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<strong>Akzente</strong><br />

Dezember 2005 • Neues aus dem Unternehmen<br />

Aktuell<br />

Deutlich<br />

geringeres<br />

Jahresergebnis<br />

erwartet 9<br />

Rübe<br />

Ernte<br />

unter besten<br />

Bedingungen<br />

14<br />

Markt & Kunde<br />

Weltmarkt<br />

das unbekannte<br />

Wesen<br />

22<br />

<strong>Nordzucker</strong> fit machen<br />

für die Zukunft<br />

Die gemeinsame<br />

Wettbewerbsfähigkeit<br />

erhöhen


2 I Inhalt I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />

Auf ein Wort<br />

Aktuell<br />

<strong>Nordzucker</strong> fit machen für die Zukunft –<br />

WTO-Urteil zwingt zu Kapazitätsanpassungen<br />

Wettbewerbsfähigkeit erhöhen – Auch die<br />

Rübenbezahlung muss auf den Prüfstand<br />

<strong>Nordzucker</strong> erwartet für 2005/2006<br />

deutlich geringeres Jahresergebnis<br />

Welches EU-Land stimmt mit wie viel Gewicht?<br />

– Neues Abstimmungsprocedere<br />

Der süße Riese, den keiner kennt –<br />

Zuckerwirtschaft in Indien<br />

Rübe<br />

Kampagne 2005 bisher zufriedenstellend<br />

Rübenernte unter besten Bedingungen<br />

Schneller besser werden – Ein Betrieb aus dem<br />

nördlichen Vorharzgebiet stellt sich vor<br />

Ertragspotenziale im Anbaugebiet der <strong>Nordzucker</strong><br />

<strong>AG</strong> – Erträge steigern, Kosten senken<br />

Male Karpaty, Slowakei – Starke Regionen<br />

bei <strong>Nordzucker</strong> und was sie auszeichnet<br />

Dicksaft schont das Budget – Im Werk Tepla<br />

läuft die erste <strong>Nordzucker</strong>-Dicksaftkampagne<br />

Markt und Kunde<br />

Zucker könnte künftig knapp werden –<br />

Zucker-Weltmarkt: Das unbekannte Wesen<br />

Kurz vorgestellt: Xylit –<br />

ein zahnpflegender Zuckeraustauschstoff<br />

Für die süßen Augenblicke im Leben –<br />

SweetFamily zeigt mehr Gesicht<br />

Treffpunkt <strong>Nordzucker</strong><br />

Goetz von Engelbrechten<br />

im Aufsichtsrat von KWS<br />

Renaturierung im Fokus – Lehrter Teiche an<br />

Stiftung Kulturlandpflege übergeben<br />

Es ist fünf vor zwölf – Kampagnetreffen<br />

ehemaliger Führungskräfte<br />

3<br />

4<br />

7<br />

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29<br />

Neue Felder<br />

Biodiesel oder Rapsöl als Kraftstoff? – Neue<br />

Felder informiert über Verwertung von Raps<br />

Das süße Rezept<br />

Pflaumen-Apfel-Strudel<br />

mit <strong>Nordzucker</strong> SweetFamily<br />

SweetFamily zeigt Gesicht<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong><br />

Küchenstrasse 9 · 38100 Braunschweig<br />

Telefon 0531 / 24 <strong>11</strong> - 0<br />

Telefax 0531 / 24 <strong>11</strong> - 106<br />

E-Mail akzente@nordzucker.de<br />

Redaktion:<br />

Gerald Dohme, Christian Kionka,<br />

Susanne Dismer-Puls (sdp) verantwortlich<br />

Layout und Satz:<br />

adconcept werbeagentur gmbh, Hannover<br />

Druck:<br />

CW Niemeyer Druck GmbH, Hameln, Aufl.: 17.500<br />

30<br />

32<br />

Aufmerksamkeit für die süßen Augenblicke im Leben:<br />

Rezeptbeilagen in Zeitschriften und Rezeptheftchen<br />

auf den Deckeln der Zuckerträume setzen die Sweet-<br />

Family-Backprodukte in Szene.


Sehr geehrte<br />

Rübenanbauer und Aktionäre,<br />

die Beratungen über die Reform der<br />

Zuckermarktordnung kommen in die<br />

entscheidende Phase. Ende November<br />

soll der EU-Agrarministerrat über die<br />

Reform der Zuckermarktordnung erstmals<br />

abstimmen. Das Europäische<br />

Parlament hat erklärt, seine notwendige<br />

Stellungnahme „nachzureichen“, so<br />

dass mit einem Votum gerechnet wird,<br />

das eine „brauchbare“ Aussage für die<br />

WTO-Verhandlungen in Hongkong<br />

darstellt. Seitens der EU-Kommission<br />

ist keine Bereitschaft erkennbar, das<br />

Alles-außer-Waffen-Abkommen (EBA)<br />

mit den ärmsten Ländern der Welt (LDC)<br />

zu modifizieren und diese Staaten in ein<br />

Quotenmanagement im Rahmen der<br />

EU-Zuckermarktordnung einzubinden.<br />

Auf der einen Seite deutet vieles darauf<br />

hin, dass der Fischer-Boel-Vorschlag mit<br />

einigen Nachbesserungen beim Restrukturierungsfonds<br />

und den Ausgleichszahlungen<br />

verabschiedet wird, auf der<br />

anderen Seite drohen die so genannten<br />

elf Randstaaten einschließlich Polen<br />

und Ungarn damit, den gesamten<br />

Vorschlag im Ministerrat zu blockieren,<br />

da sie maßgebliche Teile ihres Rübenanbaus<br />

verlieren würden.<br />

Das WTO-Panel vom 28. April 2005<br />

verbietet ab 2006 den Export von<br />

C-Zucker. Das Ende der Übergangsfrist<br />

ist inzwischen auf den 22. Mai 2006<br />

festgelegt worden – d.h. nach diesem<br />

Zeitpunkt darf kein C-Zucker mehr<br />

exportiert werden. <strong>Nordzucker</strong> musste<br />

auf diese WTO-Panelentscheidung mit<br />

einer Anpassung seiner Werkstruktur<br />

reagieren. Rund 200.000 Tonnen C-<br />

Zucker sind betroffen. Diese Menge<br />

sowie die wirtschaftlich erforderliche<br />

Kampagnelänge führten zum Beschluss<br />

des Aufsichtsrats, das Werk Wierthe nach<br />

der Kampagne 2005 und das Werk Groß<br />

Munzel nach der Kampagne 2006 zu<br />

schließen. Aufgrund der erforderlichen<br />

Einschränkung der Zuckererzeugung<br />

wird ab 2006 nur noch mit einer um<br />

rund 13 Prozent verminderten Anbaufläche<br />

und Rübenmenge zur Erfüllung<br />

der Höchstquote gerechnet. Eine planmäßige<br />

Erzeugung von Überschusszucker<br />

ist zu vermeiden.<br />

Die WTO-Verhandlungen in Hongkong<br />

werden ein weiter sinkendes Schutzniveau<br />

durch Zölle und Subventionen für<br />

landwirtschaftliche Produkte bringen.<br />

Mit der Liberalisierung der Märkte für<br />

den Handel von Hochtechnologie und<br />

Dienstleistungen gelangen landwirtschaftliche<br />

Interessen in Europa ins<br />

Hintertreffen und werden als Opfergabe<br />

gesehen. Zu groß sind die Interessen<br />

der Hersteller von Hochtechnologie,<br />

die in den Entwicklungs- und<br />

Schwellenländern zum Zug kommen<br />

wollen und das nur schaffen, wenn der<br />

Marktzugang für in erster Linie landwirtschaftliche<br />

Produkte aus diesen<br />

Regionen in Europa eingeräumt wird.<br />

Der durch den rasanten Anstieg der<br />

Rohrzuckerproduktion zu verzeichnende<br />

weltweite Trend zulasten des Rübenzuckers<br />

wird sich verstärken. Wachsende<br />

Zuckermärkte werden künftig nur auf<br />

den Weltmärkten und im Rohrzucker<br />

zu finden sein. <strong>Nordzucker</strong> und die<br />

Rübenanbauer haben sich auf die<br />

dringend erforderliche Erhöhung der<br />

Wettbewerbsfähigkeit einzustellen.<br />

Erträge steigern, Kosten senken, gilt<br />

für alle Beteiligten gleichermaßen.<br />

<strong>Nordzucker</strong> muss weiter wachsen, um<br />

Märkte zu sichern und zu besetzen.<br />

Das gilt zunächst für das Kerngeschäft<br />

Zucker aus Rübe in Europa. Aber die<br />

Beschäftigung mit dem Rohrzucker<br />

darf nicht außer Acht gelassen werden,<br />

um den Anschluss an die Märkte der<br />

Zukunft nicht zu verpassen. Nur wachsende<br />

Unternehmen, die Trends erkennen<br />

und handeln, werden bestehen.<br />

<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Auf ein Wort I 3<br />

Für landwirtschaftliche Betriebe gilt seit<br />

Generationen „wachsen oder weichen“.<br />

Gegen dieses Naturgesetz des Marktes<br />

lassen sich keine dauerhaften Alternativen<br />

etablieren. Der Markt bestimmt<br />

den Preis und daran hat sich die<br />

gesamte Wertschöpfungskette, vom<br />

Saatgut bis zum Zucker, zu orientieren.<br />

Glücklicherweise haben wir „nebenbei“<br />

eine bislang erfolgreich verlaufende<br />

Kampagne mit hohen Rübenqualitäten<br />

und guten Verarbeitungsleistungen zu<br />

verzeichnen. Lassen Sie uns im Bewusstsein<br />

unserer Stärken die notwendigen<br />

Maßnahmen ergreifen, um das Kerngeschäft<br />

zu entwickeln, Kunden zu<br />

binden und uns auf den Weltmärkten<br />

zu etablieren.<br />

Der Vorstand<br />

<strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong><br />

Dr. Ulrich Nöhle<br />

Jens Fokuhl<br />

Günter Jakobiak


4 I<br />

Aktuell I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />

<strong>Nordzucker</strong> fit machen<br />

für die Zukunft<br />

WTO-Urteil zwingt zu Kapazitätsanpassungen<br />

Bereits seit dem 28. April 2005 haben<br />

wir es schwarz auf weiß: Die EU hat<br />

den Streit mit Brasilien, Thailand und<br />

Australien um unzulässige Subventionen<br />

im Zuckerexport endgültig verloren.<br />

Rund drei Millionen Tonnen C-Zucker,<br />

die die EU jährlich im Durchschnitt auf<br />

dem Weltmarkt verkauft hat, können<br />

nach dem Ende der Umsetzungsfrist, also<br />

zum 22. Mai 2006, nicht mehr exportiert<br />

werden. Auch der Reexport von<br />

jährlich 1,3 Millionen Tonnen AKP-Zucker<br />

wird dann nicht mehr zulässig sein.<br />

WTO-Entscheidung trifft direkt<br />

Die WTO-Entscheidung trifft uns direkt:<br />

<strong>Nordzucker</strong> hat im Durchschnitt der<br />

vergangenen fünf Jahre rund 200.000<br />

Tonnen C-Zucker erzeugt und in Länder<br />

außerhalb der EU verkauft. Diese<br />

Menge entspricht<br />

„Man kann sich der Jahresproduktion<br />

fragen, wer gibt der von eineinhalb Wer-<br />

WTO eigentlich das ken.Produktionska- Recht zu bestimmen, pazität, die wir nach<br />

wer was herstellen Maßgabe des WTOoder<br />

exportieren darf Urteils künftig nicht<br />

und wer nicht?“<br />

mehr benötigen, weil<br />

wir sie nicht mehr<br />

nutzen dürfen. Diese Überkapazitäten<br />

gilt es nun ohne Zeitverzug abzubauen.<br />

<strong>Nordzucker</strong> wird die notwendige Anpassung<br />

in zwei Schritten vornehmen und<br />

das Werk Wierthe nach der Kampagne<br />

2005 sowie das Werk Groß Munzel<br />

nach der Kampagne 2006 stilllegen.<br />

Die Werksschließungen werden sozial<br />

verantwortlich ohne betriebsbedingte<br />

Kündigungen über ein unternehmensweites<br />

Vorruhestandsangebot umgesetzt.<br />

Europäische Union –<br />

das erfolgreiche Vorbild der WTO<br />

Man kann sich fragen, wer gibt der<br />

WTO eigentlich das Recht zu bestimmen,<br />

wer was herstellen oder exportieren<br />

darf und wer nicht? Wieso dürfen<br />

unsere Landwirte nicht das anbauen,<br />

was sie wollen? Und wieso darf <strong>Nordzucker</strong><br />

ihren Zucker nicht in freier<br />

unternehmerischer Entscheidung zum<br />

Weltmarktpreis wettbewerbsfähig<br />

Dr. Ulrich Nöhle,<br />

Vorstandsvorsitzender<br />

<strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong><br />

anbieten? Antworten auf diese Fragen<br />

ergeben sich aus der bisherigen<br />

Entwicklung der Europäischen Union.<br />

Die heutige Staatengemeinschaft ist<br />

über Jahrzehnte zusammen gewachsen,<br />

indem sie durch Zollabbau, freien<br />

Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen<br />

und Kapital „gerechtere“<br />

Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />

sowie gleiche Wettbewerbsbedingungen<br />

für die Wirtschaft geschaffen hat.<br />

WTO: EU-ähnliches Konzept,<br />

aber niedrigeres Niveau<br />

Meilensteine der Entwicklung der EU<br />

• Gründung der Montan-Union für<br />

Kohle und Stahl in 1951/1953<br />

(Unterzeichnung/Inkrafttreten)<br />

• Die Gründung der Europäischen<br />

Wirtschafts Gemeinschaft (EWG)<br />

sowie Euratom durch den Vertrag<br />

von Rom in 1957/1958. EWG und<br />

Euratom zusammen bilden seit<br />

dem Fusionsvertrag von1965/<br />

1967 die Europäischen Gemeinschaften<br />

mit Rat und Kommission.<br />

Die Welthandelsorganisation (WTO,<br />

world trade organisation) verfolgt ein<br />

ähnliches Konzept – allerdings auf weit<br />

niedrigerem Niveau. Als reine Handelsorganisation<br />

beschränkt sie sich auf die<br />

Absenkung von Ein- und Ausfuhrzöllen,<br />

den Abbau von Exportsubventionen<br />

• Der Maastricht Vertrag über die<br />

Gründung der Europäischen<br />

Union 1992/1993 bewirkte unter<br />

anderem die Umbenennung der<br />

EWG in EG.<br />

• Die Verträge von Amsterdam<br />

(1997/1999) und Nizza<br />

(2001/2003) brachten eine<br />

Konsolidierung von EU- und EG-<br />

Vertrag sowie eine institutionelle<br />

Reform.<br />

Ergebnis dieses Prozesses ist der politisch und wirtschaftlich<br />

stabile Raum Europäische Union.


