Akzente 11_05.indd - Nordzucker AG
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<strong>Akzente</strong><br />
Dezember 2005 • Neues aus dem Unternehmen<br />
Aktuell<br />
Deutlich<br />
geringeres<br />
Jahresergebnis<br />
erwartet 9<br />
Rübe<br />
Ernte<br />
unter besten<br />
Bedingungen<br />
14<br />
Markt & Kunde<br />
Weltmarkt<br />
das unbekannte<br />
Wesen<br />
22<br />
<strong>Nordzucker</strong> fit machen<br />
für die Zukunft<br />
Die gemeinsame<br />
Wettbewerbsfähigkeit<br />
erhöhen
2 I Inhalt I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />
Auf ein Wort<br />
Aktuell<br />
<strong>Nordzucker</strong> fit machen für die Zukunft –<br />
WTO-Urteil zwingt zu Kapazitätsanpassungen<br />
Wettbewerbsfähigkeit erhöhen – Auch die<br />
Rübenbezahlung muss auf den Prüfstand<br />
<strong>Nordzucker</strong> erwartet für 2005/2006<br />
deutlich geringeres Jahresergebnis<br />
Welches EU-Land stimmt mit wie viel Gewicht?<br />
– Neues Abstimmungsprocedere<br />
Der süße Riese, den keiner kennt –<br />
Zuckerwirtschaft in Indien<br />
Rübe<br />
Kampagne 2005 bisher zufriedenstellend<br />
Rübenernte unter besten Bedingungen<br />
Schneller besser werden – Ein Betrieb aus dem<br />
nördlichen Vorharzgebiet stellt sich vor<br />
Ertragspotenziale im Anbaugebiet der <strong>Nordzucker</strong><br />
<strong>AG</strong> – Erträge steigern, Kosten senken<br />
Male Karpaty, Slowakei – Starke Regionen<br />
bei <strong>Nordzucker</strong> und was sie auszeichnet<br />
Dicksaft schont das Budget – Im Werk Tepla<br />
läuft die erste <strong>Nordzucker</strong>-Dicksaftkampagne<br />
Markt und Kunde<br />
Zucker könnte künftig knapp werden –<br />
Zucker-Weltmarkt: Das unbekannte Wesen<br />
Kurz vorgestellt: Xylit –<br />
ein zahnpflegender Zuckeraustauschstoff<br />
Für die süßen Augenblicke im Leben –<br />
SweetFamily zeigt mehr Gesicht<br />
Treffpunkt <strong>Nordzucker</strong><br />
Goetz von Engelbrechten<br />
im Aufsichtsrat von KWS<br />
Renaturierung im Fokus – Lehrter Teiche an<br />
Stiftung Kulturlandpflege übergeben<br />
Es ist fünf vor zwölf – Kampagnetreffen<br />
ehemaliger Führungskräfte<br />
3<br />
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Neue Felder<br />
Biodiesel oder Rapsöl als Kraftstoff? – Neue<br />
Felder informiert über Verwertung von Raps<br />
Das süße Rezept<br />
Pflaumen-Apfel-Strudel<br />
mit <strong>Nordzucker</strong> SweetFamily<br />
SweetFamily zeigt Gesicht<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong><br />
Küchenstrasse 9 · 38100 Braunschweig<br />
Telefon 0531 / 24 <strong>11</strong> - 0<br />
Telefax 0531 / 24 <strong>11</strong> - 106<br />
E-Mail akzente@nordzucker.de<br />
Redaktion:<br />
Gerald Dohme, Christian Kionka,<br />
Susanne Dismer-Puls (sdp) verantwortlich<br />
Layout und Satz:<br />
adconcept werbeagentur gmbh, Hannover<br />
Druck:<br />
CW Niemeyer Druck GmbH, Hameln, Aufl.: 17.500<br />
30<br />
32<br />
Aufmerksamkeit für die süßen Augenblicke im Leben:<br />
Rezeptbeilagen in Zeitschriften und Rezeptheftchen<br />
auf den Deckeln der Zuckerträume setzen die Sweet-<br />
Family-Backprodukte in Szene.
Sehr geehrte<br />
Rübenanbauer und Aktionäre,<br />
die Beratungen über die Reform der<br />
Zuckermarktordnung kommen in die<br />
entscheidende Phase. Ende November<br />
soll der EU-Agrarministerrat über die<br />
Reform der Zuckermarktordnung erstmals<br />
abstimmen. Das Europäische<br />
Parlament hat erklärt, seine notwendige<br />
Stellungnahme „nachzureichen“, so<br />
dass mit einem Votum gerechnet wird,<br />
das eine „brauchbare“ Aussage für die<br />
WTO-Verhandlungen in Hongkong<br />
darstellt. Seitens der EU-Kommission<br />
ist keine Bereitschaft erkennbar, das<br />
Alles-außer-Waffen-Abkommen (EBA)<br />
mit den ärmsten Ländern der Welt (LDC)<br />
zu modifizieren und diese Staaten in ein<br />
Quotenmanagement im Rahmen der<br />
EU-Zuckermarktordnung einzubinden.<br />
Auf der einen Seite deutet vieles darauf<br />
hin, dass der Fischer-Boel-Vorschlag mit<br />
einigen Nachbesserungen beim Restrukturierungsfonds<br />
und den Ausgleichszahlungen<br />
verabschiedet wird, auf der<br />
anderen Seite drohen die so genannten<br />
elf Randstaaten einschließlich Polen<br />
und Ungarn damit, den gesamten<br />
Vorschlag im Ministerrat zu blockieren,<br />
da sie maßgebliche Teile ihres Rübenanbaus<br />
verlieren würden.<br />
Das WTO-Panel vom 28. April 2005<br />
verbietet ab 2006 den Export von<br />
C-Zucker. Das Ende der Übergangsfrist<br />
ist inzwischen auf den 22. Mai 2006<br />
festgelegt worden – d.h. nach diesem<br />
Zeitpunkt darf kein C-Zucker mehr<br />
exportiert werden. <strong>Nordzucker</strong> musste<br />
auf diese WTO-Panelentscheidung mit<br />
einer Anpassung seiner Werkstruktur<br />
reagieren. Rund 200.000 Tonnen C-<br />
Zucker sind betroffen. Diese Menge<br />
sowie die wirtschaftlich erforderliche<br />
Kampagnelänge führten zum Beschluss<br />
des Aufsichtsrats, das Werk Wierthe nach<br />
der Kampagne 2005 und das Werk Groß<br />
Munzel nach der Kampagne 2006 zu<br />
schließen. Aufgrund der erforderlichen<br />
Einschränkung der Zuckererzeugung<br />
wird ab 2006 nur noch mit einer um<br />
rund 13 Prozent verminderten Anbaufläche<br />
und Rübenmenge zur Erfüllung<br />
der Höchstquote gerechnet. Eine planmäßige<br />
Erzeugung von Überschusszucker<br />
ist zu vermeiden.<br />
Die WTO-Verhandlungen in Hongkong<br />
werden ein weiter sinkendes Schutzniveau<br />
durch Zölle und Subventionen für<br />
landwirtschaftliche Produkte bringen.<br />
Mit der Liberalisierung der Märkte für<br />
den Handel von Hochtechnologie und<br />
Dienstleistungen gelangen landwirtschaftliche<br />
Interessen in Europa ins<br />
Hintertreffen und werden als Opfergabe<br />
gesehen. Zu groß sind die Interessen<br />
der Hersteller von Hochtechnologie,<br />
die in den Entwicklungs- und<br />
Schwellenländern zum Zug kommen<br />
wollen und das nur schaffen, wenn der<br />
Marktzugang für in erster Linie landwirtschaftliche<br />
Produkte aus diesen<br />
Regionen in Europa eingeräumt wird.<br />
Der durch den rasanten Anstieg der<br />
Rohrzuckerproduktion zu verzeichnende<br />
weltweite Trend zulasten des Rübenzuckers<br />
wird sich verstärken. Wachsende<br />
Zuckermärkte werden künftig nur auf<br />
den Weltmärkten und im Rohrzucker<br />
zu finden sein. <strong>Nordzucker</strong> und die<br />
Rübenanbauer haben sich auf die<br />
dringend erforderliche Erhöhung der<br />
Wettbewerbsfähigkeit einzustellen.<br />
Erträge steigern, Kosten senken, gilt<br />
für alle Beteiligten gleichermaßen.<br />
<strong>Nordzucker</strong> muss weiter wachsen, um<br />
Märkte zu sichern und zu besetzen.<br />
Das gilt zunächst für das Kerngeschäft<br />
Zucker aus Rübe in Europa. Aber die<br />
Beschäftigung mit dem Rohrzucker<br />
darf nicht außer Acht gelassen werden,<br />
um den Anschluss an die Märkte der<br />
Zukunft nicht zu verpassen. Nur wachsende<br />
Unternehmen, die Trends erkennen<br />
und handeln, werden bestehen.<br />
<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Auf ein Wort I 3<br />
Für landwirtschaftliche Betriebe gilt seit<br />
Generationen „wachsen oder weichen“.<br />
Gegen dieses Naturgesetz des Marktes<br />
lassen sich keine dauerhaften Alternativen<br />
etablieren. Der Markt bestimmt<br />
den Preis und daran hat sich die<br />
gesamte Wertschöpfungskette, vom<br />
Saatgut bis zum Zucker, zu orientieren.<br />
Glücklicherweise haben wir „nebenbei“<br />
eine bislang erfolgreich verlaufende<br />
Kampagne mit hohen Rübenqualitäten<br />
und guten Verarbeitungsleistungen zu<br />
verzeichnen. Lassen Sie uns im Bewusstsein<br />
unserer Stärken die notwendigen<br />
Maßnahmen ergreifen, um das Kerngeschäft<br />
zu entwickeln, Kunden zu<br />
binden und uns auf den Weltmärkten<br />
zu etablieren.<br />
Der Vorstand<br />
<strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong><br />
Dr. Ulrich Nöhle<br />
Jens Fokuhl<br />
Günter Jakobiak
4 I<br />
Aktuell I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />
<strong>Nordzucker</strong> fit machen<br />
für die Zukunft<br />
WTO-Urteil zwingt zu Kapazitätsanpassungen<br />
Bereits seit dem 28. April 2005 haben<br />
wir es schwarz auf weiß: Die EU hat<br />
den Streit mit Brasilien, Thailand und<br />
Australien um unzulässige Subventionen<br />
im Zuckerexport endgültig verloren.<br />
Rund drei Millionen Tonnen C-Zucker,<br />
die die EU jährlich im Durchschnitt auf<br />
dem Weltmarkt verkauft hat, können<br />
nach dem Ende der Umsetzungsfrist, also<br />
zum 22. Mai 2006, nicht mehr exportiert<br />
werden. Auch der Reexport von<br />
jährlich 1,3 Millionen Tonnen AKP-Zucker<br />
wird dann nicht mehr zulässig sein.<br />
WTO-Entscheidung trifft direkt<br />
Die WTO-Entscheidung trifft uns direkt:<br />
<strong>Nordzucker</strong> hat im Durchschnitt der<br />
vergangenen fünf Jahre rund 200.000<br />
Tonnen C-Zucker erzeugt und in Länder<br />
außerhalb der EU verkauft. Diese<br />
Menge entspricht<br />
„Man kann sich der Jahresproduktion<br />
fragen, wer gibt der von eineinhalb Wer-<br />
WTO eigentlich das ken.Produktionska- Recht zu bestimmen, pazität, die wir nach<br />
wer was herstellen Maßgabe des WTOoder<br />
exportieren darf Urteils künftig nicht<br />
und wer nicht?“<br />
mehr benötigen, weil<br />
wir sie nicht mehr<br />
nutzen dürfen. Diese Überkapazitäten<br />
gilt es nun ohne Zeitverzug abzubauen.<br />
<strong>Nordzucker</strong> wird die notwendige Anpassung<br />
in zwei Schritten vornehmen und<br />
das Werk Wierthe nach der Kampagne<br />
2005 sowie das Werk Groß Munzel<br />
nach der Kampagne 2006 stilllegen.<br />
Die Werksschließungen werden sozial<br />
verantwortlich ohne betriebsbedingte<br />
Kündigungen über ein unternehmensweites<br />
Vorruhestandsangebot umgesetzt.<br />
Europäische Union –<br />
das erfolgreiche Vorbild der WTO<br />
Man kann sich fragen, wer gibt der<br />
WTO eigentlich das Recht zu bestimmen,<br />
wer was herstellen oder exportieren<br />
darf und wer nicht? Wieso dürfen<br />
unsere Landwirte nicht das anbauen,<br />
was sie wollen? Und wieso darf <strong>Nordzucker</strong><br />
ihren Zucker nicht in freier<br />
unternehmerischer Entscheidung zum<br />
Weltmarktpreis wettbewerbsfähig<br />
Dr. Ulrich Nöhle,<br />
Vorstandsvorsitzender<br />
<strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong><br />
anbieten? Antworten auf diese Fragen<br />
ergeben sich aus der bisherigen<br />
Entwicklung der Europäischen Union.<br />
Die heutige Staatengemeinschaft ist<br />
über Jahrzehnte zusammen gewachsen,<br />
indem sie durch Zollabbau, freien<br />
Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen<br />
und Kapital „gerechtere“<br />
Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />
sowie gleiche Wettbewerbsbedingungen<br />
für die Wirtschaft geschaffen hat.<br />
WTO: EU-ähnliches Konzept,<br />
aber niedrigeres Niveau<br />
Meilensteine der Entwicklung der EU<br />
• Gründung der Montan-Union für<br />
Kohle und Stahl in 1951/1953<br />
(Unterzeichnung/Inkrafttreten)<br />
• Die Gründung der Europäischen<br />
Wirtschafts Gemeinschaft (EWG)<br />
sowie Euratom durch den Vertrag<br />
von Rom in 1957/1958. EWG und<br />
Euratom zusammen bilden seit<br />
dem Fusionsvertrag von1965/<br />
1967 die Europäischen Gemeinschaften<br />
mit Rat und Kommission.<br />
Die Welthandelsorganisation (WTO,<br />
world trade organisation) verfolgt ein<br />
ähnliches Konzept – allerdings auf weit<br />
niedrigerem Niveau. Als reine Handelsorganisation<br />
beschränkt sie sich auf die<br />
Absenkung von Ein- und Ausfuhrzöllen,<br />
den Abbau von Exportsubventionen<br />
• Der Maastricht Vertrag über die<br />
Gründung der Europäischen<br />
Union 1992/1993 bewirkte unter<br />
anderem die Umbenennung der<br />
EWG in EG.<br />
• Die Verträge von Amsterdam<br />
(1997/1999) und Nizza<br />
(2001/2003) brachten eine<br />
Konsolidierung von EU- und EG-<br />
Vertrag sowie eine institutionelle<br />
Reform.<br />
Ergebnis dieses Prozesses ist der politisch und wirtschaftlich<br />
stabile Raum Europäische Union.
