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Mit Bodenhaftung zum Employee Champion - Archiv ...

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REPORTAGE Der Job HR bei Voss<br />

<strong>Mit</strong> <strong>Bodenhaftung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Employee</strong> <strong>Champion</strong><br />

Um gut ausgebildete Fachkräfte wird auch beim Auto- und Maschinenbauzulieferer Voss hart gekämpft.<br />

In vorderster Front: Bereichsleiter Personal und Organisation Siegfried Baumeister, für den die Nähe zur<br />

Belegschaft die wichtigste Tugend im HR-Bereich ist. Die Personalwirtschaft hat ihn einen Tag lang begleitet.<br />

I<br />

m Bergischen Land, rund 50 Kilometer<br />

östlich von Köln, liegt das beschauliche<br />

Wipperfürth. In der 25 000 Einwohner<br />

zählenden Kleinstadt mit ihrem charmanten<br />

Ortskern, in der das Flüsschen Wipper<br />

zur Wupper wird und man die Rivalität<br />

<strong>zum</strong> benachbarten Hückeswagen pflegt,<br />

ragen unter den größeren Arbeitgebern<br />

vor allem die Werke der Voss-Gruppe hervor.<br />

In diesen, da darf die ländliche Umgebung<br />

nicht täuschen, wird für den Weltmarkt<br />

produziert. Die rund 950 <strong>Mit</strong>arbeiter<br />

in den Produktionshallen der Gesellschaften<br />

Voss Automotive und Voss Fluid am<br />

Wipperfürther Standort stellen Leitungsund<br />

Verbindungstechnik für den Maschinen-<br />

und Fahrzeugbau her. Im hart<br />

umkämpften Zulieferermarkt hat sich Voss<br />

bei mehreren Großkonzernen den Ruf<br />

eines verlässlichen Partners erarbeitet.<br />

Auch deshalb ist das Unternehmen auf die<br />

ständige Weiterentwicklung und den Ausbau<br />

seines Portfolios angewiesen. Gut ausgebildete<br />

Arbeitskräfte, auch Ingenieure,<br />

sind deshalb für den weiteren Erfolg unabdingbar.<br />

18<br />

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Dass die auf dem Arbeitsmarkt immer<br />

