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Geschichte - Berlinische Galerie

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1<br />

BERLINISCHE GALERIE<br />

PRESSEINFORMATION<br />

LANDESMUSEUM FÜR MODERNE ALTE JAKOBSTRASSE 124-128 FON +49 (0) 30 –789 02–600<br />

KUNST, FOTOGRAFIE UND ARCHITEKTUR 10969 BERLIN FAX +49 (0) 30 –789 02–700<br />

STIFTUNG ÖFFENTLICHEN RECHTS POSTFACH 610355 – 10926 BERLIN BG@BERLINISCHEGALERIE.DE<br />

<strong>Geschichte</strong> der <strong>Berlinische</strong>n <strong>Galerie</strong><br />

Ulrike Andres<br />

Leitung<br />

Marketing & Kommunikation<br />

Fon 030 789 02-829<br />

andres@berlinischegalerie.de<br />

Berlin, 21. Februar 2011<br />

Das Landesmuseum, das sich der in Berlin entstandenen Kunst, Fotografie<br />

und Architektur der Moderne widmet, ist eines der jüngsten Museen der<br />

Stadt und kann dennoch auf eine recht abenteuerliche <strong>Geschichte</strong><br />

zurückblicken. 1975 als privater Verein gegründet, lange Zeit ohne eigenes<br />

Domizil – zwischendurch sogar sieben Jahre lang obdachlos – eröffnete die<br />

<strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong> im Oktober 2004 ihr eigenes Haus in der Alten<br />

Jakobstraße in Berlin-Kreuzberg.<br />

1975<br />

wurde die <strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong> als privater Verein gegründet. Initiator war der<br />

Kunsthistoriker Eberhard Roters. Weitblickend hatte er in der damaligen Berliner<br />

Museumsszene eine folgenschwere Lücke erkannt: keine Institution widmete<br />

sich gezielt der in Berlin entstandenen Kunst. Es gab einerseits die<br />

Nationalgalerie, die moderne Kunst sammelte, aber auf internationalem Niveau<br />

und ohne spezifischen Berlin-Bezug; das Berlin Museum andererseits befasste<br />

sich zwar mit berlinischen Themen, aber wiederum nicht speziell mit bildender<br />

Kunst. Roters scharte mit Überzeugungskraft und Charme eine verschworene<br />

Gemeinde kunstbegeisterter Gleichgesinnter um sich, die am 21. November<br />

1975 in einer Art mäzenatischer Bürgerinitiative die <strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong><br />

gründeten.<br />

1977<br />

bezieht die <strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong> erstmals ein<br />

Quartier mit eigenen Ausstellungsflächen. In einer<br />

kleinen <strong>Galerie</strong> in der Jebensstraße nahe dem<br />

Bahnhof Zoo (heute befindet sich dort die Helmut-<br />

Newton-Stiftung) stehen drei Räume zur<br />

Verfügung, um die inzwischen gesammelten<br />

Kunstwerke zu präsentieren. Die ersten kleinen,<br />

aber feinen Ausstellungen lassen auch den bis dahin noch skeptischsten<br />

Beobachter ahnen, was sich hinter Roters’ scheinbar schlichter Idee verbirgt.<br />

Seit Erfindung der Moderne hatte die Stadt immer wieder die Protagonisten des<br />

Foto: André Kirchner<br />

Foto: Nina Straβgütl<br />

WWW.BERLINISCHEGALERIE.DE<br />

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internationalen künstlerischen Geschehens angezogen, die im Getriebe der<br />

Metropole Inspiration wie auch Publikum fanden. Gerade die klassische<br />

Moderne, von Impressionismus, Expressionismus, Dada, Neuer Sachlichkeit bis<br />

hin zur russischen Avantgarde, erfuhr hier Impulse und Wandlungen, aus denen<br />

sich eine spezifisch berlinische Kunstgeschichte entwickelte.<br />

Bei Erwerbungen wurde das Museum von privaten Mäzenen und sehr<br />

verlässlich immer wieder von der Stiftung Deutsche Klassenlotterie unterstützt.<br />

Dem Spürsinn und Kunstverstand von Roters kam aber auch entgegen, dass<br />

viele der Künstler vor allem aus der Zwischenkriegszeit damals tatsächlich<br />

weitgehend vergessen und allenfalls einem kleinen Kreis von Eingeweihten<br />

bekannt waren: Bilder, die heute kaum noch bezahlbar wären, erhielt Roters<br />

sehr preiswert oder sogar als Schenkung für das Museum.<br />

Die <strong>Geschichte</strong> der <strong>Berlinische</strong>n <strong>Galerie</strong> ist auch eine <strong>Geschichte</strong> der<br />