und andere den Handel verzerrende<br />
Regelungen. Deutschland und die EU<br />
haben sich durch ihre Mitgliedschaft<br />
zur Einhaltung von WTO-Regeln und<br />
Vereinbarungen verpflichtet.<br />
Verbindlich für alle Mitglieder:<br />
WTO-Entscheidungen<br />
Bei Streitigkeiten zwischen WTO-<br />
Mitgliedern können einzelne Staaten<br />
eine Art Schiedsgericht anrufen, den<br />
so genannten Appelate Body in Genf.<br />
Eben das haben Brasilien, Thailand<br />
und Australien – die weltgrößten<br />
Zuckerexporteure – getan, weil sie<br />
der Meinung waren,<br />
„Bemerkenswert ist<br />
dabei, dass nicht<br />
etwa ein armes<br />
Land geklagt hat,<br />
um seine Exportchancen<br />
zu<br />
verbessern, sondern<br />
eben die größten<br />
Zuckerex porteure<br />
der Welt.“<br />
dass die EU den C-<br />
Zucker nur durch<br />
eine unzulässige<br />
Quersubven tio nierung<br />
aus der Quotenzuckererzeugung<br />
herstellen könne.<br />
Konkret heißt das:<br />
Nur weil die Rübenanbauer<br />
und die<br />
Zuckerindustrie auf<br />
der Grundlage der EU-Zuckermarktordnung<br />
Mindestpreise garantiert bekommen,<br />
konnten sie sich die Maschinen<br />
und Anlagen kaufen, mit denen sie<br />
über den EU-Verbrauch hinaus weiteren<br />
Zucker produzieren und zu Weltmarktpreisen<br />
absetzen. Ob nun richtig oder<br />
falsch – das WTO-Gericht hat entschieden,<br />
dass der C-Zucker nicht<br />
mehr exportiert werden darf und die<br />
EU und auch Deutschland müssen sich<br />
daran halten, ob wir als <strong>Nordzucker</strong><br />
das nun wollen oder nicht.<br />
Bemerkenswert ist dabei, dass nicht<br />
etwa ein armes Land geklagt hat, um<br />
seine Exportchancen zu verbessern,<br />
sondern eben die größten Zuckerexporteure<br />
der Welt, die schon heute 40<br />
Prozent des Exportmarktes bedienen.<br />
Wer die Tagespresse aufmerksam liest,<br />
entdeckt weitere Streitfälle ähnlicher<br />
Art: Prominente Beispiele sind der<br />
Bananenstreit zwischen der EU und<br />
den mittelamerikanischen Bananen<br />
exportierenden Staaten oder auch der<br />
anstehende Streit um unzulässige Subventionen<br />
zwischen Airbus und Boeing.<br />
Verschiebung ganzer Industriezweige<br />
Letztlich führt die neue „Welthandelsordnung“<br />
zur Verschiebung von<br />
ganzen Industriezweigen und damit<br />
verbunden zur Verschiebung von<br />
Arbeitsplätzen. Eindrucksvolles Beispiel<br />
aus jüngster Vergangenheit ist der<br />
Textilstreit zwischen der EU und China.<br />
China ist 2001 der WTO beigetreten.<br />
Seitdem sind hunderttausende neuer<br />
Arbeitsplätze im Textilsektor in China<br />
entstanden, während die wenigen verbliebenen<br />
in Europa entfallen. Auf der<br />
anderen Seite kaufen diese<br />
Länder Maschinen und<br />
Dienstleistun gen in<br />
der EU. Sie<br />
schaffen<br />
damit<br />
neue<br />
<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Aktuell I 5<br />
WTO-Doha-Runde: Auf der Suche nach neuen<br />
Formeln für freieren Warenverkehr<br />
Die Ursprünge der WTO liegen in den<br />
GATT-Verhandlungsrunden (General<br />
Agreement on Tarifs and Trade = Ver -<br />
einbarung über Zölle und Handel) aus<br />
den Jahren 1947 bis 1994, insbesondere<br />
in der so genannten Uruguay-<br />
Runde von 1986 bis 1994. Dem GATT<br />
folgte die Gründung der WTO im Jahre<br />
1995. Die WTO hat insgesamt 148<br />
Mitgliedstaaten.<br />
Sie konzentriert sich auf die Absenkung<br />
von Zöllen und Subven tionen,<br />
um für gerechtete Handelsbedingungen<br />
zwischen den beigetretenen<br />
Staaten zu sorgen. Aktuell werden<br />
verschiedene so genannte „Zollbänder“<br />
und „Zoll senkungsformeln“ intensiv<br />
diskutiert, deren Anwendung den<br />
freien Waren verkehr zwischen den<br />
148 beigetretenen Staaten erleichtert.<br />
Die nächsten Verhandlungen der so<br />
genannten Doha-Runde (Doha ist<br />
die Hauptstadt von Katar) sind für<br />
den 13. bis 18. Dezem ber 2005 in<br />
Hongkong vorgesehen.<br />
Arbeitsplätze – auch und insbesondere<br />
beim Exportweltmeister Deutschland.<br />
Zurzeit gewinnt nur der Billigste –<br />
Nachholbedarf bei den WTO-Statuten<br />
Diese Entwicklung „Unter den jetzigen<br />
lässt sich unter dem Bedingungen gewinnt<br />
Schlagwort „Globali- eben nicht der beste,<br />
sierung“zusammen- umwelt freundlichste<br />
fassen.Zollabsen- oder sozialste Marktteilkun<br />
gen und Subvennehmer, sondern eintions<br />
abbau führen fach nur der billigste“<br />
zu neuen Waren strömen.<br />
Umwelt- und Sozialbedin gungen<br />
spielen jedoch – noch – keine Rolle bei<br />
den WTO-Verhandlungen. Unter den<br />
jetzigen Bedingungen gewinnt eben<br />
nicht der beste, umwelt freundlichste<br />
oder sozialste Marktteil nehmer, sondern<br />
einfach nur der billigste. Die Er rungenschaften<br />
unserer mitteleuropäischen<br />
Zivilisation seit der industriellen Revolution<br />
des 19. Jahrhunderts<br />
u
6 I Aktuell I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />
werden durch solch eindimensionale<br />
Sichtweise zum Teil wieder rückgängig<br />
gemacht! Hier gibt es in der Tat einen<br />
deutlichen Nachholbedarf in den<br />
Statuten der WTO.<br />
Kein „Globalisierungsopfer“<br />
Ist <strong>Nordzucker</strong> also ein Globalisierungsopfer?<br />
Die Antwort könnte „ja“ lauten –<br />
in die Zukunft gerichtet heißt sie: „Die<br />
Welt ändert sich – wir verändern uns<br />
mit ihr und machen <strong>Nordzucker</strong> fit für<br />
die Zukunft!“ In vielen Schritten bereiten<br />
wir uns jetzt auf die bevorstehende<br />
Reform der Zuckermarktordnung<br />
vor. Die angekündigten deutlichen<br />
Preisabsenkungen fordern von uns<br />
neue betriebswirtschaftliche Konzepte,<br />
um im Markt bestehen zu bleiben –<br />
und um immer etwas besser zu sein<br />
als unser nächster Wettbewerber.<br />
Klare Ziele<br />
<strong>Nordzucker</strong> stellt sich diesem zunehmenden<br />
Wettbewerb. Die langfristigen<br />
Ziele sind klar formuliert:<br />
• Saatgut und landwirtschaftliche<br />
Flächen für die 18/80 Rübe (18<br />
Prozent Zuckergehalt und 80<br />
Tonnen Rüben je Hektar)<br />
• 120 Tage Kampagne<br />
• 1.500 Tonnen erzeugter Zucker pro<br />
Mitarbeiter in unseren Werken<br />
• kundenorientierte<br />
Unternehmensführung<br />
• schlanke Strukturen<br />
Entscheidungsparameter Werksstruktur<br />
Die Werke Wierthe und Groß Munzel<br />
wurden auf Basis breiter Analysen als<br />
Schließungsstandorte identifiziert. Einzelne<br />
Parameter geben kein umfassendes<br />
Bild über die Zusammenhänge.<br />
Entscheidend war das entwickelte<br />
Gesamtbild auf Basis aller Faktoren.<br />
Strategische Parameter<br />
• relative Vorzüglichkeit der Rübe<br />
• Potential Anteil der Rübenfläche<br />
• Ertragsmesszahl (Bodenpunkte)<br />
• Kapitalmarktorientierung der<br />
<strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong><br />
• europaweites und langfristig weltweites<br />
Geschäft mit Zucker und<br />
süßen Kohlenhydraten<br />
Mit den anstehenden Werkschließungen<br />
geht <strong>Nordzucker</strong> einen weiteren Schritt<br />
in diese Richtung. Für alle betroffenen<br />
Mitarbeiter zweifellos ein harter Schritt –<br />
aber der richtige und notwendige<br />
Schritt für <strong>Nordzucker</strong>, für die Zukunftsfähigkeit<br />
unseres Unternehmens und<br />
damit für uns alle.<br />
Wir machen <strong>Nordzucker</strong> fit für die<br />
Zukunft – helfen Sie mit! ■<br />
• Lage zu unseren Kunden (Transportentfernung<br />
Fertigware)<br />
Ökonomische Parameter<br />
• Einmaleffekte<br />
• Mehraufwendungen<br />
• laufende Einsparungen<br />
Umwelt- und Standortbedingungen<br />
• Wasser<br />
• Emissionen<br />
• Lage
Die gemeinsame<br />
Wettbewerbsfähigkeit erhöhen<br />
Auch die Rübenbezahlung muss auf den Prüfstand<br />
Die Reform der Zuckermarktordnung<br />
sieht drastische Preissenkungen bei<br />
Rüben und Zucker vor. Die EU-Kommission<br />
ist der Ansicht, dass sich der<br />
zu erwartende Mengendruck aus dem<br />
„Alles außer Waffen“ - Abkommen (EBA)<br />
mit den am wenigsten entwickelten<br />
Ländern der Erde (LDC-Staaten) durch<br />
drastische Preissenkungen zumindest<br />
teilweise vermindern lässt. Darüber<br />
hinaus strebt die EU-Kommission an,<br />
dass nur die wettbewerbsfähigsten<br />
Regionen in der Europäischen Union<br />
die Rüben- und Zuckerproduktion aufrechterhalten.<br />
Wettbewerbsfähig sind<br />
die Regionen, die zu Preisen produzieren<br />
können, die am Markt erzielt werden<br />
und darüber hinaus einen höheren<br />
Gewinn erwirtschaften als mit einer<br />
anderen Kultur zu erzielen ist.<br />
<strong>Nordzucker</strong> teilt mit seinen Rübenanbauern<br />
in Norddeutschland eine Region,<br />
die zu den wettbewerbsfähigsten<br />
in Europa zählt. Die Zuckererzeugung<br />
aus Rübe wollen wir in gemeinsamer<br />
Anstrengung und unter Ausschöpfung<br />
aller Potenziale dauerhaft wirtschaftlich<br />
erfolgreich gestalten.<br />
Bisherige Maßnahmen<br />
reichen nicht aus<br />
Schließungen von Werken sind nur ein<br />
Mittel zur Kostensenkung, das immer<br />
einen gravierenden Einschnitt bedeutet.<br />
Um unseren Zucker wettbewerbsfähig<br />
zu halten, reichen die bisher durchgeführten<br />
Rationalisierungsmaßnahmen<br />
zukünftig nicht mehr aus. Deshalb müssen<br />
auch bei der Rübenbezahlung eine<br />
Reihe von Nebenleistungen auf den<br />
Prüfstand und mit dem Dachverband<br />
Norddeutscher Zuckerrübenanbauerverbände<br />
e. V. (DNZ) neu verhandelt<br />
werden.<br />
<strong>Nordzucker</strong> lässt sich bei den Überlegungen<br />
zur Rübenbezahlung ab 2006<br />
von folgenden Grundsätzen leiten:<br />
Anbauer- und Aktionärsinteressen<br />
berücksichtigen<br />
Die Rübenbezahlung muss sich an der<br />
Ertragskraft des Unternehmens, der<br />
Notwendigkeit zu innovativen Aufgaben<br />
unter Berücksichtigung von Markt-<br />
und Zukunftsrisiken orientieren. Außerdem<br />
sind die Interessen von Aktionären<br />
und Rübenanbauern gleichermaßen zu<br />
berücksichtigen. Diese nach wie vor<br />
aktuelle Vorgabe aus dem Celler<br />
Zielsetzungspapier meint nichts anderes,<br />
als dass die nachhaltige<br />
Entwicklung des Unternehmens<br />
(Wachstum) und die Verzinsung des<br />
dafür zur Verfügung gestellten Kapitals<br />
gesichert sein muss und die Rübenbezahlung<br />
in einem angemessenen Verhältnis<br />
dazu steht.<br />
Leistung für Gegenleistung<br />
Eine (Neben-) Leistung wird für Gegenleistung<br />
gewährt. Das heißt, der Wert<br />
der Leistung und die dafür aufgewendeten<br />
Zahlungen, beziehungsweise<br />
Prämien müssen in einem ausgewogenen<br />
Verhältnis zueinander stehen.<br />
Dienstleistungen werden nach Marktgesichtspunkten<br />
entlohnt. Dienstleistungen,<br />
für die ein Wettbewerb besteht,<br />
werden zu wettbewerbskonformen<br />
Tarifen entlohnt. Das bedeutet ausdrücklich<br />
auch die Einhaltung eines<br />
definierten Qualitätsniveaus bei der<br />
Arbeitserledigung. Als Beispiele gelten<br />
dafür die Tarife für Rübenfrachten,<br />
Laden und Reinigen sowie<br />
Dienstleistungen zur Mietenpflege.<br />
Außerdem müssen geeignete Maßnahmen<br />
getroffen werden, um un-<br />
<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Aktuell I 7<br />
Günter Jakobiak,<br />
Vorstandsmitglied<br />
<strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong><br />
günstige Einflüsse auf die Zuckererzeugung<br />
zu minimieren.<br />
Ein wichtiges Thema ist die Vermeidung<br />
von Überschusszucker aus Quotenrüben,<br />
da durch die Entscheidung des<br />
WTO-Panels am 28. April 2005 der<br />
Export von C-Zucker untersagt wurde.<br />
Für diesen so genannten „Überschusszucker“<br />
lässt sich im ungünstigsten<br />
Fall ab Mai 2006 überhaupt kein Erlös<br />
mehr erzielen. Insofern ist <strong>Nordzucker</strong><br />
gezwungen, die Zuckererzeugung aus<br />
Mehrrüben nur in dem Rahmen zu-<br />
zulassen, wie Absatzmöglichkeiten im<br />
Inland, so, wie sie die Zuckermarktordnung<br />
vorsieht, bestehen.<br />
Ziele und Maßnahmen<br />
• 15 Tonnen Rübe = 80/18, (80<br />
Tonnen pro Hektar Rübenertrag<br />
mit 18 Prozent Zuckergehalt)<br />
• Anbaustrukturen optimieren<br />
• Arbeitserledigungskosten<br />
reduzieren<br />
• Die Rübenbezahlung nach<br />
folgenden Grundsätzen:<br />
- marktgerechte Vergütung der<br />
Dienstleistungen Transport, Laden<br />
und Reinigen, Mietenpflege<br />
- ausgewogenes Verhältnis von Nebenleistung<br />
und Wert der Leistung<br />
• Verlängerung der Kampagnen<br />
von 95 auf 100 Tage, mittelfristig<br />
auf 120 Tage<br />
• Senkung der Verarbeitungs- und<br />
Vertriebskosten<br />
u
8 I Aktuell I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />
120 Tage müssen erreicht werden<br />
Die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der<br />
Rübenzuckerproduktion ist am wirksamsten<br />
durch eine Verlängerung der<br />
Kampagnen zu erzielen. Die Maßnahmen<br />
der vergangenen Jahre, als unter<br />
stagnierendem Zuckerpreis die Wirtschaftlichkeit<br />
ebenfalls ständig erhöht<br />
werden musste, führten bereits zu<br />
Kampagnelängen von 90 bis 95 Tagen.<br />
Das heißt, ein Kampagnezeitraum von<br />
Mitte September bis Weihnachten kann<br />
als normal angesehen werden. Kurzfristig<br />
werden 100 Tage Kampagnelänge<br />
angestrebt, mittelfristig müssen sogar<br />
120 Tagen erreicht werden.<br />
Wichtig bleibt eine wirksame Mietenpflege,<br />
die in den vergangenen Jahren<br />
etabliert wurde. Rübenanbauer und<br />
<strong>Nordzucker</strong> profitieren durch verbesserte<br />
Qualität und geringere Verluste<br />
beziehungsweise höhere Verarbeitbarkeit<br />
der Rüben.<br />
Gemeinsame Anstrengung<br />
Die Steigerung der Rübenerträge und<br />
-qualität (80 Tonnen Rübenertrag pro<br />
Hektar mit 18 Prozent Polarisation für<br />
15 Tonnen Zucker) verlangt viele<br />
gemeinsame Anstrengungen und eine<br />
effektive Beratung. Die Berater des<br />
<strong>Nordzucker</strong>-Rübenmanagements werden<br />
die Multiplikatoren und Landwirte<br />
bei diesen Aufgaben unterstützen.<br />
Die Rübenbezahlung der <strong>Nordzucker</strong><br />
wird auch weiterhin zur Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Zuckerrübe an unseren<br />
norddeutschen Standorten beitragen.<br />
Gemeinsame Anstrengungen in den<br />
Strukturen und bei den Produktions-<br />
und Stückkosten sind jedoch erforderlich,<br />
um die Wettbewerbsfähigkeit<br />
unseres Zuckers bei den Kunden zu<br />
sichern. ■<br />
2005 zum letzten Mal auf Hochtouren:<br />
die Zuckerfabrik Wierthe (oberes Bild)<br />
Das <strong>Nordzucker</strong>-Werk Groß Munzel wird nach der<br />
Kampagne 2006 geschlossen (unten)
<strong>Nordzucker</strong> erwartet für 2005/2006<br />
deutlich geringeres Jahresergebnis<br />
Verspätete Deklassierung bringt Einbußen<br />
für die gesamte EU-Zuckerbranche<br />
<strong>Nordzucker</strong> wird das sehr gute Ergebnis<br />
des Vorjahres im laufenden Geschäftsjahr<br />
2005/2006 nicht erreichen. Der mit<br />
der Vorjahreskampagne vergleichbaren<br />
guten Kampagne 2005 mit hohen<br />
Rüben- und Zuckererträgen, hohen<br />
Zuckergehalten und einer guten Qualität<br />
der Rübe stehen deutlich gestiegene<br />
Energiekosten und ein verstärkter Wettbewerb<br />
in der Europäischen Union<br />
gegenüber. Zuckerabsatz und -preise<br />
haben sich im ersten Halbjahr 2005/<br />
2006 aufgrund des unerwartet hohen<br />
Zuckerangebotes aus den zehn neuen<br />
EU-Staaten sowie der von der EU-<br />
Kommission für die Kampagne 2004<br />
unterlassenen Deklassierung wenig<br />
erfreulich entwickelt. Verbunden damit<br />
sind deutliche Erlösminderungen beim<br />
Termine Hauptversammlungen<br />
2005<br />
In Abstimmung mit den Holdings<br />
der <strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong> sind für die<br />
Haupt-, beziehungsweise Gesellschafterversammlungen<br />
folgende<br />
Termine vorgesehen:<br />
Union Zucker Südhannover GmbH<br />
Mittwoch, 05. Juli 2006, 10.00 Uhr<br />
Nordharzer Zucker <strong>AG</strong><br />
Mittwoch, 12. Juli 2006, 10.00 Uhr<br />
<strong>Nordzucker</strong> Holding <strong>AG</strong><br />
Donnerstag, 13. Juli 2006, 10.00 Uhr<br />
<strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong><br />
Freitag, 14. Juli 2006, 10.00 Uhr<br />
Versammlungsorte sind wie gewohnt<br />
die Stadthalle Braunschweig,<br />
beziehungsweise das Berghölzchen<br />
Hildesheim für die Gesellschafterversammlung<br />
der Union-Zucker.<br />
Export von Quotenzucker. Erstmalig<br />
seit 20 Jahren wurde in der EU wieder<br />
Zucker zur Intervention gegeben. Die<br />
insgesamt zu erwartenden Erlöseinbußen<br />
werden das <strong>Nordzucker</strong>-Ergebnis<br />
im laufenden Geschäftsjahr 2005/2006<br />
deutlich vermindern.<br />
Die angespannte Situation auf dem<br />
europäischen Zuckermarkt trifft ebenfalls<br />
unsere osteuropäischen Beteiligungen.<br />
So wird insbesondere Polen,<br />
wo 2004 positive Einmaleffekte realisiert<br />
werden konnten, nicht an das<br />
hervorragende Vorjahresergebnis<br />
anknüpfen. <strong>Nordzucker</strong> hat sowohl in<br />
Polen als auch in Ungarn Zucker der<br />
Intervention angedient.<br />
Schnelle Wende vorerst nicht in Sicht<br />
Im September 2005 hatte die EU-Kommission<br />
für das Zuckerwirtschaftsjahr<br />
