07.01.2013 Aufrufe

Download - Quadrat Goslar/Bad Harzburg

Download - Quadrat Goslar/Bad Harzburg

Download - Quadrat Goslar/Bad Harzburg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

32 quadrat 11 /2011 � ganz privat<br />

Ich bin danndochvon den Interessen meinem Vater<br />

sehr ähnlich. Heute bin ich darauf durchaus stolz.<br />

Mein Bruder ist da übrigens ganz anders, aber das<br />

ist ja oft so. Mein Bruder wohnt in Hamburg und<br />

arbeitet dort als Dekanatsassistent an der Hoch-<br />

schule für Angewandte Wissenschaften (HAW) .<br />

Der Harz ist im wahrsten Wortsinn Ihr Lebensmit-<br />

telpunkt...<br />

Friedhart Knolle: Ich war stets sehr heimat- und<br />

naturorientiert und hatte das Glück, fast immer in<br />

meinem bisherigen Leben im Harz bleiben zu kön-<br />

nen. Das gelingt wegen der hiesigen wirtschaftli-<br />

chen Situation leider den allerwenigsten. Unsere<br />

beiden Töchter sind auch schon längst weg und<br />

werden wohl aus beruflichen Gründen nicht wieder<br />

nach <strong>Goslar</strong> oder in den Harz kommen. Aber sie<br />

besuchen uns oft. Ich habe hier in Clausthal stu-<br />

diert, war dann für meine Diplomarbeit im Ruhrge-<br />

biet und bei der Bundeswehr in der Lüneburger<br />

Heide. Das waren schon fast die längsten Zeiten<br />

außerhalb des Harzes. Anschließend habe ich eine<br />

erste Anstellung bei der seinerzeitigen Preussag in<br />

<strong>Goslar</strong> gefunden, danach bei einem Verlag in<br />

Clausthal-Zellerfeld. Dann ging die deutsch-deut-<br />

sche Grenze auf und das änderte mein ganzes<br />

Leben.<br />

Ihr Vater hat zu diesem Zeitpunkt auch schon Weit-<br />

sicht bewiesen?<br />

Friedhart Knolle: Ich werde nie diesen Satz verges-<br />

sen, als er sagte: „Friedhart, wir müssen uns jetzt<br />

um den Brocken kümmern“. Ich hatte alle mögli-<br />

chen Dinge im Kopf und dachte, was meint er<br />

eigentlich jetzt mit dem Brocken? Da sprach natür-<br />

lich die Generation, die den Berg noch vor der Tei-<br />

lung erlebt hat und wusste, welcher touristische<br />

Massenansturm jetzt losgehen würde. Er wusste,<br />

welche Naturgüter bei dem einsetzenden Run auf<br />

den Brocken geschützt werden mussten. Heute<br />

weiß ich, das war ein wegweisender Satz.<br />

Das war der Anlass für ein weiteresEngagement im<br />

Naturschutz?<br />

Friedhart Knolle: Ja, ich habe damals meine DDR-<br />

Kontakte genutzt, denn der Ostharz war ja kein<br />

Neuland für mich und meinen Vater. Wir gehörten<br />

zu der klitzekleinen Minderheit von Wessis, die<br />

nicht wie selbstverständlich nur nach Frankreich<br />

oder Italien in den Urlaub gefahren sind. Meine<br />

Frau fand damals, als ich sie mal mitgenommen<br />

habe, dieses „Braunkohlestinkeland DDR“ schreck-<br />

lich. Ich war da anders. Durch meine Heimatbezo-<br />

genheit war ich dort auch vorher schon viel unter-<br />

wegs, weil ich wissen wollte, was hinter dem Zaun<br />

ist. Plötzlich konnte ich bei der Grenzöffnung<br />

Naturschutzkontakte einsetzen, von denen ich nie<br />

geahnt habe, dass man sie mal beruflich gebrau-<br />

chen könnte und habe dann sofort begonnen, Netz-<br />

werke zu knüpfen.<br />

Das führte zum Ausstieg aus dem letzten Beruf?<br />

Friedhart Knolle: Ich war Managing Editor bei<br />

einem kleinen technischen Verlag in Clausthal-Zel-<br />

lerfeld und die Grenzöffnung führte dort zu meinem<br />

Ausstieg. Ich war nicht schlecht bezahlt und es war<br />

ein Risiko, dort auszusteigen, denn wir hatten ja<br />

zwei Kinder. Doch es war ein starkes emotionales<br />

Bedürfnis für mich, in den Naturschutz zu gehen.<br />

Ich hatte ja nicht sofort eine befristete Stelle, son-<br />

dern bin erst zwei Jahre später 1992 mit Zeitver-<br />

trägen in den öffentlichen Dienst gekommen,<br />