schwerer zu beschaffen sind, davon kann<br />

Siegfried Baumeister, bei Voss Bereichseiter<br />

Personal und Organisation, ein Liedchen<br />

singen. In seinem Büro im ersten Stock<br />

des „Schieferhaus“ genannten Gebäudes<br />

der Unternehmensleitung berichtet er von<br />

seinen Erfahrungen. „Wir merken deutlich:<br />

Die Zahl der geeigneten Kandidaten für<br />

offene Ingenieursstellen hat in den vergangenen<br />

Jahren abgenommen.“ Für die aktuelle<br />

Diskussion um eine vermeintliche Dramatisierung<br />

des Fachkräftemangels hat er<br />

deshalb kein Verständnis. „Wenn ich lese,<br />

dass einige Gewerkschaftsfunktionäre meinen,<br />

dass der Fachkräftemangel eigentlich<br />

nicht so gravierend sei, macht mich das<br />

wütend“, sagt er in Anspielung auf ein Interview<br />

von Verdi-Chef Frank Bsirske in dieser<br />

Zeitschrift.<br />

<strong>Bodenhaftung</strong>: das A und O<br />

Patentlösungen für demografiebedingte<br />

Herausforderungen hat Baumeister nicht<br />

– für Voss sieht er vor allem einen Weg:<br />

Sich als attraktiver Arbeitgeber zu positio-<br />

Mehrmals pro Woche macht Siegfried<br />

Baumeister einen Rundgang durch die<br />

Produktionshallen von Voss. Die<br />

Tuchfühlung zur Basis zu halten sieht<br />

er als zentrale Aufgabe eines HR-Chefs.<br />

nieren. „Unser Standort mag für viele Leute<br />

aus Großstädten auf den ersten Blick<br />

nicht der anziehendste sein – Voss als<br />

Arbeitgeber hat überregional einen guten<br />

Ruf“, sagt er nicht ohne Stolz. Dafür die<br />

Basis gelegt zu haben, die sich auch in einer<br />

niedrigen Fluktuationsrate widerspiegelt,<br />

reklamiert Baumeister für sich und sein<br />

HR-Team. Ein Zauberwort in dieser Beziehung<br />

ist für ihn „<strong>Bodenhaftung</strong>“. „Ich habe<br />

in meinem Berufsleben gelernt: Vergiss nie<br />

die arbeitende Mehrheit! Wenn die Personalfunktion<br />

in der Basis verankert ist, nützt<br />

sie dem Unternehmen am meisten. Auch<br />

gegenüber der Unternehmensleitung ist<br />

das ein Pfund, das einem keiner nehmen<br />

kann“, erklärt das Gründungsmitglied der<br />

Selbst GmbH auch in Richtung jüngerer<br />

Kollegen. Denen hält er vor, diese Erdung<br />

im Bemühen um Akzeptanz im Top-<br />

Management zunehmend zu verlieren.<br />

Angesichts dieser Worte verwundert es<br />

nicht, dass die erste Amtshandlung Baumeisters<br />

beim heutigen Ortstermin in einem<br />

Rundgang durch das Unternehmen besteht.<br />

Zwei bis drei Mal in der Woche bricht er mit


seiner Arbeitsmappe unter dem Arm auf,<br />

um im Betrieb nach dem Rechten zu sehen<br />

und das eine oder andere Gespräch zu<br />

suchen. Meist fängt er im Verwaltungsgebäude<br />

an, in dem auch der größte Teil der<br />

elfköpfigen Personalabteilung sitzt. In ziemlich<br />

jedes Büro steckt er kurz den Kopf rein,<br />

fragt, wie es läuft, wechselt ein paar Worte,<br />

und setzt seinen Weg fort. Der führt ihn<br />

danach in die Produktionshallen, die bei<br />

Voss nach dem Prinzip der „fraktalen<br />

Fabrik“ eingeteilt sind. „Diese Organisationsform<br />

haben wir 1999 zusammen mit<br />

dem Fraunhofer-Institut eingeführt – dem<br />

Jahr, in dem ich ins Unternehmen kam“,<br />

erinnert sich der Personalchef. Die Produkte<br />

werden unter anderem nach Mengenvolumen<br />

und Produktionsanforderungen eingeteilt<br />

und ihre Herstellung in eigenen<br />

Einheiten organisiert. „Die einzelnen „Fraktale“<br />

sind quasi Betriebe im Betrieb“, erläutert<br />

Baumeister, „Sie beschaffen ihre Rohmaterialien<br />

weitgehend unabhängig, haben<br />

eigene Prozesse und ein eigenes Qualitätsmanagement.“<br />

Zur Zeit wird die fraktale<br />

Struktur um eine Center-Struktur erweitert,<br />

in der Leistungs-Center mit Fokus auf<br />

der Wertschöpfung, Kompetenz-Center mit<br />

Fokus auf Innovationen und Service-Center<br />

unterschieden werden.<br />

Rundgang durch die fraktale Fabrik<br />

Auswirkungen hat die fraktale Organisationsform<br />

auch auf die <strong>Mit</strong>arbeiterzahl und<br />

-struktur. Kleinserien beispielsweise werden<br />

in der Ausbildungswerkstatt produziert.<br />

Entsprechend viel lernendes und lehrendes<br />

Personal bevölkert die Werkbänke<br />

und Maschinen. Ganz anders im folgenden<br />

„Fraktal Großserien“: Die Arbeit wird hier<br />

weitgehend von autonomen Produktionsinseln<br />

getätigt – runde Maschinen mit<br />

einem Durchmesser von gut fünf Metern,<br />

durch die im Akkord Kolonnen von kleinen<br />

Messingkomponenten marschieren,<br />

die mit Dichtungsringen und Kappen<br />

zusammenmontiert werden, bevor sie<br />

schließlich als fertige Steck- oder Schraubsysteme<br />

in bereit stehende Kisten wandern.<br />

Selbst den Transport der Kisten übernimmt<br />

nicht immer ein Mensch. Überall hängen<br />

Voss will auf ein elektronisches Bewerbermanagement umstellen, Werkstudentin Ramona Haupt stellt<br />

dafür mögliche Software-Anbieter vor. Anja Hermann, Siegried Baumeister, IT-Chef Gottfried Weibler und<br />

