NACHTFALTER - Novotny & Novotny
NACHTFALTER - Novotny & Novotny NACHTFALTER - Novotny & Novotny
präsentiert NACHTFALTER
- Seite 2 und 3: NACHTFALTER (intern. Titel: Escort
- Seite 4 und 5: Erste Presseauzüge: Kurz: ‚ ...G
- Seite 6 und 7: Stab Drehbuch / Regie: Franz Novotn
- Seite 8 und 9: ‚Alle Huren heißen Claudia..‘
- Seite 10 und 11: ... DAS IST ALLES FÜR SIE: DIE AUG
- Seite 12 und 13: Die gezeigte Gewalt entspricht nich
- Seite 14 und 15: spielen, oder angesichts eines voll
- Seite 16: ... auf die man sich nicht verlasse
- Seite 19 und 20: Harry nimmt die Schallplatte vom Pl
- Seite 21 und 22: Harry: Weiber... Katrin weint stumm
- Seite 23 und 24: Claudia: Und was wird aus mir ... i
- Seite 25 und 26: Otto aus. Dabei reißt Ottos Leiche
präsentiert<br />
<strong>NACHTFALTER</strong>
<strong>NACHTFALTER</strong><br />
(intern. Titel: Escort Service)<br />
Österreich 2000<br />
35 mm; Farbe; Breitwand; Länge: 81 Minuten;<br />
Förderung: Hergestellt mit Referenzmitteln des ÖFI<br />
Budget öS 5 mio.<br />
Österreichische Erstaufführung: Diagonale 2001<br />
Kinostart Wien: 15. Juni 2001
Pitch:<br />
Die Nacht, die Begierde, die Macht, die Kunden.<br />
Die Gewinnerin des grausamen Spiels und seine Verlierer.<br />
Wie bleibt frau nicht auf der Strecke.<br />
Eine billige Dreigroschengeschichte.<br />
"Nutte Claudia läßt Nutte Katrin für sich arbeiten um sich materiell<br />
abzusichern und 'die Scheiße draußen zu lassen'. Nutte Katrin<br />
erfährt, daß der Preis der Unabhängigkeit hoch ist, körperliche<br />
Zerstörung und Zerrüttung mit sich bringt."<br />
Na und?<br />
Interessierte kein Schwein, wären da nicht groteske und<br />
menschenverachtende Umstände, die starke Frauencharaktere<br />
hervorbringen können;<br />
"können" - denn das schwächere Teil, jene, die dem Pandämonium<br />
nicht gewachsen sind, hängen bald an der Nadel oder gehen<br />
sonstwie unter.<br />
Die Räuberpistole als Vehikel für die Darstellung von starken Frauen<br />
am Rande des Abgrunds.
Erste Presseauzüge:<br />
Kurz:<br />
‚ ...Geldgier, Wahnsinn, Sexrausch ....schonungslos offen in<br />
Szene gesetzt...<br />
Diagonale<br />
‚ Je schlimmer der Kunde, desto härter die Frau.... Geld und<br />
die Geilheit des Freiers, Deutliche Szenen, die kaum etwas<br />
verschleiern. .... Typ(inn)en am Rande des Wahnsinns.<br />
Super-scharf und durchgeknallt ! ‚<br />
tv hören und sehen<br />
‚ Sex & Crime Reißer .... <strong>Novotny</strong> zählt zu den Talenten, die<br />
das Filmland Österreich wieder in den Blickpunkt rücken‘<br />
KURIER<br />
Lang:<br />
‚...morbider Dreigroschenroman zwischen Geldgier, Wahnsinn,<br />
Sexrausch und körperlicher Zerrüttung... schonungslos offen in<br />
Szene gesetzt... (Diagonale)<br />
‚Zwei Prostituierte im Dauer-Einsatz. Je schlimmer der Kunde, desto<br />
härter die Frau. Auch wenn Body & Soul dabei draufgehen. Es<br />
zählen das Geld und die Geilheit des Freiers sonst gar nichts. So<br />
kann's im Sex-Rausch auch schon mal passieren, dass eine beim<br />
Kopulieren ins Jenseits enteilt... Kommentar: Deutliche Szenen, die<br />
kaum etwas verschleiern. Dabei pendelt der Fan immer zwischen<br />
Gefühlen wie Lachen und Entsetzen. Morbid ist der Film allemal,<br />
scheut auch nicht vor Nekrophilie zurück. Dazwischen immer wieder<br />
Typ(inn)en am Rande des Wahnsinns. Super-scharf und<br />
durchgeknallt! Fmm Quelle: tv hören und sehen / nov. 2000<br />
(http://www.tvhus.de/)<br />
‚ Sex & Crime Reißer .... <strong>Novotny</strong> zählt zu den Talenten, die das<br />
Filmland Österreich wieder in den Blickpunkt rücken‘ (KURIER)
Interview-Vereinbarungen mit Regisseur Franz <strong>Novotny</strong> und/oder<br />
den Schauspielern:<br />
Büro <strong>Novotny</strong>&<strong>Novotny</strong>/Frau Sabine Geisberger 4787170
Stab<br />
Drehbuch / Regie: Franz <strong>Novotny</strong><br />
Produktion: Franz und Karin <strong>Novotny</strong>, <strong>Novotny</strong>&<strong>Novotny</strong><br />
Filmproduktion<br />
Kamera: Andreas Hutter<br />
Ton: Bruno Pisek<br />
Musik: Arb, Bluestar, Elmü, Matterhorn, Mum, Planet E, Sofa<br />
Surfers, Stairway to Heaven, Toxic Lounge, Uko, Waldeck<br />