damals in das Planungsteam des noch nicht gegrün-<br />

deten Nationalparks in Niedersachsen. Ich würde<br />

mich daher insgesamt als Kind dieser Grenze<br />

bezeichnen.<br />

Wie sind damals die Kontakte zum Naturschutz in<br />

der DDR entstanden?<br />

Friedhart Knolle: Mein Vater kannte dort zahlreiche<br />

Naturschutzkollegen und Heimatkundler. Er<br />

besuchte damals auch Freunde in Ilsenburg und<br />

Halberstadt und hat mich irgendwann einfach mal<br />

mitgenommen. Natürlich interessierte mich das.<br />

Beim Frühstück hatte ich öfter Andeutungen gehört,<br />

dass die Post wieder geöffnet wurde von der Stasi<br />

und Broschüren fehlten. Das war für mich so span-<br />

nend, dass ich da mal mitgefahren bin. Und<br />

irgendwo habe ich dann auch meine Interessen ent-<br />

wickelt und bin später auf eigene Faust gefahren.<br />

Mein Thema war die Landschaft, die Geologie,<br />

waren Höhlen, Bergwerke, also eigentlich alles das,<br />

wofür ich mich heute auch noch begeistere.<br />

Und das brachte Sie in den Fokus der Stasi?<br />

Friedhart Knolle: Ich hatte natürlich immer ein<br />

Fernglas und einen Geologenhammer dabei. Und<br />

hatte viele Kontakte. Dann wurden irgendwann<br />

Aktenvorgänge eingeleitet. Das habe ich damals<br />

nicht geahnt. Ich bin genauso engagiert wie heute<br />

gewesen und natürlich habe ich auch mal Green-<br />

peace-Material und ähnliches verschickt. Die Kol-<br />

legen in der DDR wollten das ja auch haben und<br />

sagten: Bringt uns mal das mit, was wir hier nicht<br />

bekommen können, und selbstverständlich wurde<br />

das von der Stasi beobachtet. Heute weiß ich, dass<br />

das mit meinem Beruf als Geologe und meinen Öko-<br />

aktivitäten zu tun hatte. Irgendwann drehte die<br />

Stasi völlig im Roten und hatte den Verdacht, ich<br />

sei ein Agent. Hätte ich das vorher geahnt, hätte ich<br />

eine spezielle Reise nicht angetreten. Wir sind ins<br />

Erzgebirge gefahren und haben auch Station<br />

gemacht an den Uranbergbauhalden und Fotos<br />

geschossen. Meine Akte schwoll daraufhin im Laufe<br />

der Zeit auf über 200 Seiten an.<br />

Sie sind also systematisch beobachtet worden?<br />

Friedhart Knolle: Genau so ist das gewesen. Es gab<br />

zum Beispiel Verfolgungen im Trabbi. Das haben<br />

wir nicht bemerkt. Es gab Postkontrolle. Eine ganze<br />

Handvoll von IMs haben mich überwacht. Darauf<br />

kann man heute fast stolz sein (lacht). Ich war Stu-<br />

dent und das war insgesamt so lächerlich. Den<br />

Höhepunkt stellten „komplexe Maßnahmen“ dar,<br />

wie die Stasi das nannte, zum Beispiel das Abhören<br />

im Objekt. Ein Bekannter hat uns in seinem Gäste-<br />

zimmer übernachten lassen und die Stasi hat das<br />

Zimmer am Tagvorher verwanzt. Und unser Bekann-<br />

ter hat das zugelassen, was er bis heute nicht<br />

zugibt. Leider ist das Tonband nicht aufzufinden<br />

und auch keine Abschrift. Wir waren zu Dritt und<br />

hatten gut was getrunken. Ich hätte das gern mal<br />

gehört. Das war in Wernigerode.<br />

Aber das war wohl nicht alles?<br />

Friedhart Knolle: Sie kamen bei mir nicht weiter.<br />

Ich galt als potentieller Agent des Militärgeographi-<br />

schen Dienstes der Bundeswehr oder des Bundes-<br />

nachrichtendienstes. Aber sie hatten keine Beweise<br />

und kamen überhaupt nicht voran. Ich war Teil<br />

einer kleinen Geologengruppe, die sie beobachte-<br />

ten und sie haben jahrelang so viel Zeit und Geld<br />

in uns gesteckt, aber sie kamen nicht dahinter. Die<br />

anderen waren allerdings nicht ganz so reiseaktiv<br />

wie ich. Dann gibt es bei Geheimdiensten ja meh-<br />

rere Möglichkeiten, wenn man nicht weiterkommt<br />

und diese Maßnahmen wurde bei mir in den Akten

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!