z - DGB-Jugend
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fitIN<br />
DEN JOB<br />
EIN SERVICE DER <strong>DGB</strong>-JUGEND FÜR DEN BERUFSSTART<br />
tipps<br />
und Infos für neue Azubis<br />
04 » LOCKER BLEIBEN<br />
Der Start in die Arbeitswelt<br />
08 » DIE PROBLEM-LÖSER<br />
Rat + Tat: die JAV<br />
10 » DAS STEHT MIR ZU<br />
Tarifverträge<br />
14 » CHEF, ÜBERNEHMEN SIE!<br />
Perspektive danach<br />
18 » ERSTE HILFE<br />
Azubi-Rechte
02 Auf geht’s<br />
Lieber noch mal nachfragen<br />
»Als zukünftige<br />
Bürokauffrau muss ich schnell auf der Computer-<br />
Tastatur tippen können. Deshalb haben wir gleich<br />
von Anfang an jeden Morgen für zwei Stunden geübt.<br />
So hatte ich dann in der Berufsschule einen ziemlichen<br />
Vorsprung gegenüber den anderen. Wenn ich<br />
Fragen zum Umgang mit dem Computer hatte, bin<br />
ich zu meinen Kollegen gegangen. Dabei habe ich<br />
schnell gemerkt, wer gerne auf meine Fragen antwortet<br />
und wen man besser nicht fragen sollte, weil<br />
er oder sie eher genervt war. Anfangs hatte ich auch<br />
das Problem, dass ich am Telefon die Namen der<br />
Anrufenden nicht richtig verstanden habe. Aus Angst<br />
davor, mich zu blamieren, habe ich mir die Namen<br />
falsch notiert und die Leute so durchgestellt. Das<br />
machte aber bei den Kollegen keinen zuverlässigen<br />
Eindruck. Deshalb mein Tipp: Immer nachfragen, wenn<br />
ihr Namen nicht verstanden habt.<br />
Und wenn ihr fünf Mal fragt oder<br />
euch den Namen buchstabieren<br />
lasst, ist das immer noch besser,<br />
als eine falsche Information<br />
weiterzugeben.«<br />
Sylvia Becher, 17, im 1. Ausbildungsjahr<br />
zur Bürokauffrau<br />
bei der Firma ›Radici Chimica<br />
Deutschland GmbH‹ Zeitz<br />
Guter Start<br />
Es wird spannend<br />
»Am Anfang meiner Ausbildung<br />
zum Mechatroniker musste ich im ersten Ausbildungslehrgang<br />
Arbeiten machen, die ich nicht so<br />
spannend fand. Acht Wochen lang stand ich mit meinen<br />
Azubi-Kollegen am Schraubstock und habe in<br />
Handarbeit Metall bearbeitet: feilen, sägen, bohren.<br />
Mehr Abwechslung kam mit dem Lehrgang Elektronik.<br />
Hier durften wir eigene Schaltungen entwickel<br />
und aufbauen. Im Nachhinein aber denke ich, das<br />
langweilige Feilen war notwendig, damit ich erst mal<br />
ein Gefühl für den Werkstoff Metall entwickeln kann.<br />
Deshalb mein Tipp an alle Neuen: Nicht gleich die<br />
Flinte ins Korn werfen, wenn die Ausbildung am<br />
Anfang nicht so spannend ist, wie ihr sie euch vorgestellt<br />
habt! Spannend wird’s mit der Zeit automatisch, wenn<br />
ihr länger dabei, mehr Verantwortung habt und besser<br />
eingearbeitet seid.«<br />
Ronny Kleinfeld, 20, im 1. Ausbildungsjahr zum<br />
Mechatroniker bei der Firma ›VEAG‹ Jänschwalde<br />
Was ist euch in den ersten Tagen passiert? Welchen Tipp habt ihr für die Neuen?<br />
Sylvia, Marcus und Ronny berichten über ihren Ausbildungsstart.<br />
Der erste Rundgang »Klar wusste ich am ersten etwas in der Hand hatten und nicht mit schwitzigen<br />
Ausbildungstag nicht genau, wie ich mich richtig ver- Fingern dasitzen mussten. Anschließend zeigte uns<br />
halten soll. Bei der DAB haben die Verantwortlichen der Ausbildungsleiter unseren Spind und verteilte<br />
diese Nervosität aber gut abgefedert. Wir Azubis die Arbeitskleidung. Beim Rundgang durch den Betrieb<br />
haben sofort das Berichtsheft erhalten, so dass wir wurde uns auch gleich der Betriebsrat vorgestellt,<br />
der uns seine Funktion im Betrieb erklärte. Der Rundgang<br />
war sehr hilfreich, um zu wissen, wohin man<br />
am nächsten Tag laut Ausbildungsplan gehen musste.<br />
So lernte man die einzelnen Abteilungen schon mal<br />
kennen. Gut war, dass ich mich vorher schon ein bisschen<br />
über den Betrieb und die Maschinen informiert<br />
hatte. So wusste ich ungefähr, was mich erwartet,<br />
und konnte peinliche Fragen wie ›Was ist denn hier der<br />
Braukessel?‹ vermeiden.«<br />
Marcus Lindner, 24, JAV-Vorsitzender und Auszubildender<br />
im 2. Ausbildungsjahr zum Brauer und<br />
Mälzer bei der ›Dortmunder Actien Brauerei‹ (DAB)<br />
Starthilfe<br />
Hallo und willkommen in der Arbeitswelt! Vielleicht kennst du dich im Betrieb oder der Verwaltung schon aus, durch Erzählungen<br />
oder sogar durch ein Praktikum. Jetzt aber geht´s richtig los! Ausbildungsstart, das heißt viel Neues dazulernen und<br />
damit eine gute Grundlage für deine eigene Zukunft schaffen.<br />
Mit dieser Broschüre wollen wir dir Starthilfe leisten. Wir – das ist die Gewerkschaftsjugend. Jedes junge Mitglied der acht Mitgliedsgewerkschaften<br />
des Deutschen Gewerkschaftsbundes (<strong>DGB</strong>) ist gleichzeitig Mitglied der <strong>DGB</strong>-<strong>Jugend</strong>. Als eigenständiger<br />
<strong>Jugend</strong>verband mit etwa einer halben Million Mitglieder sind wir Experten auf dem Gebiet der Berufsausbildung. Wir<br />
treten unter anderem dafür ein, dass für jeden jungen Menschen überhaupt erst mal ein Ausbildungsplatz zur Verfügung steht,<br />
und dann natürlich dafür, dass die Vergütung und die Qualität der Ausbildung stimmen.<br />
Eine Menge Neues wird in den kommenden Monaten auf dich zukommen. Es wird Erfolgserlebnisse für dich geben, hin und<br />
wieder vielleicht auch mal Frust und Probleme, die gelöst werden müssen. Manches davon wirst du selbst mit deinem Chef<br />
oder deinem Ausbilder regeln können. Dafür findest du auf den kommenden Seiten viele Tipps. Wichtig ist aber auch zu wissen,<br />
dass es kompetente Ansprechpartner rund um das Thema Ausbildung für dich gibt: die <strong>Jugend</strong>- und Auszubildendenvertretung<br />
(JAV), der Betriebsrat und deine Gewerkschaft. Die JAV und der Betriebsrat passen beispielsweise auf, dass du<br />
etwas lernst und nicht zum Kopieren oder Fegen abgestellt wirst, dass Gesetze und Tarifverträge eingehalten<br />
werden oder dass die Azubis gerecht beurteilt werden. Und sie setzen sich, zusammen mit der<br />
Gewerkschaft, dafür ein, dass du nach der Ausbildung im Betrieb übernommen wirst. Klar ist, dass sich<br />
diese Ziele umso besser durchsetzen lassen, je mehr Gewerkschaftsmitglieder in einem Betrieb arbeiten.<br />
Klar ist auch, dass keine Ausbildungsvergütung vom Himmel fällt, sondern verhandelt werden<br />
muss. Und das klappt eben am besten mit einer starken Gewerkschaft.<br />
Ob du Mitglied in einer unserer Gewerkschaften werden willst oder nicht, entscheidest du natürlich selber.<br />
Wir glauben, dass wir dich mit unseren Themen, Zielen und auch mit unserem Know-how auf den<br />
Geschmack bringen werden. Schließlich geht’s uns um gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen. Und<br />
nicht nur das: Auch für die Freizeit hat die <strong>DGB</strong>-<strong>Jugend</strong> eine Menge zu bieten!<br />
Viel Erfolg beim Berufsstart wünscht dir im Namen der <strong>DGB</strong>-<strong>Jugend</strong><br />
Claudia Meyer, <strong>DGB</strong> Bundesjugendsekretärin<br />
Inhalt<br />
4 Locker bleiben<br />
Ausbildungsstart – alles anders als<br />
in der Schule. Aber keine Panik,<br />
sagen Auszubildende, die schon<br />
länger dabei sind: Wir haben uns<br />
schnell an die neue Welt gewöhnt.<br />
8 Die Problem-Löser<br />
Es sind die besten Freunde der Azubis:<br />
die <strong>Jugend</strong>- und Auszubildendenvertreter.<br />
Sie sind immer zur<br />
Stelle, wenn es Fragen oder Probleme<br />
gibt.<br />
10 Das steht mir zu!<br />
Was Azubis verdienen, wie lange<br />
sie arbeiten müssen – das und noch<br />
mehr regeln Tarifverträge.<br />
12 Money, money<br />
Wohngeld, Berufsausbildungsbeihilfe,<br />
vermögenswirksame Leistungen<br />
– nach dem Ausbildungsstart<br />
ist viel zu regeln.<br />
14 Chef, übernehmen Sie!<br />
Die Weiterbeschäftigung nach der<br />
Ausbildung ist längst nicht mehr<br />
selbstverständlich. Die Übernahme<br />
der Azubis – ein wichtiges Thema<br />
der Gewerkschaftsjugend.<br />
15 Ruhe bewahren<br />
Wenn nach Ausbildungsbeginn<br />
Zweifel aufkommen, ob der gewählte<br />
Job der richtige ist, warnen Experten<br />
vor übereilten Schritten.<br />
Editorial<br />
16 Nichts wie weg<br />
Arbeiten ist nur das halbe Leben.<br />
Die Gewerkschaften bieten ihren<br />
jungen Mitgliedern Seminare, Reisen<br />
und vieles mehr.<br />
18 Erste Hilfe<br />
Diese Rechte und Pflichten haben<br />
Auszubildende. Ein Überblick.<br />
23 Adressen/Impressum<br />
So erreicht man die Gewerkschaften.<br />
24 Jetzt wird gewählt<br />
Im Herbst 2002 finden wieder die<br />
Wahlen zu den <strong>Jugend</strong>- und Auszubildendenvertretungen<br />
statt.<br />
fit in den Job 2002 fit in den Job 2002<br />
03
04<br />
Schweißen, drehen, feilen und fräsen. Fast alle Arbeiten<br />
in der Ausbildungswerkstatt finden im Stehen statt. Wer<br />
von der Schule kommt, muss sich erst umgewöhnen.<br />
Sägen quietschen, Fräsen brummen und Schweißbrenner zischen.<br />
Doch am schwersten fiel es Markus, sich an den rauen Umgangston<br />
zu gewöhnen. »Weil in der Werkstatt immer einer hämmert, sägt<br />
oder feilt, sind hier ganz andere Lautstärken angesagt«, sagt der<br />
22-jährige Azubi, der bei der Norddeutschen Affinerie AG in Hamburg<br />
Prozessleitelektroniker lernt. »Am Anfang bist du verschreckt<br />
und denkst: Was schreien die denn hier so rum?«, erinnert sich Markus<br />
an seine ersten Tage im Unternehmen. »Aber mit der Zeit weißt<br />
du, dass man sich in dieser anderen Umgebung anders und somit lauter<br />
verständigen muss.« Rund 20 <strong>Jugend</strong>liche üben an diesem Tag<br />
in der Ausbildungswerkstatt des größten Kupferherstellers Europas<br />
Schweißen und Drehen, Feilen oder Fräsen. »Wenn ich nicht zu<br />
euch komme, ist das gut!«, ruft Ausbilder Klaus Maselkowski halb ernst,<br />
halb ironisch seinen Schützlingen zu, und Markus schmunzelt.<br />
Aufpassen, das ist das Motto in der Ausbildungswerkstatt – besonders in<br />
den ersten Wochen.<br />
Stress in der Ausbildung? Rat und Hilfe gibt’s von der<br />
<strong>Jugend</strong>- und Auszubildendenvertretung (JAV). Deren Mitglieder<br />
sind meistens selbst noch in der Ausbildung<br />
und haben deshalb eine Nähe zu den Problemen. Auf dem<br />
Foto von rechts: Desiree, Sven, Christian und Aleksandar,<br />
JAV’ler bei der Norddeutschen Affinerie.<br />
Hallo und willkommen<br />
Locker<br />
bleiben<br />
Ausbildungsstart – alles anders als in der Schule. Aber keine Panik, sagen Auszubildende,<br />
die schon länger dabei sind: Wir haben uns schnell an die neue Welt gewöhnt.<br />
Er feilt heute am Fahrerhaus eines kleinen Lkw-Modells, das dem<br />
Azubi als Lehrstück dient. »Einen Tag sollte man sich für diesen<br />
Arbeitsschritt schon Zeit nehmen«, weiß Markus, immerhin ist er<br />
schon seit neun Monaten dabei und wird den Grundlehrgang Metall<br />
