Ein breites Lehrangebot mit<br />

moderner Ausrichtung und<br />

Berücksichtigung von Grenzbereichen<br />

lässt sich gerade an einer<br />

<strong>Universität</strong> mit einem so enorm<br />

breiten Fächerspektrum wie an der<br />

LMU verwirklichen. Interfakultativ<br />

angebotene Lehrveranstaltungen<br />

setzen eine interfakultative Forschung<br />

voraus, die in starken<br />

Netzwerken organisiert ist.<br />

Das nach dem bewährten<br />

Muster des Center for NanoScience<br />

(CeNS) neu eingerichtete<br />

GeoBioCenter fördert neben der<br />

interdisziplinären Forschung und<br />

Lehre auch den Wissenstransfer in<br />

den Bereichen der Naturwissenschaften<br />

und die Kooperation verschiedener<br />

Disziplinen. Das<br />

GeoBioCenter hat seinen Schwerpunkt<br />

in den Geowissenschaften<br />

und kooperiert mit öffentlichen<br />

Behörden und wirtschaftlichen<br />

Institutionen. An einem weiteren<br />

Netzwerk, dem Zentrum für<br />

Prionforschung und Neuropatho-<br />

logie (ZPN), für das am 17. April<br />

dieses Jahres mit dem Spatenstich<br />

in Großhadern die Basis geschaffen<br />

wurde, beteiligen sich mehrere<br />

bayerische <strong>Universität</strong>en und<br />

außerstaatliche Forschungseinrichtungen<br />

(MUM berichtete).<br />

Das Spektrum von Lehre und<br />

Forschung wird auch durch jene<br />

wissenschaftlichen Einrichtungen<br />

an der LMU erweitert, die zwar<br />

rechtlich selbstständig sind, aber<br />

doch eine große Nähe zur univer-<br />

UNIVERSITÄTEN<br />

IM WETTBEWERB<br />

sitären Lehre und Forschung aufweisen.<br />

Das ifo Institut für Wirtschaftsforschung<br />

ergänzt mit dem<br />

empirischen Forschungsansatz die<br />

eher theoretische universitäre Forschung.<br />

Diese wissenschaftliche<br />

Einrichtung erweitert die Reihe<br />

anderer solcher angegliederter<br />

Institute wie beispielsweise Student<br />

und Arbeitsmarkt und das<br />

Center of Economic Studies (CES).<br />

Die LMU hat ein außerordentlich<br />

breites Fächerspektrum, das<br />

sich von der Religions- bis zur<br />

Rechtswissenschaft, von der Wirtschafts-<br />

bis zur Naturwissenschaft<br />

und von den Kulturwissenschaften<br />

bis zur Medizin erstreckt. Die Thematik<br />

der Unternehmensgründungen<br />

war dabei vornehmlich eine<br />

Domäne der Wirtschaftswissenschaften.<br />

In den zahlreichen anderen<br />

Fakultäten herrschte entweder<br />

ein weniger klares Berufsbild vor<br />

oder der Karriereweg war bereits<br />

sowohl durch das Studienfach als<br />

auch die Fachkultur bereits vorgeprägt,<br />

so dass im Wesentlichen<br />

Fachwissen vermittelt, betriebswirtschaftliche<br />

Denkmuster aber<br />

nicht vorgestellt wurden. Die<br />

Internationalisierung und die<br />

zunehmende interdisziplinäre Vernetzung<br />

der Fakultäten in der Lehre<br />

und vor allem in der Forschung<br />

führte zu einer Erweiterung der<br />

Berufsperspektiven auch in Bezug<br />

auf Unternehmensgründungen, so<br />

dass auch dieses Jahr wieder mehrere<br />

Preisträger des Münchner<br />

Business Plan Wettbewerbs<br />

(MBPW) aus der LMU kommen.<br />

Die Leistungsstärke einer <strong>Universität</strong><br />

zeigt sich auch an der<br />

Qualifizierung des Nachwuchses.<br />

Mit 117 erreichte die Zahl der<br />

Habilitationen im Jahr 2001 einen<br />

neuen Höchststand, so dass der<br />

Anteil der LMU an den Nachwuchswissenschaftlern<br />

in Bayern<br />

wieder überproportional groß war.<br />

Angesichts der großen Erfolge<br />

in der Forschung, bei dem Aufbau<br />

erfolgreicher Forschungsnetzwerke<br />

und bei internationalen<br />

Kooperationen sollten die Wissenschaftler<br />

selbstbewusster das Logo<br />

der LMU einsetzen, um die Außenwirkung<br />

dieser <strong>Universität</strong> zu<br />

Foto: LMU<br />

intensivieren. Das nationale und<br />

internationale Ansehen einer<br />

<strong>Universität</strong> wird auch in Zukunft<br />

bei Evaluationen und beim Werben<br />

um die besten Studierenden, Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler<br />

an Bedeutung gewinnen.<br />

■<br />

Professor Matthias Westerhausen<br />

Prorektor der <strong>Universität</strong> <strong>München</strong><br />

MUM 03/2002 EDITORIAL<br />

1


MUM 03/2002 NEWS<br />

2<br />

■ SOZIOLOGEN BELOHNEN<br />

FACHSCHAFTSARBEIT<br />

Die Arbeit von Fachschaften ist<br />

wichtig für Lehrbetrieb und Studierklima<br />

– allerdings drängeln sich<br />

die Studierenden der meisten Fakultäten<br />

nicht gerade darum, sich auf<br />

diesem Gebiet zu engagieren. Und<br />

das, obwohl die Arbeit in Fachschaften<br />

nicht nur für Spaß sorgt<br />

und Erfahrung verschafft, sondern<br />

sich auch im Lebenslauf gut macht.<br />

Wer Feste und Flugblätter organisiert,<br />

Erstsemester durch die Uni<br />

führt und auch schon mal seine<br />

Kommillitonen für eine Demo mobilisiert,<br />

dokumentiert, dass er teamund<br />

organisationsfähig ist und<br />

Ideen vermitteln kann. Hier setzt die<br />

Initiative des Instituts für Soziologie<br />

und des Instituts Student und Arbeitsmarkt<br />

der LMU an: Studierende,<br />

die sich in der Fachschaftsarbeit<br />

L M U IN DEN MEDIEN<br />

engagiert haben, bekommen künftig<br />

Bescheinigungen, die eine Beurteilung<br />

der Arbeit einschließen.<br />

Auch wenn diese Bescheinigungen<br />

keine Arbeitszeugnisse im strengen<br />

Sinn darstellen, werden sie offenbar<br />

bei Bewerbungen von Personalchefs<br />

ernst genommen. Eine Musterbescheinigung<br />

kann im Internet herunter<br />

geladen werden unter www.s-a.uni-muenchen.de.<br />

■ oh<br />

WER IST DER BESTE ÖKONOM IM LAND?<br />

„Geradezu zurückhaltend wirkt da die Selbstdarstellung von ifo-Präsident<br />

Hans-Werner Sinn (54). Er übernahm das Institut im<br />

Februar 1999. Damals war er Ordinarius an der <strong>Universität</strong> <strong>München</strong>.<br />

Das ist er nach wie vor – und noch einiges mehr. Sinn baute<br />

das zur volkswirtschaftlichen Fakultät der Uni <strong>München</strong> gehörende<br />

Center for Economic Studies (CES) aus und verknüpfte es<br />

in Form einer GmbH mit ifo zu CES-ifo. (...) Dem Vorwurf ifo betreibe<br />

zu wenig Forschung, begegnet Sinn mit der Anbindung des<br />

Instituts an die <strong>München</strong>er Uni. Dort hatte sich (dank einer Sinn-<br />

Initiative) das CES aus einem internationalen Besucherprogramm<br />

heraus zu einem anerkannten Forschungszentrum entwickelt.<br />

Heute umfasst das Netzwerk 350 Wissenschaftler in aller Welt.“<br />

3 DIE ZEIT, 25.04.02<br />

STUDIEREN VIS-A-VIS VOM MARKUSPLATZ<br />

„Rund 10 Minuten dauert die Bootsfahrt vom Markusplatz bis zur Insel<br />

‚San Servolo’. Hier befindet sich eine internationale Uni, an<br />

der sechs <strong>Universität</strong>en, darunter auch die <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<br />

<strong>Universität</strong>, beteiligt sind: An der ‚Venice International University<br />

(VIU)’, die im Juli vor fünf Jahren eröffnet worden ist, können<br />

sich jeweils 43 Student/inn/en einschreiben.“<br />

3 Münchner Merkur, 07.05.02<br />

WARUM STUDIEREN NICHTS KOSTEN SOLL<br />

„SZ: Wieso begrüßen Sie als einziger Uni-Chef in Bayern die Initiative<br />

des Bundes? Heldrich: Ich finde, dass die bundeseinheitliche Regelung<br />

nicht der richtige Ort für die Entscheidung dieser Sachfrage<br />

ist. Das fällt in die Zuständigkeit der Länder. Das ist aber nur die<br />

formale Seite. Inhaltlich bin ich nach wie vor gegen Studiengebühren<br />

für das Erststudium. SZ: Weshalb sind sie dagegen? Heldrich:<br />

Die Beteiligung bildungsferner Schichten am Hochschulstudium<br />

ist schon jetzt beklagenswert gering. Durch die Einführung<br />

von Studiengebühren wird man Abiturienten aus sozial schwachen<br />

Schichten eine zusätzliche Hürde in den Weg stellen.”<br />

3 Süddeutsche Zeitung, 21.05.02<br />

■ NORMAN FOSTER ZU GAST<br />

AN DER UNI MÜNCHEN<br />

„Urban Regeneration“, zu deutsch<br />

„Stadterneuerung“, war das Thema<br />

von Stararchitekt Lord Foster bei<br />

seinem Vortrag an der LMU. Foster<br />

begeisterte im Rahmen der Vorlesungsreihe<br />

„Iconic Turn“ der Hubert<br />

Burda Stiftung mit seinem Vortrag,<br />

der per Live-Stream aus der überfüllten<br />

Großen Aula nicht nur in<br />

weitere Räume der LMU übertragen<br />

wurde, sondern auch in Hochschulen<br />

in Leipzig, Berlin, Wismar und<br />

Dortmund. Der geadelte Brite ist<br />

durch seinen Umbau des Reichstagsgebäudes<br />

in Berlin in den 90er<br />

Jahren auch in Deutschland einem<br />

breiten Publikum bekannt. In <strong>München</strong><br />

erläuterte er seine Philosophie<br />

zur Harmonisierung von Gestaltungs-<br />

und Lebensqualität in städtischen<br />

Ballungsräumen. ■ oh<br />

1 Sprach in der Großen Aula:<br />

Stararchitekt Lord Foster<br />

JOBS FÜR SCHARFE ANALYTIKER<br />

„In einem Labor jagt der Student Alexander Altmeyer Laserstahlen auf<br />

den fremdartigen Materiebrei (...) ‚Hier bin ich schon im Studium<br />

am Puls der Forschung’, freut sich Altmeyer, der gerade seine Diplomarbeit<br />

in der Arbeitsgruppe von Professor Theodor Hänsch<br />

schreibt. Das Team um den Quantenforscher zählt zur Physik-<br />

Weltspitze: Es hat unter anderem 1998 aus dem Bose-Einstein-<br />

Kondensat den ersten Laser entwickelt, der Atomstrahlen aussendet.<br />

Nicht nur wegen solch spektakulärer Erfolge kam die <strong>München</strong>er<br />

Physikfakultät auf den Spitzenplatz bei der FOCUS-Reputationsstudie.<br />

‚Die Auswahl an hochkarätigen Forschungsinstituten<br />

hier in der Umgebung ist riesig’, schwärmt Diplomand Altmeyer.“<br />

3 FOCUS, 13.05.02<br />

UNI-KLINIKUM GEWÄHRT EINBLICK<br />

„Einen Blick hinter die Kulissen bietet das (...) Klinikum der <strong>Universität</strong>.<br />

An den beiden Standorten Großhadern und Innenstadt<br />

findet der Tag der offenen Tür statt. Zu sehen ist unter anderem<br />

die Notfallbehandlung im Schockraum, die Intensivstation für<br />

Frühchen und das Herzkatheterlabor.“<br />

3 AZ, 12.06.02<br />

STRIP FÜR DIE FORSCHUNG<br />

„,Säkulare Akzeleration’ wird das beschleunigte Längenwachstum<br />

(beim Menschen) genannt, das vor über 150 Jahren einsetzte. Bis<br />

heute sind die Fachleute ratlos, was genau den sprunghaften<br />

Wachstumsschub (...) ausgelöst haben könnte. (...) ‚Armut macht<br />

klein’ lautet die zugespitzte These von John Komlos, einem<br />

Anthropometrie-Experten, der an der <strong>Universität</strong> <strong>München</strong> Wirtschaftsgeschichte<br />

lehrt. ‚Je höher das Einkommen und der Bildungsgrad,<br />

desto größer werden die Menschen’, sagt Komlos.<br />

Geld und Wissen ermöglichen meist eine gute medizinische Versorgung<br />

und eine gesunde Ernährung, erläutert der Forscher: ‚Am<br />

Körper lässt sich der Lebensstandard einer Bevölkerungsgruppe<br />

ablesen.’“<br />

3 DER SPIEGEL, 22.04.02<br />

Foto: Hubert Burda Media


Foto: Bayerische Staatsbibliothek<br />

Grafik: Gahleitner/ WerbeLounge <strong>München</strong><br />

Foto: LMU/Haak & Nakat<br />

4<br />

NEUES<br />

FORSCHUNGSPROJEKT<br />

DIE NS-GESCHICHTE<br />

DER LMU<br />

8<br />

PROFILE<br />

DAS SYSTEM<br />

ERDE IM BLICK -<br />

GEOWISSENSCHAFTLER<br />

AUF REFORMKURS<br />

31<br />

SPEZIAL<br />

WISSEN FÄLLT<br />

NICHT VOM HIMMEL -<br />

DIE IMAGE-KAMPAGNE<br />

DER STÄRKSTEN UNIS<br />

12<br />

LMU-OFFICE<br />

VIRTUELLER<br />

RUNDGANG DURCHS<br />

AKADEMIKERREICH<br />

Fotos: LMU<br />

MUM 03/2002<br />

■ NEWS<br />

2 LMU IN DEN MEDIEN<br />

■ TITEL<br />

4 DIE NS-GESCHICHTE DER LMU<br />

Rektorat vergibt Forschungsauftrag<br />

7 VERBOTEN UND VERBRANNT<br />

Ein Gespräch mit Georg P. Salzmann, Leiter des Archivs „10. Mai 1933“<br />

■ SPEZIAL<br />

8 WISSEN FÄLLT NICHT VOM HIMMEL<br />

Die stärksten Unis starten Image-Kampagne<br />

■ PROFILE<br />

9 LOB DES KRITIKERS<br />

Ehrenpromotion für Marcel Reich-Ranicki<br />

10 VON EUROPA BIS NAHOST<br />

Das C.A.P. bringt Konfliktparteien an einen Tisch<br />

11 PREISWÜRDIGE TRANSPLANTATIONSFORSCHUNG<br />

Georg Heberer Award der LMU geht an Kieler Mediziner<br />

12 DAS SYSTEM ERDE IM BLICK<br />

Geowissenschaftler auf Reformkurs<br />

16 WEITER WARTEN AUF FRM II<br />

Die Kristallographie bangt um Nachwuchs<br />

17 LOBBYARBEIT IM KINO<br />

Anti-Stigma-Aktion klärt über Schizophrenie auf<br />

18 WER WAGT, GEWINNT<br />

Das Gründerbüro der LMU fördert Unternehmermut<br />

19 DEIN FREUND UND HELFER<br />

IT-Gruppe löst EDV-Probleme der Geisteswissenschaftler<br />

20 RAN AN DIE TÖPFE<br />

Frauenförderung sorgt für mehr Chancengleichheit<br />

■ KUNSTSCHÄTZE<br />

21 KUNST AM BAU IN GROßHADERN<br />

■ STUDIUM<br />

22 NACHWUCHS-SERIE (1): STEINHAUSEN UNTER DRUCK<br />

23 HIER SPIELT DIE MUSIK<br />

■ PRO & CONTRA<br />

24 BRAUCHEN WIR EINE UNIVERSITÄRE LEHRERBILDUNG?<br />

■ PERSONEN & POSITIONEN<br />

25 NEUBERUFEN, PREISE & EHRUNGEN<br />

27 PROBLEME & ANALYSEN<br />

Ein Islamistik-Professor lehrt bei den Kunsthistorikern<br />

■ ESSAY<br />

26 ERINNERUNGSORT: LICHTHOF DER LMU<br />

Von Dr. Ulrich Dittmann, Institut für Deutsche Philologie, LMU<br />

■ LMU-OFFICE<br />

30 UNIVERSITÄT UNTER STROM<br />

Hinter den Kulissen der LMU<br />

30 HOCHSCHULWAHLEN: ZU DEN URNEN<br />

31 EIN VIRTUELLER RUNDGANG SETZT DIE LMU INS BILD<br />

■ SERVICE<br />

■ IMPRESSUM (UMSCHLAG)<br />

MUM 03/2002 INHALT<br />

3


MUM 03/2002 TITEL<br />

4<br />

DIE NS-GESCHICHTE<br />

DER LMU<br />

REKTORAT VERGIBT NEUEN<br />

FORSCHUNGSAUFTRAG<br />

Auf Initiative des Rektors der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>München</strong>, Professor Andreas Heldrich,<br />

soll die Forschung zur Geschichte der LMU in der NS-Zeit um ein neues, großes Projekt erweitert werden.<br />

Drei Leitmotive stehen dabei im Vordergrund: „Rassismus an der LMU“, „Militarisierung der <strong>Universität</strong>s-Mitglieder“<br />

und „Vernetzung der <strong>Universität</strong> mit den Machtzentren des Nationalsozialismus<br />

in <strong>München</strong>“. Die Zeit ist reif und der Zeitpunkt günstig. Denn in den vergangenen zehn Jahren hat sich<br />

bei der Forschung zum Verhältnis von Wissenschaft und Nationalsozialismus einiges getan. Der Hochschulleitung<br />

ist das Vorhaben so wichtig, dass sie dafür eigens eine Forschungsstelle für zwei Jahre<br />

finanziert: Privatdozentin Dr. Elisabeth Kraus, die derzeit noch einen Lehrstuhl für Zeitgeschichte in<br />

Regensburg vertritt, wird von Oktober an dieses Mammutvorhaben betreuen.<br />

Foto: Bayerische Staatsbibliothek


Mehr als 55 Jahre nach dem Tode<br />

Adolf Hitlers fällt die Auseinandersetzung<br />

mit der Zeit des<br />

Nationalsozialismus in Deutschland<br />

noch immer nicht leicht.<br />

Aktuelle Beispiele, wie die Antisemitismus-Debatten<br />

um FDP-Vorstandsmitglied<br />

Jürgen W. Möllemann<br />

oder den neuen Roman von<br />

Martin Walser, zeigten, so Rektor<br />

Heldrich, dass die Auseinandersetzung<br />

mit der nationalsozialistischen<br />

Epoche hochaktuell und<br />

unverzichtbar sei. An der <strong>Ludwig</strong>-<br />

<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>München</strong><br />

gibt es bereits zahlreiche wissenschaftliche<br />

Beiträge zu unterschiedlichen<br />

Facetten der Hochschulgeschichte<br />

während des so<br />

genannten Dritten Reichs. Doch<br />

bislang fehlt eine Bündelung dieser<br />

Einzelarbeiten und vor allem eine<br />

systematische Aufarbeitung nach<br />

aktuellem Stand der Forschung.<br />

„Wir wollen dies jetzt in Angriff<br />

nehmen, um die Gefährdung der<br />

Wissenschaft durch die Verstrickung<br />

in eine verbrecherische<br />

Ideologie aufzuzeigen und das<br />

Bewusstsein der nachwachsenden<br />

Generationen für die vielen kleinen<br />

Schritte zu schärfen, die damals in<br />

den Abgrund geführt haben“,<br />

erklärte Heldrich vor Journalisten.<br />

Vom <strong>Universität</strong>sarchiv der LMU<br />

wird derzeit eine eigene Internetplattform<br />

zur LMU-Geschichte in<br />

der NS-Zeit vorbereitet. Im Internet<br />

wird eine Bibliographie, unter anderem<br />

mit den bereits vorliegenden<br />

einschlägigen LMU-Forschungsar-<br />

beiten aus unterschiedlichen Bereichen<br />

wie Jura, Theologie, Kunstgeschichte<br />

oder Medizin, abrufbar<br />

sein. Eine Auswahl dieser Arbeiten<br />

wurde bereits Anfang Juni im Rahmen<br />

einer Präsentationsveranstaltung<br />

vorgestellt. Daneben gibt es<br />

weitere von der Hochschulleitung<br />

angestoßene Projekte wie die Edition<br />

eines Akten- und Dokumentenbandes<br />

oder die Publikation und<br />

Ausstellung des <strong>Universität</strong>sarchivs<br />

zur Aberkennung akademischer<br />

Grade in der NS-Zeit. Allein in <strong>München</strong><br />

wurden mehr als 150 Doktortitel<br />

aberkannt. „Die meisten<br />

Betroffenen waren ab 1933 in die<br />

Emigration gegangen, weil sie als<br />

politische Gegner oder als Juden der<br />

Verfolgung des Regimes ausgesetzt<br />

waren“, so Stefanie Harrecker vom<br />

<strong>Universität</strong>sarchiv.<br />

DREI LEITMOTIVE<br />

ZUR FORSCHUNG<br />

Koordiniert werden alle Initiativen<br />

des Forschungsprojekts vom Vorstand<br />

des <strong>Universität</strong>sarchivs, Professor<br />

Hans-Michael Körner; institutionell<br />

ist das Unternehmen beim<br />

Uniarchiv angesiedelt. Körner ist es<br />

ein besonderes Anliegen, die Forschungsarbeit<br />

auch in der Öffentlichkeit<br />

zu diskutieren: „Der universitätsgeschichtliche<br />

Arbeitskreis<br />

beim Uniarchiv wird kontinuierlich<br />

Pressegespräche zum Fortschritt<br />

der Projekte anbieten“, so der<br />

Experte für Bayerische Geschichte.<br />

Für Professor Günter Hockerts,<br />

Lehrstuhlinhaber für Neuere<br />

1 Festumzug zur Grundsteinlegung des Hauses des Deutschen Rechts<br />

am 24.10.1936 auf der <strong>Ludwig</strong>straße, im Hintergrund das Siegestor.<br />