Wiederentdeckung verlorener, verschütteter Schätze. Heute bekannte und<br />

bedeutende Namen wie Felix Nussbaum, Otto Freundlich, Conrad Felixmüller,<br />

Ludwig Meidner, Arthur Segal, Erwin Blumenfeld, Erich Salomon, erst recht die<br />

ohnehin immer allzuleicht übersehenen Künstlerinnen wie etwa Jeanne<br />

Mammen oder sogar Hannah Höch und viele, viele andere würden uns vielleicht<br />

noch immer nicht viel sagen, wenn nicht Roters sie dem Vergessen entrissen<br />

und ihre Werke für die <strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong> (und damit für Berlin!) gerettet hätte.<br />

1986<br />

erhält die <strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong> das 1. Obergeschoss des Martin-Gropius-Baus als<br />

„langfristig vorläufigen Standort“. Die Sammlung, die aus den kleinen Räumen<br />

in der Jebensstraße längst herausgewachsen ist, bekommt damit ein überaus<br />

repräsentatives Domizil – aber mit einem Pferdefuß: Es gehört ihr nicht alleine.<br />

Während der 12 Jahre, die das Museum hier residiert, wird es regelmäßig seine<br />

Schätze wegräumen müssen, um für große Sonderausstellungen Platz zu<br />

machen, mit denen immer wieder einmal das ganze Haus bespielt wird.<br />

Zunächst aber ist die Freude groß, und als Krönung des Triumphs gelingt dem<br />

Direktor Eberhard Roters ein ganz besonderes Kunststück. Pünktlich zum<br />

Einzug in den Gropius-Bau kann er, wiederum mit Hilfe der Lotto-Stiftung und<br />

des Bundesinnenministeriums, das millionenteure Meisterwerk eines der<br />

bekanntesten mit Berlin verbundenen Künstler erwerben: Otto Dix’ Porträt des<br />

Dichters Ivar von Lücken. Damit hat die <strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong> zur prachtvollen<br />

Residenz auch gleich ihr erstes international renommiertes<br />

Sammlungsglanzstück vorzuweisen.<br />

Vor solchem Hintergrund fällt es Roters nicht mehr sehr schwer, für seine<br />

legendäre Ausstellung „Ich und die Stadt“ 1987 eine Vielzahl kostbarster<br />

Leihgaben aus aller Welt zusammenzutragen: Dix, Beckmann, Kirchner, Nolde,<br />

Puni, Schmidt-Rottluff, Schad, Schlichter... Zwischen deren hochkarätigen<br />

Meisterwerken hängen geschwisterlich die Bilder damals noch eher<br />

unbekannter Maler aus der Sammlung der <strong>Berlinische</strong>n <strong>Galerie</strong> und zeigen in<br />

dieser Gesellschaft eindrucksvoll ihre bislang übersehenen Qualitäten.<br />

Auch unter dem Nachfolger von Roters, Jörn Merkert, der 1987 das Amt des<br />

Direktors antritt, konnten weitere Werke ersten Ranges für die Bestände des<br />

stetig wachsenden Museums gewonnen werden. Von Naum Gabo etwa besitzt<br />

es nach der Tate Gallery die weltweit zweitgrößte Sammlung, und der<br />

„Synthetische Musiker“ von Iwan Puni ist geradezu Markenzeichen der<br />

2<br />

OTTO DIX<br />

Der Dichter Iwar von Lücken, 1926<br />

Erworben aus Mitteln der Stiftung<br />

DKLB, des Bundesminister des Inneren<br />

und des Museumsfonds des Senators<br />

für Kulturelle Angelegenheiten Berlin,<br />

1988<br />

IWAN PUNI<br />

Synthetischer Musiker, 1921<br />

Erworben aus Mitteln der<br />

Senatsverwaltung für Kulturelle<br />

Angelegenheiten Berlin und<br />

Spendenmitteln, 1991<br />

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<strong>Berlinische</strong>n <strong>Galerie</strong> geworden. Mehr und mehr zeigt sich der reiche Gehalt des<br />