bald abgeschlossen haben – erster Teil seiner dreieinhalbjährigen Ausbildung,<br />
die für ihn manche Veränderung mit sich brachte. »In der<br />
Schule bekommst du die Sachen vorgesetzt und passt nicht wirklich<br />
auf«, beschreibt der werdende Prozessleitelektroniker die Unterschiede<br />
zwischen Schul- und Arbeitswelt. »Hier dagegen musst du<br />
dich engagieren.«<br />
An das frühe Aufstehen – um 4.30 Uhr ist die Nacht vorbei – hat<br />
Markus sich inzwischen gewöhnt. »Nach drei, vier Monaten ist das<br />
drinnen. Da wachst du auch schon mal vor dem Wecker auf.« Alles<br />
halb so schlimm, meint auch Azubi-Kollege René, »solange der Wille<br />
da ist und die Arbeit Spaß macht.« Das sagt auch die 21-jährige Desiree.<br />
Die gelernte Chemielaborantin kann sich noch gut an ihren<br />
ersten Tag bei der Norddeutschen Affinerie erinnern. »Am Anfang<br />
kennst du niemanden, alles ist neu, und du fühlst dich ein bisschen<br />
unwohl«, erzählt die <strong>Jugend</strong>- und Auszubildendenvertreterin (JAV),<br />
fit in den Job 2002 fit in den Job 2002<br />
05
06<br />
die mit ihren Mitstreitern die Interessen der Auszubildenden im<br />
Betrieb vertritt. Was gegen das Unwohlsein hilft? »Abwarten. Mit der<br />
Zeit lernst du die Leute kennen und merkst, die sind nett.« Die Affinerie<br />
lädt ihre neuen Auszubildenden zwei Wochen zum Einführungsund<br />
Kennenlern-Seminar ein, das macht den Start leichter. »Das<br />
geht locker los«, erinnert sich der 22-jährige Aleksandar an seine ersten<br />
Tage im Betrieb. »Du wirst eingewiesen, bekommst die Werkzeuge<br />
gezeigt, und du lernst deine Ausbilder kennen.« Nicht nur die sollen<br />
den Berufsanfängern den Sprung in die Arbeitswelt erleichtern.<br />
... Checkliste für Berufsanfänger<br />
VOR AUSBILDUNGSBEGINN<br />
Ausbildungsvertrag zuschicken lassen, unterschreiben<br />
und zurückschicken<br />
Lohnsteuerkarte beim Ortsamt beantragen<br />
Krankenversicherung abschließen<br />
(z. B. Betriebskrankenkasse)<br />
Gehaltskonto einrichten<br />
für unter 18-Jährige: ärztliche Untersuchung durchführen<br />
lassen (beim Werksarzt oder jedem Allgemeinarzt)<br />
Berechtigungsscheine für die kostenlose Untersuchung<br />
gibt es bei den Einwohnermeldestellen, den Orts- bzw.<br />
Gemeindeämtern<br />
ggf. erforderliche Arbeitsbekleidung kaufen;<br />
Arbeitsschutzkleidung muss der Betrieb stellen<br />
Anfahrtswege und -zeiten überprüfen<br />
Auch die JAV steht allen Fragen aufgeschlossen gegenüber. »Wir stellen<br />
uns gleich am Anfang den Azubis vor und sagen ihnen, dass wir<br />
helfen können, wenn’s Probleme gibt«, berichtet Sven. Der 25-jährige<br />
JAV’ler erinnert sich, dass er in den ersten Monaten vor allem<br />
daran gezweifelt hat, »ob ich das alles schaffen werde«. Da habe ihm<br />
das Gespräch mit älteren Auszubildenden geholfen, sich nicht jeden<br />
Misserfolg zu Herzen zu nehmen. »Und gerade wenn es mal Probleme<br />
mit dem Ausbilder gibt«, sagt Sven, »ist es gut, wenn man jemanden<br />
aus den höheren Ausbildungsjahren ansprechen kann«. Auch<br />
1. TAG<br />
Lohnsteuerkarte mitnehmen<br />
Bescheinigung ärztliche Untersuchung mitnehmen<br />
Bescheinigung der Krankenkasse mitnehmen<br />
ggf. Arbeitsbekleidung mitnehmen<br />
1. WOCHE<br />
Wo ist die Berufsschule? Hat der Arbeitgeber<br />
mich dort angemeldet?<br />
Wo ist das JAV-Büro?<br />
ggf. Berufsausbildungsbeihilfe beim<br />
Arbeitsamt beantragen<br />
Markus (rechts, mit seinem Azubi-Kollegen René) ist im ersten Ausbildungsjahr zum<br />
Prozessleitelektroniker. Für ihn gibt es deutliche Unterschiede zwischen seiner Schulzeit<br />
und der Arbeitswelt: »Bei der Ausbildung musst du dich engagieren!«<br />
Desiree hatte zu Beginn »unheimlich Panik, dass ich das nicht auf die<br />
Reihe bekomme.« Anders als ihre Kollegen lernte die Chemielaborantin<br />
von Anfang an im Labor und nicht in der Ausbildungswerkstatt<br />
– und hatte deshalb wenig Kontakt zu anderen Azubis. »Die Leistungserwartung<br />
war ziemlich hoch – vor allem meine eigene«,<br />
erinnert sie sich an die ersten Monate der Ausbildung. Heute weiß<br />
sie, dass ihre Sorgen unbegründet waren. »Es ist einfach viel, was man<br />
am Anfang alles lernen muss. Deshalb dauert die Ausbildung ja<br />
auch drei oder dreieinhalb Jahre.«<br />
1. VIERTELJAHR<br />
nach spätestens drei Monaten endet die Probezeit; bis<br />
dahin kann das Ausbildungsverhältnis von beiden Seiten<br />
ohne Angabe von Gründen gekündigt werden<br />
ggf. ausbildungsbegleitende Hilfen beim Arbeitsamt beantragen;<br />
die Kosten trägt der Staat<br />
Dieses Angebot richtet sich an junge Leute, denen der<br />
Abbruch ihrer Ausbildung droht – etwa wegen Sprach- und<br />
Bildungsdefiziten oder Schwierigkeiten mit Fachtheorie<br />
oder -praxis.<br />
1. HALBJAHR<br />
zahlt der Arbeitgeber vermögenswirksame Leistungen<br />
oder zumindest einen Teil davon?<br />
Nachfragen lohnt sich!<br />
d Guter Start<br />
Hallo und willkommen<br />
Klaus Maselkowski (Foto unten links), Ausbilder bei<br />
der Norddeutschen Affinerie, über die ersten Tage.<br />
Was sollte ein Berufsanfänger am ersten Tag beachten?<br />
»Wichtig ist einmal die Arbeitssicherheit. Vor allem ein Großbetrieb<br />
birgt viele Gefahren, die junge Menschen von der Schule her<br />
nicht kennen. Das fängt beim Weg zur Ausbildungsstelle an und<br />
hört beim Helmtragen längst nicht auf. Wichtig ist auch Pünktlichkeit.<br />
Deshalb sollten Berufsanfänger schon vorher auskundschaften,<br />
wie lange sie morgens für den Weg zum Betrieb brauchen.«<br />
Was bringt der Einstieg in die Arbeitswelt mit sich?<br />
»Die jungen Leute müssen lernen, konzentriert bei der Sache<br />
zu sein. Das ist ganz anders als in der Schule: Im Betrieb muss man<br />
lernen und dabei größtenteils stehen – und dabei auch noch körperlich<br />
arbeiten.«<br />
Was raten Sie jungen Leuten in dieser Situation?<br />
»Geduld haben. Das ist ja ein Gewöhnungsprozess. Ich sag immer<br />
zu meinen Auszubildenden: ›Ihr werdet abends vor dem Fernseher<br />
einschlafen!‹ Aber das ist ganz normal, das ist mir früher<br />
auch so gegangen.«<br />
Was sollten Berufsanfänger auf jeden Fall vermeiden?<br />
»Lügen, etwa wenn mal etwas schief gelaufen ist. Wir versuchen,<br />
ein Vertrauensverhältnis aufzubauen zwischen Ausbilder<br />
und Auszubildenden. Das sollte man nicht missbrauchen.«<br />
Bring’ mal die Schwimmnägel!<br />
»In vielen Betrieben gibt es kleine Späße, die mit den neuen<br />
Azubis gemacht werden – sie werden von Abteilung zu Abteilung<br />
geschickt und müssen einen ›Obinisodumm‹ oder eine Pakkung<br />
Schwimmnägel holen. Wenn einem das passiert, sollte man<br />
es mit Humor nehmen und nicht eingeschnappt sein. Das ist ein<br />
Spaß und lockert die Atmosphäre auf.«<br />
Sarah Kirschbaum, 18 Jahre, Auszubildende zur Automobilkauffrau<br />
im 2. Ausbildungsjahr bei S & G in Karlsruhe<br />
Zuhören<br />
»Der erste Tag im Betrieb ist in der Regel ganz locker. Man erfährt<br />
das Organisatorische, man lernt die Leute und das Haus kennen.<br />
Mein Tipp: Den Tag genießen, denn danach wird es stressiger.<br />
Wenn man später in die Abteilung kommt, sollte man aufmerksam<br />
sein und alles mitnehmen, was man gesagt bekommt.«<br />
Benedikt Danner, 18 Jahre, JAV-Mitglied und Auszubildender<br />
zum Bankkaufmann im 2. Ausbildungsjahr bei der Postbank in<br />
München<br />
fit in den Job 2002 fit in den Job 2002<br />
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08<br />
<br />
Die Problem-Löser<br />
Es sind die besten Freunde der Azubis – die <strong>Jugend</strong>- und Auszubildendenvertreter (JAV).<br />
Sie sind immer zur Stelle, wenn es Fragen oder Probleme gibt. Ein Portrait der JAV der Kaeser<br />
Kompressoren GmbH in Gera.<br />
Feierabend bei der Kaeser Kompressoren<br />
GmbH in Gera. Dreißig verschwitzte Azubis<br />
stürmen in die Garderobe, ziehen erst mal die<br />
Arbeitsschuhe aus. »Das riecht ziemlich unangenehm<br />
– aber inzwischen haben wir<br />
erreicht, dass wir das Fenster aufmachen<br />
dürfen«, berichtet der 21-jährige Industriemechaniker<br />
und Kaeser-JAV-Vorsitzende<br />
Martin Strack. Zusammen mit seinen JAV-<br />
Kollegen David Weiland und Michael Meiser<br />
sorgt Martin nicht nur für frische Luft im<br />
Umkleideraum, sondern auch für frischen<br />
Wind in der Ausbildung. »Wir haben es durchgekriegt,<br />
dass wir eine neue Drehmaschine<br />
und eine neue Fräsmaschine für die Lehrwerkstatt<br />
bekommen haben«, berichtet<br />
IG Metall-Mitglied Martin. Auch die Werkbänke<br />
in der Lehrwerkstatt wurden erneuert<br />
und mit neuen Werkzeugen bestückt. Ein<br />
weiterer Erfolg der Kaeser-JAV: Sämtliche<br />
gewerblichen Azubis – egal ob Industrieoder<br />
Zerspanungsmechaniker – können nun<br />
bereits während ihrer Ausbildung den Staplerschein<br />
machen.<br />
Wenn’s heiß wird, kommt die JAV<br />
Neue Spinde für die Garderobe, ein überdachter<br />
Pavillon für die Pause im Freien,<br />
weniger ausbildungsfremde Tätigkeiten –<br />
das sind nur einige der Dinge, für die sich<br />
die Kaeser-JAV erfolgreich eingesetzt hat.<br />
Ihr Plus: Die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat,<br />
der sie stets unterstützt, und die<br />
Verankerung in der IG Metall. »Etliche unserer<br />
Azubis sind Mitglied im IG Metall-Ortsjugendausschuss«,<br />
berichtet Michael Meiser.<br />
Der 20-jährige JAV’ler kennt die Probleme der<br />
Azubis – schließlich ist er selber einer. »In der<br />
örtlichen Berufsschule«, berichtet er, »fehlen<br />
Parkplätze und Videorecorder. Wenn die<br />
Sonne scheint, wird es in den meisten Zim-<br />
mern zu heiß – denn die Jalousien fehlen<br />
oder sind kaputt.« Das schlimmste Problem<br />
allerdings ist der Unterrichtsausfall. »Ich<br />
hatte fast ein halbes Jahr lang keinen Sozialkundeunterricht«,<br />
empört sich Michael,<br />
der wegen dieser Probleme beim Schulsprecher<br />
protestiert hat. Zusammen mit<br />
einer Gruppe von Kaeser-Azubis hat Michael<br />
Meiser auch an einer Aktion vor der Wartburg<br />
teilgenommen – dort trafen sich die für die<br />
Berufsschul-Misere verantwortlichen Kultusminister.<br />
›SOS Berufsschule‹ stand auf<br />
den Flyern, die Michael verteilt hat.<br />
So wird der Chef zur Rede gestellt<br />
Die eigene Meinung vertreten, nicht wegducken<br />
– die Azubis bei Kaeser haben gelernt,<br />
für ihre Interessen einzustehen. Steht<br />
eine Betriebsversammlung an, stellen sie<br />
den Chef der Firmengruppe direkt und persönlich<br />
zur Rede. »Wenn Herr Kaeser auf<br />
meine Fragen nicht eingeht, dann stehe ich<br />
auf und gehe vor zum Mikrophon und spreche<br />
ihn noch einmal richtig direkt an, damit<br />
er darauf eingeht«, erläutert Martin Strack.<br />
Ein Beispiel hierfür: das Thema Übernahme.<br />