2005/2006 die aus Sicht der Branche<br />
lange überfällige Deklassierung in Höhe<br />
von 1,9 Millionen Tonnen Quotenzucker<br />
entschieden. Das bedeutet EU-weit<br />
10,4 Prozent Kürzung der A-B-Quote,<br />
für die <strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong> entspricht dies<br />
14,3 Prozent der nationalen Höchstquote.<br />
Perspektivisch rechnen wir<br />
durch diese EU-Entscheidung mit einer<br />
Entlastung und Trendwende auf den<br />
europäischen Inlandsmärkten. Diese<br />
Trendwende ist allerdings abhängig<br />
von einem mit der Zuckernachfrage<br />
ausgeglichenen Zuckerangebot innerhalb<br />
der EU, das heißt insbesondere die<br />
Vermarktung des Interventionszuckers<br />
innerhalb der EU oder als Exportware<br />
wird unter anderem die weitere<br />
Entwicklung auf dem europäischen<br />
Binnenmarkt entscheidend beeinflussen.<br />
Die Deklassierung bedeutet vorerst jedoch<br />
noch keine schnelle positive Wende<br />
für das Zuckergeschäft. Zunächst führt<br />
die Deklassierung aufgrund geringerer<br />
<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Aktuell I 9<br />
Jens Fokuhl,<br />
Vorstandsmitglied<br />
<strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong><br />
Quotenzuckermengen bei <strong>Nordzucker</strong><br />
zu rückläufigen Umsätzen.<br />
Drastisch gestiegene Energiepreise<br />
In der laufenden Kampagne erhöhen<br />
außerdem erheblich gestiegene Energiepreise<br />
die Produktionskosten. Durchgehend<br />
hohe Qualitäten der Rüben<br />
und die damit verbundene gute<br />
Verarbeitbarkeit können die drastisch<br />
gestiegenen Energiekosten bei weitem<br />
nicht ausgleichen.<br />
Einmaleffekte aus Sozialplan<br />
und Abschreibungen<br />
Belastet wird das Ergebnis des Geschäftsjahrs<br />
2005/2006 darüber hinaus durch<br />
die Bildung von Rückstellungen für den<br />
nach den Schließungsbeschlüssen für<br />
die Werke Wierthe und Groß Munzel<br />
verabschiedeten Sozialplan sowie<br />
durch zusätzliche Abschreibungen.<br />
Das Marktgeschehen in der Europäischen<br />
Union zeigt, wie sehr die Reform<br />
der Europäischen Zuckermarktordnung<br />
ihre Schatten bereits voraus wirft. Trotz<br />
kontinuierlicher Optimierung aller<br />
Kostenpositionen in den vergangenen<br />
Jahren zeigt der Verlauf des diesjährigen<br />
Geschäftsjahres, wie intensiv weiterhin<br />
alle Einsparmöglichkeiten und Erlösverbesserungen<br />
genutzt werden müssen.<br />
Die eingeleitete Maßnahme mit der<br />
Schließung der Werke Wierthe und<br />
Groß Munzel ist ein wichtiger Beitrag,<br />
um die Ertragsfähigkeit der <strong>Nordzucker</strong><br />
langfristig zu sichern. ■
10 I<br />
Aktuell I <strong>Akzente</strong> November 2005<br />
Welches EU-Land stimmt<br />
mit wie viel Gewicht?<br />
Neues EU-Abstimmungsprocedere<br />
bei der ZMO-Reform<br />
Die Verabschiedung der künftig geltenden<br />
Zuckermarktordnung steht an.<br />
Während Entscheidungstermin und<br />
endgültiger Inhalt offen sind, ist der<br />
Weg durch die EU-Instanzen klar<br />
geregelt. Nach Artikel 37 Absatz 2 des<br />
EG-Vertrages werden Verordnungen<br />
für die gemeinsame Agrarpolitik der<br />
Gemeinschaft durch den Rat mit<br />
qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag<br />
der Kommission und nach Anhörung<br />
des Europäischen Parlaments erlassen.<br />
Aus dieser Vorschrift ergibt sich für<br />
die Verabschiedung der ZMO-Reform<br />
folgender Verfahrensablauf:<br />
1. Die EU-Kommission unterbreitet<br />
dem EU-Parlament einen Vorschlag<br />
zur zukünftigen Zuckermarktordnung.<br />
Dieser Verordnungsvorschlag liegt seit<br />
dem 22. Juni 2005 vor und sieht eine<br />
Kürzung des Rübenmindestpreises von<br />
42 Prozent und eine Kürzung des<br />
Zuckerpreises um 39 Prozent gegenüber<br />
dem heutigen Niveau vor.<br />
2. Das EU-Parlament nimmt Stellung<br />
zu dem Vorschlag. Dieser Beschluss des<br />
Parlaments wird gemäß Artikel 198 des<br />
EG-Vertrages mit der absoluten Mehrheit<br />
der abgegebenen Stimmen gefasst.<br />
Zwischenzeitlich hat das Parlament, trotz<br />
eindringlicher Appelle der Kommission,<br />
die Arbeiten zu beschleunigen, angekündigt,<br />
seine Stellungnahme erst im<br />
Januar 2006 abgeben zu wollen. Da<br />
der Europäische Rat ohne Stellungnahme<br />
des Parlaments die Verordnung zur<br />
Zuckermarktordnung nicht beschließen<br />
kann, ist mit einer Beschlussfassung über<br />
die zukünftige Zuckermarktordnung<br />
vor dem Beginn der WTO-Verhandlungen<br />
in Hongkong, die im Dezember<br />
2005 stattfinden, nicht zu rechnen.<br />
ZMO-Reform braucht<br />
qualifizierte Mehrheit<br />
Stefan Mühl,<br />
Justitiar (li.),<br />
Thomas Graf, Marktordnungsfragen<br />
3. Der EU-Ministerrat erlässt, wenn die<br />
Stellungnahme des Parlaments vorliegt,<br />
die neue Verordnung zur Zuckermarktordnung.<br />
Voraussichtlich wird dies wegen<br />
der erst im Januar 2006 zu erwartenden<br />
Stellungnahme des Parlaments nicht<br />
vor Februar 2006 möglich sein. Gemäß<br />
Artikel 37 Absatz 2 des EG-Vertrages ist<br />
die zukünftige Zuckermarktordnung<br />
durch den Rat mit qualifizierter Mehrheit<br />
zu beschließen, wobei Artikel 205<br />
des EG-Vertrages regelt, welche Hürden<br />
der Rat im einzelnen zu nehmen hat.<br />
Die qualifizierte Mehrheit im Rat ist<br />
erreicht, wenn:<br />
• Die Mehrheit der Mitgliedstaaten<br />
dem Reformvorschlag zustimmt und<br />
gleichzeitig<br />
• mindestens 232 von insgesamt 323<br />
Stimmen im Rat der neuen Verordnung<br />
zustimmen. Dies entspricht einer Mehrheit<br />
von 72,3 Prozent aller Stimmen im Rat der<br />
Europäischen Union. Die 25 Mitgliedsstaaten<br />
der Europäischen Union verfügen –<br />
ähnlich wie im Bundesrat der Bundesrepublik<br />
Deutschland – über unterschiedliche<br />
Stimmgewichte im Rat. Die Stimmenverteilung<br />
berücksichtigt zwar die Größe<br />
der Mitgliedsländer, entspricht aber nicht<br />
dem genauen Bevölkerungsverhältnis.<br />
So verfügt zum Beispiel die Bundesrepublik<br />
Deutschland mit 29 Stimmen<br />
im Rat über genauso viele Stimmen wie<br />
Frankreich, obwohl in Deutschland etwa<br />
23 Millionen EU-Bürger mehr leben als<br />
in unserem westlichen Nachbarland.<br />
(Zur Verteilung aller Stimmen des Rates<br />
auf die einzelnen Mitgliedsstaaten der<br />
EU vergleiche Tabelle Stimmverteilung).<br />
• Darüber hinaus kann ein Mitgliedstaat<br />
fordern, dass überprüft wird, ob<br />
durch die befürwortenden Stimmen<br />
mindestens 62 Prozent der Gesamtbevölkerung<br />
der EU vertreten werden.<br />
Ist das nicht der Fall, gilt der Beschluss<br />
als abgelehnt.<br />
Kleinere EU-Staaten werden gestärkt<br />
Zum besseren Verständnis des Abstimmungsprocederes<br />
ist auf die seit dem<br />
01. November 2004 geltende Stimmenverteilung<br />
im Rat auf die einzelnen<br />
Länder einzugehen (vgl. Tabelle). Diese<br />
Gewichtung der Stimmen im Rat gilt<br />
gemäß Artikel 12 der EU-Beitrittsakte<br />
nach der Aufnahme von Tschechien,<br />
Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn,<br />
Malta, Polen, der Slowakei und<br />
Slowenien. Die bevölkerungsreichen<br />
Staaten der EU haben im Europäischen<br />
Rat je 29 Stimmen: Deutschland (83<br />
Mio. Einwohner), Frankreich (60 Mio.),<br />
Großbritannien (59 Mio.) und Italien<br />
(57 Mio.) Mittelgroße Länder wie Polen<br />
(38 Mio.) und Spanien (42 Mio. Einwohner)<br />
haben mit je 27 Stimmen im Rat<br />
nur zwei Stimmen weniger als die vier<br />
deutlich bevölkerungsreicheren Länder.<br />
Grundsätzlich stärkt die geltende Stimmverteilung<br />
bevölkerungsschwächere<br />
EU-Staaten und schwächt den Einfluss<br />
bevölkerungsstarker Mitgliedsstaaten.<br />
So können kleinere Länder zum einen<br />
durch ihr im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße<br />
stärkeres Stimmengewicht<br />
leichter eine Sperrminorität zustande<br />
bringen. Eine Sperrminorität liegt dann<br />
vor, wenn von den 321 Stimmen im<br />
Rat genau 90 Stimmen gegen einen<br />
Vorschlag der Kommission abgegeben<br />
werden. In diesem Fall würde zwar mit
231 Stimmen eine deutliche Mehrheit<br />
für den Kommissionsvorschlag abgegeben<br />
werden, jedoch wäre dies immer<br />
noch eine Stimme weniger als die<br />
erforderlichen 232. Der Kommissionsvorschlag<br />
wäre abgelehnt.<br />
Die Stimmverteilung im Rat erleichtert<br />
zum anderen aber auch das Erreichen<br />
einer qualifizierten Mehrheit im Rat<br />
gegen die großen EU-Mitgliedsstaaten.<br />
So wäre eine qualifizierte Mehrheit im<br />
Rat auch dann erreicht, wenn die größten<br />
Mitgliedsstaaten, nämlich Deutschland,<br />
Frankreich und das Vereinigte Königreich<br />
gegen einen Vorschlag der Kommission<br />
stimmen, alle anderen Staaten aber dafür.<br />
Die drei größten EU-Mitgliedsländer<br />
verfügen nämlich lediglich über 87<br />
Stimmen im Rat, so dass alle anderen<br />
Länder zusammen mit ihren verbleibenden<br />
234 Stimmen jederzeit gemeinsam<br />
die qualifizierte Mehrheit von 232 Stimmen<br />
aufbringen könnten.<br />
Im Einzelfall muss eine<br />
qualifizierte Mehrheit 62 Prozent<br />
der EU-Bevölkerung repräsentieren<br />
In derartigen Fällen und um zu vermeiden,<br />
dass wichtige Verordnungen oder<br />
andere Entscheidungen des Rates<br />
gegen die Meinung der bevölkerungsreichsten<br />
Staaten der EU in Kraft treten<br />
können, sieht der EG-Vertrag vor, dass<br />
auf Antrag eines Landes überprüft werden<br />
kann, ob die Mitgliedsstaaten, die<br />
eine qualifizierte Mehrheit bilden, mindestens<br />
62 Prozent der Bevölkerung<br />
der EU repräsentieren.<br />
Im dargestellten Fall, also einer Beschlussfassung<br />
im Rat gegen die Stimmen<br />
von Deutschland, Frankreich und das<br />
Vereinigte Königreich, repräsentieren<br />
die zustimmenden Länder nämlich<br />
lediglich 254,4 Millionen der 455,7<br />
Millionen Einwohner und damit lediglich<br />
56 Prozent der Gesamtbevölkerung der<br />
EU. Somit könnte im Rat – vermutlich<br />
auf Antrag eines dieser drei Länder –<br />
festgestellt werden, dass die Bedingung,<br />
wonach der Beschluss 62 Prozent der<br />
Bevölkerung repräsentieren muss,<br />
nicht erfüllt ist. Der betreffende<br />
<strong>Akzente</strong> November 2005 I Aktuell I <strong>11</strong><br />
Beschluss käme dann nicht zustande.<br />
Allerdings setzt der dargestellte Fall<br />
voraus, dass die entsprechende Überprüfung<br />
auf Antrag eines Landes<br />
durchgeführt wird. Stellt bei einer<br />
Beschlussfassung gegen die Stimmen<br />
der drei größten EU-Staaten kein<br />
Mitglied des Rates diesen Antrag, so ist<br />
der Beschluss gefasst, auch wenn die<br />
zustimmenden Länder nicht 62 Prozent<br />
der EU-Bevölkerung repräsentieren. ■<br />
Stimmen- / Sitzverteilung im Europäischen Rat / EU-Parlament<br />
Mitgliedsstaat ISO code<br />
Bevölkerung<br />
(in Mio.)<br />
Stimmen im<br />
Europäischen Rat *<br />
Sitze im<br />
EU-Parlament **<br />
Deutschland DE 83 29 99<br />
Frankreich FR 60 29 78<br />
Großbritannien GB 59 29 78<br />
Italien IT 57 29 78<br />
Spanien ES 42 27 54<br />
Polen PL 38 27 54<br />
Niederlande NL 16 13 27<br />
Griechenland EL <strong>11</strong> 12 24<br />
Tschechien CZ 10 12 24<br />
Belgien BE 10 12 24<br />
Ungarn HU 10 12 24<br />
Portugal PT 10 12 24<br />
Schweden SE 9 10 19<br />
Österreich AT 8 10 18<br />
Slowakei SK 5 7 14<br />
Dänemark DK 5 7 14<br />
Finnland FI 5 7 14<br />
Irland IE 4 7 13<br />
Litauen LT 3 7 13<br />
Lettland LV 2 4 9<br />
Slowenien SI 2 4 7<br />
Estland EE 1 4 6<br />
Zypern CY 0,6 4 6<br />
Luxemburg LU 0,5 4 6<br />
Malta MT 0,4 3 5<br />
Summe 451,1 321 732<br />
* Vertretung der Mitgliedsstaaten<br />
Entscheidungsfindung: Die qualifizierte Mehrheit besteht aus einem dreifachen Mehrheitssystem.<br />
1. Die Mehrheit der Staaten muß zustimmen; 2. Mindestens 72,3 % (232/321) der Stimmen müssen<br />
zustimmen; 3. Die Entscheidung muß mindestens 62 % der EU-Bevölkerung repräsentieren.<br />
** Vertretung der Bürger<br />
Entscheidungsfindung: 1. Einfache Mehrheit: 50 % der anwesenden Parlamentsmitglieder +1; 2. Qualifizierte<br />
Mehrheit (im Fall von Dissenz zwischen Parlament und Rat): 50 % aller Parlamentsmitglieder +1 (367)
12 I Aktuell I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />
Der süße Riese, den keiner kennt<br />
Zuckerwirtschaft in Indien<br />
Nach den <strong>Akzente</strong>-Zuckerportraits über<br />
Brasilien, Australien und Thailand –<br />
den Ländern, die vor der WTO erfolgreich<br />
gegen die EU-Zuckerexporte<br />
geklagt haben – setzen wir die Vorstellung<br />
wichtiger Zuckerländer der Welt<br />
fort. Thomas Graf hat Indien unter die<br />
Lupe genommen, ein Schwergewicht<br />
unter den Zuckererzeugerländern, das<br />
wenigen ein Begriff ist. Mit rund 21,7<br />
Millionen Tonnen Rohwert ist das Land<br />
nach Brasilien zweitgrößter Zuckererzeuger<br />
der Welt. Unter den Zuckerverbrauchern<br />
hält Indien sogar Platz eins.<br />
Landwirtschaft – klein strukturiert<br />
mit großen Unterschieden zwischen<br />
den Rohranbauregionen<br />
Auf den insgesamt 163 Millionen<br />
Hektar Ackerfläche Indiens wirtschaften<br />
<strong>11</strong>6 Millionen landwirtschaftliche Betriebe<br />
mit durchschnittlich 1,4 Hektar<br />
Ackerfläche. Die rund eine Million<br />
Betriebe mit Rohranbau bewirtschaften<br />
insgesamt über vier Millionen Hektar.<br />
Sie sind im Durchschnitt größer, nach<br />
europäischem Maßstab aber immer<br />
noch klein strukturiert. Etwa 85 Prozent<br />
der indischen Zuckerrohrfläche können<br />
beregnet werden. Die Feldarbeiten<br />
werden vorwiegend von Hand mit<br />
geringer Arbeitsproduktivität verrichtet.<br />
Überraschend ist, dass Rohr in Indien<br />
nur für eine relativ kurze Nutzungsdauer<br />
von zwei Jahren angebaut wird.<br />
Die Unterschiede zwischen den Anbauregionen<br />
sind groß: In Uttar Pradesh<br />
Zuckerrohranbaugebiete in Indien<br />
Region<br />
Niederschl.<br />
(mm/Jahr)<br />
Breitengrad<br />
ø Jahrestemperatur<br />
beträgt die Kampagnedauer <strong>11</strong>7 Tage<br />
und läuft von November bis April. In<br />
Tamil Nadu erstreckt sich die Kampagne<br />
sogar über 206 Tage im Zeitraum<br />
Oktober bis Juli. Die Zuckererträge pro<br />
Hektar variieren in den einzelnen Regionen<br />
von 5,5 Tonnen Zucker je Hektar<br />
im Norden bis 10,9 Tonnen im Süden.<br />
Der Zuckerrohranbau in Indien hat<br />
neben konkurrierenden Früchten wie<br />
Reis, Weizen, Ölsaaten, Nüssen und<br />
Kaffee eine hohe Wettbewerbsfähigkeit<br />
– nicht zuletzt weil die Zuckerbranche<br />
staatlich gefördert wird.<br />
Zuckerindustrie – niedrige Kapazitäten<br />
mit günstiger Auslastung<br />
Zur Zuckerindustrie Indiens gehören<br />
derzeit etwa 430 aktive Rohrmühlen.<br />
Die Verarbeitungskapazität ist mit rund<br />
2.500 Tonnen Rohr je Fabrik und Kampagnetag<br />
sehr niedrig. Die Auslastung<br />
ist dank der langen Kampagne günstiger<br />
als zum Beispiel in der deutschen<br />
Zuckerwirtschaft.<br />
Die Herstellungskosten von Zucker in<br />
Indien liegen bei rund 300 Euro je<br />
Tonne Zucker und damit auf Rang fünf<br />
der wichtigen Zuckerhersteller.<br />
Trotz eines bestehenden staatlichen<br />
Förderprogramms für die Beimischung<br />
von Ethanol zum Benzin und bestehender<br />
Destillerien wird von der Verwendung<br />
von Ethanol im Kraftstoff bisher<br />
nur eingeschränkt Gebrauch gemacht.<br />
Bewässerung<br />
Fläche<br />
Rohr (ha)<br />
Rohrertrag<br />
Zuckerertrag/t<br />
Rohr<br />
Uttar Pradesh 700 - 1.200 25 - 28˚N 26˚C ergänzend 923.000 57 t/ha 97 kg<br />
Maharashtra 700 18 - 21˚N 25˚C notwendig 635.000 80 t/ha 120 kg<br />
Tamil Nadu 1.300 8 - 13˚N 28˚C notwendig 170.000 109 t/ha 100 kg<br />
Quelle: Sweetener Analysis, April 2004<br />
Thomas Graf,<br />
Marktordnungsfragen,<br />
Neue Felder<br />
Die Energieerzeugung aus Bagasse<br />
existiert nur in den Anfängen.<br />
Eine Besonderheit im indischen<br />
Süßungsmittelmarkt ist die Produktion<br />
von Gur (Jaggery) und Khandsari.<br />
Diese Süßungsmittel werden ebenfalls<br />
aus Zuckerrohr von Konkurrenten der<br />
Rohrmühlen auf traditionelle Weise in<br />
offenen Pfannen hergestellt. Der Anteil<br />
dieser Produktion ist jedoch rückläufig.<br />
Herstellungskosten von Zucker<br />
im internationalen Vergleich<br />
Herstellungskosten in €/t Zucker<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
Ber. Kosten Verarbeitung Transport<br />
Nebenprodukte, Sonstiges<br />
Rohstoff<br />
Brasilien<br />
Australien<br />
Thailand<br />
Südafrika<br />
Indien<br />
Polen<br />
Ukraine<br />
USA (Rohr)<br />
USA (Rübe)<br />
Deutschland<br />
Quelle: Zimmermann, B.; Zeddies, J.: „Zuckerrübe contra Zuckerrohr“,<br />
in: Die Zuckerrübe, Ausg. 5/2003, vgl. LMC International, 2005<br />
Staatlich reglementiert:<br />
Zuckerabsatz und Rohrpreis<br />
Die Zuckerproduktion Indiens wuchs<br />
auf 21 Millionen Tonnen und übersteigt<br />
derzeit den Inlandsverbrauch<br />
(19 Millionen Tonnen). Der Pro-Kopf<br />
Verbrauch liegt bei 18 Kilogramm pro<br />
Jahr. Mittelfristig wird von Verbrauchssteigerungen<br />
von etwa vier Prozent<br />
pro Jahr ausgegangen. Die im Inland<br />
nicht benötigte Menge – je nach Erntejahr<br />
bis zu zwei Millionen Tonnen<br />
Zucker – geht in den Export.
