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josef gabriel rheinberger briefe und dokumente seines lebens

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JOSEF GABRIEL RHEINBERGER<br />

BRIEFE UND DOKUMENTE SEINES LEBENS<br />

w<br />

Herausgegeben von<br />

Harald Wanger <strong>und</strong> Hans-Josef Irmen<br />

PRISCA VERLAG, VADUZ<br />

1985


© 1985 by PRISCA VERLAG, VADUZ<br />

(Prisca Verlag, Vaduz, Fürst Johannesstrasse 25, FL-9494 Schaan)<br />

Alle Rechte vorbehalten I Printed in Liechtenstein


-<br />

Rheinbergers Wohniirnmer in MUnchen an der<br />

I1irsccnstrasse (heute Rhcinhcrgcr-Strassc).<br />

Zcitgcnössischc Photographic.<br />

H


Vor wor t<br />

Im Dezennium 1884 bis 1894 steht der Kompomist Josef Gabriel<br />

Rheinberger auf dem Höhepunkt <strong>seines</strong> Schaflens. Seine<br />

Werke werden nicht nur in Deutschland gehört, auch aus vielen<br />

europäischen Ländern <strong>und</strong> aus den Vereinigten Staaten<br />

von Amerika treffen Erfolgsmeldungen em. Es sind nicht<br />

zuletzt seine Schüler, die Rheinbergers Namen in alle Welt<br />

tragen. Trotz dieser weitreichenden Erfolge erwachsen dem<br />

Komponisten vor allem auf dem Gebiete der Kirchenmusik<br />

Schwierigkeiten, <strong>und</strong> der 1867 zur "Hebung <strong>und</strong> Reinerhaltung<br />

der katholischen Kirchenmusik" gegründete "Allgemeine<br />

Cäcilienverein" bereitet Probleme. Man findet in Rheinbergers<br />

Kirchenmusik, besonders in semen Messen, liturgische<br />

Mängel in der Textbehandlung <strong>und</strong> zu weitliche Stellen<br />

in der znusikalischen Faktur. Die meisten seiner Messvertonungen<br />

wurden für den deutschen Cäcilienvereins-Katalog<br />

als nicht geeignet erklärt. Der kirchenmusikalische<br />

Streit zwischen festgefahrenen historistischen Positionen<br />

<strong>und</strong> lebendigem Künstlertum findet semen Niederschlag in<br />

Dokumenten <strong>und</strong> Brief en.<br />

Im persönhichen Bereich reisst der Tod von Verwandten <strong>und</strong><br />

Kollegen grosse Liicken, <strong>und</strong> das Ableben der Gattin am letzten<br />

Tag des Jahres 1892 hinterlässt eine tiefere W<strong>und</strong>e,<br />

als es Rheinbergers konventionelle Todesanzeige ahnen lässt.<br />

Die Vereinsamung, die in früheren Dokumenten schon angedeuteL<br />

ist, wird trotz der wachsenden Erfolge als Komponist<br />

<strong>und</strong> Lehrer immer spürbarer.<br />

Eine grosse Zahi der in der Bayerischen Staatsbibliothek<br />

in München <strong>und</strong> im Josef Rheinberger-Archiv in Vaduz aufbewahrten<br />

Brief e sind Mitteilungen ehemaliger Schüler.<br />

Die meisten von ihnen sind zwar rührende Zeugnisse treuer<br />

Anhànglichkeit <strong>und</strong> Dankbarkeit, doch ist ihr Inhalt für<br />

Rheinbergers Biographie unwichtig. Es musste deshalb wieder<br />

eine Auswahl getroffen werden, die nur wichtige Beispiele<br />

dieser Korrespondenz - etwa von Josef Renner jun.<br />

oder Walter Petzet - für diese Dokumentensammiung berück-


sichtigte. mi übrigen irde bei der Edition wie in den<br />

vorangegangenen Bänden verfahren: Die Briefe <strong>und</strong> Dokumente<br />

erscheinen irn vollen Wortlaut, <strong>und</strong> nur vereinzelt<br />

wurde gekürzt, urn bei der Fülle des Materials den Urnfang<br />

dieser Veröffentlichung nicht mit Unwesentlichem<br />

zu belasten. Selbstverständlich wurden diese Kürzungen<br />

wieder stets gekennzeichnet.<br />

Wie schon bei den früheren Bänden 1st auch bier erneut<br />

alien zu danken, weiche die Herausgabe dieser Dokurnentensammiung<br />

ermöglichten: der Bayerischen Staatsbibliothek<br />

in München <strong>und</strong> Dr. Robert Münster, dem Josef Rheinberger-<br />

Archiv in Vaduz, der Fürstiichen Regierung in Vaduz, der<br />

Heimatgerneinde des Komponisten, Vaduz, der Gerneinde Schaan<br />

<strong>und</strong>, em weiteres Mal, der "Stiftung fürstl. Kommerzienrat<br />

Guido Feger" Vaduz, ohne deren Grosszügigkeit diese Edition<br />

nicht möglich ware.<br />

Schaan (Liechtenstein), im Winter 1985<br />

Die Herausgeber


ANHANG:<br />

BRIEFE UND DOKUMENTE<br />

6. Teil:<br />

13.12.1884 - 3.1.1893<br />

Franziska Rheinberger - v.Hoffnaass<br />

"Die Entstehung unserer Ballade Montfort"<br />

Fanny von Hoffnaass "Der lichte Stein"<br />

Eduard Stocker "Licht- <strong>und</strong> Schattenbilder<br />

aus dem Musikieben der Gegenwart"<br />

J.G.E.Stehle "Die Messen von Rheinberger<br />

(op. 151) <strong>und</strong> Pembaur (op. 39)<br />

in: Der Chorwächter 1888, 13. Jg.<br />

"Rheinbergers Orchestermesse opus 169"<br />

in: Der Chorwächter 1893, 18. Jg.<br />

Rheinberger - Zwei Orgelgutachten<br />

Katalog der Bibliothek Josef Rheinberg<br />

er 5<br />

"Sehnsucht" - Fanny's letztes Gedicht


Mitte November 1884 fanden in MUnchen drei grol3e Konzerte<br />

der Herzoglich Sachsen - Meinigenischen Hofkapelle<br />

unter ihrem Dirigenten Hans von Bülow statt; dazu zwischen<br />

dem 2. <strong>und</strong> 3. Konzert am Vormittag des 18. November<br />

vor geladenem Publikum eine Matinee, deren erster<br />

Teil Rheinberger's Tongemälde "Wallenstein", op. 10, unter<br />

Bülows Leitung gespielt, ausfüllte.<br />

In dieser Zeit arbeitete Rheinberger sein Oktett JWV 132,<br />

das er im Sommer 1861 in Vaduz komponiert hatte, um: die<br />

Besetzung wurde um eine Flöte zum Nonett erweitert, der<br />

2. Satz ("Romanze") gegen em neukomponiertes Adagio ausgetauscht<br />

<strong>und</strong> die Satzreihenfolge neu festgesetzt (vgl.<br />

op. 139). Alte Erinnerungen an Vaduz klingen in diesem<br />

Werk wieder auf als Zeichen dafür, dat3 der Komponist sich<br />

auf der Höhe seiner Karriere seiner tiefen Bindung an<br />

seine liechtensteinische Heimat bewuf3t wird.<br />

Kaum von seinem jahrelangen Handleiden genesen, greift<br />

er zur Feder <strong>und</strong> schreibt an semen Bruder in Vaduz:<br />

13.12.1884<br />

Mein lieber David!<br />

Dein letzter Brief erinnert mich daran, daB ich Dir<br />

schon ewig lang nicht mehr geschrieben habe; erst war<br />

ich fast em haib Jahr gar nicht im Stande zu schreiben,<br />

<strong>und</strong> nun, wo es wieder so ziemlich geht, habe ich<br />

eben mehr Noten als Buchstaben geschrieben. Die Hand<br />

ist nun in Genesung <strong>und</strong> mit vier Narben gezeichnet,<br />

zwei auf der Aut3en-, zwei auf der Innenfläche. Zum<br />

Schreiben brauche ich eine elgene Haltung der Hand,<br />

die natürlich in Folge der vieljährigen Krankheit sehr<br />

kraftlos ist. Besonders der Zeigefinger muB noch beim<br />

Klavierspielen pausiren. Aber ich muB selbst mit solchen<br />

Halbheiten zufrieden sein. Doktor Nussbaum zeigt<br />

sich in der ganzen Angelegenheit semen Kollegen tiberlegen.<br />

Hoffentlich bleibt es nun definitiv bei dieser<br />

Besserung. Die Nachrichten über den Regierungswechsel<br />

in Vaduz haben uns sehr interessirt - mögen dieselben<br />

nur auch immer so gUnstig lauten! Von Peter hatten wir<br />

vor em paar Wochen Nachricht; er schien mit seiner<br />

Ges<strong>und</strong>heit nicht ganz zufrieden. Nun man muB auch nicht<br />

angstlich sein; ich huste auch seit meiner Brustfellentztindung<br />

1866 - <strong>und</strong> zwar in der FrUhe sehr heftig,


-2-<br />

mache mir aber langst nichts mehr daraus. I...!<br />

Prof. v. Schafhäutl halt trotz seiner 82 Jahre ges<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> frisch seine Vorlesungen, nachdem er jeden Morgen<br />

schon urn 1/2 6 Uhr der hi. Messe im Herzogspital anwohnt.<br />

Er hat sich em fre<strong>und</strong>lich- chronisches Lachen<br />

angewöhnt, selbst bel Vernehrnung der traurigsten Nachrichten.<br />

Em beneidenswerthes Alter. Sein Zimmer ist<br />

beständig auf 20-22° Reaumur geheizt, well er behauptet,<br />

in München sei noch Niemand "an der Hltz" gestorben.<br />

I...!<br />

Nun wunschen wir Euch fröhliche Weihnachten, Dir einen<br />

glücklichen Davidstag <strong>und</strong> guten Neujahrsanfang! I...!<br />

Tausend Grti8e von Eurem Bruder<br />

Josef Rheinberger.<br />

Die Kontakte zum Rheinland werden von den Rheinbergers<br />

in München welter gepflegt.<br />

Anfang Januar wurde Ferdinand Hhller operiert, Fanny<br />

findet tröstende Worte:<br />

München 23. Jan. 1885<br />

Sehr geehrter Herr v. Hiller.<br />

Da ich Ihnen irn neuen Jahr 1885 noch keinen GruB geschickt,<br />

auch noch nicht gedankt für Ihre letzte Sendung<br />

"aus der Krankenstube", die uns, wie Alles aus<br />

Ihren geist- <strong>und</strong> gemüthvollen Erinnerungen theuer war,<br />

so zögere ich nicht, Ihnen heute die wärmsten GrüI3e<br />

von Franz Lachner <strong>und</strong> uns zu senden. Vor einer St<strong>und</strong>e<br />

waren wir zusarnmen irn kleinen Odeonssaal, urn das neue<br />

Orgel-Orchester-concer von Rheinberger zu hören, <strong>und</strong><br />

wenn Sie nicht ernpf<strong>und</strong>en haben, wie sehr wir Sie (Freitags<br />

5-6 Uhr) zu uns gewünscht haben, so gibt es kein<br />

Ahnungsvermögen! Auch Vincenz Lachner war dabei, <strong>und</strong><br />

die beiden alten Herren sahen sehr befriedigt aus über<br />

die Musik. Franz Lachner sagte sogar:"Sie ist so frisch<br />

<strong>und</strong> kräftig, daB Hiller davon ges<strong>und</strong> werden rnül3te, wenn<br />

er sie hören könnte."<br />

Kurz - wir haben Ihrer in echter, herzlicher Fre<strong>und</strong>schaft<br />

gedacht <strong>und</strong> bekiagten, daB Sie nicht bei uns sein<br />

konnten. - Auf der neuen Gewandhausorgel soil jüngst


-3-<br />

dieses Concert in Verbindung mit dem Orchester gut gekiungen<br />

haben; es giebt sogar in Leipzig Enthusiasten,<br />

welche an den Componisten eine "Orgel-Elegie" dichten.<br />

Wir lesen fleil3ig die Berichte über Coin, aber Ihr Name<br />

fehit urn so rnehr dabei! - Wie schön, daJ3 wir noch<br />

vor Thorschluf3 mit Ihnen sein durf ten; wir werden diese<br />

glucklichen Tage nie vergessen. Vielleicht gehen<br />

wir im Frühling zu "Christophorus'naCh London <strong>und</strong> streifen<br />

dann COin. Doch das Plänemachen hat selten eine reale<br />

Consequenz.<br />

Mein Mann hat kürzlich em Nonett für Streich- <strong>und</strong> Biasinstrurnente<br />

beendet <strong>und</strong> hat jetzt rnehrere sechsstimmige<br />

Motetten mit Orgelbegleitung geschrieben, von denen<br />

schon einige in der HofcapeiIe gesungen wurden. Die<br />

letzte, die ich hOrte, "Dextera Domini fecit virtutem"<br />

hat mich sehr ergriffen, weil sie über die irdischen<br />

Gefühlsgrenzen hinaus kiingt <strong>und</strong> eine sehr lichte Hoffnung<br />

in die Seeie bringt, denn je alter man wird, desto<br />

weniger wirkliche Ruhe giebt alies Zeitliche. Der Geist<br />

läI3t sich nicht täuschen, <strong>und</strong> keine Entzückung kann ihm<br />

das Heirnweh stilien, nur em fester Glaube, eine echte<br />

Liebe, eine kiare Hoffnung auf Unsterbiichkeit; nicht<br />

die mesguine Unsterbiichkeit, die von der Laune des<br />

später geborenen Capeilmeisters abhängt, ob <strong>und</strong> wie er<br />

das Werk des Vorgängers aufführen will. Im ewigen Geist<br />

ist alies grol3, <strong>und</strong> im Seingedenken trdste ich rnich über<br />

so manche Kleinigkeit unserer Zeitgenossen. Sursum corda,<br />

singt unsere Kirche aile Tage so herzlich. Diesen Wunsch<br />

rufe ich auch Ihnen zu <strong>und</strong> hoffe aufrichtigst, daB Ihre<br />

Leiden Ihnen keine zu unerträgiichen Fesseln auferlegen.<br />

Wenn ich Jahre lang so recht elende, schmerzvolie Nächte<br />

hatte, dann dachte ich daran, wie sich auch der Leib die<br />

Auferstehung verdienen muI3 - wenn auch in anderer Gestalt.<br />

Drum mdchte ich Sie im Geist mit den Händel-Messias-Tönen<br />

umrauschen <strong>und</strong> Ihrer Seele eine recht wahrhafte TrOstung<br />

geben kOnnen!<br />

Mein Mann grül3t Sie tausendmal <strong>und</strong> wünscht Ihnen von Herzen<br />

soviel Kraft, daB Sie wieder em Werk schaffen, an<br />

dem wir uns aile erfreuen kOnnen.<br />

In steter Dankbarkeit Ihre ergebene Fanny Rheinberger.


Ferdinand hillier antwortet:<br />

Köln, 9.2.1885<br />

Verehrte Frau.<br />

Mir däuchte als hätte ich Ihnen auf Ihren letzten langeren<br />

Brief einige dankende Zeilen geschickt, vielleicht<br />

babe ich es aber nur vorgehabt. In meinem Kopf<br />

herrscht em jammervolles Durcheinander. Zu Vielerlei<br />

<strong>und</strong> doch so wenig, so Entferntes macht sich nebeneinander<br />

breit; <strong>und</strong> ich weif3 nie, ob es Montag oder Dienstag<br />

ist; Uber diese ganze Periode meines Daseins möchte<br />

ich am Liebsten ausrufen:"Schwamm drüber!" hätte<br />

ich nur einen so mächtigen Schwamm! Ich gestehe Ibnen,<br />

ich war neidisch, als ich in Ihrem lieben Brief las von<br />

den Concerten Ihres Gatten <strong>und</strong> von der Gegenwart Unseres<br />

Franz I. Keinen Ton bore ich, keine Note schreibe<br />

ich, von Zeit zu Zeit k6mmt em Musiker <strong>und</strong> sieht nach,<br />

ob ich noch dabin, <strong>und</strong> wenn er diese GewiBheit erlangt<br />

hat, geht er zufrieden seinem Geschäfte nach.<br />

KOnnte ich die Dinge mit Ihren gläubigen Augen ansehen,<br />

mü2te ich mich ja freuen flber jeden neuen elenden Tag,<br />

der mir zu Theil wird, aber wie weit bin ich davon entfernt.<br />

Ich bin eigentlich erbittert, indignirt, daB uns<br />

armem hUiflosen Menschenvolk solche Leiden auferlegt<br />

sind, für die uns bei unserem schwachen Verstande jeder<br />

vernünftige Gr<strong>und</strong> mangelt. Denn die Nothwendigkeit ist<br />

kein Gr<strong>und</strong>, sie 1st em Factum. Ich habe dievolle tJberzeugung,<br />

daB wenn Brutus den Caser nicht ermordet hätte,<br />

ich jetzt nicht auf meinein Straf-Lehnstuhl Wochen <strong>und</strong><br />

Monate absä2e. Ich will auch gem zugestehen, daB hinter<br />

den Einrichtungen des Kosmos alles mOgliche Gute, Weise,<br />

SchOne verborgen sein kann, nur schade, daB wir zu dumm<br />

sind, eine Einsicht gewinnen zu kOnnen. Die allergrO2ten<br />

Geister wul3ten Vorsehung <strong>und</strong> Freiheit, Thatkraft <strong>und</strong><br />

Macht des Gesetzes nicht zu vereinigen. Ich bin nun em<br />

sehr kleiner Geist <strong>und</strong> babe wenig Kraft, mich über meine<br />

Leiden zu ergeben. Ich lasse mir's gefallen, setze mich<br />

hin <strong>und</strong> sage:tDa! nun macht, was Ihr wolit." Das war<br />

oder ist ja eine Art von "Confession"; alizu wOrtlich<br />

müssen Sie es aber doch nicht nebmen. Wir Künstler, wir


-5-<br />

glauben wenigstens an die Existenz des Schönen <strong>und</strong> suchen<br />

etwas davon in einer oder der andern Weise hinzustellen,<br />

<strong>und</strong> daI3 wir was wollen <strong>und</strong> theilweise können,<br />

1st das Beste, das uns zu Theil geworden. Wenn nun Elner,<br />

wie z.B. R/heinberger/, obendreineine Frau hat,<br />

ausgeschmuckt mit allem, was erheben <strong>und</strong> beglucken kann,<br />

so habe ich nichts dagegen, wenn er die sämintlichen<br />

Psalmen Davids in Musik setzt. Nun ade, stets Ihr<br />

getreuer<br />

Ferdinand Hiller.<br />

Samuel de Lange (1840-1911), Dirigent des Kölner Mannergesangvereins<br />

<strong>und</strong> Lehrer am Konservatorium richtet<br />

folgende Bitte an Rheinberger:<br />

Köln, 11. Febr. 1885<br />

Lieber Fre<strong>und</strong>!<br />

I...! Ich babe, seit ich in Köln bin, einen SchUler, der<br />

mir eigentlich wie em Sohñ lieb 1st; er hat ausserordentlich<br />

viel Talent <strong>und</strong> hat sich zu meiner grossen Freude<br />

gut entwickelt; er ist jetzt 20 Jahre, hat in meinen<br />

Klassen das Conservatorium absolvirt <strong>und</strong> das Stipendium<br />

der Mozartstiftung in Frankfurt erhalten. In den guten<br />

musikalischen Traditionen erzogen, geht sein Wunsch dabin,<br />

sich jetzt unter Deiner Leitung welter auszubilden,<br />

<strong>und</strong> melne Bitte ist die, ihn gut aufzunehmen <strong>und</strong> ihn<br />

weiterzubringen,wie ich Uberzeugt bin, dass Du es im<br />

Stande bist zu thun. Der JUnglich heisst: August von<br />

Othegraven; sein Wunsch nun geht dahin, nicht das Conservatorium<br />

zu besuchen, sondern Privatst<strong>und</strong>en zu nehmen.<br />

Hauptsächlich componirt er <strong>und</strong> will später kapellmeistern;<br />

ich vermuthe, dass er sich der Oper zuwenden<br />

wird. Er spielt tUchtig Klavier, nur fehlt ibm zum Solisten<br />

die Freude am Glänzen, auch die Freude am technischen<br />

tiben, die ich auch nie besessen. Als Mensch 1st<br />

er sehr solide <strong>und</strong> liebenswilrdig.<br />

WUrdest Du die Cute haben, mir mit elnem Wort zu melden,<br />

ob Du Dich in der angedeuteten Weise für ihn interessiren<br />

kannst <strong>und</strong> magst, ob er vielleicht den Sommer in Kreuth<br />

verleben kann, oder ob Du vorziehst, dass er erst zum


-6<br />

nächsten Winter nach München kommt. Schreibe mir auch,<br />

ob Du ihn auch als Klavierschüler Ubernehmen möchtest,<br />

sonst wirst Du ihn empfehlen an einen rnusikalischen,<br />

nicht virtuosen Lehrer. Ich hoffe, Du wirst zusagen<br />

<strong>und</strong> die Ftihrung des jungen Fre<strong>und</strong>es Ubernehmen./. .1<br />

Er muss sich zum MilitHr stellen <strong>und</strong> könnte dadurch bis<br />

im Mai bier zurückgehalten werden, m6chte auch diesen<br />

Winter noch bei mir arbeiten. Seine sociale Stellung,<br />

vielmehr die seiner Eltern, ist eine bescheidene, scm<br />

Vater frUher PrEsident des NEnnergesang-Vereins, besitzt<br />

kein Vermögen.<br />

Hof fend, bald eine fre<strong>und</strong>liche Zusage zu erhalten, bleibe<br />

ich mit herzlichem Gruss von Háus zu Haus<br />

Dein<br />

S. de Lange.<br />

Rheinberger nahrn Othegraven als privaten Kontrapunktschüler<br />

an.<br />

Auch Philipp Woifrum, seit 1884 UniversitEtsmusikdirektor<br />

in Heidelberg, wendet sich ratsuchend an semen<br />

ehernaligen Lehrer:<br />

Hochverehrter Herr Professor!<br />

Verzeihen Sie, da2 ich Sie mit einigen Zeilen belEstigen<br />

mu2. Sie halten aber meiner AnhEnglichkeit zugute,<br />

daI3 ich in Allem, was mein Fortkonirnen betrifft, Sie urn<br />

Rat frage. Herr Franz Wlillner in Köln fragt, "im Vertrauen",<br />

bei mir an, ob er bei der Wiederbesetzung der<br />

sich im Sonimer erledigenden Lehrstelle für Orgel, Harmonielehre<br />

<strong>und</strong> Contrapunkt am Conservatorium in Köln auf<br />

mich rechnen könne. Er meint, es würde da so gut bezahit,<br />

wie in MUnchen <strong>und</strong> Dresden, ich könnte hEufig öffentlich<br />

spielen, hEtte einen reizenden Kreis Elterer <strong>und</strong> jünge.rer<br />

Musiker urn mich./. . .1<br />

Ich sage Ihnen of f en, da2 ich nicht gerne schon wieder von<br />

hier weggehe so ins Ungewisse hinein, daB ich nach Norddeutschland<br />

garnicht <strong>und</strong> nach RheinpreuBen fast ebenso<br />

wenig inkliniere, daB es mir, der ich früher nie aus<br />

Bayern hinauskam, schon fast schwer wurde, hier einzugewöhnen.<br />

Ich möchte aber nicht eher eine bestiinrnte Antwort<br />

geben, ehe Sie mir gütigst gesagt haben, wie sie


-7-<br />

über die Sache denken. Sie waren stets so fre<strong>und</strong>lich<br />

gegen mich, daa ich annehmen darf, Sie werden mir meine<br />

Bitte erfflhlen.<br />

Unter vielen Empfehlungen an Sie, die gnädige Frau <strong>und</strong><br />

ihre Frau Mama bin ich Ihr stets dankbar ergebener<br />

Ph. Woifrum.<br />

Heidelberg, 14.2.1885<br />

Franz WUilner (1832-1902), seit 1884 Leiter des Konservatoriums<br />

<strong>und</strong> der GUrzenichkonzerte zu Köln, schreibt in<br />

dieser Angelegenheit an Josef Rheiriberger:<br />

Verehrter Herr Kollege!<br />

Ich suche für das hiesige Conservatorium einen mögllchst<br />

tUchtigen Lehrer für die Orgel. Ich habe zunächst an<br />

Wolfrum gedacht. Aber der 1st in Heidelberg so gUnstig<br />

gesteilt, da2 er schwerlich zu haben sein wird. Können<br />

Sie mir unter Ihren früheren SchUlern einen recht tüchtigen<br />

Lehrer empfehlen? Könnte derselbe auch Contrapunkt<br />

<strong>und</strong> Liturgie übernehmen, so könnte ich ihn auf Ca. 2000<br />

Mark <strong>und</strong> drUber stellen. Vielleicht können Sie mir recht<br />

bald em Wort sagen?<br />

In Berlin habe ich am 30. Januar die Ouvertüre zur ttbe_<br />

zähmten Widerspnstigen" mit sehr gutem Erfolg zur Aufführung<br />

gebracht. Dieselbe 1st seitdem em RepertoirestUck<br />

des philharmonischen Orchesters geworden.<br />

GrUBen Sie vielmals Ihre Frau Gemahlin <strong>und</strong> seien Sie<br />

selbst aufs herzlichste gegrUh3t von Ihrem treulichst<br />

ergebenen Franz WUllner.<br />

Cöln, den 20.2.1885<br />

Melne Frau lä8t bestens grUl3en.<br />

Rhemnberger empfiehlt Wolfrum, auf WUllners Angebot zu<br />

verzichten <strong>und</strong> Woifrum bedankt sich mit folgenden Zeilen:


-8-<br />

Sehr verehrter Herr Professor!<br />

Ihnen für Ihren fre<strong>und</strong>lichen Rat <strong>und</strong> der gndigen Frau<br />

für die gUtige Ubermittlung desselben meinen hrzlichsten<br />

Dank. Ich dachte mir auch, da6 es besser sei, wenn<br />

ich hier bliebe. Hier kann ich auch arbeiten <strong>und</strong> mir vormusiciren<br />

lassen; in Mannheim <strong>und</strong> Carlsruhe kann ich<br />

ebensoviel NovitEten hören wie in Köln.<br />

Die Bearbeitung des letzten Quintett-Satzes hat sich bis<br />

heute verz6gert in Folge vielfacher anderweitiger Arbeiten.<br />

So wurde ich z.B. für das neue badische offizielle<br />

Präludienbuch der prot.Kirche mit 54 Coralvorspielen<br />

geplagt, die ich nun glflcklich hinter mir habe. Prof.<br />

Fail3t in Stuttgart ist die oberste "Zensurbehörde". Ich<br />

babe mich bei einigen Präludien ineiner Haut so energisch<br />

gewehrt, dal3 er nun nicht mehr wagt, Wünsche <strong>seines</strong> pedantisch-kritischen<br />

Herzens laut werden zu lassen.<br />

In den letzten 4 Wochen mu2te ich die Geschichte des Kirchenliedes<br />

zu Ende bringen; dieses Ende bestand in den<br />

beiden letzten Jahr-100! Zu diesem Zwecke muf3te ich die<br />

beidenletztenBände Winterfeld durchlesen, ausziehen <strong>und</strong><br />

andre Literatur damit vergleichen <strong>und</strong> Ca. 150 Seiten Vortrag<br />

schreiben.<br />

Ich danke Gott, dal3 ich jetzt diese Orgel einmal heruntergespielt<br />

babe, <strong>und</strong> dal3 jetzt Ca. 7 Wochen Ferien kominen.<br />

Da will ich den Musiker in mir wieder vollstandig zu Worte<br />

kommen lassen.<br />

Letzten Montag hatte ich bier mit Wihan Concert; ich spielte<br />

StUcke von J.S. Bach zum wabren Vergnügen der Leute.<br />

Das hat mir riesigen SpaB gemacht, denn Bach ist dem Namen<br />

nach höchstens bei einigen Professoren bekannt. Der<br />

akademische Musikdirektor Boch hat in seinem Leben nichts<br />

von Bach aufgeführt, jedenfalls aus Bescheidenheit - damit<br />

die Leute nicht meinen, er sei der Componist der<br />

ttzopfigent Stücke <strong>und</strong> Johann Sebastian Bach wgre verdruckt<br />

<strong>und</strong> müsse heil3en: Johann Sebastian Boch. Verzeihen Sie<br />

diese schlechten Witze!<br />

Ich spielte noch eine Novität: Variationen op. 24 von Edward<br />

Grieg, die mir während des Studiums em groBes Vergnügen<br />

machten <strong>und</strong> deren Reproduction kein kleines Stuck<br />

Arbeit bedeutet. In der nordischen Musik (Grieg steht<br />

ganz auf dem Boden der norwegischen Volksmusik) ist so


-9-<br />

etwas Melancholisches, Eigenartiges, das mich immer wieder<br />

fesselt. - Ich erlaube mir, das Programm mit einer<br />

Besprechung in der Heidelberger Zeitung Ihnen zu schikken.<br />

Die Kritik soil von einem Professor stainmen.<br />

Nun freue ich mich sehr, Sie bald wieder sehen zu diirf<br />

en! Mit vielen Empfehlungen an Sie <strong>und</strong> die gnädige Frau<br />

bin ich Ihr dankbarst ergebener Wolf rum.<br />

Heidelberg am 6.3. 1885<br />

Am 10. März 1885 wagt Hermann Levi im Rahmen der Konzerte<br />

der Musikalischen Akademle die Urauffiihrung der VII.<br />

Symphonie von Anton Bruckner in Miinchen. Dieses wichtige<br />

musikalische Ereignis koumientiert Theodor Goering in<br />

der Augsburger Abendzeitung (Der Sammier Nr. 30.: 12.3.85)<br />

München, 11. März. Das gestrige Akademle-Konzert brachte<br />

uns in seiner zweiten Abtheilung em höchst merkwürdiges<br />

Ereignis in Gestalt einer neuen Sinfonie aus E-dur von<br />

Anton Bruckner. Wer ist Bruckner? f rug man sich im Publikum,<br />

als das Programm erschienen war. Das Gerücht bezeichnet<br />

ihn als einen alten Herrn <strong>und</strong> Organisten aus<br />

Wien; was über sein Werk verlautete, war sehr widersprechender<br />

Art; auch wissen wir ja, dass man sich in solchen<br />

Dingen zumeist nur auf seine eigenen Ohren verlassen kann.<br />

Auf etwas Besonderes musste man aber doch gefasst sein,<br />

denn es kommt (berechtigter Weise) just nicht alle Tage<br />

vor, dass sich die Pforten unserer Musikalischen Akademie<br />

dem Werke eines unbekannten Komponisten öffnen, sofern<br />

derselbe nicht etwa em Sohn unserer Stadt, oder zum mmdesten<br />

em Zogling unseres Konservatoriums ist. Sagen wir<br />

es gleich, dass sich die Neugierde inStaunenwandelte beim<br />

Anhören des Werkes. Wie war es moglich, dass eine soiche<br />

Sinfonie geschrieben werden konnte, als Nr. 7 ihres Stammes,<br />

von einem Manne, von dem man garn{cfitweiss! Es passieren<br />

doch merkwurdige Dinge! Wenn bei uns zu Lande em<br />

Musiker geboren wird, dem wirklich etwas Neues <strong>und</strong> Eigenthümliches<br />

einfällt, <strong>und</strong> weicher der Vorzeigung als W<strong>und</strong>erkind<br />

glückllch entgangen ist, so wird derselbe ganz gewiss<br />

als Konservatorist schon em berUhmter Mann, dessen Ruhm


- 10 -<br />

an urbi et orbi verkUndet. In dem Musikiande par excellence<br />

aber, in Oesterreich, scheint es landesübliche<br />

Spezialitat zu sein, dass man die Talente zu hohen Jahren<br />

kommen 1sst, bevor man sie in den heutigen Tags so<br />

billigen Lorbeer einbettet./. . .1<br />

/Folgt eingehende Wurdigung der Komposition/.<br />

Die Aufnahme des Werkes war eine glänzende, weiche sich<br />

am Schiuss zu einer wahren Exstase steigerte; allerdings<br />

war selbige zum Theil provoziert <strong>und</strong> wirksam unterstützt<br />

von einem kleinen Häuflein getreuer Schüler, welche den<br />

Tondichter zur Auffuhrung <strong>seines</strong> Werkes von Wien aus hierher<br />

begleitet batten. Das Ueberraschendste war vielleicht<br />

der Anblick des Komponisten selbst, welcher auf dem Podium<br />

dem Publikum Dank zuwinkte: em spärlich behaarter,<br />

jovialer, alter Herr, mit einem Charakterkopf la Eduard<br />

Grtitzner (nmlich dessen Klosterherren), dem gewiss niemand<br />

zutrauen würde, dass er als biederer Organist so sehr<br />

von den Pfaden Job. Sebastian Bach's abweicht, um sich der<br />

graussigsten Revolution in die Anne zu werf en.<br />

Offensichtlich verhielt sich Rheinberger Bruckner gegen-<br />

Uber ablehnend. Bruckner schrieb am 19. Juni 1885 an Theodor<br />

Helm, dem Musikkritiker der "Deutschen Zeitung",<br />

tiber Heinrich Vogels begeisterte Reaktion (Rheinberger<br />

hatte seit der Uraufftihrung seiner Oper "Die sieben Raben"<br />

mit dem Sänger Heinrich Vogel zusammengearbeitet) <strong>und</strong><br />

erwähnte: "Wegen Hofkapellm/eister/ Rheinbergers Benehmen<br />

gegen mich 1st Vogel sogar von der Hofkapelle ausgetreten".<br />

(In: Musik I,1;S.31.)<br />

Der Verleger Robert Forberg aus Leipzig fragt am 2. April<br />

1885 bei Rheinberger an:<br />

"Wtirden Sie sich bereit finden lassen, mir einige kleinere<br />

Stücke für Orgel zu schreiben, <strong>und</strong> wtirden Sie mir ferner<br />

gestatten, aus den Orgel-Sonaten einzelne Sätze apart zu<br />

veröffentlichen?"<br />

Fanny Rheinberger kommentiert diesen Brief mit olgender


Margina lie:<br />

Nach einer St<strong>und</strong>e hockte er schon dort am Schreibtisch<br />

urn eine Qrg'elskizze zu machen. Arg ist! Ostersonntag!<br />

Die Orgel ist doch seine Liebe.<br />

[rn Hal 1885 steilte Rheinberger darauf seine 9. Orgelsonate,<br />

op. 142, fertig <strong>und</strong> widmete sie Alexandre<br />

Guilmont in Paris; Robert Forberg druckte sie noch im<br />

gleichen Jahr. Anfang Juli 1885 beendete der Komponist<br />

zurn 25jahrigen Jubliäum des Münchener Akademischen Gesangvereins<br />

noch die Baliade für Männerchor <strong>und</strong> Blechorchester<br />

"Die Rosen von Hildesheirn" nach einem Text<br />

seiner Frau.<br />

Vinzenz Lachner wendet sich damais mit folgender Empfehiung<br />

an Rheinberger:<br />

Hochgeehrter Herr Hofkapellmeister!<br />

Em junger Mann Namens Robert Kahn begibt sich nach<br />

München urn das dortige Musikwesen kennen zu lernen,<br />

hauptsEchiich aber <strong>und</strong> auf meinen besondern Rath, urn<br />

wo moglich das Interesse <strong>und</strong> Wohiwollen des Meisters zu<br />

gewinnen, dern wir so viele Werke vollendeter Reife <strong>und</strong><br />

klassischer Gediegenheit zu verdanken haben. Der Gedanke<br />

stand bei mir fest, als ich der Reihe nach mehrere mir<br />

noch unbekannter Compositionen, darunter das Kiarinetten-<br />

Quartett in C <strong>und</strong> die Toccata in C moll in trefflicher<br />

Ausführung hier in Karisruhe <strong>und</strong> endlich das unvergieichlich<br />

schöne Orgelkonzert im Odeonssaaie zu MUnchen geh6rt<br />

hatte.<br />

Nachdem sich nun die AusfUhrbarkeit dieses Gedankens emgestelit<br />

hat, erlaube ich mir Ihnen den noch nicht voile<br />

19 Jahre zEhlenden jungen Mann in kurzen ZUgen vorzuführen.<br />

Kahn, der Sohn eines Banquier aus Mannheim, hatte bei<br />

mir etwa 2 Jahre lang mit dem einf. Contrapunkt beginnenden<br />

Unterrlcht. Als ich ihn darauf an die Hochschule<br />

zu Berlin <strong>und</strong> zu Fr. Kiel brachte, hatte er bereits eine<br />

grol3e Anzahl von PrEludien <strong>und</strong> Fugen, Lieder, Sonaten,


- 12 -<br />

Klavier-Stücke geschrieben, die durchweg em ungewöhnliches,<br />

ges<strong>und</strong>es Talent verriethen. Ebenso versuchte<br />

er sich mehrfach in Orchester-Compositionen, deren<br />

Technik er sich überraschend schnell angeeignet hatte.<br />

In Berlin hielt er das Tempo stetigen Fortschreitens<br />

em <strong>und</strong> componirte neben den Aufgaben in der höhern<br />

Kontrapunktik eine Reihe von Vokal- <strong>und</strong> Instrumentalsachen,<br />

worunter Variationen für Orchester, die in der<br />

Hochschule mit ailgemeiner Acclamation aufgeführt wurden.<br />

Jede weitere Begr<strong>und</strong>ung erscheintUberflüssig, wenn<br />

Sie die grol3e Gewogenheit eintreten lassen wollen, sich<br />

von ihm eine seiner Arbeiten vorspielen zu lassen, oder<br />

einen Buck darauf zu werfen.<br />

Semen Charakter betref fend kann ich mit besonderer Genugthuung<br />

konstatiren, da8 er keinen Zug jenes dem semitischen<br />

Kain so häufig anklebenden vorlauten, eitlen<br />

<strong>und</strong> aufdringlichen Wesens an sich trägt, sondern sich<br />

bescheiden, gemessen <strong>und</strong> unbestechlich wahrheitsliébend,<br />

leider aber auch etwas unbeholfen zeigt.<br />

Meine Bitte geht nun nicht etwa dahin, dem jungen Mann<br />

schon Unterricht angedeihen zu lassen, sondern ihm Ihr<br />

Wohlwollen dadurch zuwenden zu wollen, dat3 er Sie von<br />

Zeit zu Zeit besuchen <strong>und</strong> sich Urteil <strong>und</strong> Rath in seinem<br />

musikalischen Schaffen ausbitten dürfte, was bei<br />

der Neigung unserer componirenden Jugend zu Ausschreitung<br />

<strong>und</strong> Uebertreibung zum wahren Segen meinem Schützling<br />

gedeihen würde.<br />

Der treffliche junge Mensch 1st mir zum Gegenstande der<br />

Neigung <strong>und</strong> Fürsorge geworden, dal3 ich als gewichtigen<br />

Fursprecher Bruder Franz /Lachner/ gebeten habe, Ihnen<br />

selbst den jungen Kahn vorzustellen, nachdem er sich<br />

von dessen Würdigkeit flberzeugt haben wird.<br />

In aufrichtiger Verehrung Ihr ergebenster<br />

Karlsruhe 25.Mai 1885<br />

Vinzenz Lachner.


- 13 -<br />

Neben den kompositorischen Arbeiten <strong>und</strong> semen musikpadagogischen<br />

Aufgaben an der Kgl. Musikschule hatte Rheinberger<br />

vor allem an den hohen Festtagen des Kirchenjahres<br />

nach wie vor em umfangreiches Repertoire als Kapellmeister<br />

für Kirchenmusik zu betreuen. So führte er in der<br />

Karwoche <strong>und</strong> zu Ostern 1885 folgende Werke auf:<br />

Palmsonntag, den 29. März 1885,10.30 Uhr:<br />

Missa Dixit Maria, 4stimmig<br />

Graduale: Tenuisti, 5stinnnig<br />

Passio, Responsorien, 4stimmig<br />

Of fertorium: Improperien, 4stimmig<br />

Mittwoch, den 1. April 1885, 16 Uhr:<br />

Matution Responsorien, 4stinimig<br />

Benedictus, 5stimmig<br />

Gründonnerstag, den 2. April 1885, 11 Uhr:<br />

Messe in F, 4stimmig<br />

Graduale: Christus factus est, 4st.<br />

Of fertoriuin, Tenebrae, 4stimmig<br />

Nachmittags, 16 IJhr:<br />

Matutin, Responsorien, 4stimmig<br />

Benedictus, doppelchorig<br />

Abends, 19.30 Uhr:<br />

Miserere<br />

Karfreitag, den 3. April 1885, 10 Uhr:<br />

Passlo, Responsorien, 4stitnmig<br />

Adoramus Nr. I in a-moll, 4stimmig<br />

Popule ineus, 4stitnmig<br />

Vexilla regis, c-moll, Sstimmig<br />

Nachinittags, 16 Uhr:<br />

Matutin, Responsorien, 4stinnnig<br />

Benedictus, 5stitnrnig<br />

Has ler<br />

Aiblinger<br />

Vittoria<br />

Casali<br />

Pales trina<br />

Lachner<br />

Lot t I<br />

Ett<br />

M. Haydn<br />

Pales trina<br />

Hand 1<br />

Al legri<br />

Vittoria<br />

Perti<br />

Vittoria<br />

Aib linger<br />

Pales trina<br />

Lachner


Abends, 19.30 Uhr:<br />

- 14 -<br />

Stabat mater, Nr. II in g-moll, op.l38, Rheinberger<br />

für Chor, Orgel <strong>und</strong> Streichorchester zum<br />

ersten Mal in der Hofkapelle<br />

Karsamstag, den 4. April 1885, 11 Uhr:<br />

Kyrie (Choral), Gloria, Sanctus, Benedic- M. Haydn<br />

tus, 4stimmig<br />

Laudate u. Magnificat, 4st. mit Orgel Pitoni<br />

Nachmittags, 16 Uhr:<br />

Comp let<br />

Abends, 19.30 Uhr:<br />

Auferstehungs-Prozession Pange lingua Ett<br />

Ostersonntag, den 5. April 1885, 11 Uhr:<br />

Messe in F, 8stimmig Siciliani<br />

Graduale: Haec dies, 5stimmig Lachner<br />

Of fertorium: Terra tremuit, 8stimmig Rheinberger<br />

Nachmittags, 16 Uhr:<br />

Vesper<br />

Qstermontag, den 6. April 1885, 11 Uhr:<br />

Trinitatis-Messe in C-dur KV 167 Mozart<br />

Graduale: Jubilate, Sstimmig Aiblinger<br />

Of fertorium: Terra tremuit, 8stimmig Rheinberger<br />

Anerkennend Hu2ert sich die "Augsburger Abendzeitung"<br />

(Nr. 42, 9.4.1885)<br />

Die Charwoche hat im hiesigen öffentlichen Musikieben<br />

eine kurze, wohlthatige Pause gebracht, nur unterbrochen<br />

von den zahlreichen, zum Theil sehr schönen Kirchenmusiken,<br />

an welchen sich der Nensch umsomehr erfreuen<br />

<strong>und</strong> erbauen mag, als sie - den Kritiker Gott sal


- 15 -<br />

Dank nichts angehen.<br />

Es 1st elner der Vortheile einer katholischen Stadt, dass<br />

sie den Musikfre<strong>und</strong> die sonst so selten gebotene Gelegenheit<br />

gibt, in grösserer. Aiswahl <strong>und</strong> zu wiederholten Malen<br />

die eigens für den Gottesdienst geschriebenen MusikstUcke,<br />

besonders der alten Meister, kennen zu lernen. Wer im protestantischen<br />

Norden unseres Vaterlandes aufgewachsen ist,<br />

dem blieb diese reiche Literatur so gut wie verschlossen.<br />

Höchstens dass man einmal die berühmtesten Stücke - em<br />

Crucifixus von Lotter, em Stabat Mater von Pergolese oder<br />

eine Motette von Palestrina - von einern Oratorienverein im<br />

Konzertsaal vortragen hört; von den Uebrigen, wie auch von<br />

den Kirchenkompositionen der älteren <strong>und</strong> neueren deutschen<br />

Meister, eines Michael Haydn, Ett, Franz Lachner, weiche<br />

wahre Perlen enthalten, erfährt man garnichts. her kann<br />

man diese Musik an ihrer natürlichen StEtte, in der Kirche<br />

hören, wo sie, in der richtigen todten <strong>und</strong> lebendigen Urngebung,<br />

eine ganz andere künstlerische Wirkung macht, als bel<br />

der unnatUrlichen Verpflanzung in den nüchternen, weltilchen<br />

Konzertsaal. Und wenn man schon in gewöhnlicher Zeit<br />

allsonntäglich eine schöne Messe hören kann, so werden bei<br />

den Kirchenfesten in allen bedeutenden Kirchen grössere Anstrengungen<br />

gemacht, urn dem Cottesdienst eine wUrdige musikallsche<br />

Ausstattung zu Theil werden zu lassen. Der Vorrang<br />

gebUhrt natürlich der Allerheillgen-Hofkirche, wo die kgl.<br />

Vokalkapelle unter Rheinbergers Leitung <strong>und</strong> unter Mitwirkung<br />

erster Solokräfte unserer Oper klassische <strong>und</strong> neuere Werke<br />

mit wahrhaft mustergültiger Voilkoinmenheit aufführt. Auch<br />

diesmal war wieder eine reiche Fülle gediegener Kompositionen<br />

geboten, von denen ich, als lebenden Komponisten angehörig,<br />

nur em 5-stimmiges Benediktus von Lachner <strong>und</strong> em<br />

Stabat Mater von Rheinberger erwähnen will. Unter den übrigen<br />

Kirchen ragt In musikalischer Hinsicht die Bonifaziuskirche<br />

hervor, in welcher u.a. am Charfreitag der Oratorienverein<br />

em Misere von Max Zenger vortrug. Als wtirdigen Abschluss<br />

der Feiertagsmusik führte man gestern /Ostermontag,<br />

6.4.1885/ in der Hofkirche elne instrumentierte Messe von<br />

Mozart auf.<br />

(Dr. Theodor Goering)


- 16 -<br />

Aufschlussreich für Fannys <strong>und</strong> ihres Gatten Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />

ist em Brief, den Johann Nepomuk Nussbaurn, Hausarzt <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong><br />

der Rheinbergers, an Fanny richtete.<br />

M/ünchen/ Samstag, 24.5.85<br />

Verehrteste Frau Rheinberger<br />

Soeben erhalte ich Ihren Brief <strong>und</strong> rnöchte ihn vor Ihrern lieben<br />

morgendlichen Erscheinen schon etwas näher betrachten mit Ihnen.<br />

Ihre 3 Fragen beantworten sich dann materiell <strong>und</strong> objektiv so:<br />

Sie können ohne Gefahr für Ihren Ehernann denselben verlassen<br />

<strong>und</strong> nach Wildbad gehen.<br />

Er ist in keiner ernsten Gefahr, weil der Zeigefinger heilt.<br />

Man kann die Düsseldorfer Reise risquiren, wenn er die Hand<br />

nicht mit Dirigiren anstrengt.<br />

Aber, aber, aber<br />

Glauben Sie, dass Ihr Organismus genest <strong>und</strong> sich kräftigt, wenn<br />

Sie mit Ihrer unnachahrnlichen Sorgfalt <strong>und</strong> Liebe für Ihren Ehemann<br />

von ibm getrennt leben, sich Tag <strong>und</strong> Nacht urn ihn sorgen,<br />

sich mit allerlei Gespenstern von Verschlimmerung <strong>seines</strong> Leidens<br />

quälen?<br />

Ich fUrchte, Ihre Restauration dürfte sehr karg ausfallen.<br />

Glauben Sie so stark zu sein <strong>und</strong> die Sorgen von Ihrem Körper<br />

abhalten zu können?<br />

Das ist sehr zu bedenken, Wildbad wird gut thun, die Trennung<br />

aber nicht.<br />

Ihr aufrichtiger Fre<strong>und</strong><br />

Nus sbaum.<br />

Im Sommer 1885 reisten Josef <strong>und</strong> Fanny Rheinberger in die<br />

liechtensteinische Heirnat <strong>und</strong> wohnten in der alten Schlosswirtschaft<br />

in Vaduz, wo er sicham 2.9.1885 im Gästebuch verewigte:<br />

-<br />

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11U%1 94t/


- 17 -<br />

Die Eindrilcke in dern alten Gemäuer der Ruine des Vaduzer<br />

Schlosses veranlal3ten Rheinberger <strong>und</strong> seine<br />

Frau im darauffolgenden Winter "Montfort, eine Rheinsage<br />

für Soli, Chor <strong>und</strong> Orchester" zu dichten bzw.<br />

zu komponieren. Em Gedicht, das dem Autograph der<br />

Partitur in der Bayerischen Staatsbibliothek in<br />

MUnchen beiliegt, erläutert die Entstehung des Werkes<br />

(s. Anhang):<br />

Zur Entstehung unserer Bailade Montfort.<br />

Viel düstre Tage zählt das Leben.<br />

in mancher Zeit verlöscht der Hoffnung Leuchte,<br />

Und Schmerz bringt das Erwachen jeden Morgen.<br />

Dann ist's der Frühling, der mit jungem Grün<br />

Mit Blüthenduft <strong>und</strong> Amseisang<br />

Des Herzens bange Einsamkeit<br />

Noch schmerziicher empfinden<br />

Und sehnlich denken iäI3t an Herbstesstürme,<br />

Die mit dem Jagen weikgewordner Biätter<br />

Mit wildem Rauschen durch den kaiten Forst<br />

harmonischer zum eignen Grimme Stimmen.<br />

Nicht so, als wir zur letzten Sormnerwende<br />

In deiner Heimath weilten. Weif3t du noch?<br />

Es war em Tag - der schönste wohi des Jahres;<br />

Des Lenzes Hoffnung hatte sich erfüiit.<br />

Kein Wöikchen stand am Himmel - tiefes Blau<br />

Zog über Berg <strong>und</strong> Halde. 0 Valduisch,<br />

Der Heimath "sül3es Thai!"<br />

Wir saf3en auf dem Eichenstamm im Moose,<br />

Zur Linken war das aite Försterhaus,<br />

Genüber zog der grüne Buchenwald,<br />

An dem schon manch Gezweig mit Geib sich fárbte<br />

In steile Höh hinauf zum "wiiden SchloI3,"<br />

Und iieI3 die Pracht tins ahnen stiller Pfade.<br />

Zur Rechten hob der Faiknif3<br />

Sein kühnes Feishaupt in die klaren Lüfte,<br />

Tief unten zog die Fiut des jungen Rheins.<br />

An Bäumen hing viei saft'ge Frucht<br />

Und neben grüner Matte stand em Feld<br />

Von gold'gem Mais, durch dessen schianke Halme<br />

Der Südwind raschelnd sein Geheimnii3 hauchte,<br />

Wozu verständnif3voll die Kolben nickten.


- 18 -<br />

Aus all der Lebenspracht der Schöpfung<br />

Von tausendfachem Chore der Cycaden<br />

Durchzirpt, erhoben sich die Quadern<br />

Des alten Rämerthurmes riesig stark.<br />

Er hat den r<strong>und</strong>en Festsaal überdauert,<br />

Aus dessen Höhlen jetzt der Himmel schaut.<br />

Zerfallen ist die Burg,<br />

Am Römerthurme zersprangen die Geschosse,<br />

Wildrothe Reben schlingen sich hinauf.<br />

Und dort der Garten, dessen Erkerbrüstung<br />

Vom tiefen Abg<strong>und</strong> trennt, wo du, der Knabe<br />

Hinabgeträumt ins Rheinthal, tief im Herzen<br />

Die schlummernden Gesänge später Jahre -<br />

Denkst Du daran? Wie herrlich ist dief3 Alles!<br />

Die Sage zieht vorüber an der Seele<br />

Und zaubert liebliche Gestalten<br />

Aus ihrem Reich. Ich seh' dich sinnend stehn<br />

Als lauschtest du verborgnen Harmonien.<br />

Und so wie du - em haib Jahrtausend ist's,<br />

Stand mit der Laute hier der deutsche Sänger<br />

Am Brückenthor <strong>und</strong> sang von hoher Minne.<br />

Und ist mit ihm der Kiang verstummt?<br />

o nein! erwache Spätgeborner,<br />

Greif in die Saiten, finde uns em Lied<br />

Aus Montfort's Tagen, hol' sie aus dem Grab<br />

Die Ritter, die hier glänzend eingezogen,<br />

Beleb' das Burgfràulein mit frischem Hauch,<br />

Entlocke die Gefangnen ihrer Haft<br />

Und laB uns mit der Eichen altem Rauschen<br />

Der K<strong>und</strong>e längst vergangner Tage lauschen,<br />

Dein Lied umranke froh den greisen Thurm<br />

Wie Epheu übergrünend Kampf <strong>und</strong> Sturm.<br />

Ja, künde, liegen wir vom Grab umfangen<br />

Wie treu das Herz an deinem Heim gehangen.<br />

(Zur Erinnerung an den 3. September 1885 bei SchloB<br />

Vaduz.)<br />

München. Franzisca Rheinberger<br />

HoffnaaB.


- 19 -<br />

Samuel de Lange sendet einen Abschiedsgrul3 aus seinern<br />

Kölner Wirkungskreis an Rheinberger:<br />

Köln, 29.Sept.1885<br />

Lieber Fre<strong>und</strong>!<br />

Der junge v. Othegraven, von dern ich Dir vor einigen<br />

Monaten schrieb, wird Dir diese Zeilen Uberbringen mit<br />

meinem Gruss. Ueber ihn brauche ich nichts weiter beizufUgen.<br />

Ich bin überzeugt, dass er sich selbst empfehlen<br />

wird <strong>und</strong> dass Du grosse Freude an ihm haben wirst.<br />

Er wird Dir meine soebene Pedalstudien überreichen. Ich<br />

hoffe, Du wirst sie praktisch finden <strong>und</strong> einfUhren.<br />

Heute 1st mein letzter Tag in Köln. Morgen friih fahre<br />

ich nach Den Haag in Holland, wo ich eine Dirigentenstelle<br />

übernommen habe. Vielleicht sehen wir uns zunächst<br />

da. Wenn der Verein es kann, wird zunächst Deine<br />

schöne Osterhymne aufgeführt, vielleicht auch Grösseres.<br />

Es ist em gemischter Chor & Orchester.<br />

Wenn ich langere Zeit da bin, schreibe ich einmal in<br />

Ruhe, hoffe auch von Dir etwas Uber meinen musikalischen<br />

Sohn zu erfahren.<br />

Herzliche GrUsse von Haus zu Haus in Treue Dein<br />

S. de Lange.<br />

Philipp Woifrum bittet urn eine Kornposition:<br />

Heidelberg, am 24.9.85<br />

Hochverehrter Herr Professor!<br />

Ich möchte mir hiedurch erlauben, Sie mit einer Bitte<br />

zu behelligen, an deren gUtiger Erfüllung mir sehr viel<br />

liegt. Seit einigen Tagen bin ich vom GroBherzog zum<br />

akadeinlschen Musikdirektor ernannt, obwohl der alte Boch<br />

nicht zurtickgetreten 1st. Das 1st für mich elne Aufforderung,<br />

alles aufs Jubiläum bezügliche Musikalische<br />

ohne Boch, der ja jetzt wohi zurücktreten muB, zu ordnen.Die<br />

Sitzungender Jubiläumscommission, deren Nitglied<br />

ich schon seit 1/2 Jahr bin, haben längst begonnen


- 20 -<br />

<strong>und</strong> wurde da bereits der Rahmen für den musikalischen<br />

Tell fest gefugt. Danach konmien am 1. Tag em kirchliches<br />

StUck für Orchester <strong>und</strong> Chor (ich werde in den<br />

nächsten Wochen das von mir componirte "GroIe Halleluja<br />

von Klopstock" einreichen) <strong>und</strong> das Halleluja von Händel<br />

in der Kirche zur Auffuhrung bringen.<br />

Am 2. Tag - bel der rein akademischen Feier der Doctorpromotion<br />

- sollen vor der Aula auf deren Gallerie,<br />

die sehr beschrHnkten Raum hat, entweder em Mannerchor<br />

a capella oder em Männerchor mit einfacher Blechmusikbegleitung<br />

die Feier verherrlichen. Für diesen<br />

MHnnerchor, der vom akademischen M.G.V. reproducirt<br />

werden wUrde, möchte ich Ihre L<strong>lebens</strong>wUrdigkeit, sehr<br />

verehrter Herr Professor, in Anspruch nehmen. Ich weiB,<br />

es 1st eine sehr kUhne Bitte; aber die Aussicht auf<br />

Erfolg bei Ihnen, der sie gegenwartig dem Männergesang<br />

das Schönste schenkten <strong>und</strong> schenken, ist alizu verlokkend<br />

für mich, als daB ich ihn nicht wagen soilte.<br />

Möchten Sie die gro2e, grof3e Fre<strong>und</strong>lichkeit haben, mir<br />

<strong>und</strong> meiner Kapellmeisterangelegenhejt <strong>und</strong> der Universität<br />

Heidelberg einige Minuten Ihrersokostbaren Zeit<br />

zu widmen? Die Universität, die Studenten, die ganze<br />

Männerchorwelt <strong>und</strong> ich wären Ihnen zu gröl3tem Danke verpflichtet.<br />

Bitte recht herzlich, Herr Professor, erfUllen<br />

sie meine <strong>und</strong> unser Aller Bitte!<br />

Ganz von ungefahr ist mir em Gedicht in die Hand gekonimen,<br />

das noch nie componirt 1st <strong>und</strong> mir für den genannten<br />

Zweck wie geeignet erscheint. Ich erlaube mir<br />

eine Abschrift beizulegen, vielleicht findet es in Ermangelung<br />

von Besserem auch Ihren Beifall! Es 1st von<br />

Max Reiny <strong>und</strong> findet sich bei Maximilian Bern, Deutsche<br />

Lyrik seit Goethes Tode; Leipzig, bei Ph. Reclam.<br />

Ich. woilte in diesen Ferien bestijnmt nach MUnchen kommen<br />

<strong>und</strong> mit Walters das Qumntett in etwas erneuter Gestalt<br />

studiren. Nun 1st meine Herreise nach Heidelberg<br />

plötzlich nothwendig geworden. Franz WUllner möchte<br />

mich wiederholt nach Köln ziehen als Nachfolger S.<br />

de Lange (Orgel), bletet für die "Professur am Conservatoriuni"<br />

3000 Mk, <strong>und</strong> stellt inir neben Concerten etc.<br />

auth. die Direktion des Kölner Männergesangvereins in<br />

Aussicht (1200 14k.). Das hat nun viele Schreiberejen<br />

<strong>und</strong> Lauferelen zur Folge gehabt <strong>und</strong> auch den Erfolg,


- 21 -<br />

daB ich Einsicht nehrnen konnte von dem guten Willen des<br />

Ministeriums, mich bier zu halten.<br />

Ich will mit Walters zwischen 12. <strong>und</strong> 22. November in<br />

Leipzig (Gewandhaus) spielen <strong>und</strong> werde es nun so machen,<br />

daB ich einige Tage vor jener Zeit in München eintreffe<br />

<strong>und</strong> probe. Vielleicht bittet Herr Walter bei Ihnen urn<br />

einige empfehlende Worte an Reinecke oder einen Ihrer<br />

Leipziger Bekannten. Darf ich meine Bitte dazufUgen?<br />

Verzeihen Sie, hochverehrter Herr Professor, meine grot3e<br />

Freiheit. Unter vielen Empfehlungen an Sie <strong>und</strong> die gnädige<br />

Frau Ihr dankbar ergebener Schüler<br />

Ph. Wolfrurn.<br />

Am 26.9. schreibt Rheinberger wunschgemal3 einen vierstimmigen<br />

Männerchor "Vorwärts" (WoO 12), Text von<br />

Max Remy, zur Fiinfh<strong>und</strong>ertjahrfeier der Universitt<br />

Heidelberg. Wolfrum antwortet begeistert:<br />

Hochverehrter Herr Professor!<br />

Meinen herzlichsten ergebensten Dank dafiir, daB Sie<br />

überhaupt auf meine Bitte <strong>und</strong> den eingesendeten Text<br />

eingegangen sind, <strong>und</strong> daB Sie (was eben auch nur Ihnen<br />

m6glich 1st) in so unbegreiflich kurzer Zeit meinen<br />

Wunsch erfüllt haben. Meine näheren Bekannten unter<br />

den Mitgliedern der Jubiläumscomrnission sind wie ich<br />

entztickt von dieser wertvollen Acquisition; sie ist bereits<br />

in Händen des Vorsitzenden.<br />

DaB ich Alles einsetzen werde, urn die Composition Ihren<br />

Intentionen gemäB aufzufUhren - davon dUrf en Sie, hochverehrter<br />

Herr Professor, überzeugt sein. Ubrigens ist<br />

die Composition so unmittelbar packend, daB sie die<br />

schlechteste AuffUhrung nicht verwiisten kann.<br />

In Folge meines Hierbleibens wurde mir auBer Ihrer fre<strong>und</strong>lichen<br />

Zustimmung auch noch eine "klingendet' Anerkennung<br />

von nicht unbeträchtlicher Höhe als Gehaltszulage, sowie<br />

em sehr liebenswilrdiges Schreiben aus dem Ministerium<br />

zu Teil.<br />

Mein Bach-'Verein, den ich hier im Sommer gründete, blüht<br />

<strong>und</strong> gedeiht <strong>und</strong> wird im 1. Concert Bachs "Ich hatte viel


- 22 -<br />

Bekümmernis" <strong>und</strong> Beethovens Messeop. 86 bringen.<br />

Bleiben Sie, hochverehrter Herr Professor, fre<strong>und</strong>lich<br />

gesinntlhrem dankbaren ehemaligen Schfller<br />

Heidelberg 2.10.85<br />

Ph. Wolf rum.<br />

Felix Alexandre Guilmant (1837-1911), dem Rheinberger<br />

seine 9. Orgelsonate widmete, bedankt sich mit folgenden<br />

Zeilen.<br />

Meudon (Seine-et-Oise)<br />

10, Chemin de la Station<br />

Le 2 octobre 1885.<br />

Cher Monsieur,<br />

Je vous suis bien reconnaissant de m'avoir ddi& votre<br />

dernire Sonate /op. 142/ pour l'orgue. J'ai lu cette<br />

belle oeuvre et je la jouerai avec un tres grand plaisir<br />

dans mes concerts.<br />

Permettez-moi aussi, cher Monsieur, de vous dire cornbien<br />

j'aime votre huitime sonate en mi mineur! C'est<br />

ainsi que celle qui m'est ddiê, uns magnifique composition;<br />

la Passacaille est superbe.<br />

Lorsque je reprendai mes concerts au Trocadro, a Paris,<br />

le printemps prochain, je compte rejouer votre beau concert<br />

qul a &tê si bien accueilli lean dernier, et cette<br />

fois j'y intercalerai la cadence que vous m'avec envoyêe.<br />

Peut4tre, d!ici au inois d'avril, êcrivez-vous quelque<br />

chose pur orgue et orchestre, et je serais fort content<br />

de le savoir af in de l'excuter. Mon orchestre se compose<br />

habituellement des instruments a cords et des Hautbois,<br />

employes par Handel dans ses concerts.<br />

Veuillez de nouveau agrer mes plus sincares remerciments<br />

et croyez-nioi, cher Monsieur, avec les sentiments les plus<br />

distingues<br />

A Mr. J. Rheinberger<br />

Votre tout dêvou&<br />

Alex. Guilinant.


