fehlt ir was! - Diakonie Leipzig
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8 Jahresbericht 2010 Seelsorge in der Altenhilfe<br />
Seelsorge in der<br />
Altenhilfe<br />
Andachten - Gespräche -<br />
Lieder - Besuche<br />
Seit einem Jahr sind in unserem Werk zwei Pfarrerinnen in<br />
Teilzeit für die Seelsorge und das geistliche Leben in unseren<br />
Pflegeheimen tätig. Beiden sind jeweils bestimmte Pflegeheime<br />
zugeordnet. Frau Pfarrerin Helbig besucht die Pflegeheime<br />
Marienheim, Albert Schweitzer und Matthias Claudius<br />
und Frau Pfarrerin Dr. Anne-Kristin Kupke kommt in die<br />
Pflegeheime Emmaus, Johann Hinrich Wichern, Marthahaus,<br />
Matthäistift und Paul-Gerhardt (Bad Lausick). Durch diese<br />
Teilung kann die Regelmäßigkeit der Besuche und gottesdienstlichen<br />
Andachten wieder gewährleistet werden. In der<br />
Regel kommt die entsprechende Pfarrerin nun wöchentlich<br />
einmal in jedes der ihr zugeordneten Heime.<br />
Frau Pfarrerin Dr. Anne-Kristin Kupke berichtet über ihre<br />
Arbeit:<br />
„Ein Jahr bin ich nun in den Pflegeheimen der <strong>Diakonie</strong> tätig.<br />
Zurückblickend kann ich sagen: Dass diese Arbeit so vielfältig<br />
und so sinnvoll ist, hätte ich vorher nicht gedacht. Und: Ich<br />
erlebe immer wieder fragende Blicke, wenn ich früh in einen<br />
Wohnbereich eines Altenpflegeheimes komme. Sie scheinen<br />
zu fragen: Für wen sind Sie denn da? Nur für K<strong>ir</strong>chenmitglieder?<br />
Was machen Sie da? Mit welcher Absicht kommen<br />
Sie? Deshalb will ich von meiner Arbeit erzählen, ohne das<br />
Seelsorgegeheimnis zu verletzen (alle Gespräche unterliegen<br />
der Schweigepflicht).<br />
Grundsätzlich wendet sich das Gesprächsangebot an alle, die<br />
in einem Pflegeheim wohnen und arbeiten, egal, ob sie<br />
religiös gebunden sind oder nicht. Ein Angebot, das selbstverständlich<br />
auch abgelehnt werden kann. Ich komme ohne<br />
Absicht. Meine Gesprächspartner sollen nicht zum Glauben<br />
überredet werden. Sie können selbst bestimmen, worüber sie<br />
sprechen wollen. In Bezug auf den Inhalt der Gespräche<br />
erlebe ich eine große Vielfalt: Zentral ist – bei geistig orientierten<br />
Bewohnerinnen und Bewohnern – das Gespräch über<br />
das eigene Leben. Der Einzug ins Heim als Beginn der letzten<br />
Lebensetappe, die Konfrontation mit schweren Krankheiten<br />
oder altersbedingten Gebrechen, das Einsamwerden durch<br />
den Tod von Angehörigen und Freunden lösen intensive<br />
Gefühle und ein Nachdenken aus: Was macht mein Leben<br />
aus? Warum passiert m<strong>ir</strong> das? Was bringt die Zukunft – werde<br />
ich auch einmal dement? Worauf und auf wen kann ich mich<br />
verlassen? Manches verdrängte Ereignis der Vergangenheit<br />
kommt zum Vorschein. Ob es das Wissen um die Verschwiegenheit<br />
des Gespräches ist, dass auch als unerlaubt empfundene<br />
Gefühle geäußert werden?<br />
Eine wichtige Erfahrung: Indem ich Gefühle, z. B. Trauer und<br />
Ärger, als subjektive Wahrheit ernst nehme, fühlen sich die<br />
Menschen angenommen. Manchmal kann sich erst dann der<br />
Blick weiten; das Bild des eigenen Lebens w<strong>ir</strong>d differenzierter<br />
wahrgenommen. Gründe für Verletzungen werden sichtbar.<br />
Eigene Stärken und Fähigkeiten zur Bewältigung von Herausforderungen<br />
werden wieder bewusst. Die Hilfe von Menschen<br />
auf dem Lebensweg – in Vergangenheit und Gegenwart – w<strong>ir</strong>d<br />
dankbar erinnert. Manche spürten und spüren Gottes Begleitung<br />
wie ein Geländer zum Festhalten. Manche entdecken,<br />
dass sie innerlich stark waren – hat Gott ihnen geholfen?<br />
Auch andere Begegnungen seien hier erwähnt:<br />
• Begegnung mit demenziell Erkrankten (Validation der<br />
Gefühle, Wecken lebendiger Erinnerungen z. B. durch<br />
das Betrachten alter Fotos). Gerade bei ihnen erlebe<br />
ich die positive W<strong>ir</strong>kung der alten Lieder, die sie in<br />
der Kindheit gelernt haben.