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�����������<br />
����������<br />
Im Rahmen einer extrem dirigistischen<br />
Agrarpolitik werden insbesondere die<br />
Rohrpreise und die Absatzmengen<br />
staatlich kontrolliert. Die Fabriken profitieren<br />
von Finanzierungshilfen. Mit<br />
Importzöllen ist der heimische Markt<br />
vom internationalen Wettbewerb abgeschottet.<br />
So liegt der Großhandelspreis<br />
für Zucker im Inland bei 40 US-Dollar<br />
je Tonne über dem Weltmarktpreis.<br />
Schwache Position in<br />
Welthandelsrunde<br />
Diese Praxis schwächt die Position<br />
Indiens in der laufenden Welthandelsrunde,<br />
in der sich das Land grundsätzlich<br />
für den Abbau von Handelsbarrieren<br />
stark macht und vor allem den Zugang<br />
zu den Märkten in Industrieländern<br />
fordert. Im Jahr 2002 hat die indische<br />
Zentralregierung die komplette Liberalisierung<br />
des indischen Zuckermarkts<br />
angekündigt. Da die Reform stark in<br />
das soziale Gefüge des Landes eingreift,<br />
wurde 2003 eine Verlängerung des<br />
Marktsteuerungssystems für weitere<br />
30 Monate beschlossen.<br />
Ausbaupläne<br />
Indiens Zuckerwirtschaft ist durch die<br />
Reglementierung nur verhalten gewachsen.<br />
Durch den immensen Inlandsbedarf<br />
tritt das Land bisher nur unwesentlich<br />
als Exporteur auf. Ob die großen Ausbaupläne<br />
für die Zucker- und Ethanolwirtschaft<br />
des Landes seine Rolle im<br />
Markt verändern, wird sich in Zukunft<br />
erweisen. Die Konsolidierung des<br />
Mühlensektors und das Ausmaß der<br />
tatsächlichen Liberalisierung werden<br />
dabei wesentliche Faktoren sein. ■<br />
<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Aktuell I 13<br />
Quellen: CEFS (2005): „An analysis of sugar policy reform<br />
and trade liberalisation“; Der Fischer Weltalmanach 2005;<br />
Gudoshnikov, S.; Jolly, L.; Spence, D.(ISO): The world<br />
sugar market (2004); F. O. Licht: World Ethanol and<br />
Biofuels Report, International Sugar and Sweetener Report;<br />
Europäisches Zuckerjournal<br />
Indien in Zahlen<br />
Einwohnerzahl 1.048,6 Mio.<br />
Bruttosozialprodukt<br />
pro Kopf (2002) 470 US-$<br />
Arbeitslosigkeit (2003) 10,9 %<br />
Währung 1 Indische Rupie (INR)<br />
= 100 Paise<br />
Kurs (am 01.08.2005) 1 € = 53,1 INR<br />
Inflation (Ø 1990-2001) 7,6 %<br />
Gesamtexport 2003<br />
davon Nahrungsmittel<br />
Zuckererzeugung 2003<br />
davon Inlandsverbrauch<br />
davon Export<br />
52,2 Mrd. US-$<br />
< 3 %<br />
21,7 Mio. t Rohwert<br />
18,6 Mio. t<br />
1,6 Mio. t<br />
Zuckerverbrauch / Kopf 18,1 kg Rohwert<br />
Gesamtfläche<br />
(Position im Weltrang)<br />
3.287.263 km²<br />
(Rang 7)<br />
Zuckerrohrfläche 4,3 Mio. ha<br />
Zuckerrohrbetriebe ca. 1 Mio.<br />
Nutzungsdauer<br />
Zuckerrohrpflanzung 2 Jahre<br />
Anzahl aktive Zuckerrohrmühlen<br />
(2001)<br />
davon mit Annex<br />
Destillerie<br />
436<br />
108<br />
Zuckerrohrernte Oktober bis Juli<br />
Erntemethode meist Handernte ohne<br />
Abbrennen<br />
Marktordnung • Einfuhrzölle für<br />
Zucker<br />
• staatliche Festset-<br />
zung der Rohrpreise<br />
• Stützung des<br />
Zuckerpreises<br />
• Programm zur<br />
Liberalisierung des<br />
Marktes wurde<br />
wieder ausgesetzt<br />
Subventionen • für Produktions-<br />
mittel<br />
• für F+E Maßnahmen<br />
• Umschuldungspro-<br />
gramme für Fabriken<br />
• Exportförderung<br />
Quellen: Fischer Weltalmanach 2005, Zuckerrübe 3/2002, vlg. Bartens<br />
Zuckerwirtschaft 2004, ISO 2003
14 I<br />
Rübe I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />
Kampagne 2005<br />
bisher zufriedenstellend<br />
Rübenernte unter besten Bedingungen<br />
Die Aussaat und die Entwicklung der<br />
Zuckerrüben in Norddeutschland ist<br />
im Frühjahr/Sommer 2005 unter recht<br />
günstigen Bedingungen verlaufen. Auch<br />
die Rübenbestände der 4700 Hektar<br />
Umbruchfläche, die aufgrund der Nachtfröste<br />
im April nochmals gedrillt werden<br />
mussten, haben sich gut entwickelt.<br />
Die Ertragsfeststellungen im August<br />
und Anfang September ließen einen<br />
guten Rübenertrag in Höhe von rund<br />
58 Tonnen je Hektar im Durchschnitt<br />
der <strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong>, ähnlich der Kampagne<br />
2004, erwarten.<br />
Die Kampagnetermine 2005 wurden<br />
unter Berücksichtigung der Verarbeitungskosten<br />
der Zuckerrüben in den<br />
Werken, den Zuckerlogistik-, den Rübenfrachtkosten<br />
und dem Früh- und Spätlieferausgleich<br />
optimiert. Die Rübenanlieferung<br />
in den Werken Clauen, Uelzen<br />
und Klein Wanzleben begann bereits<br />
am 13./14. September. In den drei<br />
Werken ist eine 100-Tage-Kampagne<br />
geplant. Die Werke Güstrow, Schladen,<br />
Abzüge<br />
GA<br />
Claus Pommerehne (li.),<br />
Rübenmanagement<br />
National;<br />
Dr. Gerd Jung,<br />
Rübenmanagement<br />
International<br />
Wierthe und Munzel starteten erst am<br />
26. September mit der Rübenanlieferung<br />
und werden eine Kampagnelänge von<br />
rund 85 Tagen haben. Nordstemmen liegt<br />
mit 93 Tagen Kampagnelänge im Mittelfeld.<br />
Die Rübenanlieferung soll in allen<br />
Werken bis Weihnachten beendet sein.<br />
Die Rübenverarbeitung verlief in den<br />
meisten Werken sehr zufriedenstellend.<br />
Bereits am 23./24. September verarbeiten<br />
die vier Werke etwa 55.000 Tonnen<br />
Aufgrund der bisher günstigen Witterung in dieser Kampagne erfolgt die Rübenernte und der Rübentransport<br />
annähernd reibungslos und ohne größere Störungen<br />
Kampagneerwartung 2005 – <strong>Nordzucker</strong> National<br />
Kampagneergebnisse bis 18.<strong>11</strong>.05<br />
(%)<br />
K/B<br />
Zucker<br />
(%)<br />
K Na AmN SMV<br />
(mmol/ 1000g Rüben) (%)<br />
Clauen 8,65 3,50 17,524 33,5 5,1 13,3 1,26<br />
Güstrow 8,29 3,55 17,847 38,1 4,4 12,4 1,29<br />
Groß Munzel 8,09 3,73 17,841 34,6 3,7 13,8 1,27<br />
Nordstemmen 8,55 3,40 17,506 34,4 4,5 12,0 1,23<br />
Schladen 8,93 3,51 18,<strong>11</strong>3 33,9 5,7 13,4 1,28<br />
Uelzen 7,84 3,84 17,706 36,3 3,3 14,0 1,29<br />
Wierthe 8,20 3,60 17,548 34,2 4,4 12,7 1,25<br />
Klein Wanzleben 9,22 3,86 17,645 33,5 7,0 16,3 1,36<br />
<strong>Nordzucker</strong> National 8,47 3,67 17,693 34,8 4,8 13,8 1,29<br />
Rüben am Tag. Nachdem die anderen<br />
Werke die Verarbeitung aufgenommen<br />
haben, hat <strong>Nordzucker</strong> am 3./4. Oktober<br />
94.000 Tonnen Rüben am Tag verarbeitet.<br />
Der Kampagnedurchschnitt ist<br />
mit 90.200 Tonnen je Tag geplant.<br />
Durch die günstige Witterung verliefen<br />
die Rübenernte und der Rübentransport<br />
annähernd reibungslos. Die Rüben<br />
haben eine gute innere (niedriger<br />
Standardmelasseverlust) und äußere<br />
Qualität und lassen sich daher gut<br />
verarbeiten.<br />
Die Einschätzung des Rübenertrages<br />
für die Kampagne 2005 liegt (Stand<br />
18.November 2005) bei 58,1 Tonnen/<br />
Hektar und einem Zuckergehalt von<br />
17,71 Prozent. <strong>Nordzucker</strong> National<br />
erzeugt aus etwa 8,4 Millionen Tonnen<br />
Rüben 1,3 Millionen Tonnen Weißzucker,<br />
wobei, erhöht durch die Deklassierung<br />
von 14,31 Prozent, etwa 300.000<br />
Tonnen C-Zucker erzeugt werden.<br />
CLA GÜS MUN NST SLA UEL WIE WZL gesamt<br />
Verarbeitungsmenge 999.000 760.000 653.300 1.177.000 799.000 1.906.000 861.000 1.276.000 8.435.000<br />
Lieferbeginn 14. Sept. 26. Sept. 26. Sept. 19. Sept. 26. Sept. 14. Sept. 26. Sept. 13. Sept. 13. Sept.<br />
1. Verarbeitungstag 15. Sept. 27. Sept. 27. Sept. 20. Sept. 27. Sept. 15. Sept. 27. Sept. 14. Sept. 14. Sept.<br />
Tgl. Verarbeitung 9.900 8.800 7.700 12.500 9.700 19.200 10.200 12.800 90.800<br />
Verarbeitungstage 100 86 87 93 82 101 83 99 93<br />
Lieferende 23. Dez. 21. Dez. 22. Dez. 21. Dez. 16. Dez. 24. Dez. 18. Dez. 20. Dez. 23. Dez.
Polen, Slowakei und Ungarn<br />
Die Ausgangsvoraussetzungen für eine<br />
gute Rübenernte waren in den Ländern<br />
Polen, Slowakei und Ungarn unterschiedlich.<br />
In Polen herrschte während<br />
der ganzen Vegetationsperiode überwiegend<br />
Trockenheit. In der Slowakei<br />
und Ungarn war die Niederschlagsverteilung<br />
ausgesprochen positiv für<br />
eine gute Rübenernte.<br />
Die Erntebedingungen sind bisher als<br />
optimal zu bezeichnen. Wir rechnen<br />
mit Zuckererträgen zwischen 8,4 und<br />
9,2 Tonnen pro Hektar, womit wir<br />
unserem mittelfristigen Ziel von 10<br />
Tonnen pro Hektar einen Schritt näher<br />
kommen werden.<br />
Aufgrund der Verarbeitungskapazität<br />
unserer zwei Werke in Polen mit <strong>11</strong>.200<br />
Tonnen pro Tag, in der Slowakei in der<br />
„neuen“ Zuckerfabrik Tepla mit 5.300<br />
Tonnen pro Tag und unseren zwei<br />
Werken in Ungarn mit 12.100 Tonnen<br />
pro Tag haben wir Kampagnelängen<br />
zwischen 94 und 120 Tagen geplant.<br />
Die Kampagne begann zwischen dem<br />
9. und 16. September 2005. Geplantes<br />
Kampagneende ist in Polen vor<br />
Weihnachten. In Ungarn und in der<br />
Slowakei erst Anfang Januar 2006.<br />
Während der Kampagnebeginn in den<br />
polnischen und ungarischen Werken<br />
geradezu vorbildlich erfolgte, gab es in<br />
der Slowakei am Anfang Probleme.<br />
Durch die Schließung des Werkes Trnava<br />
nach der Kampagne 2004 musste die<br />
Leistung im Werk Trencianska Teplá<br />
von 2.200 auf 5.500 Tonnen pro Tag<br />
ausgebaut werden. Der komplette<br />
Vorderbetrieb des Werkes wurde entkernt<br />
und zwischen den Kampagnen<br />
neu aufgebaut. Da die Zuckererzeugung<br />
gleich bleiben soll, muss knapp<br />
die Hälfte der Zuckererzeugung als<br />
Dicksaft zwischengelagert werden, um<br />
dann im Frühjahr eine Dicksaftkampagne<br />
fortzusetzen. Damit wurde ein<br />
für <strong>Nordzucker</strong> vollkommen neues<br />
Konzept in sehr kurzer Zeit realisiert.<br />
Mittlerweile läuft die Fabrik stabil auf<br />
hohem Niveau, so dass die anfangs<br />
erlittenen Minderverarbeitungsmengen<br />
weitestgehend kompensiert werden<br />
können. Trotzdem wird die anfängliche<br />
Verzögerung und insbesondere der<br />
erhebliche Rübenertragszuwachs von<br />
rund 40.000 Tonnen das Kampagneende<br />
bis in den Januar hinein verschieben.<br />
Die Gesamtrübenverarbeitungsmenge<br />
in Polen, Ungarn und der Slowakei<br />
beträgt rund 2,9 Millionen Tonnen<br />
Rüben, die zu insgesamt etwa 420.000<br />
Tonnen Zucker verarbeitet werden.<br />
In allen Ländern werden 100 Prozent<br />
der Rüben per Spedition angeliefert<br />
und damit entsprechend zu 100 Prozent<br />
vorgereinigt. Die Rübenanfuhr erfolgt<br />
überwiegend mit rückwärtskippenden<br />
Muldenkippern, um den Anforderungen<br />
eines trockenen Rübenhofes gerecht<br />
zu werden. In diesem Zusammenhang<br />
<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Rübe I 15<br />
In den drei Ländern Polen, Slowakei und Ungarn<br />
werden 100 Prozent der Rüben am Feldrand mit<br />
Verladebändern oder mit einer Maus vorgereinigt.<br />
Das linke Bild zeigt die neue GeBo Maus, von der<br />
Gerätebau Bottmersdorf (oben).<br />
Die Rübentransporte erfolgen überwiegend mit<br />
modernen rückwärts kippenden Muldenkippern<br />
(unten).<br />
ist der umgestaltete Rübenhof in<br />
Szolnok, Ungarn, zu erwähnen, der<br />
mit geringen Investitionen umgerüstet<br />
wurde. Auf Grund seiner geringen<br />
Kapazität gelangt die Rübe ohne große<br />
Lagerverweildauer nahezu direkt vom<br />
Feldrand zur Verarbeitung. ■<br />
Kampagneerwartung 2005 – Polen, Slowakei und Ungarn (Stand: 10.<strong>11</strong>.05)<br />
Rübenerzeugung<br />
PL SK HU <strong>Nordzucker</strong> Int.<br />
Anzahl Anbauer 5.537 127 261 5.925<br />
Anbaufläche<br />
pro Betrieb ha 4,1 93,4 79,0 9,3<br />
Anbaufläche ha 22.596 <strong>11</strong>.864 20.627 55.087<br />
Ertrag t/ha 46,7 53,5 58,8 52,7<br />
Rübenmenge t 1.055000 635.000 1.212.000 2.902.000<br />
Polarisation % 18 16,5 15,7 16,7<br />
Zuckerertrag t/ha 8,4 8,8 9,2 8,8<br />
Rübenverarbeitung<br />
und Zuckererzeugung<br />
PL SK HU <strong>Nordzucker</strong> Int.<br />
Verarbeitung t 1.055.000 635.000 1.212.000 2.902.000<br />
Tato t/d <strong>11</strong>.500 5.250 <strong>11</strong>.800 28.550<br />
Kampagne d 92 122 102 102<br />
Kampagne-Beginn 16. Sep. 9. Sep. 13. Sep. 9. Sep.<br />
Kampagne-Ende 18. Dez. 7. Jan. 1. Jan. 7. Jan.
16 I Rübe I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />
„Schneller besser werden!“<br />
Ein Betrieb aus dem nördlichen Vorharzgebiet stellt sich vor<br />
Der Betrieb mit 95 Hektar landwirtschaftlicher<br />
Nutzfläche liegt am nördlichen<br />
Rand des Harzes. Betriebsleiter<br />
Friedrich-Wilhelm Gehlhar hat von<br />
seinem Vater den Betrieb 1986 mit<br />
Schulte: Die Böden im Vorharzgebiet<br />
können stark schwanken. Wie haben<br />
Sie die Fruchtfolge abgestimmt?<br />
Gehlhar: Auf den besseren Böden wird<br />
die Zuckerrübe dreijährig angebaut.<br />
Sie hat einen Fruchtanteil von gut zwölf<br />
Prozent in meinem Betrieb. Winterweizen,<br />
oder auch mal Wintergerste,<br />
stehen zwischen den Rüben. Auf den<br />
nicht so guten Standorten steht der<br />
Raps in der Fruchtfolge mit Winterweizen<br />
oder Wintergerste. Diese Fruchtfolge<br />
erfolgt auch schon mal vierjährig.<br />
Den Raps in eine Rübenfruchtfolge zu<br />
integrieren ist nicht das Problem. Er<br />
wird zukünftig ohnehin einen größeren<br />
Anteil einnehmen.<br />
Schulte: Der Betrieb hat in der<br />
Vergangenheit einige Veränderungen<br />
mitgemacht. Welche hatte entscheidenden<br />
Einfluss auf die Entwicklung?<br />
Gehlhar: Ab 1984 habe ich mit einem<br />
120 Hektar Betrieb zusammengearbeitet.<br />
Ich habe meine Arbeitskraft eingebracht,<br />
der andere Betrieb das Maschinenkapital.<br />
Im eigenen Betrieb ist der Maschinenbesatz<br />
folglich auf ein Minimum<br />
abgebaut worden. Bis 1990 haben wir<br />
so 150 ha bewirtschaftet. Nach Flächenzupacht<br />
habe ich seit 1991 zu meinem<br />
landwirtschaftlichen einen Gewerbebetrieb<br />
gegründet, der sämtliche für<br />
unsere Region typischen Ackerarbeiten<br />
anbietet. Nur das Roden der Rüben ist<br />
bis heute nicht im Programm. Bei<br />
Bedarf kaufe ich aus dem Gewerbebetrieb<br />
notwendige Arbeiten für meinen<br />
31 Hektar Eigenfläche übernommen.<br />
Heute bewirtschaftet er 95 Hektar<br />
und der Anteil der Pachtfläche liegt<br />
bei 36 Prozent. Der Hof außerhalb<br />
des Ortes Vienenburg, verfügt über<br />
landwirtschaftlichen Betrieb als<br />
Dienstleistung zu.<br />
Zusätzlich wird aus diesem Bereich<br />
Lohnarbeit das Laden und Reinigen,<br />
der Transport und die Mietenpflege<br />
von Zuckerrüben bedient. Mit der<br />
Tätigkeit Laden und Reinigen habe ich<br />
1991 begonnen, seit 1998 betreibe ich<br />
eine Rübenmaus für diese Arbeiten, die<br />
in der letzten Kampagne rund 100.000<br />
Tonnen Rüben verladen hat. 2004<br />
habe ich als Dienstleister mit der<br />
mechanisierten Mietenpflege begonnen.<br />
Ich sehe in diesen beiden Bereichen<br />
die Notwendigkeit eines dynamischen<br />
Wachstums, um alle Forderungen<br />
bedienen zu können. Durch steigende<br />
Energiekosten fordere ich auf der<br />
einen Seite eine höhere Vergütung für<br />
meine Dienstleistung. Auf der anderen<br />
Seite deuten aber alle Zeichen auf<br />
einen geringeren Vergütungssatz hin.<br />
Wenn ich weiterhin einen Überschuss<br />
erwirtschaften will, muss ich die<br />
Kosten reduzieren. Das Motto heißt:<br />
„Schneller besser werden.“ Die Verschmelzung<br />
mit anderen Lade- und<br />
Reinigungsgruppen ist durch abnehmende<br />
Rübenmengen im Gespräch und<br />
notwendig. In diesem Geschäft schätze<br />
ich die Zusammenarbeit mit <strong>Nordzucker</strong><br />
als einem verlässlichen Partner.<br />