- 23 -<br />

Wenig beachtet wurde bislang der Elnflu2, den Rheinberger<br />

mittelbar durch seine amerikanischen SchUier auf<br />

das Musikieben der Ostküste der USA ausllbte, gait es<br />

doch in den 70cr <strong>und</strong> 80cr Jahren ais unabdingbare Voraussetzung<br />

für elne Karriere als etablierter Musiker an<br />

amerikanischen Musikinstituten bei Rheinberger in München<br />

studiert zu haben.<br />

Em Beispiel, dem sichweitereanfügen lassen, 1st Horatio<br />

William Parker (1863-1919), der 1881-84 in München<br />

Rheinbergers Schüler war, dann unter Dvorak als<br />

Lehrer am Natlonal-Konservatorium wirkte <strong>und</strong> als Organist<br />

<strong>und</strong> Chordirektor in New York tätig war. 1894 erhielt<br />

er ersten Ruf als Professor für Musik an der Yale-<br />

University zu New Haven <strong>und</strong> für scm Oratorium "Hora<br />

Novissima", dasseinenRuf als Komponisten zunächst in<br />

Amerika schnell verbreitete, wurde er 1902 mit dem<br />

Cambridger Ehrendoktor ausgezeichnet. Parker schreibt<br />

am 11. Oktober 1885 an Rheinberger:<br />

Garden City, 11.10.85<br />

Sehr geehrter Herr Professor!<br />

Mit Freude erfUlle ich jetzt mein Versprechen, Ihnen<br />

zu schreiben, <strong>und</strong> bin von Herzen froh <strong>und</strong> dankbar,<br />

dass ich schon etwas so angenehmes berichten kann.<br />

Ich habe nHmlich jetzt eine feste <strong>und</strong> sehr gute Stellung<br />

als Lehrer an elner grossen Knabenschule hier<br />

in Garden City, eine St<strong>und</strong>e von New York entfernt.<br />

Ich werde ungefähr vierzig Schüler <strong>und</strong> Schülerinnen<br />

(es 1st eine Mädchenschule mit der für Knaben verb<strong>und</strong>en),<br />

die fast meine ganze Zeit in Anspruch nehmen<br />

werden, /unterrichten/.<br />

Es sind die Schulen, was man in Deutschiand Institute<br />

nennt, da die SchUier alle im Gebäude leben.<br />

Wenn ich eine noch grössere Anzahl Schüler haben<br />

solite, würde ich einen Hilfslehrer haben mUssen,<br />

da ich doch etwas Zeit für Komposition behaiten will.<br />

/Folgt eine langere Schilderung des Schul<strong>lebens</strong>/.<br />

Die erste Zeit meines Hierseins babe ich in Boston<br />

verbracht, wo ich unter den dortigen Musikern viele Annehmlichkeiten<br />

genoss, well ich em SchUler von Ihnen<br />

war. Vor einigen Tagen habe ich das VergnUgen gehabt,


- 24 -<br />

eine sehr gute AuffUhrung der OuvertUre in C von Herrn<br />

Whiting anzuhören. Sie wurde bei einem Musikfest in<br />

Worcester, unweit von Boston, gespielt <strong>und</strong> hat sehr gefallen.<br />

Herr Russ war auch da, <strong>und</strong> eben am selben Tag<br />

ist Chadwick von Europa zurückgekehrt. Es hat also eine<br />

Zeitlang fast wie in München ausgesehen unter Ihren<br />

Schülern.<br />

Herr Parkhust ist in New York <strong>und</strong> wird bald einen Besuch<br />

von mir bekommen. Ich habe Brief e an den Herrn Thomas<br />

<strong>und</strong> Van der Stucken in New York <strong>und</strong> hoffe, dass ich<br />

durch Ihre Vermittlung etwas auffUhren lassen kann während<br />

des Winters.<br />

Herrn Prof. Baermann habe ich leider nur einen ganz<br />

kleinen Besuch machen können vor meiner Abreise von Boston.<br />

Er scheint sehr ges<strong>und</strong> zu sein <strong>und</strong> hat natUrlich<br />

/viel/ zu thun. Ich hoffe ihn jedoch wieder zu treffen<br />

in der Weihnachtsvakanz, da er sich em Haus genommen<br />

hat in Newton, wo auch mein Vater wohnt.<br />

Zum Schlusse bitte ich Ihre gnBdige Frau auf's Schönste<br />

zu grüssen von mir, <strong>und</strong> dass Sie mich in angenehmer Erinnerung<br />

behalten als Ihr ergebenster Schüler<br />

H.W. Parker.<br />

Am 13. November 1885 schreibt Rheinberger dann aus München<br />

an semen Bruder in Vaduz einen Brief, der erneut<br />

sein besonderes Interesse für seine liechtensteiner Verwandten<br />

bek<strong>und</strong>et <strong>und</strong> RUckblenden auf seine Feldkircher<br />

Lehrzeitbei Chorregent Philipp Schmutzer <strong>und</strong> seinem<br />

ehemaligen dortigen Quartierherren Schrammel enthält:<br />

13. November 1885<br />

Mein lieber David!<br />

Nun sind es schon em paar Monate, seit wir Abschied genommen<br />

<strong>und</strong> noch haben wir beide seit dieser Zeit nichts<br />

voneinander gehört - somit will wenigstens ich das Stillschweigen<br />

brechen <strong>und</strong> em Lebenszeichen von mir geben.<br />

Wir gingen damals auf em paar Tage nach Bregenz, sodann<br />

Uber Lindau noch auf 8 Tage an den Starnberger See, der


- 25 -<br />

mir besonders sympathisch 1st,- <strong>und</strong> waren (bei bestandig<br />

schönem Wetter) dort sehr vergnügt. Am 17. September ging<br />

es nach MUnchen in's Musikjoch zurUck. Mister Schmutzer<br />

mit Sohn war bereits da, urn mich zu erwarten. Letzterer<br />

scheint fleiBig <strong>und</strong> strebsam zu sein, wenigstens sind<br />

seine Lehrer mit ihrn zufrieden. - Anfang November war Ich<br />

nach Regensburg zu einer groBen AuffUhrung melnes Christophorus<br />

(circa 230 Sanger) eingeladen; Ich ging hin <strong>und</strong><br />

wurde gehörig fetiert. Die Stadt, die Ich Ubrigens schon<br />

kannte, 1st für unser elnen, der gerne alterthUmelt, sehr<br />

schön. Hr. Stiftsdekan Gmelch 11e13 mich bitten, ihn zu<br />

besuchen, da er krankheitshalber nicht ausgehen könne.<br />

Ich suchte ihn auf <strong>und</strong> f and ihn sehr gealtert <strong>und</strong> mit<br />

schneeweit3en Haaren. Er hängt noch mit ganzer Seele an<br />

Liechtenstein <strong>und</strong> wolite mich gar nicht mehr fortlassen.<br />

Er korrespondire fleil3ig mit Herrn von Hausen in Innsbruck,<br />

der auch eine ähnliche Sehnsucht nach Vaduz haben<br />

soil. Herr Gmelch erk<strong>und</strong>igte sich sehr nach Dir <strong>und</strong> Peter<br />

<strong>und</strong> 1H13t Euch aufs herzlichste grUf3en.- Auch Herr<br />

Jul. Maier grUl3t bestens <strong>und</strong> scheint mir neuestens ebenf<br />

ails sehr gealtert zu sein. Prof. v. SchafhHutl ist zum<br />

erstenmal in seinem 82jEhrigen Leben krank (Gicht),<br />

trotzdem aber bei gutem Humor; er 1st eben em wahrer<br />

<strong>und</strong> richtiger Philosoph, von dem man lernen könnte. Wie<br />

ich der Liechtensteinischen Zeitung entnahm, seid Ihr<br />

wieder mit knapper Noth einer RheinkalamitEt entgangen;<br />

1st denn die Correction noch nicht genUgend? - Wenn ich<br />

wieder nach Vaduz komme, möchte ich einmal ordentlich<br />

schön Wetter haben; auch gibt es Immer während unserer<br />

Anwesenheit em Begräbnif3 um's andere - es 1st fast ominös,<br />

da doch im Jahr in Vaduz höchstens 18 Todesfälle<br />

sein werden. Herr Schmutzer sagte mir auch, dal3 Hr. Schrammel<br />

in Hermannstadt gestorben sei, was Ihr gewit3 noch<br />

nicht wul3tet; ich habeihn zum letztenmal 1858 gesehen,<br />

als er mich in MUnchen aufsuchte. Er soil in letzter Zeit<br />

einen hohen Rang bekleidet haben.<br />

Sage Peter <strong>und</strong> seiner Familie, der lieben Schwägerin<br />

<strong>und</strong> Hermine, Olga <strong>und</strong> Emma die herzlichsten Grüf3e. Egon<br />

wird wieder tapfer in Feldkirch darauf losstudiren; ich<br />

bin begierig, weichen Lebensberuf er wEhien wird.<br />

Und nun 1st die Reihe wieder an Dir zu respondiren <strong>und</strong><br />

erwarte ich Dein "Oremus". Meine Frau grüf3t bestens <strong>und</strong>


somit "epistola finita."<br />

Dein alter Bruder <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong><br />

Monachii die 13 Novembris<br />

1000,800 <strong>und</strong> 5 <strong>und</strong> 80.-<br />

Philipp Woifrum schreibt:<br />

- 26 -<br />

Josef Rheinberger.<br />

Heidelberg am 11.11.85.<br />

Hochgeehrter Herr Professor!<br />

Ich erlaube mir, Ihnen das Quartett <strong>und</strong> die Chorcomposition<br />

"Das gro8e Halleluja" zur gefHlligen Durchsicht<br />

zu übersenden. Ich hätte gem noch die 60 Choralvorspiele<br />

<strong>und</strong> das Clavierconcert beigelegt, aber erstere werden<br />

nach neuesten Mitteilungen erst in Ca. 3 Wochen vom<br />

Stich kommen, letzteres 1st immer noch nicht ganz fertig.<br />

Die Arbeiten der letzten Wochen sind so riesige<br />

gewesen <strong>und</strong> sind es auch bis Weihnachten, daB mir die<br />

Fertigstellung des Concertes in diesem Jahr kaum gelingen<br />

wird. Ich habe allein 5 mal Abends Chorprobe in der<br />

Woche. Der Bach-Verein zählt bis jetzt 110 Damen; am<br />

12. November werden die "Eintrittsthüren" geschlossen<br />

werden <strong>und</strong> vor Ablauf eines Jahres Niemand mehr aufgenommen.<br />

Das Quintett hab ich liii letzten Satz mit einer, das<br />

folgende rondoartige Gebilde begrtindensollenden Emleitung<br />

versehen, vieles im "Rondo" selbst gestrichen,<br />

manches geändert. Zu elnem völlig neuen Satz konnte<br />

ich's nicht bringen. Manches des zuruckgelegten Satzes<br />

war mir lieb geworden. Ich spielte das Quintett am 24.<br />

October mit Heckmann's in Karisruhe mit vielem Erfoig.<br />

Heckmann 1st jetzt Feuer <strong>und</strong> Flamme für meine bescheidenen<br />

Sachen. Mein Quartett wird er in diesem Monate<br />

noch in England spielen (am 8. April brachte er's in<br />

Köln), mein Quintett möchte er mit mir in den Osterferien<br />

in verschiedenen rheinischen StHdten spielen.<br />

Es fehlt mir nur noch em Verleger, der mir etwas zahlt.<br />

Spitzweg gibt garnichts heraus <strong>und</strong> ist gegen Buchhänd-


- 27 -<br />

ler, die etwas zur Ansicht wollen, nicht sehr höfllch.<br />

Könnten Sie, Herr Professor, mir nicht einen Leipziger<br />

Verleger empfehlen, d.h. eventuell mich einem soichen?<br />

Heckmann nannte mir Adressen, aber ich möchte nicht an<br />

mehrere schreiben <strong>und</strong> mit mebreren zu thun haben. H/eckmann!<br />

setzte mein Quartett <strong>und</strong> Qulntett für ständig aufs<br />

Repertoire <strong>und</strong> auch Joachim hat nach Wihan's Aussage das<br />

Quartett in Aussicht genommen.<br />

I...! Das Opus /"Grotes Halleluja"/ 1st für das JubiiHum<br />

geschrieben, für elnen grolen Raum, der kelne mitwirkungsfähige<br />

Orgel hat - da muf3te ich hie <strong>und</strong> da etwas<br />

starke Farben auftragen.<br />

Vincenz Lachner war kürzlich bei mir <strong>und</strong> hat so begeistert<br />

von Ihnen gesprochen, daf ich den alten Herrn<br />

selbst lieb gewann.<br />

In der Hoffnung, da6 Ihr Befinden, hochverehrter Herr<br />

Professor, das beste 1st, mich zugleich Ihnen <strong>und</strong> der<br />

gnHdigen Frau höflichst empfehlend, bin ich Ihr stets<br />

dankbar ergebener<br />

Ph. Woifrum.


- 28 -<br />

Sehr geehrter Herr Professor!<br />

Meinen herzlichsten Dank für Ihre gutige Durchsicht meiner<br />

beiden opuscola. Erlauben Sie, dal3 ich in Betreff<br />

Ihres nun in Druck gehenden Chores mir elnen Wunsch <strong>und</strong><br />

Bitte erlaube: Möchten Sie Ihrer Titelangabe "zum 500'<br />

jHhrigen JubilEum der UniversitEt Heidelberg componirt"<br />

nicht noch beisetzen "<strong>und</strong> dem akademischen Gesangverein<br />

Heidelberg zugeeignet?"<br />

Sie wilrden diese Auszeichnung gewil3 nicht unmusikalischen<br />

<strong>und</strong> <strong>und</strong>ankbaren SHngern zuwenden! Am 1. MHrz findet<br />

unter Zuhilfenahme des Herrenchors vom Bach-Verein<br />

eine Aufführung Ihres immer <strong>und</strong> Uberall begeisternd wirkenden<br />

"Thai des Espingo" statt. Da Ihr Name hier ielder<br />

kaum anders als aus Zeitungen bekannt 1st, so 1st der<br />

Jubel ob dieser schönen Musik umso grof3er.<br />

Darf ich Sie urn eine fre<strong>und</strong>liche Notlz in der angedeuteten<br />

Frage bitten?<br />

In ausgezeichneter Verehrung Ihr stets ergebener Schüler<br />

Heidelberg, 15.1.86<br />

Ph. Woifrum.<br />

Der Berliner Tonkünstlerverejn hatte im Oktober 1884<br />

einen Preis von 300 Mark für em Kiavierquartett ausgeschrieben.<br />

Richard Eichberg (1855-1921) bedankte sich als Schrif tführer<br />

des Vereins für Rheinbergers Zusage, als Juror<br />

zu fungieren:<br />

Berlin, den 31.Oct.1885.<br />

Hochgeehrter Herr Professor!<br />

Im Anschluss an Ihre gUtige Zusage, bel der vom Berliner<br />

TonkUnstlerverein ausgeschriebenen Concurrenz auf<br />

em Klavierquartett das Preisrichteramt ausüben zu wollen,<br />

beehre ich mich, Ihnen rnitzutheiien, dass wir die<br />

das betr. Packet enthaitende Kiste (mit 21 Quartetten)<br />

der Post nunmehr übergeben, dieselbe somit in den nHchsten<br />

Tagen bei Ihnen eintreffen muss. Nach beendeter<br />

Durchsicht bitten wir ergebenst, sich bei der - seibst-


- 29 -<br />

redend unfrankirten - RUcksendung gef 1. derselben Kiste<br />

sowie der auf der Rückseite des Deckels bereits vorgezeichneten<br />

Adresse (Simrock'sche Musikhandlung, Theodor<br />

Barth, Berlin W, Mohrenstr. 21) bedienen zu wollen,<br />

<strong>und</strong> schliesse ich gleichzeitig daran die höfliche Bitte,<br />

mir den Empfang der Sendung mittels Postkarte fre<strong>und</strong>lichst<br />

zu bescheinigen.<br />

Sodann gestatte ich mir, Folgendes zur Sprache zu bringen:<br />

Indem ich, wie Ihnen tibrigens zweifellos bekannt,<br />

nochmals constatire, dass die beiden andern Herren,<br />

welche sich zur Uebernahme des Preisrichteramts ebenfalls<br />

fre<strong>und</strong>lichst bereit erkiErt haben, die Herren Professoren<br />

Dorn-Berlin <strong>und</strong> Wiillner-Ctiln sind, bemerke ich,<br />

dass es sich herausgesteilt hat, dass eine kleine Anzahl<br />

von Werken gleichwerthig erscheint, <strong>und</strong> somit eine positive<br />

Entscheidung erschwert ist. Es ist daher der Wunsch<br />

eines der Herren Preisrichter - <strong>und</strong> der Verein hat sich<br />

diesem Wunsche angeschlossen - die andern beiden Herren<br />

zu ersuchen, - falls Sie nicht dennoch em Werk als das<br />

unweigerlich beste erachten soliten - diejenigen Werke<br />

bezeichnen zu wollen, welchen gemeinsam em Anspruch auf<br />

den Preis zuerkannt werden mtichte. Durch Vergleichung<br />

der verschiedenen Urtheile, welche sich mit Majorität<br />

schliesslich doch auf em Werk vereinigen dürften, wird<br />

alsdann der Verein leichter in der Lage sein, die endgUltige<br />

Entscheidung zu treffen, bzw. em oder das ande.re<br />

Werk ausserhaib des preisgekronten zu beloben.<br />

Indem ich nunmehr zum Schiuss nochmals Gelegenheit nehme,<br />

für die grosse MUhewaltung, der Sie sich mit einer<br />

so liebenswurdigen Bereitwilligkeit zu unterziehen gedenken,<br />

den ergebensten Dank des Vereins auszusprechen,<br />

zeichne ich in vorzUglicher Hochachtung<br />

i.A.<br />

Richard Eichberg<br />

Schriftfjihrer des Berliner TonkUnstlerverejns<br />

Berlin, S.O.16, Köpenickerstr. 117.<br />

Am 10.1.1886 schreibt Eichberg an Rheinberger:<br />

Hochverehrter Herr Professor!<br />

Im Auftrage des Berl. TonkUnstlervereins habe ich die


- 30 -<br />

Ehre, Ihnen anzuzeigen, daB derselbe, nachdem in der<br />

letzten Sitzung die Gutachten miteinander verglichen,<br />

das mit dem Motto: "Tonkunst, die vielberedte, sie ist<br />

zugleich die stumme etc." versehene Werk, für das sich<br />

auch Herr Prof. Wüllner ausgesprochen hat, prHmiiren<br />

wird. Die öffnung des bezflglichen Couverts ergab als<br />

Autor Richard Strauss - Meiningen.<br />

Indem ich Ihnen, hochverehrter Herr Professor, namens<br />

des Vereins für die unendliche Mühewaltung, der Sie<br />

sich mit elner so liebenswürdigen Bereitwilligkeit<br />

unterzogen haben, nochmals unseren aufrichtigsten <strong>und</strong><br />

ergebensten Dank ausspreche, zeichne ich<br />

mit dem Ausdruck der vorzüglichsten<br />

Hochachtung<br />

l.A.<br />

Richard Eichberg<br />

Schriftführer des Ben. Tonkünstlervereins<br />

Berlin S.0.16, Köpenickerstr. 117.<br />

Wüllner hatte Straussens op. 13 auf den ersten Platz,<br />

Rheinb.erger allerdings nur auf Platz 2 gesetzt, wHhrend<br />

Dorn das Werk für den achten Platz einreihte.<br />

Der Preisträger war gerade für em halbes Jahr in Meiningen,<br />

wo er als Nachfolger H.v. Bülows gr<strong>und</strong>legende<br />

Erfahrungen als junger Dirigent sammelte.<br />

Der zwanzigjährige Strauss, der damals schon mit dem<br />

Gedanken an eine Ubersiedlung nach MUnchen umging, bedankte<br />

sich, ohne die Entscheidung der Preisrichter im<br />

einzelnen zu kennen, bel Rheinberger mit folgenden<br />

Ze il en:<br />

Hochverehrter Herr Hofkapellmeister!<br />

Meiningen, den 13.1.1886<br />

Gestern wurde mir die freudige Nachricht überbracht,


- 31 -<br />

daIs das von mir zu der vom Berliner TonkUnstlerverejn<br />

ausgeschriebenen Concurrenz, bei der auch Sie als Preisrichter<br />

fungierten, eingesandte Klavierquartett in Cmoll<br />

preisgekront worden ist. Nachdem die Einsendung<br />

anonym war, kann ich zwar nicht meinen herzlichsten Dank<br />

aussprechen, doch möchte ich nicht versäumen, Ihnen zu<br />

sagen, wie hoch erfreut <strong>und</strong> geehrt ich mich durch Ihren<br />

Entscheid gefiihlt habe. Derselbe ist mir eine grol3e Aufmunterung<br />

für meine weitere Künstlerlaufbahn <strong>und</strong> wird es<br />

nicht mein geringstes Streben sein, mich durch stete<br />

Vertiefung meiner künstlerischen Leistungen Ihres mich<br />

so hoch beglUckenden Entscheides wilrdlg zu erweisen.<br />

Genehmigen Sie meine herzlichsten GrUl3e, auch an Ihre<br />

hochverehrte Frau Gemahlin, <strong>und</strong> den Ausdruck der ausgezeichnetsten<br />

Hochachtung Ihres aufrichtig ergebenen<br />

Richard Strauss.<br />

Georg Niedermayer, kgl. Seminarinspektor <strong>und</strong> Chordirektor<br />

von St. Emmeran in Regensburg schreibt an Josef<br />

Rheinberger:<br />

Regensburg, 26.1.1886.<br />

Ex. Hochwohlgeboren!<br />

Beehre mich Ihnen mitzutheilen, daI3 ich heute beim<br />

Trauergottesdienste der verstorbenen FUrstin Mathilde<br />

von Thurn <strong>und</strong> Taxis Ihr grol3es Requiem, dieses herrliche<br />

Prachtwerk, mit meinen Chorkräf ten zur AuffUhrung<br />

brachte. Der SEngerchor bestand aus circa 60<br />

Personen, 36 Knaben <strong>und</strong> 24 Männerstimmen; Streichquartett<br />

babe ich 4 <strong>und</strong> 3 fach besetzt, die Ubrige<br />

Instrumentation 1 fach.<br />

Die Wirkung war elne grol3artige; sämtlicbe Sänger <strong>und</strong><br />

Musiker waren geradezu begeistert <strong>und</strong> entzUckt. Meine<br />

Soprane haben das hohe b in "dies irae" <strong>und</strong> "benedictus"<br />

mit fulminanter Begeisterung gesungen; Uberhaupt<br />

haben die Knabenstimmen, verstErkt durch Dom <strong>und</strong> alte<br />

Kapelle, eminent durchschlagend gewirkt. Ich hätte Sie<br />

hier als Zuhörer gewUnscht. - Bei der kurzen Zeit, die<br />

mir für die Proben gegönnt war - 3 Tage - bin ich im


- 32 -<br />

Grot3en <strong>und</strong> Ganzen mit dein Resultat sehr zufrieden; ich<br />

habe das groltentei1s der Begeisterung <strong>und</strong> Aufnierksamkeit<br />

der Sänger <strong>und</strong> Musiker zu verdanken. Meitie Sänger<br />

kennen nämlich Ihre Compositionen so ziemlich aus Motetten,<br />

Psalmen, Stabat mater - das ich voriges Jahr mit<br />

grol3em Effekt zur Aufführung brachte - darum konnte ich<br />

mit verhältnisma8ig wenigen Proben - 2 Gesangs- <strong>und</strong> 1<br />

Generaiprobe - das grol3e Unternehmen wagen <strong>und</strong> - zu rneiner<br />

gro8en Freude - ist das Werk gelungen.<br />

Aber das Werk lobet den Meister. 1st das em frommes,<br />

grol3artiges, majestätisches, inniges opus! Dabei ganz<br />

<strong>und</strong> gar von kirchlichern Geiste durchweht.<br />

Ich ziehe nun Ihre Kirchencompositionen immer mehr in<br />

mein Repertoire herein; wenn ich nur em Verzeichnis<br />

Ihrer irn Druck erschienenen Kirchenmusikalien in die<br />

Hand bekäme, sowie Ihrer sonstigen Gesangs-Cornpositionen.<br />

Als ich in den Jahren 1865-1868 in München in St.<br />

Johann, bei geisti. Rat Nissl war, hatte ich mehrmals<br />

das Vergnugen, mit Ihnen personhich zusamrnenzukommen;<br />

meine Wenigkeit wird Ihnen freilich - ich war damals<br />

junger Geistlicher <strong>und</strong> Philologe - nicht mehr erinnerlich<br />

sein. I...!<br />

Mit vorzuglicher Hochachtung Ew. Hochwohlgeb. ergebener<br />

Gg. Niedermayer. Kgl. Seminarinspektor <strong>und</strong> Chorregent<br />

von St. Emmeran.<br />

Rheinbergers ehemaliger Lehrer <strong>und</strong> alter Fre<strong>und</strong>, der<br />

Organist Johann Georg Herzog, Universitätsrnusikdirektor<br />

zu Erlangen, schreibt an Josef Rheinberger:<br />

Erlangen, 28.1.1886.<br />

$ehr verehrter Fre<strong>und</strong>!<br />

Beifolgend sende ich Dir I Exemplar von der neuen Auflage<br />

meiner Orgelschule. Ich habe mir erlaubt, auf dern<br />

Dedikationsblatt Deinen verelirten Namen beizuftigen, eminal,<br />

urn Dir damit einen schwachen Beweis meiner Verehrung<br />

<strong>und</strong> Anhänglichkeit zugeben, <strong>und</strong> dann, urn damit den<br />

vielen SchUlern, welche diese Schule gebrauchen, em<br />

Erinnerungszeichen an unser gerneinsames Streben auf die-


- 33 -<br />

sem Gebiet vor Augen zu stellen. Hoffentlich 1st Dir<br />

mein Vorgehen nicht unangenehm; die Sache kam mir<br />

wenigstens aus dem Herzen.<br />

Die Schule hat sich im Laufe der Zeit eine grol3e Verbreitung<br />

verschafft; es gehen alljährlich ilber 100 Exemplare<br />

nach Amerika. Bel der nächsten Auflage, wenn<br />

ich sie noch erlebe, habe ich eine umfassende Umarbeltung<br />

vor.<br />

Wie ich höre, geht es Dir gut, <strong>und</strong> dief3 zu hören 1st<br />

mir stets sehr angenehm.<br />

Mit den besten Empfehlungen an Deine hochverehrte Frau<br />

Gemahlin Dein alizeit getreuer Fre<strong>und</strong><br />

J.G. Herzog.<br />

Noch einmal bedankt sich Philipp Wolf rum:<br />

Hochverehrter Herr Professor!<br />

Sie werden nun den Dank des Heldeiberger akademischen<br />

Gesangvereins dafUr, da2 Sie Ihre Festcomposition in<br />

so überaus fre<strong>und</strong>licher <strong>und</strong> liebenswurdiger Weise demselben<br />

widmeten, entgegengenommenhaben. Erlauben Sie<br />

mir, daB auch Ich meinen herzlichen Dank daran knüpfe,<br />

bittend, daB Sie mir die Verzögerung des Ausdrucks<br />

ineiner Dankbarkeit nicht tibel nehmen möchten. Hauptursache<br />

davon 1st mein Unwohlsein seit Anfang Februar,<br />

nämlich elne totale Heiserkeit, der zumTrotz ich groBe<br />

Chor- <strong>und</strong> Orchesterproben halten muBte, dainit am 22.<br />

Februar das Concert des Bach-Vereins <strong>und</strong> am 28. das<br />

des akademlschen G.V.s stattfinden konnte; durch allerlel<br />

Arzneimittelchen mul3te ich inich einigermaBen<br />

Uber dem Wasser zu halten suchen, damit die gute musikalische<br />

Sache siege.<br />

Und es ist gegliickt, auch ich habe heute für's JubiiEumvollständlgdas<br />

Heft in der Hand; der Bach-Verem<br />

<strong>und</strong> der akademische Gesangvereln stellen elnen<br />

Festchorvon 200 Singenden. Lassen Sie mich Ihnen nun<br />

auch sagen, daB Studenten <strong>und</strong> Philister <strong>und</strong> Alles, was<br />

da musikalisch 1st, Feuer <strong>und</strong>Flammelst für das Thai<br />

des Espingo <strong>und</strong> daB die nächste Folge der AuffUhrung


- 34 -.<br />

war, da8 sofort verschiedene Chorwerke von Ihnen in Privatmusikvereinen<br />

in Angriff genommen wurden. Im nächsten<br />

Jahre wird Ihr Name auf den Concertprogrammen jedes Mal<br />

mit Freuden begrul3t werden.<br />

Ich babe mir in Heidelberg einen groBen Wirkungskreis<br />

/geschaffen/: auBer wöchentlich 10 St<strong>und</strong>en Vorlesung <strong>und</strong><br />

Ubung - 2 Chorvereine, das Mit eines Univers.-Organisten,<br />

einige Abonnementsconcerte, neuerdings die Direction de<br />

sämintlichen badischen Landeskirchengesangvereine (mit ca.<br />

4500 Mitgiiedern), weiche alle 2 Jahre em Kirchengesangfest<br />

veranstalten.<br />

Da babe ich denn immer aufs neue Gelegenheit, wahrzunehmen,<br />

wie viel ich Ihnen, hochverehrter Herr Professor,<br />

verdanke. Mit Versicherung meiner stetigen herzlichen<br />

Dankbarkeit <strong>und</strong> unter vielen Empfehiungen an Sie <strong>und</strong> Ihre<br />

hochverehrte Frau Gemahlin bin ich<br />

Ihr treu ergebener ehemal. Schüler<br />

Schwarzenbach am Wald,<br />

30. März 1886.<br />

Ph. Woifrum.<br />

Die öffentliche Meinung in Sachen Musik, so wie sie für<br />

die Mitte der achtziger Jahre in MUnchen als typisch bezeichnet<br />

werden darf, spiegelt die nachfolgende Kritik<br />

aus der 2. Beilage zur Aligemeinen Zeitung wider:<br />

Die Musikalische Akademie gab am Mittwoch den 24. d. M.<br />

ihr zweites Abonnementsconcert unter Mitwirkung der Concertsängerin<br />

Fri. Marie Schmidtlein aus Berlin <strong>und</strong> des<br />

Violonceil-Virtuosen Hrn. Julius Kiengel aus Leipzig.<br />

Fri. Schmidtlein sang eine Arie der Dejanira aus dem<br />

Händel'schen Oratorium "Herakies" <strong>und</strong> drei Liedèr aus<br />

dem Zykius "Aus verborgenem Thai" op. 136, von Joseph<br />

Rheinberger. Die bedeutenden künstlerischen Fähigkeiten,<br />

welche uns neulich im Concert des Oratorjenvereins an<br />

Fri. Schmidtlein so angenehm auffieien, kamen auch im<br />

Odeon zu schönster Geitung; eine äuBerst sympathische<br />

groBe Stimme, musikaiisches Verständnig <strong>und</strong> em durchaus<br />

durchdachter geschmackvolier Vortrag. Der Stimme Fri.


- 35 -<br />

Schmidtieins fehit nur eine sonore Tiefe, urn em voiiiger<br />

Alt zu sein. Diesem Manco 1st es zuzuschreiben, wenn es<br />

der Sängerin nicht immer gelang, an den entfernteren Plätzen<br />

des gro2en Saaies verständiich zu bieiben. Dies gilt<br />

besonders von der Händei'schen Arie, die vorn Orchester begleltet<br />

wurde. Händeis Oratorium "Herakies" wurde 1744 zu<br />

London aufgefUhrt - nebenbei bemerkt ist kaurn em anderes<br />

Sujet von der Oper <strong>und</strong> vom Oratorium so ausgebeutet worden<br />

wie der Herkules-Mythos - die Arle der Dejanira bringt der<br />

Sangermn nicht zu unterschätzende Schwierigkelten entgegen,<br />

weiche Fri. Schmidtiein aber mit Sicherheit überwand. Höher<br />

stand uns die Leistung des Gastes in den drei hier zum ersten<br />

Male öffentlich gesungenen Liedern Rheinbergers, weiche,<br />

wenn wir nicht irren, auch ihr gewidmet sind. Wir hatten<br />

einmal Gelegenheit, fast den ganzen Zykius von Eugen<br />

Gura vorgetragen zu hören, <strong>und</strong> diesen unverge2lichen Emdruck<br />

zu verwischen geiang Fri. Schmidtlein alierdings<br />

nicht, doch erwarb sich die Sangermn auch hier wiederhoit<br />

herzilchen Beifail. Der Lieder-Zykius "Aus verborgenem Thai",<br />

dessen hochpoetischer Text die Gattin des Componisten, unter<br />

dem Namen F.v. Hoffnaaf3 ais feinsmnnige Dichterin bekannt,<br />

zum Autor hat, gehört mit zu dem Bedeutendsten, was wir an<br />

moderner Gesangsiiteratur besitzen. Von den drei vorgetragenen<br />

Liedern "Kiage", "Sehnsucht" <strong>und</strong> "Wiederfinden" hat<br />

uns immer das erste durch die Tiefe seiner in Wort <strong>und</strong> Ton<br />

verkorperten Ernpfmndung am meisten zu Herzen gesprochen. In<br />

Herrn Kiengel lernten wir einen ganz vorzuglichen Celiisten<br />

kennen; ais solcher zeigte er sich In seinem eigenen Cello-<br />

Conzert <strong>und</strong> in den zwei kieineren Ceiio-EtUden, "Air" von J.<br />

S. Bach <strong>und</strong> "Elfentanz" von D. Popper. Den Ceilisten Klengei<br />

steilen wir jedenfalis höher als den Componisten, sein Cello-<br />

Concert 1st, wie aiie Compositionen von Virtuosen, für ihr<br />

eigenes Instrument - die gymnastische Production eben dieses<br />

Instrumentes bleibt die Hauptsache. Am meisten gefiei wohi<br />

der seelenvoile Vortrag der "Air" von Bach; auf den stürmischen<br />

Beifail, der sich nach Poppers "Eifentanz" erhob, wiederholte<br />

Hr. Kiengel dieses artige Saionstück, das einen<br />

Ubrigens bei iEngerer Dauer nervös machen könnte. Die Akademiker<br />

seibst leiteten unter der Direction Fischers das Concert<br />

mit einer briiianten AuffUhrung der herrlichen dritten<br />

"Leonore"-Ouverture Beethovens em <strong>und</strong> schlossen dasselbe mit


- 36 -<br />

der erstmaligen VorfUhrung der Symphonie zu Dante's<br />

"Divina Commedia" für gro2es Orchester mit Frauenchor<br />

<strong>und</strong> Orgel von Franz Liszt. Mitten zwischen vier Liszt-<br />

Matineen stehend, hätte uns die Vorführung der "Dante"-Symphonie<br />

wirklich erspart bleiben können; oder<br />

soilen wir uns vielmehr beglückwilnschen, daf wir sie<br />

nun Uberstanden haben <strong>und</strong> wohi nicht mehr so bald<br />

wieder zu hören brauchen? Wenn es die Absicht Liszts<br />

gewesen, uns mit den erschrecklichen Tonmalereien der<br />

Dante-Symphonie die Qualen der Hblle <strong>und</strong> des Fegfeuers<br />

möglichst anschauiich beizubringen, so kann man<br />

alierdings nicht läugnen, daB dieser Zweck erreicht<br />

wird. In den brutalen Tonfolgen des ersten Satzes, des<br />

Inferno, kosten wir die Qualen der Verdammten, nur mit<br />

dem Unterschiede, daB die zur Hölle Verurtheilten nicht<br />

noch auch das Fegefeuer durchzumachen hatten, wie wir.<br />

Die Vorführung des Liszt'schen Werkes wurde durch die<br />

infernalische Temperatur des Saales noch wirksam unterstützt,<br />

so daB wir den freveihaften Wunsch nicht unterdrücken<br />

konnten, es möchte alien jenen KK. Abgeordneten,<br />

weiche gegen die eiektrische Beleuchtung im Odeon<br />

gestitnmt haben, em Zwangsabonnement auf sämmtiiche<br />

Frühjahrs- <strong>und</strong> Sommer-Concerte zutheil werden. Selbst<br />

die sanf ten, nach einem "Allegro frenetico" einsetzenden<br />

Arpeggien zweier Harf en waren nicht im Stande, uns<br />

das Inferno wesentlich zu versül3en. Wie billig ist das<br />

Fegefeuer mit semen Strafen milder, aber dafUr 1st<br />

Liszts Purgatorio von wahrhaft erhabener Langeweile,<br />

<strong>und</strong> mit den Verdammten athmen wir auf, wenn das vom<br />

Frauenchor der I. Vocalcapeile angestimmte Magnificat<br />

ertönt - das kurze Solo sang Fri. Herzog - entschieden<br />

das Erfreuiichste <strong>und</strong> Schönste im ganzen Werke; aber<br />

eben dieses Magnificat 1st, wenigstens dem Hauptmotiv<br />

nach, nicht von Liszt, sondern eine uraite katholische<br />

Kirchenmelodie. Im Paradiese aber fühien wir uns erst,<br />

wenn wir uns wieder in der Garderobe befinden, <strong>und</strong> das<br />

will im Odeon bekanntiich viel sagen. Unsere wackeren<br />

Akadeiniker haben sich mit diesem Liszt'schen Monstrum<br />

redlich abgeplagt. Nach dem Inferno <strong>und</strong> noch mehr zum<br />

Schluf3 erschoii aus elnem Liszt-Wjnke]. des Saales wüthender<br />

Applaus, die groBe Majorität des Publicums ver-


- 37 -<br />

harrte in elnem Schweigen, das von der hohen Achtung<br />

dictirt war, die man Franz Liszt auf jedem anderen Gebiete<br />

schuldig ist.<br />

Auch in Wien 1st Rheinbergers Name in diesen Jahren<br />

nicht unbekannt geblieben. Der "Christophorus" erklingt<br />

beim Chorkonzert des Ambroslus-Verejns im Bösendorfer-<br />

Saal, dessen Kirchenmusikdirektor Josef Böhm (1841-1893)<br />

erklärte: "Ich predige, wo ich nur kann, das Evangelium<br />

der Rheinbergerlschen Muse". (4.12.1885)<br />

Auch der treue Fre<strong>und</strong> aus den Kreuther Ferientagen,Johnje<br />

Mayer, sorgt mit seiner Frau weiterhin für wohilautendes<br />

Echo. Mila Mayer schreibt an Fanny nach Erhalt der vierhändigen<br />

Kiavier-Ausgabe der neunten Orgelsonate von<br />

Rheinberger:<br />

"Ach wie schön ist doch diese Sonate! Da sieht man wieder,<br />

da8 die Geduld Rosen bringt. Gestern Abend haben wir die<br />

Sonate 4 mal nacheinander gesplelt <strong>und</strong> dann noch einmal<br />

die Romanze; denn wir woilten nachher nichts Anderes mehr<br />

hören, <strong>und</strong> so habe ich auch richtig davon geträumt:<br />

Morgen kommt H. Stocker, da freue ich mich schon, wie ihm<br />

die Sonate gefallen wird. Ganz anders als die 4. Symphonie<br />

von Brahms, über die er also dichtete:<br />

'Viel Neues hat er nicht entdeckt,<br />

Melodien keine gef<strong>und</strong>en,<br />

Der Geist, der war so tief versteckt,<br />

DaB man meint, er sei verschw<strong>und</strong>en.<br />

Wie müde <strong>und</strong> lahm, kein Adel, kein Schwung<br />

Gar mühsam gewebt <strong>und</strong> gewoben;


- 38 -<br />

Sieh', die Menge erstirbt in Begeisterung,<br />

Und Hanslick? - Er mul3 ihn ja loben!t<br />

Johnie nennt Hanslick immer 'Das Brahmshorn'.<br />

Em zweiter Vers, den H. Stocker verschuldete, lautet:<br />

'Mag Dir auch so manches glucken,<br />

Symphonien sind leider trist;<br />

Hanslick schwimmt in Hochentzücken,<br />

Em Beweis - wie dumm er ist.'<br />

Wenn H. Stocker so etwas niederkritzelt, da lacht Johnie<br />

so herzlich, dal3 wir zum Schlusse Alle mitlachen. Siehst<br />

Du, so harmlos unterhalten wir uns beim Thee."<br />

H. Stocker verfa6te damals auch eine Skizze tiber Rheinbergers<br />

Leben <strong>und</strong> Werk.(Vgl. Anhang)<br />

Die Ferieneindrücke der alten, sagenumwobenen. Ruine von<br />

Schlol Vaduz hatte Rheinberger während des Winters 1885-<br />

86, zusammen mit seiner Frau als Textdichterin, zu einer<br />

neuen Komposition verarbeitet: "Montfort", eine Rheinsage<br />

für Soli, Chor <strong>und</strong> Orchester, war im Mai 1886 fertiggestellt.<br />

Der Komponist bot das Stuck dem Marktwert seiner<br />

Werke entsprechend seinem Verleger an.<br />

Forberg antwortet:<br />

Leipzig, den 21.5.1886<br />

Sehr geehrter Herr!<br />

Ich bestätige Ihnen mit verbindlichstem Dank den Empfang<br />

der "Sage von Montfort" <strong>und</strong> habe mir das Werk angesehen.<br />

Dasselbst ist mir für meinen Verlag sehr willkommen, aber<br />

auf em Honorar von 2500 Mark war ich nicht gefa2t.<br />

Ich dachte etwa an em Honorar von 12-1500 Mark, aber


- 39 -<br />

nicht entfernt an eine soiche Summe. Das Werk 1st etwa<br />

von dam doppelten Umfange Ihres "Wittekindt', weichen<br />

Sie mir z.Zt. für em Honorar von 500 Mark überliet3en!<br />

Ich verkenne gewil3 nicht die mühevolle Arbeit; indessen<br />

bitte ich auf der andern Seite bedenken zu wollen,<br />

wie unendlich schwer es jetzt für den deutschen Verleger<br />

ist, mit semen Neuigkeiten durchzudringen - jetzt,<br />

wo eigentlich nur noch "Musik geht" von der Art Nessler's<br />

"Rattenfanger" <strong>und</strong> "Trompeter"! Ich würde das<br />

Werk selbst dann ganz gem nehmen, wenn ich auch auf<br />

Jahre hinaus nur auf elne Verzinsung der Herstellungskosten<br />

- weiche, wie Ihnen bekannt, mehrere Tausend<br />

Mark betragen - rechnen könnte, aber das kann ich nicht.<br />

Selbst bei dem "Wittekind" habe ich jetzt die Anlagekosten<br />

auf mein Ehrenwort - obschon ja das Werk ganz<br />

gut semen Wag gegangen 1st - noch nicht gedeckt, <strong>und</strong>,<br />

wenn ich Ihnen einmal mein Verlagsabsatzbuch vorlegen<br />

könnte, so wUrden Sie über manche ähnliche Resultate<br />

gew1I überrascht sein! Wollen Sie nun mir, dem Verleger,<br />

die Herausgabe "guter Musik" erschweren resp. ganz unmoglich<br />

machen, nun so muf sich eben schlie8lich Jeder<br />

mit Nothwendigkeit der Publikation Nesslerscher <strong>und</strong> ähnlicher<br />

Sachen zuwenden, die em leichtes <strong>und</strong> bequemes<br />

GeschHft für den Verleger sind. Es ist sonst nicht melne<br />

Art, bei dem Ankauf von Manuscripten zu feilschen,<br />

aber hier in dem vorliegenden Falle muf3 ich schon emmal<br />

davon abgehen <strong>und</strong> glaube im Hinblick auf unsere<br />

mehr als 20-jahrige Beziehung das wol auch einmal thun<br />

zu dürfen.<br />

Ich wiederhole, da2 ich das Chorwerk sehr gerne hätte -<br />

ja, da6 es mir sogar sehr fatal sein würde, wenn dasselbe<br />

eventuell woanders herauskäme, der ich ja eigentlich<br />

Ihr erster Verleger bin <strong>und</strong> weitaus das Meiste von<br />

Ihnen bringen konnte - also bitte, uberlegen Sie sich,<br />

geehrter Herr, deshalb den Punkt bezUglich das Honorar<br />

wohlwollend noch em Mal.<br />

Nit hochachtungsvollem Grul3e Ihr ergebenster<br />

Max Forberg.


- 40 -<br />

Aus dem altehrwurdigen Kioster Einsiedeln erhält Rheinberger<br />

eine Anregung, die einige Jahre später Frflchte<br />

trägt:<br />

Stift Einsiedeln, 18.8.1886.<br />

Hochverehrter Herr!<br />

Wenn Unterzeichneter sich die Freiheit nimmt, Sie, hochverehrter<br />

Herr, mit folgenden Zeilen zu belästigen, so<br />

wagt er es einerseits in der Erinnerung, da2 er 2 Semester<br />

die konigi. Nusikschule in München besuchte, andererseits,<br />

weil er in Ihnen, hochverehrter Herr Professor,<br />

elnen Gegenstand aufrichtiger HochschHtzung erblickt.<br />

Urn mich gewisserrnal3en zu legitirniren, stelle ich mich<br />

Ihnen vor als P. Joseph Staup O.S.B. in Maria Einsiedeln.<br />

Obschon ich der Welt, der Musikschule Valet gesagt habe,<br />

so darf ich doch der edlen Kunst auch in der stillen<br />

Klosterzelle nicht vergessen. Es wird im Gegentheil von<br />

den Mönchen in Einsiedeln die Musik hochgehalten. Und der<br />

Name J. Rheinberger hat bei uns einen besonders guten<br />

Kiang, was mir zur aufrichtigen Freude gereicht.<br />

Hochverehrter Herr Professor!<br />

Wenn wir den rejehen Schatz Ihres so fruchtbaren Talentes<br />

betrachten, von dern auch wir schon Einiges zur Aufführung<br />

gebracht haben, unter Anderm die herrliche Papstmesse in<br />

Es -, so begegnen uns leider keine Instrurnentalmessen, die<br />

wir so gerne von Ihnen hEtten. Den gleichen Wunsch las ich<br />

einmal irn "Chorwchtertt, der cäcilianischen Zeitschrift<br />

der Schweiz: es möchte doch em Meister wie Rheinberger<br />

gleich 1/2 Dutzend Instrumentalmessen componiren. Es 1st<br />

aber der gro2e Mangel an soichen gediegenen, edlen Messen,<br />

der diesen Wunsch, dieses Verlangen wachgerufen. Da wir<br />

alle Sonn- <strong>und</strong> Feiertage <strong>und</strong> manchmal auch während der Woche<br />

soiche Instrumentalmessen brauchen, so begreifen Sie<br />

wohl, welches Repertoire das erfordert. Aber nicht nur der<br />

Mangel an soichen Messen, sondern Ihr herrliches Talent,<br />

soiche edle Kirchenmusik schreiben zu können, drangt mich<br />

dazu, an Sie den lebhaf ten Wunsch <strong>und</strong> eine naive Bitte zu<br />

richten; "Componiren Sie doch einlge Instrumentairnessen!"<br />

Ich bin überzeugt, da2 dieselben allüberall freudig be-


- 41 -<br />

grUf3t werden, wo man Sinn <strong>und</strong> Verständnl2 hat für elne<br />

gute Musik, die als verständnil3volle Illustration dieses<br />

tiefen poetischen Textes der Liturgle selbst wahre<br />

Poesie <strong>und</strong> Gottesdienst 1st.<br />

Schmeicheln liegt mir fern; aber das zeichnet ja gerade<br />

Ihre Werke so vortheilhaft aus, vor so vieler Schablonenarbeit<br />

im Lager der Cäcilianer, daB Sie den Text 11lustriren<br />

in wahrhafter Poesie, ohne zur blot3en Dienerin<br />

des Textes herabzuslnken! Nein, ich stelle mir vor,<br />

Sie nehmen den Text zuerst in sich auf, daB er Ihr,<br />

gleichsain Ihr Elgenthum geworden <strong>und</strong> dann theilen Sie<br />

denselben wieder uns mit als Musik. Sie erwecken so das<br />

todte Wart zum wahren Leben, für die bloBe Zeichnung geben<br />

Sle uns em farbenprächtiges Gemälde. Sle werden<br />

mich schon verstehen. Well nun der lb. Gott Ihnen so<br />

viel Talent gegeben, um Ihn In Sr.Hl.Kirche zu verherrlichen<br />

- so seien Sle doch so gut <strong>und</strong> componiren Sie zu<br />

Selner Ehre <strong>und</strong> dein kath. Cultus zu lieb einige Orchestermessen.<br />

Sie werden mir vielleIcht sagen, daB die<br />

menschllche Stimme <strong>und</strong> die Orgel genilgt für den Cultus;<br />

aber es glbt Verhältnisse, wo elnmal Instrumentalmessen<br />

nöthig slnd <strong>und</strong> solche, wie Sie schaffen werden, wren<br />

uns <strong>und</strong> vielen Anderen gar lieb! Unser P. Bernard, der<br />

em sehr guter Geiger 1st, bemerkte mlr, ich solle Ihnen<br />

schreiben, daB er Sie ganz besonders verehre, <strong>und</strong> daB wir<br />

Sie auch in Einsiedeln elnmal erwarten. Kommen Sie nur<br />

<strong>und</strong> Sle werden bald sehen, wie lieb wir Sle haben!<br />

Entschuldigen Sie also melne Zeilen gütigst, <strong>und</strong> soilten<br />

Sie tnlch elner Antwort wurdigen, ware ich Ihnen sehrver-<br />

Nit vorzugllchster Hochachtung<br />

zeichnet ergebenst<br />

P. Joseph Staub 0.S.B.<br />

Einsledeln, Ct. Schwyz.<br />

Den gleichen Wunsch spricht bereits "Der Chorwächter"<br />

(Nr. 10, X.Jg., 1. Okt. 1885, S.81) aus: "Möchte doch<br />

em Meister wie Rheinberger sich auch der instrumentalen<br />

Armuth unseres Catalogs erbarmen <strong>und</strong> gleich 1/2 Dutzend<br />

wirkensvoller, schön Instrumentaler Orchesterinessen<br />

schrelben."


- 42 -<br />

Eduard Hanslick (1824-1904) verwendet sich mit folgenden<br />

Zeilen für Cesare Cavaliere de Pollini, der später<br />

Direktor des Konservatoriums in Padua wurde:<br />

Hochgeehrter Herr!<br />

Erlauben Sie, da2 ich den Uberbringer dieser Zeilen,<br />

Herrn Dr. Cäsar Ritter v. Pollini, Ihnen bestens empfehle.<br />

Der junge Mann 1st der Schwager eines meiner besten<br />

Fre<strong>und</strong>e, des Sectionschefs Ritter v. Pozzi.<br />

Von seinem Vater für die Advokatenlaufbahn bestlmmt, hat<br />

Pollini doch von Jugend auf mit Leidenschaft Musik getrieben,<br />

<strong>und</strong> sich ganz der Kunst gewidmet. I. . . /<br />

Ich habe ihn als einen talentvollen Componisten, tüchtigen<br />

Kiavierspieler <strong>und</strong> liebenswürdigen, bescheidenen<br />

Menschen kennen gelernt.<br />

Ich wEre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie ihm mit Ihrem unschätzbaren<br />

Rate beistehen wollten!<br />

Hochachtungsvoll Ihr ergebener<br />

Dr. Eduard Hans lick.<br />

Wien, November 1886<br />

Theodor Gouvy (1822-1898), dem Rheinberger 1878 seine 5.<br />

Orgelsonate (op. 111) gewidmet hatte, schreibt:<br />

Lothringen, 28.9.86.<br />

Verehrter Fre<strong>und</strong>!<br />

Da Sie mich mit diesem Titel beehrt haben, so wollen wir<br />

ihn auch beibehalten. Und zwar nicht unverdienterweise,<br />

denn lEngst fUhlte ich mich ja geistig mit Ihnen verwandt<br />

<strong>und</strong> Ihre edle Kunstanschauung, die reine KlassizitEt, die<br />

aus Ihren Werken spricht, hatten mich seit Jahren mit<br />

Ihnen befre<strong>und</strong>et.<br />

Der fre<strong>und</strong>liche Brief, den Sie mir mit der Hand Ihrer<br />

hochverehrten Gattin geschrieben, hat mir mehr Freude gemacht,<br />

als wenn der Regent von Bayern mir einen grünen<br />

oder blauen Orden geschickt hEtte. Denn Ihr Urtheil wiegt<br />

schwer <strong>und</strong> Sie gehören zu Denjenigen, nicht gar zu Zahlreichen,<br />

vor welchen man gerne den Hut abzieht. In einer


- 43 -<br />

Zeit, wo Parteihass, Marktschreierei, Personenkultus <strong>und</strong><br />

andere schöne Dinge nicht übel an der Tagesordnung sind,<br />

da sind Sie sich stets treu geblieben <strong>und</strong>, den eitlen<br />

Tand verschmähend, haben Sie durch stilles <strong>und</strong> fortdauerndes<br />

Wirken <strong>und</strong> Schaffen den Namen errungen,.den die<br />

musikalische Welt verehrt. Sie sind kein wandernder Virtuose,<br />

auch reisen Sie nicht herum wie der Weinhändler<br />

mit semen Producten, Sle redigieren kein Feuilleton, urn<br />

sich selbst anzupreisen; kurzum, em berUhmter Faiseur<br />

von drUben wUrde auch von Ihnen sagen: ii n'est pas de<br />

son temps! Cott sei Dank! wenn des Künstlers Werke nur<br />

für alle Zeiten geschaffen sind!<br />

Schliessen sie jedoch nicht aus dem oben Gesagten, dass<br />

ich mit misanthropischem Buck die heutigen Kunstzustände<br />

betrachte. Im Gegentheil, ich fände dieselben (in<br />

Deutschland) höchst erfreulich, wenn nicht der Concertsaal<br />

von der Wagner'schen Musik so arg bedroht ware!<br />

Berlin <strong>und</strong> Köln (wohi auch München?) geben darin bose<br />

Beispiele. MOge das Theater semen Unfug treiben! mögen<br />

die Leute sich dort an den modernen Orchesteropern mit<br />

obligatem Geschrei erfreuen, aber den Concertsaal, diesen<br />

reinen, heren Tempel der Kunst, halte man frei von<br />

soichem Humbug. Das Concert soilte keine Opernfragmente<br />

dulden, schon deshaib, veil jede Fragmentierung an <strong>und</strong><br />

für sich schon eine unkUnstlerische That ist. Die Theatermusik<br />

ist <strong>und</strong> bleibt eine Kunst zweiten Ranges, nicht<br />

allein, well sle von zu vielem eltien Flitter umgeben<br />

1st, die die Kunst erdrückt <strong>und</strong> erniedrigt, sondern weil<br />

in ihr die gro$èn <strong>und</strong> hOchsten Kunstformen gar keine Anwendung<br />

finden. Die grol3en deutschen Meister mOgen das<br />

wohl instinctiv gefUhlt haben, sonst hätten sie nicht<br />

alle, fast ohne Ausnahme, nur für Kirche <strong>und</strong> Concert geschaffen.<br />

Em ClUck für Deutschland, dass es so ist,<br />

denn gerade mitteist der Kirchen-Concert- <strong>und</strong> Kammermusik<br />

hat sich Deutschland in der Musik die riesige Uberlegenhelt<br />

über alle Natlonen erobert.<br />

Aber ich merke, dass ich Mehi zur MUhle trage, <strong>und</strong> ich erzähle<br />

Ihnen Dinge, die Sie viel besser vissen, wie ich<br />

selbst.<br />

I.. .1<br />

In fre<strong>und</strong>schaftlichster Verehrung Ihr ergebener<br />

Th. Gouvy.