und andere den Handel verzerrende<br />

Regelungen. Deutschland und die EU<br />

haben sich durch ihre Mitgliedschaft<br />

zur Einhaltung von WTO-Regeln und<br />

Vereinbarungen verpflichtet.<br />

Verbindlich für alle Mitglieder:<br />

WTO-Entscheidungen<br />

Bei Streitigkeiten zwischen WTO-<br />

Mitgliedern können einzelne Staaten<br />

eine Art Schiedsgericht anrufen, den<br />

so genannten Appelate Body in Genf.<br />

Eben das haben Brasilien, Thailand<br />

und Australien – die weltgrößten<br />

Zuckerexporteure – getan, weil sie<br />

der Meinung waren,<br />

„Bemerkenswert ist<br />

dabei, dass nicht<br />

etwa ein armes<br />

Land geklagt hat,<br />

um seine Exportchancen<br />

zu<br />

verbessern, sondern<br />

eben die größten<br />

Zuckerex porteure<br />

der Welt.“<br />

dass die EU den C-<br />

Zucker nur durch<br />

eine unzulässige<br />

Quersubven tio nierung<br />

aus der Quotenzuckererzeugung<br />

herstellen könne.<br />

Konkret heißt das:<br />

Nur weil die Rübenanbauer<br />

und die<br />

Zuckerindustrie auf<br />

der Grundlage der EU-Zuckermarktordnung<br />

Mindestpreise garantiert bekommen,<br />

konnten sie sich die Maschinen<br />

und Anlagen kaufen, mit denen sie<br />

über den EU-Verbrauch hinaus weiteren<br />

Zucker produzieren und zu Weltmarktpreisen<br />

absetzen. Ob nun richtig oder<br />

falsch – das WTO-Gericht hat entschieden,<br />

dass der C-Zucker nicht<br />

mehr exportiert werden darf und die<br />

EU und auch Deutschland müssen sich<br />

daran halten, ob wir als <strong>Nordzucker</strong><br />

das nun wollen oder nicht.<br />

Bemerkenswert ist dabei, dass nicht<br />

etwa ein armes Land geklagt hat, um<br />

seine Exportchancen zu verbessern,<br />

sondern eben die größten Zuckerexporteure<br />

der Welt, die schon heute 40<br />

Prozent des Exportmarktes bedienen.<br />

Wer die Tagespresse aufmerksam liest,<br />

entdeckt weitere Streitfälle ähnlicher<br />

Art: Prominente Beispiele sind der<br />

Bananenstreit zwischen der EU und<br />

den mittelamerikanischen Bananen<br />

exportierenden Staaten oder auch der<br />

anstehende Streit um unzulässige Subventionen<br />

zwischen Airbus und Boeing.<br />

Verschiebung ganzer Industriezweige<br />

Letztlich führt die neue „Welthandelsordnung“<br />

zur Verschiebung von<br />

ganzen Industriezweigen und damit<br />

verbunden zur Verschiebung von<br />

Arbeitsplätzen. Eindrucksvolles Beispiel<br />

aus jüngster Vergangenheit ist der<br />

Textilstreit zwischen der EU und China.<br />

China ist 2001 der WTO beigetreten.<br />

Seitdem sind hunderttausende neuer<br />

Arbeitsplätze im Textilsektor in China<br />

entstanden, während die wenigen verbliebenen<br />

in Europa entfallen. Auf der<br />

anderen Seite kaufen diese<br />

Länder Maschinen und<br />

Dienstleistun gen in<br />

der EU. Sie<br />

schaffen<br />

damit<br />

neue<br />

<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Aktuell I 5<br />

WTO-Doha-Runde: Auf der Suche nach neuen<br />

Formeln für freieren Warenverkehr<br />

Die Ursprünge der WTO liegen in den<br />

GATT-Verhandlungsrunden (General<br />

Agreement on Tarifs and Trade = Ver -<br />

einbarung über Zölle und Handel) aus<br />

den Jahren 1947 bis 1994, insbesondere<br />

in der so genannten Uruguay-<br />

Runde von 1986 bis 1994. Dem GATT<br />

folgte die Gründung der WTO im Jahre<br />

1995. Die WTO hat insgesamt 148<br />

Mitgliedstaaten.<br />

Sie konzentriert sich auf die Absenkung<br />

von Zöllen und Subven tionen,<br />

um für gerechtete Handelsbedingungen<br />

zwischen den beigetretenen<br />

Staaten zu sorgen. Aktuell werden<br />

verschiedene so genannte „Zollbänder“<br />

und „Zoll senkungsformeln“ intensiv<br />

diskutiert, deren Anwendung den<br />

freien Waren verkehr zwischen den<br />

148 beigetretenen Staaten erleichtert.<br />

Die nächsten Verhandlungen der so<br />

genannten Doha-Runde (Doha ist<br />

die Hauptstadt von Katar) sind für<br />

den 13. bis 18. Dezem ber 2005 in<br />

Hongkong vorgesehen.<br />

Arbeitsplätze – auch und insbesondere<br />

beim Exportweltmeister Deutschland.<br />

Zurzeit gewinnt nur der Billigste –<br />

Nachholbedarf bei den WTO-Statuten<br />

Diese Entwicklung „Unter den jetzigen<br />

lässt sich unter dem Bedingungen gewinnt<br />

Schlagwort „Globali- eben nicht der beste,<br />

sierung“zusammen- umwelt freundlichste<br />

fassen.Zollabsen- oder sozialste Marktteilkun<br />

gen und Subvennehmer, sondern eintions<br />

abbau führen fach nur der billigste“<br />

zu neuen Waren strömen.<br />

Umwelt- und Sozialbedin gungen<br />

spielen jedoch – noch – keine Rolle bei<br />

den WTO-Verhandlungen. Unter den<br />

jetzigen Bedingungen gewinnt eben<br />

nicht der beste, umwelt freundlichste<br />

oder sozialste Marktteil nehmer, sondern<br />

einfach nur der billigste. Die Er rungenschaften<br />

unserer mitteleuropäischen<br />

Zivilisation seit der industriellen Revolution<br />

des 19. Jahrhunderts<br />

u


6 I Aktuell I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />

werden durch solch eindimensionale<br />

Sichtweise zum Teil wieder rückgängig<br />

gemacht! Hier gibt es in der Tat einen<br />

deutlichen Nachholbedarf in den<br />

Statuten der WTO.<br />

Kein „Globalisierungsopfer“<br />

Ist <strong>Nordzucker</strong> also ein Globalisierungsopfer?<br />

Die Antwort könnte „ja“ lauten –<br />

in die Zukunft gerichtet heißt sie: „Die<br />

Welt ändert sich – wir verändern uns<br />

mit ihr und machen <strong>Nordzucker</strong> fit für<br />

die Zukunft!“ In vielen Schritten bereiten<br />

wir uns jetzt auf die bevorstehende<br />

Reform der Zuckermarktordnung<br />

vor. Die angekündigten deutlichen<br />

Preisabsenkungen fordern von uns<br />

neue betriebswirtschaftliche Konzepte,<br />

um im Markt bestehen zu bleiben –<br />

und um immer etwas besser zu sein<br />

als unser nächster Wettbewerber.<br />

Klare Ziele<br />

<strong>Nordzucker</strong> stellt sich diesem zunehmenden<br />

Wettbewerb. Die langfristigen<br />

Ziele sind klar formuliert:<br />

• Saatgut und landwirtschaftliche<br />

Flächen für die 18/80 Rübe (18<br />

Prozent Zuckergehalt und 80<br />

Tonnen Rüben je Hektar)<br />

• 120 Tage Kampagne<br />

• 1.500 Tonnen erzeugter Zucker pro<br />

Mitarbeiter in unseren Werken<br />

• kundenorientierte<br />

Unternehmensführung<br />

• schlanke Strukturen<br />

Entscheidungsparameter Werksstruktur<br />

Die Werke Wierthe und Groß Munzel<br />

wurden auf Basis breiter Analysen als<br />

Schließungsstandorte identifiziert. Einzelne<br />

Parameter geben kein umfassendes<br />

Bild über die Zusammenhänge.<br />

Entscheidend war das entwickelte<br />

Gesamtbild auf Basis aller Faktoren.<br />

Strategische Parameter<br />

• relative Vorzüglichkeit der Rübe<br />

• Potential Anteil der Rübenfläche<br />

• Ertragsmesszahl (Bodenpunkte)<br />

• Kapitalmarktorientierung der<br />

<strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong><br />

• europaweites und langfristig weltweites<br />

Geschäft mit Zucker und<br />

süßen Kohlenhydraten<br />

Mit den anstehenden Werkschließungen<br />

geht <strong>Nordzucker</strong> einen weiteren Schritt<br />

in diese Richtung. Für alle betroffenen<br />

Mitarbeiter zweifellos ein harter Schritt –<br />

aber der richtige und notwendige<br />

Schritt für <strong>Nordzucker</strong>, für die Zukunftsfähigkeit<br />

unseres Unternehmens und<br />

damit für uns alle.<br />

Wir machen <strong>Nordzucker</strong> fit für die<br />

Zukunft – helfen Sie mit! ■<br />

• Lage zu unseren Kunden (Transportentfernung<br />

Fertigware)<br />

Ökonomische Parameter<br />

• Einmaleffekte<br />

• Mehraufwendungen<br />

• laufende Einsparungen<br />

Umwelt- und Standortbedingungen<br />

• Wasser<br />

• Emissionen<br />

• Lage


Die gemeinsame<br />

Wettbewerbsfähigkeit erhöhen<br />

Auch die Rübenbezahlung muss auf den Prüfstand<br />

Die Reform der Zuckermarktordnung<br />

sieht drastische Preissenkungen bei<br />

Rüben und Zucker vor. Die EU-Kommission<br />

ist der Ansicht, dass sich der<br />

zu erwartende Mengendruck aus dem<br />

„Alles außer Waffen“ - Abkommen (EBA)<br />

mit den am wenigsten entwickelten<br />

Ländern der Erde (LDC-Staaten) durch<br />

drastische Preissenkungen zumindest<br />

teilweise vermindern lässt. Darüber<br />

hinaus strebt die EU-Kommission an,<br />

dass nur die wettbewerbsfähigsten<br />

Regionen in der Europäischen Union<br />

die Rüben- und Zuckerproduktion aufrechterhalten.<br />

Wettbewerbsfähig sind<br />

die Regionen, die zu Preisen produzieren<br />

können, die am Markt erzielt werden<br />

und darüber hinaus einen höheren<br />

Gewinn erwirtschaften als mit einer<br />

anderen Kultur zu erzielen ist.<br />

<strong>Nordzucker</strong> teilt mit seinen Rübenanbauern<br />

in Norddeutschland eine Region,<br />

die zu den wettbewerbsfähigsten<br />

in Europa zählt. Die Zuckererzeugung<br />

aus Rübe wollen wir in gemeinsamer<br />

Anstrengung und unter Ausschöpfung<br />

aller Potenziale dauerhaft wirtschaftlich<br />

erfolgreich gestalten.<br />

Bisherige Maßnahmen<br />

reichen nicht aus<br />

Schließungen von Werken sind nur ein<br />

Mittel zur Kostensenkung, das immer<br />

einen gravierenden Einschnitt bedeutet.<br />

Um unseren Zucker wettbewerbsfähig<br />

zu halten, reichen die bisher durchgeführten<br />

Rationalisierungsmaßnahmen<br />

zukünftig nicht mehr aus. Deshalb müssen<br />

auch bei der Rübenbezahlung eine<br />

Reihe von Nebenleistungen auf den<br />

Prüfstand und mit dem Dachverband<br />

Norddeutscher Zuckerrübenanbauerverbände<br />

e. V. (DNZ) neu verhandelt<br />

werden.<br />

<strong>Nordzucker</strong> lässt sich bei den Überlegungen<br />

zur Rübenbezahlung ab 2006<br />

von folgenden Grundsätzen leiten:<br />

Anbauer- und Aktionärsinteressen<br />

berücksichtigen<br />

Die Rübenbezahlung muss sich an der<br />

Ertragskraft des Unternehmens, der<br />

Notwendigkeit zu innovativen Aufgaben<br />

unter Berücksichtigung von Markt-<br />

und Zukunftsrisiken orientieren. Außerdem<br />

sind die Interessen von Aktionären<br />

und Rübenanbauern gleichermaßen zu<br />

berücksichtigen. Diese nach wie vor<br />

aktuelle Vorgabe aus dem Celler<br />

Zielsetzungspapier meint nichts anderes,<br />

als dass die nachhaltige<br />

Entwicklung des Unternehmens<br />

(Wachstum) und die Verzinsung des<br />

dafür zur Verfügung gestellten Kapitals<br />

gesichert sein muss und die Rübenbezahlung<br />

in einem angemessenen Verhältnis<br />

dazu steht.<br />

Leistung für Gegenleistung<br />

Eine (Neben-) Leistung wird für Gegenleistung<br />

gewährt. Das heißt, der Wert<br />

der Leistung und die dafür aufgewendeten<br />

Zahlungen, beziehungsweise<br />

Prämien müssen in einem ausgewogenen<br />

Verhältnis zueinander stehen.<br />

Dienstleistungen werden nach Marktgesichtspunkten<br />

entlohnt. Dienstleistungen,<br />

für die ein Wettbewerb besteht,<br />

werden zu wettbewerbskonformen<br />

Tarifen entlohnt. Das bedeutet ausdrücklich<br />

auch die Einhaltung eines<br />

definierten Qualitätsniveaus bei der<br />

Arbeitserledigung. Als Beispiele gelten<br />

dafür die Tarife für Rübenfrachten,<br />

Laden und Reinigen sowie<br />

Dienstleistungen zur Mietenpflege.<br />

Außerdem müssen geeignete Maßnahmen<br />

getroffen werden, um un-<br />

<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Aktuell I 7<br />

Günter Jakobiak,<br />

Vorstandsmitglied<br />

<strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong><br />

günstige Einflüsse auf die Zuckererzeugung<br />

zu minimieren.<br />

Ein wichtiges Thema ist die Vermeidung<br />

von Überschusszucker aus Quotenrüben,<br />

da durch die Entscheidung des<br />

WTO-Panels am 28. April 2005 der<br />

Export von C-Zucker untersagt wurde.<br />

Für diesen so genannten „Überschusszucker“<br />

lässt sich im ungünstigsten<br />

Fall ab Mai 2006 überhaupt kein Erlös<br />

mehr erzielen. Insofern ist <strong>Nordzucker</strong><br />

gezwungen, die Zuckererzeugung aus<br />

Mehrrüben nur in dem Rahmen zu-<br />

zulassen, wie Absatzmöglichkeiten im<br />

Inland, so, wie sie die Zuckermarktordnung<br />

vorsieht, bestehen.<br />

Ziele und Maßnahmen<br />

• 15 Tonnen Rübe = 80/18, (80<br />

Tonnen pro Hektar Rübenertrag<br />

mit 18 Prozent Zuckergehalt)<br />

• Anbaustrukturen optimieren<br />

• Arbeitserledigungskosten<br />

reduzieren<br />

• Die Rübenbezahlung nach<br />

folgenden Grundsätzen:<br />

- marktgerechte Vergütung der<br />

Dienstleistungen Transport, Laden<br />

und Reinigen, Mietenpflege<br />

- ausgewogenes Verhältnis von Nebenleistung<br />

und Wert der Leistung<br />

• Verlängerung der Kampagnen<br />

von 95 auf 100 Tage, mittelfristig<br />

auf 120 Tage<br />

• Senkung der Verarbeitungs- und<br />

Vertriebskosten<br />

u


8 I Aktuell I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />

120 Tage müssen erreicht werden<br />

Die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der<br />

Rübenzuckerproduktion ist am wirksamsten<br />

durch eine Verlängerung der<br />

Kampagnen zu erzielen. Die Maßnahmen<br />

der vergangenen Jahre, als unter<br />

stagnierendem Zuckerpreis die Wirtschaftlichkeit<br />

ebenfalls ständig erhöht<br />

werden musste, führten bereits zu<br />

Kampagnelängen von 90 bis 95 Tagen.<br />

Das heißt, ein Kampagnezeitraum von<br />

Mitte September bis Weihnachten kann<br />

als normal angesehen werden. Kurzfristig<br />

werden 100 Tage Kampagnelänge<br />

angestrebt, mittelfristig müssen sogar<br />

120 Tagen erreicht werden.<br />

Wichtig bleibt eine wirksame Mietenpflege,<br />

die in den vergangenen Jahren<br />

etabliert wurde. Rübenanbauer und<br />

<strong>Nordzucker</strong> profitieren durch verbesserte<br />

Qualität und geringere Verluste<br />

beziehungsweise höhere Verarbeitbarkeit<br />

der Rüben.<br />

Gemeinsame Anstrengung<br />

Die Steigerung der Rübenerträge und<br />

-qualität (80 Tonnen Rübenertrag pro<br />

Hektar mit 18 Prozent Polarisation für<br />

15 Tonnen Zucker) verlangt viele<br />

gemeinsame Anstrengungen und eine<br />

effektive Beratung. Die Berater des<br />

<strong>Nordzucker</strong>-Rübenmanagements werden<br />

die Multiplikatoren und Landwirte<br />

bei diesen Aufgaben unterstützen.<br />

Die Rübenbezahlung der <strong>Nordzucker</strong><br />

wird auch weiterhin zur Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Zuckerrübe an unseren<br />

norddeutschen Standorten beitragen.<br />

Gemeinsame Anstrengungen in den<br />

Strukturen und bei den Produktions-<br />

und Stückkosten sind jedoch erforderlich,<br />

um die Wettbewerbsfähigkeit<br />

unseres Zuckers bei den Kunden zu<br />

sichern. ■<br />

2005 zum letzten Mal auf Hochtouren:<br />

die Zuckerfabrik Wierthe (oberes Bild)<br />

Das <strong>Nordzucker</strong>-Werk Groß Munzel wird nach der<br />

Kampagne 2006 geschlossen (unten)


<strong>Nordzucker</strong> erwartet für 2005/2006<br />

deutlich geringeres Jahresergebnis<br />

Verspätete Deklassierung bringt Einbußen<br />

für die gesamte EU-Zuckerbranche<br />

<strong>Nordzucker</strong> wird das sehr gute Ergebnis<br />

des Vorjahres im laufenden Geschäftsjahr<br />

2005/2006 nicht erreichen. Der mit<br />

der Vorjahreskampagne vergleichbaren<br />

guten Kampagne 2005 mit hohen<br />

Rüben- und Zuckererträgen, hohen<br />

Zuckergehalten und einer guten Qualität<br />

der Rübe stehen deutlich gestiegene<br />

Energiekosten und ein verstärkter Wettbewerb<br />

in der Europäischen Union<br />

gegenüber. Zuckerabsatz und -preise<br />

haben sich im ersten Halbjahr 2005/<br />

2006 aufgrund des unerwartet hohen<br />

Zuckerangebotes aus den zehn neuen<br />

EU-Staaten sowie der von der EU-<br />

Kommission für die Kampagne 2004<br />

unterlassenen Deklassierung wenig<br />

erfreulich entwickelt. Verbunden damit<br />

sind deutliche Erlösminderungen beim<br />

Termine Hauptversammlungen<br />

2005<br />

In Abstimmung mit den Holdings<br />

der <strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong> sind für die<br />

Haupt-, beziehungsweise Gesellschafterversammlungen<br />

folgende<br />

Termine vorgesehen:<br />

Union Zucker Südhannover GmbH<br />

Mittwoch, 05. Juli 2006, 10.00 Uhr<br />

Nordharzer Zucker <strong>AG</strong><br />

Mittwoch, 12. Juli 2006, 10.00 Uhr<br />

<strong>Nordzucker</strong> Holding <strong>AG</strong><br />

Donnerstag, 13. Juli 2006, 10.00 Uhr<br />

<strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong><br />

Freitag, 14. Juli 2006, 10.00 Uhr<br />

Versammlungsorte sind wie gewohnt<br />

die Stadthalle Braunschweig,<br />

beziehungsweise das Berghölzchen<br />

Hildesheim für die Gesellschafterversammlung<br />

der Union-Zucker.<br />

Export von Quotenzucker. Erstmalig<br />

seit 20 Jahren wurde in der EU wieder<br />

Zucker zur Intervention gegeben. Die<br />

insgesamt zu erwartenden Erlöseinbußen<br />

werden das <strong>Nordzucker</strong>-Ergebnis<br />

im laufenden Geschäftsjahr 2005/2006<br />

deutlich vermindern.<br />

Die angespannte Situation auf dem<br />

europäischen Zuckermarkt trifft ebenfalls<br />

unsere osteuropäischen Beteiligungen.<br />

So wird insbesondere Polen,<br />

wo 2004 positive Einmaleffekte realisiert<br />

werden konnten, nicht an das<br />

hervorragende Vorjahresergebnis<br />

anknüpfen. <strong>Nordzucker</strong> hat sowohl in<br />

Polen als auch in Ungarn Zucker der<br />

Intervention angedient.<br />

Schnelle Wende vorerst nicht in Sicht<br />

Im September 2005 hatte die EU-Kommission<br />

für das Zuckerwirtschaftsjahr<br />

2005/2006 die aus Sicht der Branche<br />

lange überfällige Deklassierung in Höhe<br />

von 1,9 Millionen Tonnen Quotenzucker<br />

entschieden. Das bedeutet EU-weit<br />

10,4 Prozent Kürzung der A-B-Quote,<br />

für die <strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong> entspricht dies<br />