Schulte: Sie führen einen landwirtschaftlichen<br />
Betrieb und einen<br />
Lohnbetrieb. Wie ist die Ausstattung<br />
mit Arbeitskräften?<br />
Gehlhar: Für den landwirtschaftlichen<br />
Matthias Schulte,<br />
Rübenmanagement<br />
Werk Schladen<br />
eine gute Infrastruktur. 35 Hektar des<br />
Betriebes sind in arrondierter Lage.<br />
Die Autobahn liegt nur zwei Kilometer<br />
entfernt, die Pachtflächen liegen in einer<br />
Entfernung von 13 und 40 Kilometer.<br />
Betriebsleiter Friedrich-Wilhelm Gehlhar mit seiner<br />
Tochter Sabine<br />
Als Betriebsleiter ist der praktische Einsatz auf dem<br />
Schlepper noch Tagesgeschäft<br />
Öffentlichkeitsarbeit hat einen hohen Stellenwert:<br />
Vorstellung der Verlademaus vor Personen aus<br />
Behörden und Ämtern
Betrieb stehe ich mit meiner Arbeitskraft<br />
als Betriebsleiter, wobei mich meine<br />
Frau im Büro tatkräftig unterstützt. Für<br />
die Dienstleistungen habe ich zwei<br />
ständige Mitarbeiter und zusätzliche<br />
Saisonkräfte. Die Mitarbeiter kommen<br />
vorwiegend aus der Landwirtschaft und<br />
sind vielseitig qualifiziert. Nicht nur<br />
das, sie sind auch interessiert an der<br />
Entwicklung in der Landwirtschaft und<br />
an der meines Betriebes.<br />
Schulte: Ihr Einkommen stammt<br />
nicht nur aus Ihrem landwirtschaftlichen<br />
Betrieb. Welche weiteren<br />
Einkommen haben Sie?<br />
Gehlhar: Im letzten Jahr bin ich in die<br />
Stromerzeugung aus Sonnenlicht eingestiegen.<br />
Ich möchte mehr und mehr<br />
zu einem Energiewirt werden, denn<br />
ich glaube, dass darin für mich eine<br />
betriebliche Chance liegt. Natürlich<br />
zählt die Dividende von <strong>Nordzucker</strong><br />
auch zu meinem Einkommen. Leider<br />
hat sie innerhalb meines Betriebes nur<br />
einen eher geringen ökonomischen<br />
Stellenwert. Aber die Kapitalverzinsung<br />
ist zurzeit recht gut.<br />
Schulte: Die Maschinenkosten sind<br />
ein wichtiger Teil der Arbeitserledigungskosten.<br />
Wie halten Sie diese<br />
Kosten niedrig?<br />
Gehlhar: Im landwirtschaftlichen<br />
Betrieb habe ich nur noch einen 95-<br />
PS-Schlepper. Drei weitere Schlepper<br />
stehen als Dienstleistung zur Verfügung<br />
und werden nach Bedarf „zugekauft“.<br />
Ziel ist es, eine Schlepperauslastung<br />
von 1000 Stunden pro Jahr zu erreichen.<br />
Das ist sehr viel und nicht leicht<br />
in der Umsetzung. Der Mähdrusch<br />
und der Pflanzenschutz werden zu 100<br />
Prozent als Dienstleistung zugekauft.<br />
Bei der Bodenbearbeitung werden Teilarbeiten<br />
aus dem landwirtschaftlichen<br />
Betrieb erledigt. Der Transport von<br />
Getreide und Zuckerrüben wird nach<br />
Bedarf als Dienstleistung für den Betrieb<br />
durchgeführt. Bei allen Tätigkeiten und<br />
Maßnahmen muss die Rentabilität<br />
gewährleistet sein.<br />
Schulte: Wie können die Betriebsmittelkosten<br />
zu einer Rentabilität<br />
beitragen?<br />
Gehlhar: Ich kaufe Betriebsmittel<br />
alleine ein. Ich nutze viele Informationsquellen,<br />
nicht zuletzt auch das Internet.<br />
Jedoch ist der niedrigste Preis am Ende<br />
nicht immer der beste. Mir sind zuverlässige<br />
Partnerschaften wichtig. Bei den<br />
Treibstoffen für meine Maschinen habe<br />
ich im letzten Jahr auf Pflanzenöl umgestellt,<br />
um Kosten zu sparen. Jedoch<br />
erreiche ich die höchsten Einspareffekte<br />
im Ackerbau über eine Vergrößerung<br />
der Flächeneinheiten. Darüber können<br />
die Arbeitserledigungskosten am besten<br />
gesenkt werden.<br />
Schulte: Zwei Betriebe zu führen<br />
bedarf sicher einer guten Organisation.<br />
Wie schätzen Sie den Zeitbedarf<br />
dafür ein und welche Instrumente<br />
nutzen Sie zur Unterstützung?<br />
Gehlhar: Die Anforderungen an die<br />
Organisation und das Management<br />
haben in der Vergangenheit deutlich<br />
zugenommen. Die Zeit am Schreibtisch<br />
ist länger geworden und ich müsste<br />
noch mehr Zeit daran verbringen. In<br />
<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Rübe I 17<br />
Zukunft wird sich das kaum vermeiden<br />
lassen. Über den Beratungsring stehe<br />
ich in ständigem Austausch mit dem<br />
Berater und anderen Betrieben. Die<br />
Kennzahlen des Betriebes werden fortlaufend<br />
kontrolliert und verglichen.<br />
Informationen beziehe ich aber auch<br />
aus Fachzeitschriften und dem Internet.<br />
Diese Informationen und der<br />
Austausch mit Berufskollegen sind<br />
wichtig für die Bewältigung der zukünftigen<br />
Aufgaben. Die Arbeit auf den<br />
Betrieben muss organisiert werden.<br />
Dabei stellt die umweltgerechte Produktion<br />
innerhalb der Landwirtschaft, die<br />
konform mit den Cross Compliance-<br />
Auflagen gehen muss, eine wachsende<br />
Herausforderung dar. Die Erfolgsparameter<br />
müssen unter diesen Auflagen<br />
ständig beobachtet werden. Eine<br />
Zertifizierung des Betriebes in naher<br />
Zukunft ist kaum zu vermeiden.<br />
Schulte: Auch <strong>Nordzucker</strong> muss sich<br />
entwickeln. Welche Erwartungen<br />
haben Sie für Ihren Betrieb?<br />
Gehlhar: Weiterhin ein gutes Rübengeld<br />
und eine Dividende zu bekommen.<br />
Das ist das Hauptziel für meinen<br />
Betrieb. Eine Standortsicherheit für<br />
diese Region, damit die Dienstleistungen<br />
leichter in landwirtschaftlicher Hand<br />
bleiben können. Wenn sie dann noch<br />
wirtschaftlich vertretbar und fair entlohnt<br />
werden, kann ich durch die Rübe<br />
einen positiven Beitrag für meinen<br />
Betrieb erwirtschaften.<br />
Schulte: Vielen Dank für Ihre<br />
Ausführungen und noch einen guten<br />
Verlauf der Kampagne.<br />
■
18 I Rübe I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />
Ertragspotenziale im Anbaugebiet<br />
der <strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong><br />
Erträge steigern, Kosten senken<br />
Um auch zukünftig im Rübenanbau<br />
erfolgreich zu sein, müssen im wesentlichen<br />
zwei Punkte realisiert werden:<br />
Erträge steigern, Kosten senken.<br />
Bei den Möglichkeiten zur Kostensenkung<br />
ist vor allem der Bereich Arbeitserledigung<br />
zu beachten. In erster Linie<br />
führen strukturelle Maßnahmen zu<br />
Verbesserungen. Es lassen sich allerdings<br />
zwischen den Betrieben sehr<br />
hohe Schwankungen feststellen. Das<br />
gilt auch für die Erträge, die sich in<br />
einer sehr großen Spanne bewegen,<br />
wie nordzuckerweite Auswertungen<br />
durch das Rübenmanagement national<br />
belegen.<br />
Ertragsgruppen<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Verteilung Landwirte/Ertragsgruppen in %*<br />
Rübenmenge in den Ertragsgruppen in %<br />
38<br />
28<br />
< 9 t/ha<br />
* Exakte Definition ist Anzahl Anbaustandorte (Astos),<br />
da ein Landwirt in einer Statistik mehrfach genannt sein kann.<br />
55<br />
Die nebenstehende Abbildung zeigt,<br />
dass die Ertragsunterschiede im Zuckerertrag<br />
innerhalb eines Naturraumes<br />
größer sind als zwischen den Naturräumen.<br />
Unter Naturräumen sind Gebiete<br />
zu verstehen, die in Bezug auf Klima<br />
und Boden weitestgehend homogen<br />
sind. Die Auswertung zeigt, dass die<br />
besten 25 Prozent der Landwirte einen<br />
Zuckerertrag von nahezu 13 Tonnen<br />
pro Hektar erreichen, und somit der<br />
Weg zur Rübe mit 15 Tonnen pro<br />
64<br />
9-12 t/ha<br />
7<br />
8<br />
>12 t/ha<br />
Hektar Zuckerertrag – zumindest in<br />
dieser Region – gar nicht mehr so weit<br />
ist. Der Unterschied zwischen den<br />
Naturräumen ist deutlich geringer und<br />
beträgt nur rund 1,25 Tonnen pro<br />
Hektar. Fazit: Nicht nur der Standort<br />
ist entscheidend, sondern vor allem<br />
das Know-how des Landwirts. Die Analyse<br />
über alle <strong>Nordzucker</strong>-Rübenanbauer<br />
zeigt die Anzahl der Landwirte<br />
und die Rübenmenge, die sich in einzelnen<br />
Ertragsgruppen wieder finden:<br />
• Betriebe mit Zuckerertrag über zwölf<br />
Tonnen pro Hektar (potentielle<br />
Zukunftsbetriebe)<br />
• Betriebe mit Zuckerertrag von neun<br />
bis zwölf Tonnen pro Hektar<br />
(Zukunft dieser Rübenbaubetriebe<br />
hängt von Ertragssteigerung und<br />
Kostenstruktur ab)<br />
• Betriebe mit Zuckerertrag unter<br />
neun Tonnen pro Hektar (bei ungünstigen<br />
Kostenstrukturen haben<br />
diese Betriebe zukünftig vermutlich<br />
große Probleme)<br />
Nur sieben Prozent der Landwirte<br />
haben im Mittel der Jahre von 2002<br />
bis 2004 über zwölf Tonnen pro<br />
Hektar Zuckerertrag geerntet, dagegen<br />
liegen 38 Prozent aller Betriebe unter<br />
neun Tonnen pro Hektar.<br />
Sieben Prozent der Landwirte, die mehr<br />
als zwölf Tonnen pro Hektar ernten,<br />
Dr. Andreas Windt,<br />
Rübenmanagement<br />
Werk Wierthe<br />
produzieren acht Prozent der<br />
Rübenmenge. Somit ist der prozentuale<br />
Anteil fast deckungsgleich. Dagegen<br />
gibt es große Unterschiede im Bereich<br />
unter neun Tonnen pro Hektar:<br />
Während 38 Prozent der Landwirte in<br />
diesem Bereich liegen, verbergen sich<br />
dahinter nur 28 Prozent der Rüben.<br />
Dies bedeutet, dass in diesem Segment<br />
offensichtlich eine beträchtliche<br />
Anzahl von Betrieben mit einer geringen<br />
Anbaufläche liegt. Insbesondere<br />
dort, wo die Rübe heute schon eine<br />
geringe Bedeutung im Betrieb hat und<br />
gleichzeitig niedrige Zuckererträge<br />
erzielt werden, muss über den zukünftigen<br />
Rübenanbau kritisch nachgedacht<br />
werden!<br />
Fazit: Auf allen Betrieben müssen<br />
Anstrengungen unternommen werden,<br />
die Zuckererträge weiter zu steigern.<br />
Dieses gilt auch für die Betriebe, die<br />
heute schon mehr als zwölf Tonnen<br />
Zucker pro Hektar ernten. Die große<br />
Zahl der Betriebe, die zwischen neun<br />
und zwölf Tonnen Zucker pro Hektar<br />
ernten, müssen zukünftig die Erträge<br />
steigern und zum anderen die Kosten<br />
senken. Sollte der Rübenanbau unter<br />
zukünftigen Rahmenbedingungen<br />
nicht wirtschaftlich sein, so muss auch<br />
über einen Ausstieg aus der Rübenproduktion<br />
nachgedacht werden. ■<br />
Vergleich der Zuckererträge in Naturräumen (in t/ha) 2004<br />
Durchschnitt Beste 25 % Schlechteste 25 %<br />
Differenz: Zwischen den Naturräumen: 1,25 t/ha In den Naturräumen: 4,28 t/ha<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
Rethen Ambergau<br />
Leine-<br />
Weser<br />
Nordstemmen<br />
Gronau-<br />
Alfeld Einbeck<br />
Bad Gandersheim<br />
Göttingen<br />
Gieboldehausen<br />
Kassel<br />
12,93<br />
8,65<br />
Durchschnitt<br />
10,85
Male Karpaty – nicht nur der Veltliner<br />
gedeiht in den kleinen Karpaten<br />
Starke Regionen bei <strong>Nordzucker</strong><br />
und was sie auszeichnet<br />
In <strong>Akzente</strong> 1/2005 haben wir mit einer<br />
Portraitreihe starker Anbauregionen im<br />
Einzugsgebiet der <strong>Nordzucker</strong> begonnen.<br />
In dieser Ausgabe stellen wir die<br />
Region Male Karpaty (kleine Karpaten)<br />
in der Slowakei vor.<br />
Rund 70 Kilometer südöstlich vom<br />
slowakischen Werk Trencianska Tepla<br />
liegt die Anbauregion Male Karpaty<br />
(kleine Karpaten). In diesem Gebiet<br />
werden im weitläufigen Tal der „Vah“<br />
rund 2.000 Hektar Rüben von 22 Betrieben<br />
angebaut. Die durchschnittliche<br />
Rübenanbaufläche beträgt 92 Hektar.<br />
Die Betriebe bewirtschaften eine<br />
durchschnittliche Gesamtbetriebsfläche<br />
von etwa 1.300 Hektar und sind als<br />
Agrargenossenschaften organisiert. Es<br />
handelt sich um Gemischtbetriebe, die<br />
neben dem Acker- und Feldfutterbau<br />
auch Tierproduktion betreiben.<br />
Besonders sympathisch macht die<br />
Region der in den Talrandlagen verbreitete<br />
Weinanbau. Wohlschmeckende<br />
Weißweine wie der Veltliner, der<br />
Silvaner oder der Riesling machen<br />
der Region alle Ehre.<br />
Ein Ackerbaugebiet mit Potenzial<br />
Die natürlichen Voraussetzungen für<br />
den Ackerbau mit fruchtbaren Braunerden<br />
aus Löss und einem mittleren<br />
Jahresniederschlag von rund 620 Milli-<br />
<strong>Nordzucker</strong>-Anbaugebiete Slowakei<br />
Trnava<br />
Trencianska Tepla<br />
metern sind hervorragend. Allerdings<br />
sind aufgrund der schlechten produktionstechnischen<br />
Voraussetzungen,<br />
bedingt durch die geschichtliche Entwicklung,<br />
noch im Jahr 2000 nur 34<br />
Tonnen Rüben pro Hektar mit einem<br />
Zuckergehalt von 15,6 Prozent geerntet<br />
worden. Durch enorme Umstellungen<br />
in der Produktionstechnik in Verbindung<br />
mit großen Investitionen im<br />
Bereich der Sä-, Bodenbearbeitungs-<br />
und Erntetechnik konnten im Jahr<br />
2004 bereits 47 Tonnen pro Hektar<br />
mit 17,6 Prozent Zuckergehalt erzielt<br />
werden. In 2005 liegt die Ertragserwartung<br />
bei 54 Tonnen pro Hektar<br />
und 16,5 Prozent Zuckergehalt.<br />
Volle Nutzung der Vegetationszeit<br />
bei ausgefeilter Produktionstechnik<br />
In der Region Male Karpaty beginnt<br />
die Aussaat möglichst früh, etwa ab<br />
20. März jeden Jahres. Von der gesamten<br />
Saatfläche werden mit steigender<br />
Tendenz etwa 35 Prozent in Mulchsaat<br />
und 65 Prozent konventionell nach<br />
Pflugfurche bestellt. Dabei zeigen die<br />
Erfahrungen mit der Mulchsaat eine<br />
Wasserersparnis, die im typischerweise<br />
trockenen Monat Juli den Rüben zu<br />
Gute kommt. Die Ertragsschwankungen<br />
zwischen den Jahren haben sich<br />
auf diesen Flächen deutlich reduziert.<br />
Die mineralische Düngung wird an die<br />
vorhandenen Nährstoffgehalte der<br />
Böden angepasst, jede Fläche wird<br />
nach der EUF-Methode analysiert. Im<br />
Mittel beträgt die Stickstoffdüngung<br />
75 Kilogramm Stickstoff (N) pro Hektar.<br />
Auch die Unkrautbekämpfung wurde<br />
konsequent an die auflaufende Unkrautflora<br />
angepasst. Prophylaktische<br />
Maßnahmen im Vorauflauf gehören<br />
nahezu der Geschichte an.<br />
<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Rübe I 19<br />
Dr. Ulf Wegener,<br />
Rübenmanagement<br />
International<br />
Nach flacher Saatbettbereitung erfolgt die Zuckerrübenaussaat<br />
mit moderner Drilltechnik<br />
Um das Zuckergehaltsniveau zu steigern,<br />
werden ausschließlich rizomaniatolerante<br />
zuckergehaltsbetonte Sortentypen (Z-<br />
und NZ-Sorten) angebaut. Das Saatgut<br />
ist zu 100 Prozent mit Montur gebeizt.<br />
Entwicklung von Rübenertrag und Zuckergehalt<br />
in der Region Male Karpaty<br />
Rübenertrag (t/ha) Zuckergehalt (%)<br />
*Schätzung<br />
t/ha<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
0<br />
50<br />
45<br />
15,6 15 15,5<br />
34<br />
16,8<br />
40<br />
2000 2001 2002 2003 2004<br />
%<br />
54*<br />
20<br />
47 17,6<br />
16,5*<br />
15<br />
2005<br />
In der Infektionszeit ab Ende Juni wird<br />
die Entwicklung der relevanten Blattkrankheiten<br />
intensiv beobachtet, um<br />
termingerecht Bekämpfungsmaßnahmen<br />
vorzunehmen. In diesem Zusammenhang<br />
hat sich die Warnung der<br />
Betriebe über zentral verschickte SMS<br />
bewährt.<br />
Entscheidend auf dem Weg der Ertragssteigerung<br />
war aber auch die Reduzierung<br />
der Ernteverluste. Dazu wurde<br />
die sechsreihige Rodung im Umfang<br />
deutlich ausgebaut. Mittlerweile wird<br />
nahezu die gesamte Fläche mit modernen<br />
sechsreihigen Rodesystemen<br />
geerntet. u<br />
10<br />
5<br />
0
20 I Rübe I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />
Die erreichte durchschnittliche Bestandes dichte<br />
von 91.000 Pfl anzen pro Hektar ist die<br />
Grund lage für hohe Erträge bei guter Qualität<br />
Alle Rüben werden vorgereinigt und<br />
mit LKW zur Fabrik transportiert. Im<br />
Vergleich mit den noch im letzten Jahr<br />
anteilig praktizierten Bahntransporten<br />
entfallen somit die doppelte Verladung<br />
und die damit erhöhten Verlustquellen.<br />
Fazit<br />