Bereichsleiter Finanzen Carsten Beissel hören zu und geben ihre Kommentare ab (v.l.n.r.).<br />

von der Decke Schilder mit dem Hinweis<br />

auf „fahrerlose Transportfahrzeuge“, die<br />

festgelegte Routen abfahren – wobei sie im<br />

Falle einer Begegnung mit Fußgängern<br />

dank Sensortechnik automatisch anhalten.<br />

Betriebsamer geht es wieder im „Fraktal<br />

<strong>Mit</strong>telserien“ zu, in dem unter anderem gut<br />

zwei Dutzend <strong>Mit</strong>arbeiterinnen verschiedene<br />

Kunststoffringe auf vorgearbeitete<br />

Messingrohlinge friemeln.<br />

Unverhoffte Rückkehr<br />

„Eigentlich sollten hier alle bei der Arbeit<br />

Handschuhe tragen“, erklärt Siegfried Baumeister.<br />

Der Grund: Die Produktionsfette<br />

können in Einzelfällen Allergien auslösen,<br />

wie Voss kürzlich feststellen musste. Jede<br />

<strong>Mit</strong>arbeiterin bekam schon vorher Handschuhe<br />

zur Verfügung gestellt, die allerdings<br />

nicht jede tragen will. „Die Handschuhe<br />

behindern mich nur, Herr<br />

Baumeister“, sagt eine <strong>Mit</strong>arbeiterin, die<br />

angibt, noch nie Probleme mit den Fetten<br />

gehabt zu haben. „Ich bin aber darauf eingewiesen,<br />

dass sie empfohlen sind“, fügt<br />

sie lächelnd hinzu. Ob sie wenigstens die<br />

Schutzcreme benutze, erkundigt sich Baumeister.<br />

„Selbstverständlich“, lautet die Antwort<br />

– die Schutzcreme ist Pflicht.<br />

Wie in diesem Fall, so ist auch der Kontakt<br />

mit den <strong>Mit</strong>arbeitern, denen Baumeister<br />

begegnet, stets ungezwungen und unbefangen.<br />

„Wenn die Leute positiv auf einen<br />

reagieren, ist das <strong>zum</strong>indest ein Indiz, dass<br />

man seinen Job als Personalchef richtig<br />

interpretiert“, sagt Baumeister. In seinem<br />

Fall hat der Zuspruch der Belegschaft auch<br />

damit zu tun, dass er schon einmal weg<br />

von dieser Funktion war. Bevor Baumeister<br />

(Geburtsjahr 1946) Ende 2010 quasi<br />

reaktiviert wurde, hatte er bereits seinen<br />

Nachfolger eingearbeitet und diesem das<br />

Ruder übergeben. Selbst war er in den Vorstand<br />

der Hans-Herrmann-Voss-Stiftung<br />

gewechselt, der das Unternehmen gehört.<br />

Nachdem der Übergabeprozess schließlich<br />

doch nicht realisierbar war, erklärte sich<br />

Baumeister bereit, für zwei weitere Jahre die<br />

Aufgabe des Bereichsleiters Personal und<br />

Organisation zu übernehmen.<br />

Die Personalentwicklung<br />

in gute Hände gelegt<br />

Zurück von seinem Rundgang trifft sich<br />

Siegfried Baumeister mit Alfons Jäger.<br />