In einem Telefonat mit der JAV bei Kaeser in<br />
Coburg hatte Martin erfahren, dass die meisten<br />
Azubis dort unbefristet übernommen<br />
werden – in Gera wurden jedoch nur Verträge<br />
mit 12-monatiger Befristung angeboten.<br />
»Bei diesem Thema wollte er zuerst gar<br />
nicht auf mich eingehen, bis ich noch einmal<br />
nachgehakt habe«, berichtet Martin, der<br />
inzwischen als Ersatzmitglied für den Betriebsrat<br />
gewählt wurde und sich dort für<br />
eine unbefristete Übernahme einsetzen will.<br />
»Wir sind der Meinung, drei oder dreieinhalb<br />
Jahre Ausbildungszeit sind genug Probezeit<br />
– da braucht man nicht noch einmal zusätzliche<br />
zwölf Monate.«<br />
Auch ein Thema der <strong>Jugend</strong>- und Auszubildendenvertretung:<br />
Arbeiten die Azubis an modernen Maschinen? JAV-<br />
Mitglied David Weiland weiß, wo es klemmt. Er ist – wie<br />
seine JAV-Kollegen – selbst noch in der Ausbildung.<br />
Zehn Pluspunkte<br />
Maria Wechsler, Bürokauffrau und JAV-Vorsitzende<br />
beim Dehner Garten-Center in Rain am Lech: Das<br />
spricht für die JAV.<br />
Schon bevor die neuen Azubis zu uns kommen,<br />
machen wir ein Grillfest oder laden sie in eine<br />
Pizzeria ein. Dadurch können sich die Neuen<br />
untereinander kennen lernen und treffen auch<br />
gleich etliche ihrer zukünftigen Kollegen.<br />
Wenn Probleme auftreten, beispielsweise in<br />
den Abteilungen, können die Azubis immer zu<br />
uns kommen. Wir sind ihr erster Ansprechpartner<br />
und arbeiten eng mit dem Betriebsrat<br />
zusammen.<br />
Kaffeekochen, Papierkörbeausleeren und<br />
ständiger Küchendienst sind tabu – wir wehren<br />
uns erfolgreich gegen ausbildungsfremde<br />
Tätigkeiten.<br />
Unsere JAV kümmert sich darum, dass Azubis<br />
keine Überstunden machen müssen und dass<br />
die Arbeitszeitregelungen eingehalten werden.<br />
Wir haben erreicht, dass es in jeder Abteilung<br />
einen Azubi-Paten gibt, den die Azubis ansprechen<br />
können.<br />
Rat + Tat<br />
Gemeinsam mit der Gewerkschaft ver.di organisieren<br />
wir zwei Mal im Jahr einen Ausflug<br />
auf eine Berghütte ins Zillertal, zu der alle<br />
Azubis mitkommen können.<br />
Unsere JAV führt alle drei Monate eine Azubi-<br />
Versammlung durch, auf der Probleme in der<br />
Ausbildung angesprochen werden können.<br />
Gemeinsam mit dem Betriebsrat setzen wir<br />
uns dafür ein, dass die Azubis intensiver und<br />
besser auf die Abschlussprüfungen vorbereitet<br />
werden und dass die Azubis, soweit möglich,<br />
übernommen werden.<br />
Wir klären die Azubis über das Thema Altersvorsorge<br />
auf und erklären ihnen, welche<br />
Zuschüsse sie bei einem Beitritt in unsere<br />
Pensionskasse geltend machen können.<br />
Wir informieren die Azubis über die aktuellen<br />
Entwicklungen bei den Tarifverhandlungen<br />
und kämpfen gemeinsam mit der Gewerkschaft<br />
für eine höhere Ausbildungsvergütung.<br />
Immer in der Nähe: David Weiland, Martin Struck und Michael Meiser (v. l. n. r.) von der Kaeser-JAV<br />
fit in den Job 2002 fit in den Job 2002<br />
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10<br />
Das steht mir zu!<br />
Was Azubis verdienen, wie lange sie arbeiten müssen und welcher Urlaub ihnen zusteht – das und<br />
noch viel mehr regeln Tarifverträge.<br />
48 Stunden pro Woche arbeiten, vier Wochen<br />
Urlaub pro Jahr, weder Urlaubs- noch Weihnachtsgeld.<br />
Eine Horrorvorstellung? Keineswegs<br />
– denn genau so regelt der Gesetzgeber<br />
die Arbeitsbedingungen in Deutschland.<br />
Dass die meisten Arbeitnehmer deutlich besser<br />
gestellt sind, liegt nicht am guten Willen<br />
der Arbeitgeber, sondern an vielen tausend<br />
Verträgen, in denen bessere Arbeits- und<br />
Ausbildungsbedingungen sowie eine gerechte<br />
Lohnerhöhung festgeschrieben sind:<br />
den Tarifverträgen.<br />
Diese Verträge, in denen Lohn- und Gehaltszahlungen<br />
ebenso geregelt werden wie Arbeitsbedingungen,<br />
müssen den Arbeitge-<br />
bern häufig erst abgerungen werden – durch<br />
zähe Verhandlungen und manchmal durch<br />
Streiks. Ein Einsatz, der sich lohnt, denn egal<br />
ob eine Übernahme für Azubis oder eine<br />
gleiche Bezahlung von Arbeitern und Angestellten<br />
erreicht wird, ob Zuschüsse für die<br />
Altersvorsorge festgeschrieben werden oder<br />
ob ein Anspruch auf Weiterbildung garantiert<br />
wird – für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
und für Azubis sind Tarifverträge<br />
immer ein Plus.<br />
Aber Vorsicht: Tarifverträge bringen zwar<br />
viele Vorteile, aber nur, wenn sie auch gelten.<br />
Damit ein Azubi unter den Schutz eines Tarifvertrags<br />
fällt, müssen zwei Voraussetzun-<br />
Alles geregelt! Drei Arten von Tarifverträgen<br />
Manteltarifverträge<br />
Sie regeln Arbeits- und Ausbildungsbedingungen wie Urlaub, Kündigungsfristen<br />
oder Akkord. In Manteltarifverträgen wird häufig<br />
auch die Arbeitszeit festgeschrieben – beispielsweise die 35- oder<br />
die 37,5-Stunden-Woche. In einigen Bereichen gibt es spezielle Manteltarifverträge<br />
für Auszubildende, in denen Themen wie Arbeitsschutz<br />
oder Fahrtkostenerstattung geregelt werden.<br />
Rahmentarifverträge<br />
Sie regeln die Lohngruppeneinteilung nach Tätigkeitsmerkmalen. In<br />
ihnen kann beispielsweise festgelegt werden, dass gewerbliche und<br />
kaufmännische Azubis nach Abschluss ihrer Ausbildung den gleichen<br />
Lohn bekommen müssen, wie das beispielsweise im IG Metall-Bereich<br />
gen erfüllt sein: Der Arbeitgeber muss als<br />
Einzelfirma oder als Mitglied in einem Arbeitgeberverband<br />
an einen Tarifverband gebunden<br />
sein – und der Azubi muss Mitglied der<br />
Gewerkschaft sein, die den Tarifvertrag ausgehandelt<br />
hat. Nur dann kann der Azubi die<br />
dort festgeschriebenen Rechte für sich einklagen!<br />
Wichtig dabei: rechtzeitig in die<br />
Gewerkschaft eintreten – denn Azubis, die<br />
erst nach Abschluss ihrer Ausbildung zur<br />
Gewerkschaft gehen und dann auf Übernahme<br />
klagen, haben keine Chance – so ein Urteil<br />
des Arbeitsgerichts Augsburg (Kammer Neu-<br />
Ulm, Geschäftszeichen 6 Ga 1/00 N vom<br />
08.02.2000).<br />
durch den Entgelt-Rahmentarif (ERA) angestrebt wird. Die Laufzeit<br />
dieser Verträge liegt meist bei mehreren Jahren.<br />
Lohn- und Gehaltstarifverträge<br />
Diese Tarifverträge spürt man am schnellsten am eigenen Geldbeutel<br />
– denn sie regeln Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen.<br />
Mit diesen Verträgen sorgen die Gewerkschaften dafür,<br />
dass Azubis und junge Arbeitnehmer Jahr für Jahr mehr Geld in die<br />
Tasche bekommen — in diesem Jahr durch Lohnerhöhungen zwischen<br />
drei und vier Prozent.<br />
Weitere Infos: www.tarifvertrag.de<br />
d Tarifverträge: Mit ist besser als ohne<br />
Die einen bleiben, die anderen müssen gehen<br />
Florian Bienert, 19, Auszubildender im 3. Ausbildungsjahr zum Fachinformatiker<br />
bei Kleindienst Datentechnik in Augsburg<br />
»In meiner Arbeit als <strong>Jugend</strong>- und Auszubildendenvertreter<br />
merke ich immer wieder, wie<br />
wichtig Tarifverträge sind. Konkretes Beispiel:<br />
Unser Betrieb besteht aus zwei Unternehmen<br />
– der Kleindienst Datentechnik Solutions, die<br />
an den Tarifvertrag gebunden ist und in der<br />
fünf Azubis beschäftigt sind, und der Kleindienst<br />
Datentechnik AG mit insgesamt drei<br />
Azubis. Während der Ausbildungszeit gibt es<br />
für die Azubis überhaupt keinen Unterschied,<br />
sie erhalten allesamt ihr Urlaubs- und Weihnachtsgeld<br />
und arbeiten in den gleichen Abteilungen.<br />
Wenn es jedoch um das Thema Übernahme nach der Ausbildung<br />
geht, wird es ungerecht: Die Azubis bei der tarifgebundenen Firma haben<br />
durch den Tarifvertrag einen 12-monatigen Übernahmeanspruch, die anderen<br />
nicht. Dabei sind sämtliche Azubis drei Jahre lang bei uns und merken<br />
während der Ausbildung auch überhaupt keinen Unterschied. Erst einen<br />
Monat vor der Abschlussprüfung bekommen sie plötzlich mit, der Azubi am<br />
Brotzeittisch gegenüber wird übernommen und ich muss gehen. Wir als JAV<br />
fordern natürlich Gleichbehandlung und wollen, dass auch die Kleindienst<br />
Datentechnik AG in den Arbeitgeberverband geht und sich an Tarifverträge<br />
hält: denn mit zwölf Monaten Berufserfahrung ist es einfacher, einen neuen<br />
Job zu finden als gleich nach der Ausbildung.«<br />
Diesmal stand das Geld im Vordergrund<br />
Hans Rank, 28, Mitglied der Tarifkommission der IG BCE Bayern,<br />
Chemikant bei der Firma Clariant in Gendorf<br />
»Mit dem diesjährigen Tarifabschluss<br />
der IG Bergbau, Chemie,<br />
Energie bin ich sehr zufrieden.<br />
Dieser Abschluss kann sich<br />
sehen lassen: Für die Azubis<br />
stand diesmal das Geld im Vordergrund:<br />
Seit dem 1. Mai 2002<br />
erhält jeder Azubi 23 Euro pro<br />
Monat mehr. Dieser Festbetrag war uns lieber als eine prozentuale Erhöhung<br />
– denn da sieht man gleich, dass man mehr im Geldbeutel hat.«<br />
Vorsorgen<br />
Simon Rottloff, 25, Bundesjugendvorsitzender der IG BAU, Außendienstmitarbeiter<br />
bei der SOKA-BAU in Wiesbaden<br />
»Ich bin für einen flächendeckenden Tarifvertrag<br />
für die betriebliche Altersvorsorge.<br />
Die Altersvorsorge wird zukünftig auch für<br />
junge Leute immer wichtiger, weil wir einer<br />
gravierenden Altersarmut entgegengehen.<br />
Der Staat entzieht sich mehr und mehr der<br />
Zuständigkeit und der Generationenvertrag<br />
wird zunehmend aufgelöst. Es kann nicht<br />
alles am Arbeitnehmer allein hängen bleiben<br />
– auch der Arbeitgeber muss hier eine Ver-<br />
pflichtung eingehen. Wir als IG BAU-<strong>Jugend</strong> fordern für alle Azubis ein ›Einkommen<br />
zum Auskommen‹ – das heißt, Azubis sollen so viel verdienen, wie<br />
für ein eigenständiges Leben nötig ist. Viele Auszubildende müssen ihren<br />
Wohnort zugunsten ihres Ausbildungsplatzes wechseln und sich vor Ort<br />
selbst versorgen. Aber mit der schmalen Ausbildungsvergütung ist das ohne<br />
Unterstützung der Eltern nicht möglich.«<br />
Das Geld reicht nicht<br />
Conny Schönhardt, 24, Kauffrau für Bürokommunikation und stellvertretende<br />
JAV-Vorsitzende bei VW in Hannover<br />
»Unser wichtigstes Ziel für die<br />
nächsten Jahre ist eine Erhöhung<br />
der Ausbildungsvergütung.<br />
Wir haben inzwischen die Anbindung<br />
an den Facharbeiterecklohn:<br />
Bislang erhalten die<br />
Azubis allerdings nur 37 bis<br />
44 Prozent vom Facharbeiterecklohn,<br />
wir hingegen fordern 50 Prozent. Die Ausbildungsvergütung muss<br />
existenzsichernd sein. Das heißt, ich muss mir eine Wohnung leisten können,<br />
ich muss wir etwas zu essen kaufen können, womöglich brauche<br />
ich ein Auto, um zur Arbeit zu kommen – und letztendlich brauchen wir ja<br />