- 44 -<br />

Henriette Bouvy, geb. Duchesne, die Schwägerin des Kornponisten<br />

Theodor Gouvy, seit langem mit Fanny Rheinberger<br />

befre<strong>und</strong>et, schreibt über Rheinberger's Montfort:<br />

"Dieser einfache, edle Volkston - die tiefe, echte<br />

deutsche, reine Gemuthsstimrnung, die Poesie, von dem<br />

das ganze durchweht ist, wie wohl that es meinem Herzen<br />

<strong>und</strong> - meinen Ohren! So sü2, so ungekunstelt, so<br />

ureigen <strong>und</strong> sympathisch ist mir dieser Sang <strong>und</strong> Kiang!<br />

In meinem Lobe ist der poetisch-sinnige Text mit inbegriffen!<br />

Jetzt, da uns fast nur an modernen Werken geschraubtes,<br />

gesuchtes, ledernes, unschönes, unechtes<br />

geboten wird. Jedesmal, wenn ich die Bekanntschaft eines<br />

Werkes Deines Mannes mache, in weicher Form es mir<br />

auch erscheint, ist es wie eine Gabe des Himmels - in<br />

Mitte all' des mittelrnal3igen, niedrigen Sch<strong>und</strong>es! Danke<br />

ihm <strong>und</strong> sage ihm, ich beneide ihn urn jene schönen St<strong>und</strong>en,<br />

da er das liebe, sül3e Werk geschaffen! Was Theodor<br />

anbelangt theilt er hierin ganz meine Anschauung<br />

<strong>und</strong> Urtheil! Er sah es vor seiner Abreise nach Paris<br />

noch durch. Er instrurnentirt nun sein neues, grol3es<br />

Chorwerk in Paris, wird die Festtage hier mit uns allen<br />

verleben, urn dann wie jeden Winter semen Aufenthalt<br />

in Leipzig, seiner Lieblingsstadt, zu nehmen. Er<br />

dankt Euch herzljch für die fre<strong>und</strong>schaftliche Intention,<br />

Levi seine Symphonietta ernpfohlen zu haben, wird<br />

selbst diesem gegenüber aber niemals rnehr einen Schritt<br />

thun, urn aufgeführt zu werden. Ich kann ihm nur Recht<br />

geben, denn Levi hat sich bei seinem letzten Aufenthalt<br />

in München ganz wie em "gamin" gegen ihn, den älteren<br />

Fre<strong>und</strong> (?) <strong>und</strong> bewEhrten Componisten benommen; so<br />

dass er sich zwar entschuldigte nachher <strong>und</strong> sagte: "Ich<br />

will es wieder gut machen!" Ware ihm dies Wort von Herzen<br />

gekommen (wenn er ems hEtte!), so hätte er lHngst<br />

was von Theodor bringen mUssen <strong>und</strong> die beste Gelegenheit<br />

wHre ihrn jetzt mit dieser neuen Symphonie geboten; also<br />

wenn er es nicht aus sich thut <strong>und</strong> vorzieht, nach seiner<br />

Meinung gröl3ere, bessere Werke eines unsterblichen Bruckner<br />

C!), St. Saëns <strong>und</strong> Liszt <strong>und</strong> andrer Componisten zu<br />

bringen, die eigentlich keine sind, so war seine Reue<br />

eine LUge! Doch Ihr kennt ihn ja - wir grollen ihm


- 45 -<br />

desshalb nicht! Theodor 1st zu generös <strong>und</strong> steht wirklich<br />

staunenswerth über all' den Dingen! Nur ems hat er vor<br />

Augen, em Streben, eine Liebe erfüllt ihn ganz, das 1st<br />

seine herrliche Kunst <strong>und</strong> das Streben nach ihren höchsten<br />

Idealen! Das macht mir ihn so werth <strong>und</strong> ist in unsrer Zeit<br />

eine Seltenheit! Für ihn 1st das Ich, die Person Nebensache<br />

- gerade was in unsrer Zeit Hauptsache geworden!<br />

Drum fühlt er sich, wie auch ich, so zu Delnem Manne <strong>und</strong><br />

seinem Schaff en, zu Dir, die ja ems mit ihm in Denken <strong>und</strong><br />

Fühlen, so hingezogen."<br />

Das "Münchener Fremdenblatt" vom 7. Dezember 1886 bringt<br />

folgenden Bericht Uber das Kgl. Hof theater:<br />

Die Oper in 4 AufzUgen von Jos. Rheinberger "Des Thürmers<br />

Töchterlein" wurde gestern bei gut besetztem Hause neu<br />

einstudirt gegeben. Die Oper war seit dem Jahre 1873 nicht<br />

mehr aufgeführt <strong>und</strong> erfuhr damals nur wenige Wiederholungen.<br />

Daran trug nicht die Rhelnberger'sche Musik <strong>und</strong> nicht<br />

der Text die Hauptschuld, sondern die Geschmacksrlchtung<br />

des Publikums. Es war die Zeit, in weicher der Enthusiasmus<br />

für das Muslkdrama in volister Blüthe stand, <strong>und</strong> was<br />

nicht von Richard Wagner stammte, war nicht beliebt. Auch<br />

gestern mul3te sich die Oper die Anerkennung des Publikums<br />

von Akt zu Akt erringen <strong>und</strong> wHhrend nach den ersten Aufzügen<br />

der Beifall em geringer war, konnte nach den letzten<br />

Aufzügen em schöner Erfoig konstatirt werden.<br />

Die Komposition von Rheinberger ist reich an musikalisch<br />

schönen Nummern, die aber zu sehr mit elner Genauigkeit<br />

<strong>und</strong> elnem ängstlichen Fleit3 In der Ausarbeitung gefertigt<br />

sind, als daB sie den Hörer im Moment fortreif3en zur Begeisterung.<br />

Uberall finden wir in der musikalischen Illustrirung<br />

em Eingehen auf Wort <strong>und</strong> Handlung des Textes,<br />

doch dabei geht Rheinberger semen eigenen Weg <strong>und</strong> 1st<br />

ebensoweit vorn modernen Musikdrama wie von den melodiösen<br />

Opern der Italiener <strong>und</strong> Franzosen entfernt. Instrumentirung<br />

sowie die Chore <strong>und</strong> Emsemblesätze bek<strong>und</strong>en stets die Melsterhand<br />

des berUhmten Kontrapunktisten. Von einem packenden<br />

Humor in der Musik ist nichts zu finden, wEhrend der


- 46 -<br />

Text einige wirksame heitere Scenen aufweist.<br />

Der Text behandeit em StUck der Mtinchener Stadtchr.onik:<br />

Die Liebe des Goldschmied's Wildenbrandt zum Töchteriein<br />

des StadtthUrmer's während des Schwedenkrieges. Wenn auch<br />

Episoden einer Chronik für den Librettisten kein alizu<br />

dankbarer Vorwurf sind <strong>und</strong> die gewöhnliche knappe Handlung<br />

durch viel Nebensächiiches erweitert werden muf3, so<br />

gebUhrt doch dem Bearbeiter des Textes, Hrn. Stahl, ailes<br />

Lob. Die Gestalten des verliebten <strong>und</strong> furchtsamen Aktuarius<br />

<strong>und</strong> seiner Base vertreten den Humor in einer bUhnenwirksamen<br />

Weise <strong>und</strong> die sympathische Titelfigur sowie ihr<br />

aufgeregter Liebhaber sind fertige BUhnengestaiten. Der<br />

Kompositeur wie der Textdichter fordern von den Trägern<br />

der Hauptroiien eine bedeutende Leistungsfähigkeit. Fri.<br />

Herzog war eine vorzUgiiche "Gertrud". Die frische, ieicht<br />

sich gebende Stiinme war für diese Partie wie geschaffen<br />

<strong>und</strong> bestrickte durch den herziichen Vortrag den Hörer. Das<br />

Spiel war wie der Gesang tref fend <strong>und</strong> lebhaft <strong>und</strong> nur dem<br />

Dialog fehite oft die wUnschenswerthe NatUriichkeit. Hr.<br />

Mikorey konnte ais "Wiidenbrande' seine herrlichen Mittel<br />

<strong>und</strong> sein Können als Sanger urn so rnehr zeigen, ais er gut<br />

disponirt war <strong>und</strong> mit Lust <strong>und</strong> Liebe seine Partie sang.<br />

Ais Schauspieler sind seine Fortschritte nicht zu verkennen,<br />

doch war er nicht jener feurige Geseiie, ais weicher<br />

er irn Textbuche bezeichnet ist. Hr. Siehr gab den "Wurzel"<br />

ohne jene natUrliche Kornik, die man erwarten rnuf. Die Gestalt<br />

biieb steif <strong>und</strong> die kornisch wirkenden Scenen erschienenforcirt.<br />

Auch der Gesangsvortrag des stirnmlich begabten<br />

Bassisten litt unter einer merklichen Härte. Eine "Cordula"<br />

you Energie <strong>und</strong> Leben war die treffliche Darsteiierin<br />

Fr. Meysenheyrn. Was die Dame ais Sängerin bringt, ist<br />

sicher <strong>und</strong> entspricht der Intention des Kompositeurs, aber<br />

die Stimme steht mit der Schule nicht auf gieicher Höhe <strong>und</strong><br />

der Gesang entbehrt oft des erforderlichen Klanges. Hr.<br />

Bausewein war em wackerer "ThUrmer" <strong>und</strong> Hr. Fuchs em wUrdevoiier<br />

Reprsentant des "Schwedenkönigs". Auch die kleinen<br />

Rolien waren gut besetzt. Die Chore, in denen Rheinberger<br />

bedeutend 1st, lOsten ihre Aufgabe zur voiisten Zufriedenheit<br />

des Pubiikums <strong>und</strong> das Orchester unter Leitung<br />

des k. Hofkapelimeisters Hrn. Levi hieit sich wie irnmer<br />

mustergiltig.


- 47 -<br />

Nach SchluI3 der Vorstellung wurde auch der Kompositeur<br />

geruf en, doch erschien er nicht vor der Rampe.<br />

Der Auffuhrung wohnten Prinz Leopold mit Gemahlin, Prinzessin<br />

Adalbert, Prinzessin Elvira, Prinz Aiphons <strong>und</strong><br />

Herzogin von Alencon an.<br />

Am 17. Dezember 1886 berichtet Fanny nach Vaduz:<br />

Ges tern war die Oper wieder, <strong>und</strong> zwar - da Levi erkrankt<br />

war, unter Curts Direktion, weicher ohne Probe, <strong>und</strong> ohne<br />

daJ3 er die Oper je din girt hat, dieses Wagstück übernahm.<br />

Er war den ganzen Nachrnittag sehr nervös davon <strong>und</strong><br />

zitterte stark an den Händen als er fortfuhr. Ich hatte<br />

mir einen Platz in der ersten Reihe genornrnen, urn recht<br />

nab bei seinem Pult zu sein, <strong>und</strong> das Herz klopfte mir<br />

stark, als er hinaufstieg. Aber schon die Ouverture ging<br />

vortrefflich, wurde beklatscht, <strong>und</strong> da sowohi Orchester<br />

als alle Sänger rnit grof3er Liebe bei ihrer Aufgabe waren<br />

<strong>und</strong> ihr Bestes einsetz ten, so war die Aufführung fast<br />

noch besser als die erste. Bisher war der Prinz - Regent<br />

nur während des Oktoberfestes auf einen Akt im Theater<br />

erschienen, gestern karn er bald nach Anfang <strong>und</strong> blieb<br />

bis zum Schlusse, was aligernein auffiel. Alle Hoflogen<br />

waren besetzt <strong>und</strong> trotz des Festes für den neuen Akademiedirektor<br />

<strong>und</strong> eines Concertes irn Akadernischen Gesangverein<br />

das Theater sehr gut besucht <strong>und</strong> die Theilnahme<br />

gab sich nach jedem Akte k<strong>und</strong>. Meine Angst, Curts Husten<br />

<strong>und</strong> Hand möchten durch das Dirigiren recht gereizt werden,<br />

war grol3. Aber der Husten ist nicht schlirnrner; die<br />

Hand thut zwar weh, aber hoffentlich wird es nicht bose<br />

Folgen haben.<br />

Mir klopfte anfänglich das Herz so stark, das ich rneinte,<br />

es wolle mir zu den Schläfen hinausfahren; aber allrnähhg<br />

beruhigte sich die Erregung <strong>und</strong> machte grol3er Freude<br />

Ph atz.<br />

Ich habe Dir diel3 Alles wahrheitsgetreu - wie selbstverständlich<br />

- geschildert. 1st guter Wille da, so wird die<br />

Oper am Repertoire bleiben <strong>und</strong> der berühmte Musikschrif tstehlerAjpbros<br />

wird recht behalten, daB Text <strong>und</strong> Musik der<br />

besten Aufnahrne werth sind.


- 48 -<br />

Es 1st irnrner em beruhigendes Gefühl, daJ3 das Werk aus<br />

sich selbst, ohne all die Decorationswirthschaft gut<br />

ist. Ubrigens waren die von Maler Flüggen angegebenen<br />

Costume vorzüglich <strong>und</strong> die einzelnen Scenen gaben sehr<br />

schöne Bilder. Es ist wahrhaft schade, daB Du nicht anwesend<br />

sein konntest.<br />

Curt grül3t sehr herzlich, er hat soeben Besuch von italienischen<br />

Nobiles, die ihm der Musikschrifts teller Hanslick<br />

aus Wien anempfahl. -<br />

Gute, gute Feiertage!-<br />

Eure Fanny.<br />

Der vorstehende Brief ist an Peter Rheinberger gerichtet,<br />

mit dem Fanny damals in reger Korrespondenz stand,<br />

die sich auf die Ausbildung von Egon, Peters Sohn,bezog.<br />

Egon wurde damals in München von Prof. Wader zum Budhauer<br />

ausgebildet. Rheinberger verfolgte die Studien<br />

<strong>seines</strong> Neffen mit gro2em Interesse.<br />

Am Jahresende Ubersandte Rheinberger seinem Bruder den<br />

obligaten Glückwunschbrief:<br />

Mein lieber David!<br />

Vor allem wünsch ich Dir das Beste zu Deinem Namenstage<br />

<strong>und</strong> zum neuen Jahr, auf da8 kein Schnupfen <strong>und</strong> Catarrh<br />

Dein wUrdig Haupt verdUstere <strong>und</strong> Deinen Humor schmälere.<br />

Dein Goldfüchslein habe ich in einem hübschen Portemonnaidem<br />

Egon bei der Christbescheerung in Deinem Namen<br />

überreicht. Hoffentlich wird er sich bei Dir schriftlich<br />

bedanken. - Landesverweser von Hausen hat gestern einen<br />

sehr fre<strong>und</strong>lichen Brief an meine Frau geschrieben; er<br />

scheint noch sehr an Liechtenstein zu hängen. Julius Maier<br />

macht schon lange keinen Dienst mehr; er ist ganz Ruine.<br />

Schafhäutl hingegen ist trotz seiner 84 Jahre frisch,<br />

heiter <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>. - Grü2e mir unsere Angehörigen im Halson<br />

rouge. Die gestickte Decke der "Drei Schwestern" hat


- 49 -<br />

Bew<strong>und</strong>erung erregt. -<br />

Prof. Fritz Rohrer (aus Werdenberg) in ZUrich hat mir<br />

wieder neue Gedichte geschickt; er 1st em sehr begabter<br />

Dichter - wohi der beste Schweizerpoet der Gegenwart.<br />

Nun lieber David! lebe wohi <strong>und</strong> beginne das neue<br />

Jahr fröhlich - schreibe bald<br />

Deinem Dich liebenden Bruder<br />

J. Rh.<br />

Mtinchen 27.12.86<br />

Fanny ergänzt dazu:<br />

Lieber David!<br />

Die Weihnachtsfeyer am Hofe war heuer in der Kirche so<br />

glänzend wie seit 20 Jahren nicht mehr. Der Prinzregent<br />

hatte die ganze Hofgesellschaft hinbefohien, alle (auch<br />

Curt) mul3ten in Uniform erscheirien, die sonst so verlassenen<br />

Residenzhöfe wirnmelten von Equipagen, hailten von<br />

Pferdegestampf wieder. Es wurde eine grof3artige Messe<br />

von Siciliani aufgeführt, weiche dereinst immer bei festlichen<br />

Gelegenheiten in der Peterskirche zu Rom aufgeführt<br />

wurde, so oft der Pabst das Hochamt hielt.<br />

Curt hat die Strapatzen gut ausgehalten - <strong>und</strong> freut sich,<br />

daJ3 heute der erste Tag seit den Ferien ist, an dem er<br />

ganz frei hat. Das kleine Billard, weiches ich ihm schenkte,<br />

macht ihm viel SpaJ3 - Es spannt das geistige Denken<br />

ab. -<br />

Rheinbergers Brief enthält am Ende eingeklebt em buntes<br />

Bildchen vom "Hänschen-Klein", das mit Stock <strong>und</strong> Hut hereinspaziert.<br />

Rheinberger schreibt dazu:<br />

ttHier sieht Du, wie das neue Jahr anmarschirt kommt.<br />

Was mag dieses Kindlein uns bescheeren."<br />

Zunächst brachte das neue Jahr die Hiobsbotschaft, daB<br />

Levi, wiederum erkrankt, Rheinbergers Oper erneut nicht<br />

dirigieren konnte. Levi schrieb an den Komponisten:


$f=.& llittonnL=ijrnttr5<br />

ünen, HttWo bcu 26. uuur 1887.<br />

II<br />

7. Ilorft. 1)111 3Jiiliies41Iioniirin. ii. flhith ioIt - . ç:.-'. ..-. e<br />

ZMIt' rr'Z'r .ri<br />

Illuftab 9ibottj, öni9<br />

cneben<br />

lniebor9<br />

an8 btT, iirgerrneifter boB<br />

2flih4en erv Wlaer.<br />

9Ylaertel, .etr ol. 9)taiev,<br />

.....,err om. :<br />

djIier, üret nnb .err einri.<br />

eitev, 91at81erren ,err 2inbner.<br />

2inbenjernitt, ,ert tReifinet.<br />

err töet,<br />

.ietonrnu8 2l3urel, lRat8'<br />

aftunriub ere ier.<br />

- 50 -<br />

Z(per in uier uiIen, fvei nad ran vautrnanu, üon Yta ta1.<br />

9)luff Von jocp1j fleü,bcir9ev.<br />

n scene 3efet born l. bte3ifleur .,errn Ju L<br />

uon 1.rau lorbu1a, beffen afe . raie lefen(ern.<br />

.err 13uc18. .inneri3, 2lc1ter auf bern<br />

err toifer. f3eter8turrn . . : . . . nufewetn.<br />

tlleetrub, jeine oter. . . Jr3u(ein<br />

.eiaeit .2Bi!benbranbt,. llioLb<br />

jrnieb . ........: .erv lDlifore,<br />

Grftez- Jerr raucnborfer,<br />

8meiter - ' ' - ' lert 2iebebfinb,<br />

in 0enhjun3e,- in ererrneifter. olbaten bet<br />

tabttnace. iirerEeute. *ebifd3e Cjjiieve nnb<br />

o1baten. ãnbler unb änbIerinnen,<br />

ie.anb[un9 Ipielt in Ul<strong>und</strong>ien jut 6ai 1632<br />

etbitcer ftnb u 50 q3f. an bet Mafle u Ijaben.<br />

Preife bei .PIie:<br />

inf3athtfj .. . . . 4j$( . 4K (gin nurnetirter aItonfi (I. lReiI)e) 5 jfo. 4 ........<br />

(sin nurnerirter l8attonfi (II. 91eie) 4 i - 4 atterretep(a<br />

4 .ht 50 4 Oaterie - -<br />

4<br />

3 £ 4<br />

I £ 40 4<br />

,jff 70 4<br />

ie afe mirb urn b a I I' e b e u U1)r gebffnet.<br />

!tufaug nut 7 Ur, ube uad J 11r<br />

tetc tntrttt: JoIfc I. & II.<br />

onuerfta ben 27, anuar: (rn Q, of unb 9tatioa1teater) (8. orfteUun in ate'2tbonnernent<br />

bee thteitung I. ftatt 7. l8orfteuung bet 2thteitung II.) (2lolattb<br />

Oebutt8ta9.) fle auOnTte, ier on lPlo3att.<br />

tXuO bern lRebertoit.ntwurfe: reita9 28. (autl.) e8 1VZeere nub bee Uebe eUen. arn1tag 29. (tRel.<br />

teieg im rieben. onntag 30. (.oft1.) annbitu fee. (8kf..V) bin 3kufftäbtee,<br />

(ui'a1t1id beuvtnubt born Cperitpetjoual: çev*, 9lrnbaur. rau tfjóUev.<br />

11uñfIjt t'orn t8aUetevjonaf:. ,1erv en3t.<br />

er aufpteI.nfi3ient tllnton a en lat ben XVI. argau., be QItrnnnn* bee .<br />

beater pro 1886 erau8e6eben, me(er an bee age8affe 3urn 3reije eon 1 6Jlar berfauft oirb.<br />

er ejneliie 2iiieifler loflet 0 °f' nob 1niocr1it9tbbu8bruderej Don Pr. : tOnif &.oln.


- 51 -<br />

Verehrter Herr College!<br />

Es thut mir sehr leid, da8 ich abermals durch Unwohlsein<br />

verhindert bin, das tTöchterleint zu dirigiren. Strauss<br />

war gestern bei mir, sagte mir, er wolle das Werk ohne<br />

Orchesterprobe dirigiren - dies halte ich aber, bei allem<br />

Respekt vor seiner Courage <strong>und</strong> seinem Können, für<br />

sehr gewagt; ich habe ihm dringend zugeredet, eine Orchesterproge<br />

(morgen) anzusetzen, <strong>und</strong> heute eine Klavierprobe<br />

abzuhalten.<br />

Ich bin im Begriffe, auf 14 Tage nach Bozen (Gries) zu<br />

reisen, hoffe dort meinen Husten zurUckzulassen.<br />

Bitte mich Ihrer Frau Gemahlin zu empfehlen!<br />

Schönen Grul3<br />

25.1.87.<br />

Ihr Levi.<br />

Richard Strauss (1864-1949), seit 1886 3. Kapellmeister<br />

(Hofmusikdirektor) in MUnchen, leitete dann die AuffUhrung<br />

des Werkes am 26. Januar 1887.<br />

Die "Neuesten Nachrichten" vom 28.2.1887 berichten Uber<br />

em Konzert des Damen-Gesangvereins:<br />

Der unter Leitung des k. Musikdirektor Herrn Richard<br />

Strauss stehende Damen-Gesangverein gab am letzten Samstag<br />

(26.2.1887) im Museumssaale em Konzert. Den Beschluss<br />

des MusikabendsbildetenFrauenchöre von Rheinberger <strong>und</strong><br />

Stager. Das Konzert war gut besucht <strong>und</strong> das Publikum spendete<br />

reichlichen Beifall.<br />

Edm<strong>und</strong> Khym, Orgelvirtuose in Berlin, schreibt an Josef<br />

Rheinberger:<br />

Berlin, 14.1.87<br />

Sehr geehrter Herr Professor!<br />

Mit Gegenwärtigem beehre ich mich, Ihnen das Programm


- 52 -<br />

meines 200. Orgelconcerts zu übersenden <strong>und</strong> zwar mit der<br />

Bitte, dasselbe als Andenken <strong>und</strong> Erinnerung an dies merkwurdige<br />

Ereignil3 aufbewahren zu wollen.<br />

Als ich vor 2 Jahren Sie bat, mir Ihre Orgelcompositionen<br />

speciell anzuführen, hatte ich die Absicht, sie wirklich<br />

alle zu spielen <strong>und</strong> kennen zu lernen. Da2 dieses Vorhaben<br />

zur Ausfuhrung schon jetzt gekommen 1st (wenn auch nicht<br />

vollstandig), zeigen Ihnen die Ubrigen beifolgenden<br />

Programme.<br />

Bis jetzt habe ich gespielt:<br />

Am 30. Oct. 1884 op. 88<br />

11. Mai. 85 op. 132<br />

6. Nov. 85 op. 65 u. 88<br />

11. Mai. 86 op. 98<br />

2. Nov. 86 op. 27<br />

6. Dec. 86 op. 127.<br />

(Wie aus den Programmen hervorgeht, ist jede Sonate youstEndig<br />

gespielt).<br />

Demnach bleiben nur noch op. 112, Fis moll, <strong>und</strong> op. 119,<br />

Es moll, ubrig. Diese werde ich, so Gott will, auch noch<br />

spielen, <strong>und</strong> dann Ihre Werke zum feststehenden Repertoire<br />

machen.<br />

Em Urtheil über Ihre Sonaten wird schon lEngst abgegeben<br />

<strong>und</strong> Ihnen durchaus nichts Neues sein, trotzdem kann ich<br />

aber nicht umhin, meinem ilberströmenden Herzen mit einigen<br />

Worten Luft zu machen:<br />

Hochgeehrter Herr Professor! Ihre Orgelcompositionen halte<br />

ich für das Vorzüglichste, was auf diesem Gebiete in der<br />

Neuzeit geschaffen. 1st; <strong>und</strong> dieses nicht allein - sie werden<br />

gleich den gothischen Domen Bestand <strong>und</strong> Dauer für unabsehbare<br />

Zeiten haben. Und warum? Well sie nicht bbs<br />

gute, schöne, wohlklingende, gediegene Arbeiten - diese<br />

PrEdikate genügen nicht - sondern weil sie das ErzeugniB<br />

des absoluten Genies sind, bei denen aus jeder Zeile der<br />

göttliche Funge hervorleuchtet. Kein Machwerk - nichts<br />

Gesuchtes - nichts Krankhaftes - keine Effecthascherej;<br />

wie em Gu8 steht bei natürlichem FluBe das Ganze da. Sie<br />

haben das Meisterstück fertig gebracht, die classischen<br />

Formen mit moderner Mebodie, modernem Schwung <strong>und</strong> Fühlen<br />

zu verbinden, ohne sich auch nur urn einen Fingerbreit von


- 53 -<br />

der WUrde der Orgelmusik <strong>und</strong> dem wahrhaft Schönen u entfernen.<br />

Bei Ihnen dient in Wirkiichkeit der Contrapunkt<br />

nur als Mittel zur Erreichung des Zwecks. Eine soich' gewaltige<br />

Wirkung des Pedals ist mir auBer bei Bach noch<br />

nirgends vorgekommen. Ich bin in Verlegenheit, zu sagen,<br />

ob ich Ihre imponirenden polyphonen Sätze mehr bew<strong>und</strong>ern<br />

soil, oder die Innigkeit <strong>und</strong> den Schmelz Ihrer Adagios!<br />

Wer die ersteren spielt, wird hingerissen von der Majestat<br />

des Instruments <strong>und</strong> fUhit tief im Innersten: ja, die<br />

Orgel ist doch die Konigin der Instrumente. Der Zauber<br />

Ihrer Adagios 1st aber geradezu bestrickend. Aufjauchzen<br />

möchte das Herz vor Wonne <strong>und</strong> sagen: Verweile süf3er Klang!<br />

Glaubt man nicht oft Sphärenmusik, Engelsstimmen <strong>und</strong> em in<br />

reiner Liebe gefuhrtes Zwiegespräch seliger Geister zu vernehmen?<br />

Glücklich würde ich mich schätzen, wenn mir einmal em solches<br />

Werk gewidmet würde.<br />

I...'<br />

Arthur Whiting, Pianist <strong>und</strong> Musiklehrer in Boston, schreibt<br />

an semen Lehrer Josef Rheinberger:<br />

My dear Sir<br />

When I saw you for the last time in Munich, you asked me to<br />

write you of my fortune, good or bad in America. I habe been<br />

waiting for something of importance to happen, before complying<br />

with your request, but as my life has been rather uneventful<br />

since I left Germany, I will write to you such things<br />

as have happened.<br />

A year ago I gave a concert of my own compositions most of<br />

which were written <strong>und</strong>er your instruction; the criticisms from<br />

the press and public were very flattering and I received plenty<br />

of encouragement to continue my composition. I played the trio<br />

on two other occasions in and about Boston as well as the piano<br />

pieces.<br />

InFebruaryof last year my overture was performed <strong>und</strong>er my direction<br />

at one of the Symphony Concerts; as we have a very fine<br />

orchestra, it was very beautifully played.<br />

Since my return I have not written as much as I wish I had; I


- 54 -<br />

have not felt in the mood for composition all the time.<br />

I have, however, turned out three piano pieces which<br />

I send to you today, hoping that you will find them an<br />

advance on my first work. I have also completed a piano<br />

concerto in three movements which I hope to play myself<br />

here next winter; I hope sometime to show you the score<br />

and trust you will pronounce it creditable to yourself<br />

as my teacher. I have fo<strong>und</strong> your precepts very practical<br />

and valuable and consider it a very fortunate day when<br />

I decided to go to Munick to study. I hope sincerely to<br />

be in Munick, for a visit at least, within a few years.<br />

Will you kindly remember me to be Frau Professor Rheinberger<br />

as well as Prof. Abel and Prof. Bussmeyer, also<br />

a 'tSchöne Gruss" to Prof. Giehrl and Thuille.<br />

Hoping that I may soon hear from you I am,<br />

Yours very sincerely<br />

Arthur Whiting<br />

123 St. Botoph St.<br />

Boston Mass. U.S.A.<br />

Jan. 1887<br />

Tm Oktober 1886 hatte Rheinberger sein zweites Streichquartett,<br />

op. 147 komponiert <strong>und</strong> dem Primarius des Kölner<br />

Streichquartetts, Konzertmeister Robert Heckmann, gewidmet.<br />

Heckmann, der im Februar 1887 in MUnchen konzertierte,<br />

schrieb an Rheinberger:<br />

Hochgeehrter Herr Hofkapellmeister Rheinberger!<br />

Ubermüdet von Nachtreise muBte ich gestern auf beabsichtigten<br />

Besuch bei Ihnen verzichten, hoffte aber, Sie im<br />

Künstlerzimmer begrü2en <strong>und</strong> für Ubersandtes Quartett <strong>und</strong><br />

dadurch bestätigtes künstlerisches Vertrauen danken zu<br />

können! Da dies fehlgeschlagen, mir aber durch eingelaufene<br />

Correspondenzen die Zeit zum Besuchmachen heute<br />

fehlt, zumal wir Nachmittags schon abreisen, so bitte ich<br />

Sie, verehrter Herr, wenn moglich, gef. heute Vormittag,<br />

12 Uhr, im Hotel Grünwald, Zimmer No.95 beim Durchspielen<br />

Ihres Quartetts zugegen zu sein, damit wir Ihre Wünsche


- 55 -<br />

<strong>und</strong> Intentionen sofort kennen lernen <strong>und</strong> bel Einstudirung<br />

später beriicksichtigen können.<br />

Ichbitte dem iberbringer Nachricht mitzugeben ob <strong>und</strong><br />

wann wir Sie erwarten dUrfen.<br />

Hochachtungsvoll ergebenst<br />

R. Heckmann.<br />

München, 13.2.87<br />

Die Urauffuhrung des Werkes fand am 6. April 1887 in<br />

München statt <strong>und</strong> zwar, Uberraschenderweise, durch das<br />

Benno-Walter-Quartett. Die Ailgemeine Zeitung voin 8.4.<br />

1887 schreibt dazu:<br />

Die Herren Walter, Thorns, Ziegler <strong>und</strong> Wihan boten in<br />

ihrer dritten <strong>und</strong> letzten Quartett-Soire am Mittwoch<br />

(6.4.1887) em besonders werthvolles Programm, das nicht<br />

verfehlte, trotz des schönen Abends <strong>und</strong> der sich nun immer<br />

mehr bemerkbar machenden Hitze in unseren Concertsälen.<br />

Die Herren Walter, Thorns <strong>und</strong> Wihan spielten zuerst<br />

das dritte (c-moll) jener drei Streichtrios, op. 9.<br />

Der treff lichen AuffUhrung dieses noch ziemlich zahmen<br />

Beethoven folgte die einer hochinteressanten Novität,<br />

elnes Quartetts in F-dur für zwei Violinen, Bratsche <strong>und</strong><br />

Violoncell (op. 147, Manuscript) von Joseph Rheinberger,<br />

das uns in mehrfacher Hinsicht Uberrascht hat. Auf einen<br />

klaren <strong>und</strong> sogleich lebhaft anregenden ersten Satz, einem<br />

AllegrettO,folgt nämlich als zweiter em Adagio von so<br />

w<strong>und</strong>erbarer Klangmischung <strong>und</strong> so kUhnen Modulationen, dass<br />

die Freude des Componisten, der sonst für einen Vertreter<br />

herber Classicität gilt, Uber diese Concessionen an eine<br />

sonst verfehmte moderne Richtung anfangs nicht wenig erstaunt<br />

waren. Aber auch die Aengstlichsten mUssen sich<br />

bald bei der sieghaf ten Ruhe <strong>und</strong> Sicherheit, mit der die<br />

kühnen Tonfolgen sich ablösen <strong>und</strong> zu zwingender harinonischer<br />

Wirkung aufbauen, <strong>und</strong> die bel Rheinberger auf der<br />

felsenfesten Unterlage eines riesigen contrapunktischen<br />

Wissens <strong>und</strong> Könnens ruht, beruhigt gefuhlt haben. Diesem<br />

votn ersten bis zum letzten Ton durch den Ernst <strong>und</strong> die<br />

Energie seiner Melodie fesselnden Satze folgt als dritter


'II"<br />

- 56 -<br />

MONCHEN.<br />

Mittwoch, den 6. April 1887<br />

im grossen Saale des Museums<br />

Dritte <strong>und</strong> Ielzte<br />

UARTETT.SO1<br />

Benno Walter,<br />

K. Concertmejster u. Prof. (1. Violine)<br />

Hans Ziegler,<br />

kgi. Hofmusiker (II. Violine),<br />

unter gefalliger Mitwirkung der kgl. Kammermusiker Herren:<br />

Franz Strauss, . Profssar Cr!st!an Jaycr Jot. Bat. SiIer Ferthnau ilarlillanu<br />

(Horn). (EagoUj. (Contrabaas); (Clarinetto).<br />

Ludw. van Beethoven.<br />

op. 9. No. 3.<br />

Josef Rheinberger.<br />

Op. 147 (Manuscript).<br />

Franz Schubert.<br />

Op. 1.<br />

Anton Thorns,<br />

kgl. Kammermusiker (Bratacho),<br />

Hans .Wihan,<br />

kg1 Hofmuslker (Violence!!),<br />

r<br />

Cr I<br />

EE<br />

Trio in-Cinoll fur Violine, Bratscho mid VioIonclI.<br />

a) Allegro eon spirito, b) Adagio, c) Scherzo Allegro<br />

molto e vivace, d) Finale Presto.<br />

artett in F-dur für zwei Violinen, Brat.sche <strong>und</strong><br />

Viotoncell.<br />

a) Allegretto, b) Adagio, c) Tempo di Menuetto<br />

IModenato), d) Introduction (Adagio non troppo),<br />

Fuge (Allegro).<br />

Ootett in F-dur für zwei Violinen, Bratache, Violoncell,<br />

Contrabass, Clarinette, Fagott uiid Horn.<br />

a) Adagio, Allegro, b) .kn4spte as poco mosso,<br />

c) Scherzo Allegro vinie ) Andanta eon Vinezieni,<br />

e) Menóetto AUegre*,, Andante unolto,<br />

Allegro.<br />

Bintrittaprela 2 M. 60 Pf.<br />

ieee Kategorien, bel weleben bioher Preiaermhsigsng stattfsa<br />

FUr die 1{erren Studireaden as der kgl. Usirersit&t, am Poivtecbnikum enS<br />

Eluvea an 5cr kgl. Akademie der bildendea Kflnste and 5cr kgl. Musikachule<br />

Mb. 2.<br />

Mb. 1.50<br />

Billete sind in den kgl. Hof-Musikalienhandlungen von Otto Haibrelter <strong>und</strong><br />

Jos. Aibi, sowie Abends an der Cassa zu haben.<br />

Cassaeroffnuflg 1f7 Uhr.Antang 7 Uhr.--Ende nach 9 Uhr.<br />

5. Mllhlth*I.r, C51. ll,,f-B,,b. nd Knn. ,,,k.ni, Mln.5..<br />

)II,l,llII,I,lIIl<br />

a


- 57 -<br />

em frisch einsetzendes Menuett, das zum Schlusse des<br />

vorhergehenden Satzes im wirksamsten Gegensatz steht.<br />

Im vierten Satze vertieft sich der Componist mit sichtlicher<br />

Lust in die schwierigsten Probleme der Fuge, die<br />

der schöpferischen Kraft Rheinbergers seibstredend besonders<br />

zusagen muss, <strong>und</strong> weiche die selbe brillante<br />

Mache aufweist, wie das ganze Werk, welches das Auditorium<br />

zu so anhaltemden Beifall hinriss, dass sich der<br />

im Saale anwesende Componist wiederholt von seinem Sitze<br />

dankend erheben musste. Unser treffliches Walter-Quartett<br />

hatte sich mit der Auffiihrung des grosse Schwierigkeiten<br />

bergenden Rheinbergerschen Werkes aber auch alle<br />

Mühe gegeben, die sich denn nun belohnt f and.<br />

Im April 1887 komponierte Rheinberger die 11. Orgelsonate<br />

in d-moll, op. 148, die er Anfang Mai fertigstellte.<br />

im Juni schlo2 sich daran die Suite für Orgel, Violine,<br />

Violoncello <strong>und</strong> Streichorchester op. 149 an.<br />

Dann trifft im Sommer des Jahres Fanny eine Verschlechterung<br />

ihres Ges<strong>und</strong>heitszustandes. Mit völlig entstellten<br />

Schriftztigen teilt sie ihrem Schwager David am 5.8.<br />

1887 mit:<br />

"Noch liege ich schwer krank an Geienkrheuniatismus, kaum<br />

kann ich die Feder haiten. I.. .1 DieJ3 dauert seit Mitte<br />

Juni, <strong>und</strong> noch kann ich auf keinem Fuf3e stehen! Mein<br />

gröl3ter Trost ist, Curt in guter Luft zu wissen, denn er<br />

war ganz abgearbeitet. Heif en könnte er mir doch nichts -<br />

im Gegentheil habe ich so meine braven Dienstboten ganz<br />

zu meiner Pfiege <strong>und</strong> Nachts eine barmherzige Schwester.<br />

Curt soil nicht wissen, daB es mir noch so schiecht geht.<br />

Sei vorsichtig, wenn Du ihm schreibst, sonst könnte er<br />

die ihm so nothwendige Kur unterbrechen." I. . . /<br />

Der Komponist war während dieser Zeit, wie alljährlich,<br />

in Wildbad Kreuth, wo ihn seine Frau mit krampfhaft lustigen<br />

Briefen im Sommerurlaub für 6 Wochen zu erheitern<br />

suchte.


- 58 -<br />

Peter Rheinberger in Liechtenstein erhält folgende Nach-<br />

r ichten:<br />

Mein lieber Bruder!<br />

Seit 8 Tagen bin ich allein in Kreuth; so leid es mir<br />

that, meine Frau allein <strong>und</strong> krank zurückzulassen, so<br />

mufte ich mich in das Unabänderliche fugen. I..!<br />

Deine liebe Familie, die ich herzlichst grü8e, ist hoffentlich<br />

wohier, als meine - ich will an die letzten 5<br />

Wochen denken - bin ich doch nervös ganz auf dem H<strong>und</strong>.<br />

Wie geht es David <strong>und</strong> Dir?<br />

Hoffentlich helfen mir Molke, Ruhe <strong>und</strong> Bergiuft wieder<br />

auf!<br />

Nun lebe wohi! Dein Bruder<br />

Jos. Rheinberger.<br />

Bad Kreuth 25.7.87<br />

Am 11.8.1887 meldet sich Rheinberger brief lich bei David:<br />

Hem lieber Bruder!<br />

Deinen Brief von Masescha habe ich gestern erhalten <strong>und</strong><br />

ersehe mit Vergnügen daraus, da8 ihr Alle wohl <strong>und</strong> munter<br />

seid. Das Befinden meiner Frau bessert sich nur sehr<br />

langsam - sie war eben schwer krank <strong>und</strong> kann gegenwHrtig<br />

erst wenige St<strong>und</strong>en auBer Bett zubringen. Die Schwiegermama,<br />

welche ärztlich aufgegeben war, erholt sich glücklicherweise<br />

verhältni2mHf3ig rasch, wenn man ihr hohes<br />

Alter bedenkt. Mit meiner eigenen Ges<strong>und</strong>heit bin ich auch<br />

nicht zufrieden: meine Nerwösität ist zeitweise sehr hochgradig<br />

<strong>und</strong> merke ich, trotzdem ich seit 16. Juli hier bin,<br />

keine entscheidende Besserung; auch die Kurzathmigkeit<br />

bleibt sich gleich.<br />

Alles in Allem wird mir der heurige Sommer trotz <strong>seines</strong><br />

herrlichen Wetters in trilber Erinnerung bleiben. Seit 14<br />

Tagen ist die Kaiserin Elisabeth hier; auch Kaiser Franz<br />

Josef kam auf 3tägigen Besuch; trotzdem 1st das Leben hier<br />

sehr still. I...!<br />

1st heuer etwas Fremdenverkehr in Vaduz? Im bayr. Hochiand<br />

ist alles überfUllt; die Königsschlö2er sind der Hauptan-


ziehungspunkt. Ich denke so bis 20 - 25 des Monats hier<br />

zu bleiben - was dann, weil3 ich noch nicht <strong>und</strong> hängt von<br />

Fanny's Befinden ab.<br />

Nun lebe wohi lieber Bruder <strong>und</strong> schreibe wieder gelegentlich<br />

Deinem Bruder<br />

Josef Rheiriberger.<br />

Bad Kreuth 11.8.87<br />

Fanny erholt sich nur langsam von ihrer Krankheit <strong>und</strong> erkärt<br />

David unter dem 20.8. 1887:<br />

Meine Besserung besteht darin, daI3 ich, wenn man mich<br />

yam Fauteuil einmal aufgehoben hat, einige Schritte im<br />

Zimmer auf <strong>und</strong> nieder wanken kann. Die Schmerzen stekken<br />

noch in alien Gliedern.<br />

Curt kommt Ende nächster Woche au.f em paar Tage zurück;<br />

hoffentlich geht er dann nach Starnberg. Ich kann vorlàufig,<br />

da ich noch keine Treppe steigen kann, nicht<br />

an's Reisen denken; denn ich fühle mich zu matt,- bedarf<br />

der Pflege <strong>und</strong> Hilfe beim Essen, Ankleiden, bei<br />

All em.<br />

Am 31. August 1887 schreibt Rheinberger aus MUnchen:<br />

Mein lieber David!<br />

Da elne halbe Ewigkeit verfiossen ist, seit ich Dir<br />

geschrieben habe, so drHngt es mich, Dir em Lebenszeichen<br />

zu Ubersenden. Ich bin seit gestern wieder in<br />

München, nachdem ich, ieider allein, meine sechswöchentliche<br />

Molkenkur in dem lieben Kreuth absolvirte.<br />

Das Wetter war fast beispielios schön - unter 46 Tagen<br />

nur 3 schlechte. Meine liebe Frau f and ich zwar<br />

besser <strong>und</strong> au6er Bett, aber noch schwach <strong>und</strong> mit zeitweisen<br />

Schmerzen, zum Gitick hat sich aber der voile<br />

Appetitt eingestellt, <strong>und</strong> ich hoffe von Tag zu Tag,<br />

daB sie an die freie Luft wird gebracht werden können.<br />

Gottlob ist sie immer guten Humors <strong>und</strong> zeigt sich hie


- 60 -<br />

rin starker, als es bei mir der Fail ware, wenn ich mich<br />

in der Lage befände, einen ganzen schönen Sornrner irn Bette<br />

zubringen zu mtissen.-<br />

Meine Schwiegerinarna, die urn Mitte Juli vorn Arzt so gut<br />

wie aufgegeben war, scheint sich zeitweise zu erholen,<br />

wenigstens fand ich sie gestern etwas besser als darnais.<br />

Aus Allern kannst Du entnehrnen, daB es em böser Sorniner<br />

war, den wir durchgernacht haben. Ich denke noch einige<br />

Tage an den Starnberger See zu gehen, leider wieder allein.<br />

I...!<br />

Kornrnen heuer viele Frernde nach Vaduz? Irn bayr. Hochiande<br />

wimmelte es ordentlich von Frernden <strong>und</strong> Sornrnerfrischlern.-<br />

auch konirnt das FuBwandern wieder sehr auf, <strong>und</strong><br />

beirn Bergsteigen wird das Herunterfallen förrnlich Mode.<br />

Jul. Maier, der schon seit letztern Herbst in einem geistig<br />

wie körperlich halbtodten Zustand war, ist den ganzen<br />

Sommer in Planegg bei Starnberg - er wird dem Anschein<br />

nach nicht rnehr genesen, während Prof. von Schafhäutel<br />

trotz seiner 84 Jahre recht wacker 1st, <strong>und</strong> erst<br />

dieser Tage em neues Buch Uber den Komponisten Abt Vogler<br />

veröffentlichte. In Vaduz wird sich wohi wenig geändert<br />

haben. 1st schon em neuer Hofkaplan ernannt? Von<br />

Fanny <strong>und</strong> mir die besten GrUL3e an Peter <strong>und</strong> Farnilie, sowie<br />

an den Eindsiedler David. Wenn du gelegentlich einmal<br />

nichts zu thun hast, so schreibe Deinern Dich liebenden<br />

Bruder<br />

Josef Rheinberger.<br />

Miinchen den 31.8.87<br />

Fannys Zustand bessert sich mm Laufe des Herbstes, Anfang<br />

Oktober greift sie zur Feder <strong>und</strong> schreibt in gewohnter<br />

Manier an Peter in Vaduz:<br />

München, 8.October 87<br />

Mein lieber Schwa ger!<br />

Ihr alle müf3t mir schon verzeihen, daB ich so lange sturnrn<br />

war <strong>und</strong> Eure lieben Briefe unbeantwortet lieJ3. Ich war


- 61 -<br />

Euch gewiss dankbar für Eure liebe Theilnahrne, allein es<br />

stürmete so Vieles auf mich em in dieser Schreckenszeit,<br />

daf3 mir gar of t die innere Ruhe fehite, urn mich gegen<br />

meine Nächsten auszusprechen. Warum mir der liebe Gott<br />

die schwerste Prüfung zu einer ohnedem qualvollen Krankheit<br />

auferlegt hat, daB ich meine teure Mutter weder im<br />

Leben noch ira Tode mehr sehen durfte, weil3 nur Er allein.<br />

Er hat es so gefügt; aber Er hat mir auch die Kraft gegeben,<br />

diese schreckliche Entsagung ohne Murren zu ertragen.<br />

/. . / /Meine Mutter! wurde mit Blumen überschüttet, Ihre<br />

Beerdigung war groi3artig (natürlich auch Curt zu Liebe) -<br />

nun ruht sie! Einmal habe ich sie auf dem Friedhof besucht,<br />

da man nahe zur Grabstàtte hingehen kann, aber ich<br />

glaubte doch, ich rnüsse an Ihrem Erdhügel zusamrnenbrechen.<br />

I.. . / Der Diener Mark hat mir sehr geholfen. Vor Allem als<br />

ausgezeichneter Krankenwärter <strong>und</strong> jetzt als Verwalter meiner<br />

Sachen. Allmälich zieht Ordnung em. -<br />

Ich kann jetzt zur Noth Treppen steigen, habe aber an allen<br />

Gelenken, an Elibogen <strong>und</strong> Schultern <strong>und</strong> Händen wie an<br />

den Knien starke Schmerzen, besonders Nachts.<br />

Curt ist Gott sei Dank wohi, nur leidet er schon wieder an<br />

Husten. Die Kreutherluft hatte ihm so gut gethan gehabt. Mit<br />

seiner Hand geht es ziemlich gut. I.. . /<br />

Curt's Kunst rnacht uns immer nur Freude. Heute bringt die<br />

Cölnerzeitung einen sehr rühmenden Aufsatz über sein neues<br />

Streichquartett, welches mit grof3em Entzücken dort gehört<br />

wurde. Auch hat er heuer wieder sehr gute Schüler:<br />

Amerikaner, Griechen, Italiener. Alle suchen seine jetzt<br />

sehr berühmt gewordene Schule. Mama's Tod hatte ihn sehr angegriffen<br />

- jetzt wird er wieder heiterer.<br />

Nun nochrnals Lebewohl <strong>und</strong> 1000 Grüi3e von Eurer getreuen<br />

Fanny.


- 62 -<br />

Robert Heckmann, Konzertmeister <strong>und</strong> Lelter eines Streichquartetts<br />

in Köln, schreibt an Josef Rheinberger:<br />

Köln, 4.Oct. 87.<br />

Hochgeehrter Herr,<br />

Meinem Vorhaben, Ihr Quartett schon in meiner ersten<br />

hiesigen Soiree zu bringen, mu8te ich untreu werden in<br />

Folge einer Ehrenpfllcht gegen elnen unlängst verstorbenen<br />

lieben Fre<strong>und</strong>, dessen Compositionen die Novitäten<br />

meines ersten Programms bildeten. Inde1 hat das<br />

Studium Ihres Quartetts uns gro2e Freude bereltet <strong>und</strong><br />

erwarte ich bestimmt, da2 das Publikum in unserer heutigen<br />

2. Soiree es mit dem gleichen Wohlgefallen aufnimmt,<br />

das es uns beim Spiel bereitet.<br />

In MUnchen spielen wir zurn ersten Male Beethovens op.<br />

130 in der ursprilnglichen Gestalt mit Fuge als Schluf3satz<br />

<strong>und</strong> hinterher noch das nachcomponirte Finale. Dadurch<br />

nimmt das Werk so viel Zeit weg, daf3 ich ihm nicht<br />

em zweites ganzes Quartett als 2. Nummer folgen lassen<br />

kann; <strong>und</strong> urn das Ihrige nicht zerstückeln zu mUssen,<br />

habe ich rnich für 2 Sätze, <strong>und</strong> zwar die beiden effektvollsten,<br />

aus dem Quartett von Gernsheim entschieden.<br />

Leider konimen wir erst am Conzerttag Mittags in München<br />

an <strong>und</strong> müssen den nächsten Morgen urn 7 wieder welter,<br />

sodal3 ich auf das Vergnügen, Ihnen elnen Besuch zu<br />

machen, verzichten muf3.<br />

Ihnen nochmals herzlich dankend für das künstlerische<br />

Vertrauen, das Sie mit Uberlassung Ihres Quartetts in<br />

mich gesetzt haben, begrül3e ich Sie, auch irn Namen melner<br />

Collegen.<br />

Hochachtungsvoll ergebenst<br />

Rbt. Heckmann.<br />

Die Kö]rnische Zeitung vom 6. Oktober 1887 berichtet über<br />

R.Heckmanns Zweite Soirée für Kammermusik mm Isabellen-<br />

Saal des Gürzenich:<br />

Durch em sehr genul3reiches Programm zeichnete sich der<br />

zweite Kammermusikabend des Heckrnannschen Quartetts am<br />

4. October aus, der durch em erst in Handschrift vor-


- 63 -<br />

handenes Streichquartett in F-dur, 147. Werk, von Josef<br />

Rheinberger eröffnet wurde. Dasselbe zeigt elne Geschicklichkelt<br />

in der Bearbeitung der Motive <strong>und</strong> eine Sicherheit<br />

in der Entwicklung des musicalischen Satzes, wie sie<br />

bei den Neuern selten zu finden 1st. Die Erfindung begnUgt<br />

sich weder mit dem NHchstliegenden, noch verletzt<br />

sie durch Gesuchtheit <strong>und</strong> Schroffheit. Der Quartettstil<br />

1st überall streng gewahrt <strong>und</strong> trägt der Natur jedes Instruments<br />

die voliste Rechnung, sodal3 nicht allein der<br />

Wohlklang Uberall gewahrt 1st, sondern auch manche elgentiimliche<br />

<strong>und</strong> fesselnde Klangwirkung, so im Schlul3teil des<br />

Adagios <strong>und</strong> im Trio des Menuets, erzeugt wird. Auch in<br />

der Ausfeilung des Begleitwerks gibt sich erlesener Geschmack<br />

k<strong>und</strong>. Während an Rheinberger eine bewuf3te <strong>und</strong><br />

gluckliche Nachahmung des classischen Stils festzustellen<br />

war, liel3 der nachgelassene C-moll Quartettsatz von<br />

Franz Schubert em bewul3tes Streben, diesen Stil zu erweitern,<br />

erkennen. I... /<br />

Heckmann machte sich urn die Verbreitung von Rheinberger's<br />

Kammermusik in dieser Zeit verdient, <strong>und</strong> Rheinberger widmete<br />

ihm sein op. 147. Heckmann bedankt sich mit folgenden<br />

Zeilen:<br />

Hochgeehrter Herr Prof. Rheinberger!<br />

Von einer lHngeren Reise heimgekehrt, finde ich nicht<br />

allein Herrn Leuckart's Sendung der gedruckten Partitur<br />

<strong>und</strong> Stiminen Ihres mir so lieben <strong>und</strong> deshaib - wie Sie<br />

vielleicht erfahren haben werden - von mir auch in England<br />

mehrfach <strong>und</strong> mit gröt3tem Erfoig gespielten F-dur-Quartetts<br />

op. 147, sondern auch Ihre frdl. Zeilen vom 22. Januar,<br />

worm Sie in so ehrender Weise mir dieses Werk dediciren!<br />

Haben Sie verbindlichsten Dank für dieses unschätzbare<br />

Zeichen Ihrer Anerkennung für mein Wirken <strong>und</strong> Streben auf<br />

dem Gebiet der Kammermusik.<br />

Aus dein beifolgenden Exemplar meines gedruckten Repertoires<br />

ersehen Sie, dal3 ich Ihr Quartett schon im vorigen Herbst in<br />

dies Circular aufgenonimen hatte. Das nunmehrige Erscheinen<br />

im Druck sowie die ehrende Dedication läf3t mich bei Revision<br />

der soeben verbreiteten neuen'Auflage meines Repertoires


- 64 -<br />

die Worte Manuscript streichen <strong>und</strong> dafür die Dedication<br />

setzen, <strong>und</strong> historische Daten, zumal nach dieser Seite<br />

auch bei den übrigen Nummern meines Repertoires 1. Auflage<br />

viele Ungenauigkeiten <strong>und</strong> UnterlassungssUnden sich<br />

eingeschlichen haben. Vielleicht kann ich Ihnen schon<br />

morgen fertige II. Auflage senden. Einstweilen nehmen<br />

Sie mit meinem aufrichtigen Dank <strong>und</strong> Exemplar I. Aufiage<br />

fürlieb, wie solche auch nach Italien gegangen, wo ich<br />

demnächst Ihr Quartett ebenf ails zu spielen gedenke <strong>und</strong><br />

es speziell den betr. Concertvorständen zur Wahl empf ohlen<br />

habe.<br />

Vielleicht komme ich auf dem Rückweg von Italien-österreich<br />

Anfang April nach München, <strong>und</strong> wenn Sie glauben,<br />

daB noch Aussicht auf finanziellen Erfolg zu der Zeit<br />

(zu Ostern), so könnten wir 1 oder 2 Concerte in NUnchen<br />

geben! Freilich, gegen 10. April! müssen wir schon<br />

wieder auf Route nach England sein!<br />

Vielleicht haben Sie die GUte, Ihre Bekannten-Kreise in<br />

dieser Frage zu sondiren <strong>und</strong> mir zu sagen, wie die Stimmung?<br />

Nit hochachtungsvollem GruB Ihr dankbar ergebener<br />

Coin, 26.1.88<br />

Rbt. Heckmann.<br />

P.S. Ich wUnschte, daB mein von Schottland (Glasgow) nach<br />

MUnchen tibergesiedelter <strong>und</strong> nun dort privatisirender, sehr<br />

lieber <strong>und</strong> sehr musikalischer Fre<strong>und</strong> Emil ClauB näher mit<br />

Ihnen bekannt wtirde <strong>und</strong> werde mir daher erlauben, ihm meine<br />

Karte zur "Einftihrung" bei Ihnen einzusenden.<br />

Glauben Sie, daB eine NOglichkeit in Mtinchen, bel Hof zu<br />

spielen ?<br />

DaB wir am 21. Nov.87 auf telegrafische Berufung vor der<br />

KOnigin von England gespielt (in deren schottischen Hochlands-Schlot3<br />

"Balinoral Castle"), dUrfte Ihnen aus der Ztg.<br />

bekannt em!<br />

Ihre Ansicht tiber Obiges <strong>und</strong> event. Verwendung ware mir<br />

von groBem Werth.<br />

Ergbst. RH.<br />

Auch in England ist durch Btilows Vorarbeit em groBes Interesse<br />

für Rheinbergers Werke nachweisbar. Aus London


schreibt em Enthusiast:<br />

- 65 -<br />

Rheinberger House<br />

Belsize Road N.W.<br />

London, d. 7.10.87<br />

Sehr geehrter Herr Hofkapellmeister.<br />

Im Kreise einiger enthusiastischer Verehrer guter Kammermusik<br />

haben uns Ihre werthvollen Compositionen, besonders<br />

das berUhmte Clavier-Quartett sehr viele frohe,<br />

genu2reiche St<strong>und</strong>en bereitet. Wir haben uns daher in<br />

dankbarer Verehrung erlaubt, bei kürzlich stattgehabter<br />

Besitznahme eines neuen Häuschens dasselbe auf Ihren Namen<br />

zu taufen <strong>und</strong> bitten urn Ihre nachträgliche Genehrnigung.<br />

An mehreren Abenden der Woche versammein sich hier<br />

nun in unserem Musikzlmmer einige musikalische gute Fre<strong>und</strong>e,<br />

gleich uns junge Leute zurn Streichquartett, Quintett<br />

etc mit oder ohne Clavier <strong>und</strong> möchten wir nun gem auch<br />

das Zimmer mit einem Bud von Ihnen geschmuckt sehen.<br />

Leider ist es nun nicht rnöglich gewesen em soiches bier<br />

zu bekommen <strong>und</strong> geht nun unsere Bitte an Sie dahin Ihren<br />

Photographen zu beauftragen uns em soiches zu senden,<br />

seibstredend auf unsere Kosten, besonders dankbar würden<br />

wir Ihnen aber sein, wenn Sie das Bud mit Ihrem Narnenszug<br />

versehen woilten.<br />

Ich bitte Sie irn Namen meiner Fre<strong>und</strong>e die Dreistigkeit<br />

dieses Ansjnnens sowie die Ihnen verursachte Mühe zu entschuldigen<br />

<strong>und</strong> sich unseres verbindlichsten Dankes versichert<br />

zu halten.<br />

Mit vorzuglicher Hochachtung <strong>und</strong> Verehrung Ihr ganz ergebener<br />

C. Suckau.<br />

Rheinberger tibersendet em Portrtfoto <strong>und</strong> erhält folgenden<br />

Dankbrief:<br />

London, 16.10.87.<br />

Sehr geehrter Herr Hofkapellmeister!<br />

Ihre liebenswürdigen Zeilen sowie das sie begleitende<br />

Bildnil3 <strong>und</strong> die hUbsche Photographie Ihres Arbeits- <strong>und</strong><br />

Wohnzimmers babe ich im bestem Zustande ernpfangen <strong>und</strong>


- 66 -<br />

sage Ihnen in meinem <strong>und</strong> meiner Fre<strong>und</strong>e Namen den allerherzlichsten<br />

Dank für die unsere kühnsten Hoffnungen weit<br />

übertreffende munificente Erfüllung unseres unbescheidenen<br />

Wunsches. Besonders die köstliche Idee, das Bud mit den<br />

Anfangstacten Ihres herrlichen Quartetts zu begleiten, hat<br />

uns Uberaus erfreut <strong>und</strong> können Sie versichert sein, dal3<br />

wir die Photographie als den schönsten Schmuck unseres<br />

Musikzimmers betrachten. Dankbar sind wir auch dem BudniB<br />

weiches uns Ihre Bekanntschaft vermittelt <strong>und</strong> wir uns<br />

dasselbe stets in aufrichtiger Verehrung an den liebenswlirdigen<br />

Spender erinnern.<br />

Hoffentlich 1st es uns auch einmal vergonnt, persOnlich das<br />

Original begrUl3en zu können, was wir keinesfalls versäumen<br />

werden, falls einer von uns einmal nach München kommen sollte.<br />

Sollte Sie Ihr Weg dagegen über London führen, so hoffen<br />

wir, werden Sie uns die Freude bereiten, unser bescheidenes<br />

Tusculum zu Ihrer Verfügung stellen zu dürfen.<br />

In dankbarer Verehrung <strong>und</strong> vorzilglicher Hochachtung Ihr ergebener<br />

C. Suckau.<br />

Eine Momentaufnahme aus dem Konzertleben der Kgl. Musikschule<br />

dieser Jahre liefert Dr. Theodor Goring in der Augsburger<br />

Abendzeitung vom 26.11.1887:<br />

Die konigliche Musikschule veranstaltete letzten Montag<br />

(21.11.87) im grossen Odeonssaale em Konzert zugunsten<br />

des Stipendienfonds der Anstalt, in welchem von Mitgliedern<br />

des LehrkOrpers unter Zuziehung der Orchester <strong>und</strong><br />

obersten Chorklasse eine Reihe von zum Theil hochbedeutenden<br />

Tonstücken in durchaus vortrefflicher, mustergiltiger<br />

Weise zur Aufführung gebracht wurde.<br />

Nach einer, von Herrn L. Maier gut vorgetragenen Orgelfuge<br />

(C-dur) von Joh. Seb. Bach, spielten die Herren M.<br />

Hieber <strong>und</strong> Schwartz eine Violinsonate von Mozart, F-dur<br />

(KOchel 376), eine der reizvollsten dieser Sonaten. Es<br />

folgte dann em Konzert in c-moll für zwei Klaviere mit<br />

Streichorchester von Joh. Seb. Bach. Das Konzert wurde<br />

von den Herren Kellerinann <strong>und</strong> Thuille kraftvoll <strong>und</strong> mit<br />

richtigem Ausdruck vorgetragen; ausnehmend gelungen war


- 67 -<br />

die Begleitung des von Herrn Abel trefflich dirigierten<br />

Orchesters. Der vokale Theil brachte Kompositionen für<br />

gemischten Chor von K.v.Perf all <strong>und</strong> M. Zenger; von ersterem<br />

zwei hübsche <strong>und</strong> frische vierstitnmige Chöre,"Gleichhelt"<br />

<strong>und</strong> "0, lasst den König em", von letzterem em sehr<br />

originelles fUnfstimmiges "Mailied" mit obligater Trompete<br />

(von Herrn Meichelt virtuos geblasen), sämmtliche von dem<br />

Publikum sehr beifällig aufgenommen. Einen Genuss der feinsten<br />

Art gewahrte alsdann das im ?!ozart'schem Geiste komponierte<br />

herrliche Quintett für Klavier, Oboe, Klarinette, Fagott<br />

<strong>und</strong> Horn Es-dur op. 16 von Beethoven. Herr Giehrl trug<br />

den Kiavierpart mit vollendetem künstlerischem Geschmack<br />

vor; die Maser , Herren Reichenbächer, Hartmann, Chr. Mayer<br />

<strong>und</strong> Strauss, erwiesen sich sämmtlich als gediegene Meister<br />

ihres Faches.<br />

Den Schluss bildete J. Rheinberger's Konzert in F-dur für<br />

Orgel, Streichorchester <strong>und</strong> 3 Homer, weiches vor drei Jahren<br />

zum ersten Mal In einem Akademiekonzert aufgeführt wurde.<br />

Dasselbe 1st, wle es die Natur des Instrumentes gewissermassen<br />

fordert, in all semen drei Sätzen im strengen<br />

kontrapunktischen Styl geschrieben <strong>und</strong> gehOrt unstreitig zu<br />

den besten Werken des Komponisten, der ja hier auf seinem<br />

eigensten Felde sich befindet. Die Prinzipalstitmne wurde<br />

von Herrn O.Hieber meisterhaft vorgetragen, wodurch uns, namentlich<br />

bei der im dritten Satz eingelegten Kadenz, auch<br />

Gelegenheit geboten war, die VorzOge der neuen Orgel in lhrem<br />

ganzen Umfang zu wurdigen. Bekanntlich war im Odeons-Saal bisher<br />

em Werk aufgestellt, weiches dem Namen "Konlgin der Instrumente"<br />

in sehr geringem Masse entsprach. Durch die nun dem<br />

Gebrauch übergebene, von Herrn Merz, hier, gebaute neue Orgel<br />

hat der, unsemn grossen Konzerten zu Gebote stehende Apparat<br />

einen sehr erfreulichen Zuwachs erhalten.<br />

Das Publikum hatte sich leider nlcht so zahireich eingef<strong>und</strong>eri,<br />

als das schOne Programm erwarten hess; doch wurden sämtliche<br />

Vorträge mit dem lebhaftesten Beifall aufgenommen.<br />

Während Rheinberger in MUnchen in seinem Wlrkungskreis an der<br />

Kgl. Musikschule verbleibt <strong>und</strong> weiterhin als Kgl. Kapellmeister<br />

für Kirchenmusik an der Allerheiligen-Hofkirche semen


- 68 -<br />

Dienst versieht, treffen vor allem aus den Vereinigten<br />

Staaten zahireiche Briefe seiner Schüler bei ihrn em,<br />

die ihrem verehrten Kompositionslehrer von den Erfolgen<br />

<strong>und</strong> Mi!3erfolgen ihrer Lebensschicksale berichten. Als<br />

Beispiel für die zuweilen in arnerikanisch verbalihorntern<br />

Deutsch abgefa6ten Schreiben sollen hier zwei Dokumente<br />

von Arthur Gordon Weld (1862-1914), Dirigent<br />

in Boston, angefuhrt werden, der 1887 (ohne Datum) an<br />

Rheinberger schrieb:<br />

102 Boyiston Street<br />

Boston, Mass.<br />

Sehr geehrter Herr Professor,<br />

Wir sind endlich so weit mit unsere Einziehen hier im<br />

Hause, dass ich einige Minuten habe, urn Ihnen unsere<br />

Ankunft anzukündigen,. Wir haben eine sehr schlechte Uberfahrtgehabt,<br />

16 Tagen mit eine Cyclone oder Wirbelwind,<br />

welche eine ganze Woche dauerte <strong>und</strong> den Schiff sehr viel<br />

Schaden that; beinahe alie Booten waren verloren, em<br />

Mastbaum, viele Segel, Tauen, etc. Kurz, alles was Wind<br />

<strong>und</strong> Wasser brechen konnte, war weg; <strong>und</strong> wir sehen wie<br />

em Wrack aus, als wir in New York Haven ankarnen. Ich<br />

war fiirchterlich seekrank, aber meine Frau <strong>und</strong> die Kinder<br />

waren sehr munter die ganze Zeit. Endlich in New<br />

York angekommen, rnusste ich zuerst die grosse Frage entscheiden,<br />

ob ich dort bleiben oder hierher kommen solite,<br />

<strong>und</strong> nach vielen Kopfzerbrechen habe ich endlich für Boston<br />

entschieden, <strong>und</strong> es scheint, dass ich richtig gewHhlt<br />

habe. Aber nachdem ich entschlossen hatte, kam<br />

erst recht das allerschreck].jchste - nEmlich ich musste<br />

zwei voile Wochen lang HEuser <strong>und</strong> Wohnungen ansehen, bis<br />

ich etwas richtiges .finden konnte. Aber jetzt freut es<br />

mich, dass ich nicht zu bald etwas nahm, da wir hier sehr<br />

schön placirt sind; mit den Park uns gegenUber <strong>und</strong> in den<br />

allerbesten Viertel.<br />

Ich war schon in vielen Concerten, <strong>und</strong> nEmlich die Symphonie<br />

Orchester 1st wirklich die gewaitigste Concert-<br />

Orchester, das ich je gehört habe.<br />

Vorige Woche spleite Herr BEhrmann im Syrnphonie-Concert<br />

die Schumann Concert <strong>und</strong> errang eine von die grossartigste<br />

Erfolge, das man seit sehr vieien Jahren in Boston


- 69 -<br />

gesehen hat; er spielte es wirklich colossal schön. Und<br />

was den Orchester selbst angelangt, es ist wirklich garnicht<br />

zu beschreiben: die Prgcision der Streicher; <strong>und</strong><br />

die tadellose Reinheit der Bläser ist etwas, was ich<br />

mich vorher kaum denken konnte; insofern ist Gericke<br />

ganz famos; das heisst, als Disciplinariner, aber in<br />

seiner Interpretation weicht er sehr oft weit von die<br />

ailgemeine Tradition ab (nämlich mit Beethoven), <strong>und</strong><br />

das gefällt mir garnicht. Erwirdwahrscheinlich meine<br />

Suite diesen Winter (nach Weihnachten) spielen; wenn<br />

nicht moglich, sicher nächstes Jahr.<br />

Petzitt war hier, hielt es aber nur wenige Wochen aus,<br />

da er ungeduldig wurde, dass er nicht gleich eine Masse<br />

Schtiler bekam <strong>und</strong> ist nach Minneapolis gegangen, wo er<br />

eine Stellung auf drei Jahre in elne neubegrUndete Musikschule<br />

angenotmnen hat. Hamer hat eine Orgeistellung<br />

in eine kleine Provinzstadt nicht weit von Boston bekommen.<br />

Whiting ist hier <strong>und</strong> es geht ihm jetzt sehr gut<br />

<strong>und</strong> seine Sachen wurden ziemlich viel gespielt; aber<br />

mit Parker scheint es sehr schlecht zu gehen. Ich habe<br />

ihn gesehen in New York, <strong>und</strong> er scheint seine ganze Interesse<br />

an Musik verloren zu haben; er hat eine sehr gute<br />

Orgeistellung ($1500) <strong>und</strong> gibt viele St<strong>und</strong>en, cornponirt<br />

aber gar nicht, geht nicht in die Concerte <strong>und</strong><br />

scheint, wie gesagt, gar kein Interesse mehr zu haben;<br />

bleibt lieber zu Hause <strong>und</strong> "spielt" mit seine Frau <strong>und</strong><br />

Kind. Seine "König Trojan" (eben von Van der Stucken<br />

irn "Anierikanischen Concert" gegeben) hat in New York<br />

nicht gefallen; man f and es monoton etc. <strong>und</strong> das schien<br />

die letzten Stroh zu sein; er sagt, er will nicht mehr<br />

schreiben etc.<br />

Ich hoffe, Herr Professor, dass meinen langen Brief Ihnen<br />

nicht gelangweilt hat; aber ich dachte, es würde<br />

Ihnen dies alles interessiren. Wir beide schicken einen<br />

sehr schönen Gru2 an die liebe Frau Professor.<br />

Ihr sehr ergebener <strong>und</strong> dankbarer alter SchUler<br />

Arthur Gordon Weld.<br />

P.S. Die Frau Professor hat mir geschrieben, dass Sie<br />

woilten so fre<strong>und</strong>lich sein, mir elne Ernpfehlungs Brief<br />

zusenden; es würde mich sehr helfen hier.