Schnitt: Cordula Werner<br />
Ausstattung: Manuela Freigang<br />
Kostüm: Natalie Weller<br />
Produktionsleitung: Brigitte Hirsch
Besetzung<br />
Eva Lorenzo Katrin<br />
Maria Schuster Claudia<br />
Mickey Hardt Rafael<br />
Hanno Pöschl Karli<br />
Klaus Händl Herr Kefer<br />
Sylvia Wohlmut Frau Kefer<br />
Gregor Bloeb Reno<br />
Robert Ritter Otto<br />
Philipp Hochmair Harry<br />
Michi Grimm Grimm<br />
Max Posch Kunde<br />
Rene Bartl Kunde<br />
Katharina Varduli Nutte<br />
Nora Waldstätter Nora<br />
Sabine Geisberger Nutte
‚Alle Huren heißen Claudia..‘<br />
Das Subgenre des Prostituiertenfilms kennt als Gegenpole zum<br />
einen die verharmlosend-romantisierende Variante a la "Irma la<br />
Douce" oder "Pretty Woman", zum anderen die, meist mit<br />
moralisierenden Untertönen versehene sogenannte "realistische<br />
Milieustudie" á la "Die Hure".<br />
<strong>Novotny</strong>s "Nachtfalter" ist keiner dieser larmoyanten Varianten<br />
zuzurechnen. Hier ist die nackte Lust und das nackte Entsetzen<br />
anzutreffen.<br />
In der Sprache der Kunden und Zuhälter ‚heißen alle Huren Claudia‘<br />
und durch diese anonymisierende Form, die <strong>Novotny</strong> sarkastisch<br />
zitiert, zeigt er, daß Prostitution ein Geschäft ist, das sich nicht von<br />
anderen Geschäften unterscheidet. Der Körper der Frau ist die<br />
Ware, die beworben werden muß wie andere Waren auch, es gibt<br />
Huren mit Gütesiegel (Sonderpreise), Angebot und Nachfrage,<br />
Marketingstrategien (sogar per Internet), der Kunde ist (ein<br />
jämmerlicher) König, dessen Wünschen die Verpackung angepaßt<br />
ist.<br />
Also begegnen wir zwar auch in <strong>Novotny</strong>s "Nachtfalter" den üblichen<br />
Versatzstücken des Prostituiertenfilms, der ‚Räuberpistole‘, wie<br />
<strong>Novotny</strong> sagt, etwa dem brutalen Zuhälter, der hier allerdings<br />
vielschichtiger und wehmütiger gezeichnet ist, auch der<br />
geknechteten Hure, und dem widerlichen, Spezielles suchenden,<br />
Kunden, aber allen gewissermaßen in Gänsefüßchen, die Dialoge<br />
wiederum werden in Comicstripmanier zu Sprechblasen einer<br />
entfremdeten Welt.<br />
Das heißt nicht, daß <strong>Novotny</strong> sein Thema nicht erst nimmt. Im<br />
Gegenteil: Immer dann, wenn ein scheinbarer Gag zum Lachen<br />
animiert, bleibt das Lachen im Halse stecken.<br />
Claudia 1 zu Claudia 2: "Aussteigen? Glaubst, ich will wieder<br />
Blutspenden?"<br />
Das heißt "übersetzt" nichts anderes als:<br />
Wer in dieser Gesellschaft überleben will muß sich prostituieren.<br />
Wenn eine junge Frau soweit abgestiegen ist , daß ihr eigenes Blut<br />
ihr Überleben sichert, setzt sie lieber die eigene Haut und das<br />
eigene Geschlecht ein, um nicht auszubluten.<br />
Beispiel 2: Wenn Katrin, die sich nicht aus finanziellen Motiven<br />
prostituiert, in ihrer geräumigen Wohnung abends dutzende<br />
Tausender verbrennt und sich dabei klarmacht, daß sie nicht das<br />
verdiente Geld, sondern den Thrill sucht, wird daraus in
"Nachtfalter" eine blasphemische Handlung wider die einzige<br />
Gottheit, deren Gebote als unantastbar gelten – das Geld. Diesen<br />
Regeln unterwirft sich Katrin nicht, sie sucht nach neuen Geboten,<br />
nach dem Funken der Erkenntnis, den sie beispielsweise dann<br />
entdeckt, wenn sie einen, sie herabwürdigenden, Kunden<br />
niederschlägt, um anschließend den entwaffneten Armseligen mit<br />
dem Einsatz ihres Körpers darüber zu belehren, daß sie und nur sie<br />
die Macht über ihn und sich selbst hat.<br />
Beispiel 3: Wenn Claudia/Katrin in der Schlußszene mit dem Auto<br />
auf dem Weg "in eine besserer Zukunft" ist und aus dem<br />
Kofferraum plötzlich ihr lästiger Hauptkunde herausguckt. Soll<br />
heißen: Die Vergangenheit fährt im Gepäck mit, das Blutspenden<br />
wird auch anderswo keine Alternative sein, oder in Claudia/Katrins<br />
Fall: Das Sich-verkaufen wird in einer Gesellschaft, als deren<br />
zentrale Metapher <strong>Novotny</strong> die Prostitution sieht, für sie in der einen<br />
oder anderen Form unvermeidlich sein, die Menschenwürde<br />
weiterhin nicht auf der Preisliste stehen.