Anlass des Meetings: Voss lagert gerade<br />

seine Personalentwicklung an Jägers Beratungsunternehmen<br />

aus. Wobei Auslagerung<br />

die Sache nicht wirklich trifft, da Jäger<br />

dem Unternehmen schon seit 1999 als Trainer<br />

und Berater verbunden ist, für ein gutes<br />

Jahr sogar als Interimsmanager in der Produktion<br />

tätig war. Baumeister ist selbst mit<br />

Leib und Seele beim Thema – Anfang der<br />

90er Jahre war er für fünf Jahre als Trainer<br />

selbstständig. Man spricht dieselbe Sprache,<br />

die Atmosphäre ist entsprechend vertrauensvoll.<br />

„Unser Plan ist in der Belegschaft<br />

kommuniziert, die Resonanz positiv.<br />

Zudem haben wir festgestellt, dass sich die<br />

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REPORTAGE Der Job HR bei Voss<br />

Erwartungen der <strong>Mit</strong>arbeiter mit dem deckt,<br />

was wir als Entwicklungsziele herausgearbeitet<br />

haben“, berichtet Jäger.<br />

Nach dem Motto „Einfach anders“ sollen<br />

den Teilnehmern der Seminare keine Theoriegebäude,<br />

sondern praktische Fähigkeiten<br />

vermittelt werden. Die Trainingseinheiten<br />

werden dafür nach Leistungsfeldern<br />

gruppiert: Für Führungskräfte sind das beispielsweise<br />

„Führung“ mit Einzelmodulen<br />

wie „Feedback“ und „Verhaltenskorrektur“<br />

oder „Steuerung von Gruppenprozessen“<br />

mit Einzelmodulen wie „Moderation“ und<br />

„Konfliktmanagement“.<br />

In Wipperfürth, so ist es vorgesehen, werden<br />

die Prinzipien für die Personalentwicklung<br />

bei Voss festgelegt, nach denen auch<br />

später die Auslandsgesellschaften arbeiten.<br />

Denn produziert wird auch in anderen<br />

Ländern Europas und in Übersee mit weltweit<br />

2200 <strong>Mit</strong>arbeitern – in Polen ebenso<br />

wie in Mexiko und den USA. Nicht zu vergessen<br />

der boomende Automarkt China,<br />

wo Voss zwei Produktionsstätten hat, von<br />

denen sich eine momentan im Aufbau befindet.<br />

Harter Kampf an der<br />

Rekrutierungsfront<br />

Im Anschluss der letzte Termin vor der <strong>Mit</strong>tagspause:<br />

Jour-Fixe mit Anja Hermann,<br />

die sowohl für die <strong>Mit</strong>arbeiter-Rekrutierung<br />

und das Onboarding zuständig ist als auch<br />

die Kooperation der Personalabteilung mit<br />

Jäger Entwicklung koordiniert. Erstes The-<br />

20<br />

Gerade lagert Voss seine Personalentwicklung aus. <strong>Mit</strong> dem Chef der beauftragten Firma,<br />

Alfons Jäger, bespricht Baumeister die nächsten Schritte.<br />

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ma: Die Einarbeitung der Leitung des neuen<br />