auch Leben und Kultur. Bisher reicht die Ausbildungsvergütung dafür<br />
definitiv nicht.«<br />
Wohnen für 3,60 Euro pro Monat<br />
Holger Rößer, 24, Ver- und Entsorger und JAV-Mitglied bei<br />
DaimlerChrysler in Sindelfingen. Mitglied der großen Tarifkommission<br />
für die Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg<br />
»In unserem Manteltarifvertrag für Auszubildende ist genau geregelt, was<br />
Azubis nicht machen dürfen: zum Beispiel Akkordarbeit oder gefährlichen<br />
Arbeiten. Diese Sachen stehen zwar auch im <strong>Jugend</strong>arbeitsschutzgesetz –<br />
aber das schützt nur die unter 18-Jährigen. Unser Tarifvertrag hingegen gilt<br />
für alle Azubis. Der Tarifvertrag regelt auch, dass die Fahrtkosten zur<br />
Berufsschule vom Arbeitgeber übernommen werden müssen und dass der<br />
Azubi für ein Zimmer, das ihm vom Arbeitgeber überlassen wird, höchstens<br />
3,60 Euro bezahlen muss – nicht pro Quadratmeter, sondern pro Monat! In<br />
Zukunft wollen wir diesen Manteltarifvertrag noch weiterentwickeln: Wir<br />
wollen, dass eine bestimmte Mindestqualität der Ausbildung im Tarifvertrag<br />
festgeschrieben wird.«<br />
Gleicher Lohn in Ost und West<br />
Tanja Globig, 24, Mitglied der Gesamt-JAV bei der Deutschen Post AG und<br />
Dienstleistungsfachkraft im Postbetrieb in Leipzig<br />
»Bei der Deutschen Post AG gibt es seit Beginn dieses Jahres keinen<br />
Einkommensunterschied mehr zwischen West- und Ostdeutschland. Der<br />
Grund: Per Tarifvertrag wurde geregelt, dass die Einkommen im Osten<br />
Schritt für Schritt angepasst werden. Dadurch ging der Lohn bei uns jedes<br />
Jahr weiter nach oben – bis es Anfang des Jahres 2002 zur Angleichung<br />
kam. Darüber hinaus gibt es bei der Deutschen Post AG auch einen Manteltarifvertrag<br />
für Auszubildende: Darin ist geregelt, dass Azubis nicht länger<br />
als neun Stunden pro Tag im Betrieb anwesend sein müssen und dass der<br />
Samstag ausbildungsfrei bleibt, was heißt, dass Post-Azubis am Samstag<br />
grundsätzlich nicht zustellen müssen.«<br />
fit in den Job 2002 fit in den Job 2002<br />
11
12<br />
Money, money<br />
Wohngeld, Berufsausbildungsbeihilfe, vermögenswirksame<br />
Leistungen – nach dem Ausbildungsstart ist viel zu regeln. Hier<br />
ein paar Tipps rund ums Geld.<br />
Vorsicht, Versicherungen!<br />
Einige Versicherungen sind zwar durchaus<br />
sinnvoll oder sogar notwendig, doch die meisten<br />
Auszubildenden können sich das Geld<br />
sparen. Sie sind gegen viele Risiken über<br />
ihre Eltern abgesichert.<br />
So bleiben Auszubildende über die Privathaftpflicht<br />
der Eltern versichert. Das bedeutet:<br />
Auszubildende brauchen auch dann keine<br />
eigene Privathaftpflichtversicherung, wenn<br />
sie ihre Berufsausbildung beendet haben<br />
und anschließend studieren. Ausnahme: Der<br />
Auszubildende heiratet.<br />
Bei der Rechtsschutzversicherung gilt: Die<br />
Versicherung der Eltern übernimmt auch die<br />
Rechtsstreitigkeiten der Kinder, solange sie<br />
ledig und noch keine 25 Jahre alt sind.<br />
Wer während der Ausbildung ein Wohnheimoder<br />
WG-Zimmer bewohnt, kann keine eigene<br />
Hausratversicherung abschließen.<br />
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist sinnvoll<br />
– allerdings nicht für Auszubildende. Wer<br />
noch in der Ausbildung ist, hat keinen Beruf<br />
und bekommt im Ernstfall trotz Beitragszahlungen<br />
keine Leistungen.<br />
Ein finanziell unbeschwertes Leben bis ins<br />
hohe Alter – das geht laut Versicherungswerbung<br />
nur mit einer privaten Altersvorsorge.<br />
Doch Vorsicht! Der Bund der Versicherten<br />
warnt vor dem Abschluss von Kapitallebensversicherungen.<br />
Sie sind unflexibel und<br />
bringen meist wenig Rendite. Wer Geld<br />
zurücklegen will, sollte sich genau informieren<br />
(nähere Infos: www.bundderversicherten.de).<br />
Krankenkassen – freie Qual der Wahl<br />
Mit dem Einstieg ins Berufsleben müssen<br />
fast alle Auszubildenden eine Krankenversicherung<br />
wählen. Berufseinsteiger bleiben<br />
nur über ihre Eltern versichert, wenn sie<br />
weniger als 325 Euro im Monat verdienen.<br />
Grundsätzlich kann ein Auszubildender jeder<br />
Krankenkasse beitreten. Trotz des großen<br />
Kassenangebots sind die Unterschiede aber<br />
gering. 98 Prozent aller Leistungen sind vom<br />
Gesetzgeber vorgeschrieben und müssen<br />
von allen Kassen erbracht werden. Unterschiede<br />
gibt es z. B. bei alternativen Heilmethoden.<br />
Die Verbraucherzentralen haben in einem<br />
Beratungsbrief die Leistungsunterschiede<br />
der Krankenkassen zusammengestellt. In<br />
einem Fragebogen können Versicherte Kriterien<br />
angeben, die ihnen bei der Krankenkassenwahl<br />
wichtig sind. Die Verbraucherzentrale<br />
wertet die Antworten aus und stellt<br />
eine Liste der Krankenkassen zusammen,<br />
die möglichst viele Kriterien erfüllen. Der<br />
Beratungsbrief kann bei der Verbraucherzentrale<br />
bestellt werden. Broschüre und Fragebogenauswertung<br />
kosten 10,20 Euro.<br />
Wer auf den Geldbeutel schaut, entscheidet<br />
nach dem Beitragssatz. Dieser liegt zurzeit bei<br />
den preiswerteren Kassen bei etwa 12 Prozent<br />
und bei den teureren bei etwa 14 Prozent.<br />
Davon zahlt der Arbeitgeber jeweils die Hälfte.<br />
Die Zeitschrift ›Finanztest‹ bietet auf ihrer<br />
Internet-Seite eine kostenpflichtige Übersicht<br />
über alle aktuellen Beitragssätze. Interessenten<br />
können sich die Tabelle für 2,50 Euro<br />
herunterladen (www.finanztest.de).<br />
Die Wahl einer Krankenkasse ist übrigens<br />
keine Entscheidung fürs Leben. Nach 18 Monaten<br />
Mitgliedschaft können Versicherte<br />
ihre Krankenkasse mit sechs Wochen Kündigungsfrist<br />
zum Monatsende wechseln.<br />
Kostenlos, aber nicht umsonst<br />
Für das eigene Girokonto zahlen Auszubildende<br />
bei den meisten Banken keine Gebühren.<br />
Doch wer nach der Ausbildung keine<br />
böse Überraschung erleben will, sollte sich<br />
schon vorab erkundigen. Denn die Kosten<br />
für ein privates Girokonto schwanken zwischen<br />
0 und 150 Euro pro Jahr, so die Rechenergebnisse<br />
der Stiftung Warentest. Allerdings<br />
haben kostenlose Konten manchmal<br />
auch einen Haken. So müssen bei einigen<br />
Banken monatlich mindestens 1.000 Euro<br />
auf das kostenlose Konto überwiesen werden.<br />
Besonders attraktiv sind, nach den Ergebnissen<br />
der Tester, die Angebote der Sparda-<br />
Banken Berlin und Hamburg.<br />
Auch für Arzneimittel, Zahnbehandlungen<br />
oder Rundfunkgebühren zahlen Auszubildende<br />
keinen Cent. Allerdings müssen sie sich<br />
schriftlich befreien lassen. Anträge gibt’s bei<br />
der Krankenkasse und beim Sozialamt.<br />
Finanzspritzen<br />
Ausbildungsvergütungen fallen gerade im<br />
ersten Jahr recht mickrig aus. Reicht das<br />
Geld nicht aus, um alle Kosten zu decken,<br />
können Azubis Berufsausbildungsbeihilfe<br />
bekommen. Diese erhalten minderjährige<br />
Auszubildende, wenn sie nicht mehr bei den<br />
Eltern leben und der Arbeitsplatz mehr als<br />
eine Stunde von der elterlichen Wohnung<br />
entfernt liegt. Anträge gibt’s bei der Berufsberatung<br />
des Arbeitsamtes. Wer hierauf keinen<br />
Anspruch hat, kann Wohngeld beantragen.<br />
Kindergeld wird in der Regel nur bis<br />
zum 18. Lebensjahr gezahlt. Verdient der<br />
Auszubildende allerdings nicht mehr als<br />
7.188 Euro im Jahr, können die Eltern auch für<br />
ältere Kinder Kindergeld beantragen.<br />
Vermögenswirksame Leistungen<br />
Ob ein Auszubildender Anspruch auf Vermögenswirksame<br />
Leistungen (VL) hat, steht<br />
im Tarifvertrag. In der Regel zahlt der Chef<br />
26,59 Euro pro Monat, manchmal auch mehr.<br />
Wie er das Geld anlegt, kann der Azubi selbst<br />
entscheiden. Zur Wahl stehen Bausparvertrag<br />
und Aktienfonds. Auch wenn viele angesichts<br />
purzelnder Kurse vor dem Aktiengeschäft<br />
zurückschrecken, kann die Anlage in einen<br />
Fonds sinnvoll sein. Hier sind zehn Prozent drin,<br />
vorausgesetzt man hat genug Zeit. Wer nach<br />
sieben Jahren sein Geld braucht, sollte lieber<br />
einen Bausparvertrag abschließen.<br />
Geld zurück! Die Azubi-Steuererklärung<br />
Arbeitnehmeranteil zur<br />
Arbeitslosenversicherung<br />
Arbeitnehmeranteil zur<br />
Rentenversicherung<br />
Arbeitnehmeranteil zur<br />
Plegeversicherung<br />
Arbeitnehmeranteil zur<br />
Krankenversicherung<br />
renten- und arbeitslosenversicherungspflichtiges<br />
Einkommen<br />
steuerpflichtiges<br />
Bruttoeinkommen<br />
kranken- und pflegeversicherungspflichtiges<br />
Einkommen<br />
Einkommen aus den Monaten<br />
des laufenden Jahres,<br />
Einkommen insgesamt, Beiträge<br />
zur Arbeitslosen-,<br />
Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung,<br />
VL insgesamt<br />
Was können Azubis von der Steuer absetzen? Fragen an Ilhami Erkus, stellvertretendes<br />
Vorstandsmitglied des ›Arbeitnehmer-Lohnsteuer-Hilfevereins‹<br />
und Leiter der Beratungsstelle im Kölner Stadtteil Kalk.<br />
Wann müssen Auszubildende eine Steuererklärung machen?<br />
»Wenn sie über steuerpflichtiges Einkommen verfügen, sollten sie am Jahresende<br />
einen Veranlagungsantrag stellen. Der Freibetrag liegt bei 7.180 Euro. Nur wer<br />
mehr verdient, zahlt Steuern und kann Kosten beim Finanzamt geltend machen.«<br />
Welche Ausgaben können Auszubildende von der Steuer absetzen?<br />
»Das reicht von der Arbeitskleidung bis zu den Kontoführungsgebühren. Für<br />
Arbeitskleidung können sie beispielsweise 103 Euro pro Jahr ohne Nachweise<br />
absetzen. Wer mehr ausgibt, muss die Belege sammeln und sich die Ausgaben<br />
vom Arbeitgeber bestätigen lassen.«<br />
Und wie sieht es mit den Kosten für Schulbücher und -hefte aus?<br />
»Jeder Euro, den ein Auszubildender für Fachbücher, Hefte oder Kopien<br />
ausgibt, wird von seinem steuerpflichtigen Einkommen abgezogen. Allerdings<br />
nur, wenn er Quittungen beim Finanzamt vorlegen kann. Deshalb<br />
sollte man erst einmal alle Belege sammeln, die irgendetwas mit der Ausbildung<br />
zu tun haben.«<br />
Was können Auszubildende an Fahrtkosten von der Steuer absetzen?<br />
»Für sie gilt, wie für alle anderen Arbeitnehmer, die so genannte Entfernungspauschale.<br />
Wenn der Arbeitsplatz mindestens zwölf Kilometer vom<br />
{<br />
Tipps rund ums Geld<br />
Das sagt die Gehaltsabrechnung<br />
Abrechnung für<br />
den Monat …<br />
Wohnort entfernt liegt, können die Fahrtkosten von der Steuer abgesetzt werden.<br />
Für die ersten zehn Kilometer gibt es 36 Cent, für jeden weiteren Kilometer<br />
42 Cent. Dabei spielt es keine Rolle mehr, ob man mit dem Auto, mit Bus und<br />
Bahn, dem Fahrrad oder zu Fuß zur Arbeit kommt.«<br />
Formulare für die Steuererklärung sind unübersichtlich und verwirrend.<br />