In den letzten Jahren haben die Betriebe<br />
im Gebiet Male Karpaty enorme<br />
Energie in die Entwicklung einer mit<br />
westeuropäischem Niveau ver gleich -<br />
Winterveranstaltungen 2006 (Stand November 2005)<br />
baren Rentabilität beim Rüben anbau<br />
gesteckt. Flexibilität und die Fähigkeit<br />
zur Integration von innovativen Verfahren<br />
in die praktizierten Betriebsabläufe<br />
zeichnen die Betriebsleiter aus.<br />
Auf der Basis der dokumentierten<br />
Leistungs- und Kostenanalysen in<br />
Verbindung mit den natürlichen und<br />
strukturellen Voraussetzungen sehen<br />
sich die Betriebe für die Herausforderungen<br />
der Zukunft gut aufgestellt.<br />
■<br />
Tag Datum Uhrzeit Veranstaltungsort Verband<br />
Mi. 25.01. 9:00<br />
9:00<br />
14:00<br />
Meine, Gemeindezentrum, Neue Straße<br />
Sternberg, Seehotel, Johannes-Dörwald-Allee 4<br />
Upahl, Gaststätte Dubbe, Hauptstr. 32<br />
ZAV Nds.-Ost<br />
ZAV Güstrow<br />
ZAV Güstrow<br />
Do. 26.01. 14:00 Wunstorf, Hotel Wehrmann, Kolenfelder Str. 86 ZAV Nds.-Mitte<br />
Fr. 27.01. 9:00<br />
14:00<br />
9:00<br />
14:00<br />
Mo. 30.01. 9:00<br />
14:00<br />
9:00<br />
14:00<br />
Di. 31.01. 9:00<br />
14:00<br />
9:00<br />
14:00<br />
Mi. 01.02. 9:00<br />
14:00<br />
9:30<br />
14:00<br />
Do. 02.02. 9:00<br />
14:00<br />
9:00<br />
14:00<br />
Fr. 03.02. 9:00<br />
14:00<br />
9:00<br />
14:00<br />
Mo. 06.02. 9:00<br />
14:00<br />
9:30<br />
Di. 07.02. 9:00<br />
14:00<br />
9:00<br />
Mi. 08.02. 9:00<br />
14:00<br />
Clauen, Zuckerfabrik (südlicher Bereich)<br />
Clauen, Zuckerfabrik (nördlicher Bereich)<br />
Stendal, Rathaus, Markt 1<br />
Winterfeld, Rasthaus Wieseneck, Dorfstr. 7<br />
Salzgitter-Bad, Ratskeller, Marktplatz 10<br />
Schladen, Zuckerfabrik (westlicher Bereich)<br />
Satrup, Satrup-Krog, Glücksburger Str. 1<br />
Jevenstedt, Möhl´s Gasthof, Dorfstr. 12<br />
Bönnien, Gasthaus Maas, Störyer Str. 8<br />
Nordstemmen, Zuckerfabrik (nördlicher Bereich)<br />
Breitenfelde, Siemers Gasthof, Dorfstr. 21<br />
Bosau, Gasthaus Frohsinn, Bischof-Vicelin-Damm<br />
Bornum, Lindenhof, Im Winkel 23<br />
Wierthe, Zuckerfabrik<br />
Lockstedt, Zur Erholung, Dorfstr. 24<br />
Meldorf, Zur Erheiterung, Rosenstr. 6<br />
Nienburg-Holtorf, Krügerhof, Landstr. 26<br />
Walsrode, Forellenhof, Hünzingen<br />
Halberstadt, Bildungs-/Gesundheitszentr., Kirschallee 6<br />
Hundisburg, Landesforst „Haus des Waldes“, Schloss<br />
Stederdorf, Hotel Schönau, Peiner Str. 17<br />
Schladen, Zuckerfabrik (östlicher Bereich)<br />
Bergen, Stadthaus, Lange Str. 1<br />
Gr. Oesingen, Gasthaus Zur Linde, Hauptstr. 15<br />
Northeim, Stadthalle, Grafenhof 7<br />
Gieboldehausen, Niedersachsenhof, Am Schützenpl. 1<br />
Ahlerstedt, Schützenhof Bockelmann, Stader Str. 2<br />
Rheden, Ebelings Gaststätte, Am Thie 3<br />
Nordstemmen, Zuckerfabrik (südlicher Bereich)<br />
Uelzen, Stadthalle, An der Zuckerfabrik 1<br />
Lüchow, Ratskeller, Lange Str. 56<br />
Deutsch Evern, Haus Niedersachsen, Bahnhof 1<br />
ZAV Nds.-Mitte<br />
ZAV Nds.-Mitte<br />
ZAV Magdeburg<br />
ZAV Güstrow<br />
ZAV Nds.-Mitte<br />
ZAV Nds.-Mitte<br />
ZAV Schl.-Holstein<br />
ZAV Schl.-Holstein<br />
ZAV Nds.-Mitte<br />
ZAV Nds.-Mitte<br />
ZAV Schl.-Holstein<br />
ZAV Schl.-Holstein<br />
ZAV Nds.-Ost<br />
ZAV Nds.-Mitte<br />
ZAV Schl.-Holstein<br />
ZAV Schl.-Holstein<br />
ZAV Nds.-Mitte<br />
ZAV Nds.-Mitte, RAN<br />
ZAV Magdeburg<br />
ZAV Magdeburg<br />
ZAV Nds.-Mitte<br />
ZAV Nds.-Ost<br />
RAN<br />
RAN<br />
ZAV Südnds.<br />
ZAV Südnds.<br />
RAN<br />
ZAV Südnds.<br />
ZAV Südnds.<br />
RAN<br />
RAN<br />
RAN
Dicksaft schont das Budget<br />
Im slowakischen Werk Tepla läuft die erste<br />
<strong>Nordzucker</strong>-Dicksaftkampagne<br />
Wie die Rübenmenge von bisher zwei<br />
Zuckerfabriken Budget schonend an<br />
einem Standort verarbeitet werden<br />
kann, lässt sich derzeit im Werk Tepla<br />
der <strong>Nordzucker</strong>-Tochter Povazský<br />
Cukor a.s. in Trencianska Teplá studieren.<br />
Mit Beginn der diesjährigen<br />
Rübenkampagne am 9. September<br />
2005 starteten die Ingenieure die erste<br />
Dicksaftkampagne in dem slowakischen<br />
Werk. Premiere auch für <strong>Nordzucker</strong>.<br />
Die parallele Produktion von Zucker<br />
und Dicksaft wird bisher dank ausreichender<br />
Lager- und Produktionskapazitäten<br />
in keinem der übrigen<br />
zwölf <strong>Nordzucker</strong>werke praktiziert.<br />
Bereits bei der Übernahme der vier<br />
Zuckerfabrikation in Trencianska Teplá<br />
und Trnava durch <strong>Nordzucker</strong> im Jahr<br />
1998 stand fest, die Rübenverarbeitung<br />
perspektivisch an einem Standort zu<br />
konzentrieren. Obwohl Teplá mit einer<br />
Verarbeitungskapazität von 2.200<br />
Tonnen Rüben pro Kampagnetag die<br />
kleinere Fabrik war, bekam sie aufgrund<br />
der deutlich günstigeren Lage<br />
den Zuschlag für den Ausbau. Das vorhandene<br />
Zuckerhaus hatte bereits eine<br />
größere Kapazität und wurde in mehreren<br />
Stufen modernisiert. Die Zuckerhausleistung<br />
von 4000 Tonnen pro Tag<br />
reichte aber nicht, um die gesamte<br />
Rübenmenge des rund 80 Kilometer<br />
südwestlich gelegenen Werks Trnava<br />
zu verarbeiten.<br />
Der Tank ist günstiger als das Silo<br />
„Die Lücke zwischen Zuckerhauskapazität<br />
und Vorderbetrieb, der für 5.700<br />
Tonnen Rüben pro Tag ausgebaut<br />
wurde, füllt seit dieser Kampagne der<br />
Dicksafttank“, erläutert Werner Küster.<br />
„Der Tank zur Einlagerung von Dicksaft<br />
als Zwischenprodukt ist um die<br />
Hälfte günstiger als der Bau entsprechender<br />
Silokapazitäten für Zucker“,<br />
rechnet Küster vor. „Außerdem erspart<br />
uns die parallele Produktion von Zucker<br />
und Dicksaft erhebliche zusätzliche<br />
Investitionen im Zuckerhaus.“ Als Nachteil<br />
der Dicksaftproduktion nennt er<br />
einen insgesamt höheren Energieverbrauch.<br />
Der neue Tank im Werk Tepla<br />
fasst Dicksaft für die zeitversetzte Gewinnung<br />
von rund 30.000 Tonnen Zucker.<br />
Noch eine Premiere: (Dicksaft-)<br />
Kampagne nach Ostern<br />
Eine zweite Premiere steht den 174<br />
Mitarbeitern im Werk Tepla noch bevor:<br />
2006 wird der Fabriksschornstein zum<br />
ersten Mal in der 105-jährigen<br />
Geschichte der Fabrik nicht nur im<br />
Herbst, sondern auch nach Ostern bis<br />
in den Mai dampfen. Dann nämlich,<br />
wenn wieder Platz ist in den Silos für<br />
den Zucker, der aus dem zwischengelagerten<br />
Dicksaft gewonnen wird.<br />
sdp<br />
<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Markt und Kunde I 21<br />
Der Dicksafttank im Werk Tepla sparte erhebliche Investitionen bei der Konzentration der Rübenverarbeitung<br />
von zwei auf einen Standort.<br />
Dicksaft ist der auf ca. 70 - 75 Prozent Trockensubstanz<br />
eingedickte, gereinigte Zuckersaft.<br />
Er entsteht am Ende der Verdampfstation bevor<br />
die eigentliche Kristallisation des Zuckers in den<br />
Kochapparaten im Zuckerhaus folgt.
22 I<br />
Markt und Kunde I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />
Zucker könnte künftig knapp werden<br />
Zucker-Weltmarkt: Das unbekannte Wesen<br />
In kaum einer der vielfältigen Diskussionen<br />
oder Abhandlungen zum europäischen<br />
Zuckermarkt wird der Bezug<br />
auf den „Weltzuckermarkt“ fehlen, meist<br />
als Hinweis auf die positive, offene,<br />
faire, wettbewerbsorientierte Alternative<br />
zum angeblich dirigistischen, protektionistischen<br />
und zutiefst unfairen<br />
System der EU-Marktordnungen. Insbesondere<br />
wird unterstellt, der Weltmarkt<br />
verkörpere sozusagen die realen<br />
Verhältnisse, während innerhalb der<br />
EU ein „künstlicher“ Markt aufrechterhalten<br />
werde, der natürlich insbesondere<br />
die Zucker-Verbraucher von den<br />
Segnungen des freien Welthandels<br />
ausschließe.<br />
Kleiner als er klingt<br />
Was ist das also, der Welt-Zuckermarkt?<br />
Dazu zunächst ein paar Zahlen: Weltweit<br />
werden zurzeit knapp 150 Millionen<br />
Tonnen Zucker produziert, und<br />
auch konsumiert. Allerdings wird der<br />
weitaus größte Teil dieser Menge<br />
innerhalb des Ursprungslandes (oder<br />
einer Ländergruppe) konsumiert, meist<br />
im Rahmen geschützter Binnenmärkte.<br />
Die EU ist das naheliegendste Beispiel,<br />
hier werden bei einer Produktion (EU<br />
25) von knapp 20 Millionen Tonnen<br />
(Weißwert) etwa 16 Millionen Tonnen<br />
EU-intern gehandelt. In Indien wurden<br />
letztes Jahr rund 14 Millionen Tonnen<br />
produziert und im Lande selbst verbraucht.<br />
Brasilien verbraucht über 10<br />
Millionen Tonnen, die Reihe lässt sich<br />
fortsetzen. Zusammengezählt werden<br />
so etwa <strong>11</strong>0 bis 120 Millionen Tonnen<br />
Zucker in Binnenmärkten hergestellt<br />
und verbraucht. Lediglich der Rest<br />
macht das aus, was man üblicherweise<br />
als den „Weltmarkt“ bezeichnet, ob er<br />
diesen Namen zu Recht trägt, kann<br />
jeder selbst beurteilen.<br />
Viel beschworen:<br />
Der Weltmarktpreis für Zucker<br />
Mindestens genauso oft wie der<br />
„Weltmarkt“ wird der „Weltmarktpreis“<br />
beschworen, als Ausdruck des „realen“<br />
Wertes von Zucker im Gegensatz zu<br />
den „willkürlichen“ und „natürlich viel<br />
zu hohen“ EU-Preisen.<br />
Da muss man zunächst fragen: welcher<br />
Weltmarktpreis? Der gegenwärtige,<br />
US-$ 280,00 pro Tonne, oder der<br />
von vor vier Wochen, US-$ 314,00?<br />
Oder der Preis von vor einem Jahr, US-$<br />
235,00, oder vor zwei Jahren, US-$<br />
173,00 (alles Weißzucker, in Säcken,<br />
fob gestaut Seehafen). Oder sehen wir<br />
uns die Rohzuckernotierungen an (es<br />
gibt sie schon sehr viel länger als die für<br />
Weißzucker), mit Jahres-Durchschnittswerten<br />
von 1,76 US-cents per lb (= US-<br />
$ 38,80 p. 1.000 kg) in 1966, aber<br />
¢ 29,71 (= US-$ 654,98) in 1974 (mit<br />
¢ 63,76 = US-$ 1.405,60 als höchste<br />
Notierung des Jahres)!<br />
Es ging wild hin und her in den letzten<br />
30 Jahren. Mitte der 70er, und dann<br />
noch mal Anfang der 80er Jahre überstieg<br />
der Weltmarktpreis das EU-Niveau<br />
erheblich, sodass beim Export von EU-<br />
Zucker nichts erstattet, sondern große<br />
Abschöpfungen fällig wurden. Kurz,<br />
die Berufung auf „den Weltmarktpreis“<br />
ist irreführend, und er muss keineswegs<br />
immer so viel niedriger sein, als<br />
zum Beispiel der EU-Preis.<br />
Große Schwankungen<br />
Wie kommt es zu diesen großen Preisschwankungen?<br />
Ganz simpel: durch<br />
Angebot und Nachfrage. Wer fragt<br />
nach, wer bietet auf dem Weltmarkt<br />
an? Die Käufer, etwas schematisch<br />
gesehen, sind die Länder, die keinen<br />
Zucker produzieren (das sind recht<br />
Henning Koch,<br />
August Töpfer & Co KG,<br />
Hamburg<br />
wenige) und die, die Zucker produzieren,<br />
aber weniger als den Eigenbedarf<br />
(das sind recht viele). Die Verkäufer<br />
sind die, die mehr produzieren als sie<br />
verbrauchen. Die einen decken ihren<br />
(Rest-) Bedarf, die anderen „entsorgen“<br />
ihre Überschüsse.<br />
Der Preis richtet sich danach, ob mehr<br />
Bedarf gedeckt oder mehr Überschüsse<br />
entsorgt werden müssen, und das wiederum<br />
danach, was jeweils produziert<br />
und konsumiert wird. Hier aber wirkt<br />
sich das Gefälle zwischen den jeweiligen<br />
Mengen der Welt-Produktion und<br />
des „Weltmarktes“ aus. Eine witterungsbedingte<br />
Einbuße von zwei Prozent<br />
der Gesamterzeugung entspricht drei<br />
Millionen Tonnen – das sind aber 7,5<br />
oder gar 10 Prozent des Angebots auf<br />
dem Weltmarkt. Wenn, wie während<br />
der Asien-Krise, der Verbrauch eines<br />
Marktes für über 50 Millionen Tonnen<br />
um zehn Prozent einbricht, geht dem<br />
Weltmarkt Nachfrage von fünf Millionen<br />
Tonnen, rund 15 Prozent verloren.<br />
Nur ein Viertel des weltweit<br />
erzeugten Zuckers wird auf dem<br />
Weltmarkt gehandelt<br />
Zucker, der auf dem freien Weltmarkt gehandelt wird.<br />
Zucker, der nicht auf dem Weltmarkt verkauft<br />
wird, sondern unter dem Schutz nationaler<br />
Marktregelungen und Handelsabkommen<br />
produziert und gehandelt wird.<br />
ca. 33 Mio. t<br />
23%<br />
ca. 109 Mio. t<br />
77%
Weltzuckererzeugung 2002/2003 und Verbrauch 2001<br />
Angaben in Mio. t Rohwert<br />
24<br />
21<br />
18<br />
15<br />
12<br />
9<br />
6<br />
3<br />
0<br />
Brasilien<br />
Quelle: ISO Sugar Year Book 2002 & Zuckerwirtschaft Europa 2004<br />
Auch bei schlechten Preisen wird<br />
verkauft, weil Lagerung Geld kostet<br />
Genauso fatal ist die geringe Preiselastizität<br />
dieses „Weltmarktes“. Mit<br />
wenigen Ausnahmen verkaufen die<br />
Produzenten den größeren Teil ihrer<br />
Produktion vor ihrer Haustür – in mehr<br />
oder weniger offiziell geschützte Märkte.<br />
Hier verdienen sie ihr Geld. Die Übermengen<br />
gehen in den Export – zu<br />
möglichst guten Preisen, aber auch zu<br />
weniger guten, wenn es nicht anders<br />
geht. Auch bei schlechten Preisen, unter<br />
tatsächlichen Kosten, wird noch verkauft.<br />
Weil die Alternative, die Lagerung, Geld<br />
kostet und auch meist keine Lösung<br />
darstellt, denn die nächste Ernte wächst<br />
schon heran.<br />
Wir haben hier etwas abstrakt von<br />
„Ländern“ als Käufer und Verkäufer<br />
gesprochen. In einigen Fällen sind es<br />
tatsächlich noch die Regierungen, die<br />
über öffentliche Ausschreibungen Roh-<br />
oder Weißzucker kaufen oder verkaufen.<br />
Dagegen gibt es in anderen Ländern<br />
offene Märkte, in denen Händler<br />
dem Produzenten überschüssige Ware<br />
abkaufen und sie an Importeure, aber<br />
auch an Verbraucher wie Abpacker oder<br />
Rohrzucker Zuckerverbrauch Rübenzucker<br />
Brasilien, Thailand und Australien<br />
• nicht AKP<br />
• nicht LDC<br />
• keinerlei Präferenzen<br />
• aber die weltgrößten Überschusshersteller!<br />
Indien EU China USA Thailand Australien Mexiko Pakistan Kuba Südafrika Ukraine Russland<br />
Verarbeiter (zum Beispiel von Süßwaren<br />
oder Erfrischungsgetränken) in Übersee<br />
absetzen. Der sogenannte „Inter-<br />
Operator-Handel“, also der Handel<br />
zwischen zwei europäischen Firmen,<br />
die sonst möglicherweise heftige Konkurrenten<br />
sind, ist seltener geworden.<br />
Zuckerhandel über<br />
Warenterminbörsen<br />
Last not least kann Zucker auch an die<br />
Zucker-Terminbörsen in New York und<br />
in London geliefert, beziehungsweise<br />
von diesen abgenommen werden.<br />
<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Markt und Kunde I 23<br />
Waren-Termin-Börsen haben in der<br />
Öffentlichkeit einen schlechten Ruf. Zu<br />
Unrecht. Die wichtigsten Zucker-Terminmärkte<br />
sind die in New York für losen<br />
Rohzucker und in London für gesackten<br />
Weißzucker. Hier kann jeder, der will,<br />
und die finanziellen Garantien stellt,<br />
Roh- und Weißzucker kaufen und verkaufen<br />
– für spätere Lieferung, deshalb<br />
der Name „Termin-Markt“. Allerdings<br />
schreiben die Börsen die Bedingungen<br />
genau vor: Die Mengen-Einheiten (50<br />
Tonnen = 1 „lot“), Qualitäten,<br />
Verpackungen, Liefertermine –<br />
bestimmte Monate bis zu zwei Jahre<br />
im Voraus – und die Parität „fob<br />
gestaut“.<br />
30 Ursprünge, 50 Häfen –<br />
logistische Unsicherheiten<br />
Auch die Ursprünge, beziehungsweise<br />
die Ladehäfen sind vorgegeben – allerdings<br />
rund 30 Ursprünge für Rohzucker<br />
und über 50 Häfen für Weißzucker.<br />
Der Käufer erfährt erst nach dem<br />
Auslaufen des jeweiligen Terminmonats,<br />
bei der „Andienung“, in welchem<br />
Hafen – oder welchen Häfen – er die<br />
Ware abzuholen hat. Dafür hat er aber<br />
wiederum zwei Monate Zeit, während<br />
derer er sein Schiff „präsentieren“ muss.