Foto: <strong>Universität</strong>sarchiv<br />

1 So wie hier Wolfgang Hallgarten wurde während der NS-Zeit mehr als<br />

150 Personen an der <strong>Universität</strong> <strong>München</strong> der Doktortitel aberkannt.<br />

Geschichte und Zeitgeschichte am<br />

Historischen Seminar der LMU, ist<br />

der Zeitpunkt für ein solches Projekt<br />

aus wissenschaftlicher Sicht<br />

günstig: In den vergangen zehn bis<br />

15 Jahren hätten sich die Vorstellungen<br />

über das Verhältnis von<br />

Nationalsozialismus und Wissenschaft<br />

deutlich verändert. „Die <strong>Universität</strong>sgeschichte<br />

ist keine Marginalie<br />

mehr, sie kann vielmehr spezifische<br />

Auskünfte über Grundfragen<br />

und Kernbereiche der NS-<br />

Geschichte geben.“ Privatdozentin<br />

Kraus will in ihrem Forschungsvorhaben<br />

anhand der drei Leitmotive<br />

verschiedene Ebenen bearbeiten: Es<br />

geht ihr erstens um die Verknüpfungen<br />

zwischen NS-Ideologie und<br />

einzelnen Personen; zweitens um<br />

den Einfluss des Nationalsozialismus<br />

auf einzelne Institutionen bzw.<br />

Fächer sowie – drittens – um die<br />

Standortfrage: „Es muss diskutiert<br />

werden, welche Rolle die LMU als<br />

zweitgrößte <strong>Universität</strong> im Deutschen<br />

Reich in <strong>München</strong>, der<br />

,Hauptstadt der Bewegung’, spielte<br />

und ob ihr von Seiten der NS-<br />

Machthaber eine Sonderstellung<br />

zugedacht worden war“, sagt die<br />

Wissenschaftlerin. Den neuen Forschungsauftrag<br />

betrachtet die LMU<br />

daher auch als einen möglichen<br />

Baustein für das von der Landeshauptstadt<br />

geplante Dokumentationszentrum<br />

über die „Hauptstadt<br />

der Bewegung“. Zu diesem Thema<br />

ist bisher nur wenig bekannt. Als<br />

gesichert gilt beispielsweise, dass<br />

der „Stellvertreter des Führers“ und<br />

der „Reichsärzteführer“ bei Berufungen<br />

an der LMU mitwirkten.<br />

Unter dem Stichwort Rassismus<br />

an der LMU verweist Hockerts auch<br />

auf die Medizin: Hier wurde bei- 3<br />

1 Die <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> 1931, zwei Jahre vor der Machtergreifung<br />

der Nationalsozialisten.<br />

Foto: Maria Dorner<br />

Foto: Stadtarchiv <strong>München</strong><br />

MUM 03/2002 TITEL<br />

5


MUM 03/2002 TITEL<br />

6<br />

3 spielsweise bereits 1927 die<br />

deutschlandweit erste Professur für<br />

„Rassenhygiene“ geschaffen. In der<br />

Sprachwissenschaft widmete man<br />

das Indologie-Institut schon vor<br />

1933 in eine Abteilung für arische<br />

Kulturwissenschaft um. Und 1943<br />

wurde unter großem Pomp anlässlich<br />

der 470-Jahrfeier der <strong>Universität</strong><br />

<strong>München</strong> in der großen Aula<br />

die Ehrendoktorwürde an Sven<br />

Hedin verliehen und gleichzeitig<br />

Foto: <strong>Universität</strong>sarchiv<br />

1 Walther Wüst, ab 1935 Dekan<br />

der Philosophischen Fakultät und<br />

von 1941 bis 1945 Rektor der LMU<br />

Foto: Stadtarchiv <strong>München</strong><br />

7 Für viele Studenten der LMU<br />

begann die „neue Zeit“ am<br />

10. Mai 1933 mit der Einführung<br />

des neuen Studentenrechts.<br />

das nach ihm benannte Reichsinstitut<br />

für Innerasienforschung<br />

eröffnet. Ein Institut, das de facto,<br />

so der Historiker und Projektmitarbeiter<br />

Peter Mierau, sowohl personell<br />

als auch inhaltlich identisch<br />

gewesen sei mit der von dem Zoologen<br />

Ernst Schäfer geleiteten<br />

Münchner SS-Einrichtung „Forschungsabteilung<br />

für Innerasienforschung<br />

im Ahnenerbe“. Diese<br />

wiederum habe dem Reichsführer<br />

der SS, Heinrich Himmler, unterstanden<br />

und ideologisch ausgerichtete<br />

Rassenkunde betrieben.<br />

Allerdings stellte Hockerts bei<br />

der Präsentation im Juni auch fest,<br />

dass die rassenhygienischen Aktivitäten<br />

der LMU nach 1933 offenbar<br />

nicht stärker entwickelt gewesen<br />

seien als an anderen <strong>Universität</strong>en.<br />

Und dies, obwohl <strong>München</strong> seit<br />

der Jahrhundertwende ein Zentrum<br />

biologistischen Denkens gewesen<br />

sei und die <strong>Universität</strong> sich diesem<br />

Ideengut früher und weiter als<br />

andere Hochschulen geöffnet habe.<br />

„Warum die rassistische Vorprägung<br />

nicht zu einer akademischen Radikalisierung<br />

geführt hat, wäre für<br />

mich ein interessanter Forschungsaspekt“,<br />

so der Zeithistoriker.<br />

Privatdozentin Kraus möchte ihr<br />

Augenmerk auch auf den Komplex<br />

des „stillen“ Widerstands richten.<br />

Ein LMU-Wissenschaftler, der es<br />

1 Drei Angehörige der SA stehen Spalier bei einer Feierstunde in der<br />

Großen Aula der <strong>Universität</strong> <strong>München</strong>.<br />

Foto: <strong>Universität</strong>sarchiv<br />

beispielsweise verstand, trotz seiner<br />

Gegnerschaft gegenüber dem NS-<br />

Regime seinen Forschungsbetrieb<br />

aufrecht zu erhalten, war der Chemiker<br />

Heinrich Wieland. Der Nobelpreisträger<br />

hatte als Laborleiter und<br />

aufgrund seiner Bedeutung für die<br />

kriegswichtige chemische Industrie<br />

einen beträchtlichen Handlungsspielraum.<br />

Es gelang ihm, zahlreiche<br />

Stellen mit „Halbjuden“ zu<br />

besetzen und selbst eine Arbeit über<br />

„Die Farbpigmente an Schmetterlingsflügeln“<br />

als „kriegswichtig“<br />

einstufen zu lassen.<br />

VERBRANNTE LITERATUR<br />

Für viele Studenten der LMU begann<br />

die „neue Zeit“ unter den Nationalsozialisten<br />

mit dem Sommersemester<br />

1933. Am 10. Mai wurde das<br />

neue Studentenrecht mit einer<br />

Kundgebung im Lichthof gefeiert.<br />

Anschließend zogen die angehenden<br />

Akademiker zur reichsweit<br />

organisierten Bücherverbrennung<br />

auf den Königsplatz. Mit Unterstützung<br />

von Studentenschaft und<br />

Hochschulprofessoren strichen die<br />

Nationalsozialisten damit eine<br />

ganze Generation von Schriftstellern<br />

aus dem Bewusstsein der<br />

Bevölkerung. Für die LMU, auch vor<br />

dem Hintergrund des aktuellen Forschungsvorhabens,<br />

war dies Anlass<br />

genug, in diesem Jahr erstmals an<br />

die Zerstörung der Bücher zu erinnern:<br />

Am 10. Mai eröffneten Rektor<br />

Heldrich und Bundesjustizministerin<br />

Hertha Däubler-Gmelin im Lichthof<br />

der <strong>Universität</strong> eine Ausstellung<br />

mit einer kleinen Auswahl erhaltener<br />

Erstausgaben der „verbrannten<br />

Bücher“ aus der privaten Sammlung<br />

Salzmann. Der Kaufmann Georg P.<br />

Salzmann, heute 73 Jahre alt, hat<br />

Zeit seines Lebens Erstausgaben der<br />

von den Nationalsozialisten verbrannten<br />

und zensierten Literatur<br />

gesammelt – ein Zeichen gegen das<br />

Vergessen (siehe Interview).<br />

Zu den bemerkenswerten<br />

Details der LMU-Geschichte in der<br />

NS-Zeit gehören auch die Auslandsbeziehungen<br />

der <strong>Universität</strong>.<br />

Seit der Jahrhundertwende zählte<br />

die LMU zu den von ausländischen<br />

Studierenden am stärksten frequentierten<br />

deutschen Hochschulen.<br />

Ein besonders großes Kontingent<br />

wurde hier von Nordamerikanern<br />

gestellt. Der Leiter des<br />

LMU-<strong>Universität</strong>sarchivs Dr. Wolf-


gang J. Smolka wies im März auf<br />

einer Tagung der <strong>Universität</strong>sarchivare<br />

in Heidelberg insbesondere auf<br />

das so genannte „Junior Year“ hin,<br />

das 1931 vom US-Amerikanischen<br />

„Institute of International Education“<br />

in New York in Absprache mit<br />

dem Deutschen Akademischen Austauschdienst<br />

an der LMU etabliert<br />

wurde. Zweck der Einrichtung war<br />

es, ausgesuchte US-Studenten für<br />

ein Studienjahr nach Deutschland<br />

zu schicken. Eine Erfolgsgeschichte:<br />

Das ,Junior Year’ in <strong>München</strong>, in<br />

Deutschland einzigartig und sonst<br />

nur in Basel und Paris vertreten,<br />

erfreute sich schnell großer Beliebtheit.<br />

Auch die Machtergreifung der<br />

Nationalsozialisten konnte dieses<br />

Rad nicht zurückdrehen. Erst 1939<br />

wurde die Einrichtung nach Zürich<br />

verlegt, wo sie den Krieg überstand,<br />

um in den 50er Jahren nach <strong>München</strong><br />

zurückzukehren.<br />

MITLÄUFER UND WIDERSTAND<br />

Für den am 1. Oktober aus dem Amt<br />

scheidenden LMU-Rektor Heldrich<br />

ist das neue Forschungsprojekt ein<br />

weiterer wichtiger Beitrag zur<br />

Schärfung des geistigen Profils der<br />

<strong>Universität</strong>. „Ich habe mich stets<br />

bemüht, in der LMU ein selbstkritisches<br />

Geschichtsbewusstsein wach<br />

zu halten.“ Auch die Errichtung der<br />

„Denkstätte Weiße Rose“ 1997 zum<br />

Gedenken an den Widerstand der<br />

Münchner Studentengruppe um<br />

Professor Kurt Huber geht maßgeblich<br />

auf die Initiative des scheidenden<br />

Rektors zurück. Nun sollen die<br />

dunklen Kapitel der LMU-Vergangenheit<br />

umfassend ausgeleuchtet<br />

werden. Heldrich: „Die Zeit ist reif<br />

für dieses große Forschungsprojekt.”<br />

■ oh<br />

1 Die NS-Bücherverbrennung auf<br />

einem Holzschnitt von Heinz Kiwitz.<br />

Quelle: LMU<br />

Foto: Maria Dorner<br />

Als die Nationalsozialisten im<br />

Mai 1933 die Bücher vieler deutscher<br />

Autoren in die Flammen<br />

warfen, war Georg P. Salzmann<br />

vier Jahre alt. 40 Jahre später<br />

begann der gebürtige Thüringer<br />

die Erstausgaben dieser<br />

geschmähten Literatur von Bert<br />

Brecht bis Stefan Zweig zu sammeln.<br />

Heute umfasst das Archiv<br />

des gelernten Kaufmanns über<br />

10.000 Bände von mehr als 100<br />

„verbrannten“ Autoren. MUM<br />

sprach mit Georg P. Salzmann<br />

über das Bewahren und Weitergeben<br />

eines fast schon vergessenen<br />

literarischen Erbes.<br />

MUM: Was war für Sie der Auslöser,<br />

sich mit den verbrannten<br />

Büchern zu beschäftigen?<br />

Salzmann: Mein Vater war überzeugter<br />

Nationalsozialist. Als die<br />

Amerikaner 1945 in Thüringen einmarschierten,<br />

erschoss er sich. Die<br />

Welt brach damals buchstäblich für<br />

mich zusammen, also musste ich<br />

sie mir neu ordnen – auch mit Literatur.<br />

Der eigentliche Auslöser kam<br />

aber erst 1976. Ich lebte damals<br />

aus beruflichen Gründen in Bremen,<br />

meine Familie in <strong>München</strong>. So<br />

hatte ich viel freie Zeit und gelangt<br />

durch Zufall in einen Kreis bibliophiler<br />

Menschen. Dort war es<br />

üblich, dass jede Woche ein Mitglied<br />

einen Vortrag hielt. Ich wurde<br />

aufgefordert, ein Referat über<br />

Ernst Weiß, einen Vertreter des<br />

deutschen literarischen Expressionismus,<br />

zu halten. So musste ich<br />

also die Literatur von Weiß aufstöbern<br />

– und wurde fündig in Trödlerläden<br />

und bei Haushaltsauflösungen.<br />

Die Bücher kosteten zum<br />

Teil nur 50 Pfennige pro Band.<br />

Heute sind sie rund 250 Euro Wert.<br />

Das war der Anfang.<br />

MUM: Wie entstand dann der<br />

Wunsch, das Gesammelte auch zu<br />

zeigen?<br />

VERBOTEN UND VERBRANNT<br />

EIN GESPRÄCH MIT DEM LEITER DES<br />

ARCHIVS „10. MAI 1933 – DEUTSCHE<br />

LITERATUR AUF DEM SCHEITERHAUFEN“,<br />

GEORG P. SALZMANN<br />

Salzmann: 1980 bin ich nach<br />

<strong>München</strong> zurückgekehrt und habe<br />

1983 – zum 50. Jahrestag der<br />

Bücherverbrennung – in der Stadtbibliothek<br />

am Münchner Harras<br />

eine Ausstellung gemacht. Es war<br />

meine erste Ausstellung und vielleicht<br />

auch meine schönste. Aber<br />

kein Mensch hat sich damals für<br />

die Bücherverbrennung interessiert.<br />

Nicht einmal die Zeitungen<br />

haben darüber berichtet. Das hat<br />

mich so geärgert, dass ich<br />

beschloss, selbst das Erbe weiterzugeben.<br />

MUM: Sammeln Sie auch Bücher,<br />

die Sie literarisch weniger mögen?<br />

Salzmann: Ich habe immer systematisch<br />

gesammelt. Dann kamen<br />

allerdings auch Bücher von Autoren<br />

hinzu, die ich zunächst gar<br />

nicht kannte: Oskar Maria Graf<br />

etwa habe ich zunächst gar nicht<br />

verstanden, weil seine ersten<br />

Bücher in altbayerischer Mundart<br />

geschrieben waren. Auch zu Robert<br />

Musil habe ich ein gebrochenes<br />

Verhältnis. Ich weiß, dass diese<br />

Literatur gut ist, aber anfangs war<br />

sie mir zu hoch.<br />

MUM: Also kein Anspruch auf<br />

Vollständigkeit?<br />

Salzmann: Sie können gar nicht<br />

alle Autoren, die zensiert oder verbrannt<br />

wurden, sammeln – da verzetteln<br />

Sie sich. Dann hat man<br />

Bruchstücke von jedem und nichts<br />

Geschlossenes. Ich habe versucht,<br />

die Autoren zu sammeln, bei denen<br />

ich die Chance hatte, sie geschlossen<br />

als Erstausgabe zu sammeln.<br />

MUM: Warum die Erstausgaben?<br />

Salzmann: Ein Buch aus der Zeit<br />

hat zum einen einfach eine andere<br />

Aura, es sieht anders aus, es riecht<br />

anders, und eine Erstausgabe ist<br />

natürlich auch mehr wert als ein<br />

Taschenbuch. Zum anderen hat ein<br />

Großteil der Autoren nach dem<br />

Krieg die Rechte an ihrem Werk an<br />

den Aufbau Verlag in Ost-Berlin<br />

1 Über 10.000 Erstausgaben<br />

umfasst die Sammlung Salzmann.<br />

abgegeben. Dieser hat die Werke,<br />

die vor 1933 erschienen sind, dann<br />

überarbeitet. Ganze Passagen wurden<br />

da zum Teil gestrichen.<br />

MUM: Wird die Literatur, die Sie<br />

sammeln, noch in der Schule<br />

gelehrt?<br />

Salzmann: Viele der Oberstufenschüler,<br />

die zu mir kommen, haben<br />

von den Autoren, die hier versammelt<br />

sind, noch nie etwas gehört.<br />

Wenn diese Literatur in der Schule<br />

vermittelt wird, ist es nur der Initiative<br />

einzelner Lehrer zu verdanken.<br />

Allerdings bin ich stes begeistert,<br />

wie die jungen Leute sich für das<br />

Thema interessieren, wenn man sie<br />

damit konfrontiert. Dabei habe ich<br />

natürlich einen großen Vorteil: Ich<br />

bin Zeitzeuge und glaubhaft, allein<br />

schon durch mein Alter.<br />

MUM: Wie sehen Sie die Zukunft<br />

Ihrer Sammlung?<br />

Salzmann: Ich würde die Bücher<br />

gerne als Präsenzbibliothek komplett<br />

der Öffentlichkeit zugänglich<br />

machen. Die Leute sollen erfahren,<br />

was da verbrannt wurde. In den<br />

meisten Publikationen zur Bücherverbrennnung<br />

sind zwar die Scheiterhaufen<br />

abgebildet und auch die<br />

Autoren werden besprochen. Aber<br />

dass dies Bücher sind, die bei unseren<br />

Großeltern im Bücherschrank<br />

standen, ganz normale Belletristik,<br />

das ist nirgendwo gezeigt. ■<br />

Interview: oh<br />

Foto: Maria Dorner<br />

MUM 03/2002 TITEL<br />

7


Foto: DVA / Haak & Nakat<br />

LOB DES KRITIKERS<br />

EHRENPROMOTION FÜR<br />

MARCEL REICH-RANICKI<br />

Die Fakultät für Psychologie und<br />

Pädagogik der LMU hat dem Literaturkritiker<br />

Marcel Reich-<br />

Ranicki am 10. Juli die Würde<br />

eines doctor philosophiae honoris<br />

causa verliehen. Die Ehrung<br />

erfolgte mit der Zustimmung von<br />

sechs Fakultäten. Eine solch breite<br />

Unterstützung innerhalb der<br />

<strong>Universität</strong> sei bei einer Ehrenpromotion<br />

bislang ohne Beispiel,<br />

so Rektor Andreas Heldrich. Zur<br />

Begründung wird in der Laudatio<br />

der Fakultät 11 unter anderem die<br />

sozialpsychologische Auseinandersetzung<br />

Reich-Ranickis mit<br />

dem Nationalsozialismus in seiner<br />

Autobiographie „Mein Leben“<br />

hervorgehoben. Das Münchner<br />

Uni.<strong>Magazin</strong> dokumentiert hier<br />

den Text in Auszügen.<br />

Der Lebenslauf von Marcel Reich-<br />

Ranicki steht gleichermaßen vorbildhaft<br />

und exemplarisch für die<br />

dunkelste Phase der deutschen<br />

Geschichte und für einen versöhnlichen<br />

Umgang mit dieser. Er steht<br />

geradezu im Sinne eines Modells<br />

dafür, dass ein schweres Trauma<br />

nicht zu Verbitterung oder gar zu<br />

Hass führen muss, sondern dass<br />

sich Wege der Verständigung und<br />

Versöhnung mit anderen und sich<br />

selbst finden lassen. Seine Autobio-<br />

graphie, die eine wichtige<br />

(sozial)psychologische Informationsquelle<br />

darstellt, ist ein Musterbeispiel<br />

für das Vollenden einer<br />

Identitätsfindung, die durch unvorstellbar<br />

grausame und unmenschliche<br />

äußere Einwirkungen eigentlich<br />

von Beginn an hätte zum Scheitern<br />

verurteilt sein können. Marcel<br />

Reich-Ranicki selbst sah sich Zeit<br />

seines Lebens als Isolierter, Verfolgter,<br />

Ausgeschlossener, Außenseiter,<br />

Heimatloser und dennoch hat er es<br />

geschafft, in einem Land, das ihm<br />

den größten Schmerz zugefügt hat,<br />

seine Identität aufzubauen und seine<br />

Ziele zu verwirklichen. Er selbst<br />

bezeichnet die deutsche Literatur<br />

als seine eigentliche „Heimat“.<br />

PSYCHOLOGISCHE INTEGRATION<br />

Herr Reich-Ranicki hat somit einen<br />

entscheidenden Beitrag zur Aufarbeitung<br />

der deutschen Geschichte,<br />

insbesondere des Holocaust, geleistet<br />

und vor allem durch seine<br />

Autobiographie diese Problematik<br />

gerade den nichtjüdischen Deutschen<br />

nahe bringen können. (...)<br />

Die Integrationsleistung ist dabei in<br />

erster Linie eine psychologische.<br />

Durch sein Leben – und vor allem<br />

durch die Art, wie er seine Vergangenheit<br />

in seiner Biographie aufarbeitet<br />

(ohne erhobenen Zeigefinger,<br />

ohne anklagende Worte, sondern<br />

sachlich und nüchtern, was die<br />

Betroffenheit noch verstärkt) – zeigt<br />

Marcel Reich-Ranicki, wie eine<br />

Schicksalsbewältigung vorbildlich<br />

vollzogen werden kann. Hervorgehoben<br />

werden muss auch sein<br />

Engagement für die deutsche Literatur<br />

trotz seiner Erfahrungen im<br />

dritten Reich, hervorgehoben werden<br />

müssen seine Verdienste um die<br />

deutsch-jüdisch-polnische Aussöhnung.<br />

(...)<br />

Marcel Reich-Ranicki wurde<br />

bereits oftmals für seine Verdienste<br />

um die Literatur geehrt, nicht<br />

jedoch für seinen Lebensweg und<br />

seine Lebensleistung und genau<br />

diese könnten weder die Germanisten<br />

noch eine andere Fakultät<br />

besser auszeichnen als die unsere.<br />

Es wird die Lebensleistung geehrt,<br />

also die Persönlichkeit in ihrer<br />

Ganzheit, eine herausragende Persönlichkeit,<br />

die immer klar Position<br />

bezieht. Gerade die Fakultät für Psychologie<br />

und Pädagogik hat mit<br />

Persönlichkeitsentwicklung, Sozialisation,<br />

mit Bildungs- und Erziehungsprozessen<br />

zu tun. Alle<br />

Studiengänge unserer Fakultät stehen<br />

letztlich im Dienst der Botschaft,<br />

Menschen zu einer ethisch<br />

begründeten Lebenskompetenz zu<br />

befähigen. ■<br />

■ ZUR PERSON<br />