- 70 -<br />

Arthur Weld<br />

102 Boylston Street<br />

Donnersttag. 19. 1. 88.<br />

Sehr geehrter Herr Professor,<br />

Ich danke Ihnen viel tausendmal für die Empfehlung, welche<br />

zweifelsohne mir von sehr grosse NUtzen sein wird. Es<br />

geht mir immer noch sehr gut hier. Ich habe schon eine<br />

kleine Dirigenten-Stelle bekoimnen. Nämlich em Opernsänger<br />

hier (Charles Adams, der sehr lange in Wiener Hofoper<br />

war) hat eine sehr grosse sogenannte "Opera-School" <strong>und</strong><br />

jede Woche oder 10 Tage führt er mit seine Schüler elne<br />

Oper auf - mit Chor <strong>und</strong> alles, <strong>und</strong> eine Orchester von 40<br />

Mann zusainmengestelit <strong>und</strong> die Symphonie-Orchester, <strong>und</strong><br />

diese Stelle habe ich bekoinmen. Es gibt nur zwei Proben<br />

jedesmal, <strong>und</strong> ich bekomme für die zwei Proben <strong>und</strong> Aufführung<br />

100 Mark jedesmal, <strong>und</strong> (was mir viel rnehr Werth ist)<br />

sehr viel Routine.<br />

Die National Opera ist jetzt hier <strong>und</strong> ist im ganzen grossen<br />

sehr gut, macht überall aber sehr schlechte Geschäfte<br />

<strong>und</strong> steht wieder zum zweiten mal den Bankrot <strong>und</strong> Krach sehr<br />

nahe. Neulich ist Lohengrin beinahe eine St<strong>und</strong> spEt angefangen,<br />

weil Chor <strong>und</strong> Orchester gar nichts machen woliten,<br />

bis sie wenigstens etwa von ihren Wochengage bekamen, <strong>und</strong><br />

der Director musste flberall Geld borgen, urn das zu thun<br />

<strong>und</strong> überhaupt anfangen zu können. Das ist sehr traurig,<br />

nicht wahr? wenn man hier keine Oper aufrecht halten kann.<br />

Ich danke Ihnen noch einmal für die Empfehlung <strong>und</strong> werde<br />

mich erlauben, hier <strong>und</strong> da zu schreiben <strong>und</strong> alles erzhlen,<br />

was hier vorgeht.<br />

Ich habe eine Suite von 6 Tänzen: Bourre, Gavotte etc.<br />

für Streichorchester gemacht.<br />

Nit sehr sch6nem Gruss<br />

Arthur G. Weld.<br />

Bitten <strong>und</strong> Empfehlung häuf en sich, <strong>und</strong> Rheinberger 1st<br />

auch stets urn das berufliche Fortkomrnen seiner ehemaligen<br />

Schüler besorgt:


- 71 -<br />

Henry Holden Huss (1862-1953), Komponist <strong>und</strong> Musiklehrer<br />

in New York, schreibt an Rheinberger:<br />

New York, 18.3.87.<br />

Ceehrter Herr Prof. Rheinberger!<br />

WHhrend ich so glUcklich war, Komposition unter Ihrer<br />

meisterhaf ten Direktion zu studiren, war es mir nicht<br />

mUglich, dein Klavier so viel Zeit zu widmen, als ich<br />

wünschte, deswegen nach reifer tiberlegung glaube ich,<br />

dass es für mich sehr vortheilhaft ware, wenn ich einige<br />

Nonate mit Dr. Hans von Bülow studiren könnte.<br />

Darf ich als Ihr ehemaliger Schtiler so frei sein, Sie<br />

urn em paar Zeilen an Dr. von Bülow zu bitten?<br />

Glauben Sie, dass es wahrscheinlich 1st, dass Dr. von<br />

Billow mich als Schüler für kurze Zeit annehmen würde?<br />

Im Fàlle ich es arrangiren könnte, St<strong>und</strong>en von ihm<br />

während des Sonuners zu nehmen, gedachte ich ungefahr<br />

Ende Mal hinüber zu gehen. Wenn es Ihnen möglich ware,<br />

vor meiner Abreise mir die genannten Zeilen zuzuschikken,<br />

wUrde ich sehr dankbar sein.<br />

Ich hoffe, nHchsten Winter in mehreren Konzerten aufzutreten<br />

<strong>und</strong> selbst em Konzert von meinen elgenen Koinpositionen<br />

zu geben. Herr Frank von der Stucken hat<br />

mir versprochen, mein Fántasle-StUck für Kiavier <strong>und</strong><br />

Orchester in London in einem von den zwei Konzerten,<br />

in welchem nur amerikanische Kompostionen aufgefuhrt<br />

werden sollen, Ende Nal oder Anfang Juni zu geben. Mr.<br />

William H. Sherwood, em ausgezeichneter Virtuose,<br />

wird die Klavier-Partie übernehmen. Die Ballade "König<br />

Trojan" von Herren Parker wird vielleicht von Herrn Van<br />

der Stucken noch in dieser Saison hier in New-York in<br />

elnem von sechs symphonischen Konzerten aufgefUhrt,<br />

gleichfalls in elnern von diesen Konzerten gedenkt Herr<br />

Van der Stucken eine Romanze für Streichorchester, drel<br />

Homer <strong>und</strong> zwei Qboen von mir aufzuführen. "KOnig Trojan"<br />

1st neulich in Providence, Rhode Island, unter<br />

Herrn Jordan's Leitung gegeben.<br />

Herr Arthur B. Whiting hat sein sehr gediegenes <strong>und</strong> edel<br />

gehaltenes Klavierkonzert wahrscheinlich jetzt fertig.<br />

Ich habe die trauriche Nachricht von ihm eben erhalten,<br />

dass seine Schwester Frl. Whiting vor elnigen Tagen an


- 72 -<br />

der Schwindsucht gestorben ist. Ich hoffe, dass Sie <strong>und</strong><br />

Ihre geehrte Frau sich bei guter Ges<strong>und</strong>heit befinden.<br />

Die Studien Jahre, die ich bei Ihnen <strong>und</strong> die Herrn Professoren<br />

Giebrl <strong>und</strong> Abel durchgemacht habe, halte ich<br />

immer in dankbarer <strong>und</strong> angenehmer Erinnerung, <strong>und</strong> die<br />

blosse Möglichkeit, dass ich München bald wiedersehen<br />

könnte, macht mir grosse Freude.<br />

Mit den besten Griissen von uns allen an Sie <strong>und</strong> Ihre<br />

Frau Gemahlin bleibe ich Ihr ergebener<br />

Henry Holden Huss.<br />

Walter Petzet (1866-1941), Kiaviervirtuose <strong>und</strong> Musikschriftsteller<br />

berichtet aus den USA an semen Lehrer:<br />

Boston, 25.Sept.87.<br />

Hochverehrter Herr Professor!<br />

Obgleichich in New-York nochmals einen Brief aus Minneapolis<br />

erhielt, der noch günstigere Bedingungen in Aussicht<br />

stellte, lehnte ich doch definitiv ab, da ich mich<br />

keinesfalls auf 3 Jahre binden wollte. Ich folgte dem<br />

Rate des Herrn Lang, nach Boston zu gehen, <strong>und</strong> muss gestehen,<br />

dass er sich meiner sehr fre<strong>und</strong>lich annahm. Er<br />

stelite mich einer Reihe von Musikern, Kritikern <strong>und</strong> andern<br />

für mich wichtigen Personen vor, unter denen sich<br />

besondern em Mr. Capen für mich interessirte, der auch<br />

beiliegenden Artikel in eine der gelesensten Bostoner<br />

Zeitungen setzte. Die Geschäftsführer von Chickering<br />

stellten mir em Clavier frei zur Verfügung <strong>und</strong> boten<br />

mir auch ihren Conzertsaal umsonst für einen Kiaviervortrag,<br />

den ich in 2-3 Wochen zu geben beabsichtige, <strong>und</strong><br />

den ich jedenfalls mit Ihrem As-dur Konzerte beschlie-<br />

8en werde. Für das Bostoner Conservatory of Music bin ich<br />

sogar schon als Harmonielehrer engagirt worden, wozu jedenfalls<br />

Ihre so sehr gütige Empfehlung das Meiste beigetragen<br />

hat. 1st auch die Stellung vorlaufig nicht glänzend,<br />

indem ich die St<strong>und</strong>en einzeln bezahit erhalte <strong>und</strong><br />

erst einen Schüler habe, so ist mir doch damit em Anhaltspunkt<br />

geboten <strong>und</strong> es steht mir natUrlich frei, Privatst<strong>und</strong>en<br />

zu geben. Auch eine solche f and ich schon, <strong>und</strong>


73 -<br />

ich erhalte 4 Dollars für die St<strong>und</strong>e (im Conserv. nur<br />

2 D.), was selbst für Amerika eine sehr gute Bezahiung<br />

ist. Freilich muss ich von der jetzt erst anbrechenden<br />

Saison das Meiste hoff en, denn meine 2 SchUler reichen<br />

nicht hin, urn auch nur die Hälfte des hier sehr teuern<br />

Lebensunterhaltes zu bestreiten.<br />

Bel alledem bin ich aber sehr zufrieden, da ich bis jetzt<br />

entschieden ClUck hatte. Auch mit dem Englischen geht<br />

es sehr gut, <strong>und</strong> ich hätte nicht gedacht,dass ich mich<br />

so schnell daran gewöhnen wUrde, obgleich ich schon in<br />

MUnchen VorUbungen machte. Ich muss es fast fortwährend<br />

sprechen, in meinem Hause versteht niemand deutsch, <strong>und</strong><br />

mir wurde schon mehrfach versichert, dass ich besser<br />

spräche, als Deutsche, die jahrelang hier sind. Wenn<br />

dies vielleicht auch etwas zu euphemistisch ist, lerne<br />

ich doch täglich in Theorie <strong>und</strong> Praxis weiter <strong>und</strong> habe<br />

mir in letzterer schon eine gewisse Unverfrorenheit angeeignet,<br />

mit der ich mich oft in der kUhnsten Weise ausdrUcke.<br />

Doch man versteht mich, <strong>und</strong> ich gebe morgen die<br />

erste englische Harmoniest<strong>und</strong>e, das ist die Hauptsache.<br />

Meine Reise war w<strong>und</strong>ervoll. Hatte ich schon in Deutschland<br />

ausser der Rheinfahrt die Stdte Frankfurt, Bonn<br />

(natUrlich Beethovens Geburtshaus <strong>und</strong> Schumanns Grab)<br />

gesehen <strong>und</strong> Coin zu bew<strong>und</strong>ern Gelegenheit gehabt, so<br />

verdient doch die Seefahrt als Krone des Ganzen genannt<br />

zu werden. Obglelch wir meist stUrmisches Wetter hatten<br />

<strong>und</strong> sogar einmal von elnem Hurricane heimgesucht wurden,<br />

der arge Verwirrung verursachte, war ich garnicht<br />

seekrank <strong>und</strong> immer an Deck, urn die gebotenen NaturgenUsse<br />

ordentlich auszukosten.<br />

In New-York wurde ich von Huss aufs liebenswUrdigste<br />

empfangen <strong>und</strong> musste auch einige Tage bei ihm wohnen.<br />

Schon im Hafen begrUsste er mich <strong>und</strong> opferte die ganzen<br />

nächsten Tage mir, urn mir die Herrlichkeiten des allerdings<br />

grossartigen New-York zu zeigen.<br />

Auch bel Parkhursts war ich mehrmals, Parker sprach ich<br />

einmal auf der Strasse <strong>und</strong> seine junge Frau besuchte ich<br />

mit Huss. Heute vor 14 Tagen verbrachte ich den Sonntag<br />

in Philadelphia mit einem Onkel, den ich 17 Jahre nicht<br />

gesehen hatte. Seit 13.d.M. bin ich hier <strong>und</strong> fand von<br />

aiten Bekannten Herrn Whiting vor, der kaum 3 Minuten


- 74 -<br />

entfernt von mir wohnt. Gestern besuchte ich auch einen<br />

andern frtiheren Schüler, Herrn Chadwick, der sich eines<br />

bedeutenden Ansehens unter den hiesigen Musikern erfreut.<br />

Jetzt habe ich Ihnen aber schon so lange vorgeplaudert<br />

<strong>und</strong> mich noch garnicht nach Ihrem <strong>und</strong> Ihrer Frau Gemahun<br />

Wohlergehen erk<strong>und</strong>igt. Ich hoffe, dass Kreuth auch<br />

diesmal seine heilbringende Wirkung geUbt hat <strong>und</strong> dass<br />

Ihre hochverehrte Frau Gemahlin auf dem Wege der Besserung,<br />

auf welchem ich sie glücklicherweise das letzte<br />

Mal, als ich das GlUck <strong>und</strong> die Ehre hatte, von ihr empfangen<br />

zu werden, schon antraf, nun so rüstig fortgeschritten<br />

ist, dass ihr Befinden schon längst nicht mehr<br />

das Geringste zu wUnschen übrig lässt. Ich würde mich aul3erordentlich<br />

freuen, dies zu hören, <strong>und</strong> bitte Sie ergebenst,<br />

ihr meine besten Empfehlungen zu FUl3en zu legen.<br />

Vielleicht haben Sie, verehrter Herr Professor, auch die<br />

Güte, mich den Herren Professoren Abel <strong>und</strong> Hiehrl, an die<br />

ich auch in nächster Zeit schreiben will, gelegentlich zu<br />

empfehlen.<br />

Indem ich Sie bitte, mir auch in der Ferne das gUtige<br />

Wohlwollen, dessen Besitz mich so glücklich macht, bewahren<br />

zu wollen, verbleibe ich stets<br />

Ihr dankbar ergebener<br />

Walter Petzet,<br />

care of Mrs. Warren<br />

469 Colubus Ave.<br />

Boston, Mass.. -


- 75 -<br />

Am 1. Dezember 1887 schrieb Rheinberger u.a. an semen<br />

Bruder David:<br />

Wir sind verhältniBmäl3ig wohi, d.h. es dürfte noch besser<br />

gehen. Factum 1st, da2 meine Frau nur durch Anwendung von<br />

Magnetismus <strong>und</strong> Massage wiederhergestelit wurde, nachdem<br />

sich die Allopathie als ganz wirkungslos erwies; zur<br />

Festigung der Ges<strong>und</strong>heit wird sie wohi im Friihjahr wieder<br />

nach Wildbad Kreuth gehen miissen. - Meine Hand ist ziemlich<br />

gut, - ganz ges<strong>und</strong> wird sie kaum mehr werden; ich<br />

mu eben so zufrieden sein, es hätte viel schlimmer werden<br />

können. -<br />

MIt dem Schriftsteller Franz Trautmann habe ich melnen<br />

besten Fre<strong>und</strong> in München verloren, ja ich glaube, er wird<br />

mir unersetzlich bleiben. -<br />

Julius Maier 1st pensionirt, scheint häufige SchiaganfHlle<br />

zu haben; eine Konversation mit ihm 1st seiner lallenden<br />

Sprache wegen kaum mehr möglich. Schafhäutl bef indet<br />

sich wohi <strong>und</strong> munter. Egon war letzten Sainstag zu Tisch<br />

bei uns; er scheint viel zu thun zu haben, befindet sich<br />

aber wohi dabei. -<br />

Das Veteranenheft war eine ganz hUbsche Idee. -<br />

Morgen am 2. Dezember wählt die Franz:t'Republik" em neues<br />

Oberhaupt. Das kann nett werden!<br />

Adieux! chèr David! Du ältester des Hauses derer vom Rheinberg,<br />

gehabe Dich wohi, - vermelde GrUl3e ins rothe Haus <strong>und</strong><br />

htfte Dich vor Catharrh <strong>und</strong> Schnupfen. Dein Dich liebender<br />

Bruder<br />

J. Rheinberger.<br />

München 1.12.87<br />

Zu Beginn des neuen Jahres 1888 schreibt Hugo Riemann<br />

(1849-1919), der von 1881 bis 1890 Lehrer am Konservatorium<br />

in Hamburg war, an Josef Rheinberger:


- 76 -<br />

Hochgeehrter Herr Professor!<br />

Indem ich mir erlaube, Ihnen zum Neuen Jahr die besten<br />

WUnsche darzubringen, möchte ich mich zugleich wieder<br />

einmal bei Ihnen in Erinnerung bringen.<br />

Es war anno 1879 im Herbst, wo ich einige Wochen auf<br />

der MUnchener Bibliothek arbeitete <strong>und</strong> mich zugleich<br />

der Hoffnung hingab, dort em dauerndes Heim zu f inden.<br />

Heute möchte ich mich nun von neuem im gleichen<br />

Sinn nielden, d.h. wenn Sie einmal eine Vakanz haben,<br />

so bin ich bereit, nach MUnchen zu kommen, da mich nach<br />

Wiederaufnahme akademischer Carire verlangt. Die gro6artige<br />

dortige musikalische Bibliothek lockt mich ganz<br />

besonders.<br />

Hoffentlich haben mich die mancherlei neuen Gedanken,<br />

die ich besonders auf rhythmischemGebiet aufgestellt,<br />

nicht bei Ihnen in den Geruch eines schrecklichen Urnstürzlers<br />

gebracht, wovon ich nämlich beinahe das Gegentheil<br />

bin, nHrnlich em fast exciusiver Vertreter unsrer<br />

Kiassiker.<br />

Ich fürchte, Sie nHhrnen es als plumpe Schrneichelei auf,<br />

wenn ich meiner Verehrung Ihrer künstlerischen Eigenart<br />

bier Ausdruck gebe <strong>und</strong> ziehe es daher vor, Sie auf<br />

mein Lexikon zu verweisen.<br />

Bekannt genug babe ich mich in letzter Zeit gemacht, ob<br />

vortheilhaft, bleibt vielleicht abzuwarten.<br />

Also, wenn Sie mich eines Tages soilten brauchen können,<br />

so würde ich keine unerschwinglichen Bedingungen stellen<br />

(4500 Mark). Darnit halte ich mich Ihnen bestens ernpfohlen.<br />

Nit der Versicherung spezieller Hochachtung ganz<br />

ergebenst<br />

Dr. Hugo Riemann.<br />

Rheinbergers Antwort ist verschollen. Anscheinend empfahl<br />

er Riernann die Möglichkeit der Nachfolge von Julius<br />

Joseph Maier, der 1857-1887, wo er in den Ruhestand trat,<br />

Konservator der Musikabteilung der Kgl. Hof-Bibliothek<br />

in Nünchen (heute Bayerische Staatsbibliothek) war.<br />

Riernann schreibt auf seiner Visitenkarte:


- 77 -<br />

Sehr geehrter Herr Professor!<br />

Vielen Dank für Ihre fre<strong>und</strong>liche Auskunft; ich habe<br />

doch grol3e Lust, Nachfolger des Herrn Maier zu werden<br />

<strong>und</strong> habe deshaib Herrn Dr. Laubmann geschrieben. Bin<br />

ich erst dort <strong>und</strong> gelingt es mir weiter <strong>und</strong> besser,<br />

das Interesse der Musiker durch meine Arbeiten zu gewinnen,<br />

so findet sich vielleicht auch noch einrnal<br />

eine kleine Nebenanstellung an der Kgl. Musikschule<br />

für mich.<br />

Nit ergebenstem Dank Ihr Sie hochachtender<br />

Riemann.<br />

Johann Georg Herzog trägt seinem Fre<strong>und</strong> Rheinberger<br />

folgende Bitte vor:<br />

Erlangen, den 23.4.88<br />

Hochverehrter Fre<strong>und</strong>!<br />

Es kommen eigene Erscheinungen in der Welt vor. Ich<br />

bin heute in der Lage, von einern ehemaligen Schüler<br />

em Zeugni8 beanspruchen zu mUssen. Es fällt mir aber<br />

schon insofern recht leicht, als der ehernalige SchUler<br />

"gröf3er 1st als sein Meister." Ich habe Dir jUngst<br />

in MUnchen erzEhlt, dat3 ich urn meinen dauernden Ruhestand<br />

eingegeben habe <strong>und</strong> die Sache am Cultusministerium<br />

liege. Gestern hat der Minister die Sache zurückgeschickt<br />

mit dem Bemerken, da2 zu dem ärztlichen<br />

Zeugnia auch noch zwei Begutachtungen von Fachmännern<br />

zu erholen seien, indem diet3 durch einen unumganglichen<br />

Paragraphen der Verfassungsurk<strong>und</strong>e vorgeschrieben<br />

sei.<br />

Herr Universitätsprof. Dr. J. Muller, auch em tüchtiger<br />

Musiker, hat nun seinerseits diese Pflicht erfUilt.<br />

Ich bitte Dich, diese Erklärung mit zu unterschreiben<br />

<strong>und</strong> ganz kurz em paar Worte über meine langjährlge<br />

Thatigkeit beizufUgen.<br />

Ich bin am 6. Sept. 1822 geboren, seit meinem 19. Jahr<br />

in Thätigkeit <strong>und</strong> zhle jetzt nahezu 46 Dienstjahre,<br />

von welchen leider nur die hier zugebrachten 34 Jahre


- 78 -<br />

pragmatisch sind, soda8 ich trotz der langen Zeit 1/10<br />

meines Gehaltes, sowie den Zuschu8 an Wohnungsgeld verlieren<br />

mu2. Es muf, wie Dr. J. Muller gethan, gesagt<br />

werden, da$ ich wegen SchwEchung der Nerven, Abnahme<br />

des Gehörs <strong>und</strong> rheumatischer Beschwerden an den Händen<br />

au2er Stand sei, den langjahrigen schwierigen Beruf des<br />

Unterrichtes dauernd mehr zu verrichten. Dukannst aber<br />

auch es ganz kurz machen, indem Du sagst: der Unterzeichnete<br />

ist mit obiger Erklärung nach eigener Beobachtung<br />

voilkommen einverstanden - <strong>und</strong> kannst als Sachverständiger<br />

noch em paar Worte über mein Musikstreben, wenn<br />

auch nur während meiner Münchener Zeit, beifUgen. Thue<br />

mir also den Gefallen. Die Sache pressirt freilich. Einen<br />

hiesigen Musikverständigen unter den Organisten <strong>und</strong><br />

Musiklehrern möchte ich nicht auffordern. Es sind die8<br />

lauter Lehrer der Volksschule, denen ich eigentlich nicht<br />

näher getreten <strong>und</strong> die sich in ihrem SchulmeisterdUnkel<br />

auf dieses Ansuchen mehr einbilden wlirden, als nöthig<br />

ware. H. Professor <strong>und</strong> Canzler haben mir deshaib selbst<br />

den Rath gegeben, eine auswärthige bekannte Persönlichkeit<br />

darum zu ersuchen.<br />

Wenn mich Gott 100 Jahre <strong>und</strong> darüber erleben lä8t, kann<br />

ich Dir vielleicht noch elnen Hhnlichen Gefallen erweisen.<br />

Mit herzlichen GrU8en an Dich <strong>und</strong> Deine hochverehrte<br />

Frau Dein alter Schulmeister u. treuer Fre<strong>und</strong><br />

Herzog.<br />

Die mitfolgenden Papiere sende gefälligst mit zurück.<br />

Der Streit um die "wahre Kirchenmusik" schiug damals<br />

tiefe W<strong>und</strong>en <strong>und</strong> bereits am 20.3. 1887 hatte die Allgemeine<br />

Zeitung MUnchen berichtet:<br />

Bel Gelegenheit der Berathung des Cultus-Budgets in<br />

der Bayerischen Abgeordnetenkammer wurde auch die kirchenmusikalische<br />

Frage aufgeworfen <strong>und</strong> lebhaft darüber<br />

debattiert. Die Gegner geriethen hart aneinander, <strong>und</strong><br />

noch heute stehen sich die Parteien des Cäcilienvereins


- 79 -<br />

<strong>und</strong> die Anhnger einer freieren Rlchtung schroff gegenüber.<br />

Professor Dr. von Schafhäutl, der Verfasser unten<br />

genannter Schrift, damals vom Cultusminister Dr. von<br />

Lutz zur Abgabe elnes Gutachtens aufgefordert, vonden<br />

Cäcilienverelnen ziemlich unsanft befehdet, glbt in einer<br />

soeben erschienenen Abhandlung /Karl Franz Emil v.<br />

Schafhäutl: Em Spaziergang durch die liturgische Musikgeschichte<br />

der katholischen Kirche. Trost <strong>und</strong> Stärkung<br />

für alle Katholiken, die keine Cäcilianer sind. Mit 4<br />

Notentafein <strong>und</strong> 1 Titelbild. Fortsetzung <strong>und</strong> Erweiterung<br />

seiner Schrift: Der echte Gregorianische Choral (1869).<br />

München 1887 (Lindauer)./ seinem Standpunkt entschiedenen<br />

Ausdruck <strong>und</strong> basiert dabei auf die Daten der Geschichte<br />

<strong>und</strong> die reichen Erfahrungen <strong>seines</strong> langen Lebens<br />

<strong>und</strong> auf fleissige Studien. Prof. v. Schafhäutl will eine<br />

frei lebende <strong>und</strong> wirkende Kunst in der Kirche <strong>und</strong> fusst<br />

mit selner Forderung auth auf dem Erlass der hell. Congregation<br />

der Riten über Kirchenmusik, lautend: "Die Kirchenkompositionen<br />

von Haydn, die Messen von Mozart, Cherubini<br />

u.a. sind ausgezeichnete ernste Kompositionen <strong>und</strong><br />

stehen fern von jeder Kritik, als wären sie der Heiligkeit<br />

der Kirchennicht angemessen. Um Widersprüche zu vermeiden,<br />

soilte man sich enthalten, die Componisten (der<br />

jetzigen Zeit) zu tadeln, <strong>und</strong> sie Im Gegentheil höflich<br />

aufmuntern, den Stil der Meisterwerke, die wir besitzen,<br />

nachzuahmen." Jeder Leser, der musikfre<strong>und</strong>lich gesinnt<br />

<strong>und</strong> mit objektiver Ruhe dem Autor zu folgen vermag, wird<br />

in dem Buche angenehme Anregung <strong>und</strong> Belehrung finden, <strong>und</strong><br />

dessen LectUre ist namentlich jungen Klerikern <strong>und</strong> Laien<br />

anzuempfehlen; Laien, welche für den Gegenstand nur einiges<br />

Interesse haben, werden von dem Buch nicht ohne Nutzen<br />

Kenntnis nehmen.<br />

Johann Gustav Eduard Stehie (1839-1915), der Herausgeber<br />

der Kirchenmuslkalischen Zeitschrift "Der Chorwächter"<br />

in St. Gallen, trat damals mit Rheinberger in Verbindung.<br />

Rheinberger schreibt:


- 80 -<br />

Sehr geehrter Herr Collega!<br />

Besten Dank für die übersandte Zeitung. Es freut mich,<br />

Ihren fre<strong>und</strong>lichen Gruf damit beantworten zu können,<br />

daf ich von den Lehrern Ihres Hrn. Sohnes nur Gutes<br />

über den Gang seiner Studien höre.<br />

Mit bestem Gruf3 in Eile Ihr ergebener Rheinberger.<br />

München 2.5.88.<br />

Stehie antwortet:<br />

Hochgeehrter Herr!<br />

Verspätet, aber herzlich danke ich für Ihre so fre<strong>und</strong>liche<br />

Zuschrift, deren Inhalt mich sehr erfreut hat. Eine<br />

grö2ere Besprechung Ihres prächtigen opus 151, das ich mit<br />

dem Domchor aufführen werde, folgt in nächster Nummer 6<br />

des ChorwHchters (Juninummer) <strong>und</strong> werde ich Ihnen selbe<br />

sofort nach Erscheinen zusenden.<br />

Ich repetire an Pfingsten eine Orchester-Messe (Manuscript)<br />

von Selmar Bagge, die ich an Ostern erstesmal aufgeführt<br />

habe. Da ich meinen Sohn hiebei nothwendig an der<br />

Orgel brauche (das Streichquartett ist zu dunn), so bitte<br />

ich, ihm über die Pfingstferien gUtigst Urlaub zu gestatten,<br />

Dienstag oder spätestens Mittwoch kann er wieder emrücken.<br />

Hochachtungsvollst ergebst.<br />

Stehie.<br />

/Die Besprechung Stehies befindet sich im Anhang!<br />

Rheinberger ist offensichtlich von Stehies Besprechung angetan<br />

<strong>und</strong> entgegnet:<br />

Sehr geehrter Herr Collega!<br />

Besten Dank für die fre<strong>und</strong>liche Ubersendung Ihres Blattes<br />

<strong>und</strong> die darin enthaltene Besprechung meiner G-dur Messe.<br />

Wenn Sie auch dem in jeder Hinsicht bescheidenen Werkchen<br />

zuviel Lob spenden, so freut mich am meisten die Entschiedenheit,<br />

mit weicher Sie sich gegen jene Richtung des<br />

CHcilienvereins wenden, die jedem wahren Künstler zum Ekel


- 81 -<br />

geworden 1st, - weiche Gottschalg in der "Urania" mit<br />

Recht die "orthodoxe breite Bettelsuppe" nennt.<br />

Mit wiederholtem Danke für die von Ihnen als einem von<br />

mir verehrten KUnstier geäuf3erten Urtheile verbleibe<br />

ich mit<br />

hochachtungsvol lem Grute<br />

Ihr Josef Rheinberger.<br />

München 27.5.88.<br />

In der Zweiten Beilage zur "Ailgemeinen Zeitung",MUnchen,<br />

Nr.12 vom 12.1.1888 ist folgende Rezension über<br />

die Münchener ErstauffUhrung von Rheinberger's op. 145<br />

zu lesen:<br />

Der Münchener Oratorien-Verein gab am Montag, den 9.<br />

d. im Odeon sein 100. Concert seit seinem Bestehen.<br />

Zur Feler dieses Tages war die glUckliche Idee zur AusfUhrung<br />

gekommen, auf das Programm ausschliesslich nur<br />

Compositionen der vier Dirigenten zu setzen, weiche bis<br />

jetzt an der Spitze des Vereins gestanden.<br />

Den Zenger'schen Chören folgte "Montfort", eine Rhein-<br />

Sage von F.v.Hoffnaass, componiert für Soli, Chor <strong>und</strong><br />

Orchester von Joseph Rheinberger. Dieses grössere Chorwerk,<br />

op. 145, gehört zu den jüngsten Compositionen<br />

Rheinberger's, 1st jedoch bereits in mehreren deutschen<br />

Städten, ja selbst schon in Amerika (in der englischen<br />

Ubersetzung von Mrs. John P. Morgan) - merkwürdigerweise<br />

nur in MUnchen, wo es von Rechtswegen zuerst hätte<br />

aufgefuhrt werden müssen, noch nicht - zur Aufführung<br />

gelang. Der Stoff, weicher auf den Familienzwist der<br />

Montfort <strong>und</strong> Greiffenstein <strong>und</strong> eine versöhnende Liebesgeschichte<br />

aufgebaut ist, 1st äussert glUcklich gewählt,<br />

denn in seiner vorzugsweise balladenhaft-lyrischen Anlage<br />

<strong>und</strong> dem Hereinragen des religiösen, sagen- <strong>und</strong> zauberhaf<br />

ten Elementes kommt er sowohi den Anlagen der Dichterm<br />

, ala auch jenen ihres Catten, des Componisten,<br />

entgegen. Ineinigen, lose aneinandergereihten Scenen wissen<br />

uns beide in Worten <strong>und</strong> Tönen em Bild zartester <strong>und</strong><br />

doch wieder kräftigster Romantik zu entrollen.


- 82 -<br />

Unter vielem Schönen heben wir den Dialog zwischen der<br />

"fremden Frau" <strong>und</strong> Blanca, einen Spinnchor, die Ballade<br />

"Das wilde Schloss", das Tenorsolo Waldo Greiffensteins,<br />

den prHchtigen, auf eine alte Kirchenmelodie (Caducitas<br />

tu hujus m<strong>und</strong>i) aufgebauten Chor der Waldschwestern <strong>und</strong><br />

die kraftige Declamation der Ballade Blanca's hervor.<br />

Letztere wurde von Frau Schöller mit grosser Wärme <strong>und</strong><br />

Bestimmtheit gesungen, die "fremde Frau" war mit Frl.<br />

Blank, die kleine Basspartie mit Hrn. Fuchs entsprechend<br />

besetzt. Die dankbaren Soli des Greiffenstein trug Hr.<br />

Mikorey mit ausserordentlicher Verve vor.<br />

Uber Rheinberger's Ges<strong>und</strong>heitszustand schreibt Fanny unter<br />

dem 4. April 1888 nach Vaduz:<br />

"Curt war sehr angestrengt in der Charwoche, er hustet<br />

viel <strong>und</strong> die Hand schmerzt ihn auch - aber jetzt erholt<br />

er sich allmäiig - es kommt jetzt für in die leichtere<br />

Jahreshälfte."<br />

Rheinberger hatte im Juni 1887 eine "Suite für Orgel,<br />

Violine, Violoncello <strong>und</strong> Streichorchester", op. 149,<br />

komponiert <strong>und</strong> im September 1887 "Sechs Stücke für Violine<br />

<strong>und</strong> Orgel, op. 150, angeschlossen.<br />

Alexander Wilhelm Gottschalg (1827-1908), Hoforganist<br />

in Weimar <strong>und</strong> Musikredakteur der Zeitschrift "Urania"<br />

<strong>und</strong> "Chorgesang", schrieb damals an Rheinberger:<br />

Hochverehrter Herr <strong>und</strong> Meister!<br />

Durch die gUtige Uebersendung Ihrer ganz vortreff lichen<br />

Originalsatze für Violine <strong>und</strong> Orgel op. 150 haben Sie<br />

mir eine grosse, unerwartete Freude gemacht. Tausend<br />

herzlichen Dank dafür.<br />

Bisher musste man sich in dieser Beziehung meist mit bbssen<br />

Arrangements behelfen; ich selbst habe davon einige


- 83 -<br />

t'verbrechen"mUssen. Durch Ihre prachtigen Stticke 1st<br />

wirklich einern fühlbaren Nangel abgeholfen worden. Und<br />

wie köstlich <strong>und</strong> elgenartig ist jedes dieser hochwerthen<br />

Stücke! Dass ich dieselben bestens propagieren werde,<br />

brauche ich wohi kaum zu bemerken. Die Urania, der Chorgesang<br />

<strong>und</strong> der weltverbreitete pädagogische Jahresbericht,<br />

dessen musikalische Abtheilung ich redigire, sollen<br />

von meiner warmen Sympathie K<strong>und</strong>e geben. Ich selbst<br />

hoffe, Einiges davon mit meinern Fre<strong>und</strong>e Konzertmeister<br />

Kömpel alihier im Laufe der Zeit öffentllch vorzuführen.<br />

Das Studlum Ihrer w<strong>und</strong>erbar schönen "Elfen" macht mir<br />

unnennbare künstlerische Freude.<br />

In grösster Verehrung<br />

Ihr dankbar ergebener<br />

A.W. Gottschalg.<br />

Weirnar, d.13.4.88.<br />

Walter Petzet schreibt an semen Lehrer Rheinberger:<br />

Minneapolis, Minn. 2.März 1888.<br />

Northwestern Conservatory of Music<br />

Hochverehrter Herr Professor!<br />

Gestatten Sie mir, zu Ihrem Geburts- <strong>und</strong> Namensfeste melne<br />

herzlichsten <strong>und</strong> ergebensten GlUckwünsche darzubringen,<br />

<strong>und</strong> lassen Sie mich nochmals der Freude Ausdruck<br />

geben, weiche mir Ihr liebenswürdiger Brief bereitet hat,<br />

für den ich meinen besten Dank wiederhole. Wir werden am<br />

17. hier das beabsichtlgte "Rheinberger-Conzert" haben;<br />

leider kann ich noch kein Programm beilegen, doch wird<br />

dasselbe spater folgen. Meinen wärmsten Wünschen für Ihr<br />

neues Lebensjahr erlaube ich mir den bescheidenen für mich<br />

anzufUgen, dass Sie das mir bisher geschenkte Wohlwollen<br />

auch fernerhin bewahren rnögen.<br />

Koirnnt es mir jetzt doch oft vor, als ob Ich erst jetzt<br />

den Unterricht, den ich bei Ihnen so lange Jahre genossen,<br />

recht wilrdigen könnte <strong>und</strong> jetzt erst reif genug sel,<br />

urn Ihren Contrapunktst<strong>und</strong>en völlig folgen zu können! Wie<br />

freue ich mich darauf, Ihnen nächstes Jahr einige neue


- 84 -<br />

Sachen vorzulegen! Vorlaufig bemühe ich mich, dieselben<br />

nach den von Ihnen gelehrten Principien der musicalischen<br />

Noblesse <strong>und</strong> Solidität auszuarbeiten, wie denn uberhaupt<br />

mein ganzes Streben dahin geht, dass mein Name einst mit<br />

Ehren unter den deutschen Künstlern genannt werden möge,<br />

NB! den deutschen <strong>und</strong> nicht den americanischen, denn auf<br />

diese pfeife ich. Verzeihen Sie, verehrtester Herr, dass<br />

ich mich so commun ausdrücke, aber ich werde immer entrüstet,<br />

wenn ich daran denke, dass das hier allerdings<br />

betriebene music business sich als wahre Kunst aufzuspielen<br />

wagt. Selbst in dem vielgepriesenen Boston <strong>und</strong> New-<br />

York, wo ich wahrhaftig Augen <strong>und</strong> Ohren öffnete, ist alles<br />

wirklich Künstlerische eben deutsch <strong>und</strong> von amerikanischem<br />

Kunstgefuhl habe ich spottwenig gemerkt. "Ausnahmen bestHtigen<br />

die Regel", wie Sie im Contrapunkt so oft sagten.<br />

Die Haupttugend der Americaner 1st, dass sie Geld haben,<br />

welches sie bisweilen auszugeben lieben, um prahlen zu<br />

können, denn darin dUrf ten sie schwerlich von irgend einer<br />

Nation überboten werden. Sie rühmen sich auch vieler<br />

Dinge, deren sie sich lieber schämen soilten, <strong>und</strong> strotzen<br />

in Bezug auf allgemeine Bildung von horrender Unwissenheit.<br />

Letzeres besonders 1st mir manchmal bei der "guten Gesellschaft"<br />

kaum fassbar, <strong>und</strong> Sie werden es begreiflich finden,<br />

dass ich mich allmählich immer mehr auf mich <strong>und</strong> meine Studien<br />

zurückziehe, die mir weit grössere Befriedigung, als<br />

die Menschen, gewahren.<br />

Die "Ailgemeine Zeitung", München vom 21. März 88 berichtet:<br />

Die Kgl. Musikschule gab am Samstag (17.3.1888) im Odeon<br />

für den Stipendien-Fonds der Anstalt em Concert, welches<br />

durch die Mitwirkung von Mitgliedern des Lehrkörpers elne<br />

besondere Anziehung bot. In der That erinnern wir uns weniger<br />

so genussreicher St<strong>und</strong>en, als wie die, welche wir an<br />

diesem Abend im Odeon zugebracht haben (Folgt Besprechung<br />

von C.M.v. Weber's Ouverture zu "Peter Schmoll", Lieder von<br />

Schumann, Harfenstllcke, Chören von Litt, Vogler, Lachner<br />

<strong>und</strong> Brahms!.<br />

Den grössten Beifall fanden drei Stücke für Violine <strong>und</strong>


- 85 -<br />

Orgel (aus op.lSO) von Josef Rheinberger, weiche der Cornponist<br />

mit Herrn Benno Walter vortrug. Die Auffuhrung dieser<br />

meisterhaft komponierten Stücke gestaltete sich geradezu<br />

zu einer Ovation für den bescheidenen Componisten, in<br />

dern wir die bedeutendste Kraft der Musikschule verehren.<br />

I.. .1<br />

Fanny berichtet aus MUnchen am 8. April 1888:<br />

Der alte Scha.fhäutl 1st noch sehr rüstig; er soil heute<br />

dem Kirchenchor in einer kleinen Rede den neuen Musikdirektor<br />

Becht (auch em Schüier von Curt) vorgestelit<br />

haben. Der Chor bei S. Michael ist wie Heimath <strong>und</strong> Familie<br />

für den aiten Herrn.<br />

/. . . /<br />

Vor Weihnachten 1887 komponierte Rheinberger1 dessen Ehe<br />

kinderlos war, ohne erkennbaren Gr<strong>und</strong> 30 Kinderlieder<br />

op. 152 <strong>und</strong> im April <strong>und</strong> Mai 1888 verfaf3te Fanny, frei<br />

nach einern Märchen von Hauff, em Textbuch "Das Zauberwort",<br />

em Singspiel für Kinder, das Rheinberger komponierte<br />

<strong>und</strong> als op. 153 seinern Werk einreihte.<br />

Im Juni 1888 schrieb Fanny an David Rheinberger in Vaduz:<br />

/. . . / Ich bin am Samstag Abend /16.Juni 1888/ von Wildbad<br />

zurückgekommen, nachdem ich dort meine Kur mit 22<br />

Bädern beendet <strong>und</strong> mit dem Wetter viel Glück hatte.<br />

I. . . / Curt hat in meiner Abwesentheit seine 12. grol3e<br />

Orgelsonate componirt. I. . . /<br />

Es handelt sich urn die Orgelsonate in Des-dur op. 154.


- 86 -<br />

J.G. Eduard Stehie, dessen Sohn an der Musikhochschule<br />

München studlerte, schreibt an Josef Rheinberger:<br />

St. Gailen, 25.6.88.<br />

Hochgeehrter Herr!<br />

Eben erhaite ich von dem Kgi. Musikdirektor B. Kothe in<br />

Bresiau foigende Karte:<br />

Ihre Besprechung der Rheinberger'schen Messe hat mir so<br />

wohigefallen, dal3 ich mich gedrungen fühie, Ihnen meinen<br />

wHrmsten Dank zu sagen. Mir gefäilt sie ebenfails sehr<br />

gut, <strong>und</strong> ich habe sie auch günstigst beurtheilt."<br />

Sie sehen, dal3 auch im Cäciiienverein noch nicht lauter<br />

Puritaner sind. Ich gedenke Ihre prHchtige Messe auf 15.<br />

August (Maria Himmelfahrt) aufzuführen.<br />

Mein Eduard soil inir zum Beginn des nächsten Schuijahres<br />

das Examen Im Contrapunkt machen, ich bitte demseiben zu<br />

sagen, was bei der Aufnahme gefordert wird, oder noch besser<br />

mir dasseibe in em paar Zeilen gefäiligst mittheiien<br />

zu woilen, (die Sie Eduard mitgeben können, da er in 3<br />

Wochen in die Ferien kömmt) damit die Ferienzeit zur Vorbereitung<br />

benützt werden kann.<br />

Haben Sie keine Instrumental-Messen geschrieben? Hier 1st<br />

noch der grö2te Mangel an guten neuen Werken!<br />

Hochachtungsvolist Euer Hochwohigeboren ergbstr.<br />

Stehie.<br />

Die Sommerferien verbrachte das Ehepaar Rheinberger in<br />

Kreuth <strong>und</strong> Starnberg. Am 23. August 1888 schreibt Fanny<br />

an David Rhemnberger:<br />

Curt war sehr vergnügt, hat sogar eine neue 3stimmige<br />

Frauenmesse mit Orgel hier componirt, weiche ich im Spatherbst<br />

in der Hofcapelle zu hdren hoffe. -<br />

Stehles Anregung war offensichtiich nicht ohne Erfoig.<br />

Uber seine BemUhungen um Rheinbergers Messe op. 151 berichtet<br />

Stehie dem Komponisten:


- 87 -<br />

St.Gallen, den 14.Sept.1888.<br />

Hochverehrtester Herr Hofkapellmeister!<br />

Nächsten Sonntag den 16. d.M. als am eidgenossischen<br />

Bettage (=der hochoffiziele Staatsfelertag) führe ich<br />

mit dern Dornchor Ihre prächtige a capella Messe op. 151<br />

auf. Das Studium des hochinteressanten Werkes hat mir<br />

<strong>und</strong> dern Chore gro2en GenuB bereitet <strong>und</strong> erhoffe ich eine<br />

gute Auffuhrung; der Chor 1st Feuer <strong>und</strong> Flamme dafür.<br />

In den Blättern wird Uber Auffuhrungen beim Gottesdienste<br />

nie referirt, sondern höchstens elne kielne Notiz<br />

gegeben, del3halb erlaubte ich mir, auf diesern Wege Ihnen<br />

KenntniB zu geben.<br />

Mein Sohn Eduard wird dieser Tage wieder in die Musikschule<br />

einrUcken, urn seine Studien fortzusetzen. Ich<br />

bitte recht sehr, ihn, wenn immer moglich, in den Unterrlcht<br />

am Contrapunkt aufzunehmen (da er in der Harmonielehre<br />

jetzt denn doch gentigend vorbereitet sein soilte),<br />

<strong>und</strong> erlaube mir, ihn zu diesem Zwecke hiemit angelegentiichst<br />

zu empfehlen.<br />

Mit vorzUglicher Hochachtung zeichnet<br />

Euer Hochwohlgeboren<br />

ganz ergebenster<br />

J.G.Ed. Stehie.<br />

Im Oktober 1888, em Jahr nach dem Erscheinen von Schafhäutls<br />

Werk "Em Spaziergang durch die iiturgische Musikgeschlchte<br />

der kathoilschen Kirche. Trost <strong>und</strong> Starkung<br />

für alle Katholiken, die keine Cäcilianer sind", sah sich<br />

Rheinberger gezwungen, über Franz Xaver Witt als Sachverstnd1ger<br />

bei der Empfehiung von Johann Fuchs' Lehrwerk<br />

"Der Kontrapunkt für die Orgel" sich gutachtilch zu äu-<br />

Bern. Rheinberger nahm diese Steiiungsnahme zum Aniat3, urn<br />

sich zu Witts Person <strong>und</strong> seinem Wirken ais Vorkämpfer des<br />

Cäcilianisrnus umfassend <strong>und</strong> kritisch auszusprechen. In der<br />

präzisen Beurteilung der Details <strong>und</strong> der ästhetischer, historischen<br />

<strong>und</strong> musiktheoretlschen Position der Cäcilianer<br />

geht Rhemnberger in seiner Darsteliung welt tiber Schafhäutl<br />

hinaus.


- 88 -<br />

An die Directon der k. Musikschule.<br />

Der gehorsamst Unterzeichnete beehrt sich einer hohen<br />

Direction auf deren Anfrage in Betreff des Herrn Pfarrer<br />

Dr. Witt foigendes zu erwidern:<br />

Herr Dr. Witt 1st bekanntlich Praeses des weitverbreiteten<br />

Cciiien-Vereines, sowie Eigenthiimer <strong>und</strong> Redakteur<br />

zweier Kirchenmusikblätter; wohi mehr durch diese<br />

Eigenschaft, denn als Componist hat er sich, namentlich<br />

in Niederbayern grot3en Einfiu2 errungen.<br />

Da2 er ais Theologe, (der sich von jung auf mit Kirchenmusik<br />

beschHftigte) auf dem Gebiete der Liturgie eine<br />

Autorität sein mag, soil hier nicht in Frage gestelit<br />

sein, obschon Professor von Schafhäutl in seinem "Spaziergang<br />

durch die iiturgische Musikgeschichte" charakteristische<br />

Streiflichter auf das Bestreben des Cadlienvereines<br />

<strong>und</strong> dessen iiturgisches Puritanerturn wirft.<br />

Die Polemik Witt's zeichnet sich im Ganzen mehr durch<br />

maal3lose Leidenschaftiichkeit ais rnusikaiische GrUndiichkeit<br />

aus. So schreibt er in einem seiner Organe:UDie moderne<br />

Kirchenmusik Haydn's ist vieifach nur eine LUge, em<br />

Haydn'schesKyrieist eben kein Kyrie eleison, d.h. kein<br />

Ruf urn Erbarmen, sondern em Hopsasé."<br />

Aiierdings hat Haydn's Kirchenmusik einen freudigen Zug,<br />

der aber in Hchter Frörnmigkeit wurzelt, wie seine unsterbiiche<br />

Schöpfung.<br />

Em Mann, der in obengenannter Weise über Werke der gröl3ten<br />

Tondichter aiier Zeiten urtheilt, kann mir nicht ais<br />

Autorität geiten.- Die mir bekannten Kirchenkompositionen<br />

Witt's ergehen sich in dem Bemühen, die kiassischen Meister<br />

des 16. <strong>und</strong> 17. Jahrh<strong>und</strong>erts zu imitieren; Hul3erlich<br />

genommen gelingt das steilenweise ganz gut; man vermeidet<br />

Leittöne, wo sie das moderne Ohr veriangt, setzt hie <strong>und</strong><br />

da unvermitteite Akkordfoigen, - man ergeht sich in langeren<br />

durrkiingenden zweistiirnnigen Steilen, bringt hEufige<br />

Plagalschliisse, fährt von einer griechischen Tonart in die<br />

andere /.../<strong>und</strong> bringt somit etwas zustande, das dem Laien<br />

wie aite Musik vorkomme, aber doch nur em Zerrbiid der<br />

Achten 1st, well ihr die eigentiiche Warme, die rnusikaiische<br />

Wahrhaftigkeit fehit, weil diese Musik nur gewolit,<br />

nicht gewachsen ist. Man wende nicht em, da diese Musik<br />

nicht sinniich wirken wolle, denn alle Kunst, Tonkunst wie


- 89 -<br />

Malerei <strong>und</strong> Skulptur wirkt zunHchst sinnlich; daf3 sie<br />

aber im edelsten Ceiste sinnlich wirke, ist Aufgabe des<br />

kirchlichen KUnstiers. Wer diet3 nicht anerkennen will,<br />

der entferne nach Weise der Calvinisten allen Schmuck<br />

aus dem Tempel <strong>und</strong> reduziere die Kirchenmusik in gleichem<br />

Sinne. Wir muthen keinem Maler zu, unsere Kirchen<br />

mit Kopien der alten Kölnerschule zu versehen; eckige<br />

Gesichter, verdrehte, steife Clieder, hölzern erscheinende<br />

Falten wUrden uns heute in der Andacht eher stören,<br />

obgleich sie zu ihrer Zeit fromm empf<strong>und</strong>en waren<br />

<strong>und</strong> im Original noch rühren können. Nicht das "wahre<br />

Alte" stört, wohi aber das "unwahre" Nachgefälschte. Warum<br />

soll ich mich, sooft ich in die Kirche gehe, künstlich<br />

in das fünfzehnte oder sechzehnte Jahrh<strong>und</strong>ert versetzen?<br />

Mozart's Ave verum ist vollständig modern <strong>und</strong><br />

doch denkbar edeiste Kirchenmusik.<br />

Selbst em moderner Palestrina (wenn er existiren wUrde)<br />

miif3te heut zu Tage in gutem <strong>und</strong> wahren Sinne "modern"<br />

componiren. Orlando, Palestrina schrieben zu ihrer Zeit<br />

"Gegenwartsmusik" <strong>und</strong> keine Vergangenheits- oder Zukunftsmusik.<br />

Keinem Poeten wird es einfallen in dem Dialekt<br />

<strong>und</strong> in der Sprachweise eines früheren Jahrh<strong>und</strong>erts zu<br />

dichten <strong>und</strong> diel3 für die einzig richtige Poesie auszuposaunen;<br />

denn jeder, auch der kirchliche KUnstler gibt,<br />

ful3end auf unwandelbaren Gesetzen, dem Empfinden <strong>und</strong> den<br />

Anschauungen seiner Zeit <strong>und</strong> mit den Kunstmitteln seiner<br />

Zeit Ausdruck.<br />

Als Kontrapunktiker 1st Herr Witt nicht bedeutend, wenn<br />

er in semen (mir bekannten) Messen <strong>und</strong> Motetten sich als<br />

soicher versucht, kommt er selten über die bekannten "Vier<br />

EinsHtze" hinaus, erkehrtschleunig an das rettende Ufer<br />

der bewährten Accordfolgen, die sich ja beliebig bis ins<br />

Unendliche fortsetzen lassen, zurück. Auf dem Gebiete des<br />

rein Kontrapunktischen ist das Imitiren eben bedeutend<br />

schwieriger <strong>und</strong> gerade hierin sind die genannten alten<br />

Meister unnachahmlich.<br />

Der moderne Kontrapunktist muB aber die Bach'sche Schule<br />

in sich aufgenommen haben, wenn er nicht immer wieder<br />

längst Gehörtes reproduciren will: dennnur jene Schulung<br />

bildet <strong>und</strong> stählt das musikalische Combinationsvermogen<br />

in der Weise, daB das Starre des Contrapunktes sich jedem


- 90 -<br />

Gedanken, jeder Norm frei <strong>und</strong> ungezwungen fugt. Das ist<br />

nun allerdings nicht Sache aller im Cäcilien-Vereinscatalog<br />

empfohlenen Meister, doch sei hier ausdrücklich<br />

<strong>und</strong> rühmend hervorgehobej, da8 der Cäcilienverein auch<br />

Componisten besitzt, die ihrem Generalpräses an Talent<br />

<strong>und</strong> Können weit uberlegen sind, z.B. Kilnstler wie Greith,<br />

Haller, Haberl, Stehie.<br />

Auf dem Gebiete der Orgel-Composition endlich ist mir<br />

Herr Pfarrer Witt ganz unbekannt; es sind mir diesem Felde<br />

gar keine Anhaltspunkte gegeben, ihn als Autorität anzuerkennen;denn<br />

Orgelbegleitung untergeordneter Art, wie<br />

etwa bei Litaneinen, Marienlieder etc. zählen hier nicht.<br />

Wenn eine Empfehlung (wie im vorliegenden Falle mit dem<br />

Werke 'Der Kontrapunkt für die Orgel' von Fuchs) Werth<br />

<strong>und</strong> amtliche Bedeutung haben soll, so darf sie meines Erachtens<br />

nur von einem Manne ausgehen, der sich durch eigene<br />

Leistung als erfahrener Lehrer <strong>und</strong> Componist für<br />

diese Instrumente (wie z.B. Dr. Herzog) zur Autorität hinaufgearbeitet<br />

hat. Andere Gutachten können höchstens relativen<br />

Werth haben, indem sie sich nur auf den ailgemein<br />

musikalischen, nicht speziell pädagogischen Inhalt beziehen<br />

können, <strong>und</strong> sind, genau betrachtet, ziemlich überflussig.<br />

München, 12. October 1888.<br />

Eurer hohen Direction<br />

gehorsamster<br />

Josef Rheinberger<br />

1. Prof. <strong>und</strong> Hofcapellmeister.<br />

Eine besondere Auszeichnung steilte die Verleihung des<br />

Ritterkreuzes des Maximilianordens für Kunst <strong>und</strong> Wissenschaft<br />

durch den Prinzregenten Luitpold im Dezember 1888<br />

für Rheinberger dar.<br />

Fanny berichtet nach Vaduz:


- 91 -<br />

2. Dez., I. Advent-Sonntag 1888<br />

Mein lieber Schwa ger David!<br />

Es wird Euch Freude machen zu vernehrnen, daB sich heute<br />

früh der General-Intendant Exzl. Perfall bei Curt ansagen<br />

lieI3, daf3 er nach 10 Uhr auch karn <strong>und</strong> ihrn unter verbindlichsten<br />

Worten im Namen des Prinz-Regenten <strong>und</strong> des<br />

Capitels vorn Maximiliansorden das groI3e Ritterkreuz dieses<br />

Ordens für Kunst <strong>und</strong> Wissenschaft einhändigte. Derselbe<br />

macht ihn persdnlich hoffahig. Wir hatten nicht die<br />

leiseste Ahnung von dieser hohen Auszeichnung, - <strong>und</strong> die<br />

Art der Uberreichung rnachte dieselbe noch werthvoller. -<br />

Leider hat Curt gegenwärtig eine Bronchitis, hat sich in<br />

Folge starken Hustens heute früh eine Muskel verdreht, sodaJ3<br />

er sich recht unwohi fühlt <strong>und</strong> einige Tage nicht ausgehen<br />

darf. Aber er hatte doch Freude, in München diese<br />

Auszeichnung zu empfangen, nachdem er doch schon Mit glied<br />

der Akademie der Künste in Berlin geworden <strong>und</strong> von Norddeutschland<br />

so viele Auszeichnungen erhalten.<br />

Der Gedanke, dai3 ohne jede Reklarne nur durch treue Pflege<br />

des Talents <strong>und</strong> wirkliche Pflichterfüllung diese Anerkennung<br />

karn, ist für alle beruhigend, die irnmer meinen, man<br />

müsse schreien, urn gehört zu werden. Gott die Ehre.<br />

I. . .1<br />

Am 10. Dezember 1888 richtet Rheinberger folgende Bitte<br />

an semen Bruder in Vaduz:<br />

Mein lieber David!<br />

Deine Theilnahme an der mir jUngst geword: Auszeichnung<br />

(Verleihung des Maximilians-Ordens für Kunst <strong>und</strong> Wissenschaft)<br />

hat mich sehr erfreut <strong>und</strong> danke ich Dir sehr dafür.<br />

Zugleich elne Frage. Du weil3t, wie ferne mir jede<br />

Vordringlichkeit liegt - doch glaube ich als Liechtensteiner<br />

die Verpflichtung zu haben, mich wegen Annahme<br />

des Ordens bel Sr. Durchlaucht dem Fürsten anfragen zu<br />

sollen, was ich bel früheren Orden versäumte. Vielleicht<br />

ware es gut, wenn Du Dich bei Herrn Landesverweser urn die<br />

geeignete Form hiezu erk<strong>und</strong>igen wolitest. Ich lege also


- 92 -<br />

diese Angelegenheit in Deine Hand <strong>und</strong> verbleibe mit<br />

besten GrUf3en (auch an das rothe Haus)<br />

Dein alter Bruder<br />

Josef Rheinberger.<br />

München 10.12.88.<br />

Die Augsburger Abendzeitung berichtet am 29.12.1888:<br />

Die Musikalische Akademie gab am ersten Weihnachtstage<br />

(25.12.1888) ihr letztes Konzert in dieser Saison mit<br />

einem fast zu reichhaltigen Programm, das durch verschiedene<br />

Zugaben nahezu drei St<strong>und</strong>en dauerte.<br />

Den Anfang bildete eine neue passacaglia für Orchester<br />

von Jos. Rheinberger, op. 132 b. Die sehr vornehm gehaltene,<br />

feierlich ernste Komposition (passacaglia ist<br />

eine ältere in Händel'schen <strong>und</strong> Bach'schen Suiten gebrauchte<br />

Tanzart) macht durch tiefe, ruhige Einfachheit<br />

<strong>und</strong> feingegliederten Aufbau schon bel erstmaligem<br />

Hören einen bedeutenden Eindruck <strong>und</strong> würde bei einer<br />

Wiederholung dem Publikum vielleicht noch grösseren Genuss<br />

verschaffen. Sie wurde vorzüglich gespielt <strong>und</strong> der<br />

Komponist musste persönlich den Dank dafür entgegennehmen.<br />

I...!<br />

Rheinberger hatte seine 12. Orgelsonate in Des-dur op.<br />

154 dem Hoforganisten in Weimar, Alexander Wilhelm Gottschaig<br />

(1827-1908), gewidmet, der sich mit nachfolgenden<br />

Zeilen bedankte:<br />

Hochzuverehrender Herr Hof-Kapellmeister!<br />

Durch die gütige Widmung <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>liche Uebersendung<br />

Ihrer genialen 12. Orgelsonate, welche ich an Beethovens<br />

Geburtstage erhielt, haben Sie mir eine kaum zu beschreibende<br />

Freude gemacht, denn das w<strong>und</strong>ervolle Werk ist nach<br />

Inhalt <strong>und</strong> Form klassisch <strong>und</strong> durch <strong>und</strong> durch poetisch.<br />

Das überaus reizende Pastorale daraus spielte ich am 2.