... DAS IST ALLES FÜR SIE: DIE AUGEN, WENN SIE BRECHEN,<br />
WIE BEI EINEM VIEH; WENN SIE GLÄNZEN, WENN SIE<br />
GLASIG WERDEN.... DA IST ALLES DRIN, DIE GIER, DIE LUST<br />
...<br />
Franz <strong>Novotny</strong> im Gespräch über seinen Film "Nachtfalter"<br />
Claudia 1 und Claudia 2/Katrin, zwei Prostituierte, die ihren Körper<br />
zu Markte tragen. Sie zeichnen das Schicksal der beiden ohne die<br />
üblichen Klischees der Verharmlosung oder des Moralismus ...<br />
... was mir auch zutiefst widerstreben würde, denn ich versuche in<br />
meinen Filmen, authentisch, wahrhaftig zu sein. Während das eine<br />
der beiden ‚Mädchen‘ aus Erwerbsgründen zur Hure wird, kommt<br />
die zweite aus völlig anderen Motiven in dieses Geschäft, das sich<br />
im übrigen in nichts von anderen Geschäften in dieser<br />
Warengesellschaft unterscheidet. Katrin will ihre Grenzen ausloten,<br />
sie sucht den "Thrill" , sie entdeckt die ungeheure Macht ihrer<br />
sexuellen Anziehungskraft und ihrer Mechanismen und will die<br />
Lenkende im Machtspiel werden ... und sie sagt es selbst, ich kann‘s<br />
auswendig:<br />
‚Abgesehen von ein paar kranken Idioten... das ist alles für sie: die<br />
Augen, wenn sie brechen, wie bei einem Vieh; wenn sie glänzen,<br />
wenn sie glasig werden.... da ist alles drin, die Gier, die Lust, die<br />
Lust auf Liebe, die Lust auf Vernichtung, das Besiegtsein, das<br />
Unterworfensein, ...da spürt sie sich, da ist sie voll in sich drin..<br />
Demütigungen, Schmerzen, Ekstasen, Angst, Selbstvernichtung;<br />
das sich Aufgeben. Da will sie Meisterin sein : Alles oder nichts ...da<br />
steigt sie in ihre Uniform, da nimmt sie jeden Kampf auf...<br />
... welchen sie letztendlich nicht gewinnen kann, wie sie auch in der<br />
Schlußszene deutlich zeigen. Wenn Katrin, willens, ihr vorheriges<br />
Leben hinter sich zu lassen, mit dem Auto scheinbar unterwegs in<br />
eine bessere Zukunft ist, taucht plötzlich aus dem Kofferraum ihr<br />
unsäglicher Hauptkunde auf, der ihr wenige Minuten zuvor ans<br />
Leben wollte. Das ist auf den ersten Blick eine witzige Einlage, auf<br />
den zweiten Blick sagt dieses Bild, daß Katrin ihrer Vergangenheit<br />
nicht entfliehen kann, und, darüber hinausgehend, daß, wer in<br />
dieser Gesellschaft überleben will, sich prostituieren muß ...<br />
Nicht diese Schlußfolgerung ist zynisch, sondern die<br />
gesellschaftlichen Verhältnisse, die solche Gedanken nahelegen ...<br />
Im Übrigen haben wir mit diesem Schluß den Wunsch nach einem<br />
moralisierenden Happy-End, in Form der erfolgreichen "Flucht zu<br />
neuen Ufern" ironisch kontrastiert, wenn Sie wollen, desavouiert.<br />
Diese Kofferraumszene kann ja nach dem Schlußtitel weitergedacht<br />
werden: der Kunde bringt sie vielleicht um, oder kauft ihr ein Eis
und sie heiraten, sie verliebt sich in den Kunden... was weiß ich,<br />
was sich die Zuschauer alles so ausdenken...<br />
Im Übrigen noch ein kleiner aber wichtiger Hinweis: dieser Film ist<br />
nicht gemacht, um, wenn ich kurz die Sprache des vorsätzlichen<br />
Mißverständnisses anwenden darf, um „Tuttln und Ritzen“<br />
auszustellen. Obschon splitternackte Weiblichkeit zu sehen ist, so<br />
nicht deswegen, um Bahnhofskinos zu bedienen oder aus<br />
Spekulationsgründen ein paar alte Pfarrer auf die Kanzel zu treiben<br />
– so kindisch kommen wir nicht daher. Nie geht’s mir um Skandal<br />
oder diese Kategorien. Das ist stets bloß die Interpretation der<br />
Dummen.<br />
Ebensowenig wäre es ausschlaggebend, diesen Film deshalb<br />
gedreht zu haben, um unter den vielen „sexlosen“<br />
deutschsprachigen Filmen endlich einen Film mit harten „Sex“<br />
entgegenzusetzen; das wären keine Herausforderungen, die liegen<br />
nämlich absolut nur im Stoff und in der Geschichte.<br />
Schaun’s, mein Lieber, wenn man einen Film über Maulwürfe dreht,<br />
wird man auch ihre dunklen Gänge zeigen müssen und kann nicht<br />
nur an der Oberfläche der Hügel bleiben. Und wenn ich einen Film<br />
über das Thema Nutten drehe, dann blende ich nicht im<br />
vorauseilendem Gehorsam ab, wenn die Nutten arbeiten, denn wie<br />
sie arbeiten, welchen Praktiken sie sich aussetzen und vor allem:<br />
wie sie damit umgehen, das interessiert mich und wird Thema.<br />
Dramatischer Teilaspekt dieses Films ist die Macht einer starken<br />
Frau, die der Jämmerlichkeit von Lulus, die wie Männer aussehen,<br />
gegenübersteht.<br />
Wie verhielten sich die Darsteller/innen beim Drehen, gab es mit<br />
der Nacktheit Probleme? :<br />
Die waren bewundernswert und keineswegs in der kleinbürgerlichen<br />
Angst befangen, infolge ihrer nackt gezeigten Haut nie wieder<br />
Rollen fürs „Traumschiff“ zu bekommen. Da der Stoff ja systemimmanent<br />
und nicht willkürlich die Nacktheit erfordert, war es für<br />
die Besetzung auch nachvollziehbar, nackt zu spielen und sich in die<br />
Rollen von Nutten zu versetzen.<br />
Von verklemmter Seite könnten dazu absurde Argumentationen<br />
kommen, das wäre jedoch ebenso lächerlich, wie der Vorwurf, ein 5<br />
sekündiger Halbsteifer würde einen Dogma Film als Sexfilm<br />
ausweisen.<br />
Der weibliche Körper wird in ‚Nachtfalter‘ ja nicht ausgebeutet oder<br />
zur Schau gestellt, sondern wird seine Geschundenheit zum Thema<br />
gemacht.<br />
Das ist ja kein Film, wo sich ein Pärchen 30 sek. am Pool trifft und<br />
die anschließenden 20 Minuten in Großaufnahmen kopuliert. Wir<br />
hatten da nie Kommunikationsprobleme.