14,3 Prozent der nationalen Höchstquote.<br />

Perspektivisch rechnen wir<br />

durch diese EU-Entscheidung mit einer<br />

Entlastung und Trendwende auf den<br />

europäischen Inlandsmärkten. Diese<br />

Trendwende ist allerdings abhängig<br />

von einem mit der Zuckernachfrage<br />

ausgeglichenen Zuckerangebot innerhalb<br />

der EU, das heißt insbesondere die<br />

Vermarktung des Interventionszuckers<br />

innerhalb der EU oder als Exportware<br />

wird unter anderem die weitere<br />

Entwicklung auf dem europäischen<br />

Binnenmarkt entscheidend beeinflussen.<br />

Die Deklassierung bedeutet vorerst jedoch<br />

noch keine schnelle positive Wende<br />

für das Zuckergeschäft. Zunächst führt<br />

die Deklassierung aufgrund geringerer<br />

<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Aktuell I 9<br />

Jens Fokuhl,<br />

Vorstandsmitglied<br />

<strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong><br />

Quotenzuckermengen bei <strong>Nordzucker</strong><br />

zu rückläufigen Umsätzen.<br />

Drastisch gestiegene Energiepreise<br />

In der laufenden Kampagne erhöhen<br />

außerdem erheblich gestiegene Energiepreise<br />

die Produktionskosten. Durchgehend<br />

hohe Qualitäten der Rüben<br />

und die damit verbundene gute<br />

Verarbeitbarkeit können die drastisch<br />

gestiegenen Energiekosten bei weitem<br />

nicht ausgleichen.<br />

Einmaleffekte aus Sozialplan<br />

und Abschreibungen<br />

Belastet wird das Ergebnis des Geschäftsjahrs<br />

2005/2006 darüber hinaus durch<br />

die Bildung von Rückstellungen für den<br />

nach den Schließungsbeschlüssen für<br />

die Werke Wierthe und Groß Munzel<br />

verabschiedeten Sozialplan sowie<br />

durch zusätzliche Abschreibungen.<br />

Das Marktgeschehen in der Europäischen<br />

Union zeigt, wie sehr die Reform<br />

der Europäischen Zuckermarktordnung<br />

ihre Schatten bereits voraus wirft. Trotz<br />

kontinuierlicher Optimierung aller<br />

Kostenpositionen in den vergangenen<br />

Jahren zeigt der Verlauf des diesjährigen<br />

Geschäftsjahres, wie intensiv weiterhin<br />

alle Einsparmöglichkeiten und Erlösverbesserungen<br />

genutzt werden müssen.<br />

Die eingeleitete Maßnahme mit der<br />

Schließung der Werke Wierthe und<br />

Groß Munzel ist ein wichtiger Beitrag,<br />

um die Ertragsfähigkeit der <strong>Nordzucker</strong><br />

langfristig zu sichern. ■


10 I<br />

Aktuell I <strong>Akzente</strong> November 2005<br />

Welches EU-Land stimmt<br />

mit wie viel Gewicht?<br />

Neues EU-Abstimmungsprocedere<br />

bei der ZMO-Reform<br />

Die Verabschiedung der künftig geltenden<br />

Zuckermarktordnung steht an.<br />

Während Entscheidungstermin und<br />

endgültiger Inhalt offen sind, ist der<br />

Weg durch die EU-Instanzen klar<br />

geregelt. Nach Artikel 37 Absatz 2 des<br />

EG-Vertrages werden Verordnungen<br />

für die gemeinsame Agrarpolitik der<br />

Gemeinschaft durch den Rat mit<br />

qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag<br />

der Kommission und nach Anhörung<br />

des Europäischen Parlaments erlassen.<br />

Aus dieser Vorschrift ergibt sich für<br />

die Verabschiedung der ZMO-Reform<br />

folgender Verfahrensablauf:<br />

1. Die EU-Kommission unterbreitet<br />

dem EU-Parlament einen Vorschlag<br />

zur zukünftigen Zuckermarktordnung.<br />

Dieser Verordnungsvorschlag liegt seit<br />

dem 22. Juni 2005 vor und sieht eine<br />

Kürzung des Rübenmindestpreises von<br />

42 Prozent und eine Kürzung des<br />

Zuckerpreises um 39 Prozent gegenüber<br />

dem heutigen Niveau vor.<br />

2. Das EU-Parlament nimmt Stellung<br />

zu dem Vorschlag. Dieser Beschluss des<br />

Parlaments wird gemäß Artikel 198 des<br />

EG-Vertrages mit der absoluten Mehrheit<br />

der abgegebenen Stimmen gefasst.<br />

Zwischenzeitlich hat das Parlament, trotz<br />

eindringlicher Appelle der Kommission,<br />

die Arbeiten zu beschleunigen, angekündigt,<br />

seine Stellungnahme erst im<br />

Januar 2006 abgeben zu wollen. Da<br />

der Europäische Rat ohne Stellungnahme<br />

des Parlaments die Verordnung zur<br />

Zuckermarktordnung nicht beschließen<br />

kann, ist mit einer Beschlussfassung über<br />

die zukünftige Zuckermarktordnung<br />

vor dem Beginn der WTO-Verhandlungen<br />

in Hongkong, die im Dezember<br />

2005 stattfinden, nicht zu rechnen.<br />

ZMO-Reform braucht<br />

qualifizierte Mehrheit<br />

Stefan Mühl,<br />

Justitiar (li.),<br />

Thomas Graf, Marktordnungsfragen<br />

3. Der EU-Ministerrat erlässt, wenn die<br />

Stellungnahme des Parlaments vorliegt,<br />

die neue Verordnung zur Zuckermarktordnung.<br />

Voraussichtlich wird dies wegen<br />

der erst im Januar 2006 zu erwartenden<br />

Stellungnahme des Parlaments nicht<br />

vor Februar 2006 möglich sein. Gemäß<br />

Artikel 37 Absatz 2 des EG-Vertrages ist<br />

die zukünftige Zuckermarktordnung<br />

durch den Rat mit qualifizierter Mehrheit<br />

zu beschließen, wobei Artikel 205<br />

des EG-Vertrages regelt, welche Hürden<br />

der Rat im einzelnen zu nehmen hat.<br />

Die qualifizierte Mehrheit im Rat ist<br />

erreicht, wenn:<br />

• Die Mehrheit der Mitgliedstaaten<br />

dem Reformvorschlag zustimmt und<br />

gleichzeitig<br />

• mindestens 232 von insgesamt 323<br />

Stimmen im Rat der neuen Verordnung<br />

zustimmen. Dies entspricht einer Mehrheit<br />

von 72,3 Prozent aller Stimmen im Rat der<br />

Europäischen Union. Die 25 Mitgliedsstaaten<br />

der Europäischen Union verfügen –<br />

ähnlich wie im Bundesrat der Bundesrepublik<br />

Deutschland – über unterschiedliche<br />

Stimmgewichte im Rat. Die Stimmenverteilung<br />

berücksichtigt zwar die Größe<br />

der Mitgliedsländer, entspricht aber nicht<br />

dem genauen Bevölkerungsverhältnis.<br />

So verfügt zum Beispiel die Bundesrepublik<br />

Deutschland mit 29 Stimmen<br />

im Rat über genauso viele Stimmen wie<br />

Frankreich, obwohl in Deutschland etwa<br />

23 Millionen EU-Bürger mehr leben als<br />

in unserem westlichen Nachbarland.<br />

(Zur Verteilung aller Stimmen des Rates<br />

auf die einzelnen Mitgliedsstaaten der<br />

EU vergleiche Tabelle Stimmverteilung).<br />

• Darüber hinaus kann ein Mitgliedstaat<br />

fordern, dass überprüft wird, ob<br />

durch die befürwortenden Stimmen<br />

mindestens 62 Prozent der Gesamtbevölkerung<br />

der EU vertreten werden.<br />

Ist das nicht der Fall, gilt der Beschluss<br />

als abgelehnt.<br />

Kleinere EU-Staaten werden gestärkt<br />

Zum besseren Verständnis des Abstimmungsprocederes<br />

ist auf die seit dem<br />

01. November 2004 geltende Stimmenverteilung<br />

im Rat auf die einzelnen<br />

Länder einzugehen (vgl. Tabelle). Diese<br />

Gewichtung der Stimmen im Rat gilt<br />

gemäß Artikel 12 der EU-Beitrittsakte<br />

nach der Aufnahme von Tschechien,<br />

Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn,<br />

Malta, Polen, der Slowakei und<br />

Slowenien. Die bevölkerungsreichen<br />

Staaten der EU haben im Europäischen<br />

Rat je 29 Stimmen: Deutschland (83<br />

Mio. Einwohner), Frankreich (60 Mio.),<br />

Großbritannien (59 Mio.) und Italien<br />

(57 Mio.) Mittelgroße Länder wie Polen<br />

(38 Mio.) und Spanien (42 Mio. Einwohner)<br />

haben mit je 27 Stimmen im Rat<br />

nur zwei Stimmen weniger als die vier<br />

deutlich bevölkerungsreicheren Länder.<br />

Grundsätzlich stärkt die geltende Stimmverteilung<br />

bevölkerungsschwächere<br />

EU-Staaten und schwächt den Einfluss<br />

bevölkerungsstarker Mitgliedsstaaten.<br />

So können kleinere Länder zum einen<br />

durch ihr im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße<br />

stärkeres Stimmengewicht<br />

leichter eine Sperrminorität zustande<br />

bringen. Eine Sperrminorität liegt dann<br />

vor, wenn von den 321 Stimmen im<br />

Rat genau 90 Stimmen gegen einen<br />

Vorschlag der Kommission abgegeben<br />

werden. In diesem Fall würde zwar mit


231 Stimmen eine deutliche Mehrheit<br />

für den Kommissionsvorschlag abgegeben<br />

werden, jedoch wäre dies immer<br />

noch eine Stimme weniger als die<br />

erforderlichen 232. Der Kommissionsvorschlag<br />

wäre abgelehnt.<br />

Die Stimmverteilung im Rat erleichtert<br />

zum anderen aber auch das Erreichen<br />

einer qualifizierten Mehrheit im Rat<br />

gegen die großen EU-Mitgliedsstaaten.<br />

So wäre eine qualifizierte Mehrheit im<br />

Rat auch dann erreicht, wenn die größten<br />

Mitgliedsstaaten, nämlich Deutschland,<br />

Frankreich und das Vereinigte Königreich<br />

gegen einen Vorschlag der Kommission<br />

stimmen, alle anderen Staaten aber dafür.<br />

Die drei größten EU-Mitgliedsländer<br />

verfügen nämlich lediglich über 87<br />

Stimmen im Rat, so dass alle anderen<br />

Länder zusammen mit ihren verbleibenden<br />

234 Stimmen jederzeit gemeinsam<br />

die qualifizierte Mehrheit von 232 Stimmen<br />

aufbringen könnten.<br />

Im Einzelfall muss eine<br />

qualifizierte Mehrheit 62 Prozent<br />

der EU-Bevölkerung repräsentieren<br />

In derartigen Fällen und um zu vermeiden,<br />

dass wichtige Verordnungen oder<br />

andere Entscheidungen des Rates<br />

gegen die Meinung der bevölkerungsreichsten<br />

Staaten der EU in Kraft treten<br />

können, sieht der EG-Vertrag vor, dass<br />

auf Antrag eines Landes überprüft werden<br />

kann, ob die Mitgliedsstaaten, die<br />

eine qualifizierte Mehrheit bilden, mindestens<br />

62 Prozent der Bevölkerung<br />

der EU repräsentieren.<br />

Im dargestellten Fall, also einer Beschlussfassung<br />

im Rat gegen die Stimmen<br />

von Deutschland, Frankreich und das<br />

Vereinigte Königreich, repräsentieren<br />

die zustimmenden Länder nämlich<br />

lediglich 254,4 Millionen der 455,7<br />

Millionen Einwohner und damit lediglich<br />

56 Prozent der Gesamtbevölkerung der<br />

EU. Somit könnte im Rat – vermutlich<br />

auf Antrag eines dieser drei Länder –<br />

festgestellt werden, dass die Bedingung,<br />

wonach der Beschluss 62 Prozent der<br />

Bevölkerung repräsentieren muss,<br />

nicht erfüllt ist. Der betreffende<br />

<strong>Akzente</strong> November 2005 I Aktuell I <strong>11</strong><br />

Beschluss käme dann nicht zustande.<br />

Allerdings setzt der dargestellte Fall<br />

voraus, dass die entsprechende Überprüfung<br />

auf Antrag eines Landes<br />

durchgeführt wird. Stellt bei einer<br />

Beschlussfassung gegen die Stimmen<br />

der drei größten EU-Staaten kein<br />

Mitglied des Rates diesen Antrag, so ist<br />

der Beschluss gefasst, auch wenn die<br />

zustimmenden Länder nicht 62 Prozent<br />

der EU-Bevölkerung repräsentieren. ■<br />

Stimmen- / Sitzverteilung im Europäischen Rat / EU-Parlament<br />

Mitgliedsstaat ISO code<br />

Bevölkerung<br />

(in Mio.)<br />

Stimmen im<br />

Europäischen Rat *<br />

Sitze im<br />

EU-Parlament **<br />

Deutschland DE 83 29 99<br />

Frankreich FR 60 29 78<br />

Großbritannien GB 59 29 78<br />

Italien IT 57 29 78<br />

Spanien ES 42 27 54<br />

Polen PL 38 27 54<br />

Niederlande NL 16 13 27<br />

Griechenland EL <strong>11</strong> 12 24<br />

Tschechien CZ 10 12 24<br />

Belgien BE 10 12 24<br />

Ungarn HU 10 12 24<br />

Portugal PT 10 12 24<br />

Schweden SE 9 10 19<br />

Österreich AT 8 10 18<br />

Slowakei SK 5 7 14<br />

Dänemark DK 5 7 14<br />

Finnland FI 5 7 14<br />

Irland IE 4 7 13<br />

Litauen LT 3 7 13<br />

Lettland LV 2 4 9<br />

Slowenien SI 2 4 7<br />

Estland EE 1 4 6<br />

Zypern CY 0,6 4 6<br />

Luxemburg LU 0,5 4 6<br />

Malta MT 0,4 3 5<br />

Summe 451,1 321 732<br />

* Vertretung der Mitgliedsstaaten<br />

Entscheidungsfindung: Die qualifizierte Mehrheit besteht aus einem dreifachen Mehrheitssystem.<br />

1. Die Mehrheit der Staaten muß zustimmen; 2. Mindestens 72,3 % (232/321) der Stimmen müssen<br />

zustimmen; 3. Die Entscheidung muß mindestens 62 % der EU-Bevölkerung repräsentieren.<br />

** Vertretung der Bürger<br />

Entscheidungsfindung: 1. Einfache Mehrheit: 50 % der anwesenden Parlamentsmitglieder +1; 2. Qualifizierte<br />

Mehrheit (im Fall von Dissenz zwischen Parlament und Rat): 50 % aller Parlamentsmitglieder +1 (367)


12 I Aktuell I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />

Der süße Riese, den keiner kennt<br />

Zuckerwirtschaft in Indien<br />

Nach den <strong>Akzente</strong>-Zuckerportraits über<br />

Brasilien, Australien und Thailand –<br />

den Ländern, die vor der WTO erfolgreich<br />

gegen die EU-Zuckerexporte<br />

geklagt haben – setzen wir die Vorstellung<br />

wichtiger Zuckerländer der Welt<br />

fort. Thomas Graf hat Indien unter die<br />

Lupe genommen, ein Schwergewicht<br />

unter den Zuckererzeugerländern, das<br />

wenigen ein Begriff ist. Mit rund 21,7<br />

Millionen Tonnen Rohwert ist das Land<br />

nach Brasilien zweitgrößter Zuckererzeuger<br />

der Welt. Unter den Zuckerverbrauchern<br />

hält Indien sogar Platz eins.<br />

Landwirtschaft – klein strukturiert<br />

mit großen Unterschieden zwischen<br />

den Rohranbauregionen<br />

Auf den insgesamt 163 Millionen<br />

Hektar Ackerfläche Indiens wirtschaften<br />

<strong>11</strong>6 Millionen landwirtschaftliche Betriebe<br />

mit durchschnittlich 1,4 Hektar<br />

Ackerfläche. Die rund eine Million<br />

Betriebe mit Rohranbau bewirtschaften<br />

insgesamt über vier Millionen Hektar.<br />

Sie sind im Durchschnitt größer, nach<br />

europäischem Maßstab aber immer<br />

noch klein strukturiert. Etwa 85 Prozent<br />

der indischen Zuckerrohrfläche können<br />

beregnet werden. Die Feldarbeiten<br />

werden vorwiegend von Hand mit<br />

geringer Arbeitsproduktivität verrichtet.<br />

Überraschend ist, dass Rohr in Indien<br />

nur für eine relativ kurze Nutzungsdauer<br />

von zwei Jahren angebaut wird.<br />

Die Unterschiede zwischen den Anbauregionen<br />

sind groß: In Uttar Pradesh<br />

Zuckerrohranbaugebiete in Indien<br />

Region<br />

Niederschl.<br />

(mm/Jahr)<br />

Breitengrad<br />

ø Jahrestemperatur<br />

beträgt die Kampagnedauer <strong>11</strong>7 Tage<br />

und läuft von November bis April. In<br />

Tamil Nadu erstreckt sich die Kampagne<br />

sogar über 206 Tage im Zeitraum<br />

Oktober bis Juli. Die Zuckererträge pro<br />

Hektar variieren in den einzelnen Regionen<br />

von 5,5 Tonnen Zucker je Hektar<br />

im Norden bis 10,9 Tonnen im Süden.<br />

Der Zuckerrohranbau in Indien hat<br />

neben konkurrierenden Früchten wie<br />

Reis, Weizen, Ölsaaten, Nüssen und<br />

Kaffee eine hohe Wettbewerbsfähigkeit<br />

– nicht zuletzt weil die Zuckerbranche<br />

staatlich gefördert wird.<br />

Zuckerindustrie – niedrige Kapazitäten<br />

mit günstiger Auslastung<br />

Zur Zuckerindustrie Indiens gehören<br />

derzeit etwa 430 aktive Rohrmühlen.<br />

Die Verarbeitungskapazität ist mit rund<br />

2.500 Tonnen Rohr je Fabrik und Kampagnetag<br />

sehr niedrig. Die Auslastung<br />

ist dank der langen Kampagne günstiger<br />

als zum Beispiel in der deutschen<br />

Zuckerwirtschaft.<br />

Die Herstellungskosten von Zucker in<br />

Indien liegen bei rund 300 Euro je<br />

Tonne Zucker und damit auf Rang fünf<br />

der wichtigen Zuckerhersteller.<br />

Trotz eines bestehenden staatlichen<br />

Förderprogramms für die Beimischung<br />

von Ethanol zum Benzin und bestehender<br />

Destillerien wird von der Verwendung<br />

von Ethanol im Kraftstoff bisher<br />

nur eingeschränkt Gebrauch gemacht.<br />

Bewässerung<br />

Fläche<br />

Rohr (ha)<br />

Rohrertrag<br />

Zuckerertrag/t<br />

Rohr<br />

Uttar Pradesh 700 - 1.200 25 - 28˚N 26˚C ergänzend 923.000 57 t/ha 97 kg<br />

Maharashtra 700 18 - 21˚N 25˚C notwendig 635.000 80 t/ha 120 kg<br />

Tamil Nadu 1.300 8 - 13˚N 28˚C notwendig 170.000 109 t/ha 100 kg<br />

Quelle: Sweetener Analysis, April 2004<br />

Thomas Graf,<br />

Marktordnungsfragen,<br />

Neue Felder<br />

Die Energieerzeugung aus Bagasse<br />

existiert nur in den Anfängen.<br />

Eine Besonderheit im indischen<br />

Süßungsmittelmarkt ist die Produktion<br />

von Gur (Jaggery) und Khandsari.<br />

Diese Süßungsmittel werden ebenfalls<br />

aus Zuckerrohr von Konkurrenten der<br />

Rohrmühlen auf traditionelle Weise in<br />

offenen Pfannen hergestellt. Der Anteil<br />

dieser Produktion ist jedoch rückläufig.<br />

Herstellungskosten von Zucker<br />

im internationalen Vergleich<br />

Herstellungskosten in €/t Zucker<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

Ber. Kosten Verarbeitung Transport<br />

Nebenprodukte, Sonstiges<br />

Rohstoff<br />

Brasilien<br />

Australien<br />

Thailand<br />

Südafrika<br />

Indien<br />

Polen<br />

Ukraine<br />

USA (Rohr)<br />

USA (Rübe)<br />

Deutschland<br />

Quelle: Zimmermann, B.; Zeddies, J.: „Zuckerrübe contra Zuckerrohr“,<br />

in: Die Zuckerrübe, Ausg. 5/2003, vgl. LMC International, 2005<br />

Staatlich reglementiert:<br />

Zuckerabsatz und Rohrpreis<br />

Die Zuckerproduktion Indiens wuchs<br />

auf 21 Millionen Tonnen und übersteigt<br />

derzeit den Inlandsverbrauch<br />

(19 Millionen Tonnen). Der Pro-Kopf<br />

Verbrauch liegt bei 18 Kilogramm pro<br />

Jahr. Mittelfristig wird von Verbrauchssteigerungen<br />

von etwa vier Prozent<br />

pro Jahr ausgegangen. Die im Inland<br />

nicht benötigte Menge – je nach Erntejahr<br />

bis zu zwei Millionen Tonnen<br />

Zucker – geht in den Export.