- 93 -<br />

Weihnachtsfeiertage zur grossen Erbauung der Zuhörer in<br />

unserer Hofkirche. Haben Sie für diese grosse <strong>und</strong> unverdiente<br />

Auszeichnung meinerseits den allerherzlichsten<br />

Dank, <strong>und</strong> geben Sie mir recht oft Celegenheit, denselben<br />

durch Wort <strong>und</strong> That zu beweisen.<br />

Am 1. Weihnachtsfeiertage erhielt ich als schönste Weihnachtsgabe<br />

von Fre<strong>und</strong> Sander Ihre preiswilrdigen 12 CharakterstUcke<br />

für Orgel (op.l56), em herrlich poetisches<br />

Album, das ebenfalls <strong>seines</strong>gleichen sucht.<br />

Beide ausgezeichneten Werke werde ich durch Wort <strong>und</strong> Spiel<br />

(Uriania, pädagog. Jahresberlcht, Chorgesang) bestens propagieren<br />

suchen. Zu Ihrer wohiverdienten Dekorierung bringe<br />

ich Ihnen ergebenst die herzlichsten Glückwilnsche dar.<br />

Für's neue Jahr wünsche ich Ihnen <strong>und</strong> Ihrem gesammten Hause<br />

des Himmels reichsten Segen.<br />

In grösster Verehrung <strong>und</strong> Liebe<br />

Ihr<br />

dankbar ergebener<br />

A.W. Gottschalg.<br />

Weimar, 30.12. 1888<br />

Franz Xaver Haberl, der Begründer der Kirchenmusikschule<br />

in Regensburg, schreibt an Rheinberger:<br />

Regensburg, den 30.1.1889<br />

Hochgeehrter Herr Hofkapellmeister!<br />

Mit herzlichem Danke bestatige ich den Empfang Ihrer schönen<br />

<strong>und</strong> innigenMesse für 3 Frauenstinmien mit Orgel <strong>und</strong><br />

sendete als erstes Zeichen der EmpfangsbestHtlgung die<br />

von mir zum erstenmal redigirte Nr. 2. der Musica sacra.<br />

Ich glaube hoffen zu dUrf en, da2 mir Euer Hochwohlgeboren<br />

begrUndete Bitte nicht abschlagen werden. Nach den<br />

Prinzipien, weiche die Mus. sacra auf ihre Fahne geschrieben<br />

hat, kann das Credo Ihrer Messe nicht beim liturgischen<br />

Hochamt gebraucht werden, da vor Et incarnatus est die Worte<br />

fehlen:"Qui propter nos homines et propter nostram salutem<br />

descendit de coelis" sowie nach venturus est die zwei


- 94 -<br />

Worte "cum gloria"; auch soil nach liturg.Vorschrift das<br />

Sanctus mit "in excelsis" statt mit dem Worte "hosanna"<br />

schliel3en. Wenn ich in der Lage ware bei der beabsichtigten<br />

Besprechung Ihrer Messe in Nr. 3 der Mus. sacra diese<br />

kleinen Ergänzungen aus der Originalqueile abdrucken<br />

zu können, so wUrde Ihre Komposition ganz intakt <strong>und</strong> an<br />

liturgisch-textlichen Gebrechen tadellos sein.<br />

Ich bitte als im Interesse der Sache meinern Ansuchen gUtigst<br />

wiilfahren zu wollen <strong>und</strong> unter Empfehlungen an Ihre<br />

Frau Gemahlin meinen tiefsten Respekt entgegenzunehrnen,<br />

mit dern ich verbleibe Ew. Hochwohlgeb. ergebenster<br />

Fr.X. Haberl.<br />

Hans v. Bülow spricht wieder eininal in charakteristischer<br />

Weise bei Rheinberger vor:<br />

Hochgeehrter Herr!<br />

Ihre fre<strong>und</strong>lichen Zeilen, gleichzeitig mit dem schuldigen<br />

Danke für Ihr Bud, nicht allzu unzulänglich zu beantworten,<br />

fehlt es mir gegenwärtig an Mul3e. Zudem sehe ich noch<br />

immer der versprochenen Digteralisirung von Bachs l42jährigen<br />

XXX /Goidberg-Variationen v. J.S. Bach! entgegen, urn<br />

so ungeduldiger als mich Herr Winding (Copenhagen) mit einer<br />

Reduction in usum delphinae amUsirt hat.<br />

Mein heutiges Kryptotelegramm hat - auBer obiger dringender<br />

Vorrede zu einern Nicht<strong>briefe</strong> - noch einen anderen Zweck.<br />

Sie wissen oder wissens vielleicht nicht, daB ich Ihres<br />

Thürmer's Töchterlein für em sehr <strong>lebens</strong>fähiges Bühnenwerk<br />

halte. In einer Matin&e in Hamburg - noch nicht festgestellt<br />

- rnöchte ich den Wallenstein so dramatisch (Theaterconzert)<br />

aufführen, daB eine Empfehlung gen. Oper an Pollini<br />

<strong>und</strong> Sucher nicht gänziich pour l'empereur d'Aliernagne<br />

expectorirt würde. Hätten Sie die Güte, meine vielleicht infernolastricante<br />

Absicht durch sofortige Zusendung einiger<br />

Textbticher (auch in Bremen - vide Beilage) zu fördern?<br />

Noch Eines. Sie haben vor bald 4 Lustren eine grol3e Klavierfuge<br />

(H-dur - eine Art Pendant zu Op. 106 Finale) geschrieben,<br />

die mir abhanden gekournen ist, deren Titel rnir


- 95 -<br />

nicht einmal mehr erinnerlich 1st, die mir aber damals<br />

so fabeihaft imponirt hat, daB ich jetzt, wo ich bei<br />

"Klaue" bin, deren Eintibung riskiren tnöchte.<br />

Nehmen Sie mir diese Expre2-betteleien nicht übel, haben<br />

Sie die Gtite, mich Ihrer Gemahlin vertrauensvoll zu<br />

empfehlen <strong>und</strong> bleiben Sie versichert der<br />

unwandelbaren vorztiglichen Hochachtung<br />

Ihres ganz ergebenen Bew<strong>und</strong>erers<br />

Meiningen,l2. Febr. 1889<br />

Hans v. Bülow<br />

Intendant der Herzogl. Hofkapelle.<br />

Nach etlichen Jahren meldet sich auch Hedwig von Holstein<br />

zu Wort.<br />

Sle schreibt an Franziska Rheinberger:<br />

Sondershausen, 6.3.1889.<br />

Liebste Fanny,<br />

daB ich an Dich schreiben darf, noch das trauliche Du<br />

<strong>und</strong> Deinen Vornamen bei der Anrede gebrauchen, erscheint<br />

mir keck, da ich so vieles vernachlassigte, was die Fre<strong>und</strong>schaft<br />

fordert. Aber groBe Menschen vergeben leichter, als<br />

kielne, <strong>und</strong> so hoffe ich, daB Du mich noch em bischen lieb<br />

hat <strong>und</strong> mir keine andre Strafe auferlegst, als die ich mir<br />

selbst zugezogen habe in der Entbehrung Deines Verkehrs.<br />

Ja, was ist Alles über mich hinweggegangen, seit ich Dich<br />

nicht sah! Ich bin elne Greisin geworden, die äuf3erlich gebückt<br />

einhergeht, wie mir die Menschen sagen - aber, ich<br />

mu2 es mir sagen lassen, denn ich selbst fühle das Gebücktsein<br />

itnmer noch nicht. Gott giebt mir w<strong>und</strong>erbare Kraft <strong>und</strong><br />

Frische In meinem 67. Jahre, allein zu stehen <strong>und</strong> doch keine<br />

Einsamkejt zu fUhien.<br />

Auch bitte ich den Allmächtigen täglich, mich noch em paar<br />

Jahre leben zu lassen, darnit Ich das vollenden kann, was nun<br />

wieder melne gute Schwester mir beim Scheiden auferlegt.<br />

Nicht nur ihren groBen, kUnstlerischen NachiaB habe Ich zu


- 96 -<br />

vergeben <strong>und</strong> em Vermögen welt über eine Million, sondern<br />

ihr grol3es Gr<strong>und</strong>stück hat sie dem Salomonstift hinterlassen,<br />

dem ich allein vorstehe. Ich muf nun dies älterliche<br />

Haus mit dem geliebten alten Garten verkauf en, urn em gro-<br />

8es Stiftsgebäude für Armenwohnungen aufzuführen, worm<br />

über 1000 Personen Obdach <strong>und</strong> christliche Führung finden<br />

sollen. 1st das nicht eine gro8e, grol3e Freude? - Du kannst<br />

denken, daf ich nicht leichtsinnig dies anvertraute Gut<br />

verwenden werde, sondern mir die besten Rathgeber gefahndet<br />

habe, die mir auch nur urn Gottes willen helfen. Ich.<br />

f and einen der berühmtesten Juristen dazu willfährig, den<br />

ersten Baumeister Sachsens, einen Armenpfleger, der nach<br />

dem System der Olivia Hill in Leipzig alte Häuser kauft,<br />

urn sie den Armen unter dem Preis zu vermiethen, ich habe<br />

einen Kaufmann als Cassirer <strong>und</strong> natürlich einen Geistlichen,<br />

der die Führung im Auge behält. Die Plane sind w<strong>und</strong>ervoll,<br />

ich baue aus meinen Mitteln die kleine Kapelle<br />

hinein. DaB ich darüber meine 7 Raben nicht vergesse, versteht<br />

sich, aber es wird Dir nun begreiflich sein, daB ich<br />

meine grol3e Correspondenz beschranken muB. Bitte, gedenke<br />

trotzdem meiner zuweilen. Du bist mir theurer, als ich es<br />

mit der That beweise. I... I<br />

Am 17. März 1889 feiert Josef Rheinberger semen 50. Geburtstag,<br />

zu dern ihn zahlreiche Gratulationen erreichten.<br />

Der schönste Glückwunsch kam vom 86jährigen Schafhäutl:<br />

München, 18. März 1889.<br />

Mein verehrter Herr Professor <strong>und</strong> Hofkapellmeister!<br />

Am vergangenen Sonntag erfuhr ich in der Kirche von Herrn<br />

Regierungsrath Stetter zu meinem Erstaunen, daB Sie Ihren<br />

fünfzigsten Geburtstag feierten, den fUnfzigsten Geburtstag!!<br />

Als ich dem kleinen Rheinberger an der Orgel sitzend irn<br />

Musikkonservatorium em Therna zur AusfUhrung gab! <strong>und</strong> jetzt<br />

feiert er semen fünfzigsten Geburtstag! Und doch keine<br />

Nachricht hat mich wie diese gefreut, so alt ich geworden


in. Und jetzt komrnt der heilige Joseph auch noch dazu!<br />

Ich weil3 nicht worauf ich zu gratulieren anfangen soil!<br />

S.k.H. der H. Prinzregent hat Sie verdientermaBen auch<br />

noch zum Maximiliansritter gernacht.<br />

Es wird mir schwindlig, meine alten Augen taugen weder<br />

zum Lesen noch zutn Schreiben. Ich schreibe mehr dem Gefühl<br />

als dem Gesicht nach; das 1st noch mbglich!<br />

Also! Ich gratuliere Ihnen tausendmal <strong>und</strong> bitte, sich<br />

rnanchmal zu erinnern Ihres alten Fre<strong>und</strong>es<br />

Ihrer hochverehrten<br />

Frau Gemahlin herzliche<br />

GrUl3e. Ich hoffe, sie<br />

ist wieder ganz wohi<br />

geworden!<br />

- 97 -<br />

Schafhäutl.<br />

Nach Fr.X. Witts Tod tritt Franz Xaver Haberi als neuer<br />

Herausgeber der Musica sacra mit Rheinberger in engeren<br />

Kontakt:<br />

Regensburg, 18. Marz 89.<br />

Sehr geehrter Herr Hofkapellrneister!<br />

Der Schutzpatron Unserer hi. kath. Kirche verleihe Ihnen<br />

jene Kraft <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit in Schaffen <strong>und</strong> Leben, die Sie<br />

selbst morgen an Ihrern Narnensfest von ihm erfiehen werden.<br />

Das sind meine Gltickwünsche, weiche ich beim h. Opfer dem<br />

Herzen Jesu darbringe.<br />

Meiner mUndiich gesteilten Bitte urn Harmonisierung einiger<br />

Kompositionen Viadana's als Beilagen für die Mus. sacra<br />

schlief3e ich nun mehrere Nummern aus de8en Concerti bei,<br />

die ich in Stimmiage <strong>und</strong> SchlU2el umschreiben lie2. Aus dem<br />

mit Bleistift markirten Orgelbaf3 des Satzes Fratres ersehen<br />

Sie, wie prirnitiv Viadana die Sache angepackt. Die Melodie<br />

ist gut, aber eine 4stimm. selbständlge Orgeibegleitung<br />

aus Ihrer Feder dUrfte dieselbe erst heben <strong>und</strong> <strong>lebens</strong>fahig<br />

machen.


- 98 -<br />

Die Bilder sind da; ich bitte Sie urn einfache, stylvolle<br />

Rahmen. Ahnlich bei Veni sancte spiritus, wo auch pal3ende<br />

Vor- <strong>und</strong> Zwischenspiele angebracht werden dUrf ten.<br />

Bei den beiden 3-stiinm. Sätzen für Mnnerstirnrnen: 0 salutans<br />

u. Lauda Sion sind gew.Grenzen gezogen, innerhaib welcher<br />

Sie jedoch genug frele Bewegung haben dürf ten.<br />

Mit den ergebensten Empfehlungen an Ihre Frau Gemahlin,<br />

unter Widerholung meiner Segenswünsche <strong>und</strong> der Bitte urn<br />

geneigte Beitrage für die Mus.s. zeichnet rnit vorztiglicher<br />

Hochachtung<br />

Ew. Hochwohlgeboren<br />

ergebenster<br />

Fr. X. Haberl.<br />

Rheinberger hatte Haberl die erbetenen Bearbeitungen urngehend<br />

zugesandt; er erhielt folgenden Dankbrief:<br />

Regensburg, 26.3.1889.<br />

Sehr geehrter Herr Professor!<br />

Meinen herzlichsten, besten Dank für die rasche <strong>und</strong> so<br />

gelungene Harrnonisierung der Viadanatschen Kleinigkeiten.<br />

Sie haben dadurch den kleineren Chören eine hochrnusikal.<br />

<strong>und</strong> treffliche Gabe gespendet.<br />

Was kann <strong>und</strong> soil ich nun entgegen thun? Die Sätze werden<br />

erst irn Aug. oder Sept. als Beilagen zur Mus. sacra erscheinen,<br />

da Witt das Material für die ersten 7 Stimmen<br />

bereits in die Prel3e gegeben hatte.<br />

Mein Plan 1st nun, diese 4 Kompositionen nebst anderen<br />

leichten 4-stirnm. Sätzen Viadana's in No.8-12 als Beilagen<br />

drucken zu la2en <strong>und</strong> dann einenseparaten Faszikel daraus<br />

zu bilden, der als 6. Heft meines "Repertorium mus.<br />

sacrae" einzeln verkHuflich ist. Begnügen sich nun Ew.<br />

Hochwohlg. mit Frelexemplaren <strong>und</strong> wie viele wUnschen Sie,<br />

oder ziehen Sie vor, die Hälfte des für den Separatabdruck<br />

vom Verleger zu zahlenden Honorars anzunehmen?<br />

Ich bitte Sie über diesen Punkt ganz frei <strong>und</strong> of fen sich<br />

bel Gelegenheit auszusprechen.<br />

Mit der Bitte, mich Ihrer Frau Gemahlin gütigst empfehlen


- 99 -<br />

zu wollen <strong>und</strong> der Versicherung meines innigsten Dankes<br />

<strong>und</strong> vorztiglicher Hochachtung<br />

z e ichne t<br />

Ew. Hochwohlg.<br />

ergebenster<br />

Fr.X. }Iaberl.<br />

Am 4. April war Sebastian Pöhly, Rheinbergers erster<br />

Musiklehrer in Vaduz, gestorben.<br />

In Fannys Tagebuch findet sich folgender Nachruf:<br />

"Er war geboren zu Schianders im Jahre 1808, widmete<br />

sich in Innsbruck dern Lehrfach <strong>und</strong> war em eifriger<br />

Schüler des dortigen Musikvereins. Wirkungsorte: Vaduz,<br />

Latsch, Kortsch <strong>und</strong> zuletzt in Schlanders. Herr Pdhly<br />

war nämlich em Lehrer im vollen Sinne des Wortes. Denn<br />

nicht nur verstand er es, den Kindern das Wissen verständlich<br />

beizubringen, sondern er war auch em Meister<br />

in der Hauptaufgabe eines Pàdagogen, nämlich auf Herz<br />

<strong>und</strong> Gernüt der Jugend veredeind einzuwirken. So hess er<br />

keine Gelegenheit vorbeigehen, urn ihnen Gottesfurcht <strong>und</strong><br />

wahre Nächstenhiebe einzuprägen <strong>und</strong> of t hörte man noch<br />

von semen alten Schülern erzählen, wie sie immer mit<br />

Freuden <strong>und</strong> Spannung semen Worten <strong>und</strong> Ermahnungen lauschten<br />

<strong>und</strong> so ganze Lebenswahrheiten aus der Schule herausnahrnen,<br />

für die sie ihm noch heute dankbar sind. Gross<br />

war darum das Bedauern als im Jahre 1883 em Schiaganfall<br />

seiner 51-jährigen Lehrtätigkeit em Ende machte; aber<br />

gerade jetzt zeigte sich so recht eigentlich, mit weicher<br />

Liebe <strong>und</strong> Hingabe er seinem Beruf obgelegen; denn oft gab<br />

er mit Tränen in den Augen auf die Frage, wie es ihrn gehe,<br />

zur Antwort: "Oh! wie wird's gehen; ich kann halt nicht<br />

mehr bei meinen lieben Kleinen sein."<br />

Am 3. Mai 1889 sendet Rheinberger folgenden Brief an seinen<br />

Bruder in Vaduz:


- 100 -<br />

Mein ileber David!<br />

Längst schon wolite ich Dir schreiben; aber wenn es mir<br />

an Zeit dazu auch nicht fehite, so doch mehr od. weniger<br />

an Stoff, der Dich interessirte. Mit Bedauern erhielt ich<br />

die Nachricht von dem Tode der guten Tante in Schaan. Von<br />

unsern Verwandten mütterl. Seits ist, wie ich glaube, nur<br />

mehr Baptist Carigiet am Leben, den ich vor 25 Jahren zum<br />

letztenmalsah. Auch mein lieber alter Pöhly 1st gestorben,<br />

wie mir seine Frau schrieb; er war seit em paar Jahren<br />

in Folge eines Schiaganfalls fast kindisch. Es that mir<br />

wohi, ihm von Zeit zu Zeit Unterstützung zukommen zu lassen,<br />

- die letzte war zu seiner Beerdigung, wozu meine<br />

Frau auch noch einen schönen Kranz Ubersandte. So geht<br />

Ems urn's Andere. Nur Prof. Schafhäutl ist trotz seiner 86<br />

Jahre wacker <strong>und</strong> dauerhaft, fröhlich <strong>und</strong> geistesfrisch -<br />

möge er noch recht lange so fortmachen. -<br />

Die Osterzeit war für mich wieder recht anstrengend - es<br />

gibt unter dem neuen Regim auch mehr ltUniformsdienstett<br />

als früher, <strong>und</strong> meiner frledfertigen Natur widersteht es<br />

immer, den Degen umzugürten. Komisch 1st es auch, das mir,<br />

selt ich durch den Maximiliansorden "hoffähig" bin, jede<br />

Hoftrauer angesagt wird, was aber nicht weh thut.<br />

Seit Anfang Mai ist endlich schön Wetter, - es mag jetzt<br />

auch in Vaduz gar nicht übel sein; ich habe allerdings von<br />

den letzten zwei Besuchen nur Regenlandschaft in Erinnerung.<br />

I... / Wie 1st denn der neue Hofkaplan?<br />

Nun lebe wohi, lieber David <strong>und</strong> wenn Dir das viele Regieren<br />

noch etwas Mu2e 1E13t, so erfreue bald mit einem Briefe<br />

Deinen Bruder<br />

Josef Rheinberger.<br />

MUnchen d.3/5. 89.<br />

Meine Frau grü6t bestens.


- 101 -<br />

Franz Xaver Haberl schreibt an Rheinberger:<br />

Regensburg, 18.Juni 89.<br />

Sehr geehrter Herr Professor!<br />

AnknUpfend an meinen persönhichen Besuch <strong>und</strong> Ihre fre<strong>und</strong>liche<br />

Zusage, die Dedication von OrgelstUcken Frescobaldi's<br />

annehrnen zu wollen, erlaube ich mir, Ihnen die letzte Stichrevision<br />

vorher zur Ansicht vorzulegen <strong>und</strong> bitte urn RUcksendung<br />

irn Laufe dieser Woche, urn den Druck nicht aufzuhalten.<br />

Wenn Sie nichts zu erinnern haben, so la2e ich auf das<br />

2. Blatt nach dem Titel die Dedication in folgender Fa1ung<br />

anbringen:<br />

Sr. Hochwohlgeboren Herrn Professor<br />

Joseph Rheinberger<br />

Kgl . Bayer. Hofkapel imeister<br />

in MUnchen<br />

Hochachtungsvollst gewidmet<br />

vom Herausgeber.<br />

Vielleicht finden Sie sich angeregt, einige Zeilen oder eine<br />

Druckseite Uber den WerthderFrescobali'schen Kunst <strong>und</strong><br />

des Studiurns dieses alten Orgeirneister's als Geleitbrief<br />

beizufUgen.<br />

Mit ehrerbietigen GrU2en an Ihre Frau Gernahlin <strong>und</strong> dem Ausdrucke<br />

vorzUglicher Werthschätzung zeichnet<br />

Ew. Hochwolgeb.<br />

ergebenster<br />

Fr. X. Haberl<br />

Aus London meldet sich Adolf Sandberger, Musikwissenschaf tler<br />

<strong>und</strong> späterer Univ. Professor in MUnchen, bei Rheinberger<br />

mit der Bitte urn Annahme einer Dedikation:<br />

London S.W.<br />

67 Vincent Square<br />

Westminster.<br />

Sehr verehrter Herr Professor!<br />

Die Firma Kahnt Nachfolger in Leipzig wird in einlger Zeit<br />

den z.Zt. in MUnchen cornponirten Chor t?Waldmorgent heraus-


- 102 -<br />

geben. Ich möchte diese Gelegenheit gerne benutzen, urn<br />

Ihnen, hochverehrter Herr Professor, gerne den Dank eines<br />

alten Schülers auch öffentlich auszusprechen <strong>und</strong> erlaube<br />

mir daher die Bitte, Ihnen das Stuck zueignen zu<br />

dürfen. Es ware mir eine gro1e Ehre, Ihren Namen am<br />

Kopfe der Partitur gedruckt zu sehen.<br />

Herr Bennet, mit dem ich viel über die schöne Zeit Unserer<br />

gemeinsamen Studien spreche, 1äIt sich Ihnen ergebenst<br />

empfehlen.<br />

In der Hoffnung, Ihre Entscheidung zu vernehmen<br />

Ihr stets dankbar ergebener<br />

Dr. Adolf Sandberger.<br />

Rheinberger akzeptiert <strong>und</strong> Sandberger bedankt sich mit<br />

folgenden Zeilen:<br />

Würzburg, 12.7.89.<br />

Hochgeehrter Herr Professor!<br />

Ihrer gütigen Erlaubniss entsprechend, erlaube ich mir<br />

hiemit, Ihnen den "Waldmorgen" zu Füssen zu legen. Hoffentlich<br />

nehmen Sie das Stuck noch so fre<strong>und</strong>lich auf,<br />

wie vor Jahren, <strong>und</strong> betrachten dasselbe als schwachen<br />

Tribut der Dankbarkeit elnes getreuen Schtilers.<br />

Ihrer neulichen Frage: Wie kommen Sie nach England? hatten<br />

Sie gewiss im letzten halben Jahr noch mehrere beigefügt.<br />

Ich war zuerst drei Monate in Paris, dann vierzehn<br />

Tage in BrUssel, sechs Wochen in London, <strong>und</strong> komme<br />

soeben von Noskau <strong>und</strong> Petersburg zurUck, wo ich mich<br />

auch noch vier Wochen herumgetrieben habe. So habe ich<br />

nun die musikalischen VerhEltnisse von ganz Europa fast<br />

kennengelernt. Weitaus am interessantesten f and ich Paris,<br />

dessen w<strong>und</strong>erbare Orchester nur den deutschen den<br />

Rang abzulaufen, besonders nach Seite der HolzblHser. Im<br />

ubrigen hat mich diese Reise nur noch mehr mit nationalem<br />

Stolz erfüllt, dass Deutschland eben doch das erste<br />

Musikiand 1st.<br />

Und nun gestatten Sie mir mit den ergebensten GrUssen<br />

zu zeichnen als Ihr<br />

stets dankbarer Schüler<br />

Adolf Sandberger.


- 103 -<br />

Constantin Sander, seit 1856 Inhaber des Musikverlages<br />

F.E.C. Leuckart in Leipzig, schreibt an Rheinberger:<br />

Leipzig den 14.Aug. 1889.<br />

Hochverehrter Herr!<br />

Für Ihre liebenswürdige Bereitwilligkeit, in meinem Interesse<br />

die technischen Orgeistudien des H. Dr. Hugo<br />

Riernann durchsehen zu wollen, kann ich nicht unterlassen,<br />

Ihnen meinen ganz besonderen Dank abzustatten. Ich<br />

werde indess von Ihrer Güte keinen Gebrauch machen, da<br />

ich es vorzog, das Werk dem Autor zurUckzusenden. Etwas<br />

Neues schien es mir nicht zu enthalten.<br />

Von den div. Arrangements Ihres Ave Maria erlaubte ich<br />

mir, Ihnen etliche Exemplare p. Xbd. zuzusenden. Wünschen<br />

Sie mehr, stehe ich Ihnen mit VergnUgen zu Diensten.<br />

In Kiirze erhalten Sie Revision Ihrer Messe op. 159. Soilten<br />

Sie hinsichtlich der Ausführung des Titels irgendwelche<br />

WUnsche haben, bitte urn IhreAeusserungderselben.<br />

Hochachtungsvoll<br />

C. Sander<br />

Fa. F.E.C. Leuckart.<br />

In dieser Zeit tritt auch der junge Max Reger (1873-1916)<br />

in Rheinbergers Gesichtsfeld. Reger stand damals vor der<br />

Entscheidung, ob er sich dem Lehrer - oder Musikerberuf<br />

widmen solle. Nachdem bereits Hugo Riemanns Urteil eingeholt<br />

worden war, wandte sich Reger auch an Rheinberger,<br />

urn em Urteil über sein Kompositionstalent einzuholen.<br />

Vor allem Regers Eltern dachten daran, ihren Sohn an die<br />

MUnchener Musikschule zur weiteren rnusikaiischen Ausbildung<br />

zu schicken. Reger schrieb daher im Juli 1889 em<br />

Largo für Kiavier <strong>und</strong> Violine <strong>und</strong> den ersten Satz eines<br />

Streichquartetts in Cis-moll. Diese Kompositionen leitete<br />

er Rheinberger zu. Rheinbergers Urteilgeht aus einem Brief<br />

hervor, den Reger am 30. August 1889 von Königswiesen aus<br />

an Adalbert Lindner schrieb:


- 104 -<br />

Hochgeehrter Herr Lehrer!<br />

Quartett <strong>und</strong> Largo sind also wieder zurück von Rheinberger.<br />

Er schrieb: "Ihre Kompositionen, die hiermit<br />

zuruckerfolgen, habe ich durchgesehen <strong>und</strong> glaube ich in<br />

denselben trotz der Unreife genugendes Talent gef<strong>und</strong>en<br />

zu haben, urn sich der musikalischen Laufbahn zu widmen,<br />

obschon ich keinesfallseineVerantwortung hierfUr übernehmen<br />

kann, was ich für alle Fälle ausdrücklich bemerke.<br />

Wenn sie gesonnen sind, Ihre Studien (wenigstens zwei<br />

Jahre) an der Münchener Musikschule zu machen, so melden<br />

Sie sich dort persönlich zur Prüfung am 16. September."<br />

Herr Rheinberger hat den Brief nicht geschrieben, sondern<br />

nur unterschrieben. Mit der Unreife hat er leider nur allzusehr<br />

recht. I...!<br />

Den Sommer 1889 verbrachte Rheinberger wieder zur Erholung<br />

in Bad Kreuth; eine beabsichtigte Reise nach Liechtenstein<br />

kam nicht zustande wegen Fannys angegriffener Ges<strong>und</strong>heit.<br />

In München war Rheinbergers Fre<strong>und</strong>eskreis genau abgesteckt,<br />

<strong>und</strong> die Kontakte, die er zusammen mit seiner Frau unterhielt,<br />

bleiben durch seine TEtigkeit als Hofkapellmeister<br />

für Kirchenmusik <strong>und</strong> sein pEdagogisches Wirken an der Kgl.<br />

Musikschule geprHgt. Zunehmend wird die Auseinandersetzung<br />

urn die Zielsetzung des Cäcilienvereins zugunsten einer gemä8igten<br />

Ausrichtung, die auch die Bestrebungen der musikalischen<br />

"Moderne" berUcksichtigt, von der nachrUckenden Generation<br />

modifiziert. Friedrich Schmidt, Domchordirektor in<br />

Münster, wurde auf der 12. Generalversarnmlung des CEcilienvereins<br />

zu Brixen 1889 zurn neuen Generalprases gewählt, nachdem<br />

Franz Xaver Witt am 2. 12.1888 verstorben war. SchafhEutl<br />

schrieb 4 Monate vor seinem Tod nachfolgenden Brief, - in bekannt<br />

kaum zu entziffernder Weise - , an Rheinberger; es ist<br />

das letzte StUck einer Korrespondenz, die nun fast em halbes<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert gedauert hat:


- 105 -<br />

MUnchen, am 6.Oct. 1889.<br />

Verehrter Herr Hofcapellmeister!<br />

Der Cäcilienverein hat, wie Sie wohl wissen, nach dem<br />

Tode <strong>seines</strong> Vaters Witt eine Versammlung in Brixen abgehalten,<br />

urn einen neuen Präsidenten zu wählen.<br />

Zu der ersten Versammiung hat em Chorregent em Präludium<br />

geschrieben, das dem gegenwärigen Cäcilienverem<br />

sein ganzes Sündenregister vorhält. Ich weil3 nicht,<br />

ob Ihnen dasselbe vor Augen gekommen 1st; in jedem Falle<br />

sende ich Ihnen den Abdruck, mit dem Sie machen können,<br />

was Sie wollen.<br />

Indem ich hoffe, dal3 Sic sich <strong>und</strong> Ihre verehrte Frau<br />

Gernahlin wohibefinden bitte ich, mich der verehrten<br />

Frau fre<strong>und</strong>lichst zu empfehlen<br />

als Ihr alter ergebener<br />

Fre<strong>und</strong> SchafhEutl.<br />

In der Augsburger Postzeitung vom 7. Sept. 1889 findet<br />

sich obengenanntes Memorandum mit dem Titel:<br />

"Präludium zur 12. Generalversammiung des deutschen<br />

Cäcilienvereins in Brixen", das sich kritisch mit der<br />

bisherigen Entwicklung des Cäcilienvereins auseinandersetzt<br />

<strong>und</strong> folgende Postulate aufstellt:<br />

Will der deutsche CEcilienverein nicht zu Gr<strong>und</strong>e gehen,<br />

so mul3 er von der Geschichte lernen <strong>und</strong><br />

Kindliche Ehrfurcht vor der kirchlichen AutoritEt haben<br />

<strong>und</strong> von der Kirche lernen. Die Kirche streitet nicht,<br />

sic zwingt Niemanden. Weg mit allem Streit, weg mit allem<br />

Zwang. Die Kirche lEI3t Choral singen, wem es beliebt,<br />

mit Ausschluf3 jeder andern Musik, sic lI3t aber solchen,<br />

weiche die figurirte Musik lieben, auch diese gelten mit<br />

<strong>und</strong> ohne Begleitung der Orgel <strong>und</strong> der Instrumente. Zu was<br />

streiten, wenn Rom gesprochen hat?<br />

Er mu2 Schulen griinden, ohne Schule kein Musiker, ohne<br />

Musiker kelne Kirchenmusik.<br />

Lehrer <strong>und</strong> Meister sd, der was gelernt hat <strong>und</strong> sich


- 106 -<br />

darnit ausweisen kann. Es wird em schweres Stuck Arbeit<br />

sein, wenn der deutsche Cäcilienverein sich des Dilettantenthums<br />

entledigen will. Er mul3 es, wenn er zu Ansehen<br />

kommen will. Die Dilettanten bringen ihn urn. Daher<br />

4. Weg mit dem Cacilienvereins-Catalog.<br />

I.. .1<br />

Wenn der Cäcilienverein den Muth <strong>und</strong> die Kraft hat, in<br />

dieser Weise sich zuerst selbst zu reformiren, dann wird<br />

er das Vertrauen der Musiker erwecken, <strong>und</strong> wenn sie sehen,<br />

daB nicht Parteilichkeit herrscht, sondern Gerechtigkeit,<br />

nicht Zank, sondern Liebe, Kunstsinn nicht Dilettantisrnus,<br />

dann werden die Musiker, die Chorregenten kommen,<br />

nicht weil sie müssen, sondern well sie selbst wollen.<br />

Aus Vaduz treffen ernste Nachrichten von Peter Rheinberger<br />

In München em. David Rheinberger hat einen Schlaganfall<br />

erlitten. Fanny antwortet aus München:<br />

München, 27.10.1889.<br />

Mein lieber Schwa ger Peter!<br />

Heute (Sonntag) Mittag erhielten wir durch H. Schiegel<br />

die traurige Mittheilung von David's Erkrankung. -<br />

Zugleich die tröstende K<strong>und</strong>e, daB er nicht allein in seinem<br />

Hause liegt, sondern dai3 Ihr in so liebevoller Weise<br />

ihn ins Rothe Haus einquartirt habt. Deine liebe Frau ist,<br />

wie ich glaube, eine vollkomrnene Krankenpflegerin, <strong>und</strong><br />

Deine Töchter werden dem guten Onkel von unendliche Hülfe<br />

<strong>und</strong> liebem Troste sein!<br />

Curt hatte vor 14 Tagen einen heftigen Schnupfen mit darauffolgendem<br />

Husten - er ist immer so verschleimt auf<br />

der Brust; doch geht es ihm jetzt besser. Er läBt Euch<br />

Alle, besonders David, tausendmal GrüBen <strong>und</strong> ihm von Herzen-<br />

gute Besserung wünschen.<br />

Es that mir auch leid zu hören, daJ3 es Frau Verwalter wieder<br />

weniger gut geht. Vielleicht thut ihr doch einmal die<br />

Kneipp=Kur gut? - Kneipp läJ3t bei Blasenschmerzen Dämpfe<br />

von Heublumen, auch Heublumen-Uberschläge machen, sowie er<br />

es in seinem Buche beschreibt.


- 107 -<br />

Viele Arzte nehrnen jetzt schon theilweise die Kneipp'sche<br />

Heilmethode an; denn seine Erfolge streifen ans W<strong>und</strong>erbare.<br />

Wir sprachen heute davon, daI3 wenn sich em Liechtensteiner<br />

entschlief3en könnte, bei Kneipp zu studiren <strong>und</strong> soich em<br />

Bad in Vaduz zu etabliren, er zu grol3er K<strong>und</strong>schaft kommen<br />

könnte, denn die Heiler.folge sind unglaublich. Und Kneipp<br />

kennt auch die Heilstoffe <strong>und</strong> Kräuter in der Natur so genau.<br />

Ich babe durch conseguente Kaltwaschung <strong>und</strong> darauffolgendes<br />

halbst<strong>und</strong>iges zu Bette gehen mich bis jetzt sehr abgehartet.<br />

Mdge es so bleiben! Nur mit dem frühen Kirchengehen will ich<br />

mich recht in Acht nehmen.<br />

I.. .1<br />

Der Ges<strong>und</strong>heitszustand von Rheinbergers Bruder David in Vaduz<br />

verschiechterte sich, Peter Rheinberger berichtet nach<br />

Nünchen:<br />

Meine Lieben!<br />

Vaduz, 2. Novbr. 1889<br />

Morgens 9 Uhr.<br />

David hat gestern nachmittag die hi. Sterbesakramente<br />

empfangen, ohne dal3 diel3 gerade dringend erschien.<br />

Leider aber ist sein Zustand unerwartet schneii heute<br />

schon in em schiimmes Stadium getreten. IchbefUrchte,<br />

da8 die eingetretenen Schmerzen sich noch bedeutend<br />

steigern werden. Wir müssen für die nächsten Tage auf<br />

das Schiiminste gefa8t sein.<br />

Bete für ihn.<br />

Dein getreuer Schwager (sic)<br />

Peter Rheinberger.


- 108 -<br />

Der Komponist schreibt an Peter Rheinberger in Vaduz:<br />

Mein lieber Bruder!<br />

Die Sorge urn unsern lieben David gibt mir die Feder In<br />

die Hand. Dein Brief, den wir heute zum FrühstUck erhielten,<br />

lautet leider sehr ernst. Doch schon die Berichte<br />

Egons <strong>und</strong> des jungen Schiegel hatten mich beunruhigt,<br />

<strong>und</strong> so waren wir nicht eben unvorbereitet. Das<br />

einzig Tröstliche 1st, das der liebe Kranke unter Eurer<br />

Obhut <strong>und</strong> Pflege sein kann - denn daB hierin Alles auf's<br />

Sorgsamste bestelit 1st, dafUr bUrgt Deine gute Frau.<br />

Es muB doch zuerst em kleiner Schlaganf all gewesen sein,<br />

da David (wie Egon sagte) sich einmal <strong>seines</strong> Namens nicht<br />

mehr bewuBt war. Ich kann gar nicht sagen, wie leid mir<br />

urn David 1st; <strong>und</strong> daB er soviel ausstehen muB!<br />

Sei so gut <strong>und</strong> gib recht bald Nachricht, wie es geht -<br />

oder lasse durch Hermine od. Olga (od. Emma) schreiben;<br />

Ich werde die eingegangenen Nachrichten immer Egon mittheilen.<br />

Der Sommer <strong>und</strong> Herbst war hier niederträchtig schlecht,<br />

<strong>und</strong> so konnte man sich in den Ferien heuer faktisch nicht<br />

erholen. Ich spüre das an meiner Nervosität <strong>und</strong> an rneinern<br />

Hus ten <strong>und</strong> freue mich gar nicht auf den Winter.<br />

Julius Maier geht es auch sehr schlecht.<br />

Die besten GrüBe <strong>und</strong> WUnsche auch von meiner Frau.<br />

Dein herzlich ergebener Bruder<br />

Jos. Rheinberger.<br />

München, 1.11.89.<br />

Telegrarnm aus Vaduz, aufgegeben 2.11.1889, 10.55 Uhr<br />

"David 1st eben verschieden".<br />

/Peter/ Rheinberger.


- 109 -<br />

Rheinberger schreibt nach Vaduz:<br />

MUnchen, 8. 11 . 1889<br />

Mein lieber Bruder!<br />

So haben wir also unsern guten lieben David verloren!<br />

Nach Deinem Berichte hat er gottlob doch nicht so viel<br />

an Schmerzen zu leiden gehabt, als eigentlich nach menschlicher<br />

Voraussicht zu fürchten gewesen ware. Dein Telegramm<br />

traf eben ala, als wir mit Egon zu Tische waren;<br />

Trotz der frijher schon schlimm lautenden Nachrichten hatten<br />

wir noch immer em FUnkchen Hoffnung für sein Leben -<br />

aber es hat nicht sollen sein, <strong>und</strong> somit bist Du nun der<br />

Senior der nicht so zahlreichen Familie. Es muf Dich wohl<br />

recht tief schmerzlich berührt haben, als Du zum erstenmal<br />

nach dem Trauerfall das ganz ausgestorbene elterliche Haus<br />

betreten hast. Was allenfalls noch an BUchern <strong>und</strong> Musikalien<br />

od. Briefen von uns von mir dort vorfindlich ist, (es wird<br />

nicht viel sein) bitte ich, in elnen Pack zusammen zu thun,<br />

<strong>und</strong> irgendwo aufzubewahren; ebenso vertraue ich Deinem Schutze<br />

die ehrwtirdige Ruine meines einstigen Claviers. Main Sparkassenbuch<br />

wird auch in Davids Verwahrung gewesen sein, - ich<br />

bitte es ebenfalls in Obhut zu nehmen. -<br />

Deiner lieben Frau <strong>und</strong> den Mädchen danke ich für meinen Theil<br />

für die Sorgfalt <strong>und</strong> Pflege, die sie dem theuren Verblichenen<br />

noch angedeihen lieBen, herzlichst.<br />

Mit bes tern GruI3e von mir <strong>und</strong> Frau<br />

Dein trauernder Bruder Jos. Rheinberger.<br />

Fanny ergänzt das vorstehende Schreiben an Peter Rheinberger<br />

urn einige Zeilen, die vom Komponisten ungelesen<br />

nach Vaduz gehen:<br />

I. . . / Curt hat Dir, wie er mir sagte, geschrieben, daJ3<br />

er Dich bittet, Alles, was von Briefschaften von uns<br />

noch vorhanden sein solite, aufzuheben. Der Hauptgr<strong>und</strong><br />

ist der, daB ich auf vielerlei Wunsch angefangen habe,<br />

Rheinberger-Erinnerungen zu sammein. In London nennt man


- 110 -<br />

em Haus nach diesem Namen, in America wird em Club<br />

nach ibm genannt - währe auch das nicht, so mül3ten wir<br />

doch in Ehren halten, was sich auf ihn <strong>und</strong> seine Familie<br />

bezieht, auch die erste Entwicklung seiner Kunst,<br />

weshaib ich auch David seinerzeit gebeten babe, mir<br />

Aufschreibungen zu machen. GewiJ3 sind auch noch viele<br />

Kindernoten von Curt da. Ich bitte Dich, lieber Peter,<br />

sarnrnle Alles, auch was Curt an semen Vater schrieb.<br />

Halte diel3 nicht für unbescbeiden meinerseits - indem<br />

ich dief3 bitte, thue ich es ja nur aus Liebe zu Euch<br />

Allen. - Es ist mir heute noch em anderer Gedanke gekommen,<br />

den ich Dir wohi vertraulich mittheilendarf,<br />

ohne .fürchten zu müf3en, von Dir mil3verstanden zu werden.<br />

Ich dachte nehmlich - ob ich nicht doch Curt die Uberraschung<br />

machen soilte, Euer Heimathhaus umzubauen? Du<br />

sagst, es sei der Reparatur nicht werth, Curt würde<br />

auch wegen der Fülle scbmerzlicher Erinnerungen keine<br />

Rube in diesen Räumen haben, aber wenn die alte, liebgewonnene<br />

Stätte ibm wahrlich gerichtet würde, ginge er<br />

vielleicht später doch, für längere Zeit nach Vaduz, zumel,<br />

wenn er einen eigenen Haushalt dort hätte; denn<br />

lange wird er doch schwerlich mehr sein Doppelamt behalten.<br />

Es kdnnte eine Art Atelier gerichtet werden, welches<br />

später für Egon nur angenehm sein könnte. Ich weif3<br />

nicht, ob ich Dir durch diesen Gedanken cinen unangenehmen<br />

Eindruck mache? Hoffentlich nicht. Urn so weniger<br />

als ich ja doch keine lange Lebenszeit mehr vor mir babe<br />

<strong>und</strong> es sich daher nicht urn meinen GenuJ3 handelt. Ich<br />

bitte Dich, lieber Peter, verstehe mich nicbt falsch,<br />

Aber ich hielt es doch für recht, Dir diesen Gedanken zu<br />

schreiben, bevor Du Dichrnitanderen Plänen beschäftigst.<br />

Die Nähe der Kirche <strong>und</strong> der Orgel würde Curt, wenn er den<br />

ersten Eindruck überw<strong>und</strong>en hat, gewiI3 sehr trösten <strong>und</strong><br />

wir würden uns auch dann nicht so getrennt bleiben. Curt<br />

ahnt nichts von diesern Briefe, ich wolite vor Allern Deine<br />

offene Ansicht hören. - I.. . /<br />

So eben erhalte ich Deinen Brief, der mich sehr bewegt hat.<br />

Ich kann aber wenn es sich urn Umschreibung des Ha uses auf<br />

Curt's Narnen handelt, unmöglich selbstständig <strong>und</strong> ohne nähere<br />

Kenntnil3 der Verhältnisse handeln, werde daher doch,


sowie Curt heute nach Hause kornmt, ibm Ailes vorsteilen<br />

<strong>und</strong> mögiicherweise eineri Sturm aushaiten <strong>und</strong> ihn bitten,<br />

Dir heute noch ausführiich zu schreiben, es wird dann<br />

hoffentlich nicht zu spat sein. Kannst Du nicht ungefä.hr<br />

sagen, wie hoch em Neubau von 6 Zimmern käme? So<br />

wie das Haus jetzt ist, würde Curt nicht darin bleiben,<br />

er sagte gestern zu Frau Maier, es sei ihm das Betreten<br />

dieses Hauses wie em Eintritt in lauter Gräber.<br />

Ich glaube Curt hat (ich wul3te gar nicht, daB er Dir die<br />

Voiimacht sogieicht ausgesteilt) nur del3haib nicht ausführiich<br />

geschrieben, weil er sehr zartfühiend ist <strong>und</strong><br />

Deinen Wünschen <strong>und</strong> Bestimmungen in nichts vorgreifen<br />

wol it e.<br />

Mu13 denn diese Amtsverhandiung so schneii sein? Es sind<br />

doch derartige Dinge vorerst em bischen zu besprechen.<br />

Morgen oder Ubermorgen erhäist Du bestimmt Nachricht.<br />

/. . .1<br />

Es grül3t Euch tausendmai Fanny<br />

München, 26.11.89.<br />

Ich fahre sogieich in den Gottesdienst von Maier.<br />

Telegramm aus Mtinchen aufgegeben am 26.11., 12.15 Uhr:<br />

"Ich kann das Haus nicht übernehmen. Brief folgt.<br />

Josef'!<br />

Rheinbergers Brief hat folgenden Wortlaut:<br />

Miinchen d. 26.11.1889.<br />

Mein lieber Bruder!<br />

Zu meiner Uberraschung erfuhr ich heute, da2 es im Werk<br />

war, mir das elterliche Haus zuschreiben zu lassen. Meine<br />

Frau hatte in dem guten Glauben, mir damit eine Freude<br />

zu machen, det3wegen an Dich geschrIeben, ohne mir etwas<br />

davon zu sagen, <strong>und</strong> wie ich aus Deinem lieben Briefe


- 112 -<br />

entnehme, bist Du fre<strong>und</strong>lichst darauf eingegangen. Allein<br />

das Haus ware mir ja nur eine Last u. Verlegenheit.<br />

Wegen der paar Tage, die wir eventuell in einem<br />

od. anderen Jahre in Vaduz zuzubringen gedächten, lohnt<br />

es doch nicht Mtihe u. Kosten, es herzurichten od. an<br />

diesem unschönen Platz etwas Neues zu bauen. Du wirst<br />

also vie es das dortige Erbrecht will, als älterer Bruder<br />

das Haus u. die liegenden Güter ubernehmen; was das<br />

übrige Erbe anbetrifft, so erwarte ich Deine gefälligen<br />

Notizen <strong>und</strong> Vorschläge; wir werden uns ja leicht verstandigen.<br />

Wenn Du allenfalls nicht mimer Zeit zu schreiben<br />

hast, so beauftrage Hermine darnit, die, wie ich aus<br />

Ihrem letzten Brief e gesehen, sehr gut mit der Feder zur<br />

Hand 1st; ich werde immer umgehend antworten.<br />

Wegen des Hauses habe ich Dir heute telegrafirt, urn zu<br />

verhindern, daB es mir gerichtlich zugeschrieben verde.<br />

Ich glaube, Du solitest es für Egon seinerzeit etwas<br />

herrichten - es braucht ja nicht zu eilen. -<br />

Wenn Du also über irgendetwas im Zweifel bist, so sei<br />

so fre<strong>und</strong>lich es mich wissen zu lassen,ich od. meine<br />

Frau werden sofort antworten. Deinen Anordnungen wegen<br />

eines Grabsteines stinmie ich natürlich bei.<br />

Mit bestem GruBe<br />

Dein Bruder Jos. Rhemnberger.<br />

Für semen ehemaligen Lehrer Julius Josef Maier verfaBte<br />

Rheinberger folgenden Nachruf, der in der Aligemeinen<br />

Zeitung München vom 23.11.1889 erschien:<br />

Gestern starb dahier im 66. Lebensjahr Dr. Jul. Jos.<br />

Maier, Custos a.D. der kgl. Hof- <strong>und</strong> Staatsbibliothek.<br />

Von Hause aus Jurist, machte er in seiner Geburtsstadt<br />

Karlsruhe sein Staatsexamen mit aller Auszeichnung, aber<br />

ohne in diesem Berufe sich glUcklich zu fuhlen; es ging<br />

ihm eben ähnlich wie seinem vertrauten Schuifre<strong>und</strong>e Victor<br />

Scheffel. Der Drang zu der von jung auf gepflegten<br />

Musik bekain die Oberhand, <strong>und</strong> Maier studierte 1848-1850<br />

Theorie bei Moritz Hauptmann in Leipzig, vurde Lehrer<br />

des Contrapunktes am Conservatoriurn in München (1850-56)


- 113 -<br />

<strong>und</strong> kain sodann als Conservator der piusikalischen Abtheilung<br />

an die Staastbibliothek. Er brachte zuerst<br />

Ordnung in diesen reichen, aber bis dahin arg vernachlassigten<br />

Zweig der grol3en Anstalt, <strong>und</strong> waltete <strong>seines</strong><br />

Aintes mit ebenso peinlicher Cewissenhaftigkeit<br />

wie unermüdlicher Gefalligkeit gegen musikalische Wiabegierde.<br />

Obschon welt mehr geborener Kritiker als<br />

Componist, beschäftigte er sich viele Jahre vorzugsweise<br />

mit den Volksliedern aller Lander <strong>und</strong> bearbeitete<br />

viele derselben für 4 gemischte Stiinmen in geradezu<br />

mustergUltiger Art. Sein Urtheil in musikalischen<br />

Dingen war von staunenswerther Schärfe <strong>und</strong> von ersten<br />

Autoritäten hoch geschatzt. Wer aber, wie Schreiber<br />

selbst, das ClUck hatte, in jungen Jahren sein SchUler<br />

<strong>und</strong> durch Decennien seiner Fre<strong>und</strong>schaft theilhaftig zu<br />

sein, wird ihm em unvergEngliches Andenken bewahren.<br />

Jos. Rheinberger.<br />

Im Sommer 1889 hatte Rheinberger, wie im Vorjahr während<br />

der Ferien in Kreuth, eine neue vierstimmige Messe<br />

mit Orgelbegleitung, komponiert, die dem Direktor<br />

der Kirchenmusikschule in Regensburg, Frany Xaver Haben<br />

gewidmet wurde.<br />

Haberl schreibt an Rheinberger:<br />

Wörishofen, 27.11.89.<br />

Sehr geehrter Herr Hofkapellmeister!<br />

In der Einsamkeit bei Kneipp seit 12.d. verweilend<br />

wurde mir jüngst erst von Regensburg her gemeldet, daB<br />

Ew. Hochwohlgeboren die CUte hatte, mm em Ex. der dedicirten<br />

4-stimm. Met3e zuzusenden. Ohne langer zu zögern<br />

statte ich Ihnen für die unverdiente Aufmerksamkeit meinen<br />

herzlichsten Dank ab, bedauernd, daB ich wegen der<br />

WaBerkur gegen eine Hautkrankheit so spat dazukomme <strong>und</strong><br />

in Ihren Augen als unfre<strong>und</strong>lich gelten muBte.<br />

Bis 7. Dez. werde ich wieder in Regensburg sein <strong>und</strong> dann<br />

der MeBe baldmöglichst mein Studium zuwenden.


- 114 -<br />

Aus der Ztg. habe ich entnorniuen, da2 mein langjähriger<br />

Gönner, H. Conservator Jul. Maier mit Tod abgegangen 1st<br />

<strong>und</strong> ich las auch den Nachruf, den Sie ihrn in edeister<br />

Weise gewidmet haben. Dtirfte ich vielleicht urn Aufschlul3<br />

bitten, was mit dern literarischen oder musikal. od. bibliographischen<br />

Nach1a des Dahingeschiedenen geschehen wird?<br />

Meines Wil3ens hat er viel Material über Orlando gesammelt.<br />

Wenn ich durch Kauf in den Besitz der mir dienlichen<br />

Manuscripte kommen könnte, wUrde ich gerne zu Unterhandlungen<br />

bereit sein. Die Stelle eines Custos scheint<br />

wohl an der Kgl. Hofbibliothek nicht mehr besetzt zu werden?<br />

Schade, wenn die von dem flei8igen Manne begonnenen<br />

Arbeiten für die reiche musikal. Abteilung unvollendet<br />

bleiben. Anne Musikwissenschaft!<br />

Mit der Bitte, rnichIhrer Frau Gernahlin fre<strong>und</strong>lichst zu<br />

empfehlen, zeichne mit wiederholtem Danke<br />

Ew. Hochwohlgeb.<br />

ergebenster<br />

Dr. Fr. X. Haberl.<br />

Federico Consolo (1841-1906), Violonist <strong>und</strong> Komponist richtet<br />

am 20.11.89 u.a. folgende Zeilen an Rheinberger:<br />

Ich erlaube mir, Ihnen mitzutheilen, dass ich mich seit<br />

vielen Jahren der musikalischen Litteratur des Alterturns<br />

gewidmet. Da ich viele Jahre im Orient gelebt, so habe<br />

ich mich auf die Geschichte der griechischen Musik verlegt.<br />

Diese Studien sind mir von grossem Nutzen gewesen<br />

<strong>und</strong> ich darf ihnen mit Genugthuung mittheilen, dass ich<br />

eine Sammlung aller hebräisch-spanischen Melodien babe.<br />

Als Israelit von spanischer Abkunft babe ich mit Leichtigkeit<br />

an den Originalquellen schöpfen können. Diese<br />

Sanimlung besteht aus mehr als 400 Stücken welche wenigstens<br />

Uber tausend Jabre alt sind; ohne je in irgend einem<br />

Welttheil niedergeschrieben worden zu sein, sind sie<br />

von Generation zu Generation überliefert worden; denn ich<br />

kenne alle Samrnlungen dieser Art Musik, welche in Deutschland<br />

<strong>und</strong> Frankreich im Druck erschienen sind.<br />

Glauben Sie, grosser Meister, dass es von künstlerischem


- 115 -<br />

Nutzen sein wird, das Publikurn mit dieser Sariunlung be.kannt<br />

zu machen? Ich beachsichtige, zu mehreren dieser<br />

Melodien die Begleitung für Piano-Porte zu schreiben.<br />

Diese Melodien sind ausserordentlich schön klingend.<br />

Haben Sie die ausserordentliche Cute, mich mit einer<br />

Antwort in Beziehung auf das genannte Werk beehren wollend.Sollten<br />

Sie dasselbe zu sehen wtinschen, so wiirde<br />

ich selbst nach Deutschland reisen, urn es Ihnen vorzulegen.<br />

Empfangen Sie, grosser Meister, nochmals meinen innigsten<br />

Dank <strong>und</strong> den Ausdruck meiner tiefgefUhlten Verehrung.<br />

Ihr ganz ergebener Federico Consolo.<br />

Antonius Thoma, (1829-1897) Bischof von Passau (1886-<br />

1889) <strong>und</strong> Erzbischof von München-Freising (1889-1897)<br />

richtet an Joseph Rheinberger aus Passau am 3. Januar<br />

1890 folgendes Schreiben:<br />

Passau, den 3.1.90.<br />

Euer Hochwohlgeboren!<br />

Hochgeehrtester Herr Hof-Capeilmeister!<br />

Ich habe zwar noch nie Celegenheit gehabt, mich Ew.<br />

Hochwohlgeboren persönlich vorstellen zu können, gestatte<br />

mir indel3 dennoch, vertrauend auf Ihre bekannte<br />

Gtite, eine ganz ergebenste Bitte zu stellen.<br />

Die Domkirche in Passau hat eine neue Orgel mit 73 Registern<br />

erhalten; Orgelbauer Hechenberger dahier baute<br />

dieselbe; sie ist nahezu vollendet, solite jedoch notariellem<br />

Vertrage gernä2 schon im März vorigen Jahres<br />

fertig gesteilt worden scm.<br />

Nun hat Hechenberger von der ausgesetzten Summe von<br />

35000 Mrk. berelts 21000 Mrk. vorschul3weise erhalten,<br />

möchte aber jetzt noch eine weitere Summe von 5000 Mrk.<br />

beziehen.<br />

Weil nun noch Manches an dem Werke fehit, möchte ich mit<br />

weiteren Anzahlungen, wie man sprichwörtlich sagt, das<br />

Heft nicht ganz aus der Hand lassen <strong>und</strong> vorher mich durch


- 116 -<br />

einen Sachverständigen sicher stelien, ob die Arbeit<br />

gediegen <strong>und</strong> preiswUrdig, so weit sie bis jetzt gediehen<br />

ist, erscheint.<br />

Ich habe zwar gehofft, bis Ende vorigen Jahres die<br />

Orgeiprobe vornehmen lassen zu können; diese wird aber<br />

nach Lage der Sache vor 4 bis 5 Monaten kaum rnöglich<br />

sein k6nnen.<br />

Ich habe mir nun schon, seitdem ich hier bin, vorgenommen,<br />

seiner Zeit urn die Orgeiprobe mich bittend an<br />

Ew. Hochwohlgeboren zu wenden, aileine wegen der oben<br />

angegebenen Urnstände soil jetzt schon eine Prtifung des<br />

Werkes vorgenommen werden.<br />

Auf Gr<strong>und</strong> dessen nun wage ich an Ew. Hochwohlgeboren<br />

die ganz ergebenste Anf rage, receptive Bitte, ob Sie<br />

nicht geneigt wären, in möglichster BHlde sich hierher<br />

zu bemühen <strong>und</strong> die betreffende PrUfung gütigst vorzunehmen.<br />

Bejahenden Falls würde ich ergebenst bitten, mir Tag<br />

<strong>und</strong> St<strong>und</strong>e Ihrer Ankunft gütigst anzuzeigen, damit ich<br />

vorher für entsprechendes Quartier sorgen kann; am<br />

Bahnhof wUrde em Wagen für Sie bereit stehen.<br />

Ich erlaube rnir nun noch zu bemerken, daB ich nächsten<br />

Mittwoch oder Donnerstag nach München auf einige Tage<br />

reisen muB, sollten Ew. Hochwohlgeboren vor meiner Abreise<br />

nicht kommen können, so würde ich mir dann in<br />

München meine persönliche Aufwartung gestatten, urn rnündlich<br />

NHheres zu besprechen.<br />

Unter Versicherung ausgezeichneter Hochachtung verharrt<br />

Ew. Hochwohlgeboren ergebenster<br />

Antonius<br />

Erzbisch. v.M.Fr.<br />

Martin Greif (1839-1911), dessen Lied "Zur Jahreswende"<br />

Rheinberger als Nr. 1 seiner 7 Männerchorkompositionen<br />

"Auf der Wanderung", op. 160, gesetzt hatte, schreibt an<br />

den Komponisten:<br />

Hochgeehrter Herr!<br />

Empfangen Sie meinen auftichtigen Dank für die, wie mir


- 117 -<br />

von maf3gebender Seite bekräftigt wurde, höchst eindrucksvoile<br />

<strong>und</strong> gemuthstiefe Composition meines Liedes ttZur<br />

Jahreswende".Ich bin Ihnen für die Auswahl dieses Gedichtes<br />

besonders auch deBhalb verb<strong>und</strong>en, weil ich, da mir<br />

die Macht der Töne gebricht, einen unserm Herrn langst<br />

für Seine gnädige FiThrung schon seit Langem schuldigen<br />

Lobgesang nicht einseitig hervorzubringen vermochte.<br />

Sehr begluckt wUrde ich von Ihnen, verehrter Meister, daher<br />

sein, wenn Sie mir bald einnial die Gelegnheit bewirken<br />

könnten, den Hymnus in seiner harmonischen FUlle zu<br />

vernehmen <strong>und</strong> denselben in meinem Innern mit anzustimmen.<br />

Indem ich Ihnen für diesen mir unschätzbaren Beweis Ihrer<br />

Sympathie <strong>und</strong> Gewogenheit nochmals von ganzem Herzen danke,<br />

verbleibe ich mit besonderer WerthschHtzung<br />

München, den 9. Februar 1890<br />

Ihr<br />

stets ergebener<br />

Martin Greif.<br />

Paul Homeyer (1853-1908), Orgellehrer am Konservatorium<br />

<strong>und</strong> Organist am Gewandhaus zu Leipzig, schreibt an Josef<br />

Rheinberger:<br />

Leipzig, den 11.2.90.<br />

Hochverehrter Herr Professor!<br />

Diese Zeilen sollen Ihnen meinen herzlichsten Dank aussprechen<br />

für die Widmung Ihrer 13. Orgelsonate. Ich habe<br />

das herrliche Werk bereits durchgespielt <strong>und</strong> verde dasselbe<br />

im nächsten Monat in der hiesigen Thomaskirche in<br />

einem Concert vortragen. In 14 Tagen spiele ich die esmoll-Sonate<br />

im Gewandhaus.<br />

Nochmais herzlich dankend verbleibe ich<br />

Beethovenstr. Nr.3.p.<br />

Ihr ganz ergebenster<br />

Paul Homeyer.


