Volltext - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
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Ein zentrales Problem des weiterbildenden<br />
Studiums – Gisela Steenbuck formuliert im<br />
Buch Widersprüche und Perspektiven in der<br />
wissenschaftlichen Weiterbildung <strong>für</strong> Frauen –<br />
liegt darin, daß die Teilnehmerinnen zwar persönlich<br />
sehr bereichernde Entwicklungsprozesse<br />
durchlaufen, aber wenig Chancen<br />
am Arbeitsmarkt haben. Als Hauptwiderspruch<br />
charakterisiert Steenbuck deshalb jenen „zwischen<br />
einer realisierten Anerkennung informell<br />
erworbener Qualifikationen beim Zugang<br />
zu den Frauenstudien einerseits und der fehlenden<br />
Anerkennung derselben beim Berufszugang<br />
andererseits“ (S. 178).<br />
Der von Heike Fleßner, Marianne Kriszio, Rita<br />
Kurth und Lydia Potts herausgegebene Band<br />
„Women’s Studies im internationalen Vergleich“<br />
ist die Dokumentation einer gleichnamigen<br />
Tagung, die vom 10. bis 12. Juni 1993 an der<br />
Carl von Ossietzky-Universität in Oldenburg<br />
stattfand. Geplant war ein Austausch über Frauenforschung<br />
und Frauenstudien vor allem zwischen<br />
der Bundesrepublik Deutschland, den<br />
USA und den Niederlanden. Der Band enthält<br />
Beiträge zur Entwicklung der Frauenforschung<br />
im Überblick sowie die Darstellung einzelner<br />
Beispiele und Konzepte und schließlich Aufsätze<br />
zu Inhaltsbereichen von Frauenforschung.<br />
Zunächst ging es um eine Bestandsaufnahme:<br />
Elaine Hedges von der Towson State University<br />
berichtete über den Stand der women’s<br />
studies in den USA. 1970 hatte dort an der San<br />
Diego State University das erste Programm<br />
begonnen. Mittlerweile bieten zwei Drittel der<br />
ca. 3000 Hochschul- bzw. Weiterbildungseinrichtungen<br />
in den Vereinigten Staaten women’s<br />
studies an, in über hundert <strong>Institut</strong>ionen ist der<br />
Erwerb eines master degree oder die Promotion<br />
möglich. Die staatlichen Colleges und Universitäten<br />
waren und sind die Vorreiter, während<br />
die privaten Universitäten einschließlich<br />
der Frauenuniversitäten erst spät nachzogen.<br />
Die women’s studies bestehen in der Regel<br />
aus einem Kern von interdisziplinären Veranstaltungen,<br />
die in Geschichte und Anliegen der<br />
Frauenbewegung einführen sowie Überblicke<br />
über die aktuelle Lage von Frauen geben.<br />
Hinzu kommen disziplinäre Veranstaltungen,<br />
die sich z.B. mit Schriftstellerinnen usw. befassen.<br />
Women’s studies waren schon immer<br />
geprägt durch ein politisches Ziel – hier liegt<br />
mittlerweile auch ein Problem <strong>für</strong> die Weiterentwicklung:<br />
Zunehmend haben sich feministi-<br />
160<br />
sche Theorien entwickelt, die nicht auch auf<br />
politische Veränderungen orientiert sind. Damit<br />
verbunden ist die Gefahr, daß Frauen untereinander<br />
Auseinandersetzungen führen und<br />
ein gemeinsames Ziel – gegen nach wie vor<br />
bestehende Unterdrückung und Benachteiligung<br />
vorzugehen – in den Hintergrund gerät.<br />
Andrea Griesebner charakterisiert die Entwicklung<br />
der women‘s studies in Europa. Sie unterscheidet<br />
drei verschiedene Strategien. Zur ersten<br />
gehören die nordischen Länder, Holland,<br />
Großbritannien und Irland: Hier sind women’s<br />
studies am stärksten institutionell verankert.<br />
Gemeinsam ist in diesen Ländern „die sehr<br />
früh geknüpfte Allianz zwischen ,Feminismus<br />
und Sozialismus‘, die sich in einer engen Zusammenarbeit<br />
und wechselseitiger Unterstützung<br />
von Frauenbewegung und sozialistischen/<br />
sozialdemokratischen Politikerinnen und <strong>Institut</strong>ionsfrauen,<br />
in sogenannten Femokrats, äußerte“<br />
(S. 31). Die zweite Gruppe von Ländern<br />
bilden Finnland, Italien, Spanien, Frankreich,<br />
Schweiz, Deutschland und Österreich. In diesen<br />
Ländern „prägte der Diskurs ,Autonomie<br />
versus <strong>Institut</strong>ionalisierung‘ die <strong>Institut</strong>ionalisierungsdebatte“<br />
(S. 31f.), entsprechend gibt<br />
es kaum universitäre women‘s-studies-Programme<br />
oder -Zentren. Zur dritten Gruppe<br />
schließlich gehören die osteuropäischen Länder:<br />
Hier sind nach Klärung der politischen<br />
Entwicklungen sehr schnell gender-studiescenters<br />
etabliert worden.<br />
Heike Kahlert stellt die bundesdeutsche Entwicklung<br />
in den alten Bundesländern vor. Der<br />
Begriff Frauenstudien wird keineswegs einheitlich<br />
verwendet: „Frauenstudien stellen eine<br />
Verbindung von Frauenforschung, Frauenbildung<br />
und Frauenbewegung dar“ (S. 38). Entsprechend<br />
unterschiedlich sind auch die <strong>Institut</strong>ionalisierungsformen<br />
und ihre Begründungen,<br />
wobei die theoretische Entwicklung eher<br />
gegen eine eigenständige <strong>Institut</strong>ionalisierung<br />
spricht. Dennoch – so Heike Kahlerts Perspektive<br />
– führt an verschiedenen <strong>Institut</strong>ionalisierungen<br />
wohl kein Weg vorbei. Sie müssen aber<br />
ergänzt werden durch Frauenpolitik als Einbindung<br />
auf allen Ebenen und durch eine neue<br />
Diskussionskultur unter Frauen.<br />
Im Detail vorgestellt werden dann Frauenstudienprogramme<br />
in Groningen von Ellen Offers,<br />
der Studienschwerpunkt „Frauen und Wirtschaft“<br />
an der Fachhochschule <strong>für</strong> Wirtschaft<br />
in Berlin von Angelika Wellnitz-Kohn, das Fach<br />
„Frauenstudien“ des Oberstufenkollegs Biele-