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Im Rahmen einer extrem dirigistischen<br />

Agrarpolitik werden insbesondere die<br />

Rohrpreise und die Absatzmengen<br />

staatlich kontrolliert. Die Fabriken profitieren<br />

von Finanzierungshilfen. Mit<br />

Importzöllen ist der heimische Markt<br />

vom internationalen Wettbewerb abgeschottet.<br />

So liegt der Großhandelspreis<br />

für Zucker im Inland bei 40 US-Dollar<br />

je Tonne über dem Weltmarktpreis.<br />

Schwache Position in<br />

Welthandelsrunde<br />

Diese Praxis schwächt die Position<br />

Indiens in der laufenden Welthandelsrunde,<br />

in der sich das Land grundsätzlich<br />

für den Abbau von Handelsbarrieren<br />

stark macht und vor allem den Zugang<br />

zu den Märkten in Industrieländern<br />

fordert. Im Jahr 2002 hat die indische<br />

Zentralregierung die komplette Liberalisierung<br />

des indischen Zuckermarkts<br />

angekündigt. Da die Reform stark in<br />

das soziale Gefüge des Landes eingreift,<br />

wurde 2003 eine Verlängerung des<br />

Marktsteuerungssystems für weitere<br />

30 Monate beschlossen.<br />

Ausbaupläne<br />

Indiens Zuckerwirtschaft ist durch die<br />

Reglementierung nur verhalten gewachsen.<br />

Durch den immensen Inlandsbedarf<br />

tritt das Land bisher nur unwesentlich<br />

als Exporteur auf. Ob die großen Ausbaupläne<br />

für die Zucker- und Ethanolwirtschaft<br />

des Landes seine Rolle im<br />

Markt verändern, wird sich in Zukunft<br />

erweisen. Die Konsolidierung des<br />

Mühlensektors und das Ausmaß der<br />

tatsächlichen Liberalisierung werden<br />

dabei wesentliche Faktoren sein. ■<br />

<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Aktuell I 13<br />

Quellen: CEFS (2005): „An analysis of sugar policy reform<br />

and trade liberalisation“; Der Fischer Weltalmanach 2005;<br />

Gudoshnikov, S.; Jolly, L.; Spence, D.(ISO): The world<br />

sugar market (2004); F. O. Licht: World Ethanol and<br />

Biofuels Report, International Sugar and Sweetener Report;<br />

Europäisches Zuckerjournal<br />

Indien in Zahlen<br />

Einwohnerzahl 1.048,6 Mio.<br />

Bruttosozialprodukt<br />

pro Kopf (2002) 470 US-$<br />

Arbeitslosigkeit (2003) 10,9 %<br />

Währung 1 Indische Rupie (INR)<br />

= 100 Paise<br />

Kurs (am 01.08.2005) 1 € = 53,1 INR<br />

Inflation (Ø 1990-2001) 7,6 %<br />

Gesamtexport 2003<br />

davon Nahrungsmittel<br />

Zuckererzeugung 2003<br />

davon Inlandsverbrauch<br />

davon Export<br />

52,2 Mrd. US-$<br />

< 3 %<br />

21,7 Mio. t Rohwert<br />

18,6 Mio. t<br />

1,6 Mio. t<br />

Zuckerverbrauch / Kopf 18,1 kg Rohwert<br />

Gesamtfläche<br />

(Position im Weltrang)<br />

3.287.263 km²<br />

(Rang 7)<br />

Zuckerrohrfläche 4,3 Mio. ha<br />

Zuckerrohrbetriebe ca. 1 Mio.<br />

Nutzungsdauer<br />

Zuckerrohrpflanzung 2 Jahre<br />

Anzahl aktive Zuckerrohrmühlen<br />

(2001)<br />

davon mit Annex<br />

Destillerie<br />

436<br />

108<br />

Zuckerrohrernte Oktober bis Juli<br />

Erntemethode meist Handernte ohne<br />

Abbrennen<br />

Marktordnung • Einfuhrzölle für<br />

Zucker<br />

• staatliche Festset-<br />

zung der Rohrpreise<br />

• Stützung des<br />

Zuckerpreises<br />

• Programm zur<br />

Liberalisierung des<br />

Marktes wurde<br />

wieder ausgesetzt<br />

Subventionen • für Produktions-<br />

mittel<br />

• für F+E Maßnahmen<br />

• Umschuldungspro-<br />

gramme für Fabriken<br />

• Exportförderung<br />

Quellen: Fischer Weltalmanach 2005, Zuckerrübe 3/2002, vlg. Bartens<br />

Zuckerwirtschaft 2004, ISO 2003


14 I<br />

Rübe I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />

Kampagne 2005<br />

bisher zufriedenstellend<br />

Rübenernte unter besten Bedingungen<br />

Die Aussaat und die Entwicklung der<br />

Zuckerrüben in Norddeutschland ist<br />

im Frühjahr/Sommer 2005 unter recht<br />

günstigen Bedingungen verlaufen. Auch<br />

die Rübenbestände der 4700 Hektar<br />

Umbruchfläche, die aufgrund der Nachtfröste<br />

im April nochmals gedrillt werden<br />

mussten, haben sich gut entwickelt.<br />

Die Ertragsfeststellungen im August<br />

und Anfang September ließen einen<br />

guten Rübenertrag in Höhe von rund<br />

58 Tonnen je Hektar im Durchschnitt<br />

der <strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong>, ähnlich der Kampagne<br />

2004, erwarten.<br />

Die Kampagnetermine 2005 wurden<br />

unter Berücksichtigung der Verarbeitungskosten<br />

der Zuckerrüben in den<br />

Werken, den Zuckerlogistik-, den Rübenfrachtkosten<br />

und dem Früh- und Spätlieferausgleich<br />

optimiert. Die Rübenanlieferung<br />

in den Werken Clauen, Uelzen<br />

und Klein Wanzleben begann bereits<br />

am 13./14. September. In den drei<br />

Werken ist eine 100-Tage-Kampagne<br />

geplant. Die Werke Güstrow, Schladen,<br />

Abzüge<br />

GA<br />

Claus Pommerehne (li.),<br />

Rübenmanagement<br />

National;<br />

Dr. Gerd Jung,<br />

Rübenmanagement<br />

International<br />

Wierthe und Munzel starteten erst am<br />

26. September mit der Rübenanlieferung<br />

und werden eine Kampagnelänge von<br />

rund 85 Tagen haben. Nordstemmen liegt<br />

mit 93 Tagen Kampagnelänge im Mittelfeld.<br />

Die Rübenanlieferung soll in allen<br />

Werken bis Weihnachten beendet sein.<br />

Die Rübenverarbeitung verlief in den<br />

meisten Werken sehr zufriedenstellend.<br />

Bereits am 23./24. September verarbeiten<br />

die vier Werke etwa 55.000 Tonnen<br />

Aufgrund der bisher günstigen Witterung in dieser Kampagne erfolgt die Rübenernte und der Rübentransport<br />

annähernd reibungslos und ohne größere Störungen<br />

Kampagneerwartung 2005 – <strong>Nordzucker</strong> National<br />

Kampagneergebnisse bis 18.<strong>11</strong>.05<br />

(%)<br />

K/B<br />

Zucker<br />

(%)<br />

K Na AmN SMV<br />

(mmol/ 1000g Rüben) (%)<br />

Clauen 8,65 3,50 17,524 33,5 5,1 13,3 1,26<br />

Güstrow 8,29 3,55 17,847 38,1 4,4 12,4 1,29<br />

Groß Munzel 8,09 3,73 17,841 34,6 3,7 13,8 1,27<br />

Nordstemmen 8,55 3,40 17,506 34,4 4,5 12,0 1,23<br />

Schladen 8,93 3,51 18,<strong>11</strong>3 33,9 5,7 13,4 1,28<br />

Uelzen 7,84 3,84 17,706 36,3 3,3 14,0 1,29<br />

Wierthe 8,20 3,60 17,548 34,2 4,4 12,7 1,25<br />

Klein Wanzleben 9,22 3,86 17,645 33,5 7,0 16,3 1,36<br />

<strong>Nordzucker</strong> National 8,47 3,67 17,693 34,8 4,8 13,8 1,29<br />

Rüben am Tag. Nachdem die anderen<br />

Werke die Verarbeitung aufgenommen<br />

haben, hat <strong>Nordzucker</strong> am 3./4. Oktober<br />

94.000 Tonnen Rüben am Tag verarbeitet.<br />

Der Kampagnedurchschnitt ist<br />

mit 90.200 Tonnen je Tag geplant.<br />

Durch die günstige Witterung verliefen<br />

die Rübenernte und der Rübentransport<br />

annähernd reibungslos. Die Rüben<br />

haben eine gute innere (niedriger<br />

Standardmelasseverlust) und äußere<br />

Qualität und lassen sich daher gut<br />

verarbeiten.<br />

Die Einschätzung des Rübenertrages<br />

für die Kampagne 2005 liegt (Stand<br />

18.November 2005) bei 58,1 Tonnen/<br />

Hektar und einem Zuckergehalt von<br />

17,71 Prozent. <strong>Nordzucker</strong> National<br />

erzeugt aus etwa 8,4 Millionen Tonnen<br />

Rüben 1,3 Millionen Tonnen Weißzucker,<br />

wobei, erhöht durch die Deklassierung<br />

von 14,31 Prozent, etwa 300.000<br />

Tonnen C-Zucker erzeugt werden.<br />

CLA GÜS MUN NST SLA UEL WIE WZL gesamt<br />

Verarbeitungsmenge 999.000 760.000 653.300 1.177.000 799.000 1.906.000 861.000 1.276.000 8.435.000<br />

Lieferbeginn 14. Sept. 26. Sept. 26. Sept. 19. Sept. 26. Sept. 14. Sept. 26. Sept. 13. Sept. 13. Sept.<br />

1. Verarbeitungstag 15. Sept. 27. Sept. 27. Sept. 20. Sept. 27. Sept. 15. Sept. 27. Sept. 14. Sept. 14. Sept.<br />

Tgl. Verarbeitung 9.900 8.800 7.700 12.500 9.700 19.200 10.200 12.800 90.800<br />

Verarbeitungstage 100 86 87 93 82 101 83 99 93<br />

Lieferende 23. Dez. 21. Dez. 22. Dez. 21. Dez. 16. Dez. 24. Dez. 18. Dez. 20. Dez. 23. Dez.


Polen, Slowakei und Ungarn<br />

Die Ausgangsvoraussetzungen für eine<br />

gute Rübenernte waren in den Ländern<br />

Polen, Slowakei und Ungarn unterschiedlich.<br />

In Polen herrschte während<br />

der ganzen Vegetationsperiode überwiegend<br />

Trockenheit. In der Slowakei<br />

und Ungarn war die Niederschlagsverteilung<br />

ausgesprochen positiv für<br />

eine gute Rübenernte.<br />

Die Erntebedingungen sind bisher als<br />

optimal zu bezeichnen. Wir rechnen<br />

mit Zuckererträgen zwischen 8,4 und<br />

9,2 Tonnen pro Hektar, womit wir<br />

unserem mittelfristigen Ziel von 10<br />

Tonnen pro Hektar einen Schritt näher<br />

kommen werden.<br />

Aufgrund der Verarbeitungskapazität<br />

unserer zwei Werke in Polen mit <strong>11</strong>.200<br />

Tonnen pro Tag, in der Slowakei in der<br />

„neuen“ Zuckerfabrik Tepla mit 5.300<br />

Tonnen pro Tag und unseren zwei<br />

Werken in Ungarn mit 12.100 Tonnen<br />

pro Tag haben wir Kampagnelängen<br />

zwischen 94 und 120 Tagen geplant.<br />

Die Kampagne begann zwischen dem<br />

9. und 16. September 2005. Geplantes<br />

Kampagneende ist in Polen vor<br />

Weihnachten. In Ungarn und in der<br />

Slowakei erst Anfang Januar 2006.<br />

Während der Kampagnebeginn in den<br />

polnischen und ungarischen Werken<br />

geradezu vorbildlich erfolgte, gab es in<br />

der Slowakei am Anfang Probleme.<br />

Durch die Schließung des Werkes Trnava<br />

nach der Kampagne 2004 musste die<br />

Leistung im Werk Trencianska Teplá<br />

von 2.200 auf 5.500 Tonnen pro Tag<br />

ausgebaut werden. Der komplette<br />

Vorderbetrieb des Werkes wurde entkernt<br />

und zwischen den Kampagnen<br />

neu aufgebaut. Da die Zuckererzeugung<br />

gleich bleiben soll, muss knapp<br />

die Hälfte der Zuckererzeugung als<br />

Dicksaft zwischengelagert werden, um<br />

dann im Frühjahr eine Dicksaftkampagne<br />

fortzusetzen. Damit wurde ein<br />

für <strong>Nordzucker</strong> vollkommen neues<br />

Konzept in sehr kurzer Zeit realisiert.<br />

Mittlerweile läuft die Fabrik stabil auf<br />

hohem Niveau, so dass die anfangs<br />

erlittenen Minderverarbeitungsmengen<br />

weitestgehend kompensiert werden<br />

können. Trotzdem wird die anfängliche<br />

Verzögerung und insbesondere der<br />

erhebliche Rübenertragszuwachs von<br />

rund 40.000 Tonnen das Kampagneende<br />

bis in den Januar hinein verschieben.<br />

Die Gesamtrübenverarbeitungsmenge<br />

in Polen, Ungarn und der Slowakei<br />

beträgt rund 2,9 Millionen Tonnen<br />

Rüben, die zu insgesamt etwa 420.000<br />

Tonnen Zucker verarbeitet werden.<br />

In allen Ländern werden 100 Prozent<br />

der Rüben per Spedition angeliefert<br />

und damit entsprechend zu 100 Prozent<br />

vorgereinigt. Die Rübenanfuhr erfolgt<br />

überwiegend mit rückwärtskippenden<br />

Muldenkippern, um den Anforderungen<br />

eines trockenen Rübenhofes gerecht<br />

zu werden. In diesem Zusammenhang<br />

<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Rübe I 15<br />

In den drei Ländern Polen, Slowakei und Ungarn<br />

werden 100 Prozent der Rüben am Feldrand mit<br />

Verladebändern oder mit einer Maus vorgereinigt.<br />

Das linke Bild zeigt die neue GeBo Maus, von der<br />

Gerätebau Bottmersdorf (oben).<br />

Die Rübentransporte erfolgen überwiegend mit<br />

modernen rückwärts kippenden Muldenkippern<br />

(unten).<br />

ist der umgestaltete Rübenhof in<br />

Szolnok, Ungarn, zu erwähnen, der<br />

mit geringen Investitionen umgerüstet<br />

wurde. Auf Grund seiner geringen<br />

Kapazität gelangt die Rübe ohne große<br />

Lagerverweildauer nahezu direkt vom<br />

Feldrand zur Verarbeitung. ■<br />

Kampagneerwartung 2005 – Polen, Slowakei und Ungarn (Stand: 10.<strong>11</strong>.05)<br />

Rübenerzeugung<br />

PL SK HU <strong>Nordzucker</strong> Int.<br />

Anzahl Anbauer 5.537 127 261 5.925<br />

Anbaufläche<br />

pro Betrieb ha 4,1 93,4 79,0 9,3<br />

Anbaufläche ha 22.596 <strong>11</strong>.864 20.627 55.087<br />

Ertrag t/ha 46,7 53,5 58,8 52,7<br />

Rübenmenge t 1.055000 635.000 1.212.000 2.902.000<br />

Polarisation % 18 16,5 15,7 16,7<br />

Zuckerertrag t/ha 8,4 8,8 9,2 8,8<br />

Rübenverarbeitung<br />

und Zuckererzeugung<br />

PL SK HU <strong>Nordzucker</strong> Int.<br />

Verarbeitung t 1.055.000 635.000 1.212.000 2.902.000<br />

Tato t/d <strong>11</strong>.500 5.250 <strong>11</strong>.800 28.550<br />

Kampagne d 92 122 102 102<br />

Kampagne-Beginn 16. Sep. 9. Sep. 13. Sep. 9. Sep.<br />

Kampagne-Ende 18. Dez. 7. Jan. 1. Jan. 7. Jan.