Die gezeigte Gewalt entspricht nicht dem üblichen Schema.<br />
In vielen Unterhaltungsfilmen hat die Gewalt eine nachahmenswerte<br />
Dimension, sie hat Schönheit, Eleganz und Witz. Das mache ich bei<br />
„Nachtfalter“ nicht, da ich die Gewalt so zeige wie sie ist:<br />
beklemmend gräßlich und verachtenswert. Das Gewaltsame, das in<br />
Nachtfalter den Frauen angetan wird, ist so gedacht und gedreht,<br />
daß man sich daran kaum anzüglich delektieren wird können. Diese<br />
sexuelle Gewalt, wie auch die Gewalt anderer<br />
Auseinandersetzungen des Filmes ist eben nicht jene leicht<br />
konsumierbare ästhetische Gewalt der Unterhaltungsindustrie,<br />
sondern Gewalt, die so ist, wie sie in Wirklichkeit ist: beängstigend,<br />
verletzend und über eine/n hereinbrechend.<br />
Die Form, die Sie gewählt haben, erinnert zum einen an den<br />
Comicstrip, zum anderen nimmt sie Motive der Videoclipkultur auf...<br />
... um deren Austauschbarkeit mit abschreckenden Bildern von<br />
devastierten Wohnungen und der Kälte zwischen den Menschen zu<br />
kontern. Das ästhetische Format – und der Widerspruch zur MTV<br />
Ästhetik – ist ein integraler Bestandteil dieses Films.<br />
Der geile Lack von MTV Clips ist auf den ersten Blick für die<br />
Vermittlung eines grauenvollen Pandämoniums nicht geeignet, ich<br />
gehe aber davon aus, daß diese filmische Ästhetik, mit der wir die<br />
schönen Brüste und die rasierten Felle, aber auch die Szenen des<br />
Grauens zeigen, exakt die Äußerlichkeiten und die Oberflächlichkeit<br />
dieser Ästhetik hinterfragt und kontert, gell.<br />
Das von Ihnen verwendete Produktionsformat hat auch dazu<br />
beigetragen, Kosten zu sparen ...<br />
Wir haben auf DV CAM Video gedreht. Das sind so Pimperlcassetten<br />
und Kameras. Endergebnis nach der FAZ: 35 mm Colore. Mit fünf<br />
Millionen Kosten war der Film um zwei Drittel bis drei Viertel billiger<br />
als in der üblichen Herstellungsweise.<br />
Diese günstigen Herstellungskosten waren jedoch eher<br />
nebensächlich, sie ermöglichten jedoch, diese kleine Novelle in<br />
einem absehbaren Zeitmaß zu realisieren. 1<br />
1<br />
Im Detail zur Produktionstechnik „DV – CAM“:<br />
Zum DV Format:<br />
Billiger! Billiger !<br />
Das Interessante an dieser Produktion mag auch die Bescheidung der Produktionsmittel sein: Die Kosten lagen bei rund 5<br />
Millionen ATS – das entspricht etwa einem Viertel der in Österreich üblichen Filmherstellungskosten - und es wurde auf DV<br />
CAM Video gedreht. Endergebnis nach der FAZ: 35mm Colore. Mit diesen rotzigen Mitteln war eine sehr rasche Arbeit mit<br />
vielen Einstellungen pro Tag möglich. Wir hatten also nicht auf die angepaßte Routine gesetzt, die mitunter zu routinierter<br />
Ödheit müder Profis verkommt, sondern auf die Rasanz der Bilder und Ausdrucksmittel und wir hatten den Mut zur<br />
Selbstausbeutung und zum Risiko. Ein von der Produktionsmethode interessantes Erlebnis, dessen Ergebnis lehrreich sein mag:<br />
wenn man kein Orchester will, kann man die Fünfte Beethoven auch auf dem Kamm blasen, d.h.: wenn man wirklich etwas will<br />
und es unbedingt machen muß, kauft man sich im Fotogeschäft eine DV Kamera und dreht darauf los und – geht in Konkurs; es<br />
sei denn, man verfügt über ein gutes Team und ein Rechnungswesen, daß das bißchen Geld im Griff hat.
Ich arbeite stets an Dingen, die mich begeistern und nicht los<br />
lassen, kann aber einschätzen, wann etwas und um wieviel gemacht<br />
werden muß.<br />
Zum anderen habe ich mir mit der Produktionstechnik erspart,<br />
Ansprüche dubioser oder verklemmter Geldgeber erfüllen zu<br />
müssen. Wenn man im Gespräch mit potentiellen Financiers<br />
einleitend versichert, dies sei kein Pornofilm, sind sie erst recht<br />
davon überzeugt, daß es sich um "Schmutz und Schund" handelt. In<br />
einigen Fällen wäre dies allerdings die Voraussetzung für die<br />
Mitfinanzierung gewesen, die hätten dann noch medizinische<br />
Großaufnahmen gefordert; in anderen Fällen fühlten sich potenzielle<br />
Geldgeber nach der Vorstellung des Themas infolge ihrer<br />
bildungsbürgerlichen Verschüttungen etwas zugeknöpft, so, als<br />
hätte ich ihnen ein Abonnement eines japanischen Bondage-heftls<br />
verkaufen wollen und eine Packung „Feh“ dazugelegt. Auch wurscht.<br />
Die Form des DV Drehs wurde gewählt, weil das Ergebnis dieser<br />
Arbeitstechnik genau jener trashigen Form und einer Umkehr der<br />
MTV Clip Ästhetik entspricht, die dem Thema adäquat ist. Es wäre<br />
absurd gewesen, diesen Film in „Emmanuele“ oder „Bilitis“ Ästhetik<br />
zu drehen, also in den, für die bürgerliche Steppdecke geeigneten,<br />
leicht gesofteten Bildern, ohne Schweiß, alles sauber, keine Pickel<br />
am Hintern und so. Ich habe die Lust an der Lust und auch das<br />
Entsetzen an der Lust gedreht, ohne Filter und Soft-lens.<br />
Alternative für all jene, die ihre Produkte um wenig Geld<br />
verwirklichen wollen, weil sie vielleicht Schwierigkeiten mit der<br />
Finanzierung haben, ist dieses DV Cam - Modell nicht unbedingt,<br />
denn jeder Stoff bedarf der ihm eigenen Form und läßt sich die DV-<br />
Ästhetik nicht jedem beliebigen Stoff aufpfropfen..<br />
Sie haben im Vorfeld Milieustudien betrieben ...<br />
Natürlich. Ich habe von den Finanzierungsgeldern rund zehn<br />
Prozent, also etwa fünfhunderttausend Schilling für diese Studien<br />
verausgabt und mich in den besten Häusern der europäischen<br />
Metropolen und einer Naturalzuwendung der Firma Blausiegel dem<br />
Thema mehrere Wochen intensiv zugewandt. Natürlich Unsinn.<br />
Die „Studien“, das sind viele Gespräche, das ist ein ‚das Leben und<br />
seine Abläufe wach beobachten‘ und dabei das Vermutete bestätigt<br />
finden. Romantizismen über das "älteste Gewerbe der Welt" sind ad<br />
acta zu legen. Viele Prostituierte greifen, um den Streß auszuhalten,<br />
zu Drogen, weil gute Huren müssen ja auch gut schauspielen oder<br />
jedenfalls mehr als nur dabeisein, ja auch Orgasmen nicht nur<br />
vortäuschen sondern auch haben, denn sonst ist der Freier<br />
unzufrieden. Da die Freier ja oftmals uninteressante Wappler sind,<br />
ist es insbesondere die Kunst der Hure, Erregung glaubhaft zu<br />
Also, es ist kein Rezept und Filme sollen auch mehr kosten dürfen, aber ich würd‘s auch nochmal auf billiger billiger machen,<br />
wenn’s die Fabel und die Laune erlauben.