Wie ist so ein Veranlagungsantrag aufgebaut?<br />
»Zu einem solchen Formular gehören ein Mantelbogen und mehrere Anlagen.<br />
Für Auszubildende sind allerdings in der Regel nur der Mantelbogen und die Anlage<br />
N wichtig. Die Anlage N fragt nach dem Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit.<br />
Auf der Vorderseite trägt der Antragsteller sein Einkommen und auf der Rükkseite<br />
seine Ausgaben, etwa für Arbeitskleidung und Fachbücher, ein. Der<br />
Mantelbogen hat vier Seiten: Auf der ersten muss man seine persönlichen<br />
Daten angeben und auf der zweiten die Art der Einkünfte. Seite 3 erfasst<br />
Sonderausgaben etwa für Versicherungen, Mitgliedsbeiträge, zum Beispiel<br />
für Gewerkschaften, oder Spenden. Auf der letzten Seite wird nach außergewöhnlichen<br />
Belastungen wie Unterhaltszahlungen oder Zuzahlungen für<br />
Medikamente oder Brillen gefragt.«<br />
Einige Gewerkschaften empfehlen ihren Mitgliedern Steuerberater vor<br />
Ort. Adressen und Telefonnummern gibt es im Gewerkschaftsbüro.<br />
fit in den Job 2002 fit in den Job 2002<br />
13<br />
Arbeitgeberanteil<br />
an den Sozialversicherungen<br />
für<br />
den Monat …<br />
Arbeitgeberanteil<br />
an den Sozialversicherungen<br />
für die<br />
Gesamtmonate<br />
Zuschuss des<br />
Arbeitgebers<br />
zur VL<br />
AusbildungsvergütungGesamtbruttoeinkommenGesamtsteuerabzug<br />
(hier 0,—)<br />
Arbeitgeberanteil<br />
an den Sozialversicherungeninsgesamt<br />
Nettoeinkommen<br />
VL insgesamt<br />
Geld, das aufs<br />
Konto überwiesen<br />
wird
14 Für eine Perspektive nach der Ausbildung<br />
Chef, übernehmen Sie!<br />
Wer beruflich Erfolg haben will, braucht eine gute Ausbildung – und Berufserfahrung. Doch die zu sammeln,<br />
wird immer schwieriger: Übernahme nach der Ausbildung ist nicht mehr selbstverständlich.<br />
Übernahme geregelt<br />
Hier die wichtigsten Vereinbarungen zwischen<br />
Gewerkschaften und Arbeitgebern zur Übernahme<br />
nach der Ausbildung.<br />
Eine unbefristete Übernahme ist hier vereinbart:<br />
Deutsche Post AG<br />
Deutsche Postbank AG<br />
Lederwaren- und Kofferindustrie West<br />
Metallindustrie Berlin-Brandenburg, Niedersachsen,<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Rheinischer Braunkohlenbergbau<br />
Steinkohlenbergbau Ruhr<br />
VEW Energie, Dortmund<br />
Volkswagen AG<br />
Eine Übernahme für 12 Monate ist hier vereinbart:<br />
Bankgewerbe<br />
Chemische Industrie West und Ost<br />
Geschafft! Ausbildungsplatz gefunden, die<br />
Ausbildung gut gepackt, die Abschlussprüfung<br />
bestanden. Und dann? Ausbildungsverträge<br />
sind befristet – sie enden nach der<br />
Prüfung. Wichtig ist jetzt, Berufserfahrung zu<br />
sammeln. Viele wünschen sich deshalb, erst<br />
einmal im Ausbildungsbetrieb weiterzuarbeiten.<br />
Genau das aber ist in den letzten<br />
Jahren immer schwieriger geworden: In vielen<br />
Branchen ist es längst nicht mehr selbstverständlich,<br />
dass die Betriebe ihre Auszubildenden<br />
übernehmen.<br />
Die Übernahme zu erreichen und damit den<br />
jungen Leuten eine berufliche Perspektive<br />
zu verschaffen ist zu einem wichtigen Thema<br />
von Gewerkschaften, Betriebsräten und<br />
<strong>Jugend</strong>- und Auszubildendenvertretungen<br />
geworden. Der Einsatz lohnt sich: In vielen<br />
Branchen und Regionen haben die Gewerkschaften<br />
Übernahme-Regelungen in Tarifverträgen<br />
erzielt. Besonders engagierte<br />
<strong>Jugend</strong>- und Auszubildendenvertretungen<br />
Für die Übernahme ›ihrer‹ Azubis gehen <strong>Jugend</strong>- und<br />
Auszubildendenvertreter sogar auf die Straße: Die JAV<br />
von MAN Salzgitter bei einer Kundgebung für die Übernahme<br />
(oben) und die JAV des Berliner Senats (unten).<br />
Druckindustrie<br />
Eisen- und Stahlindustrie West und Ost<br />
Energiewirtschaft Hessen<br />
Erdöl- und Erdgasgewinnung West<br />
Feinkeramische Industrie West<br />
Gas- und Elektrizitätswerke Wilhelmshaven:<br />
im Umfang von 75 Prozent der Arbeitszeit<br />
Holz verarbeitende Industrie z. B. in Westfalen-Lippe,<br />
Baden-Württemberg, Thüringen<br />
Konfektion Technischer Textilien West und Ost<br />
Landelektrizität GmbH Wolfsburg: in Teilzeit<br />
Metallindustrie West und Ost: in Teilbereichen<br />
Möglichkeit der Verlängerung auf 18 Monate<br />
Öffentlicher Dienst Bund, Länder, Gemeinden<br />
Papierindustrie<br />
PreußenElektra-Gruppe: in Teilzeit<br />
Sägeindustrie NRW, Hessen, Baden-Württemberg<br />
und Ost<br />
(JAV) konnten gemeinsam mit dem Betriebsrat<br />
sogar spezielle Regelungen für das eigene<br />
Unternehmen erreichen. So existiert bei der<br />
Bayer AG beispielsweise seit mehreren Jahren<br />
eine ›Pool-Regelung‹. Der Konzern übernimmt<br />
die Ausgebildeten unbefristet. Wer<br />
nicht sofort eine Stelle bekommt, wird in<br />
dem ›Ausgebildeten-Pool‹ beschäftigt und<br />
dann im Werk zum Beispiel als Urlaubs- oder<br />
Schwangerschaftsvertretung eingesetzt –<br />
so lange, bis eine Stelle im Unternehmen<br />
frei wird.<br />
Neben solchen Vereinbarungen haben Betriebsrat<br />
und JAV noch die Möglichkeit, auf<br />
die Personalplanung des Unternehmens Einfluss<br />
zu nehmen, um den Ausgebildeten eine<br />
Weiterbeschäftigung zu ermöglichen: Sie<br />
können im Betrieb nachforschen, wo demnächst<br />
Beschäftigte in Rente oder in Schwangerschaftsurlaub<br />
gehen, und können gegenüber<br />
der Geschäftsleitung darauf drängen,<br />
dass die Stellen mit den Ausgelernten besetzt<br />
werden.<br />
Welche Übernahme-Regelungen existieren<br />
für meinen Betrieb? Diese Frage beantworten<br />
die JAV, der Betriebsrat oder das örtliche<br />
Büro der zuständigen Gewerkschaft (Adresse<br />
im Telefonbuch).<br />
Schuhindustrie West<br />
Textil- und Bekleidungsindustrie<br />
Textilreinigungsgewerbe<br />
Versicherungsgewerbe<br />
Zeitschriftenverlage Niedersachsen, Bremen<br />
Für mindestens 6 Monate wird hier übernommen:<br />
Metallhandwerk in verschiedenen Fachbereichen<br />
und Regionen<br />
Mineralölverarbeitung: Deutsche BP AG, BP Oil<br />
Deutschland GmbH<br />
Molkereien Bayern<br />
Obst und Gemüse verarbeitende Industrie<br />
NRW: für mindestens 50 Prozent der Ausgebildeten<br />
Quelle: Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts<br />
(WSI) der Hans-Böckler-Stiftung<br />
<br />
Ruhe bewahren<br />
Blaumann oder Schlips? Wenn nach Ausbildungsbeginn Zweifel<br />
aufkommen, ob der gewählte Job der richtige ist, warnen Experten<br />
vor übereilten Schritten.<br />
Für Rainer war die Sache bereits nach zwei<br />
Wochen klar: »Den ganzen Tag auf dem<br />
Gerüst zu stehen und Wärmedämmungen<br />
an Mauern zu kleben, dazu hatte ich keine<br />
Lust«, erzählt der 19-Jährige*, der bei einem<br />
südniedersächsischen Malerbetrieb nach<br />
nicht einmal einem Monat die Brocken hinwarf.<br />
»Ich hatte mir den Malerberuf ganz<br />
anders vorgestellt. Viel abwechslungsreicher«,<br />
erinnert sich Rainer, der im August<br />
2002 eine zweite Ausbildung als Ver- und<br />
Entsorger begonnen hat.<br />
Jeder vierte Ausbildungsvertrag in Deutschland<br />
wird vorzeitig gelöst. Gut 150.000 waren<br />
es allein im Jahr 2000 – Tendenz steigend.<br />
Ein Ausbildungsberater der Industrie- und<br />
Handelskammer (IHK) Hannover warnt<br />
Berufsanfänger jedoch vor übereilten Entscheidungen:<br />
»Es wird immer Arbeiten geben,<br />
die man nicht mag.« Wer Schwierigkeiten<br />
mit dem Lernpensum bekomme, sollte erst<br />
einmal ausbildungsbegleitende Hilfen in Anspruch<br />
nehmen, bevor er das Handtuch wirft.<br />
Und am besten könne der eigene Ausbilder<br />
beurteilen, ob die Berufswahl danebengegangen<br />
sein könnte: »Der kennt den Beruf,<br />
den Betrieb – und den Auszubildenden.«<br />
Sinnvoll ist es, zumindest die Probezeit abzuwarten,<br />
meint der Berater: »Dann gibt es<br />
sowieso ein Gespräch.«<br />
Doch weiß auch der IHK-Experte, dass es<br />
gute Gründe dafür geben kann, eine Ausbildung<br />
unverzüglich abzubrechen. Bei gesundheitlichen<br />
Problemen gebe es gar keine Alternative.<br />
Und gerade in kleineren Betrieben,<br />
so der Ausbildungsberater, könnten<br />
zwischenmenschliche Konflikte den Ausstieg<br />
sinnvoll erscheinen lassen. Zwar bietet die<br />
IHK in solchen Fällen Vermittlungsgespräche<br />
an und berät Auszubildende vertraulich.<br />
Aber: »Wenn ein Auszubildender in eine<br />
Mitarbeitergruppe nicht hineinpasst, wird<br />
eine Trennung unumgänglich sein.« Bei größeren<br />
Betrieben gebe es immerhin noch die<br />
Möglichkeit, die Ausbildung in einer anderen<br />
Abteilung oder vielleicht sogar in einem anderen<br />
Ausbildungsberuf fortzusetzen.<br />
* Name von der Redaktion geändert<br />
Ausbildungsabbruch<br />
Die Krise meistern<br />
Was tun, wenn man mit der Ausbildung unzufrieden<br />
ist? Tipps von Lothar Judith aus der Abteilung<br />
<strong>Jugend</strong> im <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand.<br />
Was sollten Azubis unternehmen, wenn sich der<br />
vermeintliche Traumjob als Alptraum entpuppt?<br />
»Auf jeden Fall sollte man sich jemandem anvertrauen.<br />
Viele Azubis haben Angst und sprechen<br />
nicht einmal mit ihren Eltern oder Freunden über<br />
ihre beruflichen Probleme. Dadurch wird der Druck<br />
noch stärker. Gespräche helfen, sich über die Ursachen<br />
der Unzufriedenheit klar zu werden.«<br />
Wo bekommt ein Auszubildender Hilfe?<br />
»Gibt es einen Betriebsrat oder eine <strong>Jugend</strong>-und<br />
Auszubildendenvertretung, sind das die ersten<br />
Anlaufstellen. An die sollte man sich bereits wenden,<br />
wenn Probleme auftauchen – also nicht erst,<br />
wenn die Situation eskaliert ist.«<br />
Worüber sollte man nicht groß nachdenken?<br />
»Viele haben zum Beispiel mit der körperlichen<br />
Umstellung zu kämpfen, die der Wechsel von der<br />
Schule in die Arbeitswelt mit sich bringt. Das ist<br />
völlig normal.«<br />
Wann ist es besser, die Ausbildung abzubrechen?<br />
»Wenn man aus gesundheitlichen Gründen einen<br />
Beruf nicht ausüben kann, muss man ihn natürlich<br />
aufgeben. Aber sonst sollte man schon versuchen,<br />
die Ausbildung zu Ende zu bringen. Viele<br />
Azubis erleben es als sehr positiv, eine berufliche<br />
Krise gemeistert zu haben. Auf jeden Fall sollte<br />
man erst wissen, wo man unterkommt, bevor man<br />
kündigt.«<br />
fit in den Job 2002 fit in den Job 2002<br />
15
16<br />
Nichts wie weg<br />
Arbeiten ist nur das halbe Leben. Auch um die andere Hälfte<br />
kümmern sich die Gewerkschaften. Ob Seminare, Urlaub oder<br />
<strong>Jugend</strong>camp – für wenig Geld können <strong>Jugend</strong>liche sich weiterbilden,<br />
verreisen, etwas erleben. Freizeiten und Kurse gibt<br />
es das ganze Jahr über.<br />
Auf und davon<br />