Konzeptes „Kunst, die in Berlin entstand“.<br />

Auch weiterhin wird – neben der ständigen Sammlungspräsentation – in<br />

aufsehenerregenden Wechselausstellungen wie „Stationen der Moderne“<br />

(1988) oder „Berlin-Moskau/Moskau-Berlin“ (1995) dokumentiert, wie sehr das<br />

Kunstgeschehen in der Stadt stets mit den internationalen künstlerischen<br />

Entwicklungen in Tuchfühlung und Austausch verbunden war und heute noch<br />

ist.<br />

Am Grundproblem des Standorts freilich ändert sich nichts. Das „langfristig<br />

vorläufige“ Domizil Martin-Gropius-Bau ist kein wirklich eigenes Haus. Eine<br />

durchgehende Präsenz der Sammlung in der Öffentlichkeit ist damit unmöglich.<br />

1990<br />

hört man bis in die Ausstellungsräume des Martin-Gropius-Baus, der direkt<br />

neben der Mauer steht, das Hämmern der „Mauerspechte“ – hunderttausende<br />

Souvenirjäger sichern sich ihr Bröckchen des in Beton gegossenen Symbols der<br />

deutschen Teilung, die endlich überwunden ist.<br />

So wie der Gropius-Bau auf einmal im Zentrum der wiedervereinigten Stadt<br />

stand, rückte auch die <strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong> über Nacht in eine neue Position in<br />

der Berliner Museenlandschaft. Denn zum einen war sie ja nie als<br />

„Westberlinische“ <strong>Galerie</strong> konzipiert gewesen, sondern hatte lediglich aufgrund<br />

der politischen Situation ihr Wirken auf diesen Teil der Stadt beschränken<br />

müssen; zum anderen gab es so etwas wie eine „Ostberlinische“ <strong>Galerie</strong> nicht,<br />

mit der man sich jetzt hätte zusammentun können. Für die <strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong><br />

verdoppelte sich also schlicht der Zuständigkeitsbereich. Alles, was bisher im<br />

Westen aufgebaut worden war – gerade auch beim Sammeln und Fördern<br />

zeitgenössischer Kunst – musste nun für den Ostteil der Stadt nachgeholt<br />

werden.<br />

Das geschah recht zügig. Vom Verband Bildender Künstler der DDR zum<br />

Beispiel, der sich auflöste, wurde dem Museum schon 1991 die einzigartige<br />

Sammlung zur Fotografiegeschichte der DDR übergeben. Überhaupt nahmen<br />

die Ostberliner Künstler sehr schnell die <strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong> als ihre Heimat<br />

wahr.<br />

Auch das Land Berlin selbst musste nicht lange suchen, als es etwa darum<br />

ging, im Lauf der folgenden Jahre die zahlreichen Architekturwettbewerbe zur<br />

Neugestaltung der Innenstadt zu archivieren: die Modelle und Unterlagen der<br />

eingereichten Entwürfe, zum Beispiel zum Reichstag oder zum Lehrter Bahnhof,<br />

waren in der Architektursammlung der <strong>Berlinische</strong>n <strong>Galerie</strong> gut aufgehoben und<br />

werden bis heute regelmäßig ins Ausstellungsprogramm integriert.<br />

1995<br />

gelingt ein wichtiger Schritt: die <strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong>, bis dahin immer noch ein<br />

privater Verein, wird in eine Stiftung öffentlichen Rechts umgewandelt. Ein<br />

Landesmuseum: das entspricht dem längst nicht mehr wegzudenkenden<br />

Beitrag des Museums zur kulturellen Identitätsfindung Berlins, das seine<br />

wechselvolle <strong>Geschichte</strong> im 20. Jahrhundert, seine Brüche, Katastrophen und<br />

Neuanfänge in den Kunstwerken der Sammlung widergespiegelt finden kann.<br />

3<br />

Jewgeni Jewtuschenko und Eberhard<br />

Diepgen bei der Eröffnung von<br />

„Berlin/Moskau“ 1995<br />

Sir Norman Fosters Entwurf für den<br />

Umbau des Reichstags – vielleicht das<br />

prominenteste Beispiel für die zahllosen<br />

Architekturwettbewerbe, deren<br />

Entwürfe und Modelle die BG verwahrt.<br />

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Auch das Standortproblem wird inzwischen auf höchster politischer Ebene im<br />

Senat ernstgenommen. Als Wunschlösung ist das Postfuhramt in der<br />

Oranienburger Straße in Berlin-Mitte im Gespräch. Die Verhandlungen mit dem<br />

