seniorenzentrum vita - Der PARITÄTISCHE Sachsen Anhalt
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Selbstbestimmt leben<br />
im Alter<br />
Neben der beschriebenen, durch Schrumpfung bedingten<br />
Abnahme des Pflegepotentials bewirken veränderte Familienstrukturen,<br />
Individualisierung, die Pluralisierung der LebensstileunddieberuflicheMobilitäteineVerringerungdesabrufbaren<br />
Familienpflege-Potentials und nachweislich auch eine<br />
verringerte Pflegebereitschaft. Die Frage nach der zukünftigen<br />
Absicherung notwendiger Pflegeleistungen wächst somit zu<br />
einer der wichtigsten, gesamtgesellschaftlich zu beantwortenden<br />
Problemstellungen unserer Zeit. Absehbar ist, dass es<br />
nur durch eine Vielzahl von ineinandergreifenden Maßnahmen<br />
möglich sein wird, die Versorgung pflegebedürftiger<br />
Menschen in unserem Land sicher zu stellen.<br />
Zum einen deutet alles darauf hin, dass die professionelle<br />
Pflege vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklungen<br />
weiter wachsen wird und muss. Zur Deckung des Fachkräftebedarfs<br />
muss es ein Konglomerat unter anderem aus<br />
• Ausbildungsoffensiven,<br />
• der Verbesserung der Arbeitsbedingungen,<br />
• des Images des Pflegeberufs,<br />
• höherer Entlohnung,<br />
• verstärkter Zuwanderung und<br />
• Entbürokratisierung sowie der Erschließung zusätzlicher<br />
Beschäftigtenpotentiale als Ansatzpunkt geben.<br />
Gerade aber letzteres – zum Beispiel ein Ausbau der Frauenerwerbstätigkeit<br />
– führt wiederum zur weiteren Schwächung<br />
des Familienpflegepotentials.<br />
Da jedoch selbst bei Gelingen der Anstrengungen zur Gewinnung<br />
zusätzlicher Fachkräfte kaum zu erwarten ist, dass der<br />
steigende Bedarf an zu erbringenden Pflegeleistungen durch<br />
hauptamtliche Pflegekräfte gedeckt werden kann, gilt es,<br />
die Komponenten und die Organisation eines Pflege-Mixes<br />
stärker in den Fokus zu rücken. Dabei sind insbesondere die<br />
Weiterentwicklung und der Ausbau ehrenamtlichen Engage-<br />
6 | BLICKPUNKTE<br />
ments flankierend zur professionellen Pflege zu prüfen. Auch<br />
die Selbsthilfe für pflegende Angehörige sowie die Unterstützung<br />
und Entlastung dieser bedarf stärkerer Unterstützung<br />
durch den Gesetzgeber.<br />
Wegbereiter muss zu allererst eine nachhaltige Reform der Pflegeversicherung<br />
sein. Die Finanzierung der Pflege im Rahmen<br />
der Pflegeversicherung ist auch unter Berücksichtigung der<br />
jüngsten Beitragserhöhung zunächst nur bis 2015 gesichert,<br />
dabei sind Mehrausgaben durch die seit langem überfällige<br />
Neudefinition des Pflegebedürftigkeitsbegriffs noch nicht<br />
berücksichtigt. <strong>Der</strong> Umbau der Pflegeversicherung zu einer<br />
solidarischen Bürgerversicherung, bei der nicht nur die Löhne,<br />
sondernauchandereEinkünftewieKapital-oderMieteinträge<br />
als Bemessungsgrundlage herangezogen werden, scheint<br />
hier der vernünftigste und von vielen Seiten geforderte Weg.<br />
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind folgende Maßnahmen<br />
auf dem Weg zur Gewinnung und Sicherung<br />
von Fachkräften denkbar und bedürfen der Umsetzung:<br />
• die systematische Erfassung des derzeitigen und künftigen<br />
Pflegepersonalbedarfs,<br />
• die Steigerung der Berufszufriedenheit (zum Beispiel<br />
durch Bürokratieabbau),<br />
• die Verbesserung der Arbeitsbedingungen (auch durch<br />
Gesundheitsmanagement),<br />
• die Steigerung der Attraktivität der Pflegeausbildung,<br />
• die gesicherte Finanzierung der Erstausbildung und<br />
Umschulung,<br />
• die Schaffung von mehr Ausbildungsplätzen zum Beispiel<br />
durch ein Umlageverfahren,<br />
• weniger Regulierung und mehr Spielräume für unternehmerische<br />
Kreativität sowie die bessere Verzahnung<br />
zwischen professionellen und nicht-professionellen<br />
Akteuren im Sinne eines Hilfe-Mix.<br />
Notwendig und Grundlage für die konkrete Umsetzung dieser<br />
Maßnahmenisthierbeivorallemeingesamtgesellschaftlicher<br />
Dialog, der Ressortdenken und Denken in Legislaturperioden<br />
überwindet und der schließlich zu einer innovativen, ernsthaften<br />
und nachhaltigen Gestaltung der Zukunft der Pflege führt.