Marcel Reich-Ranicki, 1920 in<br />

Wloclawek an der Weichsel geboren,<br />

ist in Berlin aufgewachsen.<br />

Von 1960 bis 1973 war er ständiger<br />

Literaturkritiker der Wochenzeitung<br />

DIE ZEIT, von 1973 bis<br />

1988 leitete er die Redaktion für<br />

Literatur und literarisches Leben<br />

der FAZ. Gastprofessuren und<br />

Vortragsreihen führten Reich-<br />

Ranicki nach Europa und in die<br />

USA. Von 1971 bis 1975 war er<br />

Gastprofessor für Neue Deutsche<br />

Literatur an den <strong>Universität</strong>en<br />

von Stockholm und Uppsala, seit<br />

1974 ist er Honorarprofessor an<br />

der <strong>Universität</strong> Tübingen, in den<br />

Jahren 1991/1992 bekleidete er<br />

die Heinrich-Heine-Gastprofessur<br />

an der <strong>Universität</strong> Düsseldorf.<br />

Reich-Ranicki ist Autor zahlreicher<br />

Bücher und Schriften. Er<br />

erhielt eine Reihe von Auszeichnungen,<br />

u.a. den Ricarda-Huch-<br />

Preis (1981), den Thomas-Mann-<br />

Preis (1987), den Bayerischen<br />

Fernsehpreis (1991), den <strong>Ludwig</strong>-<br />

Börne-Preis (1995), den Goethe-<br />

Preis der Stadt Frankfurt (2002)<br />

und Doktorwürden der <strong>Universität</strong>en<br />

Uppsala, Augsburg, Bamberg,<br />

Düsseldorf und Utrecht.<br />

Foto: FAZ<br />

MUM 03/2002 PROFILE<br />

9


MUM 03/2002 PROFILE<br />

10<br />

Foto: Haak & Nakat<br />

VON EUROPA BIS NAHOST<br />

DAS CENTRUM FÜR ANGEWANDTE<br />

POLITIKFORSCHUNG BRINGT<br />

KONFLIKTPARTEIEN AN EINEN TISCH<br />

Lethargie, Mangel an Leidenschaft,<br />

Schlafwagenmentalität –<br />

zumindest in ihrer Kritik, insbesondere<br />

an den Deutschen und<br />

ihrer lustlosen Haltung gegenüber<br />

der Europäischen Einigung,<br />

waren sich die Referenten aller<br />

Länder bei dieser Tagung einig.<br />

Unter dem Motto „Fazit: Europa<br />

– der imperfekte Souverän“ hatten<br />

die Frankfurter Allgemeine<br />

Zeitung (FAZ) gemeinsam mit<br />

DeutschlandRadio Berlin und<br />

dem Centrum für angewandte<br />

Politikforschung (C.A.P.) an der<br />

LMU <strong>München</strong> kürzlich nach<br />

Berlin eingeladen. Seit 1996<br />

konzipiert das C.A.P. unter der<br />

Leitung von Professor Werner<br />

Weidenfeld in Berlin die Veranstaltungsreihe<br />

„Fazit“ in Kooperation<br />

mit den beiden Medienhäusern.<br />

Dabei werden stets<br />

europäische und globale Themen<br />

mit nationalen und internationalen<br />

Gästen diskutiert.<br />

Diesmal ging es bei den zweitägigen<br />

Beratungen um die künftige<br />

Verfassung und Handlungsfähigkeit<br />

Europas sowie die Solidarität<br />

innerhalb der Gemeinschaft nach<br />

der bevorstehenden Erweiterung.<br />

Regierungsmitglieder, führende<br />

Politiker und Gäste aus Spanien,<br />

Italien, Deutschland, Polen und der<br />

Tschechischen Republik sowie aus<br />

Schweden, Großbritannien, Österreich<br />

und den USA nahmen an den<br />

Diskussionsrunden im Verlagsgebäude<br />

der FAZ teil.<br />

KOSTSPIELIGE ERWEITERUNG<br />

„Jetzt ist eine neue Souveränitätskonzeption<br />

gefragt“, erklärte Bundesaußenminister<br />

Joschka Fischer<br />

und forderte mit Nachdruck eine<br />

Reform der Institutionen der EU.<br />

Andernfalls führe der Beitritt der<br />

osteuropäischen Länder zur völligen<br />

Handlungsunfähigkeit. „Die<br />

Welt wartet nicht auf Europa“,<br />

warnte Fischer. Sein spanischer<br />

Amtskollege Josep Piqué machte<br />

sich ebenfalls für eine Verfassungsreform<br />

der EU stark und betonte<br />

zugleich die Vorteile einer Erweiterung<br />

auf demnächst 20 Mitgliedstaaten.<br />

Er bezeichnete es allerdings<br />

als „unrealistisch“, zu verlangen,<br />

dass die Erweiterung nicht<br />

auch mit Kosten für den ein oder<br />

anderen EU-Partner verbunden<br />

sein werde.<br />

Die Frage nach der Zukunft<br />

Europas als politische, wirtschaftliche<br />

und militärische Größe stand in<br />

diesem Jahr auch im Mittelpunkt<br />

des 530. Stiftungsfestes der <strong>Universität</strong><br />

<strong>München</strong>. Professor Weiden-<br />

feld hielt den Festvortrag zum Thema<br />

„Europa im Umbruch“.<br />

Für CAP-Geschäftsführer Jürgen<br />

Turek rangieren die Fazit-<br />

Tagungen weit vorn bei den Aktivitäten<br />

des Forschungs-Centrums.<br />

„Das ist gewissermaßen die S-Klasse<br />

unter unseren Konferenzen“,<br />

sagt Turek, die nur noch durch das<br />

Internationale Bertelsmannforum<br />

übertroffen werde, das aber nur<br />

alle zwei bis drei Jahre stattfindet.<br />

Zu den großen Veranstaltungen der<br />

Münchner Politikexperten gehören<br />

schließlich auch die „Kronberger<br />

Gespräche“, bei denen es Professor<br />

Weidenfeld zuletzt im Januar dieses<br />

Jahres gelang, hochrangige<br />

Vertreter der Konfliktparteien des<br />

Nahen Ostens an einen Tisch zu<br />

bringen. Für Turek ist die Konferenz<br />

im hessischen Kronberg „das einzige<br />

noch funktionierende Forum in<br />

Europa zur Zukunft des Nahen<br />

Ostens“. Das C.A.P. sehe seine Aufgabe<br />

nicht nur in der Beschreibung<br />

und Analyse von Politik. „Wir entwickeln<br />

auch Strategien“, erklärt<br />

der C.A.P.-Geschäftsführer.<br />

STREIT AM GSI<br />

Angesichts der Ausstrahlung des<br />

C.A.P. nimmt LMU-Rektor Andreas<br />

Heldrich die jüngsten Ankündigungen<br />

Weidenfelds sehr ernst, mit<br />

1 “Europa - der imperfekte<br />

Souverän” lautete das Thema der<br />

“Fazit”-Tagung in Berlin,<br />

konzipiert vom Centrum für angewandte<br />

Politikforschung (C.A.P.)<br />

Mit dabei: Bundesaußenminister<br />

Joschka Fischer (oben) und C.A.P.-<br />

Chef Prof. Werner Weidenfeld<br />

„seinem“ Centrum <strong>München</strong> zu<br />

verlassen. Hintergrund ist der Streit<br />

um die Berufung des Passauer Parteienexperten<br />

Professor Heinrich<br />

Oberreuter aufgrund eines Sondervotums.<br />

Dieser Vorgang sorgt seit<br />

Wochen für Unruhe am Geschwister-Scholl-Institut<br />

der LMU. Weidenfeld<br />

hat bereits öffentlich Kritik<br />

an der Berufung des umstrittenen<br />

Kollegen geäußert und gedroht,<br />

möglicherweise sein Centrum an<br />

einen anderen Standort zu verlagern.<br />

„In jedem Fall darf der Streit<br />

nicht zu Lasten unserer Studierenden<br />

gehen,“ sagt Rektor Heldrich.<br />

Die angehenden Politikwissenschaftler<br />

beklagen, dass der Konflikt<br />

um Oberreuter die Besetzung<br />

dreier weiterer vakanter Lehrstühle<br />

blockiere. Heldrich will sich dafür<br />

einsetzen, diese Berufungsverfahren<br />

vom Streit um die Oberreuter-<br />

Frage abzukoppeln. ■ gl<br />

Foto: LMU Foto: LMU


PREISWÜRDIGE<br />

TRANSPLANTATIONSFORSCHUNG<br />

GEORG HEBERER AWARD DER LMU<br />

GEHT AN KIELER MEDIZINER<br />

Für seine Bahn brechende Arbeit<br />

zur Immuntoleranz in Ratten hat<br />

Professor Fred Fändrich von der<br />

Klinik für Allgemeine Chirurgie<br />

und Thoraxchirurgie des <strong>Universität</strong>sklinikums<br />

Kiel den Georg<br />

Heberer Award erhalten. Die<br />

LMU verlieh den von der USamerikanischen<br />

Chiles Foundation<br />

(CF) gestifteten Preis in Höhe<br />

von 25.000 US-Dollar Ende Juni<br />

anlässlich des 530. Stiftungsfestes<br />

der <strong>Universität</strong>.<br />

Die Operationsverfahren bei Organtransplantationen<br />

sind heutzutage<br />

nahezu perfektioniert. Entscheidend<br />

für den Erfolg ist die<br />

immunologische Reaktion des<br />

Empfängers auf das transplantierte<br />

Organ eines genetisch fremden<br />

Spenders. Um eine Organtransplantation<br />

auf Dauer zum Erfolg zu<br />

machen, müssen lebenslang hoch<br />

dosiert nebenwirkungsreiche Medikamente<br />

verabreicht oder eine<br />

Bestrahlung zur Vorbehandlung<br />

des Empfängers durchgeführt werden,<br />

damit der Empfängerorganismus<br />

das fremde Organ toleriert. Ob<br />

ein „Eindringling“ akzeptiert oder<br />

bekämpft wird, hängt von<br />

bestimmten Zellen des Immunsystems<br />

ab. Das klassische Reaktionsschema<br />

wird beispielsweise<br />

während einer Schwangerschaft<br />

außer Kraft gesetzt, denn der genetisch<br />

fremde kindliche Organismus<br />

müsste im Körper der Mutter<br />

eigentlich eine Abstoßungsreaktion<br />

hervorrufen. Die Arbeitsgruppe von<br />

Professor Fred Fändrich konnte<br />

embryonale Stammzelllinien genetisch<br />

unterschiedlicher Ratten herstellen<br />

und durch deren Applikation<br />

eine Immuntoleranz in Ratten<br />

mit sich unterscheidender Erbinformation<br />

erzeugen. Bei den auf<br />

diese Weise vorbehandelten Ratten<br />

zeigte sich eine signifikant längere<br />

Organüberlebenszeit nach Herztransplantation.<br />

Die Weiterführung<br />

dieser Erkenntnisse könnte neue<br />

Wege eröffnen, transplantierte<br />

Organe im Körper des Empfängers<br />

vor Abstoßung zu schützen. Auch<br />

bei der Behandlung von Erkrankungen<br />

wie Morbus Parkinson oder<br />

Diabetes könnten vollkommen<br />

neuartige Methoden entwickelt<br />

werden.<br />

Die Auszeichnung mit dem<br />

Georg Heberer Award soll Professor<br />

Fred Fändrich in der Fortführung<br />

seiner wissenschaftlichen Arbeit an<br />

einer deutschen <strong>Universität</strong> und<br />

Forschungseinrichtung im Rahmen<br />

seiner internationalen Kooperationen<br />

unterstützen. Der 42-jährige<br />

Fändrich absolvierte sein Studium<br />

der Humanmedizin in Mainz und<br />

begann seine klinische Karriere<br />

zunächst an der Uniklinik in Aachen,<br />

bevor er 1991 an das <strong>Universität</strong>sklinikum<br />

Kiel wechselte. Fändrichs<br />

wissenschaftlicher Schwerpunkt<br />

liegt auf dem Gebiet der Stammzellforschung<br />

zur Behandlung bei Organtransplantationen<br />

und degenerativen<br />

Erkrankungen.<br />

ANERKENNUNG FÜR<br />

FORSCHER-ENGAGEMENT<br />

Der in diesem Jahr zum dritten Mal<br />

verliehene Georg Heberer Award ist<br />

nach dem international anerkannten<br />

Münchner Chirurgen und Wissenschaftler<br />

Georg Heberer<br />

benannt. Die jährliche Verleihung<br />

des Preises durch die LMU soll die<br />

internationale wissenschaftliche<br />

Auseinandersetzung mit aktuellen<br />

Themen auf dem Gebiet der Chirurgie<br />

fördern und ist eine Anerkennung<br />

für das Engagement deutscher<br />

Forschungseinrichtungen<br />

und -fördereinrichtungen im Ausland.<br />

Gestiftet wird der Preis von<br />

der seit 50 Jahren bestehenden<br />

Chiles Foundation, die medizinische<br />

Forschung vor allem auf dem<br />

Gebiet der Krebsforschung unterstützt.<br />

Die Stiftung unterhält große<br />

Institute an der Boston University<br />

und der Stanford University sowie<br />

das Krebsforschungszentrum „Earle<br />

A. Chiles Research Institute“ an der<br />

Oregon University.<br />

Seit 1986 wird ein intensiver wissenschaftlicher<br />

Austausch zwischen<br />

der Chirurgischen Klinik des<br />

Klinikums Grosshadern der LMU<br />

unter der Leitung von Prof. Friedrich<br />

Wilhelm Schildberg und der<br />

Harvard Medical School sowie der<br />

Oregon Health & Science University<br />

gepflegt. Begabte deutsche<br />

Nachwuchswissenschaftlerinnen<br />

und -wissenschaftler sollen mit der<br />

Verleihung des großzügig dotierten<br />

Georg Heberer Awards unterstützt<br />

und ermuntert werden, ihre wissenschaftlichen<br />

Projekte im Rahmen<br />

internationaler Kooperationen<br />

an ihren Heimathochschulen weiterzuführen.<br />

■ Michaela Kaps<br />

1 Prof. Dr. med. Fred Fändrich<br />

Foto: Haak & Nakat<br />

Foto: <strong>Universität</strong>sklinikum Kiel<br />

MUM 03/2002 PROFILE<br />

11


MUM 03/2002 PROFILE<br />

16<br />

Foto: LMU<br />

WEITER WARTEN<br />

AUF FRM II<br />

DIE KRISTALLOGRAPHIE<br />

BANGT UM NACHWUCHS<br />

Hoffen auf die neue Neutronenquelle<br />

– und kein Ende abzusehen.<br />

Während die politische Entscheidung<br />

über den Betrieb des FRM II-<br />

Reaktors ein ums andere Mal von<br />

den zuständigen Bundesministerien<br />

vertagt wird, geht immer mehr<br />

betroffenen Wissenschaftlern die<br />

Luft und auch die Lust aus. Vor allem<br />

der Nachwuchs läuft den<br />

<strong>München</strong>er Forschern davon, aber<br />

auch ausgebildete Wissenschaftler<br />

wandern ab.<br />

„Das kann man fast nur noch als<br />

politisch motivierte Schikanen auffassen“,<br />

kritisiert Professor Fritz Frey,<br />

Kristallograph am Department für<br />

Geo- und Umweltwissenschaften<br />

der LMU <strong>München</strong> das Gerangel um<br />

die Inbetriebnahme der neuen For-<br />

1 Kristallograph an der LMU:<br />

Professor Fritz Frey<br />

schungs-Neutronenquelle. Frey hat<br />

sich für zwei Projekte, sein Kollege<br />

aus der Physik, Professor Dietrich<br />

Habs, für ein Forschungsvorhaben<br />

die Nutzung des neuen Reaktors<br />

vertraglich gesichert. Wann jedoch<br />

der Startschuss für den FRM II-Betrieb<br />

fällt, ist weiterhin unklar. Die<br />

dritte Teilerrichtungsgenehmigung<br />

steht noch immer aus.<br />

ZU GAST IN GARCHING<br />

Frey ist Leiter einer Arbeitsgruppe,<br />

die am alten FRM I als „Dauergast“<br />

der TUM zwei Instrumente erfolgreich<br />

betrieben hat. Gegenwärtig<br />

sind Wissenschaftler aus dem Department<br />

für Geo- und Umweltwissenschaften<br />

der LMU <strong>München</strong> am<br />

Aufbau zweier neuartiger Instrumente<br />

zur Erforschung der Struktur<br />

kristallisierter Materie beteiligt. Frey<br />

ist auch – zusammen mit Kollegen<br />

der TU <strong>München</strong> – Projektleiter beim<br />

Aufbau eines Neutronendiffraktometers,<br />

das in dieser Form weltweit<br />

einzigartig ist. Die Forscher fürchten<br />

nun, dass das Bundesumweltministerium<br />

die Genehmigung nur<br />

für einen Probebetrieb des FRMII<br />

erteilen wird. „Das bedeutet im Klartext,<br />

dass die Neutronenstrahlung<br />

den eigentlichen Nutzern nicht vor<br />

2003 zur Verfügung stehen dürfte“,<br />

so Frey. „Besonders schmerzlich ist<br />

aber schon jetzt die immer größer<br />

werdende zeitliche Lücke zwischen<br />

dem Abschalten der alten Neutronenquelle<br />

und einer ja noch nicht<br />

gesicherten Inbetriebnahme des<br />

FRM II. Für unerwartet lange Zeit<br />

entfällt damit die Möglichkeit, Studenten<br />

auszubilden. Die Konsequenz<br />

ist ein Ausbluten an Nachwuchs<br />

– in einem Forschungssektor,<br />

in dem Deutschland bislang immer<br />

mit führend war“, beklagt der Wissenschaftler.<br />

Die Neutronenquelle<br />

vor den Toren <strong>München</strong>s war bisher<br />

ein deutlicher Standortvorteil bei<br />

der Ausbildung von Studenten. Diese<br />

kann jetzt ebenso wenig wie die<br />

laufende Forschungsarbeit durch<br />

„Gastmessungen“ an weiter entfernten<br />

Einrichtungen aufrechterhalten<br />

werden.<br />

DEN QUASIKRISTALLEN<br />

AUF DER SPUR<br />

Mit Hilfe der Neutronenquelle wollen<br />

die im Bereich sowohl der Struktur-<br />

wie auch der Materialforschung<br />

tätigen LMU-Wissenschaftler<br />

den Aufbau und die Eigenschaften<br />

von Kristallen untersuchen, die<br />

die Grundlage bilden für den Aufbau<br />

der Materialien. Dazu gehören<br />

vor allem in der Natur vorkommende<br />

„Geomaterialien“, biogene kristalline<br />

Geomaterialien sowie die<br />

Fotos: LMU<br />

1 Für ihre Forschung (hier ein dekagonaler<br />

Quasi-Einkristall) benötigen<br />

die LMU-Kristallographen den<br />

FRM II-Reaktor (kl. Foto).<br />

erst vor wenigen Jahren entdeckten<br />

Quasikristalle. Die Quasikristalle sind<br />

eine besonders für die Materialwissenschaft<br />

interessante Gruppe extrem<br />

harter Legierungen, die beispielsweise<br />

für den Flugzeugbau<br />

verwendet werden. Grundlagenforscher<br />

wie Professor Frey interessieren<br />

sich dabei vor allem für die Fehlordnungen<br />

in derartigen Quasikristallen.<br />

Die gegenwärtig eingesetzten<br />

Röntgenmethoden lieferten<br />

zwar wertvolle Daten für die Strukturforschung,<br />

so Frey, doch die<br />

komplementäre Neutronenstreumethode<br />

sei unersetzlich.<br />

Gegenwärtig kann man im<br />

Rahmen des von der Bundesforschungsministerin<br />

Edelgard Bulmahn<br />

ausgerufenen Jahres der<br />

Geowissenschaften deutschlandweit<br />

einschlägige Veranstaltungen<br />

besuchen. „Beim Jahr der Geowissenschaften<br />

geht es auch genau um<br />

die Forschung, die hier in <strong>München</strong><br />

an den Neutronen-Instrumenten<br />

durchgeführt werden soll“, sagt<br />

Frey. Doch Bulmahns Kabinettskollege<br />

Trittin spiele offenbar nicht mit.<br />

■ suwe/gl


LOBBYARBEIT IM KINO<br />

ANTI-STIGMA-AKTION<br />

KLÄRT ÜBER<br />

SCHIZOPHRENIE AUF<br />

„Diese Menschen tun mir schon<br />

sehr Leid, aber ich fühle mich irgendwie<br />

unwohl, wenn sie da<br />

sind.“ Oder: „Jetzt sind sie vielleicht<br />

ganz normal, aber man weiß<br />

ja nie, wann die wieder ausrasten<br />

und Stimmen hören.“ Wer mit der<br />

Diagnose Schizophrenie leben<br />

muss, kennt solche Kommentare<br />

und Reaktionen von Freunden,<br />

Verwandten und Arbeitskollegen.<br />

Auch bleibt es in den meisten Fällen<br />

nicht bei bloßen Randbemerkungen.<br />

Die Krankheit hat für die<br />

Betroffenen oft schwere soziale<br />

und finanzielle Konsequenzen,<br />

denn mit der Diagnose Schizophrenie<br />

ist ein regelrechtes Stigma<br />

verbunden. Viele Patienten verlieren<br />

ihren Arbeitsplatz und vereinsamen<br />

mit der Zeit. „Die Patienten<br />

werden wegen ihrer Krankheit<br />

diskriminiert und ausgegrenzt“,<br />

erklärt Petra Decker von<br />

der Anti-Stigma-Aktion <strong>München</strong><br />

(ASAM) der Psychiatrischen Klinik<br />

der LMU.<br />

Arbeitslosigkeit und Einsamkeit –<br />

dass diese Folgen für die Erkrankten<br />

die Regel und keine Ausnahme sind,<br />

zeigt eine Bevölkerungsumfrage<br />

von ASAM in <strong>München</strong>: Danach halten<br />

83,9 Prozent junger Männer und<br />

Frauen weniger von Menschen, die<br />

einmal stationär psychiatrisch behandelt<br />

wurden und 63,9 Prozent<br />

haben etwas dagegen, einen ehemaligen<br />

Patienten zum Freund zu haben.<br />

Dabei ist eine schizophrene Erkrankung<br />

nicht so selten, wie viele vermuten:<br />

In Deutschland erkranken<br />

rund 800.000 Personen mindestens<br />

einmal in ihrem Leben an einer Schizophrenie,<br />

die meisten zwischen dem<br />

18. und 24. Lebensjahr. In <strong>München</strong><br />

sind 13.000 Menschen betroffen.<br />

EINE KRANKHEIT WIE DIABETES<br />

Dabei ist die Krankheit durchaus<br />

kontrollierbar und „gut behandelbar“,<br />

so Professor Hans Jürgen Möller,<br />

Direktor der Psychiatrischen Klinik<br />

der LMU. Auch das Vorurteil, das<br />