Von März bis Oktober können <strong>Jugend</strong>liche<br />
mit ›anders reisen‹ günstig wegfahren,<br />
zum Beispiel nach Korfu oder<br />
in die schottischen Highlands. Auch<br />
Städtereisen, Studienfahrten und internationale<br />
Workcamps bietet die Reiseagentur<br />
der <strong>DGB</strong>-<strong>Jugend</strong>-NRW an.<br />
Alle Teilnehmer werden in die Reisevorbereitungen<br />
einbezogen. Programm<br />
für 2003 bestellen:<br />
›anders reisen‹<br />
Zumsandestr. 35<br />
48145 Münster<br />
Tel: 0251. 136 72 75<br />
E-Mail: andersreisen@dgb.de<br />
www.dgb-andersreisen.de<br />
Fun für wenig Geld<br />
Ferien mit der ›Fejo‹ heißt Spaß und<br />
Erholung für wenig Geld. Fejo steht für<br />
›Freizeitheim und <strong>Jugend</strong>erholungsgesellschaft‹<br />
und ist eine gemeinnützige<br />
Tochtergesellschaft der IG BCE,<br />
die ihren jungen Mitgliedern Urlaub<br />
innerhalb Deutschlands oder in europäischen<br />
Ländern bieten will – zum<br />
Beispiel ein Segeltörn über die Ostsee,<br />
Sprachreisen nach Irland oder Ski-<br />
Freizeiten in Italien und Österreich.<br />
›Fejo‹<br />
Alte Hattinger Str. 19<br />
44789 Bochum<br />
Tel: 0234. 31 95 22<br />
E-Mail: fejo.bochum@igbce.de<br />
Seminar am See<br />
Bei Berlin direkt am See liegt das Bildungszentrum<br />
der IG BCE. Seminare zu<br />
gewerkschaftlichen und politischen<br />
Themen finden hier statt, zum Beispiel<br />
zum Arbeitsrecht. Kegelbahn, Tischtennisplatte<br />
und Fitnessraum mit Sauna<br />
begeistern nach dem Seminarprogramm<br />
– und natürlich ein Bad im See.<br />
IG BCE Bildungszentrum<br />
Kagel-Möllenhorst<br />
Weg zur Erholung 34<br />
15345 Möllenhorst<br />
Tel: 033434. 422 30<br />
E-Mail: bz.kagel@igbce.de<br />
Für ihre jungen Mitglieder bietet die IG Bergbau, Chemie,<br />
Energie über die ›Fejo‹ günstige Reisen an.<br />
Haus im Grünen<br />
Bei Frankfurt am Main und doch mitten<br />
im Grünen liegt das Bildungswerk Steinbach<br />
der IG BAU, das auch Seminare für<br />
junge Leute anbietet.<br />
Bildungswerk Steinbach e. V.<br />
Waldstr. 31<br />
61449 Steinbach<br />
Tel: 06171. 70 24 23<br />
E-Mail:<br />
bildungswerk.steinbach@igbau.de<br />
www.bildungswerk-steinbach.de<br />
Schöner Flecken<br />
Nördlich von Berlin, idyllisch an Seen<br />
gelegen, finden in der <strong>DGB</strong>-<strong>Jugend</strong>bildungsstätte<br />
Flecken Zechlin nicht nur<br />
Seminare zu Ausbildung und Beruf<br />
statt, sondern auch zu Geschichts-,<br />
Medien- und Ökologiethemen. Boote<br />
und Fahrräder können ausgeliehen<br />
werden, ein Billardtisch ist vorhanden.<br />
<strong>DGB</strong>-<strong>Jugend</strong>bildungsstätte<br />
Kirschallee<br />
16837 Flecken Zechlin<br />
Tel.: 033923. 74 00<br />
E-Mail: Flecken.Zechlin@<br />
dgbjugendbildungsstaette.de<br />
www.dgbjugendbildungsstaette.de<br />
Villa im Taunus<br />
Eine Villa im Park mitten im Taunus:<br />
Hier können Internet- und Medien-<br />
Seminare belegt werden, finden internationale<br />
<strong>Jugend</strong>begegnungen statt<br />
und Tagungen zum Thema Globalisierung<br />
und Gentechnik. Mit dabei:<br />
Sauna, Schwimmbad und Sportplatz.<br />
Haus der Gewerkschaftsjugend<br />
Königsteiner Str. 29<br />
61440 Oberursel (Taunus)<br />
Tel: 06171. 590 30<br />
E-Mail: info@hdgj.de<br />
www.hdgj.de<br />
Mitten in Oberbayern<br />
Modern und ökologisch präsentiert<br />
sich die <strong>Jugend</strong>bildungsstätte der IG<br />
Metall mitten in Oberbayern und bietet<br />
Seminare für junge Arbeitnehmer/innen<br />
und <strong>Jugend</strong>- und Auszubildendenvertreter/innen<br />
an. Besonders attraktiv:<br />
Skifahren und Snowboarden, Rodeln<br />
oder Bootfahren auf der Isar.<br />
<strong>Jugend</strong>bildungsstätte der IG Metall,<br />
Unterleiten 28<br />
83727 Schliersee<br />
Tel: 08026. 921 30<br />
E-Mail: schliersee@igmetall.de<br />
www.igm-schliersee.de<br />
Lernen & schwimmen<br />
In einem Naherholungsgebiet gelegen<br />
und mit Hallenbad, Sauna, Liegewiese<br />
und Volleyballfeld ausgestattet, bietet<br />
das <strong>DGB</strong>-<strong>Jugend</strong>bildungszentrum Hattingen<br />
jede Menge Abwechslung nach<br />
den Seminaren und Workshops.<br />
<strong>DGB</strong>-<strong>Jugend</strong>bildungszentrum<br />
Am Homberg 44<br />
45529 Hattingen<br />
Tel: 02324. 59 51 00<br />
E-Mail:<br />
info@jugendbildungszentrum.de<br />
www.jugendbildungszentrum.de<br />
Bildung + Urlaub<br />
Unter den Linden<br />
Arbeitswelt, Ökologie und Kulturaustausch<br />
sind einige der Seminarthemen,<br />
die das Programm von Haus<br />
Naumburg bietet. Das Haus für die<br />
ver.di-<strong>Jugend</strong> liegt von Natur umgeben<br />
am Rande der hessischen Stadt<br />
Naumburg. Für Freizeitspaß sorgen<br />
Billard, Kicker und Disco.<br />
ver.di-<strong>Jugend</strong>bildungsstätte<br />
Haus Naumburg<br />
Unter den Linden 30<br />
34311 Naumburg<br />
Tel.: 05625. 999 70<br />
E-Mail: bst.naumburg@verdi.de<br />
www.verdi-jugend.de<br />
<strong>DGB</strong>-<strong>Jugend</strong>bildungsstätte Oberursel mit Park drum herum. <strong>DGB</strong>-<strong>Jugend</strong>bildungsstätte Hattingen: Lernen mit schöner Aussicht.<br />
Am Waldrand<br />
Seminare für <strong>Jugend</strong>- und Auszubildendenvertretungen<br />
und viele andere<br />
Kurse bietet das Bildungszentrum der<br />
NGG, das zwischen Wiesbaden und<br />
Frankfurt am Waldrand liegt. Abends<br />
kann man kegeln, schwimmen oder<br />
Billard spielen.<br />
Bildungszentrum Oberjosbach<br />
An der Eiche 12<br />
65527 Niedernhausen-Oberjosbach<br />
Tel: 06127. 905 60<br />
E-Mail: info@bzo.de<br />
www.bzo.de<br />
fit in den Job 2002 fit in den Job 2002<br />
17
18<br />
Deine Rechte und Pflichten von<br />
von a» bis z»<br />
A<br />
ABMAHNUNG<br />
» Die Abmahnung ist<br />
die nachdrückliche Aufforderung des<br />
Arbeitgebers, ein unerwünschtes Verhalten<br />
(z. B. Zu-spät-Kommen) zu<br />
ändern, verbunden mit der Androhung<br />
von Kündigung, wenn das Verhalten<br />
nicht geändert wird. Einer unberechtigten<br />
Abmahnung kann man mit einer<br />
Gegendarstellung entgegentreten.<br />
ABSCHLUSSPRÜFUNG<br />
» Sie wird in allen anerkannten<br />
Ausbildungsberufen durchgeführt.<br />
Wer die Prüfung nicht besteht,<br />
kann sie zwei Mal wiederholen, in der<br />
Regel je nach einem halben Jahr. Bei<br />
Nichtbestehen kann die Fortsetzung<br />
des Ausbildungsverhältnisses bis zur<br />
nächsten Wiederholungsprüfung formlos<br />
verlangt werden.<br />
» So ist’s passiert<br />
Oft müssen Auszubildende mit der Gewerkschaft und der JAV um ihre Rechte<br />
kämpfen. Einige konkrete Fälle aus der Praxis zeigen, dass man sich<br />
gegen Mängel in der Ausbildung mit Erfolg durchboxen kann.<br />
AUSBILDUNGSFREMDE<br />
ARBEITEN<br />
» Das sind Tätigkeiten,<br />
die nicht dem Ausbildungszweck dienen.<br />
Sie sind nach § 6 Berufsbildungsgesetz<br />
verboten. Auch unnötige Wiederholungen<br />
bereits erlernter Fähigkeiten<br />
dienen nicht dem Ausbildungszweck.<br />
Einige Beispiele: regelmäßiges Reinigen<br />
von Werkstätten und Büros, sich<br />
ständig wiederholende Arbeiten, ständige<br />
Botengänge oder Ablagearbeiten.<br />
AUSBILDUNGSNACHWEIS<br />
» Über die Inhalte der<br />
Ausbildung und den Unterricht in der<br />
Berufsschule muss ein genauer wöchentlicher<br />
Ausbildungsnachweis, das<br />
Berichtsheft, geführt werden. Es ist<br />
während der Arbeitszeit zu schreiben.<br />
Das regelmäßig geführte Berichtsheft<br />
ist eine Zulassungsvoraussetzung für<br />
die Abschlussprüfung. Wichtig: Es gehört<br />
nur das hinein, was wirklich getan<br />
wurde. In Streitfällen kann man so<br />
nachweisen, ob der Ausbildungsplan<br />
eingehalten wurde.<br />
Immer nur putzen – durchgefallen!<br />
Matthias S.* hatte mit einer Autofirma<br />
einen Ausbildungsvertrag zum Kfz-<br />
Mechaniker abgeschlossen. Aber anstatt<br />
Autos zu reparieren, wurden Matthias<br />
überwiegend ausbildungsfremde<br />
Aufgaben wie Wagenwaschen und Herrichten<br />
von Gebrauchtwagen aufgetragen.<br />
Das Ende vom Lied: Matthias<br />
.<br />
AUSBILDUNGSPLAN<br />
» Der Plan muss dem<br />
Azubi am Anfang seiner Ausbildung<br />
ausgehändigt werden. Er beinhaltet<br />
die Ausbildungsstationen im Betrieb<br />
sowie das Ziel und die Dauer des jeweiligen<br />
Abschnittes. Der Plan soll helfen<br />
zu überprüfen, ob dem Auszubildenden<br />
wirklich all das geboten wird, was<br />
zur Ausbildung gehört.<br />
AUSBILDUNGSVERTRAG<br />
» Keine Ausbildung<br />
ohne Vertrag! Er wird zwischen dem<br />
Auszubildenden und dem Ausbildungsbetrieb<br />
geschlossen und muss bei der<br />
zuständigen Kammer (Industrie- und<br />
Handelskammer oder Handwerkskammer)<br />
registriert sein. Der Vertrag muss<br />
gem. § 4 BBiG Auskunft geben über:<br />
Beginn und Dauer der Ausbildung<br />
Art und Ziel der Ausbildung<br />
Dauer der täglichen Arbeitszeit<br />
Zahlung und Höhe der<br />
Ausbildungsvergütung<br />
sachlich und zeitlich gegliederter<br />
Ausbildungsplan.<br />
bestand seine praktische Gesellenprüfung nicht – von sechs Prüfungsteilen<br />
bekam er in drei nur die Note ›ungenügend‹. Aus Matthias’<br />
Sicht war sein Ausbildungsbetrieb für das Nichtbestehen der<br />
Prüfung verantwortlich. Deshalb informierte er sich bei seiner<br />
Gewerkschaft, ob die Autofirma für die mangelhafte Ausbildung<br />
zur Rechenschaft gezogen werden kann. Die Gewerkschaft half ihm<br />
und verlangte vom Ausbildungsbetrieb die Zahlung von Schadensersatz.<br />
Mit Erfolg, denn das Arbeitsgericht stellte fest, dass<br />
die Autofirma den Ausbildungsrahmenplan in keiner Weise eingehalten<br />
hatte. Matthias’ Ausbilder habe gegen die Pflicht verstoßen,<br />
den Azubi nur mit Aufgaben zu beauftragen, die dem Ausbildungszweck<br />
dienen (Berufsbildungsgesetz § 6). Konsequenz:<br />
Die Ausbildungsfirma musste Matthias als Schadensersatz die<br />
B<br />
BERUFSGENOSSENSCHAFT<br />
» Sie ist der Träger der<br />
gesetzlichen Unfallversicherung. Bei<br />
einem Arbeits- oder Wegeunfall tritt<br />
die B. für einen entstandenen Körperschaden<br />
ein und trägt die Kosten für<br />
Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit.<br />
Die Beiträge zur B. hat der Arbeitgeber<br />
zu tragen.<br />
BERUFSSCHULE<br />
» Die Berufsschulpflicht<br />
gilt nach dem Berufsbildungsgesetz<br />
für alle Auszubildenden. Sie wird nach<br />
den Schulgesetzen der Länder geregelt.<br />
Im <strong>Jugend</strong>arbeitsschutzgesetz<br />
sind weitere Bestimmungen zum<br />
Schulbesuch enthalten: Wenn der Unterricht<br />
morgens vor 9 Uhr beginnt, dürfen<br />
Azubis vorher nicht im Betrieb beschäftigt<br />
werden. Für die Berufsschulzeit<br />
muss der Arbeitgeber die Azubis<br />
von der Arbeit freistellen. Dadurch<br />
darf kein Verdienstausfall entstehen.<br />
