DER LUZERNER UNTERGRUND 1850-1920 - Terminus Textkorrektur
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eleuchtet. Brunner bestätigt für Luzern die These, dass sich die soziale Segregation um die<br />
Jahrhundertwende zuspitzte. 3<br />
Im ersten Teil der Arbeit bespreche ich nach einem Abriss der demographischen und<br />
siedlungsgeschichtlichen Entwicklung des Untergrundquartiers den Wandel seiner<br />
Erwerbsstruktur. Ich untersuche die Veränderung der Wirtschaftssektoren, der<br />
Dienstleistungsstruktur und der selbständigen Erwerbstätigkeit. Anhand der Expansion des<br />
bedeutendsten Fabrikbetriebs im Untergrund, der Aufzüge- und Maschinenfabrik Schindler,<br />
und der Anfang 20. Jh. aufkommenden Gewerkschaftsbewegung skizziere ich die soziale<br />
Polarisierung in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jh. Anschliessend analysiere ich die<br />
soziale Schichtung im Untergrund auf Grundlage von Einkommen, Vermögen und Hausbesitz<br />
in Kombination mit der Erwerbstätigkeit. In allen Kapiteln interessierte mich auch die soziale<br />
Homogenität des Quartierraums, der sich in folgende - auch kulturräumlich erfahrene -<br />
Teilräume gliedern lässt: Innere Baselstrasse, Mittlere Baselstrasse, Untere Baselstrasse,<br />
Bernstrasse und Sentimatte (siehe Karten in Anhang 61 und 62).<br />
Im zweiten Teil stehen die politischen und soziokulturellen Auswirkungen des strukturellen<br />
Wandels auf die Lebenswelt der Quartierbevölkerung im Zentrum: auf Politik<br />
(Parteienkonstellation, entstehende Arbeiterbewegung), Seelsorge und Volksreligiosität,<br />
Vereins- und Schulwesen. Werthaltungen von Akteuren und Interessengruppen fliessen so mit<br />
ein, das Quartiermilieu erhält Kontur. Exkurs 2 über katholische (Konkurrenz-<br />
)Organisationen zur freien Arbeiterbewegung weist im Sinn einer Milieuschilderung<br />
indirekten Quartierbezug auf.<br />
Zentrale Quellen für den ersten Teil waren Volkszählungen, Adressbücher,<br />
Branchenverzeichnisse sowie die städtischen Steuerregister. Quartierspezifisches<br />
Datenmaterial ist für Luzern äusserst spärlich vorhanden. Bereits die exakte Erfassung der<br />
Bevölkerungszahl eines Quartiers über Jahrzehnte hinweg bietet aufgrund unterschiedlicher<br />
Zähleinheiten (Problem der sich überlappenden Quartiereinteilungen) Schwierigkeiten.<br />
Lediglich die ab 1891 vorliegenden städtischen Steuerregister erlauben eine diachrone,<br />
kleinräumig-vergleichende Auswertung. Ein eigentliches Sozialprofil kann für den<br />
Untergrund mangels sozialstatistischer Quellen nicht entworfen werden. 4<br />
Der zweite Teil stützt sich auf Quellen aus den verschiedensten Archiven. Ich fand einige<br />
wenige schriftliche Zeugnisse der unterprivilegierten Arbeiterbevölkerung des Untergrunds.<br />
Interessante Einblicke in das Quartierleben verdanke ich den Gesprächen mit Jacob Scherrer<br />
(Jahrgang 1907), der als Jugendlicher und Erwachsener an der Basel- und Bernstrasse lebte.<br />
Verwiesen sei noch auf die vom Quartierverein "Wächter am Gütsch" (Baselstrasse)<br />
herausgegebene Quartiergeschichte "Vom Gütsch zur Reuss": Sie zeichnet ein pittoreskes,<br />
3 Brunner (1981), S. 17-35. Schüpbach (1983).<br />
4 Ein quartierspezifisches Sozialprofil Oltens findet sich bei Nützi (1991), S. 81ff. Für Zürich bei Fritzsche<br />
(1981), S. 94ff. und 109-113. Ders. (1985), S. 167-168.<br />
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