Betroffene gewalttätig seien und<br />

nicht arbeiten könnten, trifft nicht<br />

zu: „Schizophrenie ist eine Krankheit<br />

wie Diabetes“, erklärt er, „und wer<br />

regelmäßig Medikamente nimmt,<br />

verhält sich normal und kann arbeiten.“<br />

Professor Möller hat vor gut<br />

einem Jahr die Anti-Stigma-Aktion<br />

<strong>München</strong> (ASAM) mit angestoßen.<br />

Mit ihrem Programm will ASAM Bürger<br />

aufklären, Vorurteile abbauen und<br />

„damit das Verhalten und die Einstellung<br />

der Menschen verändern, um<br />

eine Verbesserung der Akzeptanz des<br />

Einzelnen zu erreichen“, erklärt die<br />

Psychologin Petra Decker von ASAM.<br />

Die Anti-Stigma-Aktion versucht<br />

auf verschiedenen Feldern, zum Beispiel<br />

mit Vorträgen, Podiumsdiskussionen<br />

und einem Schülerwettbewerb<br />

zusammen mit Redakteuren<br />

von Schülerzeitungen, gegen die<br />

Stigmatisierung anzugehen. Zurzeit<br />

wirbt ASAM mit ihrer Plakataktion<br />

„Künstler gegen Stigma“ in den <strong>München</strong>er<br />

U-Bahnen mit den Namen<br />

prominenter Künstler, „um damit auf<br />

die Diskriminierung psychisch Kranker<br />

aufmerksam zu machen“, sagt<br />

Decker. Dabei würde noch nach einer<br />

charismatischen Persönlichkeit gesucht,<br />

„die sich als Zugpferd vor<br />

unsere Kampagne stellt.“ Die ist<br />

noch nicht gefunden, denn auch<br />

Prominente haben Angst davor, sich<br />

als schizophren zu outen: „Auch sie<br />

haben Nachteile, wenn sie mit ihrer<br />

Krankheit an die Öffentlichkeit gehen“,<br />

sagt Decker.<br />

1 Im August zeigt die Anti-Stigma-<br />

Aktion (ASAM) den Film „A beautiful<br />

mind“ (Foto li.) über den schizophrenen<br />

Nobelpreisträger John<br />

Nash. Auf ASAM-Plakaten werben<br />

Künstler für mehr Verständnis.<br />

FILME GEGEN VORURTEILE<br />

Dafür intensiviert ASAM ihre Aktivitäten.<br />

Im Sommer wird die Plakataktion<br />

in der Innenstadt fortgesetzt,<br />

und vom 19. bis 21. August werden<br />

die Filme „A beautiful mind“, „Iris“<br />

und „Ich habe Dir nie einen Rosengarten<br />

versprochen“ während der<br />

<strong>München</strong>er Filmkunstwochen im<br />

Neuen Rottmann-Kino (jeweils ab<br />

20 Uhr) gezeigt. „Diese Filme befassen<br />

sich mit dem Thema Schizophrenie“,<br />

erzählt Petra Decker, „und<br />

nach der Vorführung gibt es eine<br />

Diskussion.“ Am 25. Juli bietet ASAM<br />

einen Vortrag von Dr. Ulrike Hoffmann-Richter<br />

zum Thema „Psychiatrie<br />

in der Zeitung – Urteile und<br />

Vorurteile“ an. Die Veranstaltung ist<br />

Teil einer Vorlesungsreihe, die stets<br />

im Hörsaal der Psychiatrischen Klinik<br />

in der Nussbaumstrasse 7 stattfindet.<br />

ASAM-Höhepunkt dieses<br />

Jahres wird im Dezember eine Ausstellung<br />

mit Lithografien von Günter<br />

Grass in der Psychiatrischen Klinik<br />

sein. ■ kg<br />

Fotos: LMU/UIP<br />

MUM 03/2002 PROFILE<br />

17


MUM 03/2002 PR0FILE<br />

18<br />

Foto: LMU<br />

WER WAGT, GEWINNT<br />

DAS GRÜNDERBÜRO<br />

DER LMU FÖRDERT<br />

UNTERNEHMERMUT<br />

<strong>München</strong>er Business Plan Wettbewerb,<br />

Hochsprung, 5-EURO-<br />

Business – wer an der <strong>Ludwig</strong>-<br />

<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> Rat und<br />

Informationen zur Gründung eines<br />

Start-Up oder Förderangebote<br />

sucht, dem bieten sich verschiedene<br />

Möglichkeiten. Und<br />

was auf den ersten Blick verwirrend<br />

erscheint, entpuppt sich<br />

schnell als logisches System zur<br />

Förderung von Studierenden und<br />

wissenschaftlichen Mitarbeitern.<br />

„Das LMU-Gründerbüro ist Dachmarke<br />

der Programme und Förderungen,<br />

die die <strong>Universität</strong> <strong>München</strong><br />

anbietet“, erklärt Christoph<br />

Zinser vom Gründerbüro. Er und seine<br />

zwei Kollegen verstehen sich als<br />

zentrale Anlaufstelle für alle Unter-<br />

1 Kultusminister Zehetmair unterstützt<br />

die Gründerinitiativen.<br />

nehmensgründer an der LMU. Als<br />

Einrichtung der Kontaktstelle für<br />

Technologietransfer (KFT), einem<br />

Referat der zentralen <strong>Universität</strong>sverwaltung,<br />

unterstützen sie kostenfrei<br />

Studierende aller Fachrichtungen,<br />

wissenschaftliche Mitarbeiter<br />

und Professoren bei Existenzgründervorhaben<br />

mit Informationen,<br />

Beratungen, Seminaren und<br />

Kontaktvermittlungen.<br />

BEIM GRÜNDERTAG MIT DABEI<br />

Wichtig sei dabei, so Dirk Erfurth, der<br />

das Förderprogramm HOCHSPRUNG<br />

betreut, dass „wir aktiv auf die Leute<br />

zugehen“. Deshalb sind Erfurth<br />

und seine Kollegen auch einmal pro<br />

Woche in Großhadern auf dem<br />

HighTechCampus LMU und waren auch<br />

beim Bayerischen Hochschul-Gründertag<br />

am 11. Juni in der Münchner<br />

Residenz mit einem eigenen Stand<br />

dabei, um über alle Fördermöglichkeiten<br />

zu informieren. Diese reichen<br />

vom Projekt „5-Euro-Business“, das<br />

Studierenden der Geistes- und<br />

Sozialwissenschaften Einblicke als<br />

Unternehmer verschafft, bis zum<br />

<strong>München</strong>er Business Plan Wettbewerb,<br />

aus dem mittlerweile rund 20<br />

erfolgreiche Ausgründungen der<br />

LMU entstanden sind, die zum Teil<br />

noch immer vom Gründerbüro<br />

betreut werden.<br />

Foto: LMU / Haak & Nakat<br />

Eine dieser Ausgründungen ist<br />

SiREEN, ein Biotechnologie-Start-<br />

Up, das in der Arzneimittel-Forschung<br />

tätig ist. Die Zusammenarbeit<br />

begann während des Business<br />

Plan Wettbewerbs 1999/2000. „Damals<br />

haben wir Christoph Zinser<br />

kennen gelernt“, erzählt Michael<br />

Schäffer, CEO der SiREEN AG. Seitdem<br />

stehen die Wissenschaftler im<br />

regelmäßigen Kontakt mit der KFT.<br />

Für Schäffer war das enorm wichtig,<br />

denn SiREEN bekam Probleme:<br />

„Wir sind zeitlich in eine wirtschaftlich<br />

ungünstige Phase gerutscht”.<br />

Die Weiterentwicklung der Geschäftsidee<br />

durfte aber nicht ruhen,<br />

und so vermittelte ihnen Zinser das<br />

bayerische FLÜGGE-Programm, das<br />

Hochschulabsolventen und -mitarbeiter<br />

in der ersten Phase einer<br />

Unternehmensgründung finanziell<br />

unterstützt. Das gab Schäffer die<br />

Chance, zugleich an der LMU und<br />

für die eigene Firma tätig zu sein.<br />

Durch diese Hilfe sieht sich der<br />

Unternehmer aber auch in der<br />

Pflicht. Denn viele Innovationen, die<br />

in die Firma eingebracht würden,<br />

kämen von der LMU. Deshalb sei es<br />

wichtig für ihn, so Schäffer, der Uni<br />

auch wieder etwas zurückzugeben<br />

– als Leiter einer Arbeitsgruppe von<br />

Professor Michael Hallek am Klinikum<br />

Großhadern. ■ kg<br />

WHO IS WHO<br />

IM LMU-GRÜNDERBÜRO<br />

• 5-Euro-Business: Bei dem<br />

praxisorientierten Wettbewerb<br />

können sich Geistes- und Sozialwissenschaftler<br />

während eines<br />

Semesters als Unternehmer versuchen.<br />

Mit einem Startkapital<br />

von fünf Euro entwickeln sie im<br />

Team eine Geschäftsidee für den<br />

realen Markt. Damit bekommen<br />

Studierende die Möglichkeit, sich<br />

einen Einblick in wirtschaftliche<br />

Zusammenhänge zu verschaffen<br />

und sich möglicherweise eine<br />

neue Perspektive für das weitere<br />

Berufsleben zu erschließen.<br />

www.5-Euro-Business.de<br />

• <strong>München</strong>er Business Plan<br />

Wettbewerb (MBPW): Beim<br />

MBPW – eine Kooperation zwischen<br />

bayerischem Wirtschaftsministerium,<br />

Firmen und Hochschulen<br />

– sollen Teilnehmer aus<br />

ihrer Geschäftsidee ein tragfähiges<br />

Unternehmenskonzept (business<br />

plan) erarbeiten. Das LMU-<br />

Gründerbüro ist Projektbeteiligter<br />

und Ansprechpartner für<br />

Teilnehmer der LMU.<br />

www.mbpw.de<br />

• HOCHSPRUNG / Gründer-<br />

Regio M: Das „HochschulProgramm<br />

für UnternehmensGründungen“<br />

der Bayerischen High-<br />

Tech-Offensive unterstützt Hochschulangehörige<br />

auf ihrem Weg<br />

in die Selbstständigkeit. Gemeinsam<br />

mit anderen Gründerbüros<br />

der Region <strong>München</strong> ist<br />

das der LMU darüber hinaus im<br />

Förderverein „GründerRegio M“<br />

zusammengeschlossen.<br />

www.hoch-sprung.de,<br />

www.gr-m.de<br />

• FLÜGGE: Das „Förderprogramm<br />

zum leichteren Übergang<br />

in eine Gründerexistenz“<br />

(FLÜGGE) des bayerischen Wissenschaftsministeriums<br />

hilft Absolventen<br />

und wissenschaftlichen<br />

Mitarbeitern in die Selbstständigkeit.<br />

Das LMU-Gründerbüro<br />

berät und unterstützt bei<br />

der Antragstellung und hat darüber<br />

hinaus die bayernweite<br />

Projektträgerschaft inne.<br />

www.fluegge-bayern.de


Fotos: LMU / Haak & Nakat<br />

DEIN FREUND UND HELFER<br />

IT-GRUPPE LÖST EDV-PROBLEME<br />

DER GEISTESWISSENSCHAFTLER<br />

Wie bitte? Das entscheidende Dokument<br />

für den Vortrag lässt sich<br />

nicht öffnen, und der Internet-<br />

Zugang funktioniert auch nicht!<br />

Und eigentlich müsste für die Präsentation<br />

unbedingt noch ein Foto<br />

eingescannt werden... Wer in<br />

den geisteswissenschaftlichen Fakultäten<br />

der LMU, etwa den Geschichts-<br />

oder den Sprachwissenschaften,<br />

mit seinem Computer<br />

kämpft, dem steht die IT-Gruppe<br />

Geisteswissenschaften bei. Das<br />

überfakultäre Team unterstützt<br />

die Forscher bei der Konzeption<br />

und Organisation aller EDV-bezogenen<br />

Projekte – und hilft, wenn<br />

es irgendwo hakt und klemmt.<br />

„Vor allem die Einbindung der so<br />

genannten kleinen Fächer wie der<br />

Assyrologie oder Byzantinistik liegt<br />

uns am Herzen“, erklärt Dr. Christian<br />

Riepl, Leiter der IT-Gruppe.<br />

„Durch die Zusammenarbeit mit<br />

anderen Instituten können auch sie<br />

angemessen vom technischen Fortschritt<br />

profitieren.“ Inzwischen werden<br />

60 Institute und Einrichtungen<br />

der Fakultäten für Theologie, für Geschichts-<br />

und Kunstwissenschaften,<br />

für Kulturwissenschaften sowie<br />

Sprach- und Literaturwissenschaften<br />

an insgesamt 26 Standorten in<br />

Sachen EDV von einer zentralen<br />

Stelle betreut. In den frisch bezogenen<br />

Räumen der IT-Gruppe in der<br />

Münchner <strong>Ludwig</strong>straße feilt man<br />

nicht nur an Konzepten, auch die<br />

nötige Hardware steht bereit. Hier<br />

gibt es einen neuen Arbeitsplatz mit<br />

Videoschnittstelle, Dozentinnen und<br />

Dozenten können in der <strong>Ludwig</strong>straße<br />

auch Beamer, Laptop und Digitalkamera<br />

ausleihen.<br />

In erster Linie ist die IT-Gruppe<br />

aber Dienstleister fürs Projektmangement:<br />

Mitarbeiter der Kunstgeschichte<br />

entwickeln zurzeit zusammen<br />

mit den EDV-Fachleuten die<br />

digitale Bilddatenbank PROME-<br />

THEUS. Erfasst werden Kunstwerke<br />

aller Art, die von Dozenten für Lehrveranstaltungen<br />

abgerufen werden<br />

können. Geplant ist hier der Zusammenschluss<br />

mit anderen deutschen<br />

<strong>Universität</strong>en zu einer nationalen<br />

Datenbank. Sie soll die Diatheken<br />

der einzelnen Hochschulen ablösen.<br />

Erfolgreich genutzt werden<br />

schon die Sprachanalyseprogramme<br />

SALOMO und AMOS zur Untersuchung<br />

althebräischer Texte. Besonders<br />

bei diesen Projektarbeiten<br />

zahle es sich aus, dass fast alle Mitarbeiter<br />

der IT-Gruppe selbst aus<br />

den Geisteswissenschaften stammen,<br />

meint IT-Gruppen-Chef Riepl.<br />

„Wir können uns leichter in die Anliegen<br />

und Notwendigkeiten dieser<br />

Fächer eindenken und die entsprechenden<br />

Lösungen dann im EDV-<br />

Bereich umsetzen.“<br />

HIEROGLYPHEN AM<br />

COMPUTER ENTSCHLÜSSELN<br />

Mit der Datenbank des Projekts<br />

„Deir el Medine“ haben Forscher seit<br />

einiger Zeit auf alte ägyptische Tonscherben<br />

mit Hieroglyphenschrift<br />

direkten Zugriff. Jede Scherbe ist<br />

auf einem Foto festgehalten sowie<br />

einheitlich und detailliert beschrieben:<br />

Die Hieroglyphenschrift wird<br />

graphisch dargestellt, phonetisch<br />

transkribiert und der gesamte Text<br />

übersetzt und kommentiert. Sogar<br />

einzelne Wortelemente sind hier analysiert.<br />

Der Vorteil gegenüber einer<br />

Print-Veröffentlichung: Texte<br />

lassen sich abfragen, grammatische<br />

Analysen und Textdetails bequem<br />

suchen. Auch bei der Erst-Analyse<br />

weiterer Texte leistet die Datenbank<br />

gute Dienste. Taucht etwa ein Element<br />

auf, das bereits analysiert<br />

wurde, dann macht das System den<br />

Benutzer gleich darauf aufmerksam.<br />

So wird eine einheitliche Übersetzung<br />

der zahlreichen Schriften gewährleistet.<br />

Noch gibt es viel zu tun:<br />

Erst 200 der insgesamt 10.000<br />

Fundstücke wurden bislang erfasst.<br />

Die IT-Gruppe hat darüber hinaus<br />

weitere Pläne: Auch sie arbeitet<br />

an einem Pilotprojekt als möglicher<br />

Einstieg in eine so genannte Notebook-University,<br />

wie sie die Bundesregierung<br />

derzeit propagiert und<br />

an verschiedenen Hochschulen bereits<br />

finanziell unterstützt. Bei dem<br />

Projekt der IT-Gruppe dient ein Laptop<br />

mit Funkkarte als mobiler Server,<br />

mit dem Clientgeräte über eine<br />

Funkverbindung Kontakt halten.<br />

Das kleine Netzwerk kann beispielsweise<br />

bei Ausgrabungen der Archäologen<br />

eine große Hilfe sein:<br />

Arbeiten Mitarbeiter über ein großes<br />

Areal verstreut, können sie über den<br />

Server Mails austauschen oder bereits<br />

gesammelte Informationen abrufen.<br />

Derzeit laufen drei kleine Pilotprojekte<br />

für die Klassische Archäologie<br />

sowie die Vor- und Frühgeschichte.<br />

„Ein Projekt mit großem<br />

Potenzial“, prophezeit Dr. Christian<br />

Riepl. ■ zuk<br />

IT-Gruppe<br />

Geisteswissenschaften<br />

<strong>Ludwig</strong>str. 28<br />

Hotline für Mitarbeiter der<br />

geisteswissenschaftlichen<br />

Fakultäten und studentische<br />

Hilfskräfte (Mo.- Fr., 9.15-12<br />

Uhr und 13-16 Uhr):<br />

Tel. 2180-6400<br />

MUM 03/2002 PROFILE<br />

19


MUM 03/2002 PR0FILE<br />

20<br />

Von der „Genetik des erblichen<br />

kolorektalen Karzinoms“ über die<br />

„Ab-Initio-Moleküldynamik“ bis<br />

zu den „Ersten Politikerinnen im<br />

Bayerischen Landtag“: Ein breites<br />

Themenspektrum mit hochkarätigen<br />

Forschungsergebnissen bot<br />

sich den Teilnehmenden eines<br />

Kolloquiums zu Semesterbeginn.<br />

Eingeladen hatte die <strong>Universität</strong>sfrauenbeauftragte<br />

Professor<br />

Dr. Ulla Mitzdorf – und das aus<br />

gutem Grund. Denn die Wissenschaftlerinnen,<br />

die dort ihre Forschungsergebnisse<br />

präsentierten,<br />

wurden alle durch die so genannten<br />

Frauen fördernden Maßnahmen<br />

des Hochschulsonderprogramms<br />

(HSP) in ihrer Arbeit<br />

unterstützt.<br />

Die acht Vorträge waren dabei nur<br />

eine kleine Auswahl. Seit Beginn des<br />

Programms bis zum vorläufigen<br />

Abschluss Ende 2001 wurden insgesamt<br />

rund 250 Forschungsprojekte<br />

allein an der LMU finanziell<br />

bezuschusst. „Es war mir ein Anlie-<br />

Foto: LMU<br />

RAN AN DIE TÖPFE<br />

FRAUENFÖRDERUNG SORGT FÜR<br />

MEHR CHANCENGLEICHHEIT<br />

gen“, so Mitzdorf, „zum Ende dieser<br />

Phase der Öffentlichkeit zu präsentieren,<br />

was für ein Potenzial an<br />

unserer <strong>Universität</strong> schlummert.“<br />

Das HSP – ein Bund-Länder-Programm<br />

– wurde 1989 initiiert und als<br />

Ergänzung 1990 (HSP II) und 1996<br />

(HSP III) jeweils neu aufgelegt.<br />

Ziel war es, ganz unterschiedliche<br />

Schwerpunkte an den Hochschulen<br />

zu fördern. Einer der Förderschwerpunkte<br />

war ab 1990 die „insbesondere<br />

Frauen fördernden Maßnahmen“.<br />

Die damit finanzierten Programme<br />

wurden von den einzelnen Ländern<br />

unterschiedlich ausgestaltet.<br />

IM MITTELPUNKT: DIE<br />

POST-DOC-FÖRDERUNG<br />

Seit Anfang 2001 hat das HSP nun<br />

seine Fortsetzung gefunden im<br />

so genannten Hochschulwissenschaftsprogramm<br />

HWP „Chancengleichheit<br />

für Frauen in Forschung<br />

und Lehre“. Dort wurden neue<br />

Bedingungen und Förderziele formuliert,<br />

aber ein in Bayern von<br />

Beginn an zugrunde gelegtes Prin-<br />

zip beibehalten: Hier lag nämlich der<br />

Fokus neben der Promotionsförderung<br />

vor allem auf der Förderung<br />

von Frauen nach der Promotion. Die<br />

Initiierenden meinten, es sei wahrscheinlicher,<br />

den verschwindend<br />

geringen Prozentsatz von Professorinnen<br />

zu erhöhen – eines der wichtigsten<br />

messbaren Ziele von Gleichstellungsförderung<br />

–, wenn man<br />

aussichtsreiche Wissenschaftlerinnen<br />

in der Post-Doc-Phase finanziell<br />

unterstütze und damit motiviere,<br />

sich weiter ihrer Forschung zu<br />

widmen. Üblicherweise fällt vor<br />

allem nach der Promotion die Entscheidung<br />

für oder gegen eine Laufbahn<br />

in der Wissenschaft.<br />

Zudem berücksichtigt das Programm<br />

auch die spezifische Doppelbelastung<br />

von Frauen, die meist mit<br />

Familienarbeit und Kindererziehung<br />

mehr zu kämpfen haben, durch die<br />

Anrechnung von Kindererziehungszeiten<br />

und Kinderbetreuungszuschlägen.<br />

„Die dringend nötigen<br />

Plätze in Kindergärten oder eine<br />

Kindertagesstätte können wir aller-<br />

dings damit nicht ersetzen“, so die<br />

Frauenbeauftragte.<br />

Ob die Frauen, die sich bewerben,<br />

aussichtsreiche Kandidatinnen für<br />

eine Hochschullaufbahn sind, müssen<br />

sie in einem Auswahlverfahren<br />

beweisen. Dazu gehören verschiedene<br />

Gutachten und ein Auswahlgremium<br />

mit der Stimme der Frauenbeauftragten<br />

und vorab ein Beratungsgespräch.<br />

Warum aber gibt es überhaupt<br />

ein eigenes Förderprogramm für<br />

Frauen? Manche sehen darin die<br />

Gefahr, dass Wissenschaftlerinnen<br />

„abgeschoben“ würden und ihren<br />

männlichen Kollegen andere übliche<br />

Wege der Laufbahnfinanzierung<br />

vorbehalten blieben. „Das ist die Krux<br />

dieser Form von Frauenförderung“,<br />

meint die Frauenbeauftragte. „Sie ist<br />

dringend nötig, um eine Gleichheit<br />

herzustellen. Das Ziel muss aber sein,<br />

dass sie in absehbarer Zeit überflüssig<br />

ist.“ ■ dir<br />

Infos zum HWP unter www2.unimuenchen.de/frauenbeauftragte/


1 Eine Stele, Wandmalerei (großes Foto) und ein Stahlpodest bilden die<br />

dreiteilige Installation von Julia Mangold.<br />

1 Das Objekt von James Reineking auf dem Campus in Großhadern.<br />

KUNSTSCHÄTZE<br />

AN DER LMU<br />

Grafiken und Gemälde, Installationen und Fotografien, in Stein<br />

gehauene Botschaften – die <strong>Universität</strong> <strong>München</strong> ist auch eine<br />

