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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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Empirische Zugänge (2008)<br />

Uruguay über hunderte von Quadratkilometern mit wilden Artischocken besetzt.<br />

Und er berichtet, dass Pfirsichbaumholz das hauptsächliche Feuerholz in Buenos<br />

Aires sei (alle genannten Beispiele aus Mann, 2005). Besonders für Inselfaunen hat<br />

sich das Freisetzen von Neozooen europäischer Herkunft (wie Ratten, Kaninchen,<br />

Hunde, Ziegen, Schafe) fatal ausgewirkt. Abgesehen von <strong>die</strong>sen kleinen „ökologischen<br />

Imperialismen“ (Crosby 1986), als deren globaler Gewinner vermutlich der<br />

Löwenzahn zu gelten hat, besteht <strong>die</strong> Hauptlenkung der Biodiversität aber in der<br />

Übernahme des europäischen Agrarregimes in <strong>die</strong> überseeischen Kolonien. Das<br />

Land wurde für <strong>die</strong> mitgebrachten Pflanzen kultiviert, seltener und später kamen<br />

einheimische Pflanzen in den Flächenanbau. Aus Europa importierte domestizierte<br />

Tiere beeinflussten, wie <strong>die</strong> angebauten Pflanzen, den Landschaftstyp. Wo <strong>die</strong> aus<br />

Europa mitgebrachten Pflanzen hinter den Erwartungen <strong>zur</strong>ückblieben, wurden<br />

Kulturpflanzen aus anderen Kolonien importiert. Auch bei den Tieren bildete sich<br />

eine Nutzungsflexibilität heraus, <strong>die</strong> intensiv allerdings immer nur in Richtung der<br />

Kolonien oder zwischen den Kolonien war. Die Übernahme von Tieren und<br />

Pflanzen nach Europa <strong>ist</strong>, von einzelnen frühen Erfolgsgeschichten wie <strong>die</strong> der<br />

Kartoffel abgesehen, wesentlich erst ein Phänomen des 20. Jh.s. Die Produktionsbetriebe<br />

konzentrieren sich allerdings heute aus naturräumlichen Gründen im südlichen<br />

Europa oder profitieren mehrfach von der heute üblichen fossilenergetischen<br />

Substitution des Agrarregimes (Gewächshauskulturen).<br />

Intentionale Lenkung der Biodiversität und als Nebenfolge ihre Verdrängung<br />

bilden also eine Zwillingskonsequenz seit der Entwicklung des Agrarregimes. Die<br />

jeweils spezifischen Nutzungsformen von Pflanzen und Tieren haben zwangsläufig<br />

spezifische landschaftsbildende Konsequenzen. Dabei <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Bedeutung von „Biodiversitätsverdrängungen“<br />

weder h<strong>ist</strong>orisch gut untersucht, noch scheint ihre Bedeutung<br />

aktuell angemessen eingeschätzt. Als „Verdrängung“ wurde weiter oben<br />

eine Bestandsverminderung bezeichnet, für <strong>die</strong> sich keine unmittelbare, auf sie<br />

zielende Ursache in der menschlichen Handlung finden lässt. Am sichtbarsten<br />

werden Bestandsverdrängungen in den Roten L<strong>ist</strong>en, denn nur in Einzelfällen<br />

verdanken sich <strong>die</strong> L<strong>ist</strong>enpositionen einer wirklichen Bekämpfung (inten<strong>die</strong>rten<br />

Lenkung) der betroffenen Organismen. Die Unsicherheit, ob denn in den Roten<br />

L<strong>ist</strong>en womöglich „natürliche Schwankungen der Arten- und Individuenhäufigkeiten“<br />

abgebildet werden, lässt sich mit dem Hinweis auf deren aktuelle Änderungsgeschwindigkeit<br />

relativieren. Seit der „Stumme Frühling“ (Carson 1962) <strong>die</strong> Aufmerksamkeit<br />

auf mittel- und langfr<strong>ist</strong>ige Folgen umweltrelevanten Handelns richtete,<br />

<strong>ist</strong> mittlerweile deutlich geworden, dass <strong>die</strong> Ketten von Folgen und Nebenfolgen<br />

sehr lang sein können. 369 Beispiele hierfür können auch jüngere mitteleuropäische<br />

Forstkalamitäten liefern, für deren Auftreten auch Bodendegradationen durch<br />

369 Es genügt der Hinweis auf mittlerweile weltweit in der Umwelt nachweisbare Chemikalien, <strong>die</strong> in<br />

den letzten einhundert Jahren synthetisiert wurden. Hierzu: Niedersächsisches Umweltmin<strong>ist</strong>erium<br />

(Hrsg.), Schadstoffe mit hormoneller Wirkung – Wie sicher <strong>ist</strong> unsere Zukunft? Internationales<br />

Hearing zu endokrin wirksamen Stoffen in der Umwelt. 5.-6.Mai 1997 Hannover, Tagungsband.<br />

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