fehlt ir was! - Diakonie Leipzig
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6 Jahresbericht 2010 K<strong>ir</strong>che und <strong>Diakonie</strong> - Zusammen Leben<br />
K<strong>ir</strong>che und <strong>Diakonie</strong> -<br />
zusammen leben<br />
Pflegeheim Matthias<br />
Claudius und K<strong>ir</strong>chgemeinde<br />
in der Nachbarschaft<br />
Im Pflegeheim Matthias Claudius herrscht angespannte Stille.<br />
Gleich werden die Kindergartenkinder von der Kindertagesstätte<br />
nebenan hereinkommen und sich mit ihren eingeübten<br />
Liedern dem Publikum stellen. Wie jeden Mittwochmorgen<br />
werden die Kinder mit den dementen Bewohnern und dem<br />
Pflegepersonal die Zeit gemeinsam verbringen und ihnen ein<br />
Lächeln in die Gesichter zaubern. Nachdem die Bewohner<br />
durch aufmunternde Lieder ihre restliche Müdigkeit abwerfen<br />
konnten, folgen ein paar Gedächtnisübungen, um das<br />
Langzeitgedächtnis der Bewohner zu trainieren. Sprüche, wie<br />
zum Beispiel: „Lügen haben…“, werden im Handumdrehen<br />
vollendet: „kurze Beine“. „Die Kinder sind uns immer willkommen<br />
und w<strong>ir</strong> freuen uns besonders darüber, dass sie auch zu<br />
Veranstaltungen und Festen mit bei uns sind. Das gibt den<br />
Bewohnern das Gefühl, nicht allein zu sein, und so werden die<br />
Kinder oft mehr beachtet als die einzelnen Attraktionen auf<br />
den jeweiligen Festen.“ So beschreibt die Heimleiterin, Frau<br />
Schüler-Tecklenburg, die Kooperation mit der Kindertagesstätte<br />
der Heilandsgemeinde. Wenn zum Beispiel eine<br />
Postlieferung mit großen Paketen im Pflegeheim eingeht,<br />
werden die Kartons nicht etwa weggeworfen, sondern zu den<br />
Kindern nebenan gebracht, die daraus nur allzu gern Verstecke<br />
und andere Spielsachen bauen. Durch die günstige<br />
Nachbarschaftslage bekommen die Kinder sofort mit, wenn<br />
et<strong>was</strong> Aufregendes im Pflegeheim vor sich geht und können<br />
auch jederzeit zu Besuch hinüber gehen.<br />
Die Zusammenarbeit mit der Nachbargemeinde der Heilandsk<strong>ir</strong>che<br />
umfasst aber auch andere Bereiche. So fand am<br />
20.09.2009 der erste gemeinsame Gottesdienst statt, der<br />
seitdem zweimal im Jahr im Andachtsraum des Pflegeheims<br />
veranstaltet w<strong>ir</strong>d. Die gemeinsamen Gottesdienste sind<br />
gerade bei Gemeindegliedern beliebt, die aufgrund ihrer<br />
Behinderung nicht in die K<strong>ir</strong>che gelangen, denn die K<strong>ir</strong>chentreppen<br />
bieten keinen rollstuhlgerechten Zugang. Ein großes<br />
Problem bei der Umsetzung der gemeinsamen Gottesdienste<br />
sind die besonderen Ansprüche, die die Bewohner des<br />
Pflegeheims an die Ausgestaltung stellen. Zu lange Predigten<br />
sind nicht geeignet für die demenzkranken Menschen. Lieder<br />
aus dem Gesangbuch hingegen werden gern gesungen, denn<br />
die sind tief im Gedächtnis eingespeichert. Weiterhin sind<br />
sinnliche Eindrücke sehr bedeutend und wichtig für die<br />
Bewohner, damit kann oftmals mehr erreicht werden, als mit<br />
predigenden Worten.<br />
Die Kooperation erstreckt sich aber noch weiter: Die K<strong>ir</strong>chgemeinde<br />
kann den Speisesaal des Pflegeheims jederzeit für<br />
eigene Veranstaltungen nutzen. Ein berufsunfähiger Rentner<br />
aus der Gemeinde engagiert sich als Ehrenamtlicher im<br />
Pflegeheim. Die Konf<strong>ir</strong>manden kommen im Rahmen ihres<br />
Unterrichts zu Besuch und erhalten einen Einblick in das<br />
Alltagsleben der Bewohner und zur Adventszeit singt ein<br />
gemischter Chor aus Kindern und Erwachsenen der Gemeinde<br />
auf jeder Etage im Pflegeheim.<br />
„Die Öffnung in den Stadtteil dagegen erweist sich als<br />
schwierig.“, meint Frau Schüler-Tecklenburg, „Die Kommunikation<br />
zu diesem Thema <strong>fehlt</strong> im öffentlichen Leben – wen<br />
interessiert schon ein Pflegeheim, dass sich im Stadtteil aktiv<br />
integrieren will?“ Die Idee, mehr im Stadtteil gesehen zu<br />
werden, stößt an die Grenzen des Machbaren. Der Pflegespiegel<br />
liegt dafür viel zu niedrig, denn bei dementen Menschen<br />
braucht man für jeden Bewohner mindestens einen<br />
Betreuer, um sich im öffentlichen Raum sicher bewegen zu<br />
können. Einen Versuch dahingehend hat es aber dennoch<br />
schon gegeben: einen Besuch im <strong>Leipzig</strong>er Zoo, der allen<br />
Beteiligten viel Spaß und Freude und auch viele Erinnerungen<br />
geschenkt hat.<br />
Christina Schwabe I Praktikantin in der Öffentlichkeitsarbeit