Eigentümer ziehen sich jahrelang. Mal scheint die Einigung bevorzustehen,<br />

dann wieder rückt das Ziel in weite Ferne. Direktor Jörn Merkert und seine<br />

Kolleginnen und Kollegen geben alles, um mit phantasievollen Mitteln dem<br />

Glück nachzuhelfen: sie sammeln Unterschriften, organisieren<br />

Unterstützungsschreiben von namhaften Museen der Welt, werben nicht<br />

zuletzt Sponsoren ein, die bei der Instandsetzung des Postfuhramts helfen<br />

würden. Aber allen Bemühungen zum Trotz verlaufen die Verhandlungen im<br />

Sand. Noch ist das abzusehende Scheitern nicht in den Köpfen angekommen –<br />

eben hat die <strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong> noch mit einem kleinen „Probeauftritt“ zur<br />

Langen Nacht der Museen über 10.000 Besucher in das leerstehende<br />

Postfuhramt gelockt – da erhält die Belegschaft eine ganz neue<br />

Hiobsbotschaft.<br />

1997<br />

beschließt der Senat, den Martin-Gropius-Bau zu sanieren, um ihn für eine<br />

zukünftige Nutzung als große Ausstellungshalle des Bundes herzurichten. Das<br />

bedeutet für die <strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong> zweierlei. Erstens, dass sie wegen der<br />

Sanierungsarbeiten Ende 1997 Hals über Kopf ausziehen muss. Zweitens, dass<br />

sie nach deren Abschluss nicht wieder einziehen kann, weil das Haus bereits<br />

anderweitig verplant ist. Das hatte man beim Senat ganz vergessen.<br />

Obdachlos! Ins Depot eingelagert! Eine Katastrophe für ein Museum, das ja auf<br />

die Präsentation seiner Sammlung angewiesen ist – erst recht, wenn es um<br />

Sympathie für sein Anliegen werben muss. Nach dem ersten Schock besinnt<br />

sich das Team um Jörn Merkert auf das, was es notgedrungen schon längst<br />

gelernt hat: improvisieren und nicht aufgeben!<br />

Während provisorische Büros und Depoträume in der ehemaligen Schultheiss-<br />

Brauerei in der Methfesselstraße am Kreuzberg eingerichtet werden, stellen die<br />

Kuratoren aus rund 200 Meisterwerken der Sammlung eine Ausstellung<br />

zusammen, die unter dem Titel „100 Jahre Kunst im Aufbruch“ zwei Jahre<br />

lang durch Europa reist. Als „kultureller Botschafter Berlins“ erregt sie überall<br />

großes Aufsehen und soll damit natürlich auch auf die öffentliche Meinung in<br />

Berlin selbst zurückstrahlen.<br />

In der Schultheiss-Brauerei bietet sich jedoch schon bald eine unerwartete<br />

Möglichkeit an. Unter der Brauerei gibt es riesige Gewölbehallen – frühere<br />

Eiskeller – die sich, nach entsprechendem Ausbau, als Museumsräume<br />

hervorragend eignen würden. Mit den Investoren, die das gesamte Areal<br />

erschließen wollen, ist man schnell einig, und auch die Finanzierung durch das<br />

Land Berlin ist nach harten Verhandlungen mit der damaligen Finanzsenatorin<br />

Annette Fugmann-Heesing letztendlich gesichert.<br />

Mit dem ihnen eigenen Optimismus machen sich die Mitarbeiter des Museums<br />

an die Planungsarbeit. Die Raumaufteilung wird entworfen, eine akribische<br />

Arbeit, bei der nichts vergessen werden darf – von der Ausstellungshalle bis zu<br />

Anlieferungswegen, Teeküchen und Toiletten – und es beginnen schon erste<br />

Isolierungsarbeiten am alten Mauerwerk...<br />

4<br />

Sommerfest zur Langen Nacht der<br />

Museen im Innenhof des Postfuhramts<br />

1997<br />

Gewölbe der Schultheiss-Brauerei<br />

Direktor Jörn Merkert noch<br />

enthusiastisch vor einer Werbetafel des<br />

Projekts „Viktoria Quartier“ in der<br />

Schultheiss-Brauerei<br />

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Der Traum, schon zum Greifen nah, zerplatzt im letzten Moment. Völlig<br />

unvorhersehbar beantragt die Investorengesellschaft des Areals 2001<br />

Insolvenz. Auch das neue Domizil der <strong>Berlinische</strong>n <strong>Galerie</strong> ist damit über Nacht<br />

beerdigt, die Arbeit von über zwei Jahren landet im Papierkorb.<br />

2004<br />

kommt es dann doch noch zum Happy End, mit dem schon niemand mehr<br />

gerechnet hatte. Selbst der krisenerprobte Mitarbeiterstab der <strong>Berlinische</strong>n<br />

