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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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H<strong>ist</strong>orisierung der Schädlingsbekämpfung (2006)<br />

gelhaft tritt dann im 18.Jh „Ungeziefer“ an <strong>die</strong> Stelle <strong>die</strong>ser Begriffe 27. Diesem<br />

werden, ganz nach der Idee der Leibniz-Wolffschen Philosophie, neben seinen<br />

schädlichen Eigenschaften durchaus auch nützliche Eigenschaften zugeschrieben,<br />

so dass Zedlers „Universal-Lexicon“ von „nützlichem Ungeziefer“ sprechen kann.<br />

28 Am Ende des 19. Jh. tritt dann der Begriff des „Schädlings“ auf, nachdem –<br />

mindestens seit dem 16.Jh. – nur das Adjektiv „schädlich“ bekannt war. 29 Das als<br />

Element der Nahrungskette noch nützliche Ungeziefer wird seiner Ambivalenz<br />

entkleidet und allein im Hinblick auf das Schädlichkeitspotential bewertet. Selbstverständlich<br />

wurden bereits früher bestimmte Tiere als schädlich und auch als<br />

entbehrlich eingestuft. Johann Beckmann etwa pre<strong>ist</strong> <strong>die</strong> Naturkunde (1767), da sie<br />

alles lehre, was der Mensch <strong>zur</strong> Erhaltung und Bequemlichkeit seines Lebens brauchen<br />

und brauchen könnte, kennen, aufzusuchen, erhalten und verbessern.<br />

Schließlich: „Sie lehret uns kennen, zu vermeiden und ausrotten was nicht nur<br />

unser Leben und unserer Gesundheit, sondern auch unserer Bequemlichkeit schaden<br />

kann. Zum Exempel<br />

a) Schädliche und reißende Thiere auf <strong>die</strong> leichteste Art aus<strong>zur</strong>otten; ein<br />

Thier wider das andere zu brauchen.<br />

b) Die gesunden und eßbaren Pflanzen von denen oft sehr ähnlichen giftigen<br />

zu unterscheiden; Unkraut aus<strong>zur</strong>otten.<br />

[ c), d)...]“ 30<br />

Die Vorstellung von der „Verbesserung“ der Natur <strong>ist</strong> eine logische Folge ihrer<br />

Aneignung. Nach Bacon wird <strong>die</strong> Natur durch menschliche Kunst, und Arbeit<br />

gebunden, gestaltet und gleichsam erneuert. 31 Verbesserung heißt hier: <strong>die</strong> Natur<br />

durch „Kunst und Arbeit“, durch „Gestaltung und Erneuerung“ näher an den<br />

menschlichen Bedürfnissen aus<strong>zur</strong>ichten. „Ausrotten“ <strong>ist</strong> in <strong>die</strong>sem Sinne eine<br />

Verbesserungsweise. Ob es dabei um lokale, überregionale oder globale Ausrot-<br />

27 Verblüffend <strong>ist</strong> <strong>die</strong> etymologische Ableitung des Wortes „Ungeziefer“ (DWB), mit dem zunächst<br />

das für das Opfer nicht Geeignete (Pflanze wie Tier) bezeichnet wird, wobei sich <strong>die</strong> Bedeutung<br />

später auf das nicht opferbare Tier beschränkt. Hier liegt also praktisch der gleiche Unterscheidungskatalog<br />

zugrunde, wie er für <strong>die</strong> ungleiche Proportion bei der Auswahl von reinen und unreinen<br />

Tieren für <strong>die</strong> Arche Noahs <strong>zur</strong> Anwendung kam.<br />

Der Ausdruck „Geschmeiß“ findet seinen Weg aus der Jägersprache nach und nach in den gewöhnlichen<br />

Umgang, als er von einer ursprünglichen Bezeichnung für den Vogelkot später für <strong>die</strong> unverdaulichen<br />

Bestandteile der Beutetiere im Kot verwendet wird, dann allmählich <strong>zur</strong> Bezeichnungskategorie<br />

für <strong>die</strong> Beutetiere selbst und schließlich in alltagssprachlichen, gleichwohl aber pejorativen<br />

Zusammenhängen verwendet wird.<br />

28 Zedlers Universal-Lexicon, Lemma „Ungeziefer“ (www.zedler-lexikon.de)<br />

29 Auch in Zusammensetzungen, z.B. „landschädliche Leute“. Der Begriff bezieht sich zu <strong>die</strong>ser Zeit<br />

auf den vaganten Bevölkerungsteil. Die Parallelität <strong>zur</strong> vaganten Lebensweise der me<strong>ist</strong>en „Schädlinge“<br />

<strong>ist</strong> unübersehbar.<br />

30 Zitiert nach Günter Bayerl: Die Natur als Warenhaus. In: Sylvia Hahn/Reinhold Reith (Hg) Umwelt-Geschichte.<br />

Arbeitsfelder, Forschungsansätze, Perspektiven, Wien/München 2001, S.33-52, S.39<br />

31 Chr<strong>ist</strong>of Dipper: Deutsche Geschichte 1648 -1789. Frankfurt a.M. 1991, S.10<br />

31

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