spielen, oder angesichts eines vollkommen belanglosen und nackten<br />
Versicherungsvertreters dessen behaarter Bauch an der Jockey<br />
Unterhose schabt, die Fassung nicht zu verlieren. Die wirklich guten<br />
Huren arbeiten in einer Trance um den Gleichklang mit dem Kunden<br />
herzustellen, die weniger guten brauchen das Koks, um den<br />
scheinbaren Gleichklang mit den Kunden zu simulieren. Da es schon<br />
eine Überwindung darstellt, mit einem langweiligen und häßlichen<br />
Menschen im Lift zu fahren, kann vorstellbar sein, welcher Genialität<br />
es bedarf, sich von so eines Menschen Lulu benetzen zu lassen. Das<br />
kann eine größere Leistung sein als eine Doktorarbeit.<br />
Und jetzt für die sozialperspektivisch Interessierten:<br />
Die Perspektive, als noch junge Frau schon als "verbraucht“ zu<br />
gelten, wenn andere im gleichen Alter ihre Zukunft noch vor sich<br />
haben, ist desillusionierend, denn so viel Geld kann selbst die<br />
erfolgreichste Prostituierte in der kurzen Zeit nicht verdienen, um<br />
für die Jahre danach versorgt zu sein. Auch Balletttänzerinnen<br />
werden mit 35 Jahren ausgemustert, aber sie haben im Gegensatz<br />
zu Prostituierten einen Pensionsanspruch und die Möglichkeit, in<br />
anderer Form, etwa als Choreographin oder zumindest als<br />
Tanzlehrerin, in ihrem Beruf zu bleiben.<br />
Das Sozialromatische ist aber nicht das Thema des Filmes, der Film<br />
behandelt die Kraft der Sexualität und die damit verbundene Macht,<br />
in einem für die Heldin nützlichen Lernprozeß.<br />
Zu den Dreharbeiten: Wie lange haben diese gedauert? Beharren<br />
sie gegenüber den Schauspielern auf dem vorgegebenen Konzept<br />
oder ist Improvisation für Sie ein integraler Bestand der kreativen<br />
Arbeit?<br />
Sechs Wochen, dank eines grandiosen Teams. - Ich weiß beim<br />
Schreiben immer genau, wie eine Szene aussieht, denn ich denke in<br />
Bildern. Am Set suche ich, diese Bilder wiederzufinden und zu<br />
beleben. Und ich freu‘ mich immens, wenn meine Bilder durch die<br />
Schauspieler und die Filmmitarbeiter weiterentwickelt und<br />
verdichtet werden, denn ich zähle mich nicht zu den Rechthabern,<br />
die beckmesserisch auf fixen Vorstellungen beharren. Bin ja nicht<br />
blöd, sondern Regisseur. Ich arbeite in einer Hierarchie der<br />
besseren Lösung, keineswegs in einer Hierarchie, an deren Spitze<br />
der zu vergottende und stets freundlich zu grüßende Ober-<br />
Spielleiter steht. Die bessere Lösung ist somit immer die<br />
schlagende. Die Visionen der kreativen Mitarbeiter erweitern den<br />
Horizont und getippte Texte blühen durch die Interpretation genialer<br />
Darsteller wunderbar auf. Das ist mein Thrill, dafür arbeite und lebe<br />
ich. Es geht übrigens auch nie ums direkte Geldverdienen, denn<br />
erstens hab ich Privatgeld eingezahlt und mir zweitens keine Gage<br />
ausbezahlt. Edel.
Hat es gegenüber dem Drehbuch in der Endfassung entscheidende<br />
Änderungen gegeben?<br />
Für die Schlußszene war ursprünglich geschrieben, daß die Katrin<br />
gemeinsam mit ihrem Lover "in die Zukunft fährt". Das wurde aber<br />
– übrigens von der Darstellerin der „Katrin“ – als verlogen und<br />
unlogisch erkannt, denn die Zukunft sollte nicht eine beschönigte<br />
Variante der Vergangenheit sein. Katrin hat zuvor erfahren, daß<br />
auch der Mann ihrer Träume nur seinen egoistischen Interessen<br />
gemäß lebt und sie, wenn es ihm opportun erscheint, im Stich läßt.<br />
Der Preis der Liebe dieser Frau kann aber nicht sein, daß sie sich<br />
erneut versklaven läßt. Und das ist der Punkt und ich freu mich, daß<br />
Sie mir so geduldig zuhören, dieser Film ist eher ein Frauenfilm als<br />
ein Männerfilm, also ein Film der, obschon das nicht sein Thema ist,<br />
ganz nebenbei für die Selbstbestimmung der Frauen eintritt – ein<br />
Satz der vielleicht absurd klingt, wenn frau ihn bewußt nicht<br />
verstehen will, wenn sie sich generell an der im Film gezeigten<br />
Nacktheit stößt – jedenfalls ist der Film PC (political correct) und als<br />
Beweis dafür mag stehen, was die Katrin, die Heldin, selbst im Film<br />
sagt. Ich kann’s bekanntlich auswendig:<br />
‚Die Männer beherrschen, nicht bekochen. Das Spiel ist stärker,<br />
aber auch brutaler; ein ganz harter Spielplatz für sehr große<br />
Mädchen, ein Platz, auf dem Tod und Demütigung, Schmerz und die<br />
Angst ein Teil vom Spiel sind. Wo sie sich spürt. Es ist wie im<br />
Groschenroman ... Sie kann wie eine Klosterschülerin, aber auch als<br />
Heidi vom Land .. sich verkleiden meine ich – was eine Frau ja sonst<br />
so nie kann, da gibt's normal null Leidenschaft, so wie bei ihr; sie<br />
kann den Charakter von Männern brechen, den Mann, jeden Mann<br />
total umdrehen. Sie läßt sich lieben um zu herrschen, das ist ihr<br />
Traum.‘<br />
Wie verhielten sich die Darsteller/innen beim Drehen:<br />
Die waren bewunderswert und keineswegs in der kleinbürgerlichen<br />
Angst befangen, infolge nackt gezeigter Haut nie wieder Rollen fürs<br />
„Traumschiff“ zu bekommen. Da der Stoff systemimmanent<br />
Nacktheit erfordert, war es für die Darstellung auch erforderlich,<br />
nackt zu spielen und sich in die Rolel einer Nutte zu versetzen. Der<br />
weibliche Körper wird in diesem Film ja nicht ausgebeutet oder zur<br />
Schau gestellt, sondern wird seine Geschundenheit zum Thema<br />
gemacht.<br />
Immer wieder greift ein kleiner Marder in die Handlung ein und<br />
verändert sie. Auch die perfektesten Pläne scheitern häufig an den<br />
"kleine Mardern", an den Unberechenbarkeiten und Pannen. Eine<br />
minimale Hoffnung in einer Welt lückenlos durchgeplanter<br />
Lebensabläufe und umfassender Überwachungssysteme ...