- 118 -<br />

Am 17. Februar 1890 berichtet Rheinberger nach Vaduz:<br />

Ich bin seit einigen Tagen als Patient zu Hause <strong>und</strong> muB<br />

mich wegen hochgradiger Nervosität täglichmassirenlassen<br />

- wenn es nur helfen möchte! Schon von Weihnachten<br />

über Neujahr war ich unwohi, habe aber alle Dienste gemacht.<br />

Wahrschejnljch war es die unvermeidliche Influenza;<br />

in jener Zeit starben hier viele Leute daran, auch<br />

Franz Lachner. Nur der alte Schafhäutl scheint glUcklich<br />

gegen Alles gefeit zu sein, was ihm von Herzen gegönnt<br />

sei; er hat gestern semen 88. Geburtstag gefeiert.<br />

Die Frau Jul. Maier wird im März nach Carlsruhe Ubersiedein.<br />

Von Egon habe ich nicht viel zu berichten, Du weil3t,<br />

wie schweigsam er ist, auch kommt er nur dann auf Besuch,<br />

wenn man ihn rufen l8t; er scheint übrigens fleil3ig zu<br />

se in.<br />

In betracht melnes alten Claviers, bitte ich Dich, es in<br />

Verwahrung nehmen zu wollen; Du hast gewil3 auf dem Estrich<br />

irgendeine Ecke, wo es in verdientem Ruhestand vermodern<br />

kann; es 1st nur eben doch eine Jugendreliqule.<br />

Hier wird enorm gebaut, wie mir scheint über Bedürfnif3.<br />

Selbst der englische Garten wird nicht verschont: so wird<br />

eine breite VillenstraBe vom Prinz-Karl-Palais durch den<br />

englischen Garten an die Tsar gezogen <strong>und</strong> eine neue Brücke<br />

über dieselbe (ungefähr 20 Minuten unter der Maximilianusbrücke)<br />

gebaut - da werden wieder h<strong>und</strong>erte der schönsten<br />

Bume gefallt. Wie geht es Deiner lieben Familie? Seid Ihr<br />

Alle von der helmttickischen Influenza verschont geblieben?<br />

Mit herzlichsten GrUl3en von Familie zu Familie<br />

Jos. Rheinberger.<br />

Am 25. Februar 1890 starb K.F.E. von Schafhäutl 88jährig<br />

in MUnchen.<br />

Franziska Rheinberger berichtet nach Vaduz an Peter Rheinberger:<br />

Mein lieber Schwa ger!<br />

Durch die Alige. Zeitung werdet Ihr Kenntnif3 erhalten haben


- 119 -<br />

vom Tode von Curt's ältestem <strong>und</strong> liebevolistem Fre<strong>und</strong>e,<br />

Prof. Schafhäutl.<br />

Ich wolite gerade in seine Wohnung gehen, urn mich nach<br />

seinem Befinden zu erk<strong>und</strong>igen, da Tags vorher seine Erkrankung<br />

in der Zeitung stand. Als ich hinkam fand ich<br />

den theuren schon auf der Bahre liegen - mit friedlichem<br />

Ernst in den rnilden, im Tode so verklärten Zügen. Der<br />

Gedanke, wie gut er in diesen Räumen, wo er jetzt so<br />

stumm lag, gegen Curt gewesen, als dieser als hoffnungsvoller<br />

Knabe zu ihrn karn, hat inich so ergriffen, das ich<br />

niederknien <strong>und</strong> imstill unter Thränen für seine Liebe<br />

danken mul3te.<br />

Curt war auch bei seiner Beerdigung, karn aber nicht traurig<br />

nach Hause, denn er sagte, Schafhäutl hätte immer einen<br />

so "sonnigen Eindruck" gemacht, in seinem Glauben so<br />

fest <strong>und</strong> froh, daf3 man auch jetzt nur an em glückliches,<br />

ewiges Leben denken könne.<br />

Gestern Morgen verloren wir auch unsere alte <strong>und</strong> sehr getreue<br />

Fre<strong>und</strong>in Frau Stieler, durch den Tad. Auch sie hatte<br />

em hohes Alter erreicht, aber unter gröl3eren Leiden<br />

als Schafhäutl. Morgen wird sie begraben.<br />

In diesem Jahre haben wir in unserem Verwandten- <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>eskreis<br />

bittere Verluste erlitten: unersetzliche Menschen -<br />

beiDavidangefangen! Sein Bud hängt neben Curt's Schreibtisch<br />

- was ich Dir, wie ich glaube, früher schon schrieb.<br />

Es war eine sehr liebe Aufmerksamkeit von Dir, lieber David,<br />

ihm dieses so ähnliche Bud machen zu lassen.<br />

Curt ist jetzt in Behandlung des gleichen Naturheilarztes<br />

(Massage in Verbindung von Magnetismus) der auch mir aus<br />

schwerster Krankheit zur Ges<strong>und</strong>heit verholfen. Curt hat ihn<br />

selbst verlangt, ohne daB ich diesen Vorschlag machte. Dr.<br />

Muller ist sehr dafür, daB er viel in die Luft gehe <strong>und</strong> sich<br />

täglich Brust <strong>und</strong> Rücken rasch kalt abwaschen lasse, aber<br />

hierauf wieder zu Bett ginge. Ich besorge das täglich an<br />

ihm, nachdem ich vorher ynich selber (gewdhnlich schon urn 1/2<br />

6 Uhr Morgens) im eingeheizten Ziznmer ganz kalt abgewaschen<br />

habe <strong>und</strong> dann wieder auf eine halbe St<strong>und</strong>e ins warme Bett zurückgekehrt<br />

bin. Vorläufig bin ich sehr abgehärtet, weil3 aber<br />

natürlich nicht, wie lange es dauern wird, bis wieder em<br />

Anfall konmit von Hals- oder Gelenkschmerz.<br />

Curt gebraucht auch vorsichtige Zimmergymnastik mit Hantein


- 120 -<br />

<strong>und</strong> exerziren wir zusamrnen. Gerade als er so leidend<br />

war (in den Faschingstagen) war er als Maximiliansritter<br />

zu alien Hoffesten geladen, es war sogar der<br />

Wagen schon bestelit, schlieBlich konnte er aber nicht<br />

gehen, was uns beiden leid that; denn besonders zu<br />

Prinz Ludwig ware er sehr gerne gegangen.<br />

Von Egon sehe ich leider in diesem Jahr sehr wenig. Er<br />

gab seine italienische St<strong>und</strong>e auf, weil er, wie er mir<br />

sagte, auch Samstag Abend in der Schule zu zeichnen hat.<br />

An einem Carnevaisfeste der Schüier woilte er sich betheiligen,<br />

wenigs tens sagte er uns, daB er an elnem gro-<br />

Ben Decorationsschiff bauen heife; doch hat er mir nicht<br />

erzáhlt, wie es ausgefailen ist. Ich werde ihn nächstens<br />

wieder zu Tisch bitten <strong>und</strong> dann hören, wie es ihm geht.<br />

Ich.glaube, zu Mongroffging er.nur'einmai,r1wei1 dessen<br />

Sohn erkrankt ist.<br />

Deine Mäderin schrieben mir sehr lieb, daB sie mir em<br />

schwarzes Tuch zugedacht haben. Ich lasse ihnen vielmals<br />

für ihre liebe Absicht, mir Freude zu. machen, danken.<br />

Egon hat mir das Tuch nicht gebracht. Aber ich bitte<br />

Euch, zankt ihn nicht, sonst wird er noch scheuer vor<br />

uns<br />

Wenn die lieben Nich ten ihre fleil3igen <strong>und</strong> geschickten<br />

Hände üben wolien, um mir eine Freude zu machen, so lasse<br />

ich sie herzlich bitten für arme Kirchen zu arbeiten.<br />

Es gibt davon, auch auf dern Missionsgebiete so viele,<br />

daB jeder Beitrag hochwiilkomrnen ist. Also für nàchste<br />

Weihnacht ja nichts Anderes, ais Altarwasche... <strong>und</strong> diese<br />

wird zunächst für Schaan am nütziichsten sein. Hermine<br />

bin ich sehr dankbar, wenn sie aile Briefe, die von<br />

Curt sind, oder sich auf Curt irgendwie beziehen, wohiverwahrt,<br />

wie Alles was über ihn noch vorhanden ist.<br />

In der Allgem.Zeitung lesen wir heute wieder einmai das<br />

M.W2rchen, das der Fürst em Jagdschlol3 baue. Curt meinte,<br />

vieiieicht würden die schönsten Bäume abgehauen, <strong>und</strong> dann<br />

bliebe alles lie gen.<br />

Die Liechtensteiner Zeitung brachte heute em so hübsches<br />

Urtheil eines Liechtensteiner Schusters über das Buch<br />

Haydn von Franz von Seeburg, daB ich dem Verfasser weicher<br />

gegenwärti'g sehr leidend ist, die Zeitung sandte. Sein<br />

Name Seeburg ist angenomnien, er heiBt Franz Hacker, ist


- 121 -<br />

Canonicus von S. Cajetan <strong>und</strong> Direktor des kgl. Blinden-<br />

Institutes bier.<br />

Heute batten wir 9 Grad Kälte! Es ist zum Erfrieren!<br />

Eben ruft mir Curt, ich solle noch zum Billardspielen<br />

kornrnen vor dem Nachtessen. Also adieu - liebes rothes<br />

Haus mit Allem, was es enthält, <strong>und</strong> qebt bald wieder,<br />

der ob ihres langen Schreibens zwar Strafe verdienenden<br />

1. März 1890.<br />

Fanny. (sic)<br />

Robert Franz (1815-1892) wendet sich an Franziska Rheinberger<br />

mit folgenden Zeilen über Rheinbergers Lieder "Am<br />

Seegestade", die Fanny gedichtet hatte:<br />

Gnädige Frau!<br />

Sie haben mir mit der Zusendung des op. 158 Ihres Herrn<br />

Gemahis grol3e Uberraschung <strong>und</strong> Freude bereitet, für die<br />

ich Ihnen nicht dankbar genug sein kann. Uberraschung,<br />

wegen der mich hoch ehrenden Widmung, Freude, well em<br />

tauber Nensch, der nur noch vom Imaginären der Tone mUhsam<br />

seine kUnstlerische Existenz fristet, endlich wieder<br />

einmal einem Ausdruck begegnet, in welchem er sich zurecht<br />

finden kann.<br />

1st es schon sehr bedenklich, Stillosigkeit <strong>und</strong> Willkür<br />

in den breiten Formen der Nusik (vom Drama rede ich hier<br />

nicht) Platz greifen zu sehen, so sind dergleichen Experimente<br />

auf dem Gebiete der reinen Lyrik, dem Liede, geradezu<br />

unertraglich. Unserer schOnen Kunst wird jetzt von<br />

links <strong>und</strong> rechts arg zugesetzt! Die Fortschrittsinänner<br />

nehmen sie ebenso sehr in die Presse, wie die RUckschrittler:<br />

wer die goldene Mitte zu halten sucht, möchte dabei<br />

Ach <strong>und</strong> Weh schreien! Wir beide!! Sagen Sie doch bitte<br />

Ihrem Herrn Gemahl, daf3 mir die Durchsicht der beiden<br />

Hefte <strong>seines</strong> op. 158 zur wahren Erquickung gereicht hat,<br />

zu einer Erquickung, die noch weit intensiver sein wUrde,<br />

wenn ich im Stande ware, mich an der materiellen Wirkung<br />

der 8 Gesänge, wobel ich namentlich den "KOnigsstrand" im<br />

Sinne habe, erfreuen zu kOnnen. - Ihnen, meine gnadige


- 122 -<br />

Frau, darf ich wohl zu den musikalischen Texten ganz<br />

ergebenst Glück wtinschen.<br />

Mit den herzlichsten Grüt3en an Sie <strong>und</strong> Ihren Herrn<br />

Gemahi, dessen Ges<strong>und</strong>heit hoffentlich recht bald wieder<br />

hergestellt sein wird,<br />

Ihr<br />

ergebenster<br />

Halle, d.23. MHrz 90.<br />

P. Scrp<br />

Rob. Franz.<br />

Noch bitte ich, Ihrem Herrn Gemahi mitzutheilen, daB<br />

in Kurzem bei Breitkopf & Härtel eine neue Ausgabe des<br />

Wohltemperirten Claviers erscheint, die von mir <strong>und</strong><br />

meinem Freude Otto Dresel redigirt worden ist. Die<br />

Orthodoxie der Historiker von Franz Kroll <strong>und</strong> Hans Bischoff,<br />

der noch verschiedene Nachfolge zu drohen<br />

scheint, hat dem w<strong>und</strong>erbaren Werke Formen ausgedrängt,<br />

die eine Revision des Textes unter künstlerischen Gesichtspunkten<br />

durchaus nöthig machen. Es sollte mich<br />

sehr freuen, wenn wir hin <strong>und</strong> wieder die richtige Lesart<br />

getroffen hätten.<br />

Der Obige.<br />

Im Närz <strong>und</strong> April ist Rheinbergers ges<strong>und</strong>heitliches<br />

Befinden so schlecht, daB er sich bei semen Diensten<br />

in der Hofkapelle von seinem Kollegen Ruber vertreten<br />

lassen muB <strong>und</strong> erst am 27. April seine Thtigkeit<br />

wieder aufnehmen kann.<br />

Fanny berichtet an ihren Schwager in Vaduz über Rheinbergers<br />

Befinden:<br />

Samstag 15.111.90.<br />

Mein lieber Peter!<br />

Heute ist Curt zuin ersteninale über Tisch aufgestanden.<br />

Gott sein Dank!! Allerdings in einer unbeschreiblichen<br />

Mattigkeit <strong>und</strong> sehr melancholisch. Allein - es hätte


- 123 -<br />

auch anders komrnen können! Jetzt geht allerdings die<br />

schwierige Kur - was Schonung betriff, erst an. Aber,<br />

wenn er nur erhalten bleibt, so findet er an seiner<br />

Kunst selbst ohne äui3eren Beruf noch immer vielen Trost.<br />

Davon zu sprechen ist jetzt noch zu friih. Dr. Quaglio,<br />

der ihn voriges Jahr such an der Bronchitis gut behandelt<br />

(er ist Homeopath) hat auch diel3mal wie es scheint,<br />

das richtige getroffen. Da ich in meiner ersten Angst<br />

sogleich an Schwester Maxentia geschrieben habe, so<br />

bitte ich eine Deiner lieben Töchter ihr Mittheilung<br />

über Curt zu machen <strong>und</strong> sie urn fortdauerndes Gebet zu<br />

bitten.<br />

Seine Ergebung <strong>und</strong> Andacht bei Empfang der hi. Sterbesakramente<br />

die er selbst verlangt hat, war ergreifend.<br />

Die Teilnahme ist geradezu groI3artig. Prinz <strong>und</strong> Prinzessin<br />

Ludwig schicken jeden Tag her, such Herzog Carl<br />

Theodor u. Andere.<br />

Da ich doch - wegen der Pflege - dann <strong>und</strong> wann in die<br />

Luft muJ3, besuchte ich neulich Egon in seiner Kunstschule;<br />

woilte ihm auch Nachricht über Onkel geben. Es war<br />

mir lieb ihn zu finden, <strong>und</strong> daJ3 er mich sogleich in sein<br />

Atelier führte wo er allein mit einem anderen Biidhauer<br />

an einem männlichen Kopfmodeil arbeitete. Er hatte 3/4<br />

Profil, eine schwere Aufgabe; macht es aber überraschend<br />

gut. Er sagte, es sei so angenehm in dieser Ruhe zu arbeiten,<br />

da sie nur zu zweit seien. Ich glaube, daB Euch<br />

diese Mittheilung Freude macht. /. . . /<br />

Am 19. April 1890 meldet Fanny nach Vaduz, daB der junge<br />

Egon Rheinberger, der Neff e des Komponisten, an der Kunstakademie<br />

bei Prof. Eberle die Aufnahmeprüfung gut bestanden<br />

habe <strong>und</strong> fährt fort:<br />

Curt hat es s,ich nicht nehrnen lassen, wieder an seine<br />

Schule zu gehen <strong>und</strong> morgen dirigirt er zum erstenmale<br />

wieder in der Hofcapelie. Er ist sehr viel in freier<br />

Lu it, da auch der Arzt sagte, ihn fortzuschicken würde


- 124 -<br />

jim zu sehr bedrücken, so war ich machtlos, ihn von<br />

seinem Beruf zurückzuhalten!<br />

Er grüi3t Euch vielmals <strong>und</strong> gratulirt zu Egon. Ich<br />

werde übermorgen wider zu Professor Eberle gehen <strong>und</strong><br />

ibm danken.<br />

Wie hätte sich David gefreut!<br />

Lebt wohi <strong>und</strong> seid recht froh über Egon. Die Schwestern<br />

sollen nur recht beten, daB er bray bleibt.<br />

Eure getreue<br />

Fanny.<br />

Der Musikverlag Novelle, Ewer & Co., London, tritt damals<br />

erstmalig mit Joseph Rheinberger in Verbindung:<br />

Herrn Jos. Rheinberger<br />

NUn chen.<br />

1, Berners Street, W.<br />

London, April 24. 1890<br />

Sehr geehrter Herr!<br />

Wir gelangten in den angenehmen Besitz Ihres Werthen vom<br />

20. ct. <strong>und</strong> des Manuskripts Ihrer Monologe "Zwölf Orgelstücke",<br />

<strong>und</strong> wir danken Ihnen, dass Sie uns dieses Opus<br />

zur Erwerbung des Verlagsrechts für England angeboten haben.<br />

Wir haben das Vergnügen, Ihnen hiermit mitzutheilen,<br />

dass wir Ihre Of ferte annehmen <strong>und</strong> bereit sind, Ihnen das<br />

von Ihnen gewUnschte Honorar von 300 Mark für das Werk zu<br />

zahien.<br />

Nit vorzUglicher Hochachtung<br />

Novello & Co.<br />

Rheinbergers Mess in f-moll fand in den "Fliegenden B1ttern<br />

für katholische Kirchenmusik" (Regensburg 1890 25.<br />

Jg. Nr. 3, S. 27/30) eine anonyme herbe Kritik, die von<br />

8 Gutachten ablèhnenden Inhalts gestUtzt wurde. Daraufhin


- 125 -<br />

erschien von J.E. Habert eine Replik in der Zeitschrift<br />

"Der Kirchenchor" (Bregenz 1890, Nr. 7 u. 8), die Stehle<br />

für semen "Chorwächter" Ubernahm. (St. Gallen 1890, 15.<br />

Jg., Nr. 8, S. 72/73).<br />

Rheinberger schreibt daraufhin an Stehle:<br />

Sehr geehrter Herr!<br />

Herzlichen Dank für die Zusendung des mich betreffenden<br />

Aufsatzes, der mir übrigens schon bekannt war. Es freut<br />

mich, daB sich Manner fanden, weiche irn Interesse der<br />

Kirchenmusik selbst die ebenso boswilligen vie einfältigen<br />

"Kritiken" zurUckwiesen, da Ich dergleichen gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

nicht selbst thue <strong>und</strong> auch nicht durch Andere<br />

veranlasse. Besonderer Heiterkeit dUrfte die KornmUller'sche<br />

Entdeckung, daB sich F-Moll nicht für em Credo<br />

eignet, hervorrufen.<br />

Hoffentlich hat Ihr Herr Sohn, den ich bestens grül3e, das<br />

Musikschulzeugnil3 noch erhalten; ich habe die Direktion<br />

wiederholt daran erinnert. Wie geht es ihrn ges<strong>und</strong>heitlich?<br />

Mir hatte die Influenza bös rnitgespielt; hoffentlich sind<br />

Sie in Ihrem schönen St. Gallen verschont geblieben.<br />

Mit herzlichen Grü2en Ihr ergebener Fre<strong>und</strong><br />

Jos. Rheinberger.<br />

Bad Kreuth, den 14.8.90<br />

Otto Singer (1863-1931), der sich im April 1890 urn die<br />

durch Julius Buths Wahi zurn StEdt. Musikdirektor von<br />

Düsseldorf freigewordene Stelle als Dirigent der Konzertgesellschaft<br />

in Elberfeld vergeblich beworben hatte, benutzte<br />

Rheinbergers Ernpfehlung in Köln erfolgreich:<br />

Hochverehrtester Herr Professor!<br />

Es drängt rnich, Ihnen zu melden, dass ich gestern in der<br />

General-Versainmiung des Kölner MEnnergesangverelns als<br />

Nachfolger Zöllners (einschliesslich Stellung am Conservatorium)<br />

gewEhlt wurde.<br />

Es waren 49 Bewerber, mit 3 kam ich in die engere Wahl<br />

<strong>und</strong> leitete vor 14 Tagen eine Probe an Ort <strong>und</strong> Stelle.


- 126 -<br />

Ich darf wohi ganz zufrieden sein, dass ich z.Zt. die<br />

Elberfelder Angelegenheit nicht realisirte. Ihre fre<strong>und</strong>liche<br />

Ernpfehlung von damals habe ich mir erlaubt, bei<br />

dieser Gelegenheit zu verwenden <strong>und</strong> bedanke mich nochmals<br />

für Ihr mir gUtigst geschenktes Interesse. Indem<br />

ich urn Ihr ferneres Wohiwollen bitte, verbleibe ich mit<br />

besten Wünschen für Ihr <strong>und</strong> Threr Frau Gemahlin Wohlbefinden<br />

<strong>und</strong> hochachtungsvollem Gruss<br />

Ihr ergebener<br />

0. Singer.<br />

Heidelberg, 10.10.90.<br />

Die erste Jahreshälfte 1890, eine für den Komponisten<br />

ungewöhnlich lange Zeitspanne, benutze Rheinberger zur<br />

Komposition seiner Weihnachtskantate.:. "Der Stern von<br />

Bethlehem't nach einem Text von Fanny von Hoffnaal3. Es<br />

ist die letzte Komposition, die das Ehepaar Rheinberger<br />

zusammen fertigstellte, - <strong>und</strong> mit ihr brechen auch Fannys<br />

Eintragungen in Rheinbergers Werkverzeichnis ab.<br />

Am 23. September 1890 schreibt Fanny nach dem Ferienaufenthalt<br />

in Kreuth an Peter Rheinberger in Vaduz:<br />

Wir sind nun wieder in München <strong>und</strong> Curt hat seine Thätigkeit<br />

wiefrüheraufgenommen. All meine Bitten, er mdge<br />

sich von der Schule zurückziehen, blieben erfolgios <strong>und</strong><br />

er hat mich so ernstlich ersucht, ihn ganz nach eigener<br />

Ansicht schalten <strong>und</strong> walten zu lassen, dai3 ich mich jetzt<br />

nur mehr in das Vertrauen in Gott zurückziehen kann.<br />

Seine Freude mit jungen talentvollen Schülern zu verkehren<br />

<strong>und</strong> ibnen eine schöne Zukunft zu sichern, indem er<br />

sie zu tüchtigen Kräf ten heranbildet, macht ihm seine Bürde<br />

leicht.<br />

Philipp Woifrum, seit 1885 Universitätsmusikdirektor in<br />

Heidelberg schreibt an Joseph Rheinberger:


- 127 -<br />

Hochverehrter Herr Professor,<br />

mein Verleger Breitkopf & Härtel wird Ihnen nächster Tage<br />

mein soeben erschienenes Buch<br />

"Die Entstehung <strong>und</strong> erste Entwicklung des<br />

evangelischen deutschen Kirchenliedes<br />

in musikalischer Beziehung"<br />

zusenden. Bitte nehmen Sie diese Frucht meiner hiesigen<br />

Lehrthätigkeit fre<strong>und</strong>lich auf.<br />

Unter angelegentlichen Empfehlungen an Sie <strong>und</strong> Ihre verehrte<br />

Frau Gemahlin<br />

Ihr<br />

stets dankbar ergebener<br />

Heidelberg,<br />

am 23.119O<br />

Woifrum.<br />

Aus den Münchener Neuesten Nachrichten Nr. 39 vom 25.1.91:<br />

Das gestrige erste Abonnements-Konzert der Musikalischen<br />

Akademie wurde zur Erinnerung an den vor kurzem verstorbenen<br />

dänischen Komponisten Niels Gade mit der Ouverture<br />

"Nachklange aus Ossian" eröffnet.<br />

Die dritte Nummer des Programms bildete elne zum ersten<br />

Male aufgefUhrte Suite für Orgel, Violine <strong>und</strong> Violoncell<br />

mit Begleitung des Streichorchesters (das Letztere war im<br />

Programm zu bemerken vergessen worden) In c-moll op. 149<br />

von Joseph Rheinberger. Diese Komposition bildet eine wirkliche<br />

Bereicherung der musikalischen Literatur, sie 1st eine<br />

schöne Nachblüthe der sogenannten klassischen Periode<br />

der Musik. Dies zeigt sich vornehmllch im zweiten Satze,<br />

dem Thema mit Veränderungen, das in dem idealen Geiste der<br />

Werke der mittleren Epoche Beethoven's empf<strong>und</strong>en, mit grosser<br />

<strong>und</strong> dennoch niemals aufdringllch wirkender musikalischer<br />

Gestaltungskraft ausgeführt 1st. Durch Frische <strong>und</strong><br />

Lebhaftigkeit <strong>und</strong> prächtige Klangwirkungen zeichnet sich das<br />

Finale aus. Weniger bedeutend 1st der erste Satz, recht<br />

hUbsch, nur zu gedehnt, die Sarabende.


- 128 -<br />

Die Wiedergabe des Werkes war eine ganz vorzügliche. Otto<br />

Hieber spielte den Orgelpart mit der ihm in so hohem Grade<br />

auszeichnenden sicheren Bestimmtheit. Benno Walter entfaltete<br />

die voile Klangschönheit selner Tongebung <strong>und</strong> grole<br />

Wärme der Empfindung, <strong>und</strong> der Meister des Violoncells,<br />

Franz Bennat, zeigte wiederum, wie ihm die Gabe eines bewussten<br />

Eindringens in den inneren Gehalt. der Tongebilde<br />

in ganz besonderem Grade zu eigen ist. Die genannten Kiinstler<br />

wurden durch häufige Hervorrufe ausgezeichnet <strong>und</strong> es<br />

musste zum Schlusse, dem stürmischen Verlangen des Publikums<br />

nachgebend, auch Hofkapellmeister Rheinberger zwei<br />

Mal am Podium erscheinen.<br />

Bei den beiden letztgenannten Tonwerken dirigierte Herr<br />

Konzertmeister Abel das Orchester mit der ihm eigenen Urnsicht.<br />

Am 14. 1. 1891 schreibt Josef Rheinbergeran semen ehemaligen<br />

Schüler Josef Renner, der damals als Musikdirektor<br />

in Bludenz wirkte:<br />

Lieber Herr Renner!<br />

München, den 14.1.1891.<br />

Ihre OrgelstUcke hätte ich Ihnen längst wieder zugestelit,<br />

aber ich glaubte immer, daB sie gelegentlich nach München<br />

kommen würden, um sie persönlich in Ernpfang zu nehmen.<br />

Dieselben gef alien mir alle Zwölf - sie sind echt orgelmä2ig<br />

<strong>und</strong> fast durchaus sorgfältig ausgefeilt. Die Widmung<br />

nehme ich gerne an. Derartige StUcke werden am ehesten von<br />

"Kahnt's Nachfoiger" in Leipzig, od. Leuckart in Leipzig<br />

verlegt; Sie müssen es eben versuchen.<br />

Die von Ihnen erwähnte Missa crucis ist die op. 151 (bei<br />

Leuckart) - unter dem Gesamttitel aus dem Kirchenjahre habe<br />

ich nichts publiziert. - Ich freue mich, daB SieinBludenz<br />

musikalische Leute finden <strong>und</strong> daB Sie gerne dort sind.<br />

Für Ihren Kirchenchor lege ich Ihneneinpaar Sachen bei.<br />

Mit herzlichem GruBe<br />

Ihr J. Rheinberger.


- 129 -<br />

Auch in der Folgezeit bleibt Rheinberger mit Renner in<br />

Kontakt. Renner übersendet Rheinberger seine Produktionen<br />

<strong>und</strong> Rheinberger spart nicht mit Lob <strong>und</strong> Kritik.<br />

Nach der Komposition der Weihnachtskantate "Der Stern<br />

von Bethlehem" , mit der Rheinberger einen Höhepunkt<br />

<strong>seines</strong> Schaffens erreicht, widmet sich Rheinberger in<br />

den folgenden zehn Jahren besonders der Komposition von<br />

Orgeiwerken <strong>und</strong> Messen.<br />

Im Frühjahr 1891 arbeitet der Komponist an seiner Orchestermesse<br />

in C-dur, op. 169, die ihn bis zum Herbst<br />

beschäftigt, nachdem er im Winter zuvor seine 14. Orgelsonate,in<br />

C-dur, op. 165,vollendet hatte. Der Widmungsempfänger<br />

der Orgelsonate, Graf Lurani in Mailand, bedankt<br />

sich mit folgenden Zeilen bei Rheinberger:<br />

Milano, 28 gennajo 1891.<br />

Egregio Signor Professore,<br />

Non potai descrivere Le la lieta sorpresa che proval oggi<br />

al ricevere la magnifica Sonata per organo, che la S.N.<br />

ml ha fatto l'alto onore dl dedicarmi e che, naturalmente,<br />

ho subito passata al pianoforte assleme a mia moglie, col<br />

piu grande interesse. Non sapal davvero a qual cosa attribuire<br />

questa prova di simpatia, che tanto mi connuove e ml<br />

lusinga, se non a troppa bont della S.N. - La prego di<br />

voler qui accogliere l'espressione della mia pici sincera<br />

gratitudine!<br />

Mia moglie ed 10 speriamo di tornare in Baviera nella prossima<br />

estate e di essere questa volta tanto fortunati da<br />

poter conoscere personalmente la S.N. e la gentilissima sua<br />

Consorte.<br />

La prego, egregio Signor Professore, di accogliere i sensi<br />

della mia ricognoscenua e prof<strong>und</strong>a stinia col quail ml dico<br />

Devotissimo suo<br />

J. Lurani.


- 130 -<br />

Rheinberger schrieb damals folgendes Gutachten über die<br />

Concert-Fantasie in As für Orgel von Eduard Stehie:<br />

Der Componist hat hier em Werk geschaffen, weiches<br />

einer grol3en, festlichen Stimmung Ausdruck verleiht,<br />

indem er eine deutsche Nationaihynine (v. Kewitsch)<br />

zu Gr<strong>und</strong>e legt. Mit grol3em Geschick <strong>und</strong> bedeutender<br />

Steigerung sind die neun Variationen, aus denen das<br />

Werk besteht, entworf en <strong>und</strong> ausgefuhrt <strong>und</strong> werden dieselben<br />

bei virtuoser Execution auf einer gro2ên Orgel<br />

unzweifelhaft einen mächtigen Eindruck machen. Die<br />

technischen Schwierigkeiten des Werkes sind allerdings<br />

gro8, besonders im Pedalsatz - doch sind sie für den<br />

Orgelbeflissenden lockend. Somit sei dieses Werk Stehie's<br />

bestens empfohlen.<br />

MUnchen 18.2.1891<br />

Josef Rheinberger.<br />

Dieses Gutachten erhält Stehie mit folgendem Begleitschreiben:<br />

München, 18.2.91<br />

Sehr verehrter Fre<strong>und</strong>!<br />

Selbstverständlich konime ich Ihrem Wunsche gerne nach<br />

<strong>und</strong> wilnsche ich Ihrem so interessanten Werke den verdienten<br />

guten Erfoig. Von der "Wacht am Rhein" sagte<br />

ich nichts, da ich kein Verehrer dieser glatten, tnvialen<br />

Melodie bin, die es nicht verdiente, zu dieser<br />

politischen Rolle zu gelangen. Aber auch abgesehen davon,<br />

halte ich es nicht für künstlerisch berechtigt,<br />

zwei Melodien derselben "Tendenz" zusammen zu zwingen.<br />

Die später auftauchende Preul3enhymne spielt nur eine<br />

nebensächliche, nicht störende Rolle. Variation VI aber<br />

lieBe ich weg. Verzeihen Sie meine Aufrichtigkeit, die<br />

hier mit dem Interesse für Ihr sonst so schönes Werk zusammentrif<br />

ft I<br />

Mit bestem Grul3e Ihr ergebener<br />

Josef Rheinberger.


- 131 -<br />

Harry P. Mawson vom Composers Club, New York schreibt<br />

an Rheinberger:<br />

An<br />

Hofkapel lmeister<br />

Professor Josef Rheinberger<br />

in Milnchen.<br />

13.Feb. 1891.<br />

Sehr geehrter Herr,<br />

Ich habe hiermit die Ehre, Ihnen mitzutheilen, dass Sie<br />

am 10. dieses zum Ehren-Mitglied des Composers Club erwählt<br />

wurden.<br />

Em Abend Ihrer Musik wird am 19. März stattfinden, <strong>und</strong><br />

dazu brauchen wir für unser Programm elne Ihrer Photographien,<br />

selbst unterzeichnet, wie die des Herrn Grieg's<br />

hierbei.<br />

Ich hoffe, dass dieser Brief Ihnen im allerbesten Zustande<br />

<strong>und</strong> Wohi ankommen wird <strong>und</strong> erwarte beim nächsten Post<br />

Ihren wehrten Photo zu erhalten.<br />

Hochachtungsvoll <strong>und</strong> mit<br />

ehrenfollen Grüssen<br />

Harry P. Mawson.<br />

Isidor Seiss aus Köln schrieb an Rheinberger:<br />

14.3.1891.<br />

Lieber verehrter Fre<strong>und</strong>!<br />

Vielleicht, dass es Dir heute Abend zwischen 8 u. 9 Uhr<br />

em wenig in den Ohren klingt - Gr<strong>und</strong>: Wir machen nochmals<br />

Dein liebes, herziges Quintett, was wir uns ganz in<br />

unsre Herzen hineingespielt haben; ich freue mich sehr<br />

auf diese Wiederholung, bel der uns sicher noch manches<br />

besser glücken wird, wie bei der neulichen ersten Auffuhrung,<br />

wo man doch immer em wenig unruhig <strong>und</strong> zweifelhaft<br />

ist.<br />

Die bearbeiteten Mozart'schen Variationen habe ich erhalten,<br />

morgen will ich sie mir genau ansehen - besten Dank<br />

dafür! Sei herzlich <strong>und</strong> mit der wärmsten Verehrung gegrüsst<br />

von Deinem ergebensten<br />

Isidor Seiss.


- 132 -<br />

Der Leiter des Heckmann-Streichquartétts schreibt an<br />

Josef Rheinberger:<br />

"Dem verehrten Herr Professor Rheinberger sendet das<br />

beiliegende .Programm heutiger Auffiihrung des Kiavierquintettes<br />

op. 114 als Ausdruck vorzuglichster Hochschätzung<br />

mit verbindlichstem GruI3<br />

R. Heckmann.<br />

Coin, 27.2.91<br />

KO in<br />

Freitag, den 27.Februar 1891<br />

Abends 7 Uhr<br />

im "Isabellen-Saai" des "GUrzenich"<br />

R. H E C K M A N N's<br />

Fünfte Soiree für Kammermusik<br />

unter fre<strong>und</strong>licher Mitwirkung des<br />

KOnigi. Professors<br />

Herrn Isodor S E I S S<br />

Pianoforte: Isidor Seiss<br />

Violine: R. Heckmann z. N.N<br />

Viola: Willy Geyersbach u. Fritz Keller<br />

Violoncell: Gustav Baldow.<br />

Programm<br />

Hermann W i c h m a n n : Quintett (op. 35, C-dur)<br />

(Zum ersten Male)<br />

L.van B e e t h o v e n : Sonate (op.l2, Nr.2, Es-dur)<br />

Josef R h e I n b e r g e r Klavierquintett<br />

(op. 114,C-dur)<br />

(Neu, zum ersten Male).


- 133 -<br />

Foigende Dankzeiien beschriftet Fanny mit dem Hinweis<br />

im Tagebuch /TB 15,142/:<br />

"Von der Wittwe des ersten Musiklehrer von Rheinberger<br />

(Pöhly)", die Rheinberger laufend unterstützte.<br />

17.4.1891.<br />

Lieber Herr <strong>und</strong> Frau Rheinberger.<br />

Ich kann nicht Worte finden mit der Feder niederzuschreiben,<br />

weiche Freuden Ich in meinen Herzen endpf and, wie<br />

ich den 15.4. Ihnen reichiiches Geschenk erhielt; <strong>und</strong> dabei<br />

auch em Grus, der mich versichert, das Ich mit meiner<br />

Bitte Ihnen nicht beleidiget habe; der liebe Gott wird es<br />

Ihnen vergeiten, denn ich elite gieich in der Kirche zu<br />

den Vergeiter alies Cute, auf meinen Knien <strong>und</strong> mit aufgehobenen<br />

Händen, bitte der liebe Cott woile es Ihnen vergeiten<br />

mit iangen Leben <strong>und</strong> Ces<strong>und</strong>heit, <strong>und</strong> Jenseitz mit<br />

der unverweichiichen Krone der Barmherzigkeit; von<br />

der Kirche elite Ich auf das Crab meines lieben Gatten,<br />

weinte vor Freuden <strong>und</strong> sagte, meln lieber Catte, da ruth<br />

Deine Irdische Hiele zu verwesen, mit der Du in Deinem Leben<br />

unermiidet zum wohi der lieben Kinder <strong>und</strong> Menschen gearbeitet<br />

hast, <strong>und</strong> Ich arme Witwe in meiner Noth noch<br />

hilfe suchen kann, ach bitte auch Du, mein Catte, dass Er<br />

Ihnen es vergeite, denn Du weisst, wie oft sie unsere Herzen<br />

erfreut haben in unseren nöthen. Ich wahr durch die so<br />

vielen freuden so viel ergriffen, das es mir unmöglich wahr<br />

innigsten Dank auf das papir zu bringen. DHgiich bei der<br />

Heiligen Messe iege Ich meine Bitte auf den Altar, das der<br />

liebe Gott es Ihnen vergeite, hier, <strong>und</strong> jenseits meinen<br />

herziichsten Dank, Sie haben mein Herz von grossen Kummer<br />

enthoben. Ich habe vieie schiaf lose nächte zugebracht, bis<br />

ich es gewagt habe meine Bitte Ihnen zu FUssen zu legen, es<br />

wahr mir doch in meinem Innern, Ich soil es wagen, denn<br />

der liebe Gott 1st es, der die Herzen der Menschen regiert;<br />

<strong>und</strong> Ehr hat es auch gethan, sie haben Ihnen em Schatz hinterlegt<br />

bei Cott, den kein Mad fressen kann <strong>und</strong> kein Dieb<br />

stehien kann; der liebe Cott hat gesagt, wehr barmherzig<br />

1st, wird Barutherzigkeit erlangen. Ehr trUgt nicht, Ehr helt<br />

sein wort, der Glaube helt den Menschen aufrecht <strong>und</strong> tröstet<br />

<strong>und</strong> durch das wiedersehen.


- 134 -<br />

Ich wiederholle noch einmahl mein herzlichen Dank mit<br />

Hochachtung<br />

Ihr dankschuldige<br />

Anna Pöhli Witwe. (sic).<br />

Em weiteres Schreiben Rheinbergers an Renner lautet:<br />

München, 24.2.1891.<br />

Lieber Herr Renner!<br />

Ihre Orgelstücke op. J9, die Sie mir so fre<strong>und</strong>lich dedizierten,<br />

habe ich gestern erhalten <strong>und</strong> danke ich Ihnen<br />

vor Allem für Ihre Aufmerksamkeit. Es ist mir recht lieb,<br />

da2 Leuckart sie verlegt, denn er ist einer der besten<br />

<strong>und</strong> rennomiertesten Verleger. Die Stücke selbst machen<br />

Ihnen alle Ehre; sie sind durchaus von natUrlicher Melodik<br />

<strong>und</strong> von gutem Satze; dabei nicht sehr schwierig auszuführen,<br />

was ich auch zu den "Tugenden" rechne - <strong>und</strong> somit<br />

ist zu hoffen, daB sie sich verbreiten werden. Ferner<br />

habe ich Ihnen noch für den Aufsatz der "Lyre" zu danken -<br />

mögen die Cäcilianer eine rechte Freude daran haben! Mit<br />

wiederholtem Danke <strong>und</strong> den besten Grti2en wie immer<br />

Ihr herzlich ergeb.<br />

Josef Rheinberger.<br />

Philipp Woifrum berichtet Rheinberger über seine Tätigkeiten:<br />

Hochverehrter Herr Professor,<br />

ich verfolge mit der Aufführung des Pergolese gewisse<br />

belcanto-Zwecke bei dem hiesigen Frauenchor. Nun hab<br />

ich eine Original-Paritur in Ihrer Hof- <strong>und</strong> Staatsbibliothek<br />

aufgetrieben. Die Bearbeitung der Orgeistimme<br />

habe ich begonnen, ebenso die Uberarbeitung des Quartetts.<br />

Es sind nicht bios 2 Geigen <strong>und</strong> Ba13, sondern<br />

auch eine hEufig seibstandig gehaltene Bratsche dabei.<br />

Das Stuck thut nach der h-moli Messe <strong>und</strong> einiger


- 135 -<br />

neuester Musik dem hiesigen Chor <strong>und</strong> Publikum gut; es<br />

wird sicherlich leicht begriffen <strong>und</strong> gut gesungen. Mannerstimmen<br />

babe ich diesmal beim Kirchen-Concert nicht<br />

zur Verfügung, sonst wlirde ich schon zum Astorga gegriff<br />

en baben.<br />

Bel Ihrem Orgel-Concert wird Hänlein in Mannheim den<br />

Orgelpart übernehmen, da icb bier absolut keinen dirigirenden<br />

Stellvertreter babe.<br />

Morgen leite ich in Pforzheim das VI. bad. Kirchengesangsfest<br />

mit etwas 750 tells städtischen, tells landlichen<br />

Sangerinnen <strong>und</strong> Sangern. Ich babe das Amt seit 5<br />

Jabren ttum Gottes willen" Ubernommen.<br />

Haben Sie, hochverehrter Herr Professor, Dank für Ibre<br />

fre<strong>und</strong>lichen Zeilen.<br />

Stets lhr treuergebener, dankbarer<br />

Dr. Wolf rum.<br />

Heidelberg, am 30.6.91.<br />

Otto Scbmid (1858-1931) Musikschriftsteller <strong>und</strong> Kritiker<br />

in Dresden empfiehlt sich Rheinberger als Biograph:<br />

Mathildenstrasse 9 II Dresden, 27.111.1891.<br />

Hochverehrter Meister!<br />

Beim Durchiesen des Ibrem Leben <strong>und</strong> Schaffen gewidmeten<br />

Theil des Chop'schen Werkes reifte in mir der Plan, In<br />

einem elgenen Buche em, so weit es moglicb, erschöpf endes,<br />

abschlie8endes Bud Ibres Entwicklungsganges wie<br />

Ihrer Tbätigkeit als Componist, Dirigent <strong>und</strong> Lehrer zu<br />

geben.<br />

Speziell in biograph. Arbeiten nicbt unerfahren, glaube<br />

icb Ibnen die Versicherung geben zu können, daf3 ich etwas<br />

Ihres Namens Wurdiges leisten kann <strong>und</strong> leisten werde. Aufer<br />

elner kleinen Broschüre über Thomas Thoschat (Leipzig,<br />

Max Hesse) <strong>und</strong> zahireichen biogr. Skizzen für Zeitschriften<br />

habe ich freilich erst em grö2eres Werkchen geschrieben,<br />

eine bei Hünsch u. Piesler in Dresden erschienene,<br />

aber von Publikum u. Kritik ungemein günstig aufgenommene<br />

Biographie Edm<strong>und</strong> Kretschmars. Dafür aber babe ich die


- 136 -<br />

Genugthuung gehabt, auf sie hin von Felix DrHseke mit<br />

der Besteliung eines gröeren seinem Leben u. Schaffen<br />

gewidmeten Werkchens betraut worden zu sein. - Auf Verlangen<br />

steht Ihnen sowohi die Kretschmar-Biographie<br />

(ich sende Ihnen dieselbe bereits mit, es ist vorderhand<br />

mein eigenes Exemplar, werde mir aber gestatten,<br />

Ihnen möglichst bald em soiches ganz zur Verfügung zu<br />

stellen.) als auch den 41 Seiten umfassenden 1. Theil<br />

der DrHseke-Biographie zur Verfflgung! - DaB ich schon<br />

seit 7 Jahren an einem Werke über Michael Haydn arbeite,<br />

dUrfte Ihnen auch die Gewähr geben, daB es mir nicht an<br />

FleiB <strong>und</strong> Ausdauer fehit.<br />

Was nun die von mir beabsichtigte Arbeit anlangt,so 1st<br />

zunHchst mein Prinzip, die Biographie eines Lebenden<br />

muf3, ohne in den Ton einer laudatio zu verf alien - von<br />

einem Hauch warmer Sympathie erfUllt sein. Ich mache gar<br />

keinen Hehi daraus, daB ich em Verehrer des Meisters<br />

bin, dessen Biographie zu schreiben ich mir zur Aufgabe<br />

gesteilt.<br />

Ich gehe geradezu darauf aus, mit dem Meister im lebhaf<br />

ten Gedankenaustausch zu stehen. Ich möchte semen<br />

Interessen, semen Ansichten über sein eigenes Schaffen<br />

nachspüren <strong>und</strong> so den Leser einführen in die Welt des<br />

Denkens <strong>und</strong> Empfindens dessen, den ich ihnen näher führen<br />

will. Im rein biogr. Theil habe ich es bislang stets so<br />

gehalten, daB mir der betreffende Herr in kurzer Skizze,<br />

Notizen, em eingehendes, auch kleine Einzelheiten nicht<br />

übergehendes Bud <strong>seines</strong> Lebens entwirft - vielleicht<br />

stückweise zugehen lHBt - <strong>und</strong> ich bei Ausarbeitung unter<br />

Benutzung moglichst authentischen weiteren Materials aus<br />

Zeitschriften etc. entnehme. 1st em Abschnitt fertig,<br />

sende ich denselben zur Ansicht, Commentierung, ErgHnzung<br />

etc. etc.<br />

Selbstverständlich würde es mir elne hohe Ehre sein, Sie<br />

hielten mich für wtIrdig, Ihr Biograph zu werden <strong>und</strong> daB<br />

ich Alles daran setzen wtirde, etwas Ihres hohen künstlerischen<br />

Rufes werthes zu leisten, brauche ich wohl nicht<br />

besonders zu betonen.<br />

In vorzUglichster Hochachtung <strong>und</strong> Verehrung<br />

ergeben Otto Schmid.


- 137 -<br />

In der Folgezeit kam es zwischenOttoSchmid (-Dresden)<br />

<strong>und</strong> Josef Rheinberger zu einem Briefwechsel, der aber<br />

nicht zu elnem Abschlut3 der geplanten Biographie fUhrte.<br />

Schmid benutzte das Material, das Rheinberger ihrn zugänglich<br />

machte, zu elnem Nekrolog, der 1902 in der<br />

Neuen Musik-Zeitung (23.Jg., S.22ff.) erschien.<br />

Der englische Kirchenmusiker T. Westlake Morgan, richtet<br />

folgende Anfrage an Rheinberger, urn das von ibm geplante<br />

Werk "Hoods" hinsichtllch der Angaben iiber Kopfbedeckung,<br />

Gewänder <strong>und</strong> deren offizielle Benennung bei Graduierungen<br />

zu vervollständigen:<br />

Dear Sir,<br />

Will you be kind enough to favour me with a brief reply<br />

informing me whether the Munich Academy grants the Degree<br />

of Doctor or Bachelor of Music, and if so, <strong>und</strong>er what conditions?<br />

Also whether any other Degrees are grantet by<br />

the Academy, and whether Hoods or any academic costumes<br />

are prescibed for graduated?<br />

My reasons for troubling you are these: We are editing<br />

a new ecucational work and are anxious to ascertain particulars<br />

of all Institutions granting Degrees. Moreover<br />

I see In Nalmann's Dictionary of Music that several composers<br />

of eminence claim a Doctorate of Music from the<br />

Munich Academy.<br />

I shall be so grateful for this favour more especially as<br />

I am myself a musician and therefore interested.<br />

With many apologies for troubling you and awaiting the<br />

favour of your kind reply<br />

I am, Sir,<br />

With profo<strong>und</strong> respect,<br />

Faithfully yours.<br />

T. Westlake Morgan<br />

(of Oxford & Cambridge Universities).


- 138 -<br />

Louis W. Kelterborn (1853-1910), der 1893 in Famous<br />

Composers, Boston,einen biographischen Artikel von betrchtlicher<br />

Breitenwirkung über Josef Gabriel Rheinberger<br />

verfa2te, schreibt damals über seine ersten Varsuche<br />

als Biograph des Komponisten:<br />

17.July 1891.<br />

Hochverehrter Herr Professor<br />

Mit Kreuzband erhalten Sie gleichzeitig mit diesem Brief e<br />

eine Nurrnner des New Yorker Belletristischen Journals, wohl<br />

der gediegensten deutschen Zeitschrift Amerikas, worm sich<br />

em Aufsatz von mir befindet, der Ihnen <strong>und</strong> Ihrer künstlerischen<br />

Wirksamkeit gewidmet ist. Ich habe demselben nichts<br />

beizufUgen als den Wunsch, Sie möchten diesen bescheidenen<br />

Versuch, unserm hiesigen Leserkreise em Bild von Ihnen zu<br />

entwerfen, fre<strong>und</strong>lich aufnehmen, nachsichtig beurtheilen,<br />

<strong>und</strong> vor allem davon überzeugt sein, dass er der aufrichtigstan<br />

<strong>und</strong> herzlichsten Sympathie entsprungen ist, die ich<br />

für so manches Ihrer vielen schönen Werke hege.<br />

Aus der Ueberschrift ersehen Sie, dass der Aufsatz die Fortsetzung<br />

einer langeren Serie ähnlicher Skizzen ist, Ihre<br />

Vorgängerdarinwaren: Stockhausen, Cl. Schumann, Rob. Franz,<br />

Henselt, F. Lachner, Reinecke, Kirchner, Lassen <strong>und</strong> Fritz<br />

Hegar.<br />

Im berühmten Cholera-Winter 1873/74 war ich als Student an<br />

der Universität München, kümmerte mich damals aber schon vorwiegend<br />

urn Kunst, Theater <strong>und</strong> Musik. Damalsverkehrte ich<br />

auch fast täglich im Hause des Herrn Prof. <strong>und</strong> Conzertmeisters<br />

Abel, der einst in gleicher Stellung eine Zierde des<br />

Musikiebens meiner Heimath Basel gewesen war, von wo auch<br />

seine Frau Gemahlin statnmt. Seit der Zeit ist mir München,<br />

wo ich geistig so ungemein viel profitirt habe, fast so lieb<br />

wie eine zweite Heimath. Soilten Sie meine dortigen Fre<strong>und</strong>e,<br />

die lieben Abels, sehen, dann bitte ich Sie, dieselben aufs<br />

Herzlichste von mir zu grüssen. Die Erinnerung an das schöne<br />

Zusammensein mit ihnen, sowie den ganzen Aufenthalt in München,<br />

kann ich hier im fernen Boston auf das Beste auffrischen,<br />

wenn ich ab <strong>und</strong> zu Gelegenheit finde, die lieben Baermanns in<br />

Newton zu besuchen, wo jede einzelne St<strong>und</strong>e die Unterhaltung<br />

anregt <strong>und</strong> Genuss bringt.<br />

Nochmals bitte ich um nachsichtige, fre<strong>und</strong>liche Aufnahme rneines<br />

Aufsatzes, den ich nur darum so frei bin, Ihnen zuzusenden,


Wien IV. Pressgasse 26.<br />

- 139 -<br />

weil er als em Gruss aus so weiter Ferne vielleicht eine<br />

kleine Ueberraschung bereitet, <strong>und</strong> fUge noch bei, dass ich<br />

vor einiger Zeit mit dern kleinen deutschen gemischten Chore<br />

"Fidelio" Ihren prächtigen "König Erich" mit schönstem<br />

Gelingen in einern Konzert aufgefUhrt habe, <strong>und</strong> schliesse<br />

mit der Versicherung meiner aufrichtigen herzlichen Verehrung<br />

<strong>und</strong> des innigsten Dankes für manche Ihren Werken<br />

zu verdankende genussreiche St<strong>und</strong>e als Ihr<br />

ganz ergebener<br />

Dr. Louis Kelterborn.<br />

Theobald Kretschmann (1850-1919), Kirchenmusiker <strong>und</strong> Kapellmeister<br />

an der Votivkirche in Wien, schreibt Anfang August<br />

1891 an Josef Rheinberger:<br />

Hochverehrtester Meister!<br />

Im Auftrage des Kirchenmusikvereins an der Votivkirche<br />

stelle ich die Gradualien (Alleluja, Tractus, etc.) <strong>und</strong><br />

Offertorien für das ganze Kirchenjahr behufs einer Herausgabe<br />

zusammen, u.zw. komponirt von den berufensten TonkUnstlern<br />

der Gegenwart. Darf ich sie, hochverehrter Melster,<br />

im Interesse <strong>und</strong> zur Zierde des Ganzen auch urn elnen<br />

Beitrag zu dieser Riesenarbeit ganz ergebenst bitten? Ich<br />

habe bereits sehr erfreuliche Zusagen erhalten <strong>und</strong> hoffe,<br />

auch von Ihnen hochverehrter Meister, em Kleinod zu erhalten,<br />

urn das ich auch recht sehr bitte!<br />

Die betreffenden Einlagen sollen a capella oder mit Orgelbegleitung,<br />

2,3,4,5 oder 6-stimmig sein, auch schwächeren<br />

Kirchenchören zugängl ich.<br />

Ihre herrliche F-moll Messe <strong>und</strong> die in G,op. 151,sind unsere<br />

RepertoirestUcke <strong>und</strong> laben wir uns stets an diesen<br />

echt kUnstlerischen Werken.<br />

Indem ich Sic, hochverehrtester Meister, bitte, unser Bestreben,<br />

eine Sannnlung wirklich berufener Komponisten zusatnmenzubringen,<br />

gUtigst unterstUtzen zu wollen, zeichne<br />

ich mich als Ihr warmer Verehrer, ergebenst<br />

Theobald Kretschmann.


- 140 -<br />

Handschriftlicher Zusatz von Fanny Rheinberger:<br />

Das Graduale für Quinquagesima componirt <strong>und</strong> zum Abdruck<br />

gesand. Kreuth, 6. August 1891.<br />

Theobald Kretschmann bedánkt sich mit folgenden Zeilen:<br />

Hochverehrtester Meister!<br />

Herzlichen Dank für die Zusendung des Graduale, es ist<br />

em Juwel, das der Sammiung zur grössten Zierde dienen<br />

wird. Gerade nach diesem Style fahnden wir - warum soil<br />

sich die Kirchenmusik vor lauter liturgischer Richtigkeit<br />

verzopfen?<br />

Bis jetzt haben mir 28 hervorragende KUnstler zugesagt -<br />

doch ist das zu bewältigende Material em riesiges!<br />

Mit nochmaligem, ergebensten Dank <strong>und</strong> in inniger Verehrung<br />

Theobald Kretschmann<br />

Kapeilmeister a.d. Votovkirche.<br />

Wien IV., Pressgasse 26.<br />

J.G. Eduard Stehie schreibt nach der Aufführung der von<br />

den orthodoxen Cäcilianern hart kritisierten f-moll-<br />

Messe an den Komponisten:<br />

Herrn Hofkapellmeister St. Gallen, 20. Sept. 91<br />

Prof. Jos. Rheinberger (eidgenoss. Bet tag)<br />

München.<br />

Hochverehrter Herr!<br />

Herrlich <strong>und</strong> prchtig, weihevoll, würdig klingt Ihre neue<br />

Haberi dedizirte Messe in F-moll. Habe sie gestern ersttrials<br />

aufgefUhrt; sie hat w<strong>und</strong>erbar schöne, musikalisch<br />

interessante Stellen <strong>und</strong> hat die Sanger begeistert, wie<br />

die Hörer ergriffen (an diesem Tage gehen Viele in die<br />

Kirche, die man sonst nie sieht, <strong>und</strong> die viel gute Musik<br />

hören).<br />

Ich gratulire zu diesem treff lichen Werke ailerbestens!<br />

Von meinem Sohne Eduard die besten GrüI3e - er war jetzt


- 141 -<br />

den dritten Sommer in Arosa <strong>und</strong> hat soweit gekräftigt,<br />

dat3 er im Spätherbst eine Stelle antreten wird.<br />

Mit hochachtungsvollstem Grul3e empfiehlt sich<br />

Ihr<br />

ganz ergb.<br />

Stehie.<br />

Rheinberger hatte damals seine Messe op. 169 fertiggesteilt<br />

<strong>und</strong> antwortete Stehie:<br />

MUnchen den 27.9.91<br />

Sehr verehrter Fre<strong>und</strong>!<br />

Meinen besten Dank für Ihre Sendung. Vor Allem spreche<br />

ich Ihnen meine Freude über die Genesung Ihres Herrn<br />

Sohnes aus, der eine so trUbe Zeit durchzumachen hatte -<br />

gewif3 ist dem Papa hledurch auch eine schwere Sorge vorn<br />

Herzen! Ihre Werthschätzung meiner f-moll-Messe freut<br />

mich umsomehr, als dieselbe von einer gewissen caecilianischen<br />

Partel unerhörte Verunglimpfungen erlitt, die<br />

mich zwar vollständig kUhi 1ie1en, aber Herrn Haberl<br />

(dern die Messe dedizirt 1st) sehr peinlich berUhren<br />

mu1te.<br />

Herr Haberl hatte seinerzeit die Aufmerksamkeit, mir<br />

seine Frescobali-Ausgabe zu widmen, was ich durch obige<br />

Dedication erwiderte. Das zog ihm von Seite einer Anzahi<br />

seiner Vereinsgenossen die grö6ten Unanehmlichkeiten<br />

zu - unglaublich aber wahr<br />

Die von dem Einsender der Zeitungsnotiz gewünschte Instrumentalmesse<br />

1st eben fertig geworden; ich mul3 mich<br />

aber fast bedenken, sie jemand zu widmen, da das mit Gefahr<br />

von jener Seite verb<strong>und</strong>en ist.<br />

MIt den besten Wünschen für Ihr Wohisein <strong>und</strong> herzliche<br />

GrUBe an Ihren Sohn Ihr hochachtungsvoll ergebener<br />

Josef Rheinberger.


Stehie antwortet:<br />

- 142 -<br />

Hochverehrter Herr Hofkapellmeister!<br />

Herzlichsten Dank für Ihre frdl. Zeilen <strong>und</strong> liebevolle<br />

Theilnahme an Eduards Befinden; derselbe läl3t schönstens<br />

grül3en <strong>und</strong> danken, ganz weg ist das Leiden noch<br />

nicht, aber sehr gebessert!<br />

Die Nachricht von der Fertigstellung einer Instrumentalmesse<br />

hat mich hoch erfreut <strong>und</strong> H<strong>und</strong>erten anderer<br />

Musiker wird's auch so gehen, hoffentlich wird sie bald<br />

erscheinen.<br />

An Ihrer Stelle wilrde ich dieselbe Sr. Eminenz dem Kardinal<br />

Rampolla, Präfekt der Riten-Congregation, dediziren,<br />

dann müssen die einseitigen, fanatischen <strong>und</strong> <strong>und</strong>uldsamen<br />

Kirchenmusikalischen Hetzkapläne mit ihrer<br />

Zehntels-Bildung, die gegenwärtig durch die Lageder<br />

Dinge den Markt beherrschen, anständigerweise stillehal<br />

ten.<br />

Hat es doch die Grazer Versammiung nicht gewagt, gegen<br />

die Sch<strong>und</strong>messe der Baronin v. Bauduin Stellung zu nehmen<br />

- weil sie dem Pabst dedizirt ist. Da haben wir das<br />

"Courage" dieser Helden!<br />

Mit vorzuglicher Hochachtung <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>lichsten Grüf3en<br />

von mir <strong>und</strong> Eduard<br />

Ihr ganz ergebenster<br />

Stehle.