16 I Rübe I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />

„Schneller besser werden!“<br />

Ein Betrieb aus dem nördlichen Vorharzgebiet stellt sich vor<br />

Der Betrieb mit 95 Hektar landwirtschaftlicher<br />

Nutzfläche liegt am nördlichen<br />

Rand des Harzes. Betriebsleiter<br />

Friedrich-Wilhelm Gehlhar hat von<br />

seinem Vater den Betrieb 1986 mit<br />

Schulte: Die Böden im Vorharzgebiet<br />

können stark schwanken. Wie haben<br />

Sie die Fruchtfolge abgestimmt?<br />

Gehlhar: Auf den besseren Böden wird<br />

die Zuckerrübe dreijährig angebaut.<br />

Sie hat einen Fruchtanteil von gut zwölf<br />

Prozent in meinem Betrieb. Winterweizen,<br />

oder auch mal Wintergerste,<br />

stehen zwischen den Rüben. Auf den<br />

nicht so guten Standorten steht der<br />

Raps in der Fruchtfolge mit Winterweizen<br />

oder Wintergerste. Diese Fruchtfolge<br />

erfolgt auch schon mal vierjährig.<br />

Den Raps in eine Rübenfruchtfolge zu<br />

integrieren ist nicht das Problem. Er<br />

wird zukünftig ohnehin einen größeren<br />

Anteil einnehmen.<br />

Schulte: Der Betrieb hat in der<br />

Vergangenheit einige Veränderungen<br />

mitgemacht. Welche hatte entscheidenden<br />

Einfluss auf die Entwicklung?<br />

Gehlhar: Ab 1984 habe ich mit einem<br />

120 Hektar Betrieb zusammengearbeitet.<br />

Ich habe meine Arbeitskraft eingebracht,<br />

der andere Betrieb das Maschinenkapital.<br />

Im eigenen Betrieb ist der Maschinenbesatz<br />

folglich auf ein Minimum<br />

abgebaut worden. Bis 1990 haben wir<br />

so 150 ha bewirtschaftet. Nach Flächenzupacht<br />

habe ich seit 1991 zu meinem<br />

landwirtschaftlichen einen Gewerbebetrieb<br />

gegründet, der sämtliche für<br />

unsere Region typischen Ackerarbeiten<br />

anbietet. Nur das Roden der Rüben ist<br />

bis heute nicht im Programm. Bei<br />

Bedarf kaufe ich aus dem Gewerbebetrieb<br />

notwendige Arbeiten für meinen<br />

31 Hektar Eigenfläche übernommen.<br />

Heute bewirtschaftet er 95 Hektar<br />

und der Anteil der Pachtfläche liegt<br />

bei 36 Prozent. Der Hof außerhalb<br />

des Ortes Vienenburg, verfügt über<br />

landwirtschaftlichen Betrieb als<br />

Dienstleistung zu.<br />

Zusätzlich wird aus diesem Bereich<br />

Lohnarbeit das Laden und Reinigen,<br />

der Transport und die Mietenpflege<br />

von Zuckerrüben bedient. Mit der<br />

Tätigkeit Laden und Reinigen habe ich<br />

1991 begonnen, seit 1998 betreibe ich<br />

eine Rübenmaus für diese Arbeiten, die<br />

in der letzten Kampagne rund 100.000<br />

Tonnen Rüben verladen hat. 2004<br />

habe ich als Dienstleister mit der<br />

mechanisierten Mietenpflege begonnen.<br />

Ich sehe in diesen beiden Bereichen<br />

die Notwendigkeit eines dynamischen<br />

Wachstums, um alle Forderungen<br />

bedienen zu können. Durch steigende<br />

Energiekosten fordere ich auf der<br />

einen Seite eine höhere Vergütung für<br />

meine Dienstleistung. Auf der anderen<br />

Seite deuten aber alle Zeichen auf<br />

einen geringeren Vergütungssatz hin.<br />

Wenn ich weiterhin einen Überschuss<br />

erwirtschaften will, muss ich die<br />

Kosten reduzieren. Das Motto heißt:<br />

„Schneller besser werden.“ Die Verschmelzung<br />

mit anderen Lade- und<br />

Reinigungsgruppen ist durch abnehmende<br />

Rübenmengen im Gespräch und<br />

notwendig. In diesem Geschäft schätze<br />

ich die Zusammenarbeit mit <strong>Nordzucker</strong><br />

als einem verlässlichen Partner.<br />

Schulte: Sie führen einen landwirtschaftlichen<br />

Betrieb und einen<br />

Lohnbetrieb. Wie ist die Ausstattung<br />

mit Arbeitskräften?<br />

Gehlhar: Für den landwirtschaftlichen<br />

Matthias Schulte,<br />

Rübenmanagement<br />

Werk Schladen<br />

eine gute Infrastruktur. 35 Hektar des<br />

Betriebes sind in arrondierter Lage.<br />

Die Autobahn liegt nur zwei Kilometer<br />

entfernt, die Pachtflächen liegen in einer<br />

Entfernung von 13 und 40 Kilometer.<br />

Betriebsleiter Friedrich-Wilhelm Gehlhar mit seiner<br />

Tochter Sabine<br />

Als Betriebsleiter ist der praktische Einsatz auf dem<br />

Schlepper noch Tagesgeschäft<br />

Öffentlichkeitsarbeit hat einen hohen Stellenwert:<br />

Vorstellung der Verlademaus vor Personen aus<br />

Behörden und Ämtern


Betrieb stehe ich mit meiner Arbeitskraft<br />

als Betriebsleiter, wobei mich meine<br />

Frau im Büro tatkräftig unterstützt. Für<br />

die Dienstleistungen habe ich zwei<br />

ständige Mitarbeiter und zusätzliche<br />

Saisonkräfte. Die Mitarbeiter kommen<br />

vorwiegend aus der Landwirtschaft und<br />

sind vielseitig qualifiziert. Nicht nur<br />

das, sie sind auch interessiert an der<br />

Entwicklung in der Landwirtschaft und<br />

an der meines Betriebes.<br />

Schulte: Ihr Einkommen stammt<br />

nicht nur aus Ihrem landwirtschaftlichen<br />

Betrieb. Welche weiteren<br />

Einkommen haben Sie?<br />

Gehlhar: Im letzten Jahr bin ich in die<br />

Stromerzeugung aus Sonnenlicht eingestiegen.<br />

Ich möchte mehr und mehr<br />

zu einem Energiewirt werden, denn<br />

ich glaube, dass darin für mich eine<br />

betriebliche Chance liegt. Natürlich<br />

zählt die Dividende von <strong>Nordzucker</strong><br />

auch zu meinem Einkommen. Leider<br />

hat sie innerhalb meines Betriebes nur<br />

einen eher geringen ökonomischen<br />

Stellenwert. Aber die Kapitalverzinsung<br />

ist zurzeit recht gut.<br />

Schulte: Die Maschinenkosten sind<br />

ein wichtiger Teil der Arbeitserledigungskosten.<br />

Wie halten Sie diese<br />

Kosten niedrig?<br />

Gehlhar: Im landwirtschaftlichen<br />

Betrieb habe ich nur noch einen 95-<br />

PS-Schlepper. Drei weitere Schlepper<br />

stehen als Dienstleistung zur Verfügung<br />

und werden nach Bedarf „zugekauft“.<br />

Ziel ist es, eine Schlepperauslastung<br />

von 1000 Stunden pro Jahr zu erreichen.<br />

Das ist sehr viel und nicht leicht<br />

in der Umsetzung. Der Mähdrusch<br />

und der Pflanzenschutz werden zu 100<br />

Prozent als Dienstleistung zugekauft.<br />

Bei der Bodenbearbeitung werden Teilarbeiten<br />

aus dem landwirtschaftlichen<br />

Betrieb erledigt. Der Transport von<br />

Getreide und Zuckerrüben wird nach<br />

Bedarf als Dienstleistung für den Betrieb<br />

durchgeführt. Bei allen Tätigkeiten und<br />

Maßnahmen muss die Rentabilität<br />

gewährleistet sein.<br />

Schulte: Wie können die Betriebsmittelkosten<br />

zu einer Rentabilität<br />

beitragen?<br />

Gehlhar: Ich kaufe Betriebsmittel<br />

alleine ein. Ich nutze viele Informationsquellen,<br />

nicht zuletzt auch das Internet.<br />

Jedoch ist der niedrigste Preis am Ende<br />

nicht immer der beste. Mir sind zuverlässige<br />

Partnerschaften wichtig. Bei den<br />

Treibstoffen für meine Maschinen habe<br />

ich im letzten Jahr auf Pflanzenöl umgestellt,<br />

um Kosten zu sparen. Jedoch<br />

erreiche ich die höchsten Einspareffekte<br />

im Ackerbau über eine Vergrößerung<br />

der Flächeneinheiten. Darüber können<br />

die Arbeitserledigungskosten am besten<br />

gesenkt werden.<br />

Schulte: Zwei Betriebe zu führen<br />

bedarf sicher einer guten Organisation.<br />

Wie schätzen Sie den Zeitbedarf<br />

dafür ein und welche Instrumente<br />

nutzen Sie zur Unterstützung?<br />

Gehlhar: Die Anforderungen an die<br />

Organisation und das Management<br />

haben in der Vergangenheit deutlich<br />

zugenommen. Die Zeit am Schreibtisch<br />

ist länger geworden und ich müsste<br />

noch mehr Zeit daran verbringen. In<br />

<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Rübe I 17<br />

Zukunft wird sich das kaum vermeiden<br />

lassen. Über den Beratungsring stehe<br />

ich in ständigem Austausch mit dem<br />

Berater und anderen Betrieben. Die<br />

Kennzahlen des Betriebes werden fortlaufend<br />

kontrolliert und verglichen.<br />

Informationen beziehe ich aber auch<br />

aus Fachzeitschriften und dem Internet.<br />

Diese Informationen und der<br />

Austausch mit Berufskollegen sind<br />

wichtig für die Bewältigung der zukünftigen<br />

Aufgaben. Die Arbeit auf den<br />

Betrieben muss organisiert werden.<br />

Dabei stellt die umweltgerechte Produktion<br />

innerhalb der Landwirtschaft, die<br />

konform mit den Cross Compliance-<br />

Auflagen gehen muss, eine wachsende<br />

Herausforderung dar. Die Erfolgsparameter<br />

müssen unter diesen Auflagen<br />

ständig beobachtet werden. Eine<br />

Zertifizierung des Betriebes in naher<br />

Zukunft ist kaum zu vermeiden.<br />

Schulte: Auch <strong>Nordzucker</strong> muss sich<br />

entwickeln. Welche Erwartungen<br />

haben Sie für Ihren Betrieb?<br />

Gehlhar: Weiterhin ein gutes Rübengeld<br />

und eine Dividende zu bekommen.<br />

Das ist das Hauptziel für meinen<br />

Betrieb. Eine Standortsicherheit für<br />

diese Region, damit die Dienstleistungen<br />

leichter in landwirtschaftlicher Hand<br />

bleiben können. Wenn sie dann noch<br />

wirtschaftlich vertretbar und fair entlohnt<br />

werden, kann ich durch die Rübe<br />

einen positiven Beitrag für meinen<br />

Betrieb erwirtschaften.<br />

Schulte: Vielen Dank für Ihre<br />

Ausführungen und noch einen guten<br />

Verlauf der Kampagne.<br />


18 I Rübe I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />

Ertragspotenziale im Anbaugebiet<br />

der <strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong><br />

Erträge steigern, Kosten senken<br />

Um auch zukünftig im Rübenanbau<br />

erfolgreich zu sein, müssen im wesentlichen<br />

zwei Punkte realisiert werden:<br />

Erträge steigern, Kosten senken.<br />

Bei den Möglichkeiten zur Kostensenkung<br />

ist vor allem der Bereich Arbeitserledigung<br />

zu beachten. In erster Linie<br />

führen strukturelle Maßnahmen zu<br />

Verbesserungen. Es lassen sich allerdings<br />

zwischen den Betrieben sehr<br />

hohe Schwankungen feststellen. Das<br />

gilt auch für die Erträge, die sich in<br />

einer sehr großen Spanne bewegen,<br />

wie nordzuckerweite Auswertungen<br />

durch das Rübenmanagement national<br />

belegen.<br />

Ertragsgruppen<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Verteilung Landwirte/Ertragsgruppen in %*<br />

Rübenmenge in den Ertragsgruppen in %<br />

38<br />

28<br />

< 9 t/ha<br />

* Exakte Definition ist Anzahl Anbaustandorte (Astos),<br />

da ein Landwirt in einer Statistik mehrfach genannt sein kann.<br />

55<br />

Die nebenstehende Abbildung zeigt,<br />

dass die Ertragsunterschiede im Zuckerertrag<br />

innerhalb eines Naturraumes<br />

größer sind als zwischen den Naturräumen.<br />

Unter Naturräumen sind Gebiete<br />

zu verstehen, die in Bezug auf Klima<br />

und Boden weitestgehend homogen<br />

sind. Die Auswertung zeigt, dass die<br />

besten 25 Prozent der Landwirte einen<br />

Zuckerertrag von nahezu 13 Tonnen<br />

pro Hektar erreichen, und somit der<br />

Weg zur Rübe mit 15 Tonnen pro<br />

64<br />

9-12 t/ha<br />

7<br />

8<br />

>12 t/ha<br />

Hektar Zuckerertrag – zumindest in<br />

dieser Region – gar nicht mehr so weit<br />

ist. Der Unterschied zwischen den<br />

Naturräumen ist deutlich geringer und<br />

beträgt nur rund 1,25 Tonnen pro<br />

Hektar. Fazit: Nicht nur der Standort<br />

ist entscheidend, sondern vor allem<br />

das Know-how des Landwirts. Die Analyse<br />

über alle <strong>Nordzucker</strong>-Rübenanbauer<br />

zeigt die Anzahl der Landwirte<br />

und die Rübenmenge, die sich in einzelnen<br />

Ertragsgruppen wieder finden:<br />

• Betriebe mit Zuckerertrag über zwölf<br />

Tonnen pro Hektar (potentielle<br />

Zukunftsbetriebe)<br />

• Betriebe mit Zuckerertrag von neun<br />

bis zwölf Tonnen pro Hektar<br />

(Zukunft dieser Rübenbaubetriebe<br />

hängt von Ertragssteigerung und<br />

Kostenstruktur ab)<br />

• Betriebe mit Zuckerertrag unter<br />

neun Tonnen pro Hektar (bei ungünstigen<br />

Kostenstrukturen haben<br />

diese Betriebe zukünftig vermutlich<br />

große Probleme)<br />

Nur sieben Prozent der Landwirte<br />

haben im Mittel der Jahre von 2002<br />

bis 2004 über zwölf Tonnen pro<br />

Hektar Zuckerertrag geerntet, dagegen<br />

liegen 38 Prozent aller Betriebe unter<br />

neun Tonnen pro Hektar.<br />

Sieben Prozent der Landwirte, die mehr<br />

als zwölf Tonnen pro Hektar ernten,<br />

Dr. Andreas Windt,<br />

Rübenmanagement<br />

Werk Wierthe<br />

produzieren acht Prozent der<br />

Rübenmenge. Somit ist der prozentuale<br />

Anteil fast deckungsgleich. Dagegen<br />

gibt es große Unterschiede im Bereich<br />

unter neun Tonnen pro Hektar:<br />

Während 38 Prozent der Landwirte in<br />

diesem Bereich liegen, verbergen sich<br />

dahinter nur 28 Prozent der Rüben.<br />

Dies bedeutet, dass in diesem Segment<br />

offensichtlich eine beträchtliche<br />

Anzahl von Betrieben mit einer geringen<br />

Anbaufläche liegt. Insbesondere<br />

dort, wo die Rübe heute schon eine<br />

geringe Bedeutung im Betrieb hat und<br />

gleichzeitig niedrige Zuckererträge<br />

erzielt werden, muss über den zukünftigen<br />

Rübenanbau kritisch nachgedacht<br />

werden!<br />

Fazit: Auf allen Betrieben müssen<br />

Anstrengungen unternommen werden,<br />

die Zuckererträge weiter zu steigern.<br />

Dieses gilt auch für die Betriebe, die<br />

heute schon mehr als zwölf Tonnen<br />

Zucker pro Hektar ernten. Die große<br />

Zahl der Betriebe, die zwischen neun<br />

und zwölf Tonnen Zucker pro Hektar<br />

ernten, müssen zukünftig die Erträge<br />

steigern und zum anderen die Kosten<br />

senken. Sollte der Rübenanbau unter<br />

zukünftigen Rahmenbedingungen<br />

nicht wirtschaftlich sein, so muss auch<br />

über einen Ausstieg aus der Rübenproduktion<br />

nachgedacht werden. ■<br />

Vergleich der Zuckererträge in Naturräumen (in t/ha) 2004<br />

Durchschnitt Beste 25 % Schlechteste 25 %<br />

Differenz: Zwischen den Naturräumen: 1,25 t/ha In den Naturräumen: 4,28 t/ha<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Rethen Ambergau<br />

Leine-<br />

Weser<br />

Nordstemmen<br />

Gronau-<br />

Alfeld Einbeck<br />

Bad Gandersheim<br />

Göttingen<br />

Gieboldehausen<br />

Kassel<br />

12,93<br />

8,65<br />

Durchschnitt<br />

10,85


Male Karpaty – nicht nur der Veltliner<br />

gedeiht in den kleinen Karpaten<br />

Starke Regionen bei <strong>Nordzucker</strong><br />

und was sie auszeichnet<br />

In <strong>Akzente</strong> 1/2005 haben wir mit einer<br />

Portraitreihe starker Anbauregionen im<br />

Einzugsgebiet der <strong>Nordzucker</strong> begonnen.<br />

In dieser Ausgabe stellen wir die<br />

Region Male Karpaty (kleine Karpaten)<br />

in der Slowakei vor.<br />

Rund 70 Kilometer südöstlich vom<br />

slowakischen Werk Trencianska Tepla<br />

liegt die Anbauregion Male Karpaty<br />

(kleine Karpaten). In diesem Gebiet<br />

werden im weitläufigen Tal der „Vah“<br />

rund 2.000 Hektar Rüben von 22 Betrieben<br />

angebaut. Die durchschnittliche<br />

Rübenanbaufläche beträgt 92 Hektar.<br />

Die Betriebe bewirtschaften eine<br />

durchschnittliche Gesamtbetriebsfläche<br />

von etwa 1.300 Hektar und sind als<br />

Agrargenossenschaften organisiert. Es<br />

handelt sich um Gemischtbetriebe, die<br />

neben dem Acker- und Feldfutterbau<br />

auch Tierproduktion betreiben.<br />

Besonders sympathisch macht die<br />

Region der in den Talrandlagen verbreitete<br />

Weinanbau. Wohlschmeckende<br />

Weißweine wie der Veltliner, der<br />

Silvaner oder der Riesling machen<br />

der Region alle Ehre.<br />

Ein Ackerbaugebiet mit Potenzial<br />

Die natürlichen Voraussetzungen für<br />

den Ackerbau mit fruchtbaren Braunerden<br />

aus Löss und einem mittleren<br />

Jahresniederschlag von rund 620 Milli-<br />

<strong>Nordzucker</strong>-Anbaugebiete Slowakei<br />

Trnava<br />

Trencianska Tepla<br />

metern sind hervorragend. Allerdings<br />

sind aufgrund der schlechten produktionstechnischen<br />

Voraussetzungen,<br />

bedingt durch die geschichtliche Entwicklung,<br />

noch im Jahr 2000 nur 34<br />

Tonnen Rüben pro Hektar mit einem<br />

Zuckergehalt von 15,6 Prozent geerntet<br />

worden. Durch enorme Umstellungen<br />

in der Produktionstechnik in Verbindung<br />

mit großen Investitionen im<br />

Bereich der Sä-, Bodenbearbeitungs-<br />

und Erntetechnik konnten im Jahr<br />

2004 bereits 47 Tonnen pro Hektar<br />

mit 17,6 Prozent Zuckergehalt erzielt<br />

werden. In 2005 liegt die Ertragserwartung<br />

bei 54 Tonnen pro Hektar<br />

und 16,5 Prozent Zuckergehalt.<br />

Volle Nutzung der Vegetationszeit<br />

bei ausgefeilter Produktionstechnik<br />

In der Region Male Karpaty beginnt<br />

die Aussaat möglichst früh, etwa ab<br />

20. März jeden Jahres. Von der gesamten<br />

Saatfläche werden mit steigender<br />

Tendenz etwa 35 Prozent in Mulchsaat<br />

und 65 Prozent konventionell nach<br />

Pflugfurche bestellt. Dabei zeigen die<br />

Erfahrungen mit der Mulchsaat eine<br />

Wasserersparnis, die im typischerweise<br />

trockenen Monat Juli den Rüben zu<br />

Gute kommt. Die Ertragsschwankungen<br />

zwischen den Jahren haben sich<br />

auf diesen Flächen deutlich reduziert.<br />

Die mineralische Düngung wird an die<br />

vorhandenen Nährstoffgehalte der<br />

Böden angepasst, jede Fläche wird<br />

nach der EUF-Methode analysiert. Im<br />

Mittel beträgt die Stickstoffdüngung<br />

75 Kilogramm Stickstoff (N) pro Hektar.<br />

Auch die Unkrautbekämpfung wurde<br />

konsequent an die auflaufende Unkrautflora<br />

angepasst. Prophylaktische<br />

Maßnahmen im Vorauflauf gehören<br />

nahezu der Geschichte an.<br />

<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Rübe I 19<br />

Dr. Ulf Wegener,<br />

Rübenmanagement<br />

International<br />

Nach flacher Saatbettbereitung erfolgt die Zuckerrübenaussaat<br />

mit moderner Drilltechnik<br />

Um das Zuckergehaltsniveau zu steigern,<br />

werden ausschließlich rizomaniatolerante<br />

zuckergehaltsbetonte Sortentypen (Z-<br />

und NZ-Sorten) angebaut. Das Saatgut<br />

ist zu 100 Prozent mit Montur gebeizt.<br />

Entwicklung von Rübenertrag und Zuckergehalt<br />

in der Region Male Karpaty<br />

Rübenertrag (t/ha) Zuckergehalt (%)<br />

*Schätzung<br />

t/ha<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

0<br />

50<br />

45<br />

15,6 15 15,5<br />

34<br />

16,8<br />

40<br />

2000 2001 2002 2003 2004<br />

%<br />

54*<br />

20<br />

47 17,6<br />

16,5*<br />

15<br />

2005<br />

In der Infektionszeit ab Ende Juni wird<br />

die Entwicklung der relevanten Blattkrankheiten<br />

intensiv beobachtet, um<br />

termingerecht Bekämpfungsmaßnahmen<br />

vorzunehmen. In diesem Zusammenhang<br />

hat sich die Warnung der<br />

Betriebe über zentral verschickte SMS<br />

bewährt.<br />

Entscheidend auf dem Weg der Ertragssteigerung<br />

war aber auch die Reduzierung<br />

der Ernteverluste. Dazu wurde<br />

die sechsreihige Rodung im Umfang<br />

deutlich ausgebaut. Mittlerweile wird<br />

nahezu die gesamte Fläche mit modernen<br />

sechsreihigen Rodesystemen<br />

geerntet. u<br />

10<br />

5<br />

0


20 I Rübe I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />

Die erreichte durchschnittliche Bestandes dichte<br />

von 91.000 Pfl anzen pro Hektar ist die<br />

Grund lage für hohe Erträge bei guter Qualität<br />

Alle Rüben werden vorgereinigt und<br />

mit LKW zur Fabrik transportiert. Im<br />

Vergleich mit den noch im letzten Jahr<br />

anteilig praktizierten Bahntransporten<br />

entfallen somit die doppelte Verladung<br />

und die damit erhöhten Verlustquellen.<br />

Fazit<br />

In den letzten Jahren haben die Betriebe<br />

im Gebiet Male Karpaty enorme<br />

Energie in die Entwicklung einer mit<br />

westeuropäischem Niveau ver gleich -<br />

Winterveranstaltungen 2006 (Stand November 2005)<br />

baren Rentabilität beim Rüben anbau<br />

gesteckt. Flexibilität und die Fähigkeit<br />

zur Integration von innovativen Verfahren<br />

in die praktizierten Betriebsabläufe<br />

zeichnen die Betriebsleiter aus.<br />

Auf der Basis der dokumentierten<br />

Leistungs- und Kostenanalysen in<br />

Verbindung mit den natürlichen und<br />

strukturellen Voraussetzungen sehen<br />

sich die Betriebe für die Herausforderungen<br />

der Zukunft gut aufgestellt.<br />

■<br />

Tag Datum Uhrzeit Veranstaltungsort Verband<br />

Mi. 25.01. 9:00<br />

9:00<br />

14:00<br />

Meine, Gemeindezentrum, Neue Straße<br />

Sternberg, Seehotel, Johannes-Dörwald-Allee 4<br />

Upahl, Gaststätte Dubbe, Hauptstr. 32<br />

ZAV Nds.-Ost<br />

ZAV Güstrow<br />

ZAV Güstrow<br />

Do. 26.01. 14:00 Wunstorf, Hotel Wehrmann, Kolenfelder Str. 86 ZAV Nds.-Mitte<br />