Galerie für Kunstwerke. MUM präsentiert diese Schätze und zeigt,<br />

wo sie zu finden sind. Nicht jeder, der in den 1998 bezogenen<br />

Gebäuden der Fakultät für Chemie und Pharmazie der LMU arbeitet,<br />

ist begeistert von den Skulpturen, die auf dem Campus in<br />

<strong>München</strong>-Großhadern aufgestellt wurden.<br />

„Die Geschmäcker sind verschieden“, sagt Dr. Wolfgang Storch<br />

vom Lehrbereich Anorganische Chemie, „aber ich denke, Kunst am<br />

Bau sollte anregen und nicht unbedingt aufregen“. Die Kunst wurde<br />

hier aber doch zum Aufreger: Besonders umstritten unter den<br />

Chemikern und Pharmazeuten ist ein Objekt der Künstlerin Julia<br />

Mangold. Eigentlich soll ihre dreiteilige Rauminstallation eine<br />

Brücke zwischen den verschiedenen Bauten schlagen. Stattdessen<br />

finden viele, dass die zu dem Kunstwerk gehörende, sechs mal zwei<br />

Meter messende, schwarze Stahlskulptur in Haus D vor allem Platz<br />

verschwende. „Wir bräuchten dringend eine kleine Pausenecke für<br />

die Studierenden“, sagt Dr. Wolfgang Storch. Der „Sarg“ in der<br />

Eingangshalle nähme da nur unnötig Fläche weg. Zudem sei die<br />

Installation als solche nicht zu erkennen. „Nicht mal für eine<br />

erklärende Plakette hat es gereicht.“<br />

Als Aufreger Nummer 2 ist die ringförmige Stahlskulptur von<br />

James Reineking in die Geschichte der Fakultät eingegangen. Die<br />

Skulptur steht, und zwar dort, wo der Künstler sie positioniert hat:<br />

auf dem kleinen Platz vor den Hörsälen. Das ist nicht selbstverständlich.<br />

Denn das massive Objekt versperrt die Schwertransporter-Zufahrt<br />

zu einer Flüssigstickstoffanlage der Chemiker. Da<br />

der Stahlkoloss von einigen Fakultätsangehörigen gar nicht als<br />

Kunstwerk identifiziert wird, war man schon drauf und dran, das<br />

„Altmetall” abzutransportieren. Nach langer Diskussion steht fest:<br />

Der Stickstoff muss der unverrückbaren Skulptur weichen. Nun<br />

wird nur noch ein verbliebener Tank auf dem Campus mit Nitrogenium<br />

befüllt. Längere Wege – zum Wohle der Kunst. ■ oh<br />

Fotos: Maria Dorner<br />

MUM 03/2002 KUNSTSCHÄTZE<br />

21


MUM 03/2002 STUDIUM<br />

22<br />

Fotos: Sibylle Endres / Haak & Nakat<br />

SERIE: NACHWUCHSJOURNALISTEN<br />

AN DER LMU (TEIL 1)<br />

STEINHAUSEN UNTER DRUCK<br />

Es ist ein sonniger Tag Mitte Mai,<br />

und die Fahnen am Eingang zum<br />

Druckzentrum des Süddeutschen<br />

Verlags (SV) in <strong>München</strong>-Steinhausen<br />

flattern leise im Wind.<br />

Ein ruhiger Dienstagnachmittag.<br />

Zu ruhig. Zwei Arbeiter haben<br />

sich am Haupttor postiert,<br />

stündlich werden sie abgelöst.<br />

Hier ist kein Durchkommen<br />

mehr: Warnstreiks im bayerischen<br />

Druckgewerbe.<br />

Leopold Ferdus, einer der Streikenden,<br />

ist seit mehr als 32 Jahren im<br />

Druckzentrum beschäftigt. Und<br />

obwohl er in 14 Tagen in Rente<br />

gehen wird, zeigt er sich solidarisch<br />

und setzt sich zusammen mit Peter<br />

Seuftl, einem Maschinenführer, für<br />

die Sache der Drucker ein. „Durch<br />

die Schichtarbeit ist kein geregeltes<br />

Leben mehr möglich“, klagt Ferdus.<br />

„Da muss wenigstens ein<br />

angemessener Lohn für Ausgleich<br />

sorgen.“ Ein Plus von 6,5 Prozent<br />

für zwölf Monate Laufzeit fordert<br />

die Dienstleistungsgewerkschaft<br />

ver.di und ruft deshalb auch die<br />

rund 750 Beschäftigten des SV-<br />

Druckzentrums wiederholt zum<br />

Warnstreik auf.<br />

Dem Ausstand zum Trotz rotieren<br />

allerdings auch an diesem Tag<br />

in Steinhausen die Druckmaschi-<br />

nen. „Die Schichtführer und die<br />

Abteilung Zeitungsrotation übernehmen<br />

die Arbeit von den Helfern<br />

und Druckern. Den Versand regeln<br />

die Versand-Schichtführer und vor<br />

allem Abrufkräfte, die nicht zum<br />

regulären Arbeiterstamm gehören“,<br />

erklären die Streikposten. In den<br />

Innenhof des Geländes schlendern<br />

immer mehr Arbeiter, die es sich<br />

unter dem aufgestellten Pavillon<br />

auf Bierbänken gemütlich machen.<br />

Die Stimmung ist ausgelassen, Bier<br />

und Grillwürste schmecken – aber<br />

auch der Grimm ist spürbar. Viele<br />

haben an ihre Hemden Buttons mit<br />

der Aufschrift „Ich bin stolz, kein<br />

Streikbrecher zu sein!“ gepinnt. Wie<br />

wird die Süddeutsche Zeitung, die<br />

ab 18 Uhr in Druck geht, aussehen?<br />

„Dünner, mit einer etwas verringerten<br />

Farbigkeit. Auch das Layout<br />

wird einfacher sein“, sagt der stellvertretendeBetriebsratsvorsitzende<br />

Adalbert Schmid. Aufmerksame<br />

Leser werden am nächsten Tag auf<br />

der SZ-Titelseite folgenden Hinweis<br />

finden: „Ein Warnstreik in der<br />

Druckindustrie hat die Produktion<br />

der Süddeutschen Zeitung beeinträchtigt.<br />

Deshalb erscheint diese<br />

Ausgabe nicht mit dem ursprünglich<br />

geplanten Umfang und nicht<br />

mit der gewohnten Gliederung und<br />

Aktualität. Wir bitten unsere Leser<br />

und Anzeigenkunden um Verständnis.“<br />

Ähnliche Meldungen finden<br />

sich auch an den folgenden Tagen.<br />

ZÄHE VERHANDLUNGEN<br />

Die Arbeitgeber halten sich<br />

währenddessen bedeckt. An der<br />

Pforte am Haupteingang ist für<br />

Journalisten Endstation. Auch telefonisch<br />

ist der Geschäftsführer<br />

des SV-Druckzentrums, Reinhard<br />

Lorch, zu keiner Stellungnahme<br />

bereit. Der Bundesverband Druck<br />

und Medien weist die Forderungen<br />

der Arbeitnehmer als „drastisch zu<br />

hoch“ zurück, ist dem Internet zu<br />

entnehmen.<br />

Acht Tage später ist alles vorbei.<br />

Nach sieben zähen Verhandlungsrunden<br />

haben sich die Gewerkschafter<br />

von ver.di und die Druck-<br />

Arbeitgeber in Frankfurt am Main<br />

1 Streik im Druckzentrum der SZ<br />

Foto: Sibylle Endres<br />

geeinigt. Die 220.000 Beschäftigten<br />

der Druckindustrie bekommen<br />

rückwirkend zum 1. Mai 3,4 Prozent<br />

mehr Lohn und Gehalt sowie<br />

eine Einmalzahlung von 43 Euro<br />

für April. Auch die Beschäftigten<br />

des SV-Druckzentrums haben in<br />

den nächsten zwölf Monaten mehr<br />

Geld im Portemonnaie. Nur Leopold<br />

Ferdus nicht. Der ist jetzt Rentner.<br />

■ Sibylle Endres<br />

„Zeitungspraktikum“ lautet der<br />

Titel eines Seminars am Institut<br />

für Kommunikationswissenschaften<br />

der LMU. KW-Studierende<br />

mit dem Berufswunsch<br />

Journalist können hier erste<br />

praktische Erfahrungen sammeln:<br />

Nachrichten bewerten,<br />

recherchieren und redigieren, mit<br />

Layouts arbeiten, Überschriften<br />

titeln, Reportagen schreiben. Das<br />

Know-how dazu kommt aus<br />

erster Hand: Die Dozenten sind<br />

Journalisten mit langjähriger<br />

Praxiserfahrung. Besonders<br />

gelungene Texte der Nachwuchsjournalisten,<br />

die im Rahmen<br />

dieses Seminars entstehen,<br />

veröffentlicht das Münchner<br />

Uni.<strong>Magazin</strong> künftig in loser<br />

Folge. ■ gl


Foto: LMU<br />

HIER SPIELT DIE MUSIK<br />

LMU-ENSEMBLES<br />

VON BACH BIS BEAT<br />

„Stopp, stopp, stopp!“ ruft Hans<br />

Rudolf Zöbeley und reißt die<br />

Arme in die Höhe. „Die punktierten<br />

Achtel bitte nicht aussingen!“<br />

Der weißhaarige Herr steht, den<br />

Knoten seiner Krawatte gelockert,<br />

auf einem Podest neben dem Flügel<br />

in der kleinen Aula der LMU.<br />

Um ihn schart sich der gemeinsame<br />

Unichor der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />

<strong>München</strong> und<br />

der Technischen <strong>Universität</strong> <strong>München</strong>.<br />

„Noch mal. Tuttiiiii!“, ruft<br />

er und hebt die Hände. Hundertfünfzig<br />

Augenpaare folgen ihnen<br />

– eine kleine Geste, und aus hundertfünfzig<br />

Kehlen schallt: „Jeru–salem“.<br />

Nur wenige Takte, der<br />

Chorleiter schwingt die Arme,<br />

bricht wieder ab, diesmal begeistert:<br />

„Ha! Super. Wird gut, wird<br />

gut.“ Seit 1969 leitet Zöbeley, der<br />

frühere Kirchenmusikdirektor der<br />

evangelischen Bischofskirche St.<br />

Matthäus, den Münchner<br />

Unichor. Sein Ensemble ist eines<br />

von knapp einem Dutzend Angeboten<br />

für Studierende der LMU,<br />

die, jenseits von Seminar und<br />

Bibliothek, ihre Freizeit an der Uni<br />

musikalisch gestalten wollen.<br />

Zweimal im Jahr bereiten die Sänger<br />

des Unichors zwei Werke für das<br />

große Konzert vor, das stets zum<br />

Semesterende stattfindet. In diesem<br />

Sommer haben Zöbeley und die<br />

fünfzehn Studierenden des Chorvorstandes<br />

Wolfgang Amadeus<br />

Mozarts „Davide penitente“ und<br />

„Cantata Misericordium“ von Benjamin<br />

Britten ausgewählt.<br />

VORSINGEN IST PFLICHT<br />

Allwöchentlich dienstags um 19 Uhr<br />

probt das Ensemble; bei einem<br />

Chorwochenende vor den Auftritten<br />

wird noch einmal besonders intensiv<br />

geübt. „Wenn man bei den Konzerten<br />

mit hundertfünfzig anderen<br />

laut singt und das Orchester alles<br />

begleitet, ist das ein unbeschreibliches<br />

Gefühl“, erzählt Holger<br />

Emmert, der Betriebswirtschaft und<br />

Wirtschaftspolitik studiert hat. Der<br />

29-Jährige war früher im Kirchenchor,<br />

spielt Klavier und Posaune und<br />

singt seit zwei Jahren unter Zöbeleys<br />

Fittichen. Ania Tennemann ist<br />

schon ein Jahr länger dabei. Die 25jährige<br />

Lehramtsstudentin schätzt<br />

am Unichor besonders den<br />

Anspruch, Werke zu singen, an die<br />

sich andere Chöre nicht wagen.<br />

„Außerdem lernt man hier leicht<br />

Leute kennen“, findet sie. „Nach den<br />

Proben gehen wir fast immer noch<br />

in eine Kneipe.“<br />

Der Chor steht allen offen.<br />

„Noten sollte man allerdings schon<br />

lesen können“, meint Holger<br />

Emmert. Außerdem müssen neue<br />

Mitglieder zu Semesterbeginn vorsingen.<br />

„Natürlich war ich aufgeregt“,<br />

erinnert sich Ania Tennemann.<br />

„Aber es war halb so schlimm.“ Das<br />

Vorsingen schließe sich unmittelbar<br />

an die Proben an und man müsse,<br />

begleitet vom Klavier, nur das vortragen,<br />

was geübt worden sei. „Trifft<br />

man trotzdem den Ton nicht auf<br />

Anhieb, darf man es noch mal versuchen“,<br />

sagt sie. Mut und Engagement<br />

lohnen sich. Regelmäßig laden<br />

andere <strong>Universität</strong>en den Chor ein.<br />

Die Studierenden waren schon im<br />

westfälischen Münster und auch in<br />

Athen und Prag. Im kommenden<br />

Wintersemester steht ein Austausch<br />

mit dem Chor der Uni Bologna an.<br />

Sänger finden an der LMU aber<br />

auch musikalische Alternativen zum<br />

Unichor. Dr. Kiwha Kim gründete<br />

1995 das Renaissance-Vokalensemble<br />

der <strong>Universität</strong> <strong>München</strong>. „Der<br />

Unichor ist sehr groß und ich dachte,<br />

da müsste es noch etwas Kleineres<br />

geben“, erinnert sie sich. Nur<br />

zwölf Leute singen im Renaissance-<br />

Vokalensemble, das vor allem Acapella-Stücke<br />

aus dem Bereich der<br />

Alten Musik einübt. Kim leitet auch<br />

die Kammermusikgruppe „Concentus<br />

Academicus“. „Ich stehe aber<br />

nicht vorne und dominiere die sie-<br />

DAS MUSIKALISCHE<br />

ANGEBOT DER LMU<br />

• Unichor <strong>München</strong>:<br />

Dr. Hans Rudolf Zöbeley, Telefon<br />

659310, www.unichor.de<br />

• Renaissance-Vokalensemble /<br />

Concentus Academicus:<br />

Dr. Kiwha Kim, Telefon 3148665<br />

• Big Band / Combo: Prof. Joe<br />

Viera, Telefon 2180-5264<br />

• Chor-Vokal-Ensemble: Martin<br />

Zöbeley, Telefon 5380147<br />

• Symphonia Nova Orchester:<br />

Isabel Mayagoitit-Strauß,<br />

Telefon 90937909,<br />

www.symphonia-nova.de<br />

• Kammerorchester:<br />

Frank Helferich,<br />

Telefon: 2180-5264<br />

• Kammerchor: Michael Prager,<br />

Telefon: 2180-5264<br />

• Abaco-Orchester <strong>München</strong>:<br />

Markus Poschner,<br />

Telefon 33995671,<br />

www.abaco.uni-muenchen.de<br />

• Sinfonietta: Hartmut Zöbeley,<br />

Telefon 3005568<br />

• Junge Münchner<br />

Symphoniker: Bernhard Koch,<br />

Telefon 2712010<br />

•Palestrina Ensemble<br />

<strong>München</strong>: Ltd. Akad. Direktor<br />

Dr. Venanz Schubert, Telefon<br />

98290209, www.palestrinaensemble.de<br />

Konzerttermine finden sich in<br />

den LMU-Broschüren „Veranstaltungskalender“<br />

und „Konzerte<br />

in der Aula“, die kostenfrei in<br />

den Gebäuden der <strong>Universität</strong><br />

<strong>München</strong> ausliegen.<br />

ben anderen, sondern spiele am Klavier<br />

selbst mit“, sagt die Pianistin.<br />

Wer es moderner liebt, ist in der<br />

Combo oder der Big Band von Prof.<br />

Joe Viera richtig. „Die erste Combo<br />

habe ich 1989 gegründet, aus ihr ging<br />

1996 die Big Band hervor“, erzählt der<br />

Musiker und Lehrer, der 1970 die<br />

Internationale Jazz-Woche Burghausen<br />

mitgegründete. In der Big Band<br />

seien die Anforderungen etwas höher<br />

als in der Combo. Trotzdem empfiehlt<br />

Viera jedem Saxophonisten oder<br />

Trompeter in einer Big Band zu spielen:<br />

„Hier lernt man vieles, was man<br />

im Jazz braucht. Die Big Bands sind<br />

die Grundschulen des Jazz.“ ■ mb<br />

MUM 03/2002 STUDIUM<br />

23


MUM 03/2002 PRO & CONTRA<br />

24<br />

Zunehmend wird die Forderung<br />

laut, die Lehrerbildung<br />

aus den <strong>Universität</strong>en wieder auszulagern<br />

und an Pädagogischen<br />

Hochschulen oder Fachhochschulen<br />

neu zu etablieren. Dieser Forderung<br />

ist aus mehreren Gründen<br />

scharf zu widersprechen.<br />

Eine solche radikale Lösung negiert<br />

erstens die durch Integration der gesamten<br />

Lehrerbildung in die <strong>Universität</strong>en<br />

erreichten Vorteile für Studierende<br />

und Institutionen. Dazu zählen<br />

auch die Möglichkeiten interdisziplinären<br />

Lernens, der Kontakt zu aktueller<br />

wissenschaftlicher Forschung<br />

mit der Option interessegeleiteter<br />

Spezialisierung und der Erwerb eines<br />

breiten Orientierungswissens. Die<br />

<strong>Universität</strong> hat durch die Integration<br />

neue wissenschaftliche Perspektiven<br />

und Studierende gewonnen. Die Radikallösung<br />

verkennt zweitens die<br />

für die Konsolidierung organisatorischer<br />

Strukturen und die Umformung<br />

von Fachkulturen notwendigen<br />

Zeiträume – eine integrierte universitäre<br />

Lehrerbildung gibt es bundesweit<br />

(abgesehen von Baden-<br />

Württemberg) seit rund 20 Jahren.<br />

Erst seit kurzem rücken etwa in den<br />

Fachdidaktiken habilitierte Hochschullehrer<br />

nach; eine zufriedenstellende<br />

Integration konnte daher<br />

bislang aufgrund der personalen<br />

Bedingungen nur schwer erfolgen.<br />

Drittens basiert die Forderung<br />

nach Auslagerung auf der unbewiesenen<br />

Annahme, dass ein Lehramtsstudium<br />

an PH oder FH besser, weil<br />

praxisnäher sei. Die Ausbildungsforschung<br />

bekräftigt zwar den Stellenwert<br />

von Praxisbegegnungen im<br />

Lehramtsstudium, verweist aber auch<br />

auf die hohe Bedeutung soliden Wissens<br />

in den später unterrichteten Fächern<br />

und des Einblicks in die theoretische<br />

Fundierung didaktischen Handelns.<br />

Viertens wäre mit einer Verankerung<br />

der Lehrerbildung außerhalb<br />

der <strong>Universität</strong>en eine ganz<br />

bestimmte gesellschaftliche (Ab-)<br />

Wertung dieser Berufsgruppe und<br />

ihrer bildungspolitischen Aufgaben<br />

verknüpft; dies stünde im Widerspruch<br />

zur Forderung nach einer<br />

stärkeren Anerkennung von Lehrerbildung<br />

und Lehrertätigkeit.<br />

Die <strong>Universität</strong>en dürfen die Lehrerbildung<br />

nicht abgeben. Unsere Gesellschaft<br />

kann es sich nicht leisten,<br />

diejenigen, die in der Erziehung und<br />

Ausbildung der kommenden Generationen<br />

eine zentrale Rolle spielen,<br />

aus der universitären Lern- und Forschungsgemeinschaft<br />

auszugrenzen.<br />

Für die <strong>Universität</strong>en stellt die Lehrerbildung<br />

zudem eine notwendige<br />

und fruchtbare Herausforderung dar.<br />

Denn durch sie werden einerseits<br />

betroffenen universitären Disziplinen<br />

stets aufs Neue angeregt, sich<br />

Foto: LMU<br />

■ Friederike Klippel, Lehrstuhlinhaberin<br />

für Didaktik der Englischen<br />

Sprache und Literatur an der LMU<br />

mit bildungspolitischen und -theoretischen<br />

Fragen von Kanonbildung,<br />

Elementarisierung, Bildungszielen<br />

und Wissensstrukturen ihres Faches<br />

zu befassen. Andererseits ergeben<br />

sich für Fachwissenschaften, -didaktiken<br />

und Erziehungswissenschaften<br />

(bislang leider zu wenig genutzte)<br />

Möglichkeiten der interdisziplinären<br />

Zusammenarbeit in Forschung und<br />

Lehre. Ein beträchtlicher Teil der Studierenden<br />

(LMU: ca. 14 Prozent)<br />

strebt ein Lehramt an. Die <strong>Universität</strong>en<br />

müssen und werden sich der<br />

Aufgabe stellen, für eine berufsfeldbezogene<br />

und wissenschaftlich fundierte<br />

Lehrerbildung zu sorgen, die<br />

zukünftige Lehrkräfte auf die kompetente<br />

Bewältigung ihres Berufs vorbereitet<br />

und ihnen die Basis für lebenslanges<br />

Weiterlernen schafft. ■<br />

Die Frage, ob wir eine universitäre<br />

Lehrerbildung brauchen,<br />

beantworte ich nur unter Vorbehalt<br />

mit Nein. Als Professor an<br />

einer Pädagogischen Hochschule in<br />

Baden-Württemberg werde ich<br />

mich hüten, die Wiedererrichtung<br />

solcher Hochschulen andernorts zu<br />

empfehlen. Meine Antwort ist an<br />

zwei Voraussetzungen geknüpft.<br />

■ Eduard Haueis, Professor für<br />

Deutsche Literatur und Didaktik,<br />

Pädagog. Hochschule Heidelberg<br />

PRO & CONTRA<br />

BRAUCHEN WIR EINE<br />

UNIVERSITÄRE LEHRERBILDUNG?<br />

Lehrerausbildung darf keine Nebensache sein – darin sind sich Politiker<br />

und Pädagogen spätestens seit der PISA-Studie einig. In Bayern<br />

wird laut über eine grundlegende Reform nachgedacht. Der im<br />

bayerischen Wissenschaftsministerium angesiedelte Rat für Wissenschaft<br />

und Forschung empfahl im April 2002, die Lehrerbildung<br />

in einer „Hochschule neuen Typs“ anzusiedeln. Die Debatte<br />

um eine Verlagerung der Lehrerausbildung an Pädagogische Hochschulen<br />

(PH) oder Fachhochschulen (FH) erhitzt die Gemüter.<br />

Foto: Pädagog. Hochschule Heidelberg<br />

Erstens gehe ich davon aus, dass auf<br />

absehbare Zeit die Struktur der Lehrerbildung<br />

dem gegliederten Schulwesen<br />

folgt. Denn Schulen, die sich<br />

ihre Klientel nicht selber aussuchen<br />

können, müssen auf andere Qualifikationen<br />

ihrer Lehrkräfte setzen<br />

als solche, die sich unerwünschter<br />

Schülerinnen und Schüler durch<br />

Verwaltungsakte auch wieder entledigen<br />

können. Zweitens müssen<br />

die Pädagogischen Hochschulen im<br />