Differenz zwischen der Ausbildungsvergütung und<br />
dem Lohn, den er als Kfz-Mechaniker bei Bestehen<br />
der Prüfung erhalten hätte, bezahlen – bis zum<br />
erreichten Ende seiner Ausbildung.<br />
Blechen für den Lkw-Führerschein<br />
Andreas W.* absolvierte bei einer Speditionsfirma<br />
eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer. Der Ausbildungsvertrag<br />
enthielt unter der Rubrik ›Sonstige Vereinbarungen‹<br />
folgende Klausel: »Von der Ausbildungsvergütung<br />
werden monatlich 50 Euro einbehalten,<br />
die für die Erlangung des Führerscheins<br />
erforderlich sind.« Nachdem Andreas den ›LKW-<br />
Wenn die Berufsschulzeit allerdings in<br />
einen ausbildungsfreien Zeitraum fällt<br />
(z. B. auf einen Montag in einem Friseurbetrieb),<br />
gibt es für erwachsene Azubis<br />
ein Anrechnungsproblem. Hier liegt<br />
eine gesetzliche Lücke vor, die die <strong>DGB</strong>-<br />
<strong>Jugend</strong> zu schließen versucht.<br />
BEURTEILUNGSBOGEN<br />
» In vielen Betrieben<br />
wird der Ausbildungserfolg von den<br />
Ausbildern in einem Beurteilungsbogen<br />
kontrolliert. Häufig sind diese Bögen veraltet,<br />
weil sie noch Dinge wie ›Ordnung,<br />
Sauberkeit, Veranlagung‹ beurteilen.<br />
Die Gewerkschaften fordern die<br />
Veränderung solcher Bögen: Sie sollen<br />
nur Beurteilungen enthalten, die sich<br />
am Lernziel orientieren.<br />
BETRIEBSRAT/<br />
PERSONALRAT<br />
» Dies ist die Interessenvertretung<br />
aller Arbeitnehmer eines<br />
Betriebes. Er ist auch für die Auszubildenden<br />
und <strong>Jugend</strong>lichen zuständig.<br />
Führerschein‹ bei einer von der Spedition beauftragten<br />
Fahrschule erworben und seine Abschlussprüfung<br />
erfolgreich absolviert hatte, wurde er nicht<br />
übernommen. Eher durch Zufall hörte er beim Arbeitsamt,<br />
dass sein Ausbilder nicht berechtigt war,<br />
ihn an den Kosten des Fahrunterrichts zu beteiligen.<br />
Deshalb verlangte er nun von seinem ehemaligen<br />
Ausbilder die einbehaltene Summe zurück. Als dieser<br />
sich weigerte, schaltete er mit Rückendeckung des<br />
<strong>DGB</strong>-Rechtsschutzes das Arbeitsgericht ein und<br />
bekam Recht. Das Gericht wies darauf hin, dass nach<br />
dem Berufsbildungsgesetz Vereinbarungen ungültig<br />
sind, in denen der Azubi verpflichtet wird, für die<br />
Erste Hilfe<br />
Die enge Zusammenarbeit mit der<br />
<strong>Jugend</strong>- und Auszubildendenvertretung<br />
ist in der Regel selbstverständlich.<br />
In allen Betrieben können Betriebsräte<br />
gewählt werden (Voraussetzung:<br />
mindestens fünf Beschäftigte, die<br />
über 18 Jahre alt sind). Im öffentlichen<br />
Dienst muss sogar unter dieser<br />
Voraussetzung ein Personlrat<br />
gewählt werden.<br />
BETRIEBS-<br />
VEREINBARUNGEN<br />
» Mit Betriebsvereinbarungen<br />
kann eine Reihe betrieblicher<br />
Belange der Arbeitnehmer/innen<br />
geregelt werden (z. B. Umgang mit<br />
Suchtkranken, Übernahme von Auszubildenden).<br />
Diese Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen<br />
werden zwischen dem<br />
Arbeitgeber und dem Betriebsrat bzw.<br />
Personalrat geschlossen und gelten<br />
jeweils nur im eigenen Betrieb. Die für<br />
Auszubildende geltenden Vereinbarungen<br />
kennen die <strong>Jugend</strong>- und Auszubildendenvertretung<br />
und der Betriebsbzw.<br />
Personalrat.<br />
fit in den Job 2002 fit in den Job 2002<br />
19
20<br />
von a» bis z»<br />
G<br />
GEFÄHRLICHE ARBEITEN<br />
» Das sind Arbeiten, die<br />
die Leistungsfähigkeit des Azubis übersteigen<br />
oder mit besonderen Unfallgefahren<br />
verbunden sind (z. B. Arbeiten<br />
mit gefährlichen Chemikalien oder<br />
Kranfahren am Bau). Ausnahmen bestehen,<br />
wenn solche Arbeiten zur Erreichung<br />
des Ausbildungsziels erforderlich<br />
sind und fachkundige Aufsicht<br />
besteht. Wer mit g. A. beschäftigt wird,<br />
muss vom Ausbilder besonders eingewiesen<br />
werden (vgl. § 22 JArbSchG).<br />
GEWERKSCHAFT<br />
» Gewerkschaften sind<br />
Interessengemeinschaften der Arbeitnehmer<br />
einer oder mehrerer Branchen,<br />
die als Gegenpart zu den Arbeitgeberverbänden<br />
Tarifverträge (siehe<br />
dort) aushandeln und abschließen. Sie<br />
sind demokratisch organisiert, so dass<br />
jedes Mitglied an Entscheidungsprozessen<br />
mitwirken kann. Gewerkschaftsmitglieder<br />
haben bei Entrichtung<br />
der satzungsgemäßen Beiträge<br />
Anspruch auf Rechtsschutz (siehe dort).<br />
» So ist’s passiert<br />
J<br />
Berufsausbildung zu zahlen (§ 5 Abs. 2 Nr. 1). Nach Meinung der<br />
Arbeitsrichter zählen die Kosten für den Erwerb der Fahrerlaubnis<br />
zur betrieblichen Fachausbildung. Der Ausbildungsbetrieb<br />
musste für die Kosten der Fahrschule aufkommen.<br />
Krank am Tag der Prüfung<br />
Lisa D.* absolvierte drei Jahre lang eine Ausbildung zur Industriekauffrau.<br />
Am Tag der Abschlussprüfung konnte sie nicht<br />
erscheinen, weil sie erkrankt und somit arbeitsunfähig war.<br />
Dem Ausbildungsbetrieb legte sie entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen<br />
vor. Dennoch weigerte sich der<br />
Betrieb, Lisa bis zum nächstmöglichen Prüfungstermin weiterzubeschäftigen.<br />
Ein halbes Jahr später bestand Lisa die Ab-<br />
JUGEND- UND AUSZUBIL-<br />
DENDENVERTRETUNG (JAV)<br />
» Sie ist die gewählte<br />
Interessenvertretung aller <strong>Jugend</strong>lichen<br />
und Auszubildenden im Betrieb.<br />
Wahlberechtigt sind alle unter 18-Jährigen<br />
und alle Auszubildenden bis zum<br />
25. Lebensjahr. Wählbar sind alle, die<br />
das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet<br />
haben. Die JAV kümmert sich um<br />
die Probleme der Azubis mit oder an<br />
ihrem Arbeitsplatz. Sie achtet darauf,<br />
dass die Gesetze und Tarifverträge in<br />
ihrem Bereich im Betrieb eingehalten<br />
werden. Dabei arbeitet sie meist eng mit<br />
dem Betriebsrat und der zuständigen<br />
Mitgliedsgewerkschaft im <strong>DGB</strong> zusammen.<br />
Über den Betriebsrat reicht sie<br />
Vorschläge zur Verbesserung der Ausbildung<br />
oder Beschwerden an den<br />
Arbeitgeber weiter.<br />
Außerdem kann sie sich für die Verbesserung<br />
der Ausbildungsinhalte stark<br />
machen und für die Übernahme der<br />
Azubis nach abgeschlossener Ausbil-<br />
schlussprüfung. Daraufhin verlangte sie nachträglich<br />
die Zahlung der Ausbildungsvergütung bis zum<br />
Zeitpunkt der Prüfung. Das Arbeitsgericht gab ihr<br />
Recht. Die Richter wiesen darauf hin, dass der Ausbilder<br />
nur dann verpflichtet sei, auf Verlangen des<br />
Azubis eine Verlängerung der Ausbildungszeit zu<br />
akzeptieren, wenn der Azubi die Abschlussprüfung<br />
nicht bestanden hat (§ 14 Abs. 3). Dies gelte auch<br />
bei krankheitsbedingter Verhinderung an der Prüfungsteilnahme.<br />
Ergebnis: Der ehemalige Ausbildungsbetrieb<br />
musste für sechs Monate Ausbildungsvergütung<br />
an Lisa nachzahlen.<br />
dung kämpfen. Im neuen Betriebsverfassungsgesetz<br />
sind die Rechte der<br />
JAV gestärkt und das Wahlverfahren<br />
erleichtert worden. Was die JAV erreichen<br />
kann, hängt aber vor allem<br />
von dem Rückhalt ab, den sie unter<br />
den Auszubildenden besitzt.<br />
JUGENDARBEITS-<br />
SCHUTZGESETZ<br />
» Es gilt für alle <strong>Jugend</strong>lichen<br />
unter 18 Jahren, die in einer<br />
Ausbildung oder einem sonstigen Beschäftigungsverhältnis<br />
stehen. Zum<br />
Schutz von <strong>Jugend</strong>lichen sind hier<br />
Mindestanforderungen in Bereichen<br />
wie Arbeitszeit (z. B. Grundsatz der<br />
5-Tage-Woche und deren Ausnahmen,<br />
§§ 15, 16 JArbSchG; Verbot von Überstunden:<br />
max. 40 Std./Woche, max.<br />
8,5 Std./Tag, § 8 JArbSchG), Nachtruhe<br />
(§ 14 JArbSchG mit Ausnahmen),<br />
Pausen oder Urlaub geregelt. Auch<br />
das Verbot von Akkord- und Fließbandarbeiten<br />
– wieder mit Ausnahmen –<br />
findet sich hier. Vorgeschrieben sind<br />
auch eine ärztliche Untersuchung vor<br />
Antritt der Ausbildung sowie eine<br />
Wiederholungsuntersuchung (§§ 32ff.<br />
JArbSchG).<br />
K<br />
KRANKMELDUNG<br />
» Wer krank ist, muss<br />
noch am selben Tag, nach Möglichkeit<br />
sogar vor Arbeitsbeginn, die Firma<br />
verständigen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung<br />
des Arztes (›Krankenschein‹)<br />
muss innerhalb von drei Tagen<br />
bei der Firma vorliegen.<br />
KÜNDIGUNG<br />
» Während der Ausbildung<br />
ist eine Kündigung nach der Probezeit<br />
nur möglich,<br />
aus wichtigem Grund ohne Einhaltung<br />
einer Kündigungsfrist oder<br />
mit einer Kündigungsfrist von vier<br />
Wochen durch den Auszubildenden,<br />
wenn er die Berufsausbildung aufgeben<br />
oder sich für eine andere<br />
Berufstätigkeit ausbilden lassen will.<br />
Bei einer fristlosen Entlassung müssen<br />
schon triftige Gründe – wie z. B. Diebstahl<br />
oder häufiges unentschuldigtes Fehlen<br />
trotz Abmahnung – vorliegen.<br />
Einige Betriebe versuchen, Auszubildende<br />
›elegant‹ loszuwerden, indem<br />
sie das Ausbildungsverhältnis ›in beiderseitigem<br />
Einvernehmen‹ lösen wol-<br />
P<br />
Kündigung wegen Punkerfrisur<br />
Claudia O.* absolvierte eine Ausbildung als Arzthelferin. Während der Ausbildung<br />
veränderte sie ihr Outfit und ließ sich die Haare lila und grün färben.<br />
Ihren Ausbilder störte das nicht. Nach einem Jahr aber entschloss er sich,<br />
seine Praxis an einen anderen Arzt zu verkaufen. Mit ihrem neuen Chef kommt<br />
Claudia gar nicht klar. Der junge Herr Doktor erklärt ihr, dass er sie nicht weiter<br />
ausbilden möchte. Er begründet das damit, dass zwischen ihm und Claudia<br />
gar kein Ausbildungsvertrag bestehe und er sie deshalb auch nicht weiter<br />
ausbilden müsse. Im Übrigen sei sie mit einer Punkerfrisur in einer Arztpraxis<br />
untragbar. Er wolle sich aber noch einmal mit seinem Rechtsanwalt und der<br />
Ärztekammer besprechen. Am nächsten Tag ist der neue Chef kurz angebunden.<br />
Gegen Dienstschluss bittet er Claudia zum Personalgespräch. Er teilt ihr<br />
mit, dass er den Rat erhalten habe, das Ausbildungsverhältnis mit ihr fortzu-<br />
len. Achtung: Sofort mit der <strong>Jugend</strong>und<br />
Auszubildendenvertretung, der<br />
zuständigen Gewerkschaft oder dem<br />
örtlichen Büro des <strong>DGB</strong> Rechtsschutzes<br />
(Telefonbuch) Kontakt aufnehmen!<br />
PAUSEN<br />
» 60 Minuten Pause ist<br />
für <strong>Jugend</strong>liche bei einer Beschäftigung<br />
von mehr als 6 Stunden täglich<br />
vorgeschrieben. Die erste P. muss spätestens<br />
nach 4,5 Std. eingelegt werden.<br />
Mindestdauer: 15 Minuten! (§ 11<br />
JArbSchG)<br />
PROBEZEIT<br />
» Probezeit ist eine im<br />
Ausbildungsvertrag festgeschriebene<br />
Zeit von mindestens einem und höchstens<br />
drei Monaten (§ 13 BBiG). Während<br />