... auf die man sich nicht verlassen sollte ... Jedenfalls verhindert<br />
unser Marder, daß die Handlung nach vierzig Minuten zu Ende ist,<br />
weil der männliche Protagonist tot und danach seine Katrin dem<br />
Untergang geweiht wäre. Aus der griechischen Tragödie ist der<br />
"Deus ex Machina"-Effekt bekannt, mit dessen Hilfe Götter oder<br />
Helden überraschend auf dem Dach des Bühnenhauses erscheinen<br />
konnten und künstlerische Lösungen unlösbar erscheinender<br />
Konflikte herbeiführten. In einer profanisierten Form ist unser<br />
Marder ein solcher "Gott aus der Maschine" der im zitierten Fall<br />
auch als Handlungsgehilfe eines grausamen Aperçus dient. Wenn<br />
das Leben von einem zufällig ein rettendes Kabel durchbeißenden<br />
Marder abhängt, kann sich der Zuschauer ausmalen, was im System<br />
der Zuhältermacht mit Nutten geschieht, denen nicht der Marder zu<br />
Hilfe kommt, sondern der wutrasende Zuhälter.<br />
Welchen Stellenwert nimmt "Nachtfalter" innerhalb Ihres<br />
Gesamtwerkes ein?<br />
Ich hab diesen Film machen müssen, jetzt – und auch keinen<br />
anderen Film zu dieser Zeit. Wahrscheinlich war die Heilige<br />
Mariamuttergottes wieder in der Nacht da. Die ist da sehr eigen.<br />
Mitnichten hätte ich etwas Anderes gemacht, etwa einen Film über<br />
die Regenbogenforelle oder über Johannes Kepler. Das war zu der<br />
Zeit aber nicht angesagt. So schaut‘s nämlich aus.<br />
Der Film ist eine lockere Komposition für Piano, jedenfalls aber eine<br />
geeignete Melodie, um der faszinierenden und auch abstoßenden<br />
Wirklichkeit der Nacht Klang und Ausdruck zu geben.<br />
Andere schauen nächtens mit Fernrohren auf irgendwelche Sterne,<br />
das ist sicher schön. Mir wäre das aber fad, deswegen bleibe ich bei<br />
den Menschen am Boden und in ihren Betten. Denn da passiert‘s.<br />
Die Fragen an Franz <strong>Novotny</strong> stellte Kurt Hofmann.<br />
Filmographie Franz <strong>Novotny</strong><br />
Filmographien Schauspieler
Auszug aus dem Drehbuch:<br />
Villa am Cobenzl Innen/Aussen Tag<br />
Draußen steht der Lexus von Harry und Otto in der Einfahrt.<br />
Dominant im Bild der Kofferraum, an dem die beiden Frauen nun<br />
vorbeigehen.<br />
Die große Fensterfront mit Blick auf Garten und die darunter<br />
liegende Stadt. Durch die Fensterfront sieht man Katrin und Claudia<br />
an den verwilderten Blumenrabbatten vorbei eilig näherkommen.<br />
Katrin muß Claudia stützen, dennoch läßt Claudia den Camcorder<br />
nicht los.<br />
Im großen Raum sind die Artefakte einer vazierenden Existenz zu<br />
sehen: Reste von allen Dingen, die Botendienste bringen können.<br />
Pizzaschachteln, Sushis, Cola Dosen, zellophanierte Klamotten.<br />
Im Salon auf einer Luftmatratze Harry, neben ihm ein<br />
Heroinbesteck auf einem klappbaren Ikea - Tischchen. Auch er ist<br />
zu bis oben. Erschrickt trotzdem, als er Claudias Zustand sieht.<br />
Claudia:<br />
Wo ist mein Karli?<br />
Harry:<br />
Den hab ich heimgeschickt, der soll sich zu Hause einen<br />
runterholen; wir machen heute blau<br />
Katrin legt Claudia in einem aufgeblasenes Ikea – Sofa ab.<br />
Claudia:<br />
Servus.<br />
Harry<br />
Na servas.<br />
Katrin<br />
Claudia?!!<br />
Claudia zieht ihre Bluse über den Bauch.<br />
Claudia<br />
Abgenommen. Schau, drei Kilo.<br />
Katrin<br />
(zu Harry) Hilf mir!<br />
Harry<br />
Gern - Aber was krieg ich dafür?<br />
Katrin versucht jetzt hektisch, ihre Krokotasche zu öffnen.
Harry nimmt die Schallplatte vom Plattenspieler wankt damit zu<br />
Claudia und begutachtet ihre unter dem veschobenen Rock<br />
sichtbaren Beine.<br />
Harry:<br />
Superscheibe....<br />
Harry beugt sich zur aschfahlen und weggetreten wirkenden<br />
Claudia. Sie sieht ihn trübe an, deutet auf Katrin. Will Harry zeigen,<br />
daß Katrin in ihrer Handtasche Geld und Schmuck hat..