Rahmen ihrer besonderen Aufgaben<br />

den <strong>Universität</strong>en gleichgestellt<br />

werden, also über einen eigenständigen<br />

Forschungsauftrag sowie<br />

über Promotions- und Habilitationsrecht<br />

verfügen. Diese Voraussetzung<br />

ist in Baden-Württemberg,<br />

wenngleich halbherzig, in den letzten<br />

Jahren erfüllt worden.<br />

Auf die Behauptung, dass an einer<br />

Pädagogischen Hochschule die Lehrerbildung<br />

praxisnäher gestaltet<br />

werden könnte, stütze ich mich<br />

nicht; dieses Argument riecht nach<br />

Unsauberkeit. Niemand stellt die<br />

universitäre Verankerung anderer<br />

berufsfeldbezogener Disziplinen wie<br />

Medizin oder Jurisprudenz ernsthaft<br />

in Frage. Wer also meint, ausgerechnet<br />

bei der Qualifizierung<br />

von Lehrern Praxisnähe gegen Wissenschaftlichkeit<br />

ausspielen zu können,<br />

muss sich fragen lassen, welche<br />

Motive ihn umtreiben. Durch<br />

Lauterkeit und Intelligenz zugleich<br />

werden sie sich nicht auszeichnen.<br />

Vielmehr können Pädagogischen<br />

Hochschulen gerade zu einer<br />

wissenschaftlichen Lehrerbildung<br />

womöglich mehr beitragen als <strong>Universität</strong>en.<br />

Dafür sprechen Anhaltspunkte<br />

bei Organisationsstruktur,<br />

Lehre und Forschung:<br />

- Durch die besondere Aufgabenstellung<br />

ist die Aufmerksamkeit für die<br />

Lehrerbildung institutionell abgesichert<br />

und so etwas stabiler gegenüber<br />

konjunkturellen Schwankungen.<br />

Frei werdende Stellen sind nicht so<br />

leicht abzuziehen; die Verteilung von<br />

Ressourcen erfolgt nicht in Konkurrenz<br />

mit Disziplinen außerhalb der<br />

Lehrerbildung.<br />

- Studierende des Lehramts an<br />

Grund- und Hauptschulen laufen in<br />

dieser Institution weniger leicht<br />

Gefahr, diskriminiert oder vernachlässigt<br />

zu werden. Das Lehrangebot<br />

kann sich klar an dem Ziel orientieren,<br />

die wissenschaftlichen Kompetenzen<br />

zu vermitteln, die zur Professionalität<br />

im Beruf erforderlich sind.<br />

- In einer so konzipierten Lehrerbildung<br />

muss die Fachdidaktik systematisch<br />

untersuchen können, wie<br />

sich Kenntnisse und Fähigkeiten<br />

unter der Anleitung von Lehrenden<br />

herausbilden. Das erfordert ohne<br />

Kompetenzstreitigkeiten einen uneingeschränkten<br />

Zugriff auch auf fachwissenschaftliche<br />

Fragestellungen.<br />

Selbstverständlich sind <strong>Universität</strong>en<br />

in den genannten Punkten<br />

ebenso leistungsfähig, wenn sie<br />

denn die wissenschaftliche Qualifizierung<br />

der an Schulen tätigen<br />

Pädagogen wirklich als ihre Aufgabe<br />

wahrnehmen. Tun sie es? Eine<br />

ehrliche Antwort auf diese Frage<br />

sollte das einzige Kriterium für eine<br />

Entscheidung über den Ort der<br />

Lehrerbildung sein. ■


NEUBERUFEN<br />

PROF. DR. ANDREAS WAGNER<br />

Medizinische Fakultät<br />

Der Internist und Gastroenterologe<br />

Andreas Wagner ist seit dem 1. April<br />

2002 als Leitender Oberarzt der Medizinischen<br />

Klinik II im Klinikum<br />

1 Prof. Dr. Andreas Wagner<br />

Großhadern tätig. Seine klinische<br />

Ausbildung hat Wagner, 1964 in<br />

Sigmaringen geboren, in <strong>Universität</strong>skliniken<br />

in Neuseeland, Südafrika,<br />

USA, in der III. Medizinischen<br />

Klinik Mannheim, der Uni Heidelberg<br />

und im Klinikum der <strong>Universität</strong><br />

Marburg erhalten. Die wissenschaftliche<br />

Ausbildung erfolgte im<br />

Department of Physiology der University<br />

of Michigan in Ann Arbor,<br />

USA. Vor dem Wechsel an die LMU<br />

war er drei Jahre als Oberarzt und<br />

Leitender Arzt in der Abteilung<br />

Gastroenterologie des Inselspitals<br />

der <strong>Universität</strong> Bern (Schweiz) tätig.<br />

Klinisch liegen Wagners Schwerpunkte<br />

in der invasiven und therapeutischen<br />

Endoskopie sowie in der<br />

interdisziplinären Koordination der<br />

Behandlung von Patienten mit gastrointestinalen<br />

Tumoren, besonders<br />

Pankreaskarzinomen. In der Lehre<br />

beschäftigt sich Wagner mit neueren<br />

Methoden des problemorientierten<br />

Lernens, wie sie in <strong>München</strong><br />

im so genannten „Harvard-Programm“<br />

praktiziert werden. Der<br />

Schwerpunkt seiner Forschungstätigkeit<br />

liegt in der Molekularen<br />

Physiologie und Pathophysiologie<br />

Foto: LMU<br />

der Bauchspeicheldrüse sowie der<br />

Signaltransduktion und regulierten<br />

Exozytose.<br />

PROF. DR. EVELYN SCHULZ<br />

Fakultät für<br />

Kulturwissenschaften<br />

Seit dem Sommersemester 2002 ist<br />

Evelyn Schulz Professorin für Japanologie<br />

am Institut für Ostasienkunde.<br />

Geboren 1963 in Heidelberg,<br />

studierte sie Japanologie, Sinologie<br />

sowie Mittlere und Neuere Geschichte<br />

an der dortigen <strong>Universität</strong>.<br />

Mit einem Stipendium des Deutschen<br />

Akademischen Austauschdienstes<br />

studierte sie zwei Jahre in<br />

Kyoto; 1994/95 forschte sie am<br />

Deutschen Institut für Japanstudien<br />

in Tokyo. Nach ihrer Promotion<br />

1995 arbeitete sie als Assistentin,<br />

später als Oberassistentin am Ostasiatischen<br />

Seminar der <strong>Universität</strong><br />

Zürich, wo sie sich 2001 habilitierte.<br />

In diese Zeit fiel auch ein Forschungs-<br />

und Lehraufenthalt in<br />

Kobe. Ihre Schwerpunkte liegen in<br />

der modernen Literatur sowie der<br />

Geschichte der Stadt und der Reflexion<br />

stadtbezogener Themen in<br />

Japan.<br />

1 Prof. Dr. Evelyn Schulz<br />

PROF. DR. JOHN PARSCH<br />

Fakultät für Biologie<br />

Im Oktober 2001 hat John Parsch<br />

seine Professur für Funktionelle<br />

Genomanalyse mit Schwerpunkt<br />

Artbildung am Department Biologie<br />

II angetreten. Parsch, Jahrgang<br />

1969, machte seinen B.A. in Biologie<br />

1992 am Washington and Jefferson<br />

College in Washington,<br />

Pennsylvania/USA. 1998 promovierte<br />

er in Molekularer Biologie und<br />

Zellbiologie an der University of<br />

Maryland und war von 1999 bis<br />

2001 als Postdoc am Department<br />

für Organische Biologie und Evolutionsbiologie<br />

der Harvard University,<br />

Cambridge, tätig.<br />

Foto: LMU<br />

1 Prof. Dr. John Parsch<br />

In der Forschung befasst er sich zum<br />

einen mit dem Nachweis der natürlichen<br />

Selektion im Genom von<br />

Eukaryonten, zum anderen mit der<br />

evolutionären Genomik von Drosophila:<br />

Mit Methoden der komparativen<br />

und funktionellen Genomforschung<br />

werden die Prozesse untersucht,<br />

die an der Evolution von<br />

molekularen Netzwerken und von<br />

regulatorischen Sequenzen beteiligt<br />

sind.<br />

PROF. DR.<br />

MARTIN ZIMMERMANN<br />

Fakultät für Geschichts- und<br />

Kunstwissenschaften<br />

Seit dem 1. März 2002 ist Martin<br />

Zimmermann, Jahrgang 1959, Professor<br />

für Alte Geschichte im Seminar<br />

für Geschichte der LMU. Er studierte<br />

Germanistik, Geschichte,<br />

Klassische Archäologie und Philosophie<br />

in Kiel und Tübingen, wo er<br />

1990 promoviert und 1997 habilitiert<br />

wurde. Schwerpunkte seiner<br />

bisherigen Forschungen sind die<br />

historische Landeskunde Lykiens<br />

(Südtürkei), Forschungen zur Historiographie<br />

der römischen Kaiserzeit,<br />

zur antiken Herrschaftsrepräsenta-<br />

1 Prof. Dr. Martin Zimmermann<br />

tion und zur Geschichte der flavischen<br />

Dynastie. Seit 1988 ist Zimmermann<br />

an archäologischen Feldforschungen<br />

in der Südtürkei beteiligt,<br />

bei denen die Organisation der<br />

Foto: LMU<br />

Foto: LMU<br />

antiken Lebenswelt erforscht werden<br />

soll; seit 1999 leitet er ein Projekt<br />

zur Geschichte kleinasiatischer<br />

Häfen und ihrer Rolle bei der Verbreitung<br />

der griechisch-römischen<br />

Kultur in Kleinasien. Daneben betreut<br />

er in <strong>München</strong> ein Projekt zur<br />

Erforschung extremer Formen von<br />

Gewalt in der Antike. Zimmermanns<br />

Schwerpunkte in der Lehre sind die<br />

griechische Geschichte, die Repräsentation<br />

sozialer Eliten und das<br />

Verhältnis des antiken Menschen zu<br />

seiner natürlichen Umwelt.<br />

PROF. DR. MICHAEL BOSHART<br />

FAKULTÄT FÜR BIOLOGIE<br />

Michael Boshart, 1955 in Überlingen<br />

am Bodensee geboren, ist seit<br />

März 2002 als Professor für Genetik<br />

im Department Biologie I tätig.<br />

Er studierte in <strong>München</strong>, Montpellier,<br />

Freiburg und Paris Medizin und<br />

arbeitete an virologischen Themen<br />

an der Uni Freiburg, wo er 1986 promovierte.<br />

Seine molekulargenetische<br />

Ausbildung erhielt er an der<br />

Uni Zürich und am Deutschen<br />

Krebsforschungszentrum, wo er<br />

sich 1991 habilitierte. Von 1992 bis<br />

1998 leitete er eine Nachwuchs-<br />

1 Prof. Dr. Michael Boshart<br />

gruppe der Max-Planck-Gesellschaft<br />

am Genzentrum <strong>München</strong> im<br />

MPI für Biochemie in Martinsried<br />

und baute sein derzeitiges Arbeitsgebiet<br />

auf. Darin untersucht er den<br />

Lebenszyklus und die Wirtsinteraktion<br />

von Trypanosoma, einem einzelligen<br />

Parasiten, der als Erreger<br />

der tropischen Schlafkrankheit bekannt<br />

ist. Diese Arbeiten wurden<br />

1998 bis 2001 am Institut für Molekularbiologie<br />

und Biochemie der FU<br />

Berlin fortgesetzt. Im Department<br />

Biologie I soll diese Forschung vorangebracht<br />

werden. In der Lehre<br />

bietet Boshart Genetik für Biologen<br />

an und lehrt zudem Biologie für<br />

Mediziner.<br />

Foto: LMU<br />

MUM 03/2002 PERSONEN UND POSITIONEN<br />

25


MUM 03/2002 PERSONEN UND POSITIONEN<br />

26<br />

PREISE<br />

& EHRUNGEN<br />

■ GRÜNDER-ERFOLG FÜR LMU<br />

Die zweite Stufe des <strong>München</strong>er<br />

Business Plan Wettbewerb 2002 ist<br />

abgeschlossen. Dabei haben die<br />

LMU-Teilnehmer, wie schon in der<br />

ersten Stufe, hervorragend abgeschnitten:<br />

Unter den eingereichten<br />

61 Grob-Businessplänen stammen<br />

allein neun aus der LMU, und unter<br />

den zehn preisgekrönten Teams, die<br />

eine Siegerprämie von je 1250 Euro<br />

erhielten, kommen wiederum drei<br />

aus Forschungsinstituten der LMU.<br />

Die drei prämierten LMU-Teams<br />

sind: „Biotech-G“, Physiologisches<br />

Institut; Dr. Steffen-Sebastian Bolz,<br />

Roland Derwand, Lukas Vogel; Real<br />

Time Diagnostics GmbH i. G., Klinikum<br />

der LMU, Abteilung für Infektions-<br />

und Tropenmedizin; Bianca<br />

Ebermayer (Geschäftsführerin),<br />

Priv.-Doz. Dr. Dr. Heinz Rinder und<br />

„Rendoscopy“, Institut für Klinische<br />

Radiologie; Dr. Georg-Friedemann<br />

Rust.<br />

■ KRUPP-STIFTUNGSPREIS FÜR<br />

LMU-PROFESSOREN<br />

Drei renommierte Wissenschaftler<br />

der LMU haben in diesem Jahr den<br />

Alfred Krupp Wissenschaftspreis<br />

erhalten: Wolfgang Frühwald, Professor<br />

für Neuere Deutsche Literaturgeschichte,<br />

Herbert Walther, Professor<br />

für Experimentalphysik, sowie<br />

der Physiker Professor Theodor<br />

W. Hänsch, Direktor des Max-Planck-<br />

Instituts für Quantenoptik in Garching.<br />

Ende April wurde der Preis<br />

zum dritten Mal für hervorragende<br />

Leistungen in den Natur- und Ingenieurwissenschaften<br />

sowie in Geistes-,<br />

Rechts-, und Wirtschaftswissenschaften<br />

verliehen. Er ist jeweils<br />

mit 52.000 Euro dotiert. Der Preis in<br />

der Kategorie der Natur- und Ingenieurswissenschaften<br />

wurde in diesem<br />

Jahr erstmalig aufgeteilt. Die<br />

Auszeichnungen übergab der Ministerpräsident<br />

von Nordrhein-Westfalen,<br />

Wolfgang Clement.<br />

■ DOGMATIKER MÜLLER IN<br />

KÖNIGLICHER AKADEMIE<br />

Professor Dr. Gerhard <strong>Ludwig</strong> Müller,<br />

Ordinarius der Dogmatik an der<br />

LMU und Mitglied der Internationalen<br />

Theologischen Kommission in<br />

Rom, ist zum „Korrespondierenden<br />

Mitglied“ der Sektion Theologie der<br />

Real Academia de Doctores de<br />

España ernannt worden. Die seit<br />

1922 existierende Königliche Akademie<br />

hat die Förderung der Wissenschaften,<br />

der Technik, der Kultur<br />

und interdisziplinären Zusammenarbeit<br />

auf internationaler Ebene<br />

zum Ziel. Zahlreiche Veröffentlichungen<br />

von Prof. Müller sind auch<br />

in das Spanische übersetzt worden.<br />

Mit seiner Forschung tritt er für eine<br />

enge Zusammenarbeit zwischen<br />

dem spanisch-südamerikanischen<br />

Raum und der deutschen Wissenschaft<br />

ein. Müller, Jahrgang 1947,<br />

studierte Philosophie und Theologie<br />

in Mainz, <strong>München</strong> und Freiburg<br />

und promvierte 1977 in Freiburg. Er<br />

habilitierte sich 1985 in Dogmatik<br />

und Ökumenischer Theologie bei<br />

Bischof Prof. Dr. Dr. Karl Lehmann.<br />

1986 wurde er Inhaber des Lehrstuhls<br />

für Systematische Theologie<br />

(Dogmatik) an der LMU.<br />

■ AUSZEICHNUNG FÜR<br />

LMU-CHEMIKER SCHNICK<br />

Wolfgang Schnick, Professor für<br />

Anorganische Festkörperchemie an<br />

der LMU, ist von der Berlin-Brandenburgischen<br />

Akademie zum ordentlichen<br />

Mitglied der Mathematisch-NaturwissenschaftlichenKlasse<br />

gewählt worden.<br />

Wolfgang Schnick, Jahrgang<br />

1957, promovierte 1986 in Hannover<br />

und habilitierte sich 1992 in<br />

Bonn. 1993 ging er zunächst an die<br />

Uni Bayreuth; seit 1998 ist er Ordinarius<br />

für Anorganische Festkörperchemie<br />

und Vorstand am<br />

Department Chemie der LMU. Er<br />

wurde u. a. mit dem Förderpreis des<br />

Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Programms<br />

der DFG, dem Otto-Klung-<br />

Preis der FU Berlin, dem Chemie-<br />

Preis der Göttinger Akademie der<br />

Wissenschaften und dem Steinhofer-Preis<br />

der Uni Freiburg ausgezeichnet.<br />

■ EHRENDOKTORWÜRDE FÜR<br />

LOTHAR GRUCHMANN<br />

Die Juristische Fakultät der LMU hat<br />

die Ehrendoktorwürde an Dr. phil.<br />

Lothar Gruchmann verliehen. Der<br />

1929 geborene Historiker und Politologe<br />

war bis 1992 am Institut für<br />

Zeitgeschichte (IfZ) in <strong>München</strong><br />

tätig. Er widmet sich vor allem der<br />

Justizgeschichte während der NS-<br />

Zeit; seine Arbeiten auf diesem<br />

Gebiet sind bis heute bahnbrechend.<br />

Mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde<br />

würdigt die Juristische<br />

Fakultät das Lebenswerk Dr. Lothar<br />

Gruchmanns und bekennt sich<br />

zugleich zur historischen Aufarbeitung<br />

des nationalsozialistischen<br />

Unrechts.<br />

■ COMMUNICATOR-PREIS FÜR<br />

PROF. WOLFGANG HECKL<br />

Prof. Dr. Wolfgang Heckl vom Institut<br />

für Kristallographie und Angewandte<br />

Mineralogie und Center of<br />

NanoScience wird auf Vorschlag der<br />

Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />

vom Stifterverband für die<br />

deutsche Wissenschaft mit dem<br />

Communicator-Preis 2002 ausgezeichnet.<br />

Er erhält den mit 50.000<br />

Euro dotierten Preis für die außerordentlich<br />

erfolgreiche Vermittlung<br />

seiner Forschungsergebnisse in der<br />

Öffentlichkeit und in den Medien.<br />

Wolfgang Heckl, Jahrgang 1958,<br />

hat an der TU <strong>München</strong> Physik studiert.<br />

1993 habilitierte er sich bei<br />

Prof. Theodor Hänsch (LMU) und<br />

wurde danach als Professor für<br />

Experimentalphysik ans Institut für<br />

Kristallographie und Angewandte<br />

Mineralogie der LMU berufen. 1993<br />

erhielt er den Philip Morris Forschungspreis.<br />

Heckl ist an über 100<br />

wissenschaftlichen Veröffentlichungen<br />

im Bereich Biophysik,<br />

Genetik und Nanowissenschaften<br />

beteiligt.<br />

Er wirkte in mehr als 50 Rundfunk-<br />

und Fernsehsendungen mit<br />

und schrieb zahlreiche Beiträge für<br />

Printmedien im Rahmen des Public<br />

Understanding of Science zu Themen<br />

wie NanoBio-Science, speziell<br />

zum Ursprung des Lebens.<br />

1993 wurde Heckl für das<br />

Schreiben eines atomaren Bits<br />

(kleinstes Loch der Welt) ins Guiness<br />

Buch der Rekorde aufgenommen.<br />

Die Preisverleihung findet am<br />

22. August 2002 zum Auftakt des<br />

diesjährigen Wissenschaftssommers<br />

in Bremen in Anwesenheit von<br />

Bundeskanzler Gerhard Schröder<br />

und Forschungsministerin Hildegard<br />

Bulmahn statt.<br />

■ AUSZEICHNUNG FÜR<br />

CENS-MITGLIED WIXFORTH<br />

Prof. Dr. Achim Wixforth, Mitglied<br />

des Center for NanoScience (CeNS)<br />

der LMU, ist im Rahmen des Bayerischen<br />

Innovationspreises 2002 ein<br />

„Anerkennungspreis“ verliehen worden.<br />

Die Auszeichnung, die mit 5000<br />

Euro dotiert ist, überreichte der<br />

bayerische Staatsminister für Wissenschaft,<br />

Forschung und Kunst,<br />

Hans Zehetmair, im Kuppelsaal der<br />

bayerischen Staatskanzlei.<br />

Prof. Wixforth ist neben seiner<br />

wissenschaftlichen Tätigkeit Mitbegründer<br />

und Vorstandsmitglied der<br />

Advalytix AG (www.advalytix.de).<br />

Das Unternehmen ist eine der erfolgreichen<br />

Start-Up Gründungen,<br />

die aus dem Center for NanoScience<br />

der LMU hervorgegangen sind. Ausgangspunkt<br />

hierfür waren die Forschungen<br />

des Physikers. Der 46jährige,<br />

der sich an der LMU bei Prof.<br />

Jörg Kotthaus habilitierte, hat Ende<br />

April 2002 einen Lehrstuhl für Experimentalphysik<br />

an der <strong>Universität</strong><br />

Augsburg angetreten.<br />

Mit dem Bayerischen Innovationspreis<br />

werden Unternehmen,<br />

Einzelpersonen, Wissenschaftler,<br />

Teams und Unternehmensgründer<br />

für eine herausragende und praxisorientierte<br />

innovative Leistung<br />

ausgezeichnet, die sich auch in<br />

Erhalt und Schaffung von Arbeitsplätzen<br />

in Bayern auswirkt.<br />

■ EHRENDOKTORWÜRDE FÜR<br />

PROF. HELLBRÜGGE<br />

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Theodor Hellbrügge,<br />

Gründer des Kinderzentrums<br />

<strong>München</strong> und em. o. Professor<br />

für Sozialpädiatrie an der LMU,<br />

hat von der <strong>Universität</strong> Breslau die<br />

Ehrendoktorwürde erhalten.<br />

Hellbrügge, der als Pionier der<br />

modernen Pädiatrie gilt, gründete<br />

an der LMU den ersten Lehrstuhl für<br />

Sozialpädiatrie; er veranlasste beispielsweise<br />

die Einführung der heute<br />

üblichen Kinder-Vorsorge-Untersuchungen<br />

in Deutschland. Mit dem<br />

Kinderzentrum <strong>München</strong> schuf er<br />

die erste sozialpädiatrische Einrichtung<br />

für Entwicklungs-Rehabilitation,<br />

Früherkennung und -therapie<br />

sowie soziale Integration; inzwischen<br />

gibt es rund 200 dieser<br />

Hilfsprojekte im In- und Ausland.<br />

Zur Gründung weiterer Zentren<br />

schuf Hellbrügge 1999 die Internationale<br />

Aktion Sonnenschein e.V.