- 143 -<br />

Wilhelm Speidel (1826-1899), Dirigent in Stuttgart,<br />

bittet Rheinberger urn dessen Mitarbeit an einer Bach-<br />

Ausgabe bei Cotta gegen em Honorar von 300 Mark <strong>und</strong><br />

schreibt:<br />

Hochgeehrter Herr College!<br />

Im Auftrag von Cotta Nachfolger werde ich eine Instruktion-Ausgabe<br />

von Bach: 2 <strong>und</strong> 3 stimmige Inventionen <strong>und</strong><br />

das Wohitemperierte Clavier bearbeiten. Dabei soll ich<br />

nachdemWunsche des Geh. Komrnerzienraths Kröner, dem<br />

Chef von Cotta Nachfolger, mir einen Mitarbeiter auswählen.<br />

Da nun Bach's Claviercompositionen mir aus der Orgel<br />

herausgewachsen scheinen, so erlaube ich mir, mich an<br />

einen hohen Meister dieses Instruments, an Sie, hochgeehrter<br />

Herr, zu wenden urn bei Ihnen anzufragen, ob Sie<br />

nicht die Mitarbeiterschaft Ubernehrnen woilten.<br />

Es wilrde Ihnen nach meinern Vorschlag an der Bearbeitung<br />

zufallen:<br />

Die Bezeichnung, welche sich auf die verschiedenen Emtritte<br />

beziehen, als Therna, Engführung usw. in Abkurzung<br />

angedeutet <strong>und</strong><br />

Die getreue Feststellung der richtigen Lesart, welche<br />

sich auch auf die Verzierungen auszudehnen hätte.<br />

Mir fiele die rniihsarne Arbeit der Fingersetzung <strong>und</strong> Phrasierung,<br />

sowie die Angabe der Vortragszeichen, des Metronoms<br />

<strong>und</strong> der verschiedenen dynarnischen Zeichen zu.<br />

Für Ihre Arbeit sind 300 Mark ausgesetzt. Als Urtext<br />

stehen die Ausgaben von Czerny <strong>und</strong> was das wohitemperierte<br />

Clavier betrifft, auch die von Kroll zur Verfugung, in<br />

weiche die Corecturen eingetragen werden.<br />

Beiläufig gesagt, rnöchte Sie Hr. Kräner auch als Herausgeber<br />

für eine Orgelantalogie gewinnen.<br />

Auf eine baldige geneigte Antwort bittend, verbleibe ich<br />

mit den fre<strong>und</strong>lichsten Empfehlungen an Ihre verehrte Frau<br />

Gernahlin Ihr Sie hochverehrender <strong>und</strong> hochachtungsvoll ergebener<br />

Wilh. Speidel.<br />

Dazu handschriftlicher Vermerk von der Hand Fannys:<br />

"Abgel ehn t".


- 144 -<br />

Rheinbergers Gattin Franziska, die bis dahin liebevoll<br />

die häuslichen Angelegenheiten des Komponisten, seine<br />

Korrespondenz <strong>und</strong> sein Werkverzeichnis geregelt hatte,<br />

wird von einem rheumatischen Leiden immer wieder aufs<br />

Krankenlager geworf en. In den Briefen häuf en sich die<br />

Hinweise darauf, daf sie an ihre Genesung selbst kaum<br />

mehr glaubt.<br />

Am 27.10.1891 schreibt sie nach Vaduz:<br />

I...!<br />

Ich ergebe mich jetzt so ziemlich der Rube - <strong>und</strong> soilte<br />

doch viel arbeiten. Aus America, Norddeutschland etc.<br />

kommen so of t Anfragen nach Lebensbildern von Curt, <strong>und</strong><br />

meist werden diese Anfragen an mich gerichtet; allein<br />

Curt hat einen Widerwillen gegen alles Veröffentlichen,<br />

was sein eigenes Leben berührt <strong>und</strong> meint, wenn er emmal<br />

gestorben sei, könnten sie ihn sieden oder braten.<br />

Dennoch babe ich begonnen, alles Material zu sammeln,<br />

was sich auf ihn bezieht, Bilder der Heimath, Portraits<br />

der Familie <strong>und</strong> seiner Schüler, damit Alles einmal "schön<br />

beisammen" ist, wenn ich abfahre. I. . .1<br />

Rheinbergers Brief e an seine zahireichen ehemaligen<br />

Schüler - mehr als 500 waren es damals schon - sind zuweilen<br />

von lapidarer Kürze. Zu Renners Hochzeit versendet<br />

er folgenden Gratulationsbrief:<br />

München, 28. 10. 1891.<br />

Lieber Herr Renner!<br />

Meinen herzlichsten Glückwunsch Ihnen <strong>und</strong> Ihrer Frau Gemahlin!<br />

Im Jahre 1849 verkehrte <strong>und</strong> musizierte ich häufig<br />

in dem Hause Franz Ganahi, daher mir, obschon ich damals<br />

erst 10 Jahre zHhlte, der Name in bester Erinnerung blieb.<br />

Ferner habe ich Ihnen zu danken für Thre liebevolle Besprechung<br />

meiner Kirchenmusik, die mir Forberg zusandte.<br />

Mit wiederholten besten Wünschen<br />

Ihr herzl. ergebener<br />

Jos. Rheinberger.


- 145 -<br />

Josef Renner schreibt am 13.11. zurUck:<br />

Bludenz, 13.11.91.<br />

Hochverehrter Herr Professor!<br />

Noch ganz von dem fre<strong>und</strong>lichen Empfange erfüllt, den<br />

Sie mir bei meinem Besuche in München zu Theil werden<br />

lief3en, erlaube ich mir, Ihnen ,. als. kleines Zeichen<br />

meiner steten Anhänglichkeit, meine neuesten irn Druck<br />

erschienenen Versuche zu Ubersenden. Da ich bei meiner<br />

Unreife des Rathes noch gar sehr bedarf, ware ich Ihnen,<br />

verehrtester Herr Professor, für etwaige Winke oder Ausstellungen<br />

sehr dankbar.<br />

Wie Sie mir mittheilen, <strong>und</strong> wie ich auch zu sehen Gelegenheit<br />

hatte, legen Sie von Ihrer Instrurnental-Messe<br />

elne neue Partitur an. Solite die alte Partitur vielleicht<br />

dadurch überflUssig werden oder gar die Zerstörung<br />

derselben in Aussicht stehen, so wage ich die Bitte,<br />

mir in diesern Falle, d.h. wenn meine Annahme sich als<br />

richtig erweist, die Partitur zu überlassen. Nur durch<br />

die hohe Verehrung, die ich Ihren Werken zolle, glaube<br />

ich, diese verwegene Bitte einigermaBen rechtfertigen<br />

zu können.<br />

Indem ich nochmals für die herrliche Bearbeitung der<br />

Mozart-Variationen meinen innigsten Dank ausspreche, <strong>und</strong><br />

urn nachsichtige Beurtheilung meirier beiden Versuche bitte,<br />

verbleibe ich<br />

Ihr stets ergebener<br />

Sie innigst verehrender<br />

SchUler<br />

Jos. Renner jun.


- 146 -<br />

Am Jahresende schreibt der Komponist an Peter Rheinberger<br />

in Vaduz:<br />

München den 28. 12.91<br />

Mein lieber Bruder!<br />

Gewöhnlich fallen Einem die Brief schulden in den letzten<br />

Tagen des Jahres am schwersten auf-so auch mir. Es kann<br />

mich nur der Gedanke entschuldigen <strong>und</strong> trösten, daIs meine<br />

Frau eine fleil3igere <strong>und</strong> bessere Korrespondentin ist. -<br />

Egon war am Weihnachtsabend <strong>und</strong> gestern Mittag bei uns;<br />

er scheint fleiBig <strong>und</strong> strebsam zu sein. I... /<br />

Deiner lieben Frau <strong>und</strong> den tDrei Schwestern" alles Liebe<br />

<strong>und</strong> Schöne zum neuen Jahr.<br />

Da13 wir uns gegenseitig das Beste wünschen, 1st ja selbstverständlich<br />

- <strong>und</strong> somit wollen wir sehen, was uns das<br />

neue Jahr 1892 bringt!<br />

Mit den herzlichsten GrUI3en Dein Bruder<br />

Jos. Rheinberger.


- 147 -<br />

Auch in Moskau werden Rheinbergers Werke aufgefUhrt.<br />

Johannes Bartz, seit 1872 Organist an der Petri-Paul-<br />

Kirche in Moskau, schreibt an Rheinberger:<br />

Herrn<br />

J. Rheinberger<br />

Konigl. Hofkapellmeister<br />

Hochverehrter Meister.<br />

Zugleich mit diesem Schreiben geht an Ihre werte Adresse<br />

em Programm <strong>und</strong> musikalisches Referat der Moskauer Deutschen<br />

Zeitung unter Kreuzband ab. Aus beidem ersehen Sic,<br />

Herr Kapeilmeister, dass am 2. März Ihr herrliches Werk<br />

"Montfort" unter meiner Leitung hierselbst zur AuffUhrung<br />

gelangt ist.Es ist mir em Herzensbedürfnis, dem Schöpfer<br />

dieses poesievollen Werkes mitzuteilen, dass der 115 Menschen<br />

zählende Chor, bestehend aus Mitgliedern der hiesigen<br />

deutschen Kolonie, mit wachsender Begeisterung die<br />

Chore zu "Montfort" studirt hat, <strong>und</strong> dass im Konzert das<br />

ganze Publikum von dieser Tondichtung hingerissen gewesen<br />

is t.<br />

Der Wunsch nach Wiederholung dieser Aufführung ist em allgemeiner.<br />

Im Namen meines Chores <strong>und</strong> der Solisten, sowie aus eigenem<br />

Herzensdrange sage ich Ihnen, verehrter Meister, Dank für<br />

die Schopfung dieses Werkes. Gott erhalte Sic uns lange in<br />

alter, frischer SchOpfungskraft.<br />

Ihr sic herzlich verehrender<br />

J. Bartz<br />

Noskau, d.5. MHrz 1892.<br />

Organist a.d. evang. luth.<br />

St. Petri-Pauli-Kirche.


- 148 -<br />

Bludenz, 16.111.92.<br />

Hochverehrter Herr Professor!<br />

Gestatten Sie mir, da2 ich Ihnen zum herannahenden Namensfeste<br />

meine aufrichtigsten ClUck- <strong>und</strong> Segenswilnsche<br />

übermittle. Möge Sie der liebe Gott zum Segen wahrer<br />

Kunst noch recht oft dieses schöne Fest erleben lassen!<br />

Da ich eben vom StudiumIhrer Kiavier-Orgel (ist No. 15<br />

schon erschienen?) <strong>und</strong> Kirchenwerke zu dem der Orchesterwerke<br />

ubergehen möchte, so ware ich für geneigte Auskunft,<br />

wo die Partituren von op. 10, 18, 79, 87, 94, 139, sowie<br />

der Quartette op. 89 <strong>und</strong> 147 erschienen sind, sehr dankbar.<br />

Auch wtirde mich sehr interessieren, ob die Instrumental-Messe<br />

<strong>und</strong> wo?schonherausgekommen ist.<br />

In meiner Einsamkeit, wo ich soviel wie gar keine Gelegenheit<br />

habe, Musik im edeisten Sinne des Wortes zu hören,<br />

bin ich ganz auf das häusliche Studium angewiesen. Zum<br />

GlUck ist meine liebe Frau mit einer sympathischen, youtönenden<br />

Altstimme (bis f) begabt, <strong>und</strong> so können wir wenigstens<br />

das groBe Gebiet des einstimmigen Liedes uneingeschrankt<br />

pflegen. Von Ihren Liederhef ten singt sie mit<br />

Vorliebe op. 41, 55, 136 <strong>und</strong> 157. Die Liederhefte op. 4,<br />

22, 26, 57, 128 sind mir leider ihrem Verleger nach nicht<br />

bekannt.<br />

Die Kousine meiner Frau, M. Theimer in Reichenberg, Böhmen,<br />

eine ausgezeichnete Pianistin, spielte jUngst in einem<br />

Konzert Ihre schöne Klaviersonate op. 99, worUber sich die<br />

Kritik sehr anerkennend äuBert. Von den Marianischen Hymnen<br />

besitze ich bis jetzt 4 Nummern, solite inzwischen elne<br />

neue herausgekommen sein?<br />

In der Votivkirche in Wien, wo bekanntlich jetzt für Wien<br />

die beste Kirchenmusik anzutreffen ist, kommen in diesem<br />

Jahr 2 Of fertorien von meiner Arbeit, Reges Tharsis <strong>und</strong><br />

Scapulis suis, zur Uberhaupt ersten Auffuhrung. So unbedeutend<br />

dies an sich ist, mir war es doch em sUl3er Trost in<br />

meiner Weltabgeschiedenheit <strong>und</strong> em neuer Antrieb für weitere<br />

Versuche meines schwachen Talentes!<br />

Doch, verehrter Meister, entschuldigen Sie, dal3 ich es<br />

wieder gewagt habe, Ihre kostbare Zeit so in Anspruch zu<br />

nehmen. Es drangt mich eben dazu, mich Ihnen von Zeit zu<br />

Zeit zu nahen, Ihnen, zu dem ich so verehrend <strong>und</strong> dankbar


- 149 -<br />

aufblicke, aufs neue meine Liebe <strong>und</strong> Anhänglichkeit zu<br />

bezeigen.<br />

Meine Segenswünsche wiederholend, bin ich Ihr sehr ergebener<br />

SchUler<br />

Josef Renner jun.<br />

Em weiteres Mal meldet sich Johannes Bartz aus Moskau:<br />

Moskau, d.19. März 1892.<br />

Hochverehrter Meister.<br />

Es hat elnige Tage gedauert, ehe Ihre fre<strong>und</strong>liche Gabe<br />

als Drucksache mir aus der Censur zugesteilt wurde. Jetzt<br />

bin ich im Besitze des Clavierauszuges thres letzten Werkes.<br />

Ich freue mich darauf, dasselbe mit Musse durchstudiren<br />

zu können. Mit Ihren geehrten Zeilen <strong>und</strong> Ihrer liebenswurdigen<br />

Gabe, die durch Ihre Dedidaktion einen urn so<br />

höheren Wert für mich hat, haben Sie, Herr Professor, mir<br />

eine grosse Freude bereitet. Ich werde Beides als em<br />

teures Andenken in Ehren halten. Urn Ihren Auftrag an rneinern<br />

Chor <strong>und</strong> die Solisten zu erfUllen, habe ich Ihren werten<br />

Brief in unserer hiesigen deutschen Zeitung veröffentlichen<br />

lassen, was aliseitig freudige Erregung verursacht<br />

hat.<br />

Nehrnen Sie, Herr Kapelimeister, meinen warmen Dank entgegen<br />

für die mir durch thre geehrten Zeilen <strong>und</strong> durch Ihr<br />

Geschenk bereitete Freude, <strong>und</strong> haben Sie die Güte, threr<br />

hochgeschEtzten Frau Gemahlin den Ausdruck meiner Hochschätzung<br />

zu tibermittein.<br />

In dankbarer Verehrung<br />

Ihr sehr ergebener<br />

J. Bartz.


- 150 -<br />

Am Karsamstag schreibt Fanny an Peter Rheinberger <strong>und</strong><br />

seine Frau in Vaduz:<br />

München den 16. April 1892.<br />

Mein lieber Schwager <strong>und</strong> Schwägerin!<br />

Lange haben wir von Euch nichts mehr gehört, aber innigen<br />

Antheil genoinmen an dem groi3en Brand in Sevelen, der euch<br />

gewil3 recht erschreckt hat.<br />

Nun sind für andere Menschen die Osterferien; Curt hängt<br />

aber so an seinem Berufe, daJ3 er die Charwoche "tapfer"<br />

durchmach t!<br />

Eine grof3e Anstrengung zwar. Jetzt hat er noch Ostersamstag,<br />

dann die Ritterfeste des Georgs Ritter-Ordens in Uniform<br />

zu dirigiren. Dann endlich kommt eine kleine Pause.<br />

Egon kommt selten. Doch habe ich ihn vorgestern aufgesucht,<br />

nicht getroffen, aber gehärt, daJ3 ex fleii3ig sei. Gestern<br />

habe ich ihn begegnet <strong>und</strong> übermorgen hoffe ich ihn zu Tisch<br />

zu sehen, wenn meine drohende Halsentzündung nicht ausbricht.<br />

Diese - mit Gelenkschmerzen in Verbindung tretende<br />

Krankheit flöl3t mir immer einen gelinden Schrecken em.<br />

Meine Gedanken gehen dann weiter ... was aus Curt wird,<br />

wenn einmal die groi3e "Anderung" im Leben eintritt?!<br />

Man muf3 in Allern auf Gott vertrauen <strong>und</strong> ich denke, daB<br />

dann doch eine der Nichten ihrn vielleicht helfen wird.<br />

Freilich ist er sehr ernst <strong>und</strong> läI3t sich wenig einreden;<br />

aber der gute Wille wird dann schon das man geinde Können<br />

oder Verstehen ersetzen.<br />

Gegenwärtigquältmicheine gewisse Bangigkeit <strong>und</strong> Entschluf3losigkeIt,<br />

eine man gelnde Energie, die sonst meinem<br />

Wesen nicht eigen war. Es hngt diel3 wohl mit den Nerven<br />

zusammen, die doch schon viel mitgemacht haben.<br />

Wie geht es Euch Allen? Sind die Mädchen vergnügt? 1st<br />

auch Herr Landesverweser gegenwärtig in Vaduz? Gewiss hat<br />

Deine liebe Frau wieder enorm viel gethan für die Sevelener.<br />

Sie ist ja so gut <strong>und</strong> aufopferungsfähig. Gestern<br />

ist die Mutter von General von Schelborn nach langen Leiden<br />

gestorben! Sie war 85 Jahr alt.<br />

Curt hat Dir einmal geschrieben, hast Du semen Brief erhalten?<br />

Leider habe ich jetzt am linken Auqe eine Schwache,<br />

weiche mir andauernde Beschäftigung verbietet. ,Tch<br />

glaube, daB dieser eigenthürnliche Druck mit dem Gehirn


- 151 -<br />

zusammenhängt; wenigs tens babe ich rückwärts am Kopf<br />

of t recht stechende Schmerzen.<br />

Mag sein, daB es eine schleichende Influenza isa. Die<br />

Mädchen werden doch hie <strong>und</strong> da für ihre Tante beten!!<br />

Em Bildhauer sagte mir, daf3 Egon eine ausgezeichnete<br />

StylkenntniBderGotikhabe.Erist überhaupt lieb <strong>und</strong><br />

in seiner Selbstständigkeit sehr originell.<br />

Das herrliche Frühlingswetter mui3 in Vaduz bezaubernd<br />

gewesen sein. Unser "Montfort" liegt mit Beschreibung<br />

<strong>und</strong> Photographie des Schiosses Vaduz gegenwärtig in<br />

Partitur auf der grol3enWienerMusikausstellung. Es<br />

ist diei3 em musikalisch- poetisches Denkmal unserer<br />

geliebten Heimath. Ware es nur nicht so weit weg von<br />

München - so nab wie Starnberg ... welch em Trost,<br />

welche Freude.<br />

Addio - Ihr Lieben Alle! Es grül3t Euch innig<br />

Eure Fanny.<br />

Rheinberger dirigierte in der Karwoche <strong>und</strong> zu Ostern<br />

1892 folgendes Programm während der Liturgie in der<br />

Allerheiligen-Hofkirche in MUnchen:<br />

GrUndonnerstag 14.April: Messe in d-moll Rheinberger.<br />

Tenebrae Haydn.<br />

Dextera Aib linger.<br />

Matutin Palestrina.<br />

Benedictus Handl.<br />

Miserere Rheinberger.<br />

Karfreitag 15.April: Passio Vittoria.<br />

Adoramus II Perti.<br />

Popule Vittoria.<br />

Vexilla Aiblinger.<br />

15.April: Matutin Palestrina.<br />

Benedictus Lachner.<br />

Stabat Palestrina.<br />

Karsamstag 16.April: Gloria,Sanct. ,Bened. in F, 8st.<br />

Ett.


- 152 -<br />

Laudate Pitoni.<br />

Magnificat Pitoni.<br />

Complet.<br />

Auferstehung.<br />

Ostersonntag 17.April: Messe Siciliani.<br />

Terra tremuit Rheinberger.<br />

Jubilate Orlando.<br />

Vesper.<br />

Ostermontag 18.April: Messe in D Mozart.<br />

Jubilate Orlando...<br />

In Deo:sperávit Rheinberger.<br />

(zum 1. Mal)<br />

Casimir Meister, schweizer Komponist,berichtet aus Paris:<br />

Paris, le 5 Mai 92.<br />

Mein sehr geehrter Herr Rheinberger,<br />

Ich schreibe Ihnen heute im Momente des soeben stattgef<strong>und</strong>enen<br />

Conzertes im Trocadro in Paris (Orgelconzert<br />

v. Guilmant). Ich habe Ihnen zur Zeit gesagt, daB Ihre<br />

Suite op.i49 wahrscheinlich zu Gehör kommen werde <strong>und</strong><br />

das war heute nun der Fall.<br />

Ich habe dIeselbe schon in MUnchen einmal gehört <strong>und</strong><br />

verfolgte ich sie diesmal mit besonderem Interesse. Von<br />

der Aufführung kann ich Ihnen nur Gutes sagen. Die Solopartien<br />

lagen in den Händen der H. Guilmant, Bennequin<br />

<strong>und</strong> Baretti, <strong>und</strong> jeder Satz wurde mit einem Beifallssturm<br />

begrtiBt; das Thema mit den Variationen war besonders<br />

gtinstig ausgefallen, das Orchester hat semen begleitenden<br />

Tell sehr mustergtiltig durchgeftihrt. Ich kann<br />

Ihnen nur bestätigen daB op.149 in Paris semen volist.<br />

Erfblg erzielt hat <strong>und</strong> gratuliere ich Ihnen noch besonders<br />

fUr diese schöne Composition!<br />

Ich bleibe noch hier bis Nitte Juli <strong>und</strong> trachte dann in<br />

die Schweiz zurtickzukehren urn mich sozusagen festzusetzen;<br />

will Gott, daB ich in rneiner Lebensbahn reussire. Am 30.<br />

April spielte ich hier in einem NBnnerchorkonzerte unter


- 153 -<br />

anderem eine Rhapsodie v. Brahms <strong>und</strong> Ihr Waldmärchen<br />

op. 8 mit gutem Erfoig; Correspondenz erfolgte in einigen<br />

Pariser <strong>und</strong> Schweizer Zeitungen.<br />

Ich schlief3e, Ihnen noch bestens dankend für Ihren letzten<br />

Brief <strong>und</strong> empfehle mich fürderhin Ihrem recht wohiwollenden<br />

Angedenken<br />

Ihr ergebener Schüler<br />

Casimir Meister.<br />

6 rue Bervic 6<br />

Paris.<br />

PS: Ich lege Ihnen eine durftige Copiedes Programmes bei,<br />

habe em solches nicht doppelt bekommen können, vielleicht,<br />

daI3 Ihnen H. Guilmant noch schreibt.<br />

Josef Renner steht weiterhin mit Rheinberger in engem<br />

Kontakt.<br />

Er schreibt:<br />

Bludenz, 7.Mai 1892.<br />

Hochverehrter Herr Profel3or!<br />

Noch hatte ich meinen Dank für Ihre neueste, herrliche<br />

Orgelsonate, weiche Sie die Cute hatten, mix zu übersenden,<br />

noch nicht ausgedruckt, da ich Sie nicht zu oft<br />

belästigen woilte, als Sie mir neuderdings durch das<br />

w<strong>und</strong>erzarte, weihevolle "Ave regina" eine grof3e, unerwartete<br />

Freude bereiteten.<br />

Als mir die Post dasselbe überbrachte, war ich eben mit<br />

dem Studium einer Ihrer Orgelsonaten beschaftigt, da<br />

ich nämlich, angeregt durch Ihre unvergänglichen Schopfungen<br />

auf diesem Gebiete (die, wenn ich so sagen darf,<br />

mein tägliches Brot geworden sind), die Kühnhelt habe,<br />

eine Orgelsonate zu versuchen. Den ersten Satz habe ich<br />

glücklich fertig <strong>und</strong> werde ich mir erlauben, nach Vollendung<br />

des Ganzen Ihnen, verehrter Herr Professor, dieselbe<br />

zur Durchsicht vorzulegen mit der Bitte, Fehier<br />

<strong>und</strong> MEngel der Form wie des Inhalts unbarmherzig anzuzeichnen.


- 154 -<br />

Solite Ihre Instrumentalmesse unterdessen erschienen sein,<br />

so ware ich für Angabe des Verlegers sehr dankbar!<br />

Und nun nochmais meinen innigsten Dank für die übersandten<br />

Werke, sie bilden mit den schon frUher erhaltenen den schönsten<br />

Schmuck meiner Bibliothek <strong>und</strong> ruf en die ungemein wohituende<br />

Empfindung in mir wach, dal3 Sie sich noch nach Jahren<br />

Ihres Sie stets verehrenden Schüiers erinnern.<br />

Mit den besten, herzlichsten GrUBen von meiner lb. Frau <strong>und</strong><br />

mir bin ich<br />

Ihr stets dankbarer Schüler<br />

Jos. Renner Jun.<br />

Rheinberger antwortet:<br />

München 25.6. 1892.<br />

Lieber Herr Renner!<br />

Ihre Sonate habe ich mit Interesse durchgesehen <strong>und</strong> finde<br />

einen gröl3ern Zug darin, als in frUhern Sachen; das ist gut.<br />

Aber in Bezug auf Reinheit <strong>und</strong> Sorgfältigkeit des Satzes<br />

bleibt manches zu wlinschen; schlechtkiingende Verdopplungen,<br />

ungeschlachte Auflösungen, plumpe Verdopplungen, ja falsche<br />

Vorhaite finden sich häufig. Also mehr, viel mehr Sorgfalt<br />

in der Ausarbeitung! - Ich habe wegen schwerer ErkrankUng<br />

meiner Frau eine bose Zeit durchgemacht, doch geht es jetzt<br />

besser. - op. 168 ist Sonate Nr. 15 in D für Orgel. - 169<br />

die Messe f. Chor, Soil, Orchester, weiche dieser Tage bei<br />

Leuckart erscheint. 170 sind 8 Lieder für gem. Chor, op.<br />

172 eine neue Messe für Männerchor <strong>und</strong> Orgel - op. 167 zwOlf<br />

Meditationen f. Orgel.<br />

Hoffentlich geht es Ihnen <strong>und</strong> den Ihrigen gut.<br />

Mit herzl. GrüBen<br />

Ihr ergebener<br />

Jos. Rheinberger<br />

(in groler Eile.)


- 155 -<br />

Rheinbergers Einkotnmen geht aus nachfolgender Mitteilung<br />

Perfalls hervor:<br />

Direction<br />

MUnchen 27. Juni 92.<br />

der<br />

Königlichen Musikschule<br />

Betreff: Die Revision der Gehaltsnormen für die pragmatischen<br />

Staatsdiener.<br />

Gemä2 einer Entschliel3ung des k. Staatsministeriums des<br />

Innern für Kirchen- <strong>und</strong> Schulangelegenheiten vom 21. als<br />

No. 9222 im bezeichneten Betreffe sind Ihre Gehaltsbezüge<br />

vom 1. Januar 1.Js. ab in folgender Wèise festgesetzt:<br />

4800M./viertausend achth<strong>und</strong>ert Mark Gehalt,<br />

420 M./vierh<strong>und</strong>ert zwanzig Mark Wohnungsgeldzuschut3.<br />

Die Kasse der k. Musikschule ist angewiesen, die entsprechenden<br />

Auszahlungen'unter Bekanntgabe der aus Anlal3 der<br />

Erhöhung der BezUge treffenden Staatsgebühren vorzunehmen.<br />

Baron Perfall<br />

An Herrn Josef Rheinberger.


- 156 -<br />

Rheinbergers Verbindungen zum Rheinland führten immer<br />

wieder zu Kontakten mit den rheinischen Musikern, die<br />

die Werke des Liechtensteiners gerne <strong>und</strong> häufig aufführ<br />

ten.<br />

Interessant ist, dal3 die beiden bekanntesten Oratorien<br />

von Rheinberger <strong>und</strong> Bruch die beiden Komponisten anlä8lich<br />

der kurz aufeinander folgenden Aufführungen in<br />

Köln erstmals, wenn auch nur indirekt, in Kontakt brachten.<br />

Rheinberger dirigierte am 23. Oktober 1883 semen<br />

"Christoforus" auf Elniadung Ferdinand Hhllers im ersten<br />

Gürzenich-Konzert. Vier Wochen später leitete Max Bruch<br />

im gleichen Rahmen semen "Odysseus", <strong>und</strong> zwar am 20.<br />

November 1883. Auf diese Weise wurden beide Komponisten<br />

zu Konkurrenten,<strong>und</strong> Bruch bemühte sich eifrig, die gleichen<br />

günstigen Voraussetzungen für gem Werk zu schaffen,<br />

die Rheinberger zuvor geboten wurden. So schrieb er, der<br />

stets über die kulturellen Ereignisse in Köln informiert<br />

war, an Ferdinand Hhller: "Ich lese eben in der Köln. Zeitung,<br />

daf eine ... Extra-Probe Sonntag Morgen im gro2en<br />

Gürzenich-Saale für Rheinberger's, 'Christoforus' stattfindet.<br />

Ware eine ähnliche Probe nicht auch für den heldnischen<br />

'Odysseus' zu ermoglichen?"<br />

Rheinbergers Kölner Dirigentendebüt verlief äu2erst zufriedenstellend.<br />

Als Abschiedsgeschenk verehrte der MUnchner<br />

Meister der Kölner Concert-Gesellschaft em "Goldenes<br />

Buch", das dem Verein fortan als Chronik diente.<br />

Bereits am 13. Dezember des gleichen Jahres erk<strong>und</strong>igte<br />

sich Rheinbergers Gattin bei Ferdinand Hiller: "Haben<br />

Sie Bruch <strong>und</strong> Grieg in unsere Chronik eingeschrieben?<br />

Warurn sang Frau Bruch nicht?" Hiller antwortete darauf:<br />

"Ihr prachtvolles Archhvbuch hat einen brillanten Winter<br />

hinter sich, Rheinberger, Bruch, Grieg, Scholz, Whlhelmj,<br />

<strong>und</strong> jetzt noch Brahms!" Auf diese Weise wurden die Konservativen<br />

wenigstens chronologisch vereint.<br />

Bruch war damals an Kontakten mit Rhemnberger weniger<br />

interessiert, verstEndlich, er reiste im Jahre 1883 als<br />

Dirigent zwischen Rul3land <strong>und</strong> Amerika. Trotz fehienden<br />

Interesses von seiten Bruchs blieb Rheinberger dem Kollegen<br />

wohlgesinnt, mehr noch, er scheint sein Schaffen<br />

aufmerksam verfolgt zu haben. Längst war er sich im kiaren,<br />

da1 Bruch dem Wagnerschen Werk ebenso wie er selbst


- 157 -<br />

kompromil3los gegenUberstand. Der Gr<strong>und</strong> hierfür war bei<br />

Bruch em aus rheinischer Herkunft resultierendes, leidenschaftliches<br />

Bemühen urn das Ideal volkstümlich-verständlicher<br />

Musik, die sangbar, klangschon <strong>und</strong> formklar<br />

mit Vorliebe für folkloristische Zitate sich dartut <strong>und</strong><br />

"eine einzige wirklich gute <strong>und</strong> herzerhebende Melodie"<br />

höher schätzt "als Orden <strong>und</strong> Titel". Rheinbergers gleichgeartete<br />

Entscheidung erklärt sich nicht etwa aus seiner<br />

"gänzlich unhiterarischen Nur-Musiker-Natur"; vielmehr<br />

ist bei ihm ererbte Liebe zum Apollinisch-Klaren <strong>und</strong><br />

Uberschaubaren, die in einer <strong>lebens</strong>langen tiefen Verehrung<br />

Bachs <strong>und</strong> Mozarts sich k<strong>und</strong>tut, verb<strong>und</strong>en mit einem<br />

natürlichen Musikantentum, die tragende Kraft. Rheinberger<br />

war nach dem Zeugnis <strong>seines</strong> Schülers Wilhelm Furtwangler<br />

"die Natiirlichkeit beim Musizieren oberstes Gesetz.<br />

NatUrlichkeit der Stifuhrung, der Forrngebung, des<br />

Ausdrucks". "Die Melodie 1st <strong>und</strong> bleibt die Seele der Musik",<br />

dies war Rheinbergers Uberzeugung, der er itnrner<br />

wieder vor semen Schülern Ausdruck gab.<br />

Diese wahre Geistesverwandschaft beider Komponisten bewog<br />

den Mtinchner Meister 1892 zu einem Schritt, der geeignet<br />

war, die Person des Berliner Kollegen zu ehren <strong>und</strong> sein<br />

Schaffen ins Blickfeld einer breiten öffentlichkeit, vor<br />

allem in SUddeutschland, zu rücken, ohne dat3 Rheinberger<br />

selbst dabei die bescheidene Rolle des wohlwollenden, anonyrnen<br />

Beobachters dem ibm persönlich unbekannten Gesinnungsgenossen<br />

gegenüber aufzugeben benötigt war: Rheinberger<br />

proponierte Max Bruch als Kandidaten für die Verleihung<br />

des bayerischen Maximiliansordens pro anno 1892.<br />

Der nachfolgende Entwurf des Gutachtens tiber Max Bruch<br />

von Rheinbergers Hand findet sich imJosef Rheinberger-Archiv<br />

In Vaduz:<br />

Max Bruch<br />

Im Jahre 1838 in Ktiln geboren, errang Bruch durch die<br />

Komposition eines Streichquartetts schon in seinern 15.<br />

Lebensjahr das Frankfurter Mozart Stipendium, welches<br />

ihm errnöglichte, in Ferdinand Hillers Schule verhältnisrnäf3ig<br />

jung die gereifte Meisterschaft der musikalischen<br />

Komposition zu erlangen. Hatte schon sein op. 1, die


- 158 -<br />

Oper "Scherz, List <strong>und</strong> Rache" die Aufmerksamkeit der musik.<br />

Welt auf sich gezogen, so fand sein op.l6, die Oper Loreley<br />

(Ged. v. Geibel) ungetheilte Anerkennung der weitesten<br />

Kreise. Doch nicht auf dramatischem sondern auf epischem<br />

Gebiet f and Bruch die volle Entfaltung <strong>seines</strong> Genius, den<br />

Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden seiner eigensten Schaffenskraft. Hier in<br />

den gro2en Chorwerken "Frithjof", "Schöne Ellen", "Odysseus",<br />

"Lied von der Glocke", "Feuerkreuz" kommt die Eigenthtimlichkeit<br />

des Tondichters: Grol3er Wurf in der Anlage, vollendete<br />

Beherrschung der Chor- <strong>und</strong> Orchestermassen, feste formale u.<br />

charakteristische Zeichnung, darin hohe <strong>und</strong> frappante Klangschönheit<br />

zu vollster Wirkung. Gerade in der letztgenannten<br />

Eigenschaft unterscheidet sich Bruch scharf <strong>und</strong> vortheilhaft<br />

von der neuesten deutschen Schule. Wenn er zu semen genialen<br />

Männerchören vorzugsweise Lingg'sche Poesien wählt, so<br />

ist dies nicht Zufall oder Vorliebe, sondern echte <strong>und</strong> wahre<br />

Geistesverwandtschaft,. Uberhaupt ist seine Muse kraftig <strong>und</strong><br />

rnännlich <strong>und</strong> im besten SInne deutsch geartet.<br />

Schliel3lich sei hier noch <strong>seines</strong> klassischen Violinconcertes<br />

in g mdl gedacht, welches unmittelbar nach dem Beethoven'..schen<br />

rangiert <strong>und</strong> die ganze Vornehntheit der Bruch'schen<br />

Melodik offenbart. Es wEre noch vieler Werke zu gedenken, <strong>und</strong><br />

manche OriginalitEt des Tondichters hervorzuheben; doch glaube<br />

ich schliel3en zu müssen, indem ich die Uberzeugung ausspreche<br />

da8 unter den deutschen Tondichtern der Gegenwart,<br />

die für die Verleihung des Naxirnilians-Ordens in Vorschlag<br />

gebracht werden möchten, wohl kein Wurdigerer sein mag, als<br />

Max Bruch. Es ist dies mein ganz objektives Urtheil, da ich<br />

den Tondichter weder persönlich kenne, noch je mit ihm brieflich<br />

verkehrte.<br />

München im Oct: 92<br />

J. Rh.<br />

Ohne urn die Gunst des Publikums irgenwie zu buhlen - ohne<br />

die geringste Konzession an die Schwachheiten desselben, gelang<br />

es dern KGmponisten mit den meisten seiner Werke, gro2en<br />

<strong>und</strong> nachhaltigen Erfolg zu gewinnen. Seine Tonsprache ist<br />

bei aller Tiefe verstEndlich <strong>und</strong> bedarf keiner Nachhilfe durch<br />

erlEuternde BroschUren.


- 159 -<br />

Vorstehendes Dokument, das den vorbestimmten Empfänger<br />

verschweigt, erweist aus historischer Sicht Rheinbergers<br />

Urteil als beständig. Die prägnante Charakterisierung des<br />

Bruch'schen Schaffens bestätigt Rheinbergers Interesse<br />

für Bruchs Arbeiten <strong>und</strong> gibt ihm auf3erdem Gelegenheit,<br />

die diametrale Stellung <strong>seines</strong> Ordensaspiranten der Itneu_<br />

esten deutschen Schule" gegenUber festzustellen. In diesem<br />

Urteil,so 1st man geneigt zu behaupten, stelit sich<br />

Rheinberger ebensogut dar wie den, den er darstellen will.<br />

Bemerkenswert schliel3lich ist die Notiz, da2 Rheinberger<br />

mit Bruch in der Tat bis zum Jahre 1892 weder personlich<br />

noch brief lich Kontakt pflegte <strong>und</strong> bei der Wahi <strong>seines</strong><br />

Kandidaten seine zahireichen persönlichen musikalischen<br />

Fre<strong>und</strong>e Uberging, urn allein mit seiner tJberzeugung MaB<br />

zu nehmen. Auf diese Weise provozierte er eine Entscheidung,<br />

die den Vorgeschlagenen ebenso ehrt wie den Vorschlagenden.<br />

Im Oktober 1892 gab Rheinberger sein Gutachten ab; im Dezember<br />

des glelchen Jahres verlieh der Prinz-Regent von<br />

Bayern den Maximiliansorden für Kunst <strong>und</strong> Wlssenschaft<br />

an Max Bruch <strong>und</strong> zwei Naturwissenschaftler in Berlin <strong>und</strong><br />

Leipzig. Bruch war von dieser Ehrung völlig überrascht.<br />

Er ahnte durchaus nicht, wern er sie verdankte. In einem<br />

Brief an den befre<strong>und</strong>eten Verleger Fritz Sirnrock in Berlin<br />

schrieb er:<br />

Friedenau, 7. Dezb.92.<br />

abends<br />

Lieber Fre<strong>und</strong>!<br />

Unter den politischen Telegrammen der National-Zeitung<br />

f and ich gestern eine Meldung aus MUnchen, wonach der<br />

Prinz-Regent von Baiern mir <strong>und</strong> noch 2 anderen Herren in<br />

Berlin <strong>und</strong> Leipzig, den Maxirniliansorden für Kunst <strong>und</strong><br />

Wissenschaft verliehen hat. Es 1st, vie ich höre, der<br />

Bairische Pour le mrite! Der Regent hat es also gut mit<br />

mirgemeint<strong>und</strong> das Ordenscapitel, von dem der Vorschlag<br />

ausgegangen sein inu2, auch. Das AmUsante bei der Sache<br />

1st aber, daB diese Auszeichnung mir aus MUnchen komt,<br />

dern Hauptsitz der Wagnerei, wo ich so gut vie gar keine<br />

Beziehungen habe. Hermanrt Levi <strong>und</strong> Konsorten werden sehr


- 160 -<br />

erstaunt sein. Na-, eine einzige wirklich gute <strong>und</strong> herzerhebende<br />

Melodie ist besser als alle Orden <strong>und</strong> Titel;<br />

aber der urtheilslosen Menge imponirt so etwas stets.'t<br />

Wie es scheint, hatte Bruch aus Mtinchen diese Ehrung<br />

am wenigsten erwartet; für ihn 1st MUnchen, wie für die<br />

meisten seiner Zeitgenossen, "der Hauptsitz der Wagnerel",<br />

vertreten durch "Hermann Levi <strong>und</strong> Consorten". Mit<br />

diesem Pauschalurtell übergeht er jedoch die einflu2reichen<br />

Kräfte, die an der MUnchener Musikschule wirken<br />

<strong>und</strong> deren berühmtester Vertreter Rheinberger ist. Besonders<br />

bemerkenswert 1st die Feststellung angesichts der<br />

Tatsache, da8 Bruch schon 1891 durch die Widmung seiner<br />

"Siechentrostlieder" an den Dichter Paul Heyse genau mit<br />

dem Kreis der MUnchener Konservativen Kontakt aufnahm,<br />

der später seine Nominlerung als die eines Gleichgesinnten<br />

anregte. Die Einflul3nahme auf die von Bruch apostrophierte<br />

"urtheilsiose Menge", die durch Rheinberger ebenfalls<br />

in seinem Zusatz elgens in ihren "Schwachhelten"<br />

angesprochen wird, liegt gerade jenen MUnchenern am Herzen<br />

<strong>und</strong> solite wohl auch durch diesen Vorschlag mittelbar<br />

versucht werden. Nicht selbstsüchtiges, erzieherisches<br />

BemUhen, vielmehr die durch die Folgezeit erwiesene<br />

BefUrchtung, da durch musikpolitische Tendenzbildung<br />

<strong>und</strong> blinden Fortschrittsglauben notwendig die Isolierung<br />

des Publikums von der Kunst betrieben wird, em Gedanke,<br />

der gerade aus den Kreisen der MUnchener Konservativen,<br />

präzis: der Münchener kirchenmusikalischen Restauration,<br />

stammt, 1st bier der spiritus rector <strong>und</strong> konnte von Bruch<br />

kaum erkannt werden, hatte er doch nach München, so gut<br />

wie gar keine Beziehungen<br />

Einige Monate später solite sich dies ändern. Wenigstens<br />

förmlich kommen Bruch <strong>und</strong> Rheinberger im März 1893 in<br />

Kontakt, als beide in die Jury der "Konlgsberger Concurrenz"<br />

junger Komponisten beruf en werden. Dadurch ergibt<br />

sich - wie es bisher scheint - em kaum in personlichere<br />

Bereiche vorsto2ender Briefwechsel, von dem sich<br />

em Stuck von der Hand Bruchs im Josef Rheinberger-Archiv,<br />

Vaduz/Liechtenstein, f and. Bruch, um eine angeblich fehlende<br />

Partitur der Concurrenten angegangen, antwortet<br />

Rheinberger nach MUnchen:


- 161 -<br />

Friedenau<br />

bei Berlin<br />

Albe-Str. 3<br />

16. 3. 93<br />

Verehrter Herr College,<br />

Es 1st mir unverständlich dass Sie nur 63 Partituren<br />

erhalten haben sollen. Nachmeinen Notizen habe ich<br />

64 durchgesehen; bei einer Partitur fehlte allerdings<br />

die Nummer - ich konnte sie wenigstens nicht entdecken.<br />

Ich kann Ihnen die bestimmte Versicherung geben, dass<br />

hier nichts zuruckgeblieben 1st. Die Verpackung ist<br />

unter meiner Aufsicht geschehen; die 3 besten Compositionen<br />

(Nr. 15, Nr. 29 <strong>und</strong> 44), die ich noch am Abend<br />

vor der Absendung abermals genau durchgesehen hatte,<br />

legte ich am Morgen des 5. März selbst in die Kiste.<br />

Zum Uberflul3 habe ich gestern nochmals Uberall nachgesehen,<br />

konnte aber nichts finden. Vielleicht haben<br />

Sie sich doch verzählt? - Ubrigens bew<strong>und</strong>ere ich Sic;<br />

wie 1st es moglich, in 8 Tagen eine solche Masse zu<br />

bewältigen! - Uber den, der Musik nicht besonders gUnstigen<br />

Text sind allerdings fast Alle gestolpert - nur<br />

Einer nicht; der Autor der betreff. Composition hat<br />

meines Erachtens eIne vollstandig richtige Disposition<br />

gemacht <strong>und</strong> em StUck hingestellt, welches nach verschiedenen<br />

Seiten hin sehr verdienstlich ist <strong>und</strong> allen<br />

Anforderungen, die man in diesem Falle vernUnf tiger<br />

Weise machen kann, wie ich glaube, vollig entspricht.<br />

Es 1st eine der oben erwähnten Compos. Nr 15,29 <strong>und</strong> 44<br />

- mehr will ich heute nicht sagen! - Es wUrde mich natUrlich<br />

in hohem Grade interessieren, Ihre Meinung confidentiell<br />

kennen zu lernen. - Das eigentliche Gutachten<br />

1st an Stadtrath Tiessen in Konigsberg i.Pr. einzusenden.<br />

- Mit besten Grtissen<br />

Ganz der Ihrige<br />

Dr. Max Bruch.<br />

Aus diesem Brief geht hervor, daB R.hemnberger sich zuerst<br />

wegen des fehienden StUckes an Bruch gewandt hat.<br />

Eine entsprechende brief liche AuBerung konnte zwar bisher<br />

nicht entdeckt werden, jedoch fanden sich in Rheinbergers<br />

Inspektionsbuch aus dem Jahre 1891/92 genaue Anmerkungen<br />

zu den eingesandten Arbeiten der "Königsberger<br />

Concurrenz", so daB sich das Rheinbergersche Urteil zu<br />

den von Bruch besonders erwHhnten Nummern 15, 29 u. 44


- 162 -<br />

vergleichen lä6t. Die Ubrigen Notizen sind bier weniger<br />

interessant, daher werden die genannten in der Reihenfolge<br />

des Originals in Auswahl zitiert:<br />

Königsberger Concurrenz<br />

Nr.29 Motto: "Suum cuique"<br />

C-dur - E-dur<br />

Gut gearbeitet, Doppelfuge gut instrumentiert, II<br />

für engere Concurrenz<br />

Nr.44 M. :"Erst wägen, dann wagen"<br />

Es-dur<br />

Gut gearbeitet, wirkungsvoll II<br />

wenn auch nicht iinmer nobel<br />

für die engere Concurrenz<br />

Nr.15 M. :"Erst wägen, dann wagen"<br />

F-dur<br />

Klangschon, gut aufgebaut, wirkungsvoll<br />

Engere Concurrenz I-Il<br />

erst. Preis<br />

Die Prädikate (in römischen Zif fern) der Ubrigen hier nicht<br />

aufgeführten Kompositionen liegen, mit entsprechenden Bemerkungen<br />

versehen, ausnahmslos bei 11-111 oder tiefer.<br />

Nur Nr. 29 <strong>und</strong> 44 sind II bezeichnet <strong>und</strong> Nr 15 I-lI, so daB<br />

man mit einiger Sicherheit Nr. 15 als das von Bruch besonders<br />

akzentuierte Stuck ansprechen kann. Wie Bruch hervorhebt,<br />

hat Rheinberger seine Entscheidung in kürzester Frist bereits<br />

getroffen, bevor er den Bruch'schen Brief erhielt. Sein unabhängig<br />

gefälltes Richterwort hebt gerade bei Nr. 15 durch<br />

die Bemerkung "gut gebaut" eine Eigenschaft des Werkes hervor,<br />

die Bruch als "vollstandig richtige Disposition" bezeichnet;<br />

sie treffen das gleiche Charakteristikum. Zusammenfassend<br />

darf man daher wohi sagen: DaB beide unabhängig von einander<br />

dieselben drei Kompositionen "fUr die engere Concurrenz" nominieren,<br />

kann bei 64 eingesandten Arbeiten vielleicht nicht<br />

eben als selbstverständlichanmuten. Auchhiermöchte man eine<br />

StUtze für die These enger geistiger <strong>und</strong> stilistischer Verwandschaft<br />

vermuten, die allein durch entsprechenden Nachweis<br />

im c.Euvre selbst bestätigt werden kann.


- 163 -<br />

Im Jahre 1892 verschlechterte sich Fannys Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />

derart, daB sie zeitweilig das Bett hUten muBte.<br />

Daher lag es nahe, sich an Peter Rheinbergers Familie<br />

in Vaduz zu wenden, urn für den Notfall em zuverlassiges<br />

Farnilienrnitglied zur VerfUgung zu haben. Für diese Mission<br />

wurde Olga, Peter Rheinbergers Tochter, ausersehen. Sie<br />

solite - wie es vor allen Dingen Fanny selbst wUnschte -<br />

Rheinbergers Haushalt in München führen.<br />

In ihrem letzten Brief nach Vaduz gibt Fanny folgende<br />

Anweisungen:<br />

München, 25.9.1892.<br />

Mein lieberSchwager Peter!<br />

Dein Brief hat mir eine ebenso grof3e Freude als Beruhigung<br />

gegeben, well ich aus demselben ersah, daI3 es Euch<br />

recht ist <strong>und</strong> auch Olga nichts dawider hat, sich bei uns<br />

wieder niederzulassen, <strong>und</strong> daB sie mir <strong>und</strong> ihrem Onkel<br />

eine liebe praktische Stütze sein will. Erst heute war<br />

es mir rnoglich, ihr em Zinnner über uns zu mieten; des<br />

gleiche, weiches längere Zeit von Gräfin Marie Pocci bewohnt<br />

war, weiche solange bei Frau Geschnitzler blieb,<br />

bis ihres Vaters Haus auf dem Dultplatz fertig war. Die<br />

Damen, weiche am 1. Oktober einziehen <strong>und</strong> sowohi Entresol,<br />

als auch 2. Stock nehmen <strong>und</strong> theilweise vermiethen,<br />

scheinen mir sehr anständig: eine Wittwe <strong>und</strong> em Fräulein.<br />

Olga erhält das letzte Zimmer vorne heraus <strong>und</strong> habe ich<br />

soeben auf unserm Speicher die Sachen ausgesucht, weiche<br />

zur Einrichtung nöthig <strong>und</strong> behaglich sind. Selbstverständlich<br />

wird mir Olga eine werthvolle Gesellschaft <strong>und</strong> Stütze<br />

sein <strong>und</strong> ist es rnir für meinen Mann eine ausserordentliche<br />

Beruhigung ihn unter ihrer lieben Pflege zu wissen für den<br />

Fall mir irgend etwas zustof3en woilte. Er ladet sie hiermit<br />

gleich mir mit vollem Vertrauen em, zu uns zu kommen -<br />

möge der liebe Gott <strong>und</strong> ihr Schutzen gel ihr Kommen segnen<br />

<strong>und</strong> jede Gefahr von ihr ferne halten. - -<br />

Ich denke, vom 4. oder 5. October an wird Alles in Ordnung<br />

sein - das Fehiende kann man ja nachholen - es steht noch<br />

Vorrath auf dem Speicher - Bücher <strong>und</strong> Unterhaltung steht<br />

ihr zu Diensten - <strong>und</strong> unsere ganze Wohnung. Nur inöge sie<br />

kein Heimweh bekommen <strong>und</strong> nicht krank werden!! .....


- 164 -<br />

Es geht mir ziemlich gut, doch sind die Glieder - namentlich<br />

die Knöchel noch schmerzend <strong>und</strong> im Genick - gar bald<br />

em stechender Schrnerz, wenn ich zuviel denke oder schreibe.<br />

GrüJ3e Deine liebe Frau <strong>und</strong> Familie tausendmal - gebe<br />

Gott, daI3 Olga nur Gutes bei uns erlebe. Ihr Onkel hegt<br />

das gröi3te Vertrauen in sie, <strong>und</strong> ich weil3, daJ3 sie dasselbe<br />

auch ferner rechtfertigen wird.<br />

Ich aber danke Dir schon jetzt für alle Liebe, die sie ihm<br />

<strong>und</strong> mir erweisen wird.<br />

Gott mit uns.<br />

Tausend GrüI3e von Deiner getreuen Schwägerin Fanny.<br />

Olgas Hilfe bewährt sich in der Folgezeit. Rheinberger<br />

berichtet nach Vaduz:<br />

Mtinchen den 5.11.1892.<br />

Mein lieber Bruder!<br />

I.. .1<br />

Meiner lieben Frau, die unendlich viel ausgestanden hatte,<br />

geht es seit zwei Tagen besser; Olga ist fast immer bei<br />

ihr <strong>und</strong> ist uns eine liebe <strong>und</strong> bewährte Hilfe. Nachts 1st<br />

immer elne barinherzige Schwester da. Meine Frau la8t Dir<br />

Glilck wilnschen zu dem überstandenen Leiden <strong>und</strong> Deine liebe<br />

Frau herzlichst grül3en, was ich auch thue.<br />

Möchte auch bel uns die leichte Besserung anhalten!<br />

Dein Dich liebender Bruder<br />

Olga griii3t bestens.<br />

Josef.<br />

Fannys schwankender Ges<strong>und</strong>heitszustand halt Rheinberger<br />

in diesen Wochen andauernd in Aufregung. An die mit Fanny<br />

befre<strong>und</strong>ete Emmi Ringseis berichtet Rheinberger am 29.11.<br />

1892:<br />

Meinen herzlichsten Dank für Ihre theilnehmenden Zeilen,<br />

die ich aberunserer theuren Kranken noch nicht bekannt gegeben<br />

habe. Der Arzt 1st gestern <strong>und</strong> heute nicht unzufrieden


- 165 -<br />

p. j<br />

Fanny Rheinberger, Photographie Ca. 1890


- 166 -<br />

gewesen; <strong>und</strong> so wagt man eben wieder zu hoffen!<br />

Die Korrespondenzen werden in dieser Zeit auf das Notwendigste<br />

beschränkt, manches bleibt liegen, so auch<br />

die Antwort auf Eduard Stehies Brief vom 31.August 1892,<br />

in dem Stehie schrieb:<br />

Hochverehrter Herr!<br />

1st Ihre Instrumentalmesse erschienen? oder erscheint sie<br />

bald? wann? <strong>und</strong> wo? Möchte sie dann auffUhren, entweder<br />

am Gallusfest (16. Okt) oder an Weihnachten! -<br />

Eduard geht es jetzt sehr gut, er tritt Ende September<br />

seine neue Stelle als Organist <strong>und</strong> Chordirektor an der<br />

katholischen Kirche in Winterthur (sehr schöne Orgel von<br />

Goll!) an. -<br />

Habe em neues Chorwerk geschrieben: 9 neue Scenen aus<br />

Tegners Frithjofsage; Text fängt da an, wo Bruch's Frithjof<br />

aufhört; Kenner (auch Dr. Haberl) stelien das Werk emstimmig<br />

weit tiber die 'tCäcilia". Ware es nicht mtiglich,<br />

in MUnchen bezuglich einer Auffuhrung anzukommen? An wen<br />

rnül3te ich mich da wenden? Verehrungsvoll<br />

Ihr ergebener Stelile.<br />

Rheinberger antwortet erst im Dezember:<br />

München, den 16.12.92<br />

Sehr verehrter Fre<strong>und</strong>!<br />

Besten Dank für den mir fre<strong>und</strong>lichst übersandten "Fritjof",<br />

den ich gestern Abend, wenn auch fluchtig, durchias; ich<br />

mache Ihnen mein aufrichtiges Kompliment zu diesem schönen<br />

<strong>und</strong> effektvollen Werke. Das dramatische Element in demselben<br />

zeigt, daB Sie sich auch in der Oper heirnisch fühlen wtirden!<br />

Ich selbst verbringe em unsäglich trauriges Jahr: Seit<br />

Ostern ist meine liebe Frau krank <strong>und</strong> zwar seit September ausgesprochen<br />

herzleidend mit all den qualvolien Consequenzen!<br />

Ich bin infolge dessen zu jeder schöpferischen ThHtigkeit<br />

unfahig <strong>und</strong> hoffe von Tag zu Tag, urn immer aufs Neue getäuscht<br />

zu werden.<br />

Mit herzlichem GruBe <strong>und</strong> wiederho item Dank<br />

Ihr Josef Rheinberger.


- 167 -<br />

Fanny Rheinberger starb am 31. Dezember 1892. Der Komponist<br />

lieI3 folgende Anzeige in den MUnchener Neuesten<br />

Nachrichten veröffentlichen:<br />

Todes-Anz e ige<br />

Dem A11mchtigen hat es gefallen, meine innigstgeiiebte<br />

Gattin,<br />

Frau<br />

Franz iska Rheinberger,<br />

geb. Jgerhuber<br />

zu sich abzurufen. Sie starb nach längerem, schweren Leiden,<br />

doch sanft <strong>und</strong> gottergeben, versehen mit den hi. Sterbsakramenten,<br />

heute Friih 4 IJhr. Urn stilie Theilnahme bittet<br />

der tieftrauernde Gatte:<br />

Jos. Rheinberger,<br />

k. Professor <strong>und</strong> Hofkapellmeister.<br />

München, den 31. Dezember 1892<br />

Die Beerdigung findet Montag den 2. Januar 1893 Nachrn. haib<br />

4 Uhr auf dem südiichen Friedhofe, der Seelengottesdienst<br />

Dienstag den 3. Januar urn 10 Uhr in der St. Ludwigs-Pfarrkirche<br />

statt.<br />

In der Ailgemeinen Zeitung erschien em Nachruf, in dem es<br />

u.a. hie2:<br />

I...'<br />

Frau Rheinberger, eine hochgebildete, geistreiche Frau, hat<br />

sich auch in literarischen Kreisen durch feinsinnige Gedichte<br />

<strong>und</strong> Prosaschrif ten unter dern Narnen F.v. Hoffnaal3, den sie<br />

nach ihrern ersten Catten fUhrte, verdiente Beachtung erworben.<br />

Sie war auf SchioB Maxirain am 18. October 1832 geboren.


- 168 -<br />

Von den zahireichen Kondolenzschreiben, die Rheinberger<br />

zum Tode seiner Gattin erreichten, sei das von Hedwig<br />

von Holstein zitiert:<br />

Hochverehrter Herr!<br />

Tief erschüttert durch die Nachricht von dem unersetzlichen<br />

Verlust der geliebten <strong>und</strong> hochverehrten Fre<strong>und</strong>in<br />

möchte ich meinem innigsten MitgefUhl mit Ihrem personlichen<br />

Schmerz Ausdruck geben. Was haben Sie an ihr verloren!<br />

Mehr als irgend em anderer liebender Gatte! Wie<br />

war sie Ihre rechte Hand, Ihre Gehilf in im idealen wie<br />

im realen Gebiet, - wie liebte sie Sie! -<br />

Schwer wird es ihr geworden sein, von Ihnen zu scheiden,<br />

wenn sie auch Gott ergeben <strong>und</strong> wahrhaft fromm war, - <strong>und</strong><br />

doch - wenn sich dieser groBe, kiare Geist umnachtet hatte<br />

- das ware noch viel schrecklicher gewesen, als diese<br />

Trennung auf kurze Zeit.<br />

Wie getrOstet war ich vorigen Herbst, als ich Sie in M.<br />

aufsuchte <strong>und</strong> mir Ihr Diener sagte, es gehe der gnädigen<br />

Frau wieder ganz gut! Sie waren bei Tisch <strong>und</strong> ich woilte<br />

Sie nicht stOren. Hätte ich's doch lieber gethan. Die Geliebte<br />

soil ich nicht wieder seh'n hienieden! -<br />

Wie viel waren mir ihre herzlichen Briefe. Ich habe sie<br />

aile aufgehoben, sie liegen nach dem Datum. Darf ich sie<br />

Ihnen einmal schicken? - Woiien Sie nichts über sie schreiben<br />

<strong>und</strong> die schOnsten Brief e hinzunehmen? Ihnen wird kein<br />

Bedürfnis sein, aber den Fre<strong>und</strong>en ware es das k6stiichste<br />

Geschenk.<br />

In der Begräbni2st<strong>und</strong>e werde ich mit meinen Gedanken bei<br />

Ihnen sein. Nehmen Sie alien, alien Dank für das, was ich<br />

ihr schulde, an geistiger Erhebung, an Beispiel im Giauben<br />

<strong>und</strong> Wirken.<br />

Wenden Sie sich nicht von mir ab, ich hange nun doppeit<br />

fre<strong>und</strong>schaftlich an Ihnen alien! Gott trOste Sie.<br />

Ihre Hedwig v. Holstein.<br />

Leipzig d.2. Januar 1893.


- 169 -<br />

Fur die u6erwai/içend tie/en rü/zrenden<br />

Au iidgehu n.en inniger Thelma/i me wahrend<br />

der /etz/en Kran/ehei/ - sow/c für die zahilosen<br />

Kranz- <strong>und</strong> Il/u mensendungen aus An/ass<br />

de.s 7'odas meiner re/jeb/e;j Ga//in.<br />

(/l(77f<br />

inz @ienezyez<br />

.cze ic/i h/emil me izen fie/s/ em/i//en i)an/e,<br />

uberzeug'/, dass die ed/c ('crew lAY/c nie veressen<br />

werden wird.<br />

hinc/zen, den ?. 7anuar 189?.<br />

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ANHANG


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- 175 -<br />

ie.<br />

Schloss Vaduz (zeitgenossische Photographie)<br />

vgl. S. 151: Unser "Montfort" liegt mit Beschreibung<br />

<strong>und</strong> Photographie des Schlosses<br />

Vaduz. . .auf der grossen Wiener Musikausstellung.