Claudia:<br />
Super....<br />
Otto erscheint frierend in der Tür in Rafaels weißem Sakko, das er<br />
notdürftig gereinigt hat. Er putzt noch an einem Blutfleck.<br />
Katrin schreit auf.<br />
Claudia zeigt auf Otto, der einen Klapp- Spaten mit sich trägt.<br />
Claudia:<br />
Den mußt fragen ....<br />
Harry:<br />
Bist schon wieder da ?<br />
Otto:<br />
Mir ist zu kalt.<br />
Otto stellt den Spaten ab. Katrin schreit auf, sobald sie Rafaels<br />
Sakko an Otto erkennt.<br />
.......<br />
Otto wirft Rafaels Pistole zu Harry. Harry fängt, sieht die Pistole,<br />
dann Otto konsterniert an,; den Schreck überwindend, legt er die<br />
Pistole auf den drehenden Plattenteller.<br />
Harry:<br />
Du bist so ein Trottel...<br />
Harry erhebt sich ärgerlich, wirft Otto Claudias Pelzmantel zu.<br />
Harry:<br />
Arbeit jetzt was.<br />
Katrin schluchzt.<br />
Otto:<br />
Was ist mit der ? -<br />
Dies entgeht auch nicht Claudia, die sich schwerfällig aufrichtet, um<br />
mit einem "Ah " wieder zurückzufallen. Otto nimmt den Camcorder<br />
an sich. Claudia will den Camcorder für sich behalten, so als wäre es<br />
ihr einziger Besitz.<br />
Claudia:<br />
Bitte, laß ihn mir. Ich – fürs Internet..<br />
Otto:<br />
Kusch<br />
Harry:<br />
Speed. Das geht dann schon...<br />
In der Folge setzt Harry Claudia einen Schuß in den Unterschenkel ;
Harry:<br />
Weiber...<br />
Katrin weint stumm.<br />
Claudia erholt sich rasch, richtet sich auf und versucht, Katrin<br />
anzufassen. Katrin, die zittert, weicht schlaff zurück. Claudia hält<br />
Katrin am Bein fest.
Claudia<br />
Das ist voll unmoralisch von Dir. (kannst mich jetzt nicht allein<br />
lassen !...das bist mir schuldig!) Du! - Du siehst doch, was los ist.<br />
Katrin weicht zurück, zögert. Harry macht sich nun sexuell an<br />
Claudia zu schaffen. Katrin schluchzt dämmrig.<br />
Unvermittelt entkleidet sich Harry, ohne den Blick von Claudia, ein<br />
zusammen gekrümmtes Häuflein Elend, zu lassen.<br />
In der Folge horcht Claudia, wie sich Harry entkleidet, bleibt jedoch<br />
müde auf dem Rücken liegen. Sie lächelt - in ihrer Welt - vor sich<br />
hin. Ab und zu erinnert eine ihrer Hände - wenn sie über den<br />
eigenen Körper streicht, daß sie noch da ist.<br />
Otto betrachtet aus der Entfernung Katrin, linst durch den<br />
Camcorder.<br />
Otto<br />
Wer bist denn du?<br />
Otto hat einen Heroin Chip auf einer Alufolie erhitzt und inhaliert<br />
durch einen gerollten Alufolienhalm. Er vertreibt den Rauch.<br />
Otto:<br />
Willst auch ... eh nicht.<br />
Claudia wird von Harry gefickt, reagiert professionell.<br />
Claudia:<br />
(hurenprofessionell) Ah .. great, great. You are great.<br />
Overshoulder Frettchen aus dem Garten: Otto lungert in einem<br />
Fauteuil am großen Fenster mit dem Rücken zum Garten. Jump Cut<br />
auf die Pistole, die sich neben ihm am Plattenteller dreht. Aus<br />
P.O.V. Rafael, sehr tief.<br />
Katrin:<br />
Ich will tot sein.<br />
Otto und Harry kichern.<br />
Claudia:<br />
(überhört bewußt) -<br />
Katrin sieht sie bitter an. Die 'sticks' Claudias...<br />
Harry, der seinem Höhepunkt zusteuert. Katrin die sich die Antwort<br />
auch noch nicht überlegt hat. Otto will Claudia filmen, kann die<br />
Kamera aber nicht bedienen.<br />
Claudia:<br />
Fuck me, fuck me<br />
Katrin:<br />
Das Ende. Das Ende.
Claudia:<br />
Und was wird aus mir ... ich schaff das doch allein nicht mehr, das<br />
ist voll unmoralisch von Dir.<br />
Claudia stöhnt auffordernd. Hinten hat Otto es endlich geschafft,<br />
Claudias im Salon aufgenommenes Fell auf dem Camcorder -<br />
Bildschirm wiederzugeben. Er lacht auf.<br />
Otto:<br />
Die ist fixiert...<br />
Katrin:<br />
Es ist das Ende<br />
Claudia:<br />
(trällernd) Wir sollten uns wieder einmal mehr Zeit für uns nehmen.<br />
Katrin:<br />
Dreck und Ende ... Claudia ? Claudia !<br />
Sie sieht zu der plötzlich reglosen Claudia. Wie tot.<br />
Katrin rüttelt an Claudia; die gibt keinen Laut von sich, sondern fällt<br />
reglos auf die Seite.<br />
Katrin<br />
Claudia!<br />
Harry schaut apathisch hoch, Katrin schlägt auf ihn ein. Sinkt in sich<br />
zusammen.<br />
Sie betrachten die offenbar Tote. Stille.<br />
Katrin schüttelt Claudia heftig durch. Wirkungslos.<br />
Otto durch den Camcorder blickend:<br />
Otto<br />
Die schaut mich so an...<br />
Harry:<br />
Aus die Maus...<br />
Villa am Cobenzl Aussen Tag<br />
Der Lexus von Harry und Otto in der Einfahrt. Dominant im Bild der<br />
Kofferraum, dessen Klappe leicht geöffnet ist. Nun verschmierte<br />
Blutspuren im Kofferraumschloßbereich.<br />
Villa am Cobenzl Innen Tag<br />
Die reglose Claudia, die einen Pizzadienst - Plastiksack über den<br />
Kopf geschoben hat.<br />