Fr. 27.01. 9:00<br />

14:00<br />

9:00<br />

14:00<br />

Mo. 30.01. 9:00<br />

14:00<br />

9:00<br />

14:00<br />

Di. 31.01. 9:00<br />

14:00<br />

9:00<br />

14:00<br />

Mi. 01.02. 9:00<br />

14:00<br />

9:30<br />

14:00<br />

Do. 02.02. 9:00<br />

14:00<br />

9:00<br />

14:00<br />

Fr. 03.02. 9:00<br />

14:00<br />

9:00<br />

14:00<br />

Mo. 06.02. 9:00<br />

14:00<br />

9:30<br />

Di. 07.02. 9:00<br />

14:00<br />

9:00<br />

Mi. 08.02. 9:00<br />

14:00<br />

Clauen, Zuckerfabrik (südlicher Bereich)<br />

Clauen, Zuckerfabrik (nördlicher Bereich)<br />

Stendal, Rathaus, Markt 1<br />

Winterfeld, Rasthaus Wieseneck, Dorfstr. 7<br />

Salzgitter-Bad, Ratskeller, Marktplatz 10<br />

Schladen, Zuckerfabrik (westlicher Bereich)<br />

Satrup, Satrup-Krog, Glücksburger Str. 1<br />

Jevenstedt, Möhl´s Gasthof, Dorfstr. 12<br />

Bönnien, Gasthaus Maas, Störyer Str. 8<br />

Nordstemmen, Zuckerfabrik (nördlicher Bereich)<br />

Breitenfelde, Siemers Gasthof, Dorfstr. 21<br />

Bosau, Gasthaus Frohsinn, Bischof-Vicelin-Damm<br />

Bornum, Lindenhof, Im Winkel 23<br />

Wierthe, Zuckerfabrik<br />

Lockstedt, Zur Erholung, Dorfstr. 24<br />

Meldorf, Zur Erheiterung, Rosenstr. 6<br />

Nienburg-Holtorf, Krügerhof, Landstr. 26<br />

Walsrode, Forellenhof, Hünzingen<br />

Halberstadt, Bildungs-/Gesundheitszentr., Kirschallee 6<br />

Hundisburg, Landesforst „Haus des Waldes“, Schloss<br />

Stederdorf, Hotel Schönau, Peiner Str. 17<br />

Schladen, Zuckerfabrik (östlicher Bereich)<br />

Bergen, Stadthaus, Lange Str. 1<br />

Gr. Oesingen, Gasthaus Zur Linde, Hauptstr. 15<br />

Northeim, Stadthalle, Grafenhof 7<br />

Gieboldehausen, Niedersachsenhof, Am Schützenpl. 1<br />

Ahlerstedt, Schützenhof Bockelmann, Stader Str. 2<br />

Rheden, Ebelings Gaststätte, Am Thie 3<br />

Nordstemmen, Zuckerfabrik (südlicher Bereich)<br />

Uelzen, Stadthalle, An der Zuckerfabrik 1<br />

Lüchow, Ratskeller, Lange Str. 56<br />

Deutsch Evern, Haus Niedersachsen, Bahnhof 1<br />

ZAV Nds.-Mitte<br />

ZAV Nds.-Mitte<br />

ZAV Magdeburg<br />

ZAV Güstrow<br />

ZAV Nds.-Mitte<br />

ZAV Nds.-Mitte<br />

ZAV Schl.-Holstein<br />

ZAV Schl.-Holstein<br />

ZAV Nds.-Mitte<br />

ZAV Nds.-Mitte<br />

ZAV Schl.-Holstein<br />

ZAV Schl.-Holstein<br />

ZAV Nds.-Ost<br />

ZAV Nds.-Mitte<br />

ZAV Schl.-Holstein<br />

ZAV Schl.-Holstein<br />

ZAV Nds.-Mitte<br />

ZAV Nds.-Mitte, RAN<br />

ZAV Magdeburg<br />

ZAV Magdeburg<br />

ZAV Nds.-Mitte<br />

ZAV Nds.-Ost<br />

RAN<br />

RAN<br />

ZAV Südnds.<br />

ZAV Südnds.<br />

RAN<br />

ZAV Südnds.<br />

ZAV Südnds.<br />

RAN<br />

RAN<br />

RAN


Dicksaft schont das Budget<br />

Im slowakischen Werk Tepla läuft die erste<br />

<strong>Nordzucker</strong>-Dicksaftkampagne<br />

Wie die Rübenmenge von bisher zwei<br />

Zuckerfabriken Budget schonend an<br />

einem Standort verarbeitet werden<br />

kann, lässt sich derzeit im Werk Tepla<br />

der <strong>Nordzucker</strong>-Tochter Povazský<br />

Cukor a.s. in Trencianska Teplá studieren.<br />

Mit Beginn der diesjährigen<br />

Rübenkampagne am 9. September<br />

2005 starteten die Ingenieure die erste<br />

Dicksaftkampagne in dem slowakischen<br />

Werk. Premiere auch für <strong>Nordzucker</strong>.<br />

Die parallele Produktion von Zucker<br />

und Dicksaft wird bisher dank ausreichender<br />

Lager- und Produktionskapazitäten<br />

in keinem der übrigen<br />

zwölf <strong>Nordzucker</strong>werke praktiziert.<br />

Bereits bei der Übernahme der vier<br />

Zuckerfabrikation in Trencianska Teplá<br />

und Trnava durch <strong>Nordzucker</strong> im Jahr<br />

1998 stand fest, die Rübenverarbeitung<br />

perspektivisch an einem Standort zu<br />

konzentrieren. Obwohl Teplá mit einer<br />

Verarbeitungskapazität von 2.200<br />

Tonnen Rüben pro Kampagnetag die<br />

kleinere Fabrik war, bekam sie aufgrund<br />

der deutlich günstigeren Lage<br />

den Zuschlag für den Ausbau. Das vorhandene<br />

Zuckerhaus hatte bereits eine<br />

größere Kapazität und wurde in mehreren<br />

Stufen modernisiert. Die Zuckerhausleistung<br />

von 4000 Tonnen pro Tag<br />

reichte aber nicht, um die gesamte<br />

Rübenmenge des rund 80 Kilometer<br />

südwestlich gelegenen Werks Trnava<br />

zu verarbeiten.<br />

Der Tank ist günstiger als das Silo<br />

„Die Lücke zwischen Zuckerhauskapazität<br />

und Vorderbetrieb, der für 5.700<br />

Tonnen Rüben pro Tag ausgebaut<br />

wurde, füllt seit dieser Kampagne der<br />

Dicksafttank“, erläutert Werner Küster.<br />

„Der Tank zur Einlagerung von Dicksaft<br />

als Zwischenprodukt ist um die<br />

Hälfte günstiger als der Bau entsprechender<br />

Silokapazitäten für Zucker“,<br />

rechnet Küster vor. „Außerdem erspart<br />

uns die parallele Produktion von Zucker<br />

und Dicksaft erhebliche zusätzliche<br />

Investitionen im Zuckerhaus.“ Als Nachteil<br />

der Dicksaftproduktion nennt er<br />

einen insgesamt höheren Energieverbrauch.<br />

Der neue Tank im Werk Tepla<br />

fasst Dicksaft für die zeitversetzte Gewinnung<br />

von rund 30.000 Tonnen Zucker.<br />

Noch eine Premiere: (Dicksaft-)<br />

Kampagne nach Ostern<br />

Eine zweite Premiere steht den 174<br />

Mitarbeitern im Werk Tepla noch bevor:<br />

2006 wird der Fabriksschornstein zum<br />

ersten Mal in der 105-jährigen<br />

Geschichte der Fabrik nicht nur im<br />

Herbst, sondern auch nach Ostern bis<br />

in den Mai dampfen. Dann nämlich,<br />

wenn wieder Platz ist in den Silos für<br />

den Zucker, der aus dem zwischengelagerten<br />

Dicksaft gewonnen wird.<br />

sdp<br />

<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Markt und Kunde I 21<br />

Der Dicksafttank im Werk Tepla sparte erhebliche Investitionen bei der Konzentration der Rübenverarbeitung<br />

von zwei auf einen Standort.<br />

Dicksaft ist der auf ca. 70 - 75 Prozent Trockensubstanz<br />

eingedickte, gereinigte Zuckersaft.<br />

Er entsteht am Ende der Verdampfstation bevor<br />

die eigentliche Kristallisation des Zuckers in den<br />

Kochapparaten im Zuckerhaus folgt.


22 I<br />

Markt und Kunde I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />

Zucker könnte künftig knapp werden<br />

Zucker-Weltmarkt: Das unbekannte Wesen<br />

In kaum einer der vielfältigen Diskussionen<br />

oder Abhandlungen zum europäischen<br />

Zuckermarkt wird der Bezug<br />

auf den „Weltzuckermarkt“ fehlen, meist<br />

als Hinweis auf die positive, offene,<br />

faire, wettbewerbsorientierte Alternative<br />

zum angeblich dirigistischen, protektionistischen<br />

und zutiefst unfairen<br />

System der EU-Marktordnungen. Insbesondere<br />

wird unterstellt, der Weltmarkt<br />

verkörpere sozusagen die realen<br />

Verhältnisse, während innerhalb der<br />

EU ein „künstlicher“ Markt aufrechterhalten<br />

werde, der natürlich insbesondere<br />

die Zucker-Verbraucher von den<br />

Segnungen des freien Welthandels<br />

ausschließe.<br />

Kleiner als er klingt<br />

Was ist das also, der Welt-Zuckermarkt?<br />

Dazu zunächst ein paar Zahlen: Weltweit<br />

werden zurzeit knapp 150 Millionen<br />

Tonnen Zucker produziert, und<br />

auch konsumiert. Allerdings wird der<br />

weitaus größte Teil dieser Menge<br />

innerhalb des Ursprungslandes (oder<br />

einer Ländergruppe) konsumiert, meist<br />

im Rahmen geschützter Binnenmärkte.<br />

Die EU ist das naheliegendste Beispiel,<br />

hier werden bei einer Produktion (EU<br />

25) von knapp 20 Millionen Tonnen<br />

(Weißwert) etwa 16 Millionen Tonnen<br />

EU-intern gehandelt. In Indien wurden<br />

letztes Jahr rund 14 Millionen Tonnen<br />

produziert und im Lande selbst verbraucht.<br />

Brasilien verbraucht über 10<br />

Millionen Tonnen, die Reihe lässt sich<br />

fortsetzen. Zusammengezählt werden<br />

so etwa <strong>11</strong>0 bis 120 Millionen Tonnen<br />

Zucker in Binnenmärkten hergestellt<br />

und verbraucht. Lediglich der Rest<br />

macht das aus, was man üblicherweise<br />

als den „Weltmarkt“ bezeichnet, ob er<br />

diesen Namen zu Recht trägt, kann<br />

jeder selbst beurteilen.<br />

Viel beschworen:<br />

Der Weltmarktpreis für Zucker<br />

Mindestens genauso oft wie der<br />

„Weltmarkt“ wird der „Weltmarktpreis“<br />

beschworen, als Ausdruck des „realen“<br />

Wertes von Zucker im Gegensatz zu<br />

den „willkürlichen“ und „natürlich viel<br />

zu hohen“ EU-Preisen.<br />

Da muss man zunächst fragen: welcher<br />

Weltmarktpreis? Der gegenwärtige,<br />

US-$ 280,00 pro Tonne, oder der<br />

von vor vier Wochen, US-$ 314,00?<br />

Oder der Preis von vor einem Jahr, US-$<br />

235,00, oder vor zwei Jahren, US-$<br />

173,00 (alles Weißzucker, in Säcken,<br />

fob gestaut Seehafen). Oder sehen wir<br />

uns die Rohzuckernotierungen an (es<br />

gibt sie schon sehr viel länger als die für<br />

Weißzucker), mit Jahres-Durchschnittswerten<br />

von 1,76 US-cents per lb (= US-<br />

$ 38,80 p. 1.000 kg) in 1966, aber<br />

¢ 29,71 (= US-$ 654,98) in 1974 (mit<br />

¢ 63,76 = US-$ 1.405,60 als höchste<br />

Notierung des Jahres)!<br />

Es ging wild hin und her in den letzten<br />

30 Jahren. Mitte der 70er, und dann<br />

noch mal Anfang der 80er Jahre überstieg<br />

der Weltmarktpreis das EU-Niveau<br />

erheblich, sodass beim Export von EU-<br />

Zucker nichts erstattet, sondern große<br />

Abschöpfungen fällig wurden. Kurz,<br />

die Berufung auf „den Weltmarktpreis“<br />

ist irreführend, und er muss keineswegs<br />

immer so viel niedriger sein, als<br />

zum Beispiel der EU-Preis.<br />

Große Schwankungen<br />

Wie kommt es zu diesen großen Preisschwankungen?<br />

Ganz simpel: durch<br />

Angebot und Nachfrage. Wer fragt<br />

nach, wer bietet auf dem Weltmarkt<br />

an? Die Käufer, etwas schematisch<br />

gesehen, sind die Länder, die keinen<br />

Zucker produzieren (das sind recht<br />

Henning Koch,<br />

August Töpfer & Co KG,<br />

Hamburg<br />

wenige) und die, die Zucker produzieren,<br />

aber weniger als den Eigenbedarf<br />

(das sind recht viele). Die Verkäufer<br />

sind die, die mehr produzieren als sie<br />

verbrauchen. Die einen decken ihren<br />

(Rest-) Bedarf, die anderen „entsorgen“<br />

ihre Überschüsse.<br />

Der Preis richtet sich danach, ob mehr<br />

Bedarf gedeckt oder mehr Überschüsse<br />

entsorgt werden müssen, und das wiederum<br />

danach, was jeweils produziert<br />

und konsumiert wird. Hier aber wirkt<br />

sich das Gefälle zwischen den jeweiligen<br />

Mengen der Welt-Produktion und<br />

des „Weltmarktes“ aus. Eine witterungsbedingte<br />

Einbuße von zwei Prozent<br />

der Gesamterzeugung entspricht drei<br />

Millionen Tonnen – das sind aber 7,5<br />

oder gar 10 Prozent des Angebots auf<br />

dem Weltmarkt. Wenn, wie während<br />

der Asien-Krise, der Verbrauch eines<br />

Marktes für über 50 Millionen Tonnen<br />

um zehn Prozent einbricht, geht dem<br />

Weltmarkt Nachfrage von fünf Millionen<br />

Tonnen, rund 15 Prozent verloren.<br />

Nur ein Viertel des weltweit<br />

erzeugten Zuckers wird auf dem<br />

Weltmarkt gehandelt<br />

Zucker, der auf dem freien Weltmarkt gehandelt wird.<br />

Zucker, der nicht auf dem Weltmarkt verkauft<br />

wird, sondern unter dem Schutz nationaler<br />

Marktregelungen und Handelsabkommen<br />

produziert und gehandelt wird.<br />

ca. 33 Mio. t<br />

23%<br />

ca. 109 Mio. t<br />

77%


Weltzuckererzeugung 2002/2003 und Verbrauch 2001<br />

Angaben in Mio. t Rohwert<br />

24<br />

21<br />

18<br />

15<br />

12<br />

9<br />

6<br />

3<br />

0<br />

Brasilien<br />

Quelle: ISO Sugar Year Book 2002 & Zuckerwirtschaft Europa 2004<br />

Auch bei schlechten Preisen wird<br />

verkauft, weil Lagerung Geld kostet<br />

Genauso fatal ist die geringe Preiselastizität<br />

dieses „Weltmarktes“. Mit<br />

wenigen Ausnahmen verkaufen die<br />

Produzenten den größeren Teil ihrer<br />

Produktion vor ihrer Haustür – in mehr<br />

oder weniger offiziell geschützte Märkte.<br />

Hier verdienen sie ihr Geld. Die Übermengen<br />

gehen in den Export – zu<br />

möglichst guten Preisen, aber auch zu<br />

weniger guten, wenn es nicht anders<br />

geht. Auch bei schlechten Preisen, unter<br />

tatsächlichen Kosten, wird noch verkauft.<br />

Weil die Alternative, die Lagerung, Geld<br />

kostet und auch meist keine Lösung<br />

darstellt, denn die nächste Ernte wächst<br />

schon heran.<br />

Wir haben hier etwas abstrakt von<br />

„Ländern“ als Käufer und Verkäufer<br />

gesprochen. In einigen Fällen sind es<br />

tatsächlich noch die Regierungen, die<br />

über öffentliche Ausschreibungen Roh-<br />

oder Weißzucker kaufen oder verkaufen.<br />

Dagegen gibt es in anderen Ländern<br />

offene Märkte, in denen Händler<br />

dem Produzenten überschüssige Ware<br />

abkaufen und sie an Importeure, aber<br />

auch an Verbraucher wie Abpacker oder<br />

Rohrzucker Zuckerverbrauch Rübenzucker<br />

Brasilien, Thailand und Australien<br />

• nicht AKP<br />

• nicht LDC<br />

• keinerlei Präferenzen<br />

• aber die weltgrößten Überschusshersteller!<br />

Indien EU China USA Thailand Australien Mexiko Pakistan Kuba Südafrika Ukraine Russland<br />

Verarbeiter (zum Beispiel von Süßwaren<br />

oder Erfrischungsgetränken) in Übersee<br />

absetzen. Der sogenannte „Inter-<br />

Operator-Handel“, also der Handel<br />

zwischen zwei europäischen Firmen,<br />

die sonst möglicherweise heftige Konkurrenten<br />

sind, ist seltener geworden.<br />

Zuckerhandel über<br />

Warenterminbörsen<br />

Last not least kann Zucker auch an die<br />

Zucker-Terminbörsen in New York und<br />

in London geliefert, beziehungsweise<br />

von diesen abgenommen werden.<br />

<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Markt und Kunde I 23<br />

Waren-Termin-Börsen haben in der<br />

Öffentlichkeit einen schlechten Ruf. Zu<br />

Unrecht. Die wichtigsten Zucker-Terminmärkte<br />

sind die in New York für losen<br />

Rohzucker und in London für gesackten<br />

Weißzucker. Hier kann jeder, der will,<br />

und die finanziellen Garantien stellt,<br />

Roh- und Weißzucker kaufen und verkaufen<br />

– für spätere Lieferung, deshalb<br />

der Name „Termin-Markt“. Allerdings<br />

schreiben die Börsen die Bedingungen<br />

genau vor: Die Mengen-Einheiten (50<br />

Tonnen = 1 „lot“), Qualitäten,<br />

Verpackungen, Liefertermine –<br />

bestimmte Monate bis zu zwei Jahre<br />

im Voraus – und die Parität „fob<br />

gestaut“.<br />

30 Ursprünge, 50 Häfen –<br />

logistische Unsicherheiten<br />

Auch die Ursprünge, beziehungsweise<br />

die Ladehäfen sind vorgegeben – allerdings<br />

rund 30 Ursprünge für Rohzucker<br />

und über 50 Häfen für Weißzucker.<br />

Der Käufer erfährt erst nach dem<br />

Auslaufen des jeweiligen Terminmonats,<br />

bei der „Andienung“, in welchem<br />

Hafen – oder welchen Häfen – er die<br />

Ware abzuholen hat. Dafür hat er aber<br />

wiederum zwei Monate Zeit, während<br />

derer er sein Schiff „präsentieren“ muss.