1 Prof. Avinoam Shalem<br />

Avinoam Shalem ist seit kurzem<br />

Professor für die Geschichte der islamischen<br />

Kunst am Department<br />

für Kunstwissenschaften der LMU.<br />

Die Ansiedlung des Fachs bei den<br />

Kunsthistorikern – nicht bei den<br />

Orientalisten – ist bundesweit einzigartig.<br />

Professor Shalem, 1959 in<br />

Haifa geboren, ist Sepharadi und<br />

wurde, nach eigenen Worten,<br />

schon durch seine Abstammung für<br />

sein Spezialgebiet geprägt. Sepharadim<br />

sind orientalische Juden und<br />

jene, die sich nach der Vertreibung<br />

aus Spanien in Mittel- und<br />

Schwarzmeer-Staaten angesiedelt<br />

haben. Nach dem Studium in Tel<br />

Aviv und <strong>München</strong> promovierte<br />

und lehrte Shalem in Edinburgh,<br />

später auch an der LMU und an der<br />

Uni Bamberg. Zuletzt vertrat er<br />

eine Professur an der Hochschule<br />

für Jüdische Studien in Heidelberg.<br />

PROBLEME<br />

& ANALYSEN<br />

Foto: LMU<br />

ORIENT IM OKZIDENT<br />

EIN ISLAMISTIK-PROFESSOR LEHRT<br />

BEI DEN KUNSTHISTORIKERN<br />

MUM: Viele vermuten Ihre Professur<br />

eher bei den Orientalisten. Warum<br />

ist Ihr Fach besser bei den Kunsthistorikern<br />

angesiedelt?<br />

Shalem: Wir setzen einen anderen<br />

Akzent auf die „islamische Kunst“,<br />

wenn diese zusammen mit der europäischen<br />

Kunst an einem Institut<br />

gelehrt wird. Zudem ist es sehr<br />

wichtig, den Islam in die europäische<br />

Welt zu integrieren, denn er<br />

hat sehr viel mit Europa zu tun. So<br />

ist diese Zusammenführung in<br />

<strong>München</strong> ein guter Schritt.<br />

MUM: Was ist „islamische Kunst“?<br />

Shalem: Wenn man „islamische<br />

Kunst“ hört, vermutet man erst einmal,<br />

dass es eine religiöse Kunst ist.<br />

Nach dem Motto: Der Islam ist eine<br />

Religion, das heißt die Kunst muss<br />

mit dieser Religion zu tun haben.<br />

Doch so, wie man in Europa nicht<br />

ausschließlich von einer christlichen,<br />

das heißt religiösen Kunst<br />

spricht, gibt es auch „islamische<br />

Kunst“, die nicht sakral ist. Dann existiert<br />

„islamische Kunst“ an verschiedenen<br />

Orten der Welt, auch an<br />

solchen, wo der Islam nicht die<br />

führende Religion ist. Ferner wird<br />

und wurde „islamische Kunst“ auch<br />

von Nicht-Muslimen gemacht, etwa<br />

von Juden, die im Jemen Schmuck<br />

im islamischen Stil gefertigt haben;<br />

zu bestimmten Zeiten gab es auch<br />

„islamische Kunst“ der Kopten in<br />

Ägypten, also von Christen. Damit<br />

handelt es sich bei der „islamischen<br />

Kunst“ um einen kulturellen Begriff,<br />

also um etwas, das immer an Orten<br />

auftritt, die kulturell und in ihrer<br />

ästhetischen Sprache islamisch<br />

geprägt sind.<br />

MUM: Welche Voraussetzung muss<br />

Kunst noch erfüllen, damit sie als<br />

„islamische Kunst“ bezeichnet werden<br />

kann?<br />

Shalem: Oft wird sie geografisch<br />

definiert, also in Regionen verortet,<br />

die unter der Herrschaft des Islam<br />

waren, wie Spanien oder Sizilien,<br />

oder wo der Islam bis heute<br />

herrscht. Doch an jedem Ort gibt es<br />

eine Besonderheit, die sich in der<br />

jeweiligen islamischen Kunst widerspiegelt,<br />

ob es sich um die ästhetische<br />

Sprache oder die verwendeten<br />

Materialien handelt. Sobald man<br />

aber den Begriff „islamische Kunst“<br />

sehr einschränkend definieren will,<br />

kommt man in weitere Grenzbereiche.<br />

Beispielsweise sind in Sizilien,<br />

trotz der Eroberung durch die Normannen,<br />

die Araber als Bürger<br />

geblieben und haben Kunst<br />

geschaffen. Und was passierte? Die<br />

Herrscher waren Christen und die<br />

Kunst blieb islamisch.<br />

MUM: Wo findet man säkulare<br />

„islamische Kunst“?<br />

Shalem: Es gibt nichtreligiöse Bücher,<br />

die anders als der Koran, mit<br />

figürlichen Darstellungen illustriert<br />

sind. Ein anderer Ort sind Paläste mit<br />

ihren Mosaiken und Fresken. So hat<br />

man etwa in Samarra, in der Nähe<br />

von Bagdad, bei Ausgrabungen eine<br />

Fülle von Dekorationen und figürlichen<br />

Darstellungen gefunden. In<br />

Westeuropa ist der Palast in Granada<br />

am bekanntesten.<br />

MUM: Sehr oft waren die Herrscher<br />

gleichzeitig religiöse Führer. Kann<br />

man dann die Kunst wirklich von der<br />

Religion trennen?<br />

Shalem: Das ist richtig. Im Mittelalter<br />

war es natürlich sehr schwer,<br />

die Kunst von der Religion zu trennen,<br />

in der Moderne fällt dies leichter.<br />

Doch es gibt auch im Mittelalter<br />

verschiedene Kunstaufgaben. Und<br />

immer wieder folgen daraus unterschiedliche<br />

Motive. Auch wenn der<br />

Kalif im Mittelalter nicht nur weltlicher<br />

Herrscher, sondern auch der<br />

Gebieter aller gläubigen Muslime<br />

war, kann und konnte er in seinem<br />

eigenen Reich diese Trennung in<br />

religiös und säkular vollziehen oder<br />

nicht. Und wenn wir in die faktische<br />

Kunstproduktion schauen, dann<br />

glaube ich, kann man sehen, dass es<br />

meistens eine klare Trennung gab.<br />

■<br />

Interview: kg<br />

Foto: Angelica Fuss<br />

MUM 03/2002 PERSONEN UND POSITIONEN<br />

27


MUM 03/2002 ESSAY<br />

28<br />

ERINNERUNGSORT:<br />

LICHTHOF DER LMU<br />

„Die Halle, welche den alten mit<br />

dem neuen Bau verbindet, gehört<br />

wohl mit zu den feinsinnigsten<br />

monumentalen architektonischen<br />

Schöpfungen Neu-<strong>München</strong>s.“<br />

Diese ästhetisierende Betrachtung<br />

des 1905 bis 1909 errichteten<br />

„Lichthofs“ der LMU in einem<br />

<strong>München</strong>-Führer von 1925<br />

wird durch spätere Ereignisse<br />

verdrängt: Auch wenn nur eine<br />

kleine, seitlich angebrachte Relief-Stele<br />

an sie erinnert – mit<br />

der großen Kuppelhalle verbinden<br />

sich entschiedener als Zerstörung<br />

(1944) und Wiederaufbau<br />

(bis 1957) die Flugblattaktionen<br />

der Weißen Rose. Die<br />

meisten Studenten übersehen<br />

das Relief, das, ebenso wie die<br />

gereihten Namen, ohne Kontext<br />

auskommen muss. Erst die vor<br />

fünf Jahren im Souterrain unter<br />

dem Audimax eröffnete „Denkstätte<br />

Weiße Rose“ ergänzt die<br />

Halle zu einem informierenden,<br />

inhaltlich definierten Erinnerungsort.<br />

Im Ensemble der Zeichen und Inschriften<br />

des großen Kuppelbaus regen<br />

drei zur Frage an: Wie gegenwärtig<br />

ist Geschichte in einem Zentrum<br />

historischer Reflexion wie der<br />

<strong>Universität</strong>? Wie entspricht man dem<br />

Motto, unter das Rektor Joseph Pascher<br />

die Lichthof-Orgel am Weiße<br />

Rose-Gedenktag 1961 stellte: „Der<br />

Ort der Tat ist mit dem Stempel ihres<br />

Geistes für immer geprägt“? Was erinnert<br />

am „Ort der Tat“ an die Tat,<br />

welches Programm verbindet Tafeln,<br />

Texte und ihre Situation? Drei Inschriften<br />

sollen auf ihre Wirkung hin<br />

befragt werden.<br />

Wie der anfangs zitierte <strong>München</strong>-Führer<br />

feststellt – „Der Geist<br />

der alma mater monacensis ist la-<br />

teinisch“ – sind alle drei Inschriften<br />

in Latein abgefasst. Die erste Inschrift<br />

erinnert an die Weiße Rose;<br />

sie ist in Stein geschnitten und findet<br />

sich im 2. Stock der nördlichen<br />

Lichthof-Galerie. Die Namen der<br />

sieben hingerichteten Weiße Rose-<br />

Mitglieder rahmt ein Seneca-Zitat.<br />

Im Informationsbändchen, das ab<br />

1980 der offiziellen Erinnerung<br />

diente, findet sich die Übersetzung:<br />

„Menschlichkeit im Herzen, sind eines<br />

unmenschlichen, gewaltsamen<br />

Todes gestorben: Willi Graf,<br />

Kurt Huber, Hans Leipelt, Christoph<br />

Probst, Alexander Schmorell, Hans<br />

Scholl, Sophie Scholl. So bewährt<br />

sich jene Gesinnung, die wahr ist<br />

und niemals dem Urteil anderer unterworfen<br />

sein will.“<br />

Diese schon 1946 geschaffene,<br />

nur als „Provisorium“ gedachte Platte<br />

befand sich zunächst gegenüber<br />

dem Eingang zur großen Aula: Wer<br />

diesen zeitweiligen Versammlungs-<br />

ESSAY<br />

ort von Landtag und Senat verließ –<br />

heute sind das während der Semester<br />

viele hundert Leute täglich –<br />

stand vor der dank Seitenlicht viel<br />

besser leserlichen Tafel; am jetzigen<br />

Ort vor Raum 315, wo Professor<br />

Kurt Huber lehrte und von wo die<br />

Scholls ihre Flugblätter hinab war-<br />

fen, ist sie so gut wie unlesbar. Ein<br />

frühestes Zeichen des seltenen akademischen<br />

Widerstands spiegelt so<br />

auch eine gewisse Verlegenheit<br />

heute angemessener Erinnerung.<br />

Die spätere Relief-Stele und ein oft<br />

übergangenes Bodendenkmal im<br />

Trottoir vor dem Haupteingang traten<br />

an die Stelle des „Provisoriums“,<br />

das nur noch Wissende aufsuchen.<br />

DER ENTWAFFNETE<br />

SPEERTRÄGER<br />

Sehr viel prominenter und markanter<br />

als an die Weiße Rose erinnert<br />

im Lichthof eine zweite Steinplatte<br />

an die Kriegsgefallenen der LMU.<br />

Wer vom Haupteingang die Treppe<br />

zum ersten Stock hinaufgeht, erblickt<br />

nach halber Geschosshöhe<br />

auf dem Treppenabsatz links über<br />

sich klar lesbar das Gedenken an die<br />

Toten dreier Kriege (1870/71; 1914-<br />

18 und 1939-45). Die 1959 unter<br />

dem Rektorat Professor Joseph Pa-<br />

Dr. Ulrich Dittmann<br />

Institut für Deutsche Philologie,<br />

<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>München</strong><br />

schers angebrachte Tafel ersetzt ein<br />

früheres Kriegerdenkmal mit bedeutender<br />

eigener Tradition. In der<br />

ehemals so genannten „Ehrenhalle“<br />

des 1. Stocks, die den langen Gang<br />

des alten <strong>Universität</strong>sgebäudes zum<br />

Lichthof öffnet, waren links und<br />

rechts von der Nachbildung des<br />

„Doryphoros“ (Speerträger) Register<br />

der Gefallenen angebracht. Dazu<br />

priesen zwei griechische Verse im<br />

Sockel der antiken Jünglingsstatue<br />

vergangene und zukünftige Kämpfe.<br />

Vom 18. Januar 1922, dem Jahrestag<br />

des 1918 untergegangenen<br />

deutschen Kaiserreichs, bis zum<br />

Bombenangriff 1944 war dies das<br />

Gefallenenmal der LMU. Beim Wiederaufbau<br />

wollte man nur bedingt<br />

an das vom Krieg zerstörte Kriegerdenkmal<br />

anschließen. Die Idee, den<br />

Doryphoros durch einen knieenden<br />

Jüngling zu ersetzen, wurde jedoch<br />

vom Senat zugunsten des restaurierten<br />

Speerträgers verworfen: Ohne<br />

Speer und Inschriften, in jeder<br />

Hinsicht entwaffnet, wirkt er ein<br />

wenig verloren zwischen leeren Seitenwänden.<br />

Die heute pauschale Erinnerung<br />

für alle Kriegstoten besetzt<br />

den Platz der Tafel für die Gefallenen<br />

aus dem 1870/71er Krieg.<br />

Sie geriet mit dieser Anbringung in<br />

eine – je nach Perspektive – anregende<br />

oder empörende Spannung<br />

zu der dritten, für den Erinnerungsort<br />

bedeutsamen Inschrift des<br />

Lichthofs.<br />

Diese Inschrift befand sich über<br />

dem gegenwärtigen Kriegermahnmal<br />

im so genannten Adlergitter,<br />

einem der sechs in die Mauerdurchbrüche<br />

der Lichthof-Eckpfeiler auf<br />

Höhe des ersten Stocks gesetzten,<br />

handgeschmiedeten Ornamentgitter<br />

mit Tiersymbolen. Alle tragen<br />

vergoldete klassische Zitate, die<br />

1957 beim Wiederaufbau re-installiert<br />

wurden: Im Adlergitter stand<br />

das Horaz-Zitat „Dulce et decorum<br />

est pro patria mori“ (Es ist süß und<br />

ehrenvoll, für das Vaterland zu<br />

sterben).<br />

Heute sucht man den Preis des<br />

„süßen“ Sterbens vergeblich. Denn<br />

unmittelbar nachdem das Horaz-Zi-<br />

Foto: LMU


Fotos: LMU/Maria Dorner<br />

tat wieder angebracht war, regten<br />

sich Proteste. Das <strong>Universität</strong>sarchiv<br />

bewahrt viele Einsprüche auf, die<br />

keineswegs nur von Studenten<br />

stammen, wie manche Berichte vermelden.<br />

Der erste Einwand kam von<br />

dem „tief erschrockenen“ Physiker<br />

Professor Walther Gerlach, der nach<br />

Kriegsende drei Jahre lang Rektor<br />

der LMU war. Nach ihm protestierten<br />

andere Professoren und Assistenten,<br />

von vielen studentischen<br />

Unterschriften begleitet. Der damalige<br />

Rektor, der Chemiker Egon Wiberg,<br />

griff die Einsprüche auf, und<br />

der Senat rief Studenten und Professoren<br />

zu Vorschlägen für einen<br />

Ersatztext auf: Der sollte ein „Ideal,<br />

für das sich einzusetzen lohnt“, formulieren.<br />

Bundesweit berichtete die<br />

Presse. Akademischer Protest war in<br />

Zeiten wieder eingeführter Wehrpflicht<br />

eine Sensation. Insgesamt<br />

kamen mehr als 200 Antworten,<br />

aber nur wenige von den ursprünglichen<br />

Adressaten.<br />

STREIT UM HORAZ<br />

Der Münchner Interkorporative<br />

Konvent, Dachverband der Verbindungen,<br />

plädierte Seit an Seit mit<br />

dem „Stahlhelm“ (Traditionsgemeinschaft<br />

und Bund der Frontsoldaten<br />

von 1918) für die Wiedereinsetzung<br />

des Horaz; die Frontsoldaten<br />

drohten Magnifizenz als „deutschem<br />

Mann“ an, bei Wegfall<br />

des Zitats werde ein<br />

Tag kommen,<br />

„wo diese<br />

Ange-<br />

legenheit beglichen werden wird“.<br />

Weil der Kalte Krieg loderte, unterstellte<br />

man Horaz-Gegnern „sowjetzonalen<br />

Einfluss“ und erklärte<br />

die Studenten zum „Werkzeug“ des<br />

Ostens. Auch die Vollversammlung<br />

am 30. Januar 1958, die wegen Ansturms<br />

aus der Aula ins Audimax<br />

übertragen werden musste, stand<br />

unter diesem Zeichen. Drei Viertel<br />

der mehr als 3000 Studierenden<br />

stimmten nach langer Diskussion<br />

gegen, die katholischen farbentragenden<br />

und nicht farbentragenden<br />

Verbindungen laut Pressberichten<br />

für das „Dulce“. Einen einprägsamen<br />

Höhepunkt der Debatte ergab<br />

die Bitte eines ungarischen Exil-<br />

Studenten, man möge ihm den alten<br />

Text für seine 1956 beim Budapester<br />

Aufstand gefallenen Kollegen<br />

überlassen.<br />

„Horaz hat verloren“ titelte die<br />

FAZ. Als Ersatz erwog Rektor Wiberg<br />

ein an die Weiße Rose erinnerndes<br />

Motto: „mortui viventes<br />

obligant“ (Die Toten verpflichten<br />

die Lebenden), das jedoch andere<br />

Gruppen für sich beanspruchten.<br />

Den zugrunde liegenden Gedanken<br />

schmiedete der damalige Privatdozent<br />

und spätere Salzburger Ordinarius<br />

der klassischen Philologie,<br />

Georg Pfligersdorffer, in den heute<br />

vorfindbaren Satz um: „Mortu-<br />

orum virtute tenemur“ (in des Verfassers<br />

Übersetzung: „Durch die<br />

hohe Bewährung der Toten sind<br />

wir gehalten“). Eindrucksvoll bestätigt<br />

diesen Text ein Brief des Ulmer<br />

Oberbürgermeisters i.R. Robert<br />

Scholl, der am 1. Februar 1958<br />

an den Rektor schrieb: „Ich möchte<br />

Ihnen, ganz im Sinne meiner toten<br />

Kinder, danken“ – das nachträglich<br />

eingefügte Adjektiv meint<br />

außer Sophie und Hans auch deren<br />

vermissten Bruder Werner<br />

Scholl.<br />

SCHWIERIGES GEDENKEN<br />

Die Entscheidung der <strong>Universität</strong><br />

gegen das „süße“ Sterben und für<br />

das Gedenken an die Hingerichteten<br />

vollzog nach, was europäische<br />

Literatur seit dem Ersten Weltkrieg<br />

formuliert hatte; daher erscheint<br />

heute die Diskussion fast anachronistisch.<br />

Überboten wird dieser<br />

Anachronismus allerdings dadurch,<br />

dass die erwähnte zweite<br />

Inschrift, aufs Jahr 1959 datiert,<br />

genau unter die Stelle des 1958<br />

verbannten Loblieds auf den Soldatentod<br />

gesetzt wurde und dem<br />

Sinn des Ersatztextes widerspricht.<br />

Die gut lesbare Tafel beschwört ein<br />

anonymes Todesgeschick (mortuis<br />

fato oppressis) und entlastet so<br />

Hitlers Heeresleitung. Die Negati-<br />

on des „non in vanum“ (des nicht<br />

vergeblichen Todes) behauptet eine<br />

dem Adlergitter konträre Sinngebung:<br />

Es wird nicht der Opfer<br />

gedacht, die – wie Sophie Scholl<br />

forderte – gegen den NS-Staat<br />

starben, sondern die räumliche<br />

Anordnung verpflichtet die Leser<br />

auf die „Tugend, Bewährung“ (virtute)<br />

auch derjenigen Toten, die für<br />

Kaiser, Reich und Führer starben.<br />

Die einzig ausformulierte und lesbare<br />

Erinnerung an historische<br />

Vorgänge widerlegt das Gedenken<br />

des Adlergitter-Zitats.<br />

Archivalien zur Anbringung und<br />

zu dem wieder von Georg Pfligersdorffer<br />

formulierten Text fehlen. Lediglich<br />

ein Senats-Protokoll vermerkt,<br />

dass gegen die „Inschrift auf<br />

der Gedenktafel für die Gefallenen<br />

(...) einige studentische Gruppen<br />

Einspruch eingelegt (haben). Der Senat<br />

lehnt es ab, den Wortlaut der<br />

Gedenktafel zu ändern“. Der Einspruch<br />

wurde mehrfach wiederholt,<br />

zuletzt 2001, als bei einer Verbindung<br />

NPD-Schläger Unterschlupf<br />

fanden. Dass eine Sinngebung des<br />

Krieges nicht nur den 1958 von der<br />

LMU getragenen Protest, sondern<br />

auch die mit dem neuen Adlergitter<br />

verbundene Erinnerung an den Widerstand<br />

überlagert, bleibt ein Stein<br />

des Anstoßes. ■<br />

Ich danke Prof. G. Pfligersdorffer, Prof.<br />

W. Suerbaum und dem <strong>Universität</strong>sarchiv<br />

<strong>München</strong> für ihre Unterstützung.<br />

Literatur: Irene Söllner, Spuren<br />

der Antike im Hauptgebäude der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><strong>München</strong>.<br />