dieser Zeit können Arbeitgeber<br />
und Auszubildender jederzeit und ohne<br />
Angabe von Gründen den Ausbildungsvertrag<br />
kündigen.<br />
R<br />
Erste Hilfe<br />
RECHTSSCHUTZ<br />
» Oft ist der Prozess<br />
vor einem Arbeits- oder Sozialgericht<br />
die letzte Möglichkeit, um seine Rechte<br />
durchzusetzen, etwa wenn man sich<br />
gegen eine Entlassung oder Abmahnung<br />
wehren will. Gewerkschafts-mitglieder<br />
erhalten kostenlosen Rechtsschutz<br />
in allen Arbeits- und Sozialrechtsangelegenheiten,<br />
sowohl bei<br />
einem gerichtlichen Verfahren als auch<br />
durch eine rechtliche Beratung. Die<br />
Vertretung vor Gericht übernehmen<br />
in der Regel speziell geschulte Rechtssekretär/innen<br />
der <strong>DGB</strong> Rechtsschutz<br />
GmbH. Wer diesen Rechtsschutz hat,<br />
kann ohne finanzielles Risiko sogar<br />
durch mehrere Instanzen streiten.<br />
S<br />
STREIK<br />
» Streik ist das rechtmäßige<br />
und letzte Kampfmittel der<br />
Gewerkschaften, um die Arbeits- und<br />
Lebensbedingungen der Arbeitnehmer/innen<br />
zu verbessern oder zu<br />
setzen, da ein so genannter ›Betriebsübergang‹ und damit ein Übergang ihres<br />
Ausbildungsverhältnisses vom vorherigen Inhaber der Praxis auf ihn erfolgt sei.<br />
Auch habe er erfahren, dass die Frisur kein Grund sei, das Ausbildungsverhältnis<br />
zu beenden. Eine Kündigung seitens des Ausbilders setze nach Ablauf der<br />
Probezeit einen ›wichtigen‹ Grund voraus.<br />
Ein solcher liege aber nach der<br />
Rechtsprechung der Gerichte nicht<br />
vor, wenn ein Azubis sich ›modisch‹<br />
kleide oder eine Frisur habe, die nicht<br />
dem Geschmack des Ausbilders entspreche.<br />
Claudia durfte bleiben – und<br />
ihre bunten Haare auch.<br />
fit in den Job 2002 fit in den Job 2002<br />
21<br />
»
22 Erste Hilfe<br />
von a » bis z«<br />
T<br />
sichern. Auch Azubis haben das Recht,<br />
zu streiken, wenn es um ihre Belange<br />
geht. Für die Zeit des Streiks zahlen<br />
die Gewerkschaften ihren Mitgliedern<br />
Streikunterstützung.<br />
TARIFVERTRAG<br />
» Tarifverträge regeln<br />
Löhne, Gehälter und allgemeine Arbeitsbedingungen<br />
für die Arbeitnehmer<br />
einer Branche und werden zwischen<br />
Arbeitgebern bzw. ihren Spitzenorganisationen<br />
und den einzelnen Gewerkschaften<br />
ausgehandelt. Über Arbeitszeit,<br />
Urlaub, Arbeitsbedingungen,<br />
Zuschläge, Kündigungen und andere<br />
Fragen werden von beiden Seiten Mantel-<br />
oder Rahmentarifverträge abgeschlossen.<br />
Tarifverträge sind zeitlich<br />
begrenzt und müssen nach Ablauf neu<br />
verhandelt werden. Gewerkschaftsmitglieder<br />
haben gegenüber der anderen<br />
Tarifvertragspartei, dem Arbeitgeber,<br />
einen einklagbaren Rechtsanspruch<br />
auf die tariflichen Leistungen.<br />
Den Tarifvertrag erhält man bei der<br />
zuständigen Gewerkschaft.<br />
» So ist’s passiert<br />
U<br />
Sonntagsarbeit im Krankenhaus<br />
Christiane B.* wird in einem großen Krankenhaus zur Krankenschwester<br />
ausgebildet. Als sie den Dienst- und Ausbildungsplan für den nächsten Monat<br />
ansah, bemerkte sie, dass sie an einem Sonntag zum Dienst eingeteilt wurde.<br />
Ihr Freund Hannes, ebenfalls Azubi, erklärte ihr, dass sie sich das nicht gefallen<br />
lassen müsse. Es bestehe für <strong>Jugend</strong>liche ein Beschäftigungsverbot an<br />
Sonntagen. Also stehe ihrem geplanten Sonntagsausflug an die Ostsee nichts<br />
im Wege. Zur Sicherheit geht Christiane zur Sprechstunde der JAV und informiert<br />
sich. Hier erfährt sie, dass im <strong>Jugend</strong>arbeitsschutz zwar ein Beschäftigungsverbot<br />
für <strong>Jugend</strong>liche am Sonntag verankert ist (§ 17), der Gesetzgeber<br />
jedoch u. a. in Krankenhausanstalten einen Sonntagseinsatz für zulässig<br />
angesehen hat. Es müsse nur darauf geachtet werden, dass jeder zweite<br />
Sonntag, mindestens zwei Sonntage im Monat, beschäftigungsfrei bleiben<br />
ÜBERNAHME<br />
» Hier geht es um die<br />
Übernahme im erlernten Beruf nach<br />
bestandener Prüfung. Der Azubi hat<br />
kein Recht auf Weiterbeschäftigung<br />
nach seiner Ausbildung (Ausnahmen<br />
sind in einigen Tarifverträgen geregelt).<br />
Man sollte sich frühzeitig erkundigen<br />
(mind. 3 Monate vor Ausbildungsende),<br />
ob eine Übernahme möglich<br />
ist. Sollte der Arbeitgeber eine klare<br />
Aussage über die Weiterbeschäftigung<br />
verweigern, sollte der Azubi sofort zum<br />
Betriebs-/Personalrat oder zur JAV<br />
gehen. Gemeinsam lässt sich mehr<br />
erreichen, selbst wenn es nur eine befristete<br />
Übernahme ist. Achtung, JAV-<br />
Mitglieder haben einen Anspruch nach<br />
Ausbildungsende weiterbeschäftigt zu<br />
werden! (vgl. § 78a BetrVG/§ 9 BPersVG<br />
für JAV-Mitglieder)<br />
URLAUB<br />
» Der Urlaub für <strong>Jugend</strong>liche<br />
ist im <strong>Jugend</strong>arbeitsschutzgesetz,<br />
aber auch durch Tarifverträge<br />
geregelt. Nach dem Gesetz erhalten<br />
<strong>Jugend</strong>liche je nach Alter zwischen<br />
Z<br />
müssen. Nichtantritt der Arbeit könne bei fehlendem<br />
Krankenschein als Arbeitsverweigerung angesehen<br />
werden und zur fristlosen Kündigung führen. Schweren<br />
Herzens verschob Christiane den geplanten<br />
Wochenendtrip.<br />
* Die Namen wurden von der Redaktion geändert.<br />
25 und 30 Werktage Urlaub. In den<br />
meisten Branchen gilt nach Tarifvertrag<br />
30 Tage Urlaub für alle Beschäftigten.<br />
ZEUGNIS<br />
» Ein Zeugnis gibt es<br />
nach der Ausbildung gleich zwei Mal:<br />
in der Berufsschule und im Betrieb.<br />
Dieses Zeugnis darf keine Bemerkungen<br />
enthalten, die sich nachteilig auf<br />
die weitere berufliche Laufbahn auswirken<br />
können. Da Arbeitgeber oft auf<br />
den ersten Blick positiv klingende<br />
Formulierungen verwenden, die aber<br />
in einer Art Geheim-Code Übles bedeuten<br />
können, sollte man das Zeugnis<br />
gemeinsam mit der JAV oder einem<br />
Gewerkschaftssekretär checken.<br />
ZWISCHENPRÜFUNG<br />
» Während der Ausbildung<br />
muss mindestens eine Zwischenprüfung<br />
zur Ermittlung des Ausbildungsstandes<br />
durchgeführt werden.<br />
Ohne diese Prüfung erfolgt keine Zulassung<br />
zur Abschlussprüfung.<br />
Laut & deutlich<br />
Krach in Schweinfurt (großes Foto): 700 Azubis fordern 65 Euro mehr Ausbildungsvergütung im Monat.<br />
Fun in Dortmund (Fotos oben): Wagen auf der ›Job Parade‹ der <strong>DGB</strong>-<strong>Jugend</strong> NRW am 1. Mai 2002.<br />
Deutscher Gewerkschaftsbund<br />
Henriette-Herz-Platz 2<br />
10178 Berlin<br />
Tel: 030. 240 60-371<br />
E-Mail: jugend@bundesvorstand.dgb.de<br />
www.dgb-jugend.de<br />
IG Bauen-Agrar-Umwelt<br />
Olof-Palme-Straße 19<br />
60439 Frankfurt<br />
Tel: 069. 957 37-460<br />
E-Mail: jugend@igbau.de<br />
www.jugend-igbau.de<br />
IG Bergbau, Chemie, Energie<br />
Königsworther Platz 6<br />
30167 Hannover<br />
Tel: 0511. 76 31-471<br />
E-Mail: abt.jugend@igbce.de<br />
www.igbce-jugend.de<br />
Impressum<br />
fit in den Job<br />
Ein Service der <strong>DGB</strong>-<strong>Jugend</strong> für den Berufsstart<br />
<strong>DGB</strong>-Bundesvorstand, Abteilung <strong>Jugend</strong>,<br />
Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin<br />
Tel: 030. 240 60-371, www.dgb-jugend.de<br />
Gefördert mit Mitteln aus dem Kinder- und<br />
<strong>Jugend</strong>plan des Bundes, Juli 2002.<br />
Gewerkschaft Erziehung<br />
und Wissenschaft<br />
Reifenberger Straße 21<br />
60489 Frankfurt<br />
Tel: 069. 789 73-113<br />
E-Mail:faberc@gew.de<br />
www.gew.de<br />
IG Metall<br />
Lyoner Straße 32<br />
60528 Frankfurt<br />
Tel: 069. 66 93-2258<br />
E-Mail: jugend@igmetall.de<br />
www.igmetall.de<br />
Gewerkschaft<br />
Nahrung-Genuss-Gaststätten<br />
Haubachstraße 76<br />
22765 Hamburg<br />
Tel: 040. 380 13-152<br />
E-Mail: hv.jugend@ngg.net<br />
www.ngg.net/jungengg<br />
Herstellung: ran Verlag Köln, Aduchtstraße 7,<br />
50668 Köln, Tel: 0221. 973 28-0<br />
Fotos: Babette Brandenburg, Kai-Uwe Knoth, Jörg<br />
Lange, Martin Menke, Andrea Pilch, Guido Schiefer,<br />
Andreas Schölzel, Klemens Tepper, Transit/Peter<br />
Hirth, Annette Zoepf<br />
Texte: Katja Brittig, Gaby Groth, Rainer Heubeck,<br />
Ulrich Jonas, Fabienne Melzer<br />
Adressen/Impressum<br />
Die Gewerkschaftsjugend ist eine starke Gemeinschaft.<br />
Sie setzt sich beispielsweise ein für bessere Arbeitsund<br />
Ausbildungsbedingungen, fordert eine deutliche<br />
Erhöhung der Ausbildungsvergütungen, streitet für<br />
mehr Ausbildungsplätze und natürlich für die anschließende<br />
Übernahme der Auszubildenden. Und sie<br />
arbeitet mit bei Organisationen, die sich für mehr Gerechtigkeit<br />
in dieser Welt oder gegen Ausländerfeindlichkeit<br />
und Rassismus einsetzen.<br />
Manchmal muss man für seine Ziele auch lauter werden.<br />
Und da gilt eine ganz einfache Regel: Je mehr Leute<br />
zusammenkommen, desto deutlicher wird man wahrgenommen.<br />
Deshalb: Nicht abseits am Straßenrand stehen<br />
– Mitglied werden und mitmischen.<br />
Welche Ansprechpartner hat die für meinen Betrieb und<br />
meine Branche zuständige Gewerkschaft vor Ort? Wo<br />
gibt es Flyer oder Broschüren, die mich über die Arbeit<br />
und die Freizeitangebote der Gewerkschaftsjugend informieren?<br />
Wie kann ich mitarbeiten?<br />
Eine einfache Antwort: Die zuständige Gewerkschaft<br />
heraussuchen und dann anrufen, schreiben oder mailen.<br />
So erreicht man die Gewerkschaften (Anfragen an die<br />
jeweilige ›Abteilung <strong>Jugend</strong>‹ richten):<br />
Gewerkschaft der Polizei<br />
Stromstraße 4<br />
10555 Berlin<br />
Tel: 030. 399 99 21-105<br />
E-Mail: jungegruppe@gdp-online.de<br />
www.gdp-junge-gruppe.de<br />
23<br />
Transnet Gewerkschaft GdED<br />
Weilburger Straße 24<br />
60326 Frankfurt<br />
Tel: 069. 75 36-219<br />
E-Mail: jugend@transnet-jugend.org<br />
www.transnet-jugend.org<br />
ver.di Vereinte<br />
Dienstleistungsgewerkschaft<br />
Potsdamer Platz 10<br />
10785 Berlin<br />
Tel: 030. 69 56-2361<br />
E-Mail: jugend@verdi.de<br />
www.verdi-jugend.de<br />
Illustrationen: Leowald<br />
Gestaltung: Konzeption + Design, Köln<br />
Druckerei: C. Limbach GmbH, Köln<br />
Auf dem Titel: Dilek Halici, Andreas Krings und<br />
Marcel Baikowski von der <strong>Jugend</strong>- und Auszubildendenvertretung<br />
des Bayer-Werks Dormagen<br />
fit in den Job 2002 fit in den Job 2002
Bald sind JAV-Wahlen<br />
JAV<br />
Biss muss sein<br />
Gut starten - JAV wählen!<br />
Alle zwei Jahre finden die Wahlen zu den<br />
<strong>Jugend</strong>- und Auszubildendenvertretungen (JAV)<br />
statt – im Herbst 2002 ist es wieder soweit.<br />
Nur eine starke JAV kann die Azubi-Interessen<br />
wirksam vertreten. Deshalb gilt: Wählen gehen,<br />
damit die neue JAV zupacken kann!