24 I<br />

Markt und Kunde I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />

Das heißt, der Verkäufer muss damit<br />

rechnen, den Zucker irgendwann innerhalb<br />

dieser Frist zu liefern. Man sieht<br />

also, eine Lieferung an, beziehungsweise<br />

vom Terminmarkt ist mit gewissen<br />

logistischen Unsicherheiten belastet.<br />

Dennoch werden sie in großem Maße<br />

genutzt. Von den „Professionellen“, also<br />

Zucker-Produzenten, Zucker-Händlern<br />

und Zucker-Verbrauchern in erster Linie,<br />

um Preise abzusichern. Der klassische<br />

Fall wäre ein Hersteller von Rohzucker<br />

in Brasilien, der für die Planung seiner<br />

Produktion, angefangen bei der Anpflanzung<br />

vom Rohr, einen verlässlichen<br />

Erlös kalkulieren muss – die Ware steht<br />

aber erst in zwölf oder gar 18 Monaten<br />

zur Verfügung. Dafür einen individuellen<br />

Käufer zu finden ist in aller Regel nicht<br />

möglich.<br />

Die Börse garantiert<br />

die korrekte Abwicklung<br />

Da liegt es nahe, sich des Terminmarktes<br />

zu bedienen, der für alle notierten<br />

Termine immer aktuelle und realisier-<br />

Termingeschäfte aus Verarbeiterperspektive<br />

Der Zuckerverarbeiter, sagen wir, ein Bonbon-<br />

Kocher in Singapur, wird sich mit einigen der<br />

technischen Fragen des Terminmarktes auseinander<br />

setzen müssen. Denn ob er die Ware in<br />

Hamburg, in Buenos Aires oder Ulsan (Süd-Korea)<br />

abholen muss, beeinflusst seine Kalkulation erheblich.<br />

So wird er wahrscheinlich zu einem späteren<br />

Zeitpunkt, wenn konkrete Verkäufer konkrete<br />

Partien anbieten, jemanden finden, der ihm die<br />

Ware da anbietet, wo er sie braucht, und so, wie<br />

er sie braucht, in Containern und mit einer bestimmten<br />

Sackmarkierung. Alles das, was mit dem<br />

starren Börsen-Reglement nicht zu vereinbaren ist.<br />

So wird unser Bonbon-Kocher eine Partie erwerben<br />

wollen, die ihm zum Beispiel von einer in<br />

Hamburg alteingesessenen Zucker-Handelsfirma<br />

angeboten wird – zum aktuellen Preis, der vielleicht<br />

US-$ 30,00 pro Tonne höher ist als der,<br />

den er am Terminmarkt bezahlt hat. Dieses Terminmarkt-Engagement<br />

verkauft er nun – und verdient<br />

Weltzuckererzeugung und Verbrauch seit 1995/96 (Angaben in 1000 t Rohwert)<br />

160.000<br />

140.000<br />

120.000<br />

100.000<br />

1995/96 1996/97 1997/98 1998/99 1999/2000 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05<br />

Quelle: F. O. Licht, World Sugar Balances – 1995/96 - 2004/05<br />

bare Kauf- und Verkaufskurse bietet.<br />

Durch den Verkauf einer entsprechenden<br />

Menge „Lots“, zum entsprechenden<br />

– späteren – Liefertermin weiß<br />

unser Produzent, wie viel Geld er für<br />

die Ware bekommen wird, und wenn<br />

er auch noch die börsen-gemäßen<br />

Lagermöglichkeiten hat, braucht er<br />

nichts weiter zu tun, als den Zucker zu<br />

produzieren und abzuwarten, dass zu<br />

gegebener Zeit der – bis zur Andienung<br />

anonyme – Käufer sein Schiff zum<br />

Laden stellt. Die korrekte Abwicklung<br />

beider Seiten wird durch die Börse<br />

garantiert, wofür sie sich wiederum<br />

von allen Beteiligten üppige Garantien<br />

stellen lässt.<br />

Die meisten Kontrakte werden vor<br />

dem Auslaufen wieder aufgelöst<br />

Der Terminmarkt erfüllt seinen Zweck<br />

voll, auch wenn die jeweiligen Engage-<br />

dabei US-$ 30,00 pro Tonne, die er in seiner<br />

Kalkulation vom Preis, den er beim Hamburger<br />

Händler bezahlt hat, in Abzug bringen kann.<br />

Mit anderen Worten, für seine Planung ist weiterhin<br />

nur der Preis relevant, den er mal am<br />

Terminmarkt bezahlt hat, auch wenn er dieses<br />

Engagement zurückgehandelt hat.<br />

Termingeschäfte aus Handelssicht:<br />

größere Käufe preislich absichern<br />

Der Terminmarkt dient dem Handel, um größere<br />

Käufe oder Verkäufe, für die er nicht sofort<br />

einen “Gegen-Partner“ findet, preislich abzusichern.<br />

Nehmen wir an, <strong>Nordzucker</strong> meldet sich<br />

beim besagten Hamburger Händler, und bietet<br />

eine Partie von 5.000 Tonnen C-Zucker an, zum<br />

Preis von € 250,00. In US-$ umgerechnet ergibt<br />

das US-$ 294,00. Der März in London handelt<br />

gerade mit US-$ 295,00. Der Händler gibt seinem<br />

Broker in London die Order zum Verkauf<br />

von 100 lots = 5.000 Tonnen zu US-$ 295,00.<br />

Sobald diese Order ausgeführt wurde, bestätigt<br />

ments vor dem Auslaufen des Termins<br />

wieder aufgelöst werden. Das ist bei<br />

dem überaus größten Teil der Transaktionen<br />

der Fall.<br />

Das normale „Volumen“ in New York<br />

kann an einem Handelstag, der nur drei<br />

Stunden dauert, zwischen 20.000 und<br />

50.000 lots, also eine bis 2,5 Millionen<br />

Tonnen betragen, es gab auch schon<br />

Tage mit 150.000 lots (= 7,5 Millionen<br />

Tonnen). Aufs Jahr gerechnet ergeben<br />

sich so ohne weiteres Umsätze von<br />

500 Millionen Tonnen oder mehr.<br />

Die „Andienungen“ beschränken sich<br />

dagegen meist auf einige 100.000<br />

Tonnen. Eine halbe Million gilt bereits<br />

als ungewöhnlich groß.<br />

Finanzfonds blähen<br />

Terminmarkt-Umsätze auf<br />

Erzeugung Verbrauch<br />

Hierzu muss allerdings auf die Rolle<br />

der Händler der <strong>Nordzucker</strong> den Kauf.<br />

Die Zeiten sind schlecht, der Markt fällt, die Kundschaft<br />

in Übersee wacht auf und der Händler<br />

bekommt eine Anfrage aus Sri Lanka für 5.000<br />

Tonnen Zucker. Der März in London notiert mittlerweile<br />

bei US-$ 265,00 der Händler kalkuliert<br />

Fracht- und andere Kosten von US-$ 50,00 pro<br />

Tonne und verkauft zu US-$ 320,00. Das entspricht<br />

einem Netto-Erlös von US-$ 270,00.<br />

Flugs erteilt er seinem Broker den Auftrag, 100 lots<br />

= 5.000 Tonnen März bei US-$ 265,00 zu kaufen.<br />

Aus der Terminmarkt-Operation (Verkauf US-$<br />

295,00/Kauf US-$ 265,00) entsteht ein Gewinn<br />

von US-$ 30,00. Aus dem Kauf von <strong>Nordzucker</strong><br />

(= US-$ 294,00) und Verkauf nach Sri Lanka<br />

(netto US-$ 270,00) entsteht ein Verlust von US-$<br />

24,00. Gewinn US-$ 30,00 minus Verlust US-$<br />

24,00 gleich Netto-Netto-Gewinn von US-$<br />

6,00. Der „Umweg“ über den Terminmarkt hat<br />

es also möglich gemacht, an dieser Transaktion<br />

Geld zu verdienen, obwohl der Preis nach dem<br />

Kauf bei der <strong>Nordzucker</strong> erheblich gesunken ist.


Weltmarktpreise Zucker cents/pound (Ib) 1979-2005<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1979<br />

der Spekulation verwiesen werden, die<br />

zu dieser Aufblähung der Umsätze<br />

einen kräftigen Teil beiträgt. Man hat<br />

sich angewöhnt, in diesem Zusammenhang<br />

von „den Funds“ zu sprechen. In<br />

der Tat sind es oft Pensions-Fonds, oder<br />

reine Finanz-Fonds, die Geld aus verschiedensten<br />

Quellen verwalten und<br />

permanent nach den besten Anlagemöglichkeiten<br />

suchen. Diese Fonds<br />

müssen nun an den Terminmärkten<br />

entweder kaufen – sie „gehen long“,<br />

oder verkaufen – sie “gehen short“,<br />

um Geld zu verdienen. Sie tun das,<br />

was die professionellen Nutzer aus<br />

unseren Beispielen nicht tun – sie spekulieren,<br />

mal mit Erfolg, mal ohne.<br />

Solange sie aktiv sind, können sie viel<br />

bewirken. Da sie sich mit den Grundlagen,<br />

den „Fundamentals“ des<br />

Weltmarktpreis cents/pound (lb) Durchschnittspreis cents/pound (lb)<br />

1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005<br />

Stand: 30.08.2005 Quelle: F. O. Licht, World Sugar Balances – 1995/96 - 2004/05<br />

Marktes, wie zum Beispiel Produktion/<br />

Verbrauch möglichst nicht befassen,<br />

werden sie normalerweise keine eigenen<br />

Strategien entwickeln, sondern darauf<br />

warten, dass eine Preisbewegung entsteht,<br />

um sich ihr dann anzuschließen.<br />

Durch ihre geballte Finanzkraft können<br />

sie diese Bewegung dann oft gewaltig<br />

verstärken, manchmal bis zur grotesken<br />

Verzerrung der Werte. In solchen<br />

Situationen wird dann mitunter von<br />

„manipulierten“ Märkten gesprochen.<br />

Wenn dies vielleicht auch nicht ganz<br />

falsch ist, wird man doch darauf hinweisen<br />

müssen, dass man einen Preis<br />

nur dann erfolgreich nach oben oder<br />

nach unten „manipulieren“ kann,<br />

wenn man selbst, mit eigenem Geld,<br />

den Preis nach oben hinaufkauft, oder<br />

eben nach unten verkauft. Die Hoffnung<br />

der Manipulateure, schließlich die<br />

<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Markt und Kunde I 25<br />

anderen zu zwingen, hinter ihnen herzulaufen,<br />

erfüllt sich sehr oft auch nicht.<br />

Weltmarktpreise sagen<br />

nichts über Kosten<br />

Der Weltmarkt ist ein „Rest“-Markt, auf<br />

dem Verkäufer und Käufer agieren, die<br />

hier nur einen kleine Teil ihrer Aktivitäten<br />

abwickeln, und auch nur teilweise<br />

mit eindeutiger kommerzieller Logik.<br />

Dargestellt wird der Weltmarkt an den<br />

Terminmärkten, die natürlich, um ein<br />

weiteres Vorurteil auszuräumen, die<br />

Preise nicht bestimmen, sondern nur<br />

registrieren. Die Preise haben viel mit<br />

Angebot und Nachfrage und der Spekulation,<br />

aber nur wenig mit Produktionskosten<br />

des einen oder anderen<br />

Anbieters zu tun. Ein Überschuss von<br />

Angebot über Nachfrage drückt die<br />

Preise, egal übrigens, von wem diese<br />

Überschüsse stammen und ob sie subventioniert<br />

sind oder nicht.<br />

In Zukunft sind<br />

„knappe Verhältnisse“ möglich<br />

Hier mag ein Blick in In Märkten<br />

die Zukunft angebracht ohne Überschüsse<br />

sein – der weltweite bestimmt der<br />

Zuwachs des Zuckerver- solventeste Käufer<br />

brauchs mit 1,5 bis 2,5 den Preis<br />

Prozent pro Jahr scheint<br />

ungebrochen. Dagegen ist die<br />

Zunahme der Produktion keineswegs<br />

so sicher. Im Gegenteil, die EU schickt<br />

sich an, einen radikalen Schnitt ihrer<br />

Erzeugung und ihrer Exporte zu vollziehen<br />

und schneller Ersatz ist durchaus<br />

nicht sicher. Die Zeiten der Mega-<br />

Überschüsse scheinen erstmal vorbei<br />

zu sein, ausgeglichene, wenn nicht<br />

knappe Verhältnisse sind möglich.<br />

Und in Märkten ohne Überschüsse<br />

bestimmt nicht der billigste oder<br />

verzweifelteste Verkäufer die Preise,<br />

sondern der solventeste Käufer. ■


26 I<br />

Markt und Kunde I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />

Kurz vorgestellt: Xylit<br />

<strong>Nordzucker</strong> Süßungsmittel im Portrait – Ein maßgeschneiderter<br />

zahnpflegender Zuckeraustauschstoff<br />

Karies entsteht infolge eines gestör ten<br />

Gleichgewichts zwischen De- und Remineralisierung<br />

an der Schmelz oberfläche<br />

des Zahnes. Dabei spielen auch vergärbare<br />

Kohlenhydra te, die über die Nahrung<br />

in die Mund höhle gelangen, eine Rolle.<br />

Sie werden durch Mikroorganismen im<br />

Zahnbelag (Plaque) in kariesverursachende<br />

Säuren umgewandelt. Bei häufigem<br />

Kohlen hydratangebot – insbesondere<br />

auch beim Genuss von an der Zahnober<br />

fläche klebenden Snacks – bleibt<br />

die Remineralisierung des Zahnschmel zes<br />

unvollständig. Folglich sind eine sorgfältige<br />

Mundhygiene und die Fluoridzufuhr<br />

zur Förderung der Remineralisierung<br />

der Zahnoberfläche wichtige<br />

Maßnahmen zur Verhinderung der<br />

Karies. Einen weiteren Beitrag zur Vorbeugung<br />

der Karies leistet der Einsatz<br />

von Zuckeralkoholen. Sie verleihen<br />

dem Nahrungs- und Genussmittel die<br />

gewünschte Süße, können aber von den<br />

Mikroorganismen im Mund nicht oder<br />

nur sehr langsam verwertet werden.<br />

Verwendung von Xylit in Europa<br />

Bonbons<br />

& andere<br />

Süßwaren<br />

12 %<br />

Kaugummi<br />

80 %<br />

Attraktive Eigenschaften<br />

für den Konsumenten<br />

Pharma<br />

8 %<br />

Xylit hat besonders zahnpflegende<br />

Eigenschaften und eignet sich besonders<br />

gut zum Austausch von Kohlen hydra ten.<br />

Das Produkt hat einen hemmenden<br />

Effekt auf die Mikroorganis men der<br />

Mundflora. Dieser für den Konsu menten<br />

besonders attraktive Zusatznutzen<br />

gegenüber anderen Zuckeralkoholen<br />

(zum Beispiel Sorbit, Mannit oder<br />

Isomalt) kann speziell in Europa, auf<br />

Grund entsprechender Kennzeichnung,<br />

vermarktet werden. Der Markt für<br />

Zahnpflege-Kaugummis und -Bonbons,<br />

deren Konsum besonders nach den<br />

Mahlzeiten empfohlen wird, wächst<br />

stark. Produkte der Anbieter Wrigley<br />

oder Mentos und das neue zuckerfreie<br />

tictac ICEGLOO® von Ferrero, das zu<br />

97 Prozent aus Xylit besteht, sind vielen<br />

bekannt.<br />

Weitere starke Anwendungseigen schaften<br />

von Xylit sind die sehr hohe Süße<br />

(ca. 90 Prozent im Vergleich zum<br />

Zucker) sowie der Kühleffekt, der beim<br />

Schmelzen im Mund das angenehme<br />

Frischegefühl hervorruft. Daneben ist<br />

Xylit kalorienreduziert und diabetikergeeignet.<br />

Ausschließlich pflanzliche Rohstoffe<br />

Xylit wird heute ausschließlich aus<br />

pflanzlichen Materialien, die einen<br />

hohen Xylangehalt aufweisen,<br />

hergestellt. Als besonders<br />

geeignet gelten Holz<br />

(Birke und Buche),<br />

Stroh, Mais spindeln,<br />

Bagasse sowie Mandelund<br />

Nussschalen.<br />

Bei der industriellen<br />

Herstellung wird<br />

zunächst das Xylan<br />

mittels Schwefelsäure<br />

herausgelöst und<br />

zur Xylose hydrolysiert.<br />

Die nach mehrstufiger<br />

Reinigung kristallisierte<br />

Xylose wird anschließend<br />

Dr. Volker Diehl,<br />

New Products<br />

InnoSweet GmbH<br />

Schematischer Herstellungsprozess<br />

Holz, Stroh,<br />

Maisspindeln,<br />

etc.<br />

Hydrolyse<br />

Aufreinigung<br />

Verdampfung /<br />

Kristallisation<br />

Xylose<br />

Aufl ösen<br />

Hydrierung<br />

Aufreinigung<br />

Verdampfung /<br />

Kristallisation<br />

Xylit<br />

wieder aufgelöst, katalytisch mit Wasserstoff<br />

hydriert und als kristalline oder<br />

sprühgetrocknete Ware vermarktet.<br />

Der Xylit-Markt verzeichnet hohe<br />

Zuwachsraten. Der weltweit führende<br />

Anbieter von Xylit ist die dänische<br />

Danisco, daneben wird der Markt von<br />

Roquette (F) und Cargill (USA) bzw.<br />

deren europäischer Tochter Cerestar<br />

sowie einigen chinesischen Anbietern<br />

versorgt. Die <strong>Nordzucker</strong> Tochter<br />

InnoSweet GmbH aus Braunschweig<br />

bietet Xylit seit diesem Jahr an. ■<br />

Der Markt für Zahnpfl ege-Kaugummis und<br />

-Bonbons wächst


Für die süßen Augenblicke im Leben<br />

SweetFamily zeigt mehr „Gesicht“<br />

Mit Abschluss der Einmach- und Cock -<br />

tailzeit endete im August auch die seit<br />

November 2004 andauernde Einführungsphase<br />

der Marke „SweetFamily“.<br />

In diesem Zeitraum erfolgten für jeden<br />

SweetFamily-Sortimentsbereich Kom -<br />

muni kationsmaßnahmen zum Markenwechsel,<br />

indem das neue Verpackungsdesign<br />

zusammen mit der neuen Marke<br />

präsentiert wurde. Ziel war es, in allen<br />

Verwendergruppen Bekanntheit für die<br />

Marke SweetFamily aufzubauen.<br />

Ab September greifen die Vermarktungsmaßnahmen<br />

nun verstärkt das Markenversprechen<br />

„SweetFamily – Für die<br />

süßen Augenblicke im Leben“ auf, um<br />

den Konsumenten das näher zu bringen,<br />

was unsere Marke gegenüber anderen<br />

Hersteller- und Handelsmarken einzig -<br />

artig, sympathisch und begehrenswert<br />

macht. Da sich Bilder mit Menschen,<br />

die unsere Produkte genießen, dazu<br />

besser eignen als reine Verpackungsabbildungen,<br />

zeigen die Kommunikationsmaßnahmen<br />

im wahrsten Sinne<br />

des Wortes nun „mehr Gesicht“.<br />

Im September läutete die Kampagne<br />

mit dem Jungen, der beim Kuchen naschen<br />

einen süßen Augenblick erlebt,<br />

die Blechkuchenzeit ein. Dabei spielten<br />

Zuckerträume Zimt sowie Brauner Zucker<br />

die Hauptrolle. Durch Rezeptbeilagen<br />

in den Zeitschriften Lisa und Tina,<br />

kleinen runden Rezeptheftchen auf<br />

den Deckeln der Zuckerträume und<br />

einem Puzzlegewinnspiel im Internet<br />

(www.sweet-family.de) wurden den<br />

Konsumenten die leckeren Anwendungsmöglichkeiten<br />

der Markenprodukte<br />

schmackhaft gemacht.<br />

Von Oktober bis Dezember werden die<br />

Zuckerträume Vanille, der Puderzuckerstreuer<br />

und der Feinste Zucker durch<br />

sympathische Momentaufnahmen<br />

während des Backens in der heimischen<br />

Küche in Szene gesetzt. Erneut werden<br />

die Verbraucher mittels Rezeptbeilagen<br />

in den Zeitschriften Lisa und Tina und<br />

kleinen runden Rezeptheftchen auf den<br />

Deckeln der Zuckerträume auf unsere<br />

Backprodukte aufmerksam gemacht.<br />

Ein 5-Euro-Gutschein auf den Kilo- und<br />

500-Gramm-Verpackungen von Feinstem<br />

Zucker schafft in der Zeit vom 1.<br />

November bis 31. Dezember zusätzliche<br />

Kaufanreize. Auf der Rückseite des<br />

Gutscheins ist ein individueller Code<br />

vermerkt, der beim Einkauf im Online-<br />

Shop www.buch.de eingelöst werden<br />

kann (Mindestwarenwert 25 Euro).<br />

<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Markt und Kunde I 27<br />

Dr. Marcus Fuchs,<br />

Produktmanagement<br />

Diese Verkaufsförderung<br />

via 5-Euro-Gutschein fi ndet<br />

zeitgleich auch bei unserem Weißen<br />

und Braunen Teezucker Anwendung,<br />

deren Vermarktung dann im Januar<br />

und Februar mit „Lassen Sie es<br />

knistern“-Anzeigen in BUNTE und<br />

Reader’s Digest fortgesetzt wird.