24 I<br />
Markt und Kunde I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />
Das heißt, der Verkäufer muss damit<br />
rechnen, den Zucker irgendwann innerhalb<br />
dieser Frist zu liefern. Man sieht<br />
also, eine Lieferung an, beziehungsweise<br />
vom Terminmarkt ist mit gewissen<br />
logistischen Unsicherheiten belastet.<br />
Dennoch werden sie in großem Maße<br />
genutzt. Von den „Professionellen“, also<br />
Zucker-Produzenten, Zucker-Händlern<br />
und Zucker-Verbrauchern in erster Linie,<br />
um Preise abzusichern. Der klassische<br />
Fall wäre ein Hersteller von Rohzucker<br />
in Brasilien, der für die Planung seiner<br />
Produktion, angefangen bei der Anpflanzung<br />
vom Rohr, einen verlässlichen<br />
Erlös kalkulieren muss – die Ware steht<br />
aber erst in zwölf oder gar 18 Monaten<br />
zur Verfügung. Dafür einen individuellen<br />
Käufer zu finden ist in aller Regel nicht<br />
möglich.<br />
Die Börse garantiert<br />
die korrekte Abwicklung<br />
Da liegt es nahe, sich des Terminmarktes<br />
zu bedienen, der für alle notierten<br />
Termine immer aktuelle und realisier-<br />
Termingeschäfte aus Verarbeiterperspektive<br />
Der Zuckerverarbeiter, sagen wir, ein Bonbon-<br />
Kocher in Singapur, wird sich mit einigen der<br />
technischen Fragen des Terminmarktes auseinander<br />
setzen müssen. Denn ob er die Ware in<br />
Hamburg, in Buenos Aires oder Ulsan (Süd-Korea)<br />
abholen muss, beeinflusst seine Kalkulation erheblich.<br />
So wird er wahrscheinlich zu einem späteren<br />
Zeitpunkt, wenn konkrete Verkäufer konkrete<br />
Partien anbieten, jemanden finden, der ihm die<br />
Ware da anbietet, wo er sie braucht, und so, wie<br />
er sie braucht, in Containern und mit einer bestimmten<br />
Sackmarkierung. Alles das, was mit dem<br />
starren Börsen-Reglement nicht zu vereinbaren ist.<br />
So wird unser Bonbon-Kocher eine Partie erwerben<br />
wollen, die ihm zum Beispiel von einer in<br />
Hamburg alteingesessenen Zucker-Handelsfirma<br />
angeboten wird – zum aktuellen Preis, der vielleicht<br />
US-$ 30,00 pro Tonne höher ist als der,<br />
den er am Terminmarkt bezahlt hat. Dieses Terminmarkt-Engagement<br />
verkauft er nun – und verdient<br />
Weltzuckererzeugung und Verbrauch seit 1995/96 (Angaben in 1000 t Rohwert)<br />
160.000<br />
140.000<br />
120.000<br />
100.000<br />
1995/96 1996/97 1997/98 1998/99 1999/2000 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05<br />
Quelle: F. O. Licht, World Sugar Balances – 1995/96 - 2004/05<br />
bare Kauf- und Verkaufskurse bietet.<br />
Durch den Verkauf einer entsprechenden<br />
Menge „Lots“, zum entsprechenden<br />
– späteren – Liefertermin weiß<br />
unser Produzent, wie viel Geld er für<br />
die Ware bekommen wird, und wenn<br />
er auch noch die börsen-gemäßen<br />
Lagermöglichkeiten hat, braucht er<br />
nichts weiter zu tun, als den Zucker zu<br />
produzieren und abzuwarten, dass zu<br />
gegebener Zeit der – bis zur Andienung<br />
anonyme – Käufer sein Schiff zum<br />
Laden stellt. Die korrekte Abwicklung<br />
beider Seiten wird durch die Börse<br />
garantiert, wofür sie sich wiederum<br />
von allen Beteiligten üppige Garantien<br />
stellen lässt.<br />
Die meisten Kontrakte werden vor<br />
dem Auslaufen wieder aufgelöst<br />
Der Terminmarkt erfüllt seinen Zweck<br />
voll, auch wenn die jeweiligen Engage-<br />
dabei US-$ 30,00 pro Tonne, die er in seiner<br />
Kalkulation vom Preis, den er beim Hamburger<br />
Händler bezahlt hat, in Abzug bringen kann.<br />
Mit anderen Worten, für seine Planung ist weiterhin<br />
nur der Preis relevant, den er mal am<br />
Terminmarkt bezahlt hat, auch wenn er dieses<br />
Engagement zurückgehandelt hat.<br />
Termingeschäfte aus Handelssicht:<br />
größere Käufe preislich absichern<br />
Der Terminmarkt dient dem Handel, um größere<br />
Käufe oder Verkäufe, für die er nicht sofort<br />
einen “Gegen-Partner“ findet, preislich abzusichern.<br />
Nehmen wir an, <strong>Nordzucker</strong> meldet sich<br />
beim besagten Hamburger Händler, und bietet<br />
eine Partie von 5.000 Tonnen C-Zucker an, zum<br />
Preis von € 250,00. In US-$ umgerechnet ergibt<br />
das US-$ 294,00. Der März in London handelt<br />
gerade mit US-$ 295,00. Der Händler gibt seinem<br />
Broker in London die Order zum Verkauf<br />
von 100 lots = 5.000 Tonnen zu US-$ 295,00.<br />
Sobald diese Order ausgeführt wurde, bestätigt<br />
ments vor dem Auslaufen des Termins<br />
wieder aufgelöst werden. Das ist bei<br />
dem überaus größten Teil der Transaktionen<br />
der Fall.<br />
Das normale „Volumen“ in New York<br />
kann an einem Handelstag, der nur drei<br />
Stunden dauert, zwischen 20.000 und<br />
50.000 lots, also eine bis 2,5 Millionen<br />
Tonnen betragen, es gab auch schon<br />
Tage mit 150.000 lots (= 7,5 Millionen<br />
Tonnen). Aufs Jahr gerechnet ergeben<br />
sich so ohne weiteres Umsätze von<br />
500 Millionen Tonnen oder mehr.<br />
Die „Andienungen“ beschränken sich<br />
dagegen meist auf einige 100.000<br />
Tonnen. Eine halbe Million gilt bereits<br />
als ungewöhnlich groß.<br />
Finanzfonds blähen<br />
Terminmarkt-Umsätze auf<br />
Erzeugung Verbrauch<br />
Hierzu muss allerdings auf die Rolle<br />
der Händler der <strong>Nordzucker</strong> den Kauf.<br />
Die Zeiten sind schlecht, der Markt fällt, die Kundschaft<br />
in Übersee wacht auf und der Händler<br />
bekommt eine Anfrage aus Sri Lanka für 5.000<br />
Tonnen Zucker. Der März in London notiert mittlerweile<br />
bei US-$ 265,00 der Händler kalkuliert<br />
Fracht- und andere Kosten von US-$ 50,00 pro<br />
Tonne und verkauft zu US-$ 320,00. Das entspricht<br />
einem Netto-Erlös von US-$ 270,00.<br />
Flugs erteilt er seinem Broker den Auftrag, 100 lots<br />
= 5.000 Tonnen März bei US-$ 265,00 zu kaufen.<br />
Aus der Terminmarkt-Operation (Verkauf US-$<br />
295,00/Kauf US-$ 265,00) entsteht ein Gewinn<br />
von US-$ 30,00. Aus dem Kauf von <strong>Nordzucker</strong><br />
(= US-$ 294,00) und Verkauf nach Sri Lanka<br />
(netto US-$ 270,00) entsteht ein Verlust von US-$<br />
24,00. Gewinn US-$ 30,00 minus Verlust US-$<br />
24,00 gleich Netto-Netto-Gewinn von US-$<br />
6,00. Der „Umweg“ über den Terminmarkt hat<br />
es also möglich gemacht, an dieser Transaktion<br />
Geld zu verdienen, obwohl der Preis nach dem<br />
Kauf bei der <strong>Nordzucker</strong> erheblich gesunken ist.
Weltmarktpreise Zucker cents/pound (Ib) 1979-2005<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
1979<br />
der Spekulation verwiesen werden, die<br />
zu dieser Aufblähung der Umsätze<br />
einen kräftigen Teil beiträgt. Man hat<br />
sich angewöhnt, in diesem Zusammenhang<br />
von „den Funds“ zu sprechen. In<br />
der Tat sind es oft Pensions-Fonds, oder<br />
reine Finanz-Fonds, die Geld aus verschiedensten<br />
Quellen verwalten und<br />
permanent nach den besten Anlagemöglichkeiten<br />
suchen. Diese Fonds<br />
müssen nun an den Terminmärkten<br />
entweder kaufen – sie „gehen long“,<br />
oder verkaufen – sie “gehen short“,<br />
um Geld zu verdienen. Sie tun das,<br />
was die professionellen Nutzer aus<br />
unseren Beispielen nicht tun – sie spekulieren,<br />
mal mit Erfolg, mal ohne.<br />
Solange sie aktiv sind, können sie viel<br />
bewirken. Da sie sich mit den Grundlagen,<br />
den „Fundamentals“ des<br />
Weltmarktpreis cents/pound (lb) Durchschnittspreis cents/pound (lb)<br />
1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005<br />
Stand: 30.08.2005 Quelle: F. O. Licht, World Sugar Balances – 1995/96 - 2004/05<br />
Marktes, wie zum Beispiel Produktion/<br />
Verbrauch möglichst nicht befassen,<br />
werden sie normalerweise keine eigenen<br />
Strategien entwickeln, sondern darauf<br />
warten, dass eine Preisbewegung entsteht,<br />
um sich ihr dann anzuschließen.<br />
Durch ihre geballte Finanzkraft können<br />
sie diese Bewegung dann oft gewaltig<br />
verstärken, manchmal bis zur grotesken<br />
Verzerrung der Werte. In solchen<br />
Situationen wird dann mitunter von<br />
„manipulierten“ Märkten gesprochen.<br />
Wenn dies vielleicht auch nicht ganz<br />
falsch ist, wird man doch darauf hinweisen<br />
müssen, dass man einen Preis<br />
nur dann erfolgreich nach oben oder<br />
nach unten „manipulieren“ kann,<br />
wenn man selbst, mit eigenem Geld,<br />
den Preis nach oben hinaufkauft, oder<br />
eben nach unten verkauft. Die Hoffnung<br />
der Manipulateure, schließlich die<br />
<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Markt und Kunde I 25<br />
anderen zu zwingen, hinter ihnen herzulaufen,<br />
erfüllt sich sehr oft auch nicht.<br />
Weltmarktpreise sagen<br />
nichts über Kosten<br />
Der Weltmarkt ist ein „Rest“-Markt, auf<br />
dem Verkäufer und Käufer agieren, die<br />
hier nur einen kleine Teil ihrer Aktivitäten<br />
abwickeln, und auch nur teilweise<br />
mit eindeutiger kommerzieller Logik.<br />
Dargestellt wird der Weltmarkt an den<br />
Terminmärkten, die natürlich, um ein<br />
weiteres Vorurteil auszuräumen, die<br />
Preise nicht bestimmen, sondern nur<br />
registrieren. Die Preise haben viel mit<br />
Angebot und Nachfrage und der Spekulation,<br />
aber nur wenig mit Produktionskosten<br />
des einen oder anderen<br />
Anbieters zu tun. Ein Überschuss von<br />
Angebot über Nachfrage drückt die<br />
Preise, egal übrigens, von wem diese<br />
Überschüsse stammen und ob sie subventioniert<br />
sind oder nicht.<br />
In Zukunft sind<br />
„knappe Verhältnisse“ möglich<br />
Hier mag ein Blick in In Märkten<br />
die Zukunft angebracht ohne Überschüsse<br />
sein – der weltweite bestimmt der<br />
Zuwachs des Zuckerver- solventeste Käufer<br />
brauchs mit 1,5 bis 2,5 den Preis<br />
Prozent pro Jahr scheint<br />
ungebrochen. Dagegen ist die<br />
Zunahme der Produktion keineswegs<br />
so sicher. Im Gegenteil, die EU schickt<br />
sich an, einen radikalen Schnitt ihrer<br />
Erzeugung und ihrer Exporte zu vollziehen<br />
und schneller Ersatz ist durchaus<br />
nicht sicher. Die Zeiten der Mega-<br />
Überschüsse scheinen erstmal vorbei<br />
zu sein, ausgeglichene, wenn nicht<br />
knappe Verhältnisse sind möglich.<br />
Und in Märkten ohne Überschüsse<br />
bestimmt nicht der billigste oder<br />
verzweifelteste Verkäufer die Preise,<br />
sondern der solventeste Käufer. ■
26 I<br />
Markt und Kunde I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />
Kurz vorgestellt: Xylit<br />
<strong>Nordzucker</strong> Süßungsmittel im Portrait – Ein maßgeschneiderter<br />
zahnpflegender Zuckeraustauschstoff<br />
Karies entsteht infolge eines gestör ten<br />
Gleichgewichts zwischen De- und Remineralisierung<br />
an der Schmelz oberfläche<br />
des Zahnes. Dabei spielen auch vergärbare<br />
Kohlenhydra te, die über die Nahrung<br />
in die Mund höhle gelangen, eine Rolle.<br />
Sie werden durch Mikroorganismen im<br />
Zahnbelag (Plaque) in kariesverursachende<br />
Säuren umgewandelt. Bei häufigem<br />
Kohlen hydratangebot – insbesondere<br />
auch beim Genuss von an der Zahnober<br />
fläche klebenden Snacks – bleibt<br />
die Remineralisierung des Zahnschmel zes<br />
unvollständig. Folglich sind eine sorgfältige<br />
Mundhygiene und die Fluoridzufuhr<br />
zur Förderung der Remineralisierung<br />
der Zahnoberfläche wichtige<br />
Maßnahmen zur Verhinderung der<br />
Karies. Einen weiteren Beitrag zur Vorbeugung<br />
der Karies leistet der Einsatz<br />
von Zuckeralkoholen. Sie verleihen<br />
dem Nahrungs- und Genussmittel die<br />
gewünschte Süße, können aber von den<br />
Mikroorganismen im Mund nicht oder<br />
nur sehr langsam verwertet werden.<br />
Verwendung von Xylit in Europa<br />
Bonbons<br />
& andere<br />
Süßwaren<br />
12 %<br />
Kaugummi<br />
80 %<br />
Attraktive Eigenschaften<br />
für den Konsumenten<br />
Pharma<br />
8 %<br />
Xylit hat besonders zahnpflegende<br />
Eigenschaften und eignet sich besonders<br />
gut zum Austausch von Kohlen hydra ten.<br />
Das Produkt hat einen hemmenden<br />
Effekt auf die Mikroorganis men der<br />
Mundflora. Dieser für den Konsu menten<br />
besonders attraktive Zusatznutzen<br />
gegenüber anderen Zuckeralkoholen<br />
(zum Beispiel Sorbit, Mannit oder<br />
Isomalt) kann speziell in Europa, auf<br />
Grund entsprechender Kennzeichnung,<br />
vermarktet werden. Der Markt für<br />
Zahnpflege-Kaugummis und -Bonbons,<br />
deren Konsum besonders nach den<br />
Mahlzeiten empfohlen wird, wächst<br />
stark. Produkte der Anbieter Wrigley<br />
oder Mentos und das neue zuckerfreie<br />
tictac ICEGLOO® von Ferrero, das zu<br />
97 Prozent aus Xylit besteht, sind vielen<br />
bekannt.<br />
Weitere starke Anwendungseigen schaften<br />
von Xylit sind die sehr hohe Süße<br />
(ca. 90 Prozent im Vergleich zum<br />
Zucker) sowie der Kühleffekt, der beim<br />
Schmelzen im Mund das angenehme<br />
Frischegefühl hervorruft. Daneben ist<br />
Xylit kalorienreduziert und diabetikergeeignet.<br />
Ausschließlich pflanzliche Rohstoffe<br />
Xylit wird heute ausschließlich aus<br />
pflanzlichen Materialien, die einen<br />
hohen Xylangehalt aufweisen,<br />
hergestellt. Als besonders<br />
geeignet gelten Holz<br />
(Birke und Buche),<br />
Stroh, Mais spindeln,<br />
Bagasse sowie Mandelund<br />
Nussschalen.<br />
Bei der industriellen<br />
Herstellung wird<br />
zunächst das Xylan<br />
mittels Schwefelsäure<br />
herausgelöst und<br />
zur Xylose hydrolysiert.<br />
Die nach mehrstufiger<br />
Reinigung kristallisierte<br />
Xylose wird anschließend<br />
Dr. Volker Diehl,<br />
New Products<br />
InnoSweet GmbH<br />
Schematischer Herstellungsprozess<br />
Holz, Stroh,<br />
Maisspindeln,<br />
etc.<br />
Hydrolyse<br />
Aufreinigung<br />
Verdampfung /<br />
Kristallisation<br />
Xylose<br />
Aufl ösen<br />
Hydrierung<br />
Aufreinigung<br />
Verdampfung /<br />
Kristallisation<br />
Xylit<br />
wieder aufgelöst, katalytisch mit Wasserstoff<br />
hydriert und als kristalline oder<br />
sprühgetrocknete Ware vermarktet.<br />
Der Xylit-Markt verzeichnet hohe<br />
Zuwachsraten. Der weltweit führende<br />
Anbieter von Xylit ist die dänische<br />
Danisco, daneben wird der Markt von<br />
Roquette (F) und Cargill (USA) bzw.<br />
deren europäischer Tochter Cerestar<br />
sowie einigen chinesischen Anbietern<br />
versorgt. Die <strong>Nordzucker</strong> Tochter<br />
InnoSweet GmbH aus Braunschweig<br />
bietet Xylit seit diesem Jahr an. ■<br />
Der Markt für Zahnpfl ege-Kaugummis und<br />
-Bonbons wächst
Für die süßen Augenblicke im Leben<br />
SweetFamily zeigt mehr „Gesicht“<br />
Mit Abschluss der Einmach- und Cock -<br />
tailzeit endete im August auch die seit<br />
November 2004 andauernde Einführungsphase<br />
der Marke „SweetFamily“.<br />
In diesem Zeitraum erfolgten für jeden<br />
SweetFamily-Sortimentsbereich Kom -<br />
muni kationsmaßnahmen zum Markenwechsel,<br />
indem das neue Verpackungsdesign<br />
zusammen mit der neuen Marke<br />
präsentiert wurde. Ziel war es, in allen<br />
Verwendergruppen Bekanntheit für die<br />
Marke SweetFamily aufzubauen.<br />
Ab September greifen die Vermarktungsmaßnahmen<br />
nun verstärkt das Markenversprechen<br />
„SweetFamily – Für die<br />
süßen Augenblicke im Leben“ auf, um<br />
den Konsumenten das näher zu bringen,<br />
was unsere Marke gegenüber anderen<br />
Hersteller- und Handelsmarken einzig -<br />
artig, sympathisch und begehrenswert<br />
macht. Da sich Bilder mit Menschen,<br />
die unsere Produkte genießen, dazu<br />
besser eignen als reine Verpackungsabbildungen,<br />
zeigen die Kommunikationsmaßnahmen<br />
im wahrsten Sinne<br />
des Wortes nun „mehr Gesicht“.<br />
Im September läutete die Kampagne<br />
mit dem Jungen, der beim Kuchen naschen<br />
einen süßen Augenblick erlebt,<br />
die Blechkuchenzeit ein. Dabei spielten<br />
Zuckerträume Zimt sowie Brauner Zucker<br />
die Hauptrolle. Durch Rezeptbeilagen<br />
in den Zeitschriften Lisa und Tina,<br />
kleinen runden Rezeptheftchen auf<br />
den Deckeln der Zuckerträume und<br />
einem Puzzlegewinnspiel im Internet<br />
(www.sweet-family.de) wurden den<br />
Konsumenten die leckeren Anwendungsmöglichkeiten<br />
der Markenprodukte<br />
schmackhaft gemacht.<br />
Von Oktober bis Dezember werden die<br />
Zuckerträume Vanille, der Puderzuckerstreuer<br />
und der Feinste Zucker durch<br />
sympathische Momentaufnahmen<br />
während des Backens in der heimischen<br />
Küche in Szene gesetzt. Erneut werden<br />
die Verbraucher mittels Rezeptbeilagen<br />
in den Zeitschriften Lisa und Tina und<br />
kleinen runden Rezeptheftchen auf den<br />
Deckeln der Zuckerträume auf unsere<br />
Backprodukte aufmerksam gemacht.<br />
Ein 5-Euro-Gutschein auf den Kilo- und<br />
500-Gramm-Verpackungen von Feinstem<br />
Zucker schafft in der Zeit vom 1.<br />
November bis 31. Dezember zusätzliche<br />
Kaufanreize. Auf der Rückseite des<br />
Gutscheins ist ein individueller Code<br />
vermerkt, der beim Einkauf im Online-<br />
Shop www.buch.de eingelöst werden<br />
kann (Mindestwarenwert 25 Euro).<br />
<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Markt und Kunde I 27<br />
Dr. Marcus Fuchs,<br />
Produktmanagement<br />
Diese Verkaufsförderung<br />
via 5-Euro-Gutschein fi ndet<br />
zeitgleich auch bei unserem Weißen<br />
und Braunen Teezucker Anwendung,<br />
deren Vermarktung dann im Januar<br />
und Februar mit „Lassen Sie es<br />
knistern“-Anzeigen in BUNTE und<br />
Reader’s Digest fortgesetzt wird.