Werks im chinesischen Xiamen, für<br />

deren Einstellung Siegried Baumeister dieses<br />

Jahr mehrmals nach Asien reiste. Die<br />

gesamte Führungsmannschaft soll demnächst<br />

für drei Wochen nach Wipperfürth<br />

kommen – die Unterbringung und die Abfolge<br />

der Stationen, die die Manager durchlaufen<br />

sollen, organisiert Hermann.<br />

„Was gibt es denn an der Rekrutierungsfront?“,<br />

lenkt Baumeister das Thema auf<br />

die aktuellen Beschaffungsprojekte.<br />

„Momentan ist die Situation nicht ganz einfach“,<br />

beginnt Hermann mit ihrem Bericht.<br />

Beispielsweise sind einige Stellen im Entwicklungsbereich<br />

ausgeschrieben. „Wir<br />

bekommen viele Bewerbungen von Jungingenieuren<br />

und Absolventen“, resümiert<br />

sie. „Einige Leute mit Potenzial sind dabei.<br />

Leider entsprechen sie nicht ganz dem von<br />

der Abteilung definierten Profil.“ Was tun?<br />

Baumeister lässt sich die Bewerbungsmappen<br />

aushändigen, will das Gespräch mit<br />

dem Abteilungsleiter suchen. „Eventuell<br />

müssen wir die Messlatte runterlegen.<br />

Nicht, dass wir noch ein Jahr suchen und<br />

in der Zwischenzeit die Leute hätten fit<br />

machen können“, so der Personalchef.<br />

Manchmal scheint aber auch einfach der<br />

Wurm im Arbeitsmarkt, wie im Falle einer<br />

Ingenieurs-Stelle im Qualitätsmanagement:<br />

„Im vergangenen Jahr hätten wir die Stelle<br />

gleich mehrfach ideal besetzen können,<br />

in diesem Jahr läuft es eher schleppend“,<br />

erzählt Hermann. Für eine Key-Account-<br />

Stelle im Vertrieb dagegen gibt es mehrere<br />

Kandidaten, einer wird sich heute am<br />

frühen Abend vorstellen.<br />

Anwalt der kleinen Leute<br />

Vorher wird aber erst einmal <strong>Mit</strong>tag<br />

gemacht. Während dem Essen berichtet<br />

Baumeister von seinem beruflichen Werdegang.<br />

„Die Entscheidung, unbedingt in<br />

den Personalbereich wechseln zu wollen,<br />

habe ich bereits mit 20 Jahren getroffen“,<br />

blickt er zurück. Damals, Ende der 60er<br />

Jahre profitierte der gebürtige Schwarzwälder,<br />

der gerade eine kaufmännische Ausbildung<br />

bei einem <strong>Mit</strong>telständler absolvierte,<br />

von einer Bildungsoffensive der regionalen<br />

IHK. „Damals zogen Schweizer Unternehmen<br />

viele junge Leute gezielt vom dortigen<br />

Arbeitsmarkt ab. Durch attraktive<br />

Bildungsangebote sollten sie gehalten werden.“<br />

In einem Seminar zu Management<br />

und <strong>Mit</strong>arbeiterführung wurde seine<br />

Begeisterung für People-Themen geweckt.<br />

Das anschließende BWL-Studium mit<br />

Schwerpunkt Personal-, Sozial- und Ausbildungswesen<br />

war da die notwendige Konsequenz.<br />

„Damals hielten die Grundsätze<br />

modernen Personalmanagements gerade<br />

erst in Deutschland Einzug“, erinnert er<br />

sich an Zeiten, in denen in Personalbüros<br />

hauptsächlich Lohnbuchhaltung betrieben<br />

wurde. Wie weit man dagegen in den USA<br />

schon war, erlebte er bei seiner Tätigkeit für<br />

den Tiernahrungshersteller EFFEM, ein<br />

Tochterunternehmen des damals wie heute<br />

familiengeführten Mars-Konzerns. „Die<br />

amerikanische Grundhaltung „No Union“<br />

– also möglichst frei von Gewerkschaftseinfluss<br />

zu sein – führte dazu, dass wir Personaler<br />

schon damals darauf getrimmt wurden,<br />

als das aufzutreten, was uns heute im<br />

Business Partner-Modell als ‚<strong>Employee</strong><br />

<strong>Champion</strong>’ begegnet. Wir sollten Anwalt<br />

der kleinen Leute sein“, sagt Baumeister.<br />

Spannend auch die Episode, in der er von<br />

seinem ersten Arbeitskampf berichtet, den<br />