Staatsexamensarbeit für das<br />

Lehramt an Gymnasien 1988. Kathrin<br />

Hoffmann-Curtius, Der Doryphoros<br />

als Kommilitone. Antikenrezeption in<br />

<strong>München</strong> nach der Räterepublik. In:<br />

Humanistische Bildung 8. Der Mensch<br />

in Grenzsituationen. Ostfildern 1984.<br />

S.73-138.<br />

ESSAY<br />

29<br />

MUM 03/2002


MUM 03/2002 LMU – OFFICE<br />

30<br />

■ UNIVERSITÄT UNTER STROM<br />

HINTER DEN KULISSEN DER LMU<br />

Wer die LMU in Zahlen fasst,<br />

denkt meist an Studentinnen,<br />

Studenten und Professoren. Als<br />

größte Hochschule Bayerns und<br />

zweitgrößte <strong>Universität</strong> in<br />

Deutschland (nach Köln) zählt die<br />

<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />

mit ihren 43.000 Studierenden<br />

und 800 Professuren jedoch nicht<br />

nur zu den Zentren für Wissenschaft<br />

und Lehre. Sie ist auch ein<br />

pulsierender Großbetrieb, der am<br />

Laufen gehalten werden muss.<br />

Täglich fallen an der <strong>Universität</strong><br />

Reparaturen und Wartungsarbeiten<br />

an. Pro Jahr werden an der LMU<br />

■ ZU DEN URNEN<br />

WER WÄHLT WEN WOZU?<br />

Im Juni waren alle Hochschulangehörigen<br />

der LMU zur Wahl der<br />

<strong>Universität</strong>s-Gremien aufgerufen.<br />

Aber wer wählt eigentlich wen<br />

und wozu?<br />

Insgesamt 55.712 Personen, davon<br />

rund 42.000 Studierende, konnten<br />

am 18. und 19. Juni über die Besetzung<br />

von Senat und erweitertem<br />

Senat, über die Vertreter der zwölf<br />

Fachbereichsräte und der Fachschaften<br />

abstimmen. (Das Ergebnis<br />

stand bei Redaktionsschluss noch<br />

nicht fest.) Wahlberechtigt sind an<br />

der LMU vier Gruppen: die Professorinnen<br />

und Professoren, die wissenschaftlichen<br />

Mitarbeiter, die<br />

nicht-wissenschaftlichen Mitarbeiter<br />

und die Studierenden. Jede dieser<br />

Gruppen entsendet ihre eigenen<br />

(ohne Klinikum) zwischen 40 und 50<br />

Millionen Kilowattstunden Strom<br />

verbraucht, für den rund 3,6 Millionen<br />

Euro an die Stadtwerke <strong>München</strong><br />

zu zahlen sind. Zum Vergleich:<br />

Eine Kleinstadt mit 10.000 Einwohnern<br />

ließe sich damit ein halbes Jahr<br />

lang versorgen. Rund 400.000<br />

Kubikmeter Wasser, soviel wie 153<br />

Fünfzig-Meter-Schwimmbecken<br />

füllen, rauschen jährlich durch<br />

Kühlsysteme, Waschbecken und<br />

Toiletten der <strong>Universität</strong> (ohne Klinikum).<br />

Für Fernwärme mussten<br />

hier in den letzten Jahren zwischen<br />

3,1 und 3,9 Millionen Euro per anno<br />

überwiesen werden.<br />

Vertreter in die Gremien, aufgeteilt<br />

nach einem bestimmten Schlüssel.<br />

Dem Senat und dem erweiterten Senat<br />

gehören außerdem die fünf Mitglieder<br />

des Rektoratskollegiums mit<br />

Stimmrecht an.<br />

Der Senat ist nach wie vor das<br />

zentrale Gremium der <strong>Universität</strong>, in<br />

dem alle Gruppen vertreten sind. Er<br />

tritt während des Semesters einmal<br />

im Monat zusammen. Der Senat erledigt<br />

das „Tagesgeschäft“, beschließt<br />

unter anderem Berufungslisten,<br />

Prüfungs- und Studienordnungen,<br />

Vorschläge zur Gliederung<br />

der <strong>Universität</strong>, neue Studiengänge<br />

und bestimmt Forschungsschwerpunkte.<br />

Er macht Vorschläge für die<br />

Wahl des Rektoratskollegiums, beschließt<br />

den Hochschulentwicklungsplan<br />

und nimmt den Jahres-<br />

Den Betrieb hinter den Kulissen<br />

nehmen die meisten Erstsemester<br />

an der LMU zunächst nicht wahr.<br />

Für die frisch gebackenen Studierenden<br />

macht sich die Größe der<br />

LMU schlicht an der Frage fest, wo<br />

denn welcher Hörsaal gerade zu<br />

finden ist. Auf knapp einer Million<br />

Quadratmeter Gesamtnutzfläche<br />

der <strong>Universität</strong> und des Uni-Klinikums<br />

wird geforscht, gelernt,<br />

experimentiert und diskutiert.<br />

Einen kompakten Campus kann<br />

die LMU dabei nicht bieten: Insgesamt<br />

verfügt die <strong>Universität</strong> über<br />

850 Hektar Grundbesitz, dazu<br />

zählt zum Beispiel der Univer-<br />

bericht der Hochschulleitung entgegen.<br />

Der Senat hat 28 stimmberechtigte<br />

Mitglieder aus allen vier<br />

Gruppen.<br />

Der erweiterte Senat beschließt<br />

nach Anhörung des Hochschulrats<br />

die Grundordnung der <strong>Universität</strong>,<br />

wählt den Rektor, den er auch abwählen<br />

kann, und die Mitglieder des<br />

Rektoratskollegiums mit Ausnahme<br />

des Kanzlers. Der erweiterte Senat<br />

hat 61 Mitglieder aus allen vier<br />

Gruppen. Dazu gehören die Mitglieder<br />

des Senats und die Dekane beziehungsweise<br />

ihre Stellvertreter,<br />

wenn die Dekane selbst Mitglieder<br />

des Senats sind.<br />

Die Fachbereichsräte repräsentieren<br />

die Selbstverwaltung der 18<br />

Fakultäten der LMU. Sie wählen aus<br />

dem Kreis der Professoren die<br />

„Fachbereichssprecher“ (Dekane)<br />

und Studiendekane. Sie beraten und<br />

entscheiden alle Angelegenheiten<br />

von grundsätzlicher Bedeutung ihres<br />

Fachbereichs, sofern sie nicht<br />

sitäts-Forst bei Landshut, die Felder<br />

und Wiesen des Lehr- und Versuchsguts<br />

der Tierärztlichen<br />

Fakultät in Oberschleißheim oder<br />

das Moorversuchsgut Badersfeld.<br />

Allein in den Stadtgrenzen von<br />

<strong>München</strong> gehören über 380 Hektar<br />

Grundbesitz zur LMU – mehr<br />

als ein Prozent der Gesamtfläche<br />

der Landeshauptstadt. Die Stadt<br />

<strong>München</strong> ist es denn auch vor<br />

allem, die von der Größe und<br />

Attraktivität der LMU profitiert.<br />

Die Internationalisierung und den<br />

Zuzug von Neu-Münchnern verdankt<br />

die Stadt nicht zuletzt der<br />

„Denkfabrik“ LMU. ■ oh<br />

Aufgaben des Dekans sind, also Berufungsvorschläge,<br />

Habilitations-,<br />

Promotions-, Studien- und Prüfungsordnungen.<br />

In die Fachbereichsräte<br />

werden je zwölf Mitglieder<br />

aus den vier Gruppen gewählt,<br />

als 13. Mitglied kommt die Frauenbeauftragte<br />

dazu. Große Fachbereiche<br />

wählen die doppelte Anzahl an<br />

Mitgliedern. ■ kg<br />

1 Er organisiert die Hochschulwahlen<br />

an der LMU: der Leiter des<br />

Wahlamts Siegfried Stix.<br />

Foto: Haak & Nakat<br />

Fotos: LMU


Wo muss ich denn nun schon<br />

wieder hin? Für die meisten Studienanfänger<br />

herrscht in den<br />

ersten Wochen an der LMU Orientierungsnotstand.<br />

Zu viele neue<br />

Professoren, zu viel neuer Lernstoff<br />

und vor allem – zu viele<br />

neue Orte. Auf rund einer Million<br />

Quadratmeter Nutzfläche sind<br />

die Hörsäle, Labors und Seminarräume<br />

der <strong>Universität</strong> zwischen<br />

Oberschleißheim im Norden <strong>München</strong>s<br />

und Großhadern im Südwesten<br />

auf mehr als 70 Standorten<br />

in der ganzen Stadt verteilt.<br />

Verlaufen muss sich deshalb aber<br />

niemand. Denn im Internet kann<br />

man sich jetzt unter www.lmu.de/<br />

vr auf einen virtuellen Streifzug<br />

durch die LMU begeben.<br />

Ein Spaziergang durch den Englischen<br />

Garten bei strahlendem Sonnenschein,<br />

ein Blick in den Salinenhof<br />

oder ein Besuch im „Schweinchenbau“<br />

an der Leopoldstraße –<br />

das alles ist möglich, ohne auch nur<br />

einen Fuß vor die Haustür zu setzen.<br />

Per Mausklick lässt sich die <strong>Universität</strong><br />

bequem vom heimischen Sofa<br />

aus erkunden. Möglich machen das<br />

die Mitarbeiter des Referats „Internet<br />

und Virtuelle Hochschule“ der<br />

LMU, die bislang 26 Stationen rund<br />

um das Uni-Stammgelände am Ge-<br />

EXPEDITION INS AKADEMIKERREICH<br />

EIN VIRTUELLER RUNDGANG<br />

SETZT DIE LMU INS BILD<br />

schwister-Scholl-Platz auf ein „Kugelpanorama“<br />

für den Online-Auftritt<br />

gebannt haben.<br />

MIT DEM FROSCHAUGE<br />

UNTERWEGS<br />

Das besondere an dem virtuellen<br />

Blick in die <strong>Universität</strong> ist die<br />

bewegliche Rundum-Ansicht, die in<br />

dieser Qualität noch kaum eine<br />

Institution im Internet anzubieten<br />

hat. „Selbst die amerikanischen <strong>Universität</strong>en<br />

liefern zwar virtuelle Touren<br />

mit 360°-Panorama. Doch der<br />

,Kugelblick’ nach oben oder unten<br />

ist noch kaum zu finden“, sagt John<br />

Appoldt, der zusammen mit Margareta<br />

Weeber und ein paar anderen<br />

Kollegen das neue virtuelle Angebot<br />

entwickelt hat. Seit Sommer 2001<br />

sind die Computerspezialisten mit<br />

einer speziellen Fotoausrüstung auf<br />

dem Uni-Campus unterwegs, um<br />

LMU-Impressionen einzufangen.<br />

Eine Digitalkamera mit „Froschaugen“-Objektiv<br />

und einem speziellen<br />

Stativaufsatz liefert pro Motiv fünf<br />

120°-Bilder, die später am Computer<br />

Punkt für Punkt deckungsgleich<br />

aneinander montiert werden müssen.<br />

„Es ist schon eine Tüftelei, bis<br />

man die ideale Bilddarstellung<br />

erreicht“, sagt Margareta Weeber<br />

Wesentliche Hilfe dabei leistet eine<br />

Software, die Professor Helmut<br />

Dersch von der Fachhochschule in<br />

Furtwangen den LMU-Programmierern<br />

kostenlos überlassen hat.<br />

Die Navigation des virtuellen Rundgangs<br />

ist für die Besucher kinderleicht.<br />

Auf der Startpage werden<br />

zwei verschiedene Standard-Zugangsvarianten<br />

(Quicktime-Plugin<br />

ab Version 5 oder Java-Applets (PT-<br />

Viewer)) angeboten. Dann beginnt<br />

die Expedition durch die Uni: Die<br />

wichtigsten Bauten können unter<br />

„<strong>Universität</strong>sgebäude“ besichtigt<br />

werden, der „Großstadtdschungel“<br />

führt zu markanten Straßen, Kreuzungen<br />

und Plätzen im innerstädtischen<br />

Uni-Viertel und hinter „Sonstige<br />

Standorte“ verstecken sich oft<br />

genutzte Einrichtungen, die nicht<br />

direkt zur <strong>Universität</strong> gehören, wie<br />

die Bayerische Staatsbibliothek oder<br />

der Englische Garten.<br />

DER CLOU: DIE HOTSPOTS<br />

Übersichtskarten und Lagepläne<br />

bieten eine genaue Orientierung,<br />

von welchen Standpunkten aus<br />

man die virtuelle <strong>Universität</strong> betreten<br />

kann. Von dort kann sich der<br />

Besucher frei im Online-Panorama<br />

bewegen und Details heran- oder<br />

von sich wegzoomen. Ein kurzer<br />

Text versorgt den Besucher mit Wissenswertem<br />

über die jeweilige Station.<br />

Der besondere Clou des Rund-<br />

gangs sind allerdings die „Hotspots“.<br />

„Die Hotspots ermöglichen dem<br />

Besucher von einem Panorama ins<br />

nächste zu wechseln und somit per<br />

Mausklick tatsächlich quer durch<br />

die <strong>Universität</strong> zu wandeln“, erklärt<br />

Margareta Weeber. Ein Klick auf ein<br />

kleines Icon unterhalb des Panoramas<br />

zeigt die Hotspots farbig im<br />

Bild an, ein weiterer Klick auf die<br />

farbige Fläche ermöglicht den<br />

Schritt zur nächsten Station.<br />

Nach und nach wollen Margareta<br />

Weeber, John Appoldt und ihre<br />

Kollegen den virtuellen Rundgang<br />

auf die ganze <strong>Universität</strong> ausdehnen.<br />

„Natürlich ist das Projekt noch<br />

lange nicht komplett. Derzeit sind<br />

nur die wichtigsten Standorte rund<br />

um das Stammgelände im virtuellen<br />

Rundgang vertreten. Aber wir<br />

werden die Tour natürlich ausbauen“,<br />

kündigt Appoldt schon mal an.<br />

Das braucht Zeit und Personal: „Besonders<br />

für die Erweiterung der<br />

englischen Version des Rundgangs<br />

könnten wir den einen oder anderen<br />

englischen Muttersprachler gebrauchen.“<br />

■ oh<br />

Foto: LMU/Haak & Nakat<br />

MUM 03/2002 LMU – OFFICE<br />

31


MUM 03/2002 SERVICE<br />

32<br />

TIPPS &<br />

TERMINE<br />

■ UNTERRICHTSERFAHRUNG<br />

IM AUSLAND<br />

Der Pädagogische Austauschdienst<br />

(PAD) der Kultusministerkonferenz<br />

bietet angehenden Lehrern moderner<br />

Fremdsprachen und Studierenden<br />

anderer Studiengänge die Möglichkeit,<br />

als COMENIUS-Sprachassistenten<br />

sechs bis acht Monate<br />

an einer Schule des SOKRATES-Programms<br />

der europäischen Union im<br />

Ausland Unterrichtserfahrungen zu<br />

sammeln. Bewerber für das Austauschjahr<br />

2003/2004, das im September<br />

2003 beginnt, müssen mindestens<br />

vier Semester studiert<br />

haben und über Kenntnisse der<br />

jeweiligen Landessprache verfügen.<br />

Zu den Aufgaben der Fremdsprachenassistenten,<br />

die in der Regel<br />

zwölf Stunden pro Woche an der<br />

Gestaltung des Unterrichts mitwirken,<br />

gehören Übungen zur Sprache<br />

und Landeskunde sowie die Konversation<br />

in Kleingruppen, aber auch<br />

Aktivitäten außerhalb des Unterrichts<br />

wie etwa die Mitarbeit<br />

in einer Theater-<br />

AG. Während ihrer<br />

Assistenzzeit<br />

erhalten die<br />

Teilnehmer<br />

DER SATIRIKER HELMUT ECKL* HAT DAS WORT<br />

ECKLS ECK<br />

Semesterferien<br />

DVawoitung schnauft durch.<br />

Da Kanzler grüaßt.<br />

DMiniröck von de Studentinnen<br />

genga ma ob.<br />

LMU-Rucksäck kriagst<br />

in da U-Bahn net ind Lätschn.<br />

DProfessoren hom koa Problem.<br />

I kriag an Leberkaas.<br />

As Telefon is freindlich.<br />

So an Urlaub brauchst hin und wieder.<br />

* HELMUT ECKL IST LEITER DES REFERATS III B 4 DER LMU.<br />

einen monatlichen Unterhaltszuschuss,<br />

der die Lebenshaltungskosten<br />

deckt. Bewerbungsschluss für<br />

die USA und Kanada ist der 1.<br />

November, für alle anderen Länder<br />

der 1. Dezember. Weitere Informationen<br />

enthält die Broschüre „CO-<br />

MENIUS-Sprachassistenten“, die per<br />

E-Mail: pad.comenius@kmk.org und<br />

telefonisch: 0228 – 501 224 angefordert<br />

werden kann. Das Bewerbungsformular<br />

gibt es im Internet:<br />

www.kmk.org/pad/sokrates2.<br />

■ MEDIZINSYMPOSIUM<br />

Aus Anlass des 10. Todestages von<br />

Professor Friedrich Deinhardt veranstaltet<br />

das Max-von-Pettenkofer<br />

Institut für medizinische Mikrobiologie<br />

am 12. Juli ein Mini-Symposium.<br />

Für die Veranstaltung konnten<br />

drei Redner gewonnen werden: Professor<br />

M. Roggendorf vom Institut<br />

für Virologie der <strong>Universität</strong> Essen<br />

wird einen Vortrag zum Thema<br />

„Neue gentherapeutische Ansätze<br />

zur Behandlung der chronischen<br />

Hepatitis B“ halten. Über „Evolution<br />

und Ursprung von HIV – epidemiologische<br />

und molekulare Daten“<br />

spricht Professor Gürtler vom Institut<br />

für medizinische Mikrobiologie<br />

der <strong>Universität</strong> in Greifswald. Als<br />

dritter Redner wird Dr. Schätz vom<br />

Max-von-Pettenkofer Institut über<br />

„Prion-Erkrankungen: Prophylaktische<br />

und therapeutische Ansätze“<br />

referieren. Beginn der Veranstaltung<br />

ist 15 Uhr c.t., Hörsaal des Instituts,<br />

Pettenkoferstr. 9A. Mehr Informationen:<br />

Professor von der Helm und<br />

Professor Koszinowski, Tel.: 5160<br />

5257.<br />

■ SPINDE ABZUGEBEN<br />

Die Anatomische Anstalt der LMU<br />

sucht Personen, die etwas zu verstauen<br />

haben. Der Grund: Sie hat<br />

54 Garderobenspinde mit<br />

Münzschloss abzugeben.<br />

Die Spindgröße beträgt<br />

ca. 90x30x<br />

48 cm. Interessentenwen-<br />

■ FORUM HUMORUM<br />

Eine unerwartet steile Karriere<br />

hat Günter Karl, Mitarbeiter<br />

im Büro des Uni-Kanzlers Dr.<br />

Hendrik Rust, mit einem einzigen<br />

Federstrich gemacht: Bei<br />

der Wahl zum erweiterten<br />

Senat der <strong>Universität</strong> war Karl<br />

auf der Wahlvorschlag-Liste 1<br />

der Unabhängigen Mitarbeiter<br />

als Vertreter der Zentralen <strong>Universität</strong>sverwaltung<br />

auf Platz 8<br />

zu finden. Für die Beförderung<br />

sorgte ein kleiner Zusatz hinter<br />

dem Namen des Kandidaten:<br />

„Kanzler“ stand dort klar zu<br />

lesen. Welchen Job Rust derweil<br />

übernommen hat, ist nicht<br />

bekannt.<br />

den sich an: Herrn Benz, Anatomische<br />

Anstalt, Pettenkoferst. 11, Tel.:<br />

5160 4804.<br />

■ OFFENES FECHTTURNIER<br />

Die Fechtabteilung des Hochschulsports<br />

veranstaltet in Zusammenarbeit<br />

mit dem USC <strong>München</strong> am 20.<br />

und 21. Juli im ZHS ein offenes<br />

Hochschulturnier im Florett- und<br />

Degenfechten. Dazu sind alle Studierenden<br />

und hauptamtliche Mitarbeiter<br />

in- und ausländischer<br />

Hochschulen zugelassen. Die Teilnehmerzahl<br />

pro Wettkampf ist beschränkt:<br />

40 Teilnehmer im Damenund<br />

Herrenflorett, 45 im Herrenund<br />

40 im Damendegen. Meldungen,<br />

unter Angabe der Hochschulzugehörigkeit,<br />

werden in der Reihenfolge<br />

des Eintreffens berücksichtigt<br />

und können postalisch, via<br />

Fax oder E-Mail erfolgen. Meldeschluss<br />

ist der 15. Juli. Verspätete<br />

Meldungen werden nur bei Zahlung<br />

eines erhöhten Meldegeldes angenommen.<br />

Bitte eine Telefon- oder<br />

Faxnummer angeben, damit im Falle<br />

einer Nichtberücksichtigung abgesagt<br />

werden kann. Das Meldegeld<br />

beträgt je Waffe 5 €; Zahlung bei<br />

Turnierbeginn. Weitere Infos und<br />

Meldeadresse: Sportzentrum, Abteilung<br />

Hochschulsport, Fachgebiet<br />

Fechten, Conollystr. 32, 80809 <strong>München</strong>,<br />

Fax: 289 24 664, E-Mail: roessler@zv.tum.de.<br />

Auswärtige können<br />

Unterkünfte über das Fremdenverkehrsamt<br />

der Stadt <strong>München</strong>,<br />

Sendlinger Str.1, 80331<br />

<strong>München</strong>; Tel.: 2330<br />

300, Fax: 23 330<br />

233 erfragen.<br />

■ ZUSATZQUALIFIKATION<br />

FÜR STUDIERENDE<br />

Das Institut Student und Arbeitsmarkt<br />

der LMU bietet Studierenden<br />

aller Fachbereiche wieder Kurse als<br />

berufliche Zusatzqualifikationen an.<br />

Die Kurse sind: EDV-Office, Einführung<br />

BWL/VWL, Projektmanagement,<br />

Access, Marketing/Vertrieb,<br />

Wissensmanagement, Excel, Personal,<br />

Maschinenschreiben, Internet,<br />

Öffentlichkeitsarbeit, Wirtschaftssprachen,<br />

Java Script, Auslandsgeschäft,<br />

Bewerbungstrainings und<br />

vieles mehr. Sie sind im Kurspaket<br />

oder als Einzelkurs absolvierbar.<br />

Bewerbungsunterlagen können<br />

Mo., Di., Do. und Fr. von 9 bis 12 Uhr<br />

im Institut Student und Arbeitsmarkt,<br />

<strong>Ludwig</strong>str. 27, 1. Stock (über<br />

Wendeltreppe), Zimmer 130, abgeholt<br />

werden. Bewerbungsschluss ist<br />

der 12. Juli. Bei der Bewerbung werden<br />

Studierende geistes-, sozialund<br />

naturwissenschaftlicher Fächer<br />

bevorzugt. Weitere Infos: www.sa.uni-muenchen.de.<br />

PREISE &<br />

STIPENDIEN<br />

■ WISSENSCHAFTSPREIS FÜR<br />

INTERKULTURELLE STUDIEN<br />

Das Forum Interkulturelles Leben<br />

und Lernen (FILL) e.V., ein Zusammenschluss<br />

von Vertretern aus Kultur,<br />

Politik, Verwaltung und Wirtschaft<br />

mit ausländischen Vereinen,<br />

hat das Ziel, die multikulturelle<br />

Wirklichkeit aufzugreifen und für<br />

ein besseres Miteinander verschiedener<br />

Kulturen zu arbeiten. Auch die<br />

Wissenschaft soll stärker in diese<br />

Bemühungen eingebunden werden.<br />

Dazu schreibt FILL in Zusammenarbeit<br />

mit der <strong>Universität</strong> und der<br />

Stadt Augsburg den mit 5.000 €<br />

dotierten Förderpreis zum Generalthema<br />

„Interkulturelle Wirklichkeit<br />

in Deutschland: Fragen und<br />

Antworten auf dem Weg zur offenen<br />

Gesellschaft“ aus. Zugelassen<br />

sind wissenschaftliche Arbeiten, die


maximal zwei Jahre vor dem jeweiligen<br />

Bewerbungsschluss an einer<br />

deutschen <strong>Universität</strong> vorgelegt<br />

wurden. Bewerbungen sind an das<br />

Rektoramt der <strong>Universität</strong> Augsburg,<br />

<strong>Universität</strong>sstr. 2, 86159 Augsburg,<br />

zu richten. Kontakt und weitere<br />

Infos: Dr. Peter Kolb, E-Mail:<br />

peter.kolb@rektorat.uni-augsburg.<br />

de und www.fill.de. Bewerbungsschluss<br />

ist der 30. September 2002,<br />

die Verleihung wird im Mai 2003<br />

stattfinden.<br />

■ ERNST-ENGELBRECHT-<br />

GREVE-PREIS 2003<br />

Der Ernst-Engelbrecht-Greve-Preis,<br />

benannt nach dem ehemaligen<br />

Landwirtschaftsminister von Schleswig-Holstein,<br />

ist dem ländlichen<br />

Raum gewidmet. Der Bund der<br />

Deutschen Landjugend und die R+V<br />

Versicherung sind Träger dieses<br />

Preises und unterstützen damit die<br />

Verbesserung von Lebens- und Bleibeperspektiven<br />

für junge Menschen<br />

in den ländlichen Räumen. Damit<br />

sollen herausragende und innovative<br />

Projekte, Aktionen und Maßnahmen<br />

in den Bereichen regionale Entwicklung,<br />

Grüne Berufe und Jugendarbeit<br />

gefördert werden. Der<br />

Preis in Höhe von 10.000 € wird alle<br />

zwei Jahre auf der Internationalen<br />

Grünen Woche in Berlin an Personen<br />

unter 35 Jahren oder an Jugendorganisationen<br />

aus dem ländlichen<br />

Raum vergeben. Eine Aufteilung<br />

des Preises ist möglich. Abgabefrist<br />

ist der 31. Juli 2002. Weitere<br />

Informationen unter www.landjugend.de<br />

oder beim Bund der Deutschen<br />

Landjugend, Reinhardtstr. 18,<br />

10117 Berlin, Tel.: 030-31904-<br />

258.E-Mail: info@landjugend.de.<br />

■ GEOWISSENSCHAFTLERPREIS<br />

FÜR JUNGE WISSENSCHAFTLER<br />

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />

(DFG) hat einen neuen Forschungspreis<br />

ins Leben gerufen: den<br />

Bernd-Rendel-Preis für junge Geowissenschaftler.<br />

Der mit 1500 €<br />

dotierte Preis richtet sich an junge<br />

Diplom-Geowissenschaftler (Geologen,<br />

Mineralogen, Geophysiker,<br />

Ozeanographen, Geodäten), die<br />

nicht promoviert sind. Er wird dieses<br />

Jahr an fünf Personen vergeben.<br />

Diese Preise aus den vom Stifterverband<br />

für die Deutsche Wissenschaft<br />

verwalteten Erträgen der<br />

Bernd-Rendel-Stiftung sollen den<br />

Preisträgern die Teilnahme an internationalen<br />

Kongressen und Tagungen<br />

ermöglichen. Als Kriterien für<br />

die Preisvergabe gelten Qualität und<br />

Originalität der bisherigen Forschungsarbeiten,<br />

die jedoch nicht<br />

abgeschlossen sein müssen (Diplomarbeiten<br />

oder laufende Dissertationsarbeiten,<br />

ggf. andere Arbeiten).<br />

Besondere Beachtung bei der<br />

Preisvergabe sollen der gewählte<br />

Forschungsansatz sowie das wissenschaftliche<br />

Potenzial des Kandidaten<br />

finden. Möglich sind Eigenbewerbungen<br />

sowie Vorschläge von<br />

Kandidaten. Einzureichende Unterlagen<br />

sollten eine kurze, maximal<br />

einseitige Begründung, auch in Hinblick<br />

auf die Verwendung des Preises,<br />

enthalten, und schließlich einen<br />

kurzen tabellarischen Lebenslauf<br />

und Exemplare relevanter Arbeiten<br />

(Diplomarbeit, Manuskripte, Sonderdrucke)<br />

sowie eine kurze Beschreibung<br />

laufender Arbeiten. Die<br />

Unterlagen müssen bis zum 1. August<br />

eingeschickt werden an: Dr.<br />

Sören B. Dürr – Programmdirektor<br />

Geologie und Paläontologie, Bernd-<br />

Rendel-Preis 2002, 53170 Bonn.<br />

Weiter Informationen: Ute Bennerscheid,<br />

E-Mail: ute.bennerscheid@<br />

dfg.de, Tel.: 0228 – 885 2455.<br />

■ IDEENWETTBEWERB<br />

DES BMWI 2002<br />

Mit dem Programm „InnoNet – Förderung<br />

von innovativen Netzwerken“<br />

unterstützt das Bundesministerium<br />

für Wirtschaft und Technologie<br />

(BMWi) den Aufbau von Kooperationsnetzwerken<br />

zwischen Wirtschaft<br />

und Wissenschaft. Damit soll<br />

die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit<br />

von mittelständischen<br />

Unternehmen gestärkt werden.<br />

Mit nicht rückzahlbaren Zuwendungen<br />

fördert InnoNet jetzt<br />

zum vierten Mal Verbundprojekte<br />

zwischen Forschungseinrichtungen<br />

und Unternehmen für die Entwicklung<br />

von anspruchsvollen Produkten,<br />

Verfahren oder Dienstleistungen.<br />

Damit soll kleinen und mittleren<br />

Unternehmen der Zugang zum<br />

technologischen Know-how von<br />

Forschungseinrichtungen erleichtert<br />

werden. Projektträger ist die<br />

VDI/VDE-Technologiezentrum<br />

Informationstechnik GmbH (VDI/<br />

VDE-IT). Hier können bis zum 31. Juli<br />

2002 Ideenskizzen für innovative<br />

Verbundprojekte eingereicht wer-<br />

den. Die Laufzeit sollte nicht mehr<br />

als drei Jahre betragen. Teilnahmeunterlagen<br />

und weitere Informationen<br />

unter: www.vdivde-it.de/innonet.<br />

Ansprechpartner ist das<br />

VDI/VDE-Technologiezentrum<br />

Informationstechnik GmbH (VDI/<br />

VDE-IT), InnoNet, Rheinstr. 10B,<br />

14513 Teltow, Tel.: 03328 - 435-136,<br />

Fax: 03328 - 435-189; E-Mail: Inno-<br />

Net@vdivde-it.de.<br />

■ FÖRDERPREIS DER THERESE<br />

VON BAYERN-STIFTUNG<br />

Aus Anlass des 100-jährigen<br />

Jubiläums der Verleihung der Ehrendoktorwürde<br />

an die Forscherin und<br />

Mäzenin Prinzessin Therese von<br />

Bayern aus dem Hause Wittelsbach<br />

wurde im Jahr 1997 an der <strong>Universität</strong><br />

<strong>München</strong> die „Therese von<br />

Bayern-Stiftung zur Förderung von<br />

Frauen in der Wissenschaft“ ins<br />

Leben gerufen. Die Stiftung verfolgt<br />

unter anderem das Ziel, in regelmäßigen<br />

Abständen herausragende<br />

Wissenschaftlerinnen einzelner Fakultäten<br />

mit einem Förderpreis auszuzeichnen,<br />

um deren Motivation<br />

zur Hochschulkarriere zu unterstützen.<br />

Die nächste Preisvergabe findet<br />

innerhalb der Rechts-, Wirtschaftsund<br />

Sozialwissenschaftlichen Fakultäten<br />

im Mai 2003 statt, und<br />

zwar diesmal in der Bayerischen<br />

Akademie der Wissenschaften, deren<br />

erstes (und bislang einziges)<br />

weibliches Ehrenmitglied die Prinzessin<br />

war. Die Höhe des Preises<br />

beträgt 5.000 €, der Preis kann<br />

geteilt werden. Zentrale Auswahlkriterien<br />

bei der Preisvergabe sind<br />

laut Stiftungssatzung vor allem herausragende<br />

wissenschaftliche Leistungen,<br />

insbesondere in einem<br />

transdisziplinär konzipierten Forschungsvorhaben,<br />

sowie ein akademischer<br />

Karriereverlauf, der Vorbildfunktion<br />

für junge Wissenschaftlerinnen<br />

hat. Wissenschaftlerinnen<br />

aus den Rechts-, Wirtschafts-<br />

und Sozialwissenschaftlichen<br />

Fakultäten (Fak. 3-5,11,15)<br />

richten ihre Bewerbung bis zum 30.<br />

September 2002 an das Dekanat<br />

ihrer Fakultät. Weitere Auskünfte<br />

über die Vorsitzende des Kuratoriums<br />

der Stiftung: Dr. Hadumod<br />

Bußmann, Anwänden 3, 82067<br />

Ebenhausen/Isartal, Tel.: 08178-<br />

4483, Fax: 08178 - 3410, E-Mail:<br />

hadumod.bussmann@lrz.unimuenchen.de.<br />

■ AKTIONSPROGRAMM FÜR<br />

DAS JAHR DER CHEMIE 2003<br />

Zum vierten Mal schreibt der Stifterverband<br />

für die Deutsche Wissenschaft<br />

sein Aktionsprogamm<br />

„PUSH – Dialog Wissenschaft und<br />

Gesellschaft“ aus. Die Ausschreibung<br />

des Jahres 2002 dreht sich mit<br />

Blick auf das „Jahr der Chemie 2003“<br />

um Themen rund um die Chemie<br />

und wendet sich dabei besonders an<br />

die Fachbereiche und Institute für<br />

Chemie an Hochschulen und außeruniversitärenForschungseinrichtungen,<br />

die mit entfernteren Disziplinen<br />

wie den Geistes- und Sozialwissenschaften<br />

und interdisziplinären<br />

Arbeitsgebieten wie der Molekularbiologie,<br />

Biochemie, Materialwissenschaften<br />

oder Nanowissenschaften<br />

kooperieren. Angesprochen<br />

sind alle Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler, die sich<br />

mit ihren Projekten beispielsweise<br />

an Dialogpartner wie Kinder und Jugendliche,<br />

Familien, öffentliche Institutionen<br />

und Medien wenden. Die<br />

Projekte sollen den Prozess des wissenschaftlichen<br />

Arbeitens, den Alltagsbezug<br />

von Wissenschaft und<br />

Technik, sowie ihre Bedeutung für<br />

die Lösung von Zukunftsproblemen,<br />

im Dialog mit der Gesellschaft sichtbar<br />

machen. Denkbare Vorhaben<br />

wären die Ansprache von Kindergärten,<br />

Grundschulen und unterstufigen<br />

Klassen von weiterführenden<br />

Schulen, Mitmachaktionen, Diskussionsforen<br />

und Workshops bis<br />

hin zur Verarbeitung wissenschaftlicher<br />

Themen im Bereich „Chemie<br />

und Kunst“. Gefördert werden Projekte,<br />

die sich durch Nachhaltigkeit,<br />

Originalität und Aktualität auszeichnen.<br />

Es ist auch eine Teilfinanzierung<br />

von schon geförderten Projekten<br />

möglich. Für das gesamte<br />

Aktionsprogramm stehen insgesamt<br />

250.000 € zur Verfügung. Pro<br />

Projekt können 10.000 €, in Einzelfällen<br />

bis zu 25.000 € bewilligt werden.<br />

Die Bewerbungsfrist läuft noch<br />

bis 16. September 2002 (Poststempel).<br />

Das Merkblatt zur Antragsstellung<br />

und weiterführende Informationen<br />

können unter www.stifterverband.de<br />

oder bei Sandra Rohmann,<br />

Stifterverband der Deutschen<br />

Wissenschaft, Barkhovenallee 1,<br />

45239 Essen, Tel.: 0201-8401-170,<br />

Fax: 0201-8401-301, E-Mail: sandra.rohmann@stifterverband.deangefordert<br />

.<br />

MUM 03/2002 SERVICE<br />

33


Himmel und Erde im Blick:<br />

Geowissenschaftler auf Reformkurs.

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