28 I Treffpunkt <strong>Nordzucker</strong> I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />

Goetz von Engelbrechten, ehemaliger<br />

Vorstandsvorsitzender der <strong>Nordzucker</strong><br />

<strong>AG</strong> und Mitglied im <strong>Nordzucker</strong>-Auf-<br />

FDP-Abgeordnete in Braunschweig<br />

Über den aktuellen Stand der ZMO informierten<br />

sich am 20. Oktober 2005 die<br />

Mitglieder des Landtages Jan-Christoph<br />

Oetjen, Gesine Meißner und Carsten<br />

Lehmann sowie Dieter Lüddecke,<br />

Vorsitzender der FDP-Regionsfraktion<br />

Hannover. Schwerpunkt der Ausführungen<br />

von Gerald Dohme (3. von re.)<br />

waren die Schließungen der beiden<br />

Zuckerfabriken Wierthe und Groß<br />

Munzel in diesem und im kommenden<br />

Jahr als Reaktion auf die EU-<br />

Zuckerexportverbote ab 2006 durch<br />

den verlorenen WTO-Panel-Entscheid.<br />

Renaturierung im Fokus<br />

Goetz von Engelbrechten<br />

im Aufsichtsrat von KWS<br />

sichtsrat, ist seit dem 7. November<br />

neues Aufsichtsratsmitglied der KWS<br />

Saat <strong>AG</strong>. Er wurde durch das zuständige<br />

Amtsgericht bestellt, nachdem Philip<br />

von dem Bussche sein Aufsichtratsmandat<br />

zum 1. Oktober 2005 niedergelegt<br />

hatte und in den Vorstand der<br />

Gesellschaft gewechselt ist.<br />

„Goetz von Engelbrechten schätzen<br />

wir aus langjähriger Erfahrung“, so<br />

Vorstandssprecher Andreas J. Büchting.<br />

„In seiner früheren Tätigkeit für die<br />

Lehrter Teiche an Stiftung Kulturlandpflege übergeben<br />

Am 13. September übergab Günter Jakobiak<br />

das 38 Hektar große Teichgelände<br />

der ehemaligen Zuckerfabrik Lehrte<br />

an die niedersächsische Stiftung Kulturlandpflege.<br />

Für <strong>Nordzucker</strong> das flächenmäßig<br />

größte Projekt bisher. Nachdem<br />

1998 die letzte Rübe im Werk verarbeitet<br />

worden war, musste eine Nachnutzung<br />

des Industrieareals und der Teichanlagen<br />

her. Beides ist in der Zwischenzeit erfolgreich<br />

unter Dach und Fach. Im Beisein<br />

von zahlreichen Stiftungsvertretern,<br />

Politikern und dem Umweltausschuss<br />

der Stadt Lehrte richtete Jakobiak auch<br />

den Blick nach vorn und betonte, dass<br />

<strong>Nordzucker</strong> seit Mitte der 80er Jahre<br />

kontinuierlich auf die Übergabe renaturierter<br />

Flächen in weitere Umweltnutzungen<br />

setze und keine Industriebrachen an<br />

ehemaligen Standorten akzeptiere. „Der<br />

Umgang mit der Nachnutzung ehemaliger<br />

Standorte ist Bestandteil unseres<br />

Nachhaltigkeitskonzepts“, hob Jakobiak<br />

hervor. So entstanden an zahlreichen<br />

KWS-Gruppe (1970-1992), zuletzt als<br />

Geschäftsführer unserer Getreidegesellschaft<br />

Lochow-Petkus, hat er das Hybridroggengeschäft<br />

erfolgreich aufgebaut.“<br />

Goetz von Engelbrechten wird der Hauptversammlung<br />

der KWS am 18. Januar<br />

2006 zur Nachwahl für die laufende<br />

Amtsperiode vorgeschlagen werden.<br />

KWS/sdp<br />

Standorten wie auch in Lehrte Nachnutzungskonzepte,<br />

die Zukunftschancen<br />

und Arbeitsplätze bieten, wo durch<br />

Werksschließung zunächst der Rückbau<br />

im Vordergrund stand.<br />

Tanja Schneider-Diehl


„Es ist fünf vor zwölf“<br />

Starkes Interesse ehemaliger Führungskräfte an<br />

Entwicklung der <strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong> auf Kampagnetreffen<br />

Den Zug haben sie zwar schon verlassen,<br />

doch Richtung, Lokführer und<br />

Geschwindigkeit – das interessiert die<br />

ehemaligen Zuckertechniker und Werkleiter<br />

der <strong>Nordzucker</strong> weiterhin sehr.<br />

So trafen sich im Oktober 50 Ehemalige<br />

im Werk Klein Wanzleben, um den<br />

Kontakt zum Unternehmen zu halten<br />

und mehr zu hören zu den Entwicklungen<br />

auf WTO-Ebene und innerhalb der<br />

EU. „Es ist fünf vor zwölf“ – sagte<br />

Dr. Ulrich Nöhle zur Reform der ZMO.<br />

Die Verhandlungen in Hongkong im<br />

Dezember seien für die WTO der<br />

Schlüssel zu mehr Liberalisierung auf<br />

den Weltmärkten. „Betroffen hiervon<br />

sind landwirtschaftliche Produkte, also<br />

auch wir und unser Zucker“, der als Gut<br />

gegen Dienstleistungen und Hochtechnologie<br />

ins Rennen geschickt werde. Von<br />

politischen Veränderungen auf WTO-<br />

Ebene seien aber auch die Änderungen<br />

im Rahmen der Zuckermarktordnung<br />

betroffen. Wenn der im Sommer vorgelegte<br />

Vorschlag der EU-Kommission<br />

so umgesetzt werde, komme es vor<br />

allem darauf an „die Anreize für den<br />

Ausstieg dann nicht mehr konkurrenzfähiger<br />

Marktteilnehmer attraktiver zu<br />

gestalten, um eine horizontale Quotenkürzungen<br />

zu vermeiden“, hob Nöhle<br />

hervor. „Wir gehören zu den Besten,<br />

wir müssen aber noch deutlich besser<br />

werden, wenn wir nach 2015 am<br />

Markt bestehen wollen.“<br />

Günter Jakobiak berichtete über den<br />

bisherigen Verlauf der Kampagne 2005<br />

in Deutschland und im Bereich International,<br />

über Investitionen und Produktionserwartungen.<br />

So sei ab 2015 mit größeren<br />

Zuckerfabriken und deutlich längeren<br />

Kampagnen zu rechnen. Um<br />

dies organisieren zu können, sei die<br />

Langzeitlagerung der Rübe von züchterischer<br />

Seite zu lösen. „<strong>Nordzucker</strong><br />

trägt mit einigen Pilotprojekten dazu<br />

bei, effizienter und kostengünstiger zu<br />

werden“, betonte der Technik-Vorstand.<br />

Besucher aus dem Reich der Mitte<br />

Eine rote Fahne am Werkstor, ein Plakat<br />

mit chinesischen Zeichen am Eingang<br />

in Klein Wanzleben, Uelzen und<br />

im Flüssigzuckerwerk Nordstemmen.<br />

Der Grund dafür: Vertreter von zwei<br />

chinesischen Firmen, Geschäftspartner<br />

der InnoSweet, waren zu Besuch<br />

in Deutschland und konnten unter<br />

anderem diese Werke besichtigen. Die<br />

beiden Firmen Hope und Green stellen<br />

in China Süßungsmittel her.<br />

Während der Rundgänge in den<br />

Werken wurde intensiv über technische<br />

Ausrüstung und Qualitätsmanagement<br />

diskutiert. In technischen<br />

Fragestellungen konnte man sich auch<br />

über Kulturgrenzen hinweg sehr gut<br />

verständigen. Bei Fragen, die das Qualitätsmanagement<br />

betreffen, spielen<br />

die unterschiedlichen Erfahrungen in<br />

China bzw. in Deutschland eine deutlich<br />

größere Rolle.<br />

Dr. Rahel Buczys, InnoSweet GmbH<br />

<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Treffpunkt <strong>Nordzucker</strong> I 29<br />

So werde das Projekt „Bahntransport<br />

von Rüben“ ab Ende Oktober ausloten,<br />

ob sich clevere und kostengünstige<br />

Transportlösungen für die Zukunft ergeben.<br />

Auf die just-in-time-Anlieferung<br />

der Rüben setze das Projekt „7-Tage-<br />

Anfuhr in Klein Wanzleben“. „Wir wollen<br />

von den Wochenendlagern für<br />

Rüben wegkommen, auch das spart<br />

Kosten“, erklärte Jakobiak. Im Bereich<br />

Mitarbeiter bestehe das Ziel, ab 2006<br />

auf bezahlte Überstunden zu verzichten.<br />

Werkleiter Karl Meier beschloss mit<br />

einem ausführlichen Rundgang den informativen<br />

Teil des Besuchsprogramms.<br />

Tanja Schneider-Diehl<br />

Diskussion in Klein Wanzleben - Lee Chang<br />

(InnoSweet) und Liu Jicai (Hope), oben;<br />

Herr Liu Huixing (Hope) und Dr. Rahel Buczys<br />

(InnoSweet), unten


30 I Neue Felder I <strong>Akzente</strong> Dezember 2005<br />

Biodiesel oder Rapsöl als Kraftstoff?<br />

Neue Felder informiert über<br />

Verwertungsmöglichkeiten für Raps<br />

Durch den verstärkten Anbau als nachwachsender<br />

Rohstoff wurde die Rapsfläche<br />

in Deutschland auf 1,26 Millionen<br />

Hektar ausgedehnt. Die weit überwiegende<br />

Verwendungsrichtung von Raps<br />

als nachwachsender Rohstoff erfolgt<br />

derzeit in Form von Biodiesel (RME).<br />

Motoren umrüsten – Ja oder nein?<br />

Der Einsatz dieses Kraftstoffs in Reinform<br />

sollte nach Einbau entsprechender<br />

Dichtungen nur in dafür freigegebenen<br />

Motoren erfolgen. Deutlich<br />

umfangreichere technische Eingriffe<br />

sind nötig, wenn ein Dieselmotor mit<br />

(unverestertem) Rapsöl betrieben werden<br />

soll. Hierfür bieten spezielle<br />

Umrüstfirmen ihre Dienstleistungen<br />

an. In der Regel verliert der Nutzer<br />

jedoch mit dem Umbau auf Rapsöl die<br />

Garantie des Motorenherstellers.<br />

Neuerdings gibt es Versicherungen<br />

gegen Motorschäden bei Verwendung<br />

von reinem Rapsöl. Bei steigenden<br />

Mineralölpreisen vergrößert sich der<br />

Preisvorteil von Rapsöl. Dies nehmen<br />

immer mehr Landwirte zum Anlass,<br />

sich mit dem Thema Umrüstung von<br />

Motoren im landwirtschaftlichen<br />

Bereich zu befassen. Bei Entscheidungen<br />

zur Umrüstung ist zu empfehlen, die<br />

Kriterien Kraftstoffpreis, Einsatztauglichkeit<br />

und Betriebssicherheit gleichermaßen<br />

zu berücksichtigen.<br />

SunFuel wird Biodiesel<br />

den Rang ablaufen<br />

Bislang machte der Anteil von Rapsöl<br />

als Reinkraftstoff am gesamten in<br />

Deutschland eingesetzten Kraftstoff<br />

weniger als 0,01 Prozent aus. Reines<br />

Rapsöl ist damit bislang ein Nischenprodukt<br />

im Kraftstoffmarkt. Dem gegenüber<br />

betrug der Anteil von Biodiesel immerhin<br />

schon 1,4 Prozent. Prognosen zur<br />

künftigen Entwicklung des Kraftstoffmarktes<br />

lassen ein begrenztes weiteres<br />

Wachstum des Biodieselmarktes erwarten.<br />

Etwa ab dem Jahr 2010 wird Biodiesel<br />

voraussichtlich mehr und mehr<br />

durch SunFuel ergänzt beziehungsweise<br />

ersetzt werden. Dieser neue Kraftstoff<br />

hat nicht nur Vorteile hinsichtlich der<br />

Einhaltung niedrigerer Emissions-<br />

Thomas Graf,<br />

Marktordnungsfragen,<br />

Neue Felder<br />

grenzwerte, sondern auch deutlich<br />

weniger Begrenzungen in der Biomassebasis,<br />

da er aus Ganzpflanzen verschiedenster<br />

Art hergestellt werden kann.<br />

Rapsverarbeitung –<br />

Eine Option für Landwirte<br />

Immer mehr Landwirte prüfen den<br />

Einstieg in die Gewinnung von Rapsöl<br />

als flüssiger Industrie- und Energierohstoff.<br />

Die Rapsölgewinnung ist inzwischen<br />

nicht nur im großtechnischen,<br />

sondern auch im dezentralen Maßstab<br />

ausgereift. Neben einzelbetrieblichen<br />

Lösungen bieten sich Beteiligungen an<br />

Erzeugergemeinschaften oder genossenschaftlichenÖlverarbeitungsanlagen<br />

an. Erfolgsfaktoren sind die Wahl<br />

einer geeigneten Pressengröße, hohe<br />

Auslastung der Anlage, strengste<br />

Kostendisziplin, die Gewährleistung<br />

einer definierten Qualität der Produkte<br />

und der Aufbau stabiler Absatzmärkte.<br />

Möglich ist auch die weitere Veredelung<br />

des Rapsöls auf betrieblicher<br />

Ebene zu RME im so genannten


Batchverfahren. Hierbei handelt es sich<br />

um absetzige Produktion in Chargen.<br />

Mit der Einspeisevergütung nach EEG<br />

bietet sich ferner der Rapsöleinsatz in<br />

Blockheizkraftwerken (BHKW) an. Eine<br />

hohe Wertschöpfung ist möglich,<br />

wenn die bei der Herstellung von<br />

Strom anfallende Wärme möglichst<br />

vollständig genutzt wird und eine gute<br />

Auslastung der Anlage gesichert ist.<br />

Weitere Verwendungsmöglichkeiten<br />

für Raps<br />

Noch in der Erprobungsphase ist die<br />

Verwendung von Rapsöl als Heizöl.<br />

Daneben gibt es eine Reihe weiterer<br />

Möglichkeiten: den Einsatz von Rapssaat<br />

als Schmierstoff, als Asphaltzusatz,<br />

als Betontrennmittel, als Hilfsstoff in<br />

der Blechverarbeitung und als Rohstoff<br />

für Kosmetikprodukte. Schließlich wird<br />

Rapsöl in der Energietechnik sowie in<br />

der Chemischen Industrie eingesetzt.<br />

Herstellungskosten von Rapsöl in<br />

Abhängigkeit von Anlagengröße<br />

und Auslastung der Anlage<br />

Die Herstellungskosten von Rapsöl sinken<br />

• mit zunehmender Größe der Anlage<br />

• mit zunehmender Auslastung.<br />

Ölmindestpreis in €/l<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

5.000 Betriebsstunden<br />

6.000 Betriebsstunden<br />

8.000 Betriebsstunden<br />

0,48 0,46 0,44<br />

0,46 0,44 0,43 0,43 0,41 0,40<br />

150 750<br />

Leistung der Anlage in kg/h<br />

1.000<br />

Quelle: Graf, Torsten, TLL, Jena: „Betriebswirtschaftliche Aspekte der<br />

dezentralen Ölsaatenverarbeitung“, in „Dezentrale Ölsaatenverarbeitung“,<br />

KTBL- 427<br />

Festzuhalten ist, dass Raps durch vorteilhafte<br />

Eigenschaften eine ganze<br />

Reihe von Nutzungsmöglichkeiten hat.<br />

Das Mengenpotenzial für die energetische<br />

Verwertung erscheint dabei<br />

Neue Felder für innovative Pflanzennutzung<br />

bietet interessierten<br />

Landwirten eine aktuelle Dokumentation<br />

über Verwertungsmöglichkeiten<br />

von Raps, wirtschaftliche Effekte der<br />

Umrüstung auf Rapsöl, Fördermöglichkeiten<br />

für Anbau, Verwertung<br />

<strong>Akzente</strong> Dezember 2005 I Neue Felder I 31<br />

jedoch ungleich höher als das der<br />

stofflichen Nutzung. Die Steigerung<br />

der Kosten für fossile Brennstoffe und<br />

die Förderung von Biokraftstoffen<br />

beschleunigen die stärkere Nutzung.<br />

und Vermarktung sowie über Risiken<br />

durch die Abhängigkeit der Ölsaatenpreise<br />

vom internationalen Handel.<br />

Die Langfassung mit 70 Seiten können<br />

Sie per Fax unter 0531 24<strong>11</strong>-103<br />

oder per E-Mail unter<br />

thomas.graf@nordzucker.de abrufen.<br />

Literaturtipps<br />

zum Thema Biomasse als Energieträger<br />

Mit Blick auf extreme Steigerungen<br />

der Energiepreise findet Biomasse als<br />

Energieträger starke Beachtung.<br />

In vielen Betrieben wird erwogen,<br />

stärker auf Holz zur Wärmebereitung<br />

zurückzugreifen. Zu diesem Themenbereich<br />

bietet die Fachagentur<br />

Nachwachsende Rohstoffe folgende<br />

kostenlose Veröffentlichungen an:<br />

Das Handbuch Bioenergie Kleinanlagen<br />

(2003) deckt ein breites Themenspektrum<br />

ab, welches von der<br />

Bereitstellung von Festbrennstoffen<br />

über Brennstoffeigenschaften bis hin<br />

zu Feuerungs- und Anlagentechnik,<br />

rechtlichen Anforderungen und<br />

Kostenangaben reicht.<br />

Das Handbuch wird<br />

durch den aktuelleren<br />

Leitfaden Bioenergie<br />

2005 ergänzt, der die<br />

vorgenannten Themen<br />

und zusätzlich die<br />

Organisation und Umsetzung eines<br />

Bioenergieprojekts behandelt.<br />

Die Marktübersicht Pellets-Zentralheizungen<br />

und Pelletöfen hilft bei der<br />

Wahl des richtigen Pelletkessels. Sie<br />

listet die im Handel erhältlichen Biomassekessel<br />

auf und gibt auch viele<br />

Tipps zu Einbau und Betrieb der Kessel.<br />

Die Marktübersicht Scheitholzvergaserkessel,<br />

Scheitholz-Pellet<br />

Kombinationskessel gibt Hinweise<br />

zur Planung und Installation dieser<br />

Anlagen. Einen Schwerpunkt bilden<br />

die Empfehlungen zur technischen<br />

Bewertung der Kesselsysteme. Für<br />

den Investor sehr hilfreich sind die<br />

Gegenüberstellungen der betrachteten<br />

Heizanlagen im Hinblick auf<br />

technische Ausstattung und Preise.<br />

Die genannten Schriften sind als<br />

Download zu beziehen bei der Fachagentur<br />

Nachwachsende Rohstoffe<br />

e.V., und zwar über die Internetseite:<br />

http://www.bio-energie.de. Bitte<br />

verwenden Sie auf dieser Website<br />

den Pfad Literatur/Allgemein oder<br />

Literatur/Feste Biomasse. Wegen des<br />

großen Datenvolumens sind die<br />

Kapitel zum Teil einzeln nacheinander<br />

herunterzuladen.


<strong>Nordzucker</strong> <strong>AG</strong>, Küchenstraße 9, 38100 Braunschweig<br />

Pflaumen-Apfel-Strudel<br />

Aus Mehl, Wasser und Ei einen Nudelteig<br />

kneten. Die Oberfläche befeuchten und den<br />

Teig 30 Minuten ruhen lassen. Den Teig auf<br />

einem bemehlten Tuch ausrollen und ziehen.<br />

Schnell mit flüssiger Butter bestreichen und<br />

die vorbereiteten Zutaten der Füllung auf dem<br />

Teig verteilen. Die Seiten einschlagen und die<br />

Teigplatte zu einem Strudel aufrollen.<br />

Den Strudel in eine Auflaufform legen und<br />

45 Minuten bei 160 °C backen. Noch warm<br />

mit Vanillesoße oder Vanilleeis verzehren.<br />

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Für den Teig:<br />

250 g Mehl<br />

1/8 l Wasser<br />

1 Ei<br />

Für die Füllung:<br />

50 g flüssige Butter<br />

1 Msp. Salz<br />

400 g Äpfel<br />

350 g Pflaumen<br />

60 g SweetFamily<br />

Zuckerträume Vanille<br />

50 g gehackte Mandeln<br />

Zum Dekorieren:<br />

SweetFamily Puderzucker

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