er in den 80ern für den ebenfalls amerikanischen<br />

Zulieferer Parker führte. „Damals<br />

waren Teile der Gewerkschaften von DKP-<br />

Leuten unterwandert. Das war manchmal<br />

Klassenkampf pur“, erinnert er sich. Gewon-


nen habe man den Arbeitskampf damals<br />

nicht vor Gericht, sondern im Bemühen um<br />

die Köpfe und Herzen der <strong>Mit</strong>arbeiter.<br />

Azubis werben Azubis<br />

Bei Voss scheint Arbeitskampf unwahrscheinlich.<br />

„Ich bin sicher: Uns gelingt es<br />

gut, die Menschen mitzunehmen“, sagt<br />

Baumeister. Dass dieses Prinzip selbst<br />

gegenüber den jüngsten <strong>Mit</strong>arbeitern gilt,<br />

zeigt sich während des nachmittäglichen<br />

Jour-Fixe mit Anna-Maria Füting. Füting,<br />

die selbst bei Voss ausgebildet wurde und<br />

anschließend, unterstützt von Voss, studierte,<br />

ist heute in der Personalabteilung<br />

für die Ausbildung der kaufmännischen<br />

Auszubildenden und die Studenten zuständig.<br />

Nachdem Baumeister einige Anmeldungen<br />

zur IHK-Prüfung unterschrieben<br />

hat, sprechen die beiden über den Ausbildungstag<br />

im Wipperfürther Berufskolleg,<br />

der in wenigen Wochen stattfinden wird.<br />

„In die Unternehmenspräsentation an<br />

unserem Stand werden wir unsere derzeitigen<br />

Azubis einbinden“, erläutert Füting.<br />

„Dafür erarbeiten sie gerade einen Leitfaden<br />

für ein zehnminütiges Erstgespräch<br />

mit den Schülern, das sie dann auch selber<br />

führen.“ Voss erhofft sich zusätzliche<br />

Bewerber für das Ausbildungsjahr 2012,<br />

für das die beiden anschließend den Auswahlprozess<br />

besprechen. An zwei Tagen<br />

sollen jeweils 30 bis 40 Kandidaten eingeladen<br />

werden, die sich dann einen Eignungstest,<br />

im Einzelgespräch und in Gruppenübungen<br />

beweisen müssen. „Noch am<br />

Tag selbst bekommen sie dann Feedback,<br />

ob es gereicht hat oder nicht“, erklärt Siegfried<br />

Baumeister das Vorgehen.<br />

Ein neues Bewerbermanagement<br />

Der letzte Termin des Tages findet im<br />

Besprechungsraum im Erdgeschoss statt.<br />

Ramona Haupt, die als Werkstudentin gerade<br />

an ihrer Bachelor-Arbeit sitzt, hat eine<br />

Präsentation für die Auswahl eines Software-Anbieters<br />

für elektronisches Bewerbermanagement<br />

vorbereitet, auf das Voss<br />

ab 2012 umstellen will. <strong>Mit</strong> am Tisch sitzen<br />

Anja Hermann, die das Projekt begleitete,<br />

sowie IT-Chef Gottfried Weibler und der<br />

Bereichsleiter Finanzen/Controlling/IT<br />

Carsten Beissel. Haupt unterrichtet die<br />

Workshop-Teilnehmer über die angelegten<br />

Auswahlkriterien, die Angebote der vier<br />

Anbieter, die in der engern Wahl waren,<br />

und weshalb sie einen von ihnen für besonders<br />

geeignet hält. Die anderen sind grundsätzlich<br />

mit ihren Einschätzungen einverstanden.<br />

Controller Beissel hat jedoch zwei<br />

kleinere Bedenken, die nicht sofort ausgeräumt<br />

werden können. Man einigt sich<br />

darauf, die bald stattfindende Messe<br />

„Zukunft Personal“ dafür zu nutzen, dem<br />

Anbieter bei einem Standbesuch noch näher<br />

auf den Zahn zu fühlen.<br />

Ebenfalls auf den Zahn fühlen muss Siegfried<br />

Baumeister <strong>zum</strong> Abschluss seines<br />

Arbeitstages noch dem Kandidaten für den<br />

Key-Account-Posten. Da CEO Dr. Heinrich<br />

Holtmann, der ursprünglich auch dabei<br />

sein wollte, kurzfristig absagen muss, führt<br />

er das Gespräch alleine. Er wird es sicherlich<br />

im Sinne Holtmanns führen – schließlich<br />

kennen sie sich, seitdem beide 1999<br />

bei Voss eingestiegen sind.<br />

Alexander Kolberg

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