Otto will nun Katrin filmen, fummelt an den Knöpfen. Schafft es
endlich, die Kamera einzuschalten.<br />
Katrin, geschockt und unfähig, sich zu wehren. Erst als Otto ihr<br />
zwischen die Beine greift, um ihren Rock zu heben, versucht sie ihn<br />
zu schlagen.<br />
Ein roter Strahler flackert nun dreimal auf. Harry bemerkt das,<br />
stiert hin. Otto macht ihm klar : die Tür.<br />
Otto<br />
Die Tür. - Drei Gramm.<br />
Harry<br />
Nicht mein Tag heute<br />
Harry nimmt aus einer Vielzahl von Briefchen drei Stück.<br />
Harry<br />
- Komm mit. Mach dich nützlich.<br />
-<br />
Harry zieht Katrin an seinen Schritt und zerrt sie, die Briefchen<br />
bereithaltend, mit sich. Otto nimmt ihn mittels des Camcorders auf:<br />
Homevideo Otto: Harry wankt zur Tür, wieder leuchtet der roten<br />
Strahler auf.<br />
Harry öffnet das Guckloch und sieht nach draußen ins OFF.<br />
Harry bleibt – nach einem eigenartigen Geräusch - wie festgenagelt<br />
an der Tür stehen. Über Gebühr lange.<br />
Katrin kriecht auf allen Vieren von ihm weg.<br />
Otto stutzt, da Harry unverwandt an der Tür zu kleben scheint. Er<br />
erhebt sich, um besser nachzusehen..<br />
Harrys Körper sackt ein wenig in sich zusammen, die Eingangstür<br />
schwingt dadurch auf und es ist zu sehen, daß ein bunter<br />
Gartenschirm durch Guckloch und Harrys Schädel gerammt wurde;<br />
Harry hängt jetzt an der in Guckloch und Schädel fest sitzenden<br />
Schirmspitze.<br />
Otto<br />
Bist Du gelähmt.<br />
Otto wendet sich zum Gartenfenster um.<br />
Unvermittelt wacht Claudia auf und reißt sich hustend den Müllsack<br />
vom Leib<br />
Otto läßt die Kamera fallen, fällt über seine herabrutschende Hose,<br />
will zum Tischchen, auf dem sich auf dem Plattenteller die Pistole<br />
dreht.<br />
Rafael schlägt mit dem Beton - Schirmsockel die Scheibe ein,<br />
fingert in den Scherben nach der Pistole.<br />
Rafael schießt.<br />
Otto fällt über die Stereoanlage. Dann Stille.<br />
Rafael im Raum, er ist blutbefleckt. Zieht sein Sakko dem toten
Otto aus. Dabei reißt Ottos Leiche im Fallen ein Teil der<br />
Stereoanlage mit: der CD Player kommt verkehrt am Boden auf:<br />
Schmelzende, aber (technisch) hüpfende Geigenmusik.<br />
Das folgende mit dem CD Player groß im Vordergrund:<br />
Rafael<br />
Kakerlaken.<br />
Katrin<br />
(tonlos) Du?<br />
Rafael<br />
Wer sonst?<br />
Rafael blickt Katrin lächelnd an. Claudia wimmert.<br />
Rafael durchsucht sein Sakko, stellt betrübt fest, daß kein Geld -<br />
sein Geld - darin ist; ebensowenig wie das Koks. Nur die Zündhölzer<br />
vom Heroinchip-Erhitzen. Rafael kritzelt etwas auf die<br />
Zündholzschachtel.<br />
Gibt Katrin die Schachtel. Katrin betrachtet sie. Stille. Tränen des<br />
Glücks laufen über ihre Wangen.<br />
Auf der Schachtel ein großes Herz und "Ich liebe Dich, Claudia".<br />
Katrin<br />
Katrin. Ich heiße Katrin.<br />
Katrin läßt die Streichholzschachtel (neben den CD Player) fallen,<br />
ein langer Kuß.<br />
Claudia zündet sich zittrig eine Zigarette an, mit den Streichhölzern<br />
Rafaels. Betrachtet das Blutbad um sich, die Liebenden.<br />
Claudia<br />
(sinnlos) Wir war´n gar nicht da, Katrin... okay? Wir waren schon<br />
weg. Wenn der Karli fragt, war´n wir schon weg.<br />
Sie betrachtet benommen die Schrift auf den Streichhölzern Rafaels<br />
Im RANGE ROVER (fahrend) Innen/Nacht<br />
Szenenfragmente der Erschießung, wiedergegeben vom Camcorder<br />
- Bildschirm auf der Ablage vor der Frontscheibe. Grimm lenkt<br />
stumm brütend und betrachtet.<br />
Grimm:<br />
(Scheiße, Scheiße, Scheiße, Scheiße und wieder dreißigmal<br />
Scheiße.)<br />
Grimm legt die auffällige Brieftasche in seinen Schuh, verrenkt sich,<br />
um ihn wieder anzuziehen, stopft das Kokspaket in Claudias
Handtasche, steckt sich eine Zigarette zwischen die Lippen, sucht<br />
nach Feuer, nachdem sein Feuerzeug versagt hat.<br />
Grimm:<br />
(Das kann ich vergessen, das kann ich vergessen...)<br />
Er reibt ein Streichholz an, betrachtet die Reklame, es steht<br />
gekritzelt "Ich liebe Dich, Claudia"<br />
Grimm:<br />
"Ich liebe Dich, Claudia"<br />
Dann wendet er sich nach Claudia, die benommen im Fond kauert<br />
ist, um.<br />
Grimm:<br />
Was machst du mit mir ?<br />
Grimm wirft das blau eingeschweißte Kilo Koks auf die Ablage...<br />
Grimm:<br />
Claudscherl .. Du fickst mich, du fickst mich, was?<br />
Grimm reißt das Kokspaket mit dem Fingernagel auf und gibt sich<br />
die Nase pur.<br />
Grimm:<br />
Ich hätte Dich so gern geheiratet, Claudscherl. Ganz in weiß mit<br />
Dauerwelle. Ich hätt Dir die Locken eigenhändig gedreht. – Jetzt<br />
müssen wir das in Ordnung bringen, gell...<br />
Claudia (Groß) sieht ihn ängstlich an; sie weiß nichts, ahnt jedoch<br />
das Verhängnis.