28 I Treffpunkt <strong>Nordzucker</strong> I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />
Goetz von Engelbrechten, ehemaliger<br />
Vorstandsvorsitzender der <strong>Nordzucker</strong><br />
<strong>AG</strong> und Mitglied im <strong>Nordzucker</strong>-Auf-<br />
FDP-Abgeordnete in Braunschweig<br />
Über den aktuellen Stand der ZMO informierten<br />
sich am 20. Oktober 2005 die<br />
Mitglieder des Landtages Jan-Christoph<br />
Oetjen, Gesine Meißner und Carsten<br />
Lehmann sowie Dieter Lüddecke,<br />
Vorsitzender der FDP-Regionsfraktion<br />
Hannover. Schwerpunkt der Ausführungen<br />
von Gerald Dohme (3. von re.)<br />
waren die Schließungen der beiden<br />
Zuckerfabriken Wierthe und Groß<br />
Munzel in diesem und im kommenden<br />
Jahr als Reaktion auf die EU-<br />
Zuckerexportverbote ab 2006 durch<br />
den verlorenen WTO-Panel-Entscheid.<br />
Renaturierung im Fokus<br />
Goetz von Engelbrechten<br />
im Aufsichtsrat von KWS<br />
sichtsrat, ist seit dem 7. November<br />
neues Aufsichtsratsmitglied der KWS<br />
Saat <strong>AG</strong>. Er wurde durch das zuständige<br />
Amtsgericht bestellt, nachdem Philip<br />
von dem Bussche sein Aufsichtratsmandat<br />
zum 1. Oktober 2005 niedergelegt<br />
hatte und in den Vorstand der<br />
Gesellschaft gewechselt ist.<br />
„Goetz von Engelbrechten schätzen<br />
wir aus langjähriger Erfahrung“, so<br />
Vorstandssprecher Andreas J. Büchting.<br />
„In seiner früheren Tätigkeit für die<br />
Lehrter Teiche an Stiftung Kulturlandpflege übergeben<br />
Am 13. September übergab Günter Jakobiak<br />
das 38 Hektar große Teichgelände<br />
der ehemaligen Zuckerfabrik Lehrte<br />
an die niedersächsische Stiftung Kulturlandpflege.<br />
Für <strong>Nordzucker</strong> das flächenmäßig<br />
größte Projekt bisher. Nachdem<br />
1998 die letzte Rübe im Werk verarbeitet<br />
worden war, musste eine Nachnutzung<br />
des Industrieareals und der Teichanlagen<br />
her. Beides ist in der Zwischenzeit erfolgreich<br />
unter Dach und Fach. Im Beisein<br />
von zahlreichen Stiftungsvertretern,<br />
Politikern und dem Umweltausschuss<br />
der Stadt Lehrte richtete Jakobiak auch<br />
den Blick nach vorn und betonte, dass<br />
<strong>Nordzucker</strong> seit Mitte der 80er Jahre<br />
kontinuierlich auf die Übergabe renaturierter<br />
Flächen in weitere Umweltnutzungen<br />
setze und keine Industriebrachen an<br />
ehemaligen Standorten akzeptiere. „Der<br />
Umgang mit der Nachnutzung ehemaliger<br />
Standorte ist Bestandteil unseres<br />
Nachhaltigkeitskonzepts“, hob Jakobiak<br />
hervor. So entstanden an zahlreichen<br />
KWS-Gruppe (1970-1992), zuletzt als<br />
Geschäftsführer unserer Getreidegesellschaft<br />
Lochow-Petkus, hat er das Hybridroggengeschäft<br />
erfolgreich aufgebaut.“<br />
Goetz von Engelbrechten wird der Hauptversammlung<br />
der KWS am 18. Januar<br />
2006 zur Nachwahl für die laufende<br />
Amtsperiode vorgeschlagen werden.<br />
KWS/sdp<br />
Standorten wie auch in Lehrte Nachnutzungskonzepte,<br />
die Zukunftschancen<br />
und Arbeitsplätze bieten, wo durch<br />
Werksschließung zunächst der Rückbau<br />
im Vordergrund stand.<br />
Tanja Schneider-Diehl
„Es ist fünf vor zwölf“<br />
Starkes Interesse ehemaliger Führungskräfte an<br />
Entwicklung der <strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong> auf Kampagnetreffen<br />
Den Zug haben sie zwar schon verlassen,<br />
doch Richtung, Lokführer und<br />
Geschwindigkeit – das interessiert die<br />
ehemaligen Zuckertechniker und Werkleiter<br />
der <strong>Nordzucker</strong> weiterhin sehr.<br />
So trafen sich im Oktober 50 Ehemalige<br />
im Werk Klein Wanzleben, um den<br />
Kontakt zum Unternehmen zu halten<br />
und mehr zu hören zu den Entwicklungen<br />
auf WTO-Ebene und innerhalb der<br />
EU. „Es ist fünf vor zwölf“ – sagte<br />
Dr. Ulrich Nöhle zur Reform der ZMO.<br />
Die Verhandlungen in Hongkong im<br />
Dezember seien für die WTO der<br />
Schlüssel zu mehr Liberalisierung auf<br />
den Weltmärkten. „Betroffen hiervon<br />
sind landwirtschaftliche Produkte, also<br />
auch wir und unser Zucker“, der als Gut<br />
gegen Dienstleistungen und Hochtechnologie<br />
ins Rennen geschickt werde. Von<br />
politischen Veränderungen auf WTO-<br />
Ebene seien aber auch die Änderungen<br />
im Rahmen der Zuckermarktordnung<br />
betroffen. Wenn der im Sommer vorgelegte<br />
Vorschlag der EU-Kommission<br />
so umgesetzt werde, komme es vor<br />
allem darauf an „die Anreize für den<br />
Ausstieg dann nicht mehr konkurrenzfähiger<br />
Marktteilnehmer attraktiver zu<br />
gestalten, um eine horizontale Quotenkürzungen<br />
zu vermeiden“, hob Nöhle<br />
hervor. „Wir gehören zu den Besten,<br />
wir müssen aber noch deutlich besser<br />
werden, wenn wir nach 2015 am<br />
Markt bestehen wollen.“<br />
Günter Jakobiak berichtete über den<br />
bisherigen Verlauf der Kampagne 2005<br />
in Deutschland und im Bereich International,<br />
über Investitionen und Produktionserwartungen.<br />
So sei ab 2015 mit größeren<br />
Zuckerfabriken und deutlich längeren<br />
Kampagnen zu rechnen. Um<br />
dies organisieren zu können, sei die<br />
Langzeitlagerung der Rübe von züchterischer<br />
Seite zu lösen. „<strong>Nordzucker</strong><br />
trägt mit einigen Pilotprojekten dazu<br />
bei, effizienter und kostengünstiger zu<br />
werden“, betonte der Technik-Vorstand.<br />
Besucher aus dem Reich der Mitte<br />
Eine rote Fahne am Werkstor, ein Plakat<br />
mit chinesischen Zeichen am Eingang<br />
in Klein Wanzleben, Uelzen und<br />
im Flüssigzuckerwerk Nordstemmen.<br />
Der Grund dafür: Vertreter von zwei<br />
chinesischen Firmen, Geschäftspartner<br />
der InnoSweet, waren zu Besuch<br />
in Deutschland und konnten unter<br />
anderem diese Werke besichtigen. Die<br />
beiden Firmen Hope und Green stellen<br />
in China Süßungsmittel her.<br />
Während der Rundgänge in den<br />
Werken wurde intensiv über technische<br />
Ausrüstung und Qualitätsmanagement<br />
diskutiert. In technischen<br />
Fragestellungen konnte man sich auch<br />
über Kulturgrenzen hinweg sehr gut<br />
verständigen. Bei Fragen, die das Qualitätsmanagement<br />
betreffen, spielen<br />
die unterschiedlichen Erfahrungen in<br />
China bzw. in Deutschland eine deutlich<br />
größere Rolle.<br />
Dr. Rahel Buczys, InnoSweet GmbH<br />
<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Treffpunkt <strong>Nordzucker</strong> I 29<br />
So werde das Projekt „Bahntransport<br />
von Rüben“ ab Ende Oktober ausloten,<br />
ob sich clevere und kostengünstige<br />
Transportlösungen für die Zukunft ergeben.<br />
Auf die just-in-time-Anlieferung<br />
der Rüben setze das Projekt „7-Tage-<br />
Anfuhr in Klein Wanzleben“. „Wir wollen<br />
von den Wochenendlagern für<br />
Rüben wegkommen, auch das spart<br />
Kosten“, erklärte Jakobiak. Im Bereich<br />
Mitarbeiter bestehe das Ziel, ab 2006<br />
auf bezahlte Überstunden zu verzichten.<br />
Werkleiter Karl Meier beschloss mit<br />
einem ausführlichen Rundgang den informativen<br />
Teil des Besuchsprogramms.<br />
Tanja Schneider-Diehl<br />
Diskussion in Klein Wanzleben - Lee Chang<br />
(InnoSweet) und Liu Jicai (Hope), oben;<br />
Herr Liu Huixing (Hope) und Dr. Rahel Buczys<br />
(InnoSweet), unten
30 I Neue Felder I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />
Biodiesel oder Rapsöl als Kraftstoff?<br />
Neue Felder informiert über<br />
Verwertungsmöglichkeiten für Raps<br />
Durch den verstärkten Anbau als nachwachsender<br />
Rohstoff wurde die Rapsfläche<br />
in Deutschland auf 1,26 Millionen<br />
Hektar ausgedehnt. Die weit überwiegende<br />
Verwendungsrichtung von Raps<br />
als nachwachsender Rohstoff erfolgt<br />
derzeit in Form von Biodiesel (RME).<br />
Motoren umrüsten – Ja oder nein?<br />
Der Einsatz dieses Kraftstoffs in Reinform<br />
sollte nach Einbau entsprechender<br />
Dichtungen nur in dafür freigegebenen<br />
Motoren erfolgen. Deutlich<br />
umfangreichere technische Eingriffe<br />
sind nötig, wenn ein Dieselmotor mit<br />
(unverestertem) Rapsöl betrieben werden<br />
soll. Hierfür bieten spezielle<br />
Umrüstfirmen ihre Dienstleistungen<br />
an. In der Regel verliert der Nutzer<br />
jedoch mit dem Umbau auf Rapsöl die<br />
Garantie des Motorenherstellers.<br />
Neuerdings gibt es Versicherungen<br />
gegen Motorschäden bei Verwendung<br />
von reinem Rapsöl. Bei steigenden<br />
Mineralölpreisen vergrößert sich der<br />
Preisvorteil von Rapsöl. Dies nehmen<br />
immer mehr Landwirte zum Anlass,<br />
sich mit dem Thema Umrüstung von<br />
Motoren im landwirtschaftlichen<br />
Bereich zu befassen. Bei Entscheidungen<br />
zur Umrüstung ist zu empfehlen, die<br />
Kriterien Kraftstoffpreis, Einsatztauglichkeit<br />
und Betriebssicherheit gleichermaßen<br />
zu berücksichtigen.<br />
SunFuel wird Biodiesel<br />
den Rang ablaufen<br />
Bislang machte der Anteil von Rapsöl<br />
als Reinkraftstoff am gesamten in<br />
Deutschland eingesetzten Kraftstoff<br />
weniger als 0,01 Prozent aus. Reines<br />
Rapsöl ist damit bislang ein Nischenprodukt<br />
im Kraftstoffmarkt. Dem gegenüber<br />
betrug der Anteil von Biodiesel immerhin<br />
schon 1,4 Prozent. Prognosen zur<br />
künftigen Entwicklung des Kraftstoffmarktes<br />
lassen ein begrenztes weiteres<br />
Wachstum des Biodieselmarktes erwarten.<br />
Etwa ab dem Jahr 2010 wird Biodiesel<br />
voraussichtlich mehr und mehr<br />
durch SunFuel ergänzt beziehungsweise<br />
ersetzt werden. Dieser neue Kraftstoff<br />
hat nicht nur Vorteile hinsichtlich der<br />
Einhaltung niedrigerer Emissions-<br />
Thomas Graf,<br />
Marktordnungsfragen,<br />
Neue Felder<br />
grenzwerte, sondern auch deutlich<br />
weniger Begrenzungen in der Biomassebasis,<br />
da er aus Ganzpflanzen verschiedenster<br />
Art hergestellt werden kann.<br />
Rapsverarbeitung –<br />
Eine Option für Landwirte<br />
Immer mehr Landwirte prüfen den<br />
Einstieg in die Gewinnung von Rapsöl<br />
als flüssiger Industrie- und Energierohstoff.<br />
Die Rapsölgewinnung ist inzwischen<br />
nicht nur im großtechnischen,<br />
sondern auch im dezentralen Maßstab<br />
ausgereift. Neben einzelbetrieblichen<br />
Lösungen bieten sich Beteiligungen an<br />
Erzeugergemeinschaften oder genossenschaftlichenÖlverarbeitungsanlagen<br />
an. Erfolgsfaktoren sind die Wahl<br />
einer geeigneten Pressengröße, hohe<br />
Auslastung der Anlage, strengste<br />
Kostendisziplin, die Gewährleistung<br />
einer definierten Qualität der Produkte<br />
und der Aufbau stabiler Absatzmärkte.<br />
Möglich ist auch die weitere Veredelung<br />
des Rapsöls auf betrieblicher<br />
Ebene zu RME im so genannten
Batchverfahren. Hierbei handelt es sich<br />
um absetzige Produktion in Chargen.<br />
Mit der Einspeisevergütung nach EEG<br />
bietet sich ferner der Rapsöleinsatz in<br />
Blockheizkraftwerken (BHKW) an. Eine<br />
hohe Wertschöpfung ist möglich,<br />
wenn die bei der Herstellung von<br />
Strom anfallende Wärme möglichst<br />
vollständig genutzt wird und eine gute<br />
Auslastung der Anlage gesichert ist.<br />
Weitere Verwendungsmöglichkeiten<br />
für Raps<br />
Noch in der Erprobungsphase ist die<br />
Verwendung von Rapsöl als Heizöl.<br />
Daneben gibt es eine Reihe weiterer<br />
Möglichkeiten: den Einsatz von Rapssaat<br />
als Schmierstoff, als Asphaltzusatz,<br />
als Betontrennmittel, als Hilfsstoff in<br />
der Blechverarbeitung und als Rohstoff<br />
für Kosmetikprodukte. Schließlich wird<br />
Rapsöl in der Energietechnik sowie in<br />
der Chemischen Industrie eingesetzt.<br />
Herstellungskosten von Rapsöl in<br />
Abhängigkeit von Anlagengröße<br />
und Auslastung der Anlage<br />
Die Herstellungskosten von Rapsöl sinken<br />
• mit zunehmender Größe der Anlage<br />
• mit zunehmender Auslastung.<br />
Ölmindestpreis in €/l<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
0,1<br />
0<br />
5.000 Betriebsstunden<br />
6.000 Betriebsstunden<br />
8.000 Betriebsstunden<br />
0,48 0,46 0,44<br />
0,46 0,44 0,43 0,43 0,41 0,40<br />
150 750<br />
Leistung der Anlage in kg/h<br />
1.000<br />
Quelle: Graf, Torsten, TLL, Jena: „Betriebswirtschaftliche Aspekte der<br />
dezentralen Ölsaatenverarbeitung“, in „Dezentrale Ölsaatenverarbeitung“,<br />
KTBL- 427<br />
Festzuhalten ist, dass Raps durch vorteilhafte<br />
Eigenschaften eine ganze<br />
Reihe von Nutzungsmöglichkeiten hat.<br />
Das Mengenpotenzial für die energetische<br />
Verwertung erscheint dabei<br />
Neue Felder für innovative Pflanzennutzung<br />
bietet interessierten<br />
Landwirten eine aktuelle Dokumentation<br />
über Verwertungsmöglichkeiten<br />
von Raps, wirtschaftliche Effekte der<br />
Umrüstung auf Rapsöl, Fördermöglichkeiten<br />
für Anbau, Verwertung<br />
<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Neue Felder I 31<br />
jedoch ungleich höher als das der<br />
stofflichen Nutzung. Die Steigerung<br />
der Kosten für fossile Brennstoffe und<br />
die Förderung von Biokraftstoffen<br />
beschleunigen die stärkere Nutzung.<br />
und Vermarktung sowie über Risiken<br />
durch die Abhängigkeit der Ölsaatenpreise<br />
vom internationalen Handel.<br />
Die Langfassung mit 70 Seiten können<br />
Sie per Fax unter 0531 24<strong>11</strong>-103<br />
oder per E-Mail unter<br />
thomas.graf@nordzucker.de abrufen.<br />
Literaturtipps<br />
zum Thema Biomasse als Energieträger<br />
Mit Blick auf extreme Steigerungen<br />
der Energiepreise findet Biomasse als<br />
Energieträger starke Beachtung.<br />
In vielen Betrieben wird erwogen,<br />
stärker auf Holz zur Wärmebereitung<br />
zurückzugreifen. Zu diesem Themenbereich<br />
bietet die Fachagentur<br />
Nachwachsende Rohstoffe folgende<br />
kostenlose Veröffentlichungen an:<br />
Das Handbuch Bioenergie Kleinanlagen<br />
(2003) deckt ein breites Themenspektrum<br />
ab, welches von der<br />
Bereitstellung von Festbrennstoffen<br />
über Brennstoffeigenschaften bis hin<br />
zu Feuerungs- und Anlagentechnik,<br />
rechtlichen Anforderungen und<br />
Kostenangaben reicht.<br />
Das Handbuch wird<br />
durch den aktuelleren<br />
Leitfaden Bioenergie<br />
2005 ergänzt, der die<br />
vorgenannten Themen<br />
und zusätzlich die<br />
Organisation und Umsetzung eines<br />
Bioenergieprojekts behandelt.<br />
Die Marktübersicht Pellets-Zentralheizungen<br />
und Pelletöfen hilft bei der<br />
Wahl des richtigen Pelletkessels. Sie<br />
listet die im Handel erhältlichen Biomassekessel<br />
auf und gibt auch viele<br />
Tipps zu Einbau und Betrieb der Kessel.<br />
Die Marktübersicht Scheitholzvergaserkessel,<br />
Scheitholz-Pellet<br />
Kombinationskessel gibt Hinweise<br />
zur Planung und Installation dieser<br />
Anlagen. Einen Schwerpunkt bilden<br />
die Empfehlungen zur technischen<br />
Bewertung der Kesselsysteme. Für<br />
den Investor sehr hilfreich sind die<br />
Gegenüberstellungen der betrachteten<br />
Heizanlagen im Hinblick auf<br />
technische Ausstattung und Preise.<br />
Die genannten Schriften sind als<br />
Download zu beziehen bei der Fachagentur<br />
Nachwachsende Rohstoffe<br />
e.V., und zwar über die Internetseite:<br />
http://www.bio-energie.de. Bitte<br />
verwenden Sie auf dieser Website<br />
den Pfad Literatur/Allgemein oder<br />
Literatur/Feste Biomasse. Wegen des<br />
großen Datenvolumens sind die<br />
Kapitel zum Teil einzeln nacheinander<br />
herunterzuladen.
<strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong>, Küchenstraße 9, 38100 Braunschweig<br />
Pflaumen-Apfel-Strudel<br />
Aus Mehl, Wasser und Ei einen Nudelteig<br />
kneten. Die Oberfläche befeuchten und den<br />
Teig 30 Minuten ruhen lassen. Den Teig auf<br />
einem bemehlten Tuch ausrollen und ziehen.<br />
Schnell mit flüssiger Butter bestreichen und<br />
die vorbereiteten Zutaten der Füllung auf dem<br />
Teig verteilen. Die Seiten einschlagen und die<br />
Teigplatte zu einem Strudel aufrollen.<br />
Den Strudel in eine Auflaufform legen und<br />
45 Minuten bei 160 °C backen. Noch warm<br />
mit Vanillesoße oder Vanilleeis verzehren.<br />
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Für den Teig:<br />
250 g Mehl<br />
1/8 l Wasser<br />
1 Ei<br />
Für die Füllung:<br />
50 g flüssige Butter<br />
1 Msp. Salz<br />
400 g Äpfel<br />
350 g Pflaumen<br />
60 g SweetFamily<br />
Zuckerträume Vanille<br />
50 g gehackte Mandeln<br />
Zum Dekorieren:<br />
SweetFamily Puderzucker