Das Magazin für Bildung und Karriere im Ausland - Itchy-feet
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54 – Jobs & Praktika<br />
ein Anruf — die sechs Monate alte Andini,<br />
seit ihrer Geburt mit Ausschlag bedeckt, war<br />
gestorben. Wir fuhren hin, drei St<strong>und</strong>en über<br />
holprige Straßen, mehrere Lokaljournalisten <strong>im</strong><br />
Schlepptau. Ich fühlte mich mit der Situation<br />
vor Ort leicht überfordert — eine schluchzende<br />
Mutter, die gerade ihre Tochter verloren hat,<br />
<strong>und</strong> ich wusste noch nicht einmal, wie ich mein<br />
Beileid korrekt auf Indonesisch ausdrücken sollte.<br />
Der Fall bekam in den folgenden Tagen recht viel<br />
Aufmerksamkeit, sogar international, <strong>und</strong> mehrere<br />
Klagen (Indonesian gegen die Mine, die Mine gegen<br />
den Chef von Kelola) laufen bis heute. Wer als<br />
Praktikant zu einer einhe<strong>im</strong>ischen Organisation<br />
nach Indonesien geht, darf nicht erwarten, dass<br />
dort alles genauso läuft wie in Deutschland.<br />
Kelola, wie viele andere NGOs in Indonesien,<br />
besitzt nur ein sehr begrenztes eigenes Budget<br />
<strong>und</strong> ist überwiegend abhängig von Gebern aus<br />
dem <strong>Ausland</strong>. <strong>Das</strong> bedeutet, dass es manchmal<br />
schwierig ist, ein best<strong>im</strong>mtes Projekt fertig zu<br />
stellen, wenn das Geld ausgegangen ist. Erstaunt<br />
war ich auch darüber, dass die r<strong>und</strong> 15 Mitarbeiter<br />
keine Verträge besitzen: wenn Geld da ist, wird<br />
bezahlt, wenn nicht, dann muss man eben sehen,<br />
wie man über die R<strong>und</strong>en kommt. Manche Dinge<br />
funktionieren nur sehr langsam. Manchmal machen<br />
die Bewohner in den Dörfern einfach nicht mit,<br />
dann hilft auch ein noch so toller Projektentwurf<br />
nicht. In der Buyat-Angelegenheit fand ich<br />
hingegen, dass sich Kelola selbst zu sehr ins<br />
Rampenlicht stellte. Aber auch solche Erfahrungen<br />
sind wichtig: Ich glaube, heute ein sehr viel<br />
realistischeres Bild von der Arbeit von Nichtregier<br />
ungsorganisationen zu haben. Und: Der Aufenthalt<br />
bei Kelola hat mich zu einzigartigen Menschen<br />
<strong>und</strong> Orten geführt. <strong>Das</strong> werde ich nie vergessen!<br />
Meine Empfehlung an diejenigen, die gerne ein<br />
ähnliches Praktikum machen möchten: Überlegt<br />
euch vorher genau, was eure Ziele sind <strong>und</strong> was<br />
<strong>für</strong> Aufgaben ihr dort erledigen möchtet. Dazu<br />
gehört ein bisschen Fantasie <strong>und</strong> Erfi ndergeist,<br />
<strong>und</strong> man darf nicht gleich verzweifeln, wenn man<br />
mal einen Tag <strong>im</strong> Büro hauptsächlich Zeitung liest<br />
<strong>und</strong> in der Nase bohrt. Meine eigenen Vorschläge<br />
wurden <strong>im</strong>mer sehr fre<strong>und</strong>lich aufgenommen. Und<br />
mit einigen Ideen <strong>im</strong> Kopf kann man eben auch<br />
Enttäuschungen vermeiden. Organisierte Praktika<br />
kosten zum Teil viel Geld. <strong>Das</strong> kann sich nicht<br />
jeder leisten. Ich möchte daher jeden ermutigen,<br />
sich <strong>im</strong> Zweifelsfall selbst ein Praktikum zu<br />
organisieren: es ist einfach, kostenlos, <strong>und</strong> man<br />
behält selber in der Hand, wo genau man landet.<br />
In Sachen Sprache: Indonesisch lässt sich relativ<br />
schnell wenigstens in Gr<strong>und</strong>zügen erlernen.<br />
Außerdem spricht wenigstens einer <strong>im</strong>mer<br />
Englisch. Die sprichwörtliche Fre<strong>und</strong>schaft der<br />
Indonesier macht es einfach, auch über gewisse<br />
sprachliche Barrieren hinwegzukommen. Ein Visum<br />
sollte man sich rechtzeitig organisieren: das ist<br />
seit Anfang 2004 nicht mehr ganz so einfach in<br />
Indonesien, wenn man länger als einen Monat<br />
bleiben will. Der Abschluss einer Reiseversicherung<br />
versteht sich von selbst. Ich hatte trotz<br />
Flusswasser zum Trinken nie Probleme, aber wenn<br />
man mit den lokalen Spezialitäten doch mal nicht<br />
so gut zurecht kommt, lohnt es sich, nicht über<br />
die Kosten <strong>für</strong> Medikamente oder Behandlung<br />
nachdenken zu müssen.<br />
Meine Fre<strong>und</strong>in Naomi, auf deren Hochzeit in<br />
Tiwoho ich 2004 zu Gast war, feierte in diesem<br />
Sommer die Taufe ihrer Tochter. Sie heißt Antonia.<br />
Ich durfte dabei sein!<br />
Antonia Staats, 23, MSc Asian Politics, derzeit zum<br />
Khmer-lernen in Kambodscha unterwegs, gewann<br />
mit diesem Artikel den Erfahrungsberichte-<br />
Wettbewerb von itchy <strong>feet</strong>. Die Prämie von<br />
400 Euro wird sie sicherlich gut anlegen.