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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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Selbstverständlich sind <strong>die</strong> Stichwörter den Kategorien nicht in einem ausschließlichen<br />

Sinne zugeordnet.<br />

Die Rekonstruktion der Umweltbedingungen, <strong>die</strong> Rekonstruktion der Wahrnehmung<br />

durch <strong>die</strong> im jeweiligen Zeithorizont beteiligten Menschen und <strong>die</strong> Analyse<br />

beider <strong>ist</strong> der zentrale Zusammenhang in der <strong>Umweltgeschichte</strong>. 602 Trotz der vielfältigen<br />

Verschränkungen, <strong>die</strong> sich aus den drei thematischen Wegen zu dem hier<br />

behandelten Thema ergeben, lassen sich <strong>die</strong>se Beziehungsgeflechte auf umwelth<strong>ist</strong>orische<br />

Grundthemen <strong>zur</strong>ückführen, im wesentlichen auf:<br />

<strong>die</strong> energetische Bilanz der Kartoffel in agrarproduktiver Hinsicht und im Verhältnis<br />

zu konkurrierenden Grundnahrungsmitteln; Globalisierung durch Verbreitung<br />

und Menge; Umweltverträglichkeit der Pflanze; <strong>die</strong> fehlenden biologischen Antagon<strong>ist</strong>en<br />

der Kartoffelschädlinge in den Neo-Habitaten; Akzeptanz gegenüber<br />

dem Nahrungsmittel; bevölkerungsbiologische Folgen; Änderungen im Ernährungsverhalten;<br />

materielle Grundlage der Volkswirtschaft; Verfügungsmacht über<br />

Nahrungsmittel; Verhalten der Betroffenen in der Nahrungsknappheit; Ausgestaltung<br />

normativer Bereiche.<br />

Diese Aspekte werden in <strong>die</strong>ser Zusammenführung noch einmal hervorgehoben.<br />

Hingegen wurde bisher und wird im weitern Verlauf des Aufsatzes der mentalitätengeschichtlichen<br />

Rezeption der drei Organismen nicht in besonderer Weise<br />

nachgegangen. Die Anfangsprobleme, <strong>die</strong> sich einer Nutzung der Kartoffel in den<br />

Weg stellten, sind hinlänglich bekannt und in der aufgeführten Literatur leicht<br />

erreichbar, bis hin zu den Anekdoten, wonach <strong>die</strong> anfängliche Unkenntnis zum<br />

Verzehr der Beerenfrüchte führte. Deren geringe Zahl und vor allem ihre Ungenießbarkeit<br />

erschwerten <strong>die</strong> Akzeptanz der Kartoffel. Außerdem sprach sich bald<br />

herum, dass <strong>die</strong> nachgesagte aphrodisierende oder nymphomanische Wirkung der<br />

Kartoffeknollen – aus dem anfänglichen Missverständnis, es handele sich um etwas<br />

Ähnliches wie eine Trüffel – überwiegend auf sich warten ließ oder bestenfalls auf<br />

Placeboeffekten beruhte.<br />

Der Kartoffelkäfer traf auf eine vorbereitete Admin<strong>ist</strong>ration. Einmal gab es bereits<br />

einen intensiven Erfahrungsaustausch mit den Vereinigten Staaten. Die Nachrichten<br />

von dort waren etwas, wonach man sich richtete. Zum anderen war durch das<br />

Einschleppen der Reblaus in den 60er Jahren des 19. Jh.s ein Bewußtsein für <strong>die</strong><br />

Möglichkeit eines Schädlingstransfers und seiner wirtschaftsschädlichen Dimension<br />

entstanden. Für <strong>die</strong> Reblausbekämpfung wurde erstmals übernational eine<br />

gleichsinnige Gesetzgebung betroffener europäischer Länder betrieben. Dieses<br />

erfolgreiche Muster wurde auf den Kartoffelkäfer übertragen. Als <strong>die</strong>ser dann 1876<br />

in Europa erschien, waren nicht nur <strong>die</strong> staatlichen Verwaltungen vorbereitet.<br />

Stimmen, den Käfer auf eine andere als natürliche Ursache <strong>zur</strong>ückzuführen, finden<br />

602 Herrmann 2009, S 26

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