<strong>Galerie</strong> war nach dem Zusammenbruch des Schultheiss-Projekts mit seinem<br />

Latein am Ende – nach all der Kraft, die man in die bisherigen, gescheiterten<br />

Visionen gesteckt hatte, war kaum noch abzusehen, wo man noch einmal<br />

einen Hoffnungsschimmer hernehmen sollte. Zumal im Lauf der jahrelangen<br />

Suche nach geeigneten Standorten eigentlich schon alles geprüft und aus den<br />

verschiedensten Gründen verworfen worden war, was auch nur einigermaßen<br />

in Frage kam.<br />

Aber das Museum hat Glück im Unglück, und zwar in zweierlei Gestalt. Erstens<br />

können die vom Senat bewilligten und bereitgestellten Mittel für das<br />

Schultheiss-Projekt aus dem Konkurs der Investoren gerettet werden, da sie<br />

von der Bank verbürgt sind. Sie stehen also in gleicher Höhe für ein neues<br />

Bauobjekt zur Verfügung, so sich denn eines findet. Zweitens wird von der<br />

Münchner Baufirma DIBAG, mit der man vorher schon wegen anderer<br />

Standorte erfolglos im Gespräch gewesen war, ein allerletzter Vorschlag<br />

eingereicht, an den man bei der DIBAG selbst kaum zu glauben wagt.<br />

Eine leerstehende riesige Lagerhalle in der Alten Jakobstraße, die 1966<br />

während des Kalten Krieges vom Senat zur Vorratslagerung von Glasscheiben<br />

errichtet worden war und jetzt natürlich nicht mehr gebraucht wird. Sechzig<br />

mal sechzig Meter im Grundriss, zwölf Meter hoch, mit einem separaten<br />

Bürogebäude an der Seite. Jörn Merkert und sein Team sind auf Anhieb<br />

begeistert, als sie die Halle zum erstenmal betreten und sich sofort vorstellen<br />

können, wie man sie museumsgerecht ausbauen kann: eine Zwischendecke<br />

einziehen, wodurch zwei Etagen mit viel Ausstellungsfläche bei immer noch<br />

großzügigen Deckenhöhen entstehen, die Kellerräume unter dem Gebäude als<br />

Depot herrichten...<br />

Aufs neue beginnen die Planungsarbeiten, und es gelingt ein Wunder, wie es in<br />

Berlin bei öffentlichen Bauten sonst selten vorkommt. Das gesamte<br />

Bauvorhaben wird streng auf die zur Verfügung stehende Summe gedeckelt<br />

und kostet am Ende tatsächlich keinen einzigen Cent mehr als geplant. Das<br />

gelingt natürlich nur mit größter Sparsamkeit und Verzicht auf jeden unnötigen<br />

Luxus.<br />

Hierbei bewähren sich einmal mehr der Einfallsreichtum der Mitarbeiter und das<br />

Geschick, die Unterstützung privater Mäzene und Sponsoren zu finden, das<br />

man im Lauf der entbehrungsreichen Jahre entwickelt hat. Nur ein Beispiel:<br />

zwar deckt die Bausumme die Einrichtung eines Veranstaltungssaals<br />

(Auditorium), aber für die Bestuhlung reicht das Geld nicht. Was tun? Eine<br />

„Stuhl-Spendenaktion“ unter den Mitgliedern des Fördervereins erbringt mit<br />

über 40.000 Euro sogar weit mehr als die erforderliche Anzahl von 240<br />

Stühlen, von denen jeder einzelne nun auf einem kleinen Schildchen den<br />

Spendernamen trägt...<br />

5<br />

Umbau des ehemaligen Glaslagers zum<br />

neuen Standort der <strong>Berlinische</strong>n <strong>Galerie</strong><br />

Eröffnung der <strong>Berlinische</strong>n <strong>Galerie</strong> in<br />

der Alten Jakobstraße mit dem<br />

Regierenden Bürgermeister Klaus<br />

Wowereit am 22. Oktober 2004<br />

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2009<br />

blickt die <strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong> auf fünf Jahre im eigenen Haus mit einer halben<br />

Million Gästen aus aller Welt zurück. Jetzt kann sie in der ständigen<br />

Sammlungspräsentation endlich umfassend und dauerhaft zeigen, welche<br />

Kostbarkeiten ihre Sammlungen beherbergen – dazu gelingen regelmäßig<br />

Wechselausstellungen von bundesweiter und internationaler Ausstrahlung.<br />

So etwa „Brücke - die Geburt des deutschen Expressionismus“, eine<br />

Kooperation mit dem Brücke-Museum und dem Museo Thyssen-Bornemisza in<br />

Madrid, die den Höhepunkt des Brücke-Jubiläumsjahres 2005 bildete. Oder die<br />

Retrospektive „Emilio Vedova 1919-2006“ in enger Zusammenarbeit mit der<br />

Galleria Nazionale d’Arte Moderna in Rom, die den Hauptvertreter des<br />

italienischen abstrakten Expressionismus erstmals in Deutschland umfassend<br />

zeigte und damit eine Schenkung des Künstlers an die <strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong> im<br />

Wert von viereinhalb Millionen Euro besiegelte. Oder letztes Jahr „Soweit kein<br />

Auge reicht“, eine Ausstellung von bisher nie gesehenen Stadtpanoramen aus<br />

der Nachkriegszeit, die nicht nur zehntausende Berliner zum Staunen brachte.<br />

Von all der Unterstützung, die der <strong>Berlinische</strong>n <strong>Galerie</strong> von seinen Freunden im<br />

Förderverein, den zahllosen Mäzenen und Sponsoren in schwierigen Zeiten<br />

zuteil wurde, gibt sie nun in umgekehrter Richtung etwas weiter: Das gilt vor<br />

allem für die Förderung zeitgenössischer, junger Künstler, für die Berlin seit der<br />

Wiedervereinigung aufs neue eine ungeheure Attraktivität gewonnen hat – in<br />

Ausstellungen wie „Neue Heimat“ (2007) oder der aktuellen Schau „Berlin<br />

89/09“ richtet die <strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong> ihnen immer wieder ein prominentes<br />

Forum ein.<br />

Auch mit der Vergabe hochrangiger Kunstpreise fördert das Landesmuseum,<br />

meist in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit anderen Institutionen, Kunst<br />

und Künstler. So stiftete der Altmeister des Informel Fred Thieler einen mit<br />

10.000 Euro dotierten Preis für herausragende Positionen zeitgenössischer<br />

Malerei, der alle zwei Jahre ausgelobt wird. Ebenfalls im Zwei-Jahres-<br />

Rhythmus werden zu Ehren des Gründungsdirektors abwechselnd der Friedlieb<br />

Ferdinand Runge-Preis für unkonventionelle Kunstvermittlung mit einer Dotation<br />

von 10.000 Euro und das mit 15.500 Euro Preisgeld ausgestattete Eberhard<br />

Roters-Stipendium für Junge Kunst ausgeschrieben, die beide einer<br />

Partnerschaft zwischen dem Landesmuseum und der Stiftung Preußische<br />

Seehandlung entspringen. Die <strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong> richtet den von der<br />

Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur gestellten Hannah-<br />

Höch-Preis aus und ist Gastgeber für den GASAG Kunstpreis und die<br />

Ausstellung der Preisträger des Vattenfall Kunstpreises Energie.<br />

Auch die ganz Jungen kommen nicht zu kurz: im Atelier Bunter Jakob können<br />

Kinder und Jugendliche im direkten Gegenüber mit den Kunstwerken ihre<br />

ersten Abenteuer mit künstlerischen Arbeitsweisen erleben.<br />

6<br />

EMILIO VEDOVA<br />

Absurdes Berliner Tagebuch `64, 1964<br />

(Plurimo 1-7)<br />

Dauerhafte Präsentation der Malerei-<br />

Assemblage von Emilio Vedova, eine<br />

Schenkung des Künstlers an die<br />

<strong>Berlinische</strong> <strong>Galerie</strong>.<br />

Soweit kein Auge reicht“, FRITZ<br />

TIEDEMANN / ARWED MESSMER,<br />

Rüdersdorfer Straße, 10. Oktober 1952<br />

Berlin 89/09, OLAF METZEL<br />

Fünfjahrplan, 1985<br />

WWW.BERLINISCHEGALERIE.DE<br />

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