Fanny von Hoffnaa2<br />

- 176 -<br />

D e r ii c h t e Stein<br />

Vertrocknet liegt der Taurisker See,<br />

Erschiagen der Drache. zu Lind,<br />

Durch die Lüfte klagt es wie wildes Weh<br />

Jagt die Woike im westlichen Wind<br />

Vom Bergeskamm schaut em stoizes SchloI3<br />

Hinaus in das Thai der Mur,<br />

Der Eggenstein haust mit starkern TroI3,<br />

Ihm gut der Edeiste nur<br />

Was schmachtet der Jüngiing vom niedern Haus<br />

Herauf zu der Tochter fein?<br />

Hinweg, Freisasse, ins Land hinaus,<br />

Das Fräuiein wird nimmer dein.<br />

Da stürmt heran in Mondesnacht<br />

Der Avaren grimmige Schaar,<br />

Hat zu Faii den stoizen Ritter gebracht,<br />

Das Land em Leichenfeld war.<br />

Der Jüngiing ist mit der Mutter entfiohen,<br />

Verbarg sie in tieter Schiucht;<br />

Des Eggensteiners kaiter Hohn<br />

Wog schwerer ais Feindeswuth.<br />

Er griff zup Spaten, er griff zuin Pfiug,<br />

Durchwühite das üppige Land,<br />

Er ho,ffte nichts mehr, ibm war es genug,<br />

So das tägliche Brot er fand.


- 177 -<br />

Doch sieb, was blinket w<strong>und</strong>erbar<br />

Aus durchschnittener Erde hervor?<br />

Es ist em Stein, so licht <strong>und</strong> kiar,<br />

Wie keinen ersah zuvor.<br />

1st dies em Schatz aus Tauriskerzeit<br />

So sei er wilikoinmen mir!<br />

Leb wohi, oh Mutter, nun zieh ich weit,<br />

Mach du keine Sorge dir.<br />

An Carol 's Hot der Jüngling zog.<br />

Der Kaiser empfing ihn gut:<br />

"So wenig mich je mein Auge belog<br />

Hast du em tapferes Blut<br />

Zieh bin gen Sachsen <strong>und</strong> schwing dein Schwert,<br />

komm nur als Sieger zurück,<br />

Und hat sich dein Arm im Kampfe bewàhrt<br />

Soil werden dir seltenes Glück."<br />

Oh Schreck, oh Grausen, bis tief zur Nacht<br />

Wild wüthet der furchtbare Kamp!,<br />

Noch sind zu Fall nicht die Feinde gebracht,<br />

Schon hebt sich blutiger Dampf.<br />

De.r Jüngling dringtwieein wiithender Leu,<br />

Auf die Schaaren der Feinde em,<br />

Mit lautem Rufe: "Dem Kaiser treu"<br />

Stürzt er kuhn in den Tod hinein.<br />

Jetzt sinkt sein Arm, er erliegt der Schaar,<br />

Da ruft er: "Mein Schatz, mein Stein!"<br />

Rasch bindet er fest ihn ins Stirnenhaar<br />

Schon leuchtet der glühende Schein.


- 178 -<br />

So kämpft kein Sterblicher! weh uns! flieht!<br />

Seht des Seraph's himmlichen Stern!<br />

Wie em Wetter vor dem Sturmwind zieht,<br />

So fliegen sie fernab - fern!<br />

Und Kaiser Carol vernimmt die Mähr,<br />

Er freuet sich hoch darob.<br />

Den Jüngling bescheidet er zu sich her<br />

Und beschenkt ihn mit reichem Lohn.<br />

Der aber kniet nieder vor seinem Herrn<br />

Und beut den Karl unkel ihm dar.<br />

"Wie seh ich in Kaisers Hand so gem,<br />

Was mein Liebstes auf Erden war."<br />

Herr Carol neigt sich in fre<strong>und</strong>licher Huld.<br />

"Gem wahr' ich den herrlichen Stein;<br />

Doch bleibt em Kaiser nimmer in Schuld,<br />

Steht auf Ritter Liechtenstein!"<br />

Da ward des Jünglings Auge feucht<br />

Ernst hebt em die Hand zum Schwur.<br />

"Mein Leben dem Kaiser!" doch ibm deucht<br />

Er sähe das Thal der Mur,<br />

Er säh auf dem Felsen em stoizes SchloJ3,<br />

Ihn grW3e em minnig Gesicht,<br />

Nun fort zu dir auf stürmendem RoB,<br />

Vergessen hab ich dich nicht!<br />

War dein Vater stolz, ich will es verzeihen,<br />

Versiegen wag sein Geschlecht,<br />

Es blühen empor die Liechtenstein<br />

In Tapferkeit, Treue <strong>und</strong> Recht.


- 179 -<br />

Licht- <strong>und</strong> Schattenbilder aus dem Musikieben der Gegenwart<br />

von<br />

Eduard Stocker<br />

Man hört zu jeder St<strong>und</strong>e stets <strong>und</strong> allUberall Kiagen <strong>und</strong><br />

Exklarnationen über den Niedergang auf musikalischern Gebiet,<br />

tiber den Verf all der Tonkunst überhaupt. Daran knüpfen<br />

sich dann in alien Tonarten die Versicherungen, daf3 die<br />

Zeiten eines Beethoven nie wiederkehren, die thränenvollen<br />

Nachrufe an die Unersetzlichkeit eines Schubert, Weber.<br />

Dagegen lie2e sich schlechterdings nichts einwenden, wUrde<br />

nur uberhaupt, wenn auch ganz nebenbei, der bestirnmt nicht<br />

gering zu veranschlagenden Verdienste unserer Zeltgenossen<br />

gedacht.<br />

Wenn man bedenkt wie reich an ernsten <strong>und</strong> gro1 angelegten<br />

Werken die beiden letzten Jahrzehnte, muf3 man billig staunen<br />

über die geringe Verbreitung, weiche der neuen Literaturuberhaupt<br />

zu Theil geworden. Selbst zugegeben, dal3 die<br />

so oft wiederholte Versicherung vom Niedergang der Tonkunst<br />

sich in em- oder dem anderen Genre ftihlbar macht, daf3 im<br />

Fach der Orgel-Literatur kaurn nennenswertes geschaffen, das<br />

Fach der Kirchenmusik fast verödet; so drangt sich uns die<br />

Frage auf: Was ist denn bisher seitens der Fachkreise oder<br />

der rna2gebenden Journalistik geschehen? - Was haben Schrif tsteller<br />

<strong>und</strong> Kritik gethan urn dern Ubel zu steuern, urn den seit<br />

so lang mit rUhrender Consequenz beweinten Niedergang aufzuhalten?<br />

Mit Kiagen urn die urewigen Beethoven - Bach, oder dem steten<br />

Hinwels auf die Gott-Ahnlichkeit eines Schubert - Schumann<br />

1st wenig gehoif en. Ubrigens ist es unleugbar, daf selbst<br />

wenn em Ruckgang, eine Abschwächung auf cornpositorischem Gebiete<br />

zugegeben werden mag, sich diese Sirnptome hauptsächlich<br />

nur auf dramatischern Gebiet <strong>und</strong> in der Orchesterrnusik geltend<br />

machen; entschieden nicht in der Kammermusik <strong>und</strong> Clavier-Literatur.<br />

Hier haben wir Narnen wie Volkmann, Brahms, Rheinberger,<br />

<strong>und</strong> noch manch' einen, die für ewige Zeiten irn Buch der Geschichte<br />

prangen.<br />

Und doch liet3en sich für die besten unserer heutigen Tonsetzer<br />

kein besserer Collectiv-TItei finden als etwa Die Verkannten


- 180 -<br />

auf dem Gebiete des geistigen Schaffens; <strong>und</strong> seibst im<br />

allergunstigsten Fall würde es hei2en: "die wenig Gekannten".<br />

I.. .1<br />

Einer der ausgeprägtesten Individuailtäten, zugleich<br />

einer der merkwurdigsten <strong>und</strong> bedeutensten Erscheinungen<br />

tiberhaupt begegnen wir in Rheinberger.<br />

Es ist somit mehr ais befrerndend, daf er in Musikerkreisen<br />

lange nicht nach seiner volien Bedeutung gewürdigt<br />

wird, daf3 er in der grol3en Menge nur Bruchstückwelse, ja<br />

fast gar nicht gekannt.<br />

I...'<br />

Seine ganze Richtung zeichnet sich durch manche auffallende<br />

Charakterzuge vor der seiner Zeitgenossen aus. Vor<br />

ailem 1st es die hohe Bedeutung, weiche Idee des Schönen<br />

in semen geistigen Hervorbringungen einnit, <strong>und</strong> dadurch<br />

die zu reichstem Ausdruck gelangte Voilendung in<br />

Form <strong>und</strong> Technik. Wenn wir in unserer Zeit an jedes Gelsteswerk<br />

die Forderung schöner Darsteilung machen woliten,<br />

so mti2ten wir dagegen urn einige Jahrzehnte in der<br />

Literatur zuruckgehen urn diese Anforderung erfüilt zu<br />

sehen. Welch richtiges Gefühl, welch regen Sinn gerade<br />

dieser Tondichter für Form <strong>und</strong> Darstellung hat, das verrnag<br />

man erst nach vollem Umfang zu wtirdigen, wenn man<br />

die ins ungeheure gediehenen, ungelenken, forrnlosen <strong>und</strong><br />

holprigen Gebilde der neueren Schule kennt.<br />

Wie die Idee des Guten nirgend <strong>und</strong> niernais von der des<br />

absolut Schönen getrennt werden kann, so schreibt Rheinberger<br />

jederzeit nicht bios richtig <strong>und</strong> durchsichtig<br />

klar, sondern auch durchwegs schön. Er ist allUberall<br />

auf beide Faktoren mit gleicher Sorgfalt bedacht.<br />

Em Haupt-Characterzug durch den seine Gebilde sich unterscheiden<br />

von den Tongemäiden der Neuzeit, 1st die Art<br />

poetisch zu schaffen <strong>und</strong> zu gestalten, es weht durch alle<br />

diese Weisen em Hauch der intimsten Empfindung der sie<br />

eben dadurch als dichterische Schöpfungen erschelnen läBt.<br />

Er gemahnt an Mendelssohn in Hinblick auf das Kiare,<br />

SeibstbewuBte, weiches ihm, man könnte sagen instinktmässig<br />

innewohnt. Sind auch all' diese Gebilde von Fantasie durchdrungen,<br />

so waitet doch in All' <strong>und</strong> Jedern die voile Absicht,<br />

das kiarste Bewul3tsein.


- 181 -<br />

Dadurch werden bel ihm selbst die grof3en <strong>und</strong> strengen<br />

Formen jedem gebildeten Laien zuganglich; sie erscheinen<br />

eben als verständlich, well volikommen naturgemäB.<br />

Em zweites, besonders wichtiges Merkmal 1st die bei<br />

Keinen der Zeitgenossen in gleicher Stärke vorkommende<br />

Produktionskraft <strong>und</strong> Mannigfaltigkeit seiner Schöpfungen.<br />

- Kamniermusik, Orchester-Oratorium <strong>und</strong> Oper, Concert-<br />

<strong>und</strong> Orgelwerke, VQfl den sehr zahlreichen Chor-<br />

Sätzen gar nicht zu reden, <strong>und</strong> doch weif3 er Allem eine<br />

poetische Seite abzugewinnen; selbst trockenes <strong>und</strong> herbes<br />

durch poetisches Gewand dem Gemüte nEher zu bringen.<br />

In der Handhabung des Klangmaterials. in Geschick der<br />

Orchestrirung sind ihm Lassen<strong>und</strong> Grädener ebenburtig.<br />

Auch diese verstehen es durch Stimmung <strong>und</strong> gleichsam<br />

wechselnde Beleuchtung einen gro2artigen Total-Eindruck<br />

zu machen; doch, wie er durch die Kraft <strong>und</strong> Harmonie<br />

der Orchestermassen den Effekt hervorzaubert, das 1st<br />

bew<strong>und</strong>ernswert.<br />

Bei Anderen jedoch geschieht es leicht, dat durch zu<br />

lebhaftes Colorit die Wirkung der Composition gestört<br />

wird, es werden gleichsam die Gr<strong>und</strong>linien verschoben<br />

<strong>und</strong> Ubermalt; bei ihm dienen die Licht- <strong>und</strong> Schattenmassen<br />

dazu, die Gliederung, die Zeichnung hervorzuheben.<br />

Die Instrumentation 1st ihm em Beheift, dem Ohre<br />

des Hörers empfindlich zu machen, was dem Geist geboten<br />

wird.<br />

Durch die Klangwirkung, durch die Art der Darstellung<br />

we11 er den Eindruck auf die Hörer zu verstärken, die<br />

Bedeutung des Thema's zu versinnlichen <strong>und</strong> zu erhöhen.<br />

Durch alle diese Eigenschaf ten steht er berghoch Uber<br />

Lassen, Rubinstein - <strong>und</strong> jedenfalls ebenso hoch als<br />

Brahms, Bruch, Grädener. Bei Brahms beispie-lsweise<br />

fehit die Begeisterung, die alles durchdringende Gefiihlswärme,<br />

anstatt <strong>lebens</strong>volle Gestalten stehen wir<br />

vor Allegorien <strong>und</strong> Uberall begegnet uns die Ref lexion.<br />

Viele seiner Sonaten (Solo) Kiavierwerke erscheinen<br />

uns halbfertig, arm <strong>und</strong> dtirftig; manches darin muthet<br />

an wie nachgebessert, dazu geschrieben gleichsam Ubermalt.<br />

Von Klangschönheit 1st selten etwas zu spUren; es<br />

scheint fast als ob er absichtlich auf manchen Kiangbeheif<br />

verzichtet. Dadurch erhält vieles einen geradezu


- 182 -<br />

aszetischen Anstrich; - dadurch erleiden viele seiner<br />

sonst verdienstvollsten Schöpfungen eine bedauerliche<br />

Abschwachung. Dieser Mangel an Lebensfrische wird jedoch<br />

leicht nachgeahmt <strong>und</strong> gar mancher nimmt gläubig<br />

für künstlerische Strenge, was doch nur compositorisches<br />

Unvermögen.<br />

Wie so ganz anders bei Rheinberger; in semen Orchesterwerken<br />

waltet eine árchitektonische Richtung; bei<br />

aller Strenge des Styleè eine Meisterhaftigkeit im<br />

Aufbau der Composition. Jeder Gedanke fUgt sich der<br />

Ordnung des Ganzen em; in der 2. Sinfonie tritt es so<br />

recht zu Tage.<br />

Er will nicht dem Ohre des Hörers schmeicheln, nicht<br />

angenehme Gefühle erwecken, sondern em gewaltiger<br />

Geist tritt uns entgegen. Tiefe der Auffassung <strong>und</strong> Erhabenheit<br />

der Gedanken stellen dies Werk, insbesondere<br />

das Uberirdisch schöne Adagio so unendlich hoch. Das<br />

Scherzo 1st von w<strong>und</strong>erbarer Anmut in der Form, der Reiz<br />

der orchestralen Färbung tritt bier weniger hervor als<br />

in der Ouvertüre zu Calderon.<br />

In der Sinfonie, dem Quintett <strong>und</strong> der Kammermusik überhaupt<br />

findet sich vollstandig sein ganzes Leben abgespiegelt.<br />

Es sind dies diejenigen Werke nach denen man den Genius<br />

am besten würdigen kann. Wohin wir blicken mögen, firgends<br />

stol3en wir auf Manier; nirgends dient der Farbenprunk<br />

dazu, geistig leeres zu übertunchen; wol aber begegnet<br />

uns manche Schróffheit <strong>und</strong> zuweilen in elnigen<br />

Parthien des Wallenstein herbes <strong>und</strong> verdüstertes. Rheinberger<br />

versteht es wie wenige elnen dichterischen Vorwurf<br />

in tiefsinnigster Auffassung wieder zu geben; em<br />

glnzender Beleg dafür sein Demetrius. Wol selten 1st<br />

Tragik <strong>und</strong> Pathos so überwältigend, so erschUtternd <strong>und</strong><br />

dabei doch fern von Effecthascherej <strong>und</strong> theatralischen<br />

AllUren dargestellt worden. Von so elementarer Gewalt<br />

als dies Tonstück <strong>und</strong> die florentinisehe Sinfonie IF dun<br />

ist kein Orchesterwerk unserer Tage.<br />

In semen frflheren Clavier-Werken 1-15 steht er noch<br />

ganz unter dem Einflul3 der besten seiner Vorgänger. Der<br />

edle Geist eines Mendelssohn, Schumann ist auch über ihn<br />

gekommen. I...! Dabei klingt alles frisch <strong>und</strong> köstlich


- 183 -<br />

<strong>und</strong> 1st von woithuenster Harmonie.<br />

Wir empfangen einen durchwegs reinen <strong>und</strong> wUrdigen Emdruck,<br />

wenn auch der poetische Schwung seiner späteren<br />

Periode nur zuweilen leise anklingt. Bis hieher ist es<br />

künstlerische Uberlieferung, weiche in edler Form verwerthet<br />

wird. Welt höher stehen seine Etüden <strong>und</strong> Präludien.<br />

Auch hier begegnen wir elner Reihe lieblicher<br />

Gestalten, doch steht daneben manches von epischer Grö-<br />

13e - stellenweise vermeint man eine Romanze, em Gedicht,<br />

eine entzUckende Novelle zu vernehmen. Durchwegs<br />

jedoch 1st er em gebildeter, edler Geist dem seine<br />

Kunst hoch <strong>und</strong> heilig steht. In seinem Streich-Quartet<br />

ist er der strenge Classiker der mehr durch Tiefe<br />

der Gedanken, durch geistvolle Combination als durch den<br />

Reiz der Ausfuhrung imponiert.<br />

Man vermll3t hier partleweise den r<strong>und</strong>en Wohikiang der<br />

semen Orchesterwerken elgen, es kommt wiederholt zu<br />

Härten <strong>und</strong> Schroffheiten, doch dafür entschädigt die<br />

aufs GroBe angelegte Natur <strong>und</strong> der tiefe, sittliche<br />

Ernst des Meisters.<br />

Aus den vorstehenden, wenn auch nur skizzirten Bemerkungen<br />

vermag der Leser leicht die hohe Bedeutung dieses<br />

Componisten zu entnehmen. Mogen diese Zeilen beitragen<br />

ihm die Anerkennung zu gewinnen, die er in so reichem<br />

MaB verdient <strong>und</strong> die ihm bisher lang nicht in verdienter<br />

Weise zu Theil geworden.


J.G.E. Stehie<br />

- 184 -<br />

Die Messen von Rheinberger (op. 151) <strong>und</strong> Pembaur (op. 39)<br />

in: Der Chorwächter 1888, 13. Jg. S. 44-48<br />

Die Messen von Rheinberger (op.15l) <strong>und</strong> Pembaur (op. 39)<br />

von der Leuckart'schen Verlagshandlung verschickt <strong>und</strong> in<br />

der Nr. 4 d. Bi. bereits avisirt, selen heute einer gemeinschaftlichen<br />

<strong>und</strong> etwas eingehenderen Besprechung Unterstelit.<br />

Das verdienen beide Werke vom musikalischen<br />

Standpunkt aus, sodann knupft sich so Manches daran, was<br />

dem Referenten schon lange auf dem Herzen lag <strong>und</strong> einmal<br />

heraus mut3; endlich sind beide Autoren in der musikalischen<br />

Welt bekannte <strong>und</strong> berühmte Grö8en, der erstgenannte geradezu<br />

einer unserer grö2ten Komponisten, von Weltruf, dessen<br />

Publikurn wohi jeder Musiktreibende gesteigertes Interesse<br />

von vornherein entgegenbringt, dessen Name auch unserem<br />

Vereinskatalog zu hoher Ehre <strong>und</strong> Zierde gereichen<br />

mUBte.<br />

Bei Beurtheilung von Messen <strong>und</strong> jeglicher dem liturgischen<br />

Dienst gewidmeten Kompositionen dreht sich alles urn zwei<br />

Hauptfragen: 1) wie stelit sich das Werk zu den kirchlichen<br />

<strong>und</strong> wie zu den kUnstlerischen Anforderungen. Daran reiht<br />

sich dann noch die ebenfalls wichtige Frage nach dem Grad<br />

der Schwierigkeit der Ausfuhrung.<br />

1. Beim kirchlichen Standpunkt kommt in allererster Linie<br />

die liturgische Seite in Betracht, also Textvollstandigkeit,<br />

richtiges Ma13 der Kürze <strong>und</strong> Lange des Ganzen <strong>und</strong> emzelner<br />

Theileec. Der Stil, ob antik oder modern, 1st freigegeben,<br />

wofern der Ausdruck em kirchlich würdiger ist.<br />

In vorliegenden zwei Fallen zeigt der erste Buck, da8 beide<br />

Komponisten liturgisch correkt schreiben woliten. Nicht<br />

nur ist das Ma13 der Lange <strong>und</strong> Kürze im Ganzen <strong>und</strong> Einzelnen<br />

tiberall das richtige (besser sogar als bei manchen t'alten"<br />

Messen), beide Meister haben sich auch die für die<br />

Kunst schmerzlichen Fesseln auferlegt, <strong>und</strong> die Intonationsworte<br />

des Gloria <strong>und</strong> Credo *) geopfert, der Liturgie zu<br />

lieb, beide haben (wenigstens auf den ersten Buck erscheinend)<br />

den vollständigen Text, haben Wiederholungen<br />

möglichst vermieden, sind so knapp in der Form, da2 eine<br />

Heinmung der liturgischen Aktion nirgends vorliegen kann,<br />

beide endlich haben eine Form gewahiE, die als eminent kirch-


- 185 -<br />

lich gilt; den a capella-Stil. Nun liegen allerdings,<br />

wohi aus dem Uebersehen, em paar kleine Textauslassungen<br />

vor. Das kann vorkommen. Es ist gro8en alten<br />

Meistern, z.B. sogar einem Palestrina <strong>und</strong> Hans Leo<br />

Hasler auch passirt <strong>und</strong> sie sind dabei noch in den<br />

Katalog des C.V.f.a.L.d.Z. geschlüpft in Bausch <strong>und</strong><br />

Bogen durch die Musica divina. In so guter, groBer<br />

Gesellschaft geht es. Kommt em einzeiner Passagier<br />

vor die Pforte, so 1st es natürlich, daB er etwas<br />

specieller visitirt werden wird. Wir wollen auch genau<br />

sein <strong>und</strong> gestehen: so wie die Messen vorliegen,<br />

könnten sie ohne Inconsequenz (<strong>und</strong> das 1st em schlimmes<br />

Ding, em Creszendo-Ungeheuer, das Weiterm <strong>und</strong><br />

Schlirnmertn Bahn bricht) nicht wohi in den Catalog<br />

komnien. Aber das Referat unseres verehrten Herrn Generaipräses<br />

1st für aile, die zu lesen verstehen, durchaus<br />

keine Beurtheilung, es 1st Im Gegentheil eine Ehrenmeldung<br />

vom Kunststandpunkt aus, mit dem Ausdruck des<br />

Bedauerns, daB bestehende Gr<strong>und</strong>bedingungen die Aufnahme<br />

bis zur Correktur seiner Textübersehen verhindern.<br />

Auch die Cäcilia, Organ des elsässischen Cäciiien-Verems<br />

schreibt über Rheinbergers Messe sehr schön:<br />

tBei durchweg mordernem Charakter bewegt sich dieses<br />

neue Opus Rheinberger's nur innerhaib der Schranken<br />

kirchlicher WUrde <strong>und</strong> ganz au2erhalb der ausgetretenen<br />

Wege monotoner Notenschreiberei. Emnige VerstöBe gegen<br />

die Textbehandiung, weiche Ubrigens beseitigt werden<br />

können, sollen der Verbreitung dieses werthvollen Werkes<br />

nicht im Wege stehen. Wir wiinschen demseiben recht<br />

viele Aufftihrungen Seitens strebsamer Kirchenchöre."<br />

Der praktische Chordirektor hat hie <strong>und</strong> da einen anderen<br />

Standpunkt, ais die hochoffizielle Vereinsleitung.<br />

Diese mut3 unter allen Umständen consequent sein <strong>und</strong> darf<br />

urn keinen Preis Gr<strong>und</strong>sätze vergeben. Sie hat es gethan.<br />

Der praktische Chordirektor aber fragt sich: Soil ich<br />

em Werk, das die monotone MittelmBBlgkeit des mHchtig<br />

tiberschwemmten Musikalienmarktes geradezu thurnihoch<br />

uberragt, det3wegen links liegen lassen, weil em paar<br />

Wörtlein fehien? Nein, <strong>und</strong> tausendmai nein - die setzen<br />

wir einfach em!<br />

Das geht ganz leicht. In Rheinberger's Messe pag. 6


- 186 -<br />

unterste Vjerzeilen Takt 1-4 ist einfach das Wiederholungszeichen<br />

zu setzen <strong>und</strong> für die Wiederholung "mlsere<br />

nobis" zu unterlegen. Seite 12 unterste Zeilen,<br />

letzterTaktkann das Wort "Dominum" etwa auf nebenstehende<br />

Weise in Partitur <strong>und</strong> Stimmen leicht eingesetzt<br />

werden:<br />

(Meister Rheingerger hätte zwar sicher etwas Besseres<br />

zu sagengewuft!), es braucht zwar bei elnem Chor mit<br />

vielen Stimmen etwas Zeit <strong>und</strong> Nühe, aber die Messe ist's<br />

auch werth. Seite 16 kann im 6. <strong>und</strong> 7. Takt sehr emfach<br />

das dritte Sanktus eingesetzt werden. Damit ist<br />

dann die prchtige Messe auch liturgisch unanfechtbar<br />

geworden.<br />

In Pembaur's Messe sind p. 8 den Takten 12 bis 16 statt<br />

"miserere nobis" vielmehr die Worte "susscipe deprecationem<br />

nostram" zu untersetzen. Im Credo hat das Bestreben<br />

nach wohlthätiger Gedrangtheit zu etwas bedenklichen<br />

Einschachtelungen gefUhrt, so bei "lumen de lumine",<br />

dann beim et resurrexit, endlich noch bei "et unam" -<br />

immerhin noch nicht so gefährlich, wie beispielsweise<br />

in den achtstimmigen Messen von C. Ett. Es will mich bedünken,<br />

als könne der Text bei guter Aussprache noch<br />

überall verstanden werden. Wer sich beunruhiget fühlt,<br />

mag em Choralcredo einlegen, die Messe enthElt in den<br />

ubrigen Nummern noch so viel des Schönen, Wirksamen <strong>und</strong><br />

streng Kirchlichen, da2 sie eine Auffuhrung auch in diesem<br />

Falle bestens lohnt.<br />

2. Bezuglich der kUnstlerischen Seite könnte man sich<br />

eigentlich kurz fassen. Alle Schönheiten aufzuzählen ist<br />

hier nicht moglich, em richtiges <strong>und</strong> voilkommenes Bild<br />

der zahireichen ausdrucksvollen Melodien, der feinen<br />

StimmfUhrung, der überaus reichen, glanzenden Harmonie,<br />

derpackendenStellen alle gibt nur der Einblick der Par-


- 187 -<br />

titur. Ich führe daher gleich ihr Haupt-Charakteristikum<br />

an, das sie von der grof3en Masse heutiger Fabrikarbeit<br />

unterscheidet; sie sind durchaus ganz modern, schwungyou<br />

<strong>und</strong> im Ausdruck volikoinmen der Kirche entsprechend.<br />

Das ist nach meiner Ansicht em grol3er, sehr grol3er Vorzug.<br />

Wenn man von Berufswegen die stereotyp zahmen Nachahmungen<br />

der Alten alle durchstehen muB, die sich gleichen,<br />

wie em Ei dem andern, so ist man bei vorliegenden Messen<br />

im Falie, wie Jemand, der wochenlang Morgens Wassersuppe<br />

<strong>und</strong> Kartoffein, Mittags Kartoffein <strong>und</strong> Wassersuppe, Abends<br />

Suppe, Wasser <strong>und</strong> Kartoffein erhält, <strong>und</strong> dem dann einmal<br />

em kräf tiger, feiner Braten ntgegenduftet! Ueber das<br />

Vergntigen, die Publikationen der mageren Mediokratle durchzukosten,<br />

babe ich mich schon mehrmals ausgesprochen, will<br />

es aber bier nochmals wiederholen. Die stereotype Form 1st<br />

ganz <strong>und</strong> gar in die Feder der Autoren gekrochen <strong>und</strong> die<br />

gleiche Strafe beherrscht den ganzen Plan: wohin das Auge<br />

blickt, linmer dieselben Uniformen! Es 1st wie bel einer gewissen<br />

Malerschule: immer der nämliche Gr<strong>und</strong>typus, derseibe<br />

Faltenwurf, die gleichen Linien <strong>und</strong> Gesichter, es stehen<br />

alie kerzengerade da, faiten gleich die Hände <strong>und</strong> wenn nicht<br />

drunter geschrieben stände; "St. Barbara oder St. Katharina<br />

so würde kein Mensch die Heiligen unterscheiden können.<br />

Kommt dann endlich einmal Einer <strong>und</strong> getraut sich, em neues<br />

Lied anzustimmen, das einen frischen Luftzug in die Stagnation<br />

bringt - was W<strong>und</strong>er, daB ibm die Erlösten "Hosianne"<br />

zurufen, die Puritaner freilich auch ihr "Cruzifige"! Das<br />

war immer so <strong>und</strong> wird so bleiben! Für das ewige Nachahmen<br />

der Alten solite man sich eigentlich einmai so recht energisch<br />

bedanken - trinken wir in diesem Faile lieber von der Quelle!<br />

Wer heute schreibt, soil die Sprache des musikaiischen "Heute"<br />

reden <strong>und</strong> nicht etwas schwHcher copiren, was vor 300 Jahren<br />

(wenn man den Lobrednern der Alten glauben will) so gut <strong>und</strong><br />

voilkommen geschehen 1st, daB man's gar nicht mehr besser<br />

kann! DaB man mit den heutigen Kunstmitteln volikoinmen ernst<br />

<strong>und</strong> würdig schreiben kann, wer wolite es läugnen? Haben es<br />

doch wieder beide Meister für aile, die unbefangen empfinden<br />

<strong>und</strong> ohne tendenziöse Voreingenommenheit vorurtheiisfrei an<br />

Kunstwerke heranzutreten noch vermögen, bewiesen!<br />

Wie weihevoll <strong>und</strong> devot, wie innig fromm <strong>und</strong> flehend beglnnt<br />

Rheinberger's Kyrie, welch' grol3er edler Ausdruck, wie em-


- 188 -<br />

dringlich gesteigert! Em feiner, ganz auterordent1ich<br />

schöner Satz! Dann das so recht markige, gewaltige Gloria,<br />

in frischem festlichem FluB. Die Stelle "Domine Deus<br />

rex cölestis" nennt Witt mit Recht "eben so prägnant<br />

als schön, <strong>und</strong> den Text verdeutlichend" - wie gewaltig<br />

bäumt sich dieser Löwensprung in die Septirne (im Ba2)<br />

auf, wie interessant die spHtere Wiederholung dieses<br />

Motives in zarterer Weise: solche Sätze studiret, die<br />

ihr euch vor lauter Genirtsein weder zu husten noch zu<br />

nieBen getrauet, musikalische Wassersuppenköche! Das<br />

Credo ist em ausdrucksvoller eindringlicher Satz, em<br />

entschiedenes BekenntniB von männlicher Bestimmtheit. Als<br />

besondere Sch6nheiten bei groBter schlichtester Einfachheit<br />

erscheinen das so keusche "et incarnatus", das energische<br />

Crucifixus, daB überaus glHnzende "glorificatur",<br />

<strong>und</strong> endlich die geradezu riesigen Oktavenkatarakte des<br />

Basses (S. 15,7,6,7,8) auf Amen, dem reichfluthendsten<br />

polyphonen Leben der Oberstimmen entwallend, säulenhaft,<br />

heldenstark, em Credo der thebäischen Legion, jeder Zoll<br />

em Held! Das Sanctus beginnt w<strong>und</strong>ervoll, aus dunklen,<br />

weichen Klängen sich erhebend, schwebt es herauf, steigt<br />

empor wie Weihrauchduft <strong>und</strong> steigert sich im Pleni bis<br />

zum schallenden Jubelruf des "gloria tua" - urn gleich darauf<br />

wieder irn Pianissimo anbetend, gleichsam verzagend<br />

ob der eigenen Kühnheit in die Kniee zu sinken. Man kann<br />

über die Kirchlichkeit so nahgestellter Contraste so oder<br />

anders urtheilen (- donnert nicht auth die kirchliche<br />

Poesie z.B. im "Dies ira", im "Libera" in eindringlicher<br />

Weise <strong>und</strong> stellt em hingehauchtes "Pie Jesu" in nächste<br />

Nähe?-) eine sehr grol3e <strong>und</strong> erschütternde musikalische<br />

Wirkung wird der Stelle Niemand absprechen können. Benedictus<br />

<strong>und</strong> Agnus, sehr weihevolle, stimmungswahre Sätze<br />

<strong>und</strong> schlieBen sich dem Ganzen nach der zarten Seite hin<br />

ebenburtig an.<br />

Auch Pembaur's Messe ist em sehr tUchtiges, beachtenswerthes<br />

Werk von ganz solider Faktur <strong>und</strong> bietet bei noch<br />

bedeutend leichterer Ausführbarkeit eine Menge wirksanier<br />

<strong>und</strong> schöner neben anderen gewöhnlichen Stellen. Das Kyrie<br />

beginnt schlicht <strong>und</strong> prätensionslos wie em einfaches Orgelpraludium,<br />

auch das Christi keimt unscheinbar auf,<br />

wächst aber grol3 an <strong>und</strong> wird sehr schön heraufgeführt <strong>und</strong>


- 189 -.<br />

gesteigert (durch 16 Takte). Es erscheint die ganze Nummer<br />

namentlich sehr geeignet, urn durch Dynarnik zu wirken<br />

<strong>und</strong> bietet leicht <strong>und</strong> beste Gelegenhelt, die Chore nach<br />

dieser Seite hin zu erziehen. Kompositorisch hervorragend<br />

irn Gloria 1st die hUbsche <strong>und</strong> ächt kirchliche Stelle<br />

ttgratias agimus" <strong>und</strong> das wirklich schOne, eben so leicht<br />

ausftihrbare als ernpfindungsreiche <strong>und</strong> irn devotesten Gebetscharakter<br />

erklingende "Qui tollis". Dem sich rasch abwickeinden<br />

<strong>und</strong> in elnem langgedehnten vollklingenden "Jesu<br />

Christe" gipfelnden Quonlam folgt eine stramme, lebhafte<br />

Fughetta mit gutgewEhltem Motiv. Der ganze Schlufsatz<br />

1st musterhaft gesetzt <strong>und</strong> klingt recht animirend bei<br />

unanfechtbarer Klrchlichkeit. Ueber das Credo ist das NOthige<br />

oben bereits gesagt worden; das Sanktus 1st em entschieden<br />

glUcklicher Wurf, im Benedictus, das etwas lang<br />

geraten ist, dUrfte viellelcht eventuell Seite 23 Obersprungen<br />

werden, dern Agnus Del kOnnen die PrEdikate; schön,<br />

wahr empf<strong>und</strong>en <strong>und</strong> wirksarn ausgedrUckt. nicht vorenthalten<br />

werden. Noch eine Aeul3erllchkeit: Pembaur's Messe 1st in<br />

den aiten SchlUsseln notirt, aber em wortgetreuer "Orgelauszug"<br />

unterlegt, wahrscheinlich für Chordirektoren, denen<br />

die alten Schlüssel nlcht sehr geläufig sind (die ganze<br />

Messe 1st nämiich nicht sehr schwierig <strong>und</strong> von alien<br />

bessern Landchören ausfUhrbar) <strong>und</strong> denen diese Einrichtung<br />

für das Probelokal erwUnscht kommen mag. Bel der AuffUhrung<br />

wird em richtiger a capella Vortrag vielmal schOner wirken,<br />

da jede Begleitung, auch die beste, in Bezug auf Freihelt<br />

der Bewegung, Feinheit der Dynamik, Kiarheit der Schrafirung,<br />

VerstEndiichkeit <strong>und</strong> Elndringlichkeit der Declamation schadet.<br />

Der Preis beider Messen 1st gleich: Partitur Mk. 2.40<br />

<strong>und</strong> jede Stlmme 50 Pf.<br />

Ich bin bei diesem Anlasse lEnger <strong>und</strong> warmer geworden als<br />

bisher in meiner zwOlfjahrigen RedaktionsthEtigkeit. Den<br />

Gr<strong>und</strong> habe ich angegeben mit aller Deutlichkeit!<br />

Die beiden Werke sind mir sehr sympatisch <strong>und</strong> ich bin Uberzeugt,<br />

dat3 sie bel guter AuffUhrung elne mächtige, wahrhaft<br />

erbáuende <strong>und</strong> erhebende Wirkung nlcht verfehien kOnnen. Tonkünstlerische<br />

Melsterschaft <strong>und</strong> kirchlicher Ernst sprechen<br />

aus jeder Zeile - dazu dienen sle dem Fortschritt durch Anwendung<br />

der heutigen Kunstmittei. Zu diesem Votum liegt mein<br />

herzliches "Cluck auf!" den Werken <strong>und</strong> die aufrichtige Gratulation<br />

an deren SchOpfer.


- 190 -<br />

*) Anmerkung: Es ware für die Kunst der grolte Dienst,<br />

könnte man von der Congregation der Riten das Aufgeben<br />

dieser Schranke, (die eine kUnstlerische Berechtigung<br />

nut bei Messen im cantus gregorianus <strong>und</strong> am Ende solchen<br />

im alten Stile hat) erlangen. Wenigstens für das<br />

Gloria, das Credo beginnt mit einem Gedanken (Patrem<br />

omnipotentem) der die groate <strong>und</strong> gewaltigste, glänzendste<br />

Machtenfaltung nicht nur gestattet, sondern geradezu<br />

herausfordert. Aber das Gloria als die grol3artigste<br />

Jubelhymne voll hiimnelhohen Schwungs fortwährend so zahm<br />

(ttet in terra pax") beginnen zu müssen, ist eine kunstschädliche<br />

Fessel, für die in moderüen, nicht auf dem<br />

casus gregorianus basirten Vokalmessen <strong>und</strong> noch weit<br />

mehr in den Instrumentalmessen jeder Gr<strong>und</strong> fehlt. Vergleicht<br />

man dann die Strenge des Gesetzes mit der Praxis<br />

in liturgischen Dingen in Rom, in den gröten Kitchen<br />

selbst, so kommen auch den Bestgesinnten die schwersten<br />

Zweifel - Andern aber fallen jegliche Skrupel vollständig<br />

dahin! Dreist<strong>und</strong>enlange Vespern!! 15 bis 20 Minuten<br />

lange laudamus te, glorificamus te!! Wit wissen, dal3<br />

das Ungesetzliche, geschehe es auch in der Mutterkirche<br />

des Erdreiches in St. Lateran, keinen Rechtstitel auf Duldung<br />

beanspruchen kann, da3 man sich nicht auf diese Beispiele<br />

berufen darf - aber es käme in unserem Fall vielleicht<br />

doch nut darauf an, daB sich hohe KirchenfUrsten in<br />

diesem Sinne verwendeten <strong>und</strong> Aufftihrungen ad aures die Sache<br />

gehorig illustrirten. So viel steht nun einmal fest:<br />

Das Verbot für den Chor, die Intonationsworte des Gloria<br />

<strong>und</strong> Credo zu wiederholen staimnt vom Choral <strong>und</strong> gehort zum<br />

Choral, wo es Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Sinn hat, abet in moderner Musik<br />

ist es eine höchst lästige <strong>und</strong> kunstschädliche Fessel, (Eines<br />

pal3t nicht für alle Style), die einen vollkommenen Ausbau<br />

des Kunstwerkes verunmöglicht, eine unschöne Schablone<br />

(fortwährend Pianoanfang einer Jubelhymne) verschuldet <strong>und</strong><br />

viele bereits geschaffene herrliche Kunstwerke unzugEnglich<br />

oder nur verstümmelt, amputirt brauchbar macht.


- 191 -<br />

Rheinbergers Orchestermesse opus 169 in C-dur aus:<br />

Der Chorwächter (18.Jg. St. Gallen 1893, S. 38 f.)<br />

Rheinbergers op. 169 wurde vom Domchor St. Gallen am hohen<br />

Osterfeste - wohi als dem ersten auffUhrenden Chor<br />

(am zweiten Osterfesttage folgte der Chor der Allerheiligen-Hofkirche<br />

in MUnchen unter der Direktion des Komponisten)<br />

- aufgefUhrt. Die Sänger waren Feuer <strong>und</strong> Flamme<br />

für die prächtige Komposition, das Orchester ganz besetzt<br />

(auch die 3 Posaunen) <strong>und</strong> die Wirkung war eine<br />

ganz gewaltige, erhabene, wUrdige <strong>und</strong> wirklich grof3e. Unmittelbar<br />

nach der Auffuhrung sandte unter dem Eindruck<br />

derselben der Domchor an den edlen Münchener Meister folgendes<br />

Telegramm ab:<br />

"Messe w<strong>und</strong>ervoll -<br />

Bringen Dankeszoll<br />

Und im Jubelton<br />

Gratulation!"<br />

Solite man die Messe in einem kurzen Satze bezeichnend<br />

kritisiren, so ware es vielleicht dieser: Sie besitzt<br />

die VorzUge unserer Kiassiker ohne deren Mängel. Etwas<br />

näher präzisirt: Sie besitzt herrliche, edle Melodie von<br />

klassischer Schönheit, feine, sublime Harmonik, selbstständig<br />

<strong>und</strong> interessant gestaltete Stinnnfuhrung, feine<br />

<strong>und</strong> meisterlich gefugte Polyphonle, kiare, schön symetrische<br />

Formen <strong>und</strong> vor allem prächtig glänzendes <strong>und</strong> den<br />

Gesang nirgends belastendes oder gar erdrückendes Orchestercolorit.<br />

Dabei sind die Mängel der Kiassiker: endlose<br />

Längen neben willkürlichen Textauslassungen, zu weltlicher<br />

Geist (der sich hauptsächlich in Tanz- oder Marschrhythmen<br />

äu6ert)ausgedehnte Solopartien, immer glucklich<br />

vermieden. Die Intonatjonsworte des Gloria <strong>und</strong> Credo sind<br />

nicht komponiert, die Längen genau der gottesdienstlichen<br />

Feier angepaf3t - mit einem Worte, die Messe ist liturgisch<br />

unanfechtbar. Man sieht aus der Anlage des Ganzen <strong>und</strong> im<br />

Einzelnen, aus der Verbauung aller Einzel-Solos: der Komponist<br />

wolite eine Messe für den Gottesdienst schreiben. Es<br />

ist ihm gelungen! Wer diese Messe verurteilt, der spricht<br />

einfach der Tonsprache des musikalischen "Heute" die Befähigung<br />

<strong>und</strong> das Recht ab, Kirchenmusik zu werden. Man kann


- 192 -<br />

ja diesen Standpunkt für sich haben, das steht Jedermann<br />

frei. Es steht Jedem frei, römischer zu sein als<br />

Rom <strong>und</strong> papstlicher als der Papst. Dazu hat Jeder für<br />

sich das Recht, so wie es irn religiösen <strong>und</strong> sittlichen<br />

Leben erlaubt <strong>und</strong> verdienstlich 1st, strenger zu sein<br />

<strong>und</strong> rnehr Entsagung, Bu1werke <strong>und</strong> Abtödtungen zu üben,<br />

als die Kirche verlangt. Aber man soil Andere, die nicht<br />

so weit gehen wollen oder ihrer Situation nach nlcht so<br />

welt gehen können, nicht verletzen <strong>und</strong> steinigen wollen.<br />

Nun hat aber die Kirche über den "Stil" rein gar<br />

nichts entschieden. Der Stil ist frei! Sie verlangt nur:<br />

liturgische Korrektheit <strong>und</strong> Vermeidung der zu weitlichen,<br />

theatralischen Weisen. Diese letztere äuBern sich in unziemlicher<br />

Melodie, ausschweifender Harmonie <strong>und</strong> leichtfertigem<br />

Rhythmus. Nun wird kein Mensch behaupten wolien,<br />

daB in Rheinbergers Messe das Liebesgetändel Mozarts, die<br />

leichtfertige Koketterie Rossinis oder gar die giuhende<br />

Brunst Wagners enthalten sel! In der Harmonik verwendet<br />

der Komponist gelegentlichfteilichauch den verminderten<br />

Vierklang, aber selten <strong>und</strong> uberhaupt lange nicht Alles,<br />

was die heutige harmonische Kunst dem Tondichter anbietet.<br />

In der Rhythmik (dem gefährlichsten dieser drei Dinge)<br />

ist Rheinberger wählerischer als sogar unser Karl Greith<br />

in seiner Josefs-Messe. Habert hat den SchluB des Gloria<br />

der Josefsmesse nicht ganz mit Unrecht einen Hopsasa genannt<br />

- der Rhythmus dieses Dreiviertel 1st dern eines Walzers<br />

wirklich sehr ähnlich. Ferner ist das Benediktus der<br />

Greith-Nesse (em sehr leichter Sechsachtel) viel anfechtbarer,<br />

als das von Rheinberger <strong>und</strong> zwar sowohl als Kunstwerk,<br />

als kirchlichen Ausdruck anbelangt. Dies ist nicht<br />

gesagt, urn unsern herrlichen Greith zu verkleinern, sondern<br />

nur urn den von einern übereifrigen Blatte ungerecht<br />

angegriffenen Münchener Meister durch dies "Catalogbeispiel"<br />

zu verteidigen!<br />

Welter: Auch die BrUcke zurn Choral finde ich hergestelit.<br />

Nur einige Beweise: das Hauptmotiv des Gloria (gleich<br />

arifangs dem Streichquartett ubergeben <strong>und</strong> dann nachher<br />

vom Chor aufgegriff en <strong>und</strong> vielfach verwendet), spricht uns<br />

an wie eine bekannte Gestalt aus dern Graduale Romanurn. Das<br />

Notiv des "Dornine" wird vielleicht von Aengstlichen oder<br />

Feindlichen als "eminent instrumental" angesehen - ist es


- 193 -<br />

denn etwas anderes als die genaue Umkehrung der Hauptfigur<br />

des 5. Modus? Der gewaltige Anfang des wie in Erz<br />

gegossenen, mächtigen Credo mutet uns an wie aine donsche<br />

Säulenreihe. Wenn Sopran <strong>und</strong> Alt in einem zarten,<br />

keuschen Satze das "Et in carnatus" intonieren, grUf3en<br />

die Ceigen sehr innig <strong>und</strong> fein (wörtlich zitirtes Motiv!)<br />

"Salve Regina"! em lieber, sinniger Zug! Die weltentrUckenden<br />

Känge des w<strong>und</strong>ervoll herniederschwebenden Sanctus<br />

<strong>und</strong> noch mehr das geradezu gregorianisch intonirte<br />

Agnus tragen die chorale Herkunft ganz unverkennbar an<br />

der Stirne. Nattirlich klingt aber das Ganze in diesen<br />

Formen <strong>und</strong> diesem Colorit, in dieser Gestaltung <strong>und</strong> Urnrahmung<br />

gar nicht antik, sondern eminent modern. Es ist<br />

dies Kunstwerk die Blüte des musikalischen Heute aus<br />

vielfach gregorianischen Wurzeln.<br />

Neben prächtigem Orchesterkolorit bietet die Instrumentation<br />

Uberhaupt noch sehr viele interessante <strong>und</strong> geistreiche<br />

Ztige. Einer der feinsten 1st schon genannt: die<br />

Anspielung der Geigen auf die Himmelskönigin bei Et in<br />

carnatus. Wenn der Chor, gleichsam erschUttert, irnffausruft:"<br />

Crucifixus",erschauert das gesammte Streichquartett<br />

gleichsam irn mehrmaligen rhytmlschen SchUttelfrost, beirn<br />

zweiten "Miserere" des Agnus übernimmt die stark hervortretende<br />

Bratsche eine ähnliche Illustrierung. Vielleicht<br />

sagt man: der kirchliche Ausdruck weist derartige Reizmittel<br />

von sich <strong>und</strong> bedient sich nicht soich' realistischer<br />

Tonmalereien - aber hat nicht die beste Musik allen<br />

Zelten immer Tonmalerel mit ihren Kunstrnitteln getrieben?<br />

Proske <strong>und</strong> Witt berichteri mit vieler Begeisterung über die<br />

gewaltigen Posaunenrufe in Casciolinis Ostermotette Angelus<br />

Domini descendit de clo <strong>und</strong> wie malt Pitoni In seinem<br />

Requiem!<br />

Doch wir wollen nicht polemisieren. Wenn em grof3er <strong>und</strong> berUhmter<br />

glaubiger Meister, auf den die Welt mit Stolz blickt,<br />

sich den beschränkten Gesetzen der Kirche beugt <strong>und</strong> in seiner<br />

Sprache beten will, so 1st uns das eine ebenso rtihrende Erscheinung<br />

als es elne bemtihend widenwärtige ist, wenn die<br />

musikalische Mediokratie (umnicht Bittereres zu sagen <strong>und</strong><br />

urn den Ausdruck, den die Musiker hierftir haben, zu verschweigen!)<br />

den KUnstier daran verhindern <strong>und</strong> unter der falschen<br />

Anklage der Ketzerei mit Phrasen töten will.


- 194 -<br />

Rheinbergers Gutachten über Anschaffung sowie Disposition<br />

einer neuen Orgel in der Augustinerkirche zu Tittmoning:<br />

Sowelt die beiden vorgelegten Plane von Steinmeyer<br />

<strong>und</strong> Hörmüller auch auseinandergehen, so ist aus beiden<br />

doch die BedUrfni8frage eines neuen Orgeiwerkes zur<br />

Ewidenz ersichtlich. Ursprünglich mangeihafte Disposition,<br />

Altersschwäche, Wurmfra6 <strong>und</strong> durchlöchertes Geblase<br />

lassen eine etwaige Restauration als unthunlich<br />

erscheinen. Ferner ist zu bedenken, dal3 die GröBe der<br />

Orgel doch in einem passenden Verhältnil3 zu den Dimensionen<br />

der Kirche stehen soil - in diesem Falle aber<br />

7-8 Register entschieden zu wenig sind.<br />

Aus letzterem Gr<strong>und</strong> allein schon ist das Hörmüller'sche<br />

Projekt zu verwerfen; aber auch abgesehen hiervon<br />

ist seine Disposition (zu 8 klingenden Stiinmen) mangeihaft<br />

u. wiirde in der Wirkung matt <strong>und</strong> farbios sein.<br />

Die "Billigkeit" allein thuts eben nicht, - womit ich<br />

dem mir ganz unbekannten Orgelbauer tibrigens nicht zu<br />

nahe treten will. - Bleibt noch das<br />

Steinmeyer'sche Projekt-Gutachten. Hier finden wir<br />

eine vortreffliche Disposition zu 12 klingenden Registern,<br />

vertheilt auf zwei Manuale <strong>und</strong> Pedal. (Ich nehme<br />

im Vorhinein an, daf3 der grö2eren Kosten wegen auf den<br />

sonst zu billigenden Nachtrag eines 13. <strong>und</strong> 14. Registers<br />

nicht eingegangen wird <strong>und</strong> lasse denselben aul3er Betracht.)<br />

Wir finden in diesen zwölf Stimmen Alles, was man<br />

heutzutage von einem mittelgrol3en Orgelwerke verlangen<br />

kann: Kraft, Zartheit, Abwechslung <strong>und</strong> Mannigfaltigkeit<br />

der Stimmen. Die inneren Bestandthelle: Windladen, Regierwerk,Pfeifen,<br />

Gebläse usw. sind nach neuester erprobter<br />

Konstruktion, was bei einem Orgelbauer von dem Rufe Steinmeyer's<br />

selbstverständlich 1st. Ich hatte wiederholt Gelegenheit,<br />

gröl3ere Orgeiwerke dieses Meisters (z.B. im Dom<br />

zu Mtinchen, in Vaduz usw.) genau <strong>und</strong> eingehend zu prtifen<br />

<strong>und</strong> fand dieselben immer bis ins Detail tadellos, wodurch<br />

auch die etwas hohen Preisansätze vollstHndig gerechtfertigt<br />

sind. Und so sei hierinit das Steinmeyer'sche Projekt<br />

bestens empfohlen.<br />

MUnchen, den 20.4. 1890<br />

Jos. Rheinberger.


- 195 -<br />

Rheinbergers Gutachten i.iber den März'schen Plan eines<br />

totalen Umbau's der alten Kioster-Orgel in Seeon.<br />

Aus den Beilagen <strong>und</strong> Zuschrif ten erhelit ganz zweifellos<br />

die Nothwendigkeit einer eingreifenen Erneuerung<br />

dieser ehrwürdigen Kunstreliquie, die nachgewiesenermaBen<br />

schon im Jahre 1766 von dem damals zehnjährigen<br />

W.A. Mozart haufig gespielt wurde. Abgesehen von dem<br />

hohen Alter ist es auch die Disposition des Werkes,<br />

weiche nicht mehr zeitgemal3 genannt werden kann - war<br />

eben der Geschmack vor 125 <strong>und</strong> mehr Jahren doch em<br />

ganz anderer als heutzutage. Man bedenke allein daf3<br />

hier unter 18 Registern sich 6 gemischte Stimmen<br />

(Quintaton 8', Quint 2 2/3',Mixtur 2' vierfach, Cymbel<br />

1' dreifach, Quintbass 5 1/3' <strong>und</strong> Mixturbal3 2 2/3'<br />

fUnffach) finden , em Verhältnit3, das dem modernen<br />

Ohre unertraglich schreiend erscheint. Absolut nothwendig<br />

1st der Umbau des Pedals, dem nach der naiven Ersparungsmanier<br />

jener Zeit die 4 tief en Tone Cis, Dis,<br />

Fis <strong>und</strong> Gis fehien, was man besser "mangeihafte" statt<br />

"kurze" Octave genannt hätte. Dieselbe "kurze" Octave<br />

befindet sich nattirlich auch mit alien Consequenzen<br />

auf dem Manuale. -<br />

Die neuvorgeschlagene Disposition enthält 16 klingende<br />

Register, mit deren Auswahl man wohi einverstanden sein<br />

kann, obschon ich auf dem 2. Manuale nicht gerne eine<br />

2ful3ige WaldflOte vermisse, die elnerseits im Plenum die<br />

mangeinde Superoctav 2' ersetzt <strong>und</strong> das 2. Manual (als<br />

kleines Ganzes für sich) besservervollständigt hätte.<br />

Man kOnnte dann viellelcht Liebl. Gedeckt ersparen, da<br />

ohnedem genUgend 8fU2ige Register vorhanden sind.


- 196 -<br />

Rheinbergers Gutachten über die Reduktion des Kapeilmusikpersonals<br />

in Altotting:<br />

Aufgefordert zur gutachtlichen Aui3erung, ob <strong>und</strong> wie<br />

weit eine Reduktion des Kapellmusikpersonals in Altötting<br />

thunlich sei , ohne da1 die Leistungsfähigkeit<br />

desselben Einbul3e erleide - erkläre ich mich schon aus<br />

dem Gr<strong>und</strong>e nicht für you kompetent, als ich niemals<br />

Gelegenheit hatte, eine musikalische Produktion genannter<br />

Körperschaft zu hören, oder auch von berufener<br />

Seite em fachmännisches Urtheil darüber vernommen<br />

zu haben. Wenn ich gleichwohl hier einige Bemerkungen<br />

anfUge, so sind dieselben nur auf Durchsicht<br />

der Beilagen gegründet <strong>und</strong> können demgemäB bios relativen<br />

Werth beanspruchen.<br />

Aus der Zusammenstellung des Capelimeisters Egwoif ist<br />

em Personal von 14 Musikern (inclus. des Organisten)<br />

ersichtlich: Zwei Tenoristen, zwei Ba2sanger, sieben<br />

Streichinstrumentaristen <strong>und</strong> zwei Hornisten. Da eine<br />

Reduktion der Sänger als unmoglich anzusehen ist, so<br />

könnte dieselbe nur die Orchestermusiker betreffen.<br />

Nun gilt aber bei allen kleinen Orchestern (man sehe<br />

z.B. die Badekapellen) die Zahl von neun Musikern als<br />

Minimum, wennnoch eine Illusion von Orchesterkiang bleiben,<br />

<strong>und</strong> nicht die Arinlichkeit des Klanges dominierefl<br />

soil. Wenn man ferner bedenkt, wie leicht bei täglichen<br />

Diensten einer oder der andere Musiker durch Unpäl3lichkeit<br />

usw. verhindert sein kann, so wird der Dirigent<br />

ohnedem häufig genug in Verlegenheit gerathen.<br />

Warum in der Vorlage des Stiftungsadministrators unter<br />

den GrUnden für Moglichkeit amer Reduktion der Umstand<br />

betont ist, daB die Musiker von dem ihnen zustehenden<br />

l4tägigen (jahrlichen) Urlaub Gebrauch machen, ist mir<br />

nicht ersichtlich - soilen sie etwa darauf auch noch<br />

verzichten? Wird die daraus entstehende Schwierigkeit<br />

durch eine Reduktion nicht noch bedeutend erhöht. Wenn<br />

der als Autorität angeführte geistliche Herr Wallfahrtsinspektor<br />

erklärt, daB 12 statt 14 Musikern auch genügend<br />

seien, so ist damit über dessen musikalisches BedürfniB<br />

jedenfalls em Entscheidendes dokumentiert.


- 197 -<br />

Alles genau erwogen, kann ich mich in Hinsicht auf die<br />

Leistungsfahigkeit des ohnedem geringzähligen Musikpersonals<br />

für eine Reduktion desselben nicht aussprechen.<br />

München, 18.1.92<br />

J/osef/ Rh/einberger/.


- 198 -<br />

Katalog der Bibliothek Josef Rheinbergers.<br />

(Nach der eigenhändigen Niederschrift des Komponisten im<br />

Inspektionsbuch der Kgl. Musikschule München 1890 - 1891)<br />

Jahn, Mozart 4 B/ände/.<br />

Oulibicheff, Mozart 4 B.<br />

Oulibicheff, Mozart 3 B.<br />

Gounod, Mozarts Don Juan<br />

Nohi, Mozarts Briefe<br />

Ambros, Musikgeschichte 5 B.<br />

Schafhäutl, "Abt Vogler"<br />

Thayer, Beethoven<br />

Hanslick, "Vom musikalisch Schönen"<br />

Thibaut, Reinheit der Tonkunst<br />

Th. Schmid, Das Kunstwerk der Zukunft<br />

Riemann, Mus ik-Lexikon<br />

Nieks, Chopin<br />

Charles, Zeitgenössische Tondichter<br />

Hauptmann, Briefwechsel mit Frz. Hauser<br />

Riehi, musik. Charakterköpfe<br />

Sara Bull, Ole Bull (engi.)<br />

Oulibicheff, Beethoven, ses critique (franz.)<br />

Simrock, Lauda Sion<br />

P.Peter Singer "metaphysische Blicke"<br />

Albrechtsbergers Werke<br />

Richter, Harmonielehre<br />

Wangemann, Die Orgel<br />

Bernhard Kothe, Musikgeschichte<br />

Werkenthin, Die Lehre vom Clavierspiel<br />

Devrient, Mendelssohns Brief e<br />

Loches, Die Register der Orgel<br />

Bellasis, Cherubini (engi.)<br />

Dr. Riemann, Katechismus der Orgel<br />

Nietzsche, Der Fall Wagner<br />

Perfall, 25 Jahre Hoftheater Intendanz<br />

Löwengrd Max, Lehrbuch der Harmonie<br />

Kistler Cyrill, Harmonielehre<br />

Schilling, musik. Dynamik<br />

Helm, Musik- <strong>und</strong> Harmonielehre


- 199<br />

Helm, Das Forum der musikalischen Composition<br />

Bus sler, der strenge Satz in 52 Aufgaben<br />

Woifrum, Die Entstehung des ev. Kirchenliedes<br />

Vogler, Churpfälzische Tonschule<br />

Rudhart, Geschichte der Münchner Oper<br />

Schmidt, Dr. Heinrich, Johann Matheson<br />

Wettig, Führer durch den Clavier-Unterricht<br />

Dicks, handbook of examinations (engi.)<br />

Herzog, evang. Gesangbuch<br />

Liliencron, deutsches Volkslied im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />

Weinberger, Handbuch f.d. Harmonieunterricht<br />

Erler, dram. Dichtungen für Musik<br />

Holzwarth, Weltgeschichte 7 B.<br />

Schlosser, Weltgeschichte 18. B. - dazu Register-<br />

Band<br />

Menzel, Geschichte der letzten 40 Jahre<br />

Zimmermann, Geschichte des Bauernkrieges.<br />

Zschokke, Bayerische Geschichte 4 B.<br />

Schreiber, Bayerische Geschichte, 2 B.<br />

Mommsen, Römische Geschichte 3 B<br />

Kugler, Kunstgeschichte<br />

Reumont, Lorenzo Medici<br />

Janssen, An meine Kritiker<br />

Scheihorn, König Dom Pedro v. Portugal<br />

Dahn, die Könige der Germanen<br />

Binder, Pappenheim u. Jan v. Werth (in einem Band)<br />

Binder, Charitas Pirkheimer<br />

Uhi, Künstler-Briefe<br />

Fugger, Kioster Wessobrunn<br />

Schopner, Charakterbilder ausder aug. Geschichte<br />

Humboldt, Reisen in Amerika <strong>und</strong> Asien<br />

Goethe, Philipp Hackert<br />

Vasari, Künstlerbiographien 19. B. (ital.)<br />

Sepp, Josef Görres<br />

Freitag, Die Ahnen, 4 B.<br />

Didon, Jesus Christ 2 B. (franz)<br />

Weiss, P.A.M., Apologie des Christentums 2 B.<br />

Jocham, Bavaria sancta (deutsch) 2 B.<br />

Cervantes, Don Quichote 2 B.


- 200 -<br />

Brunner, Seb., Die Hofschranzen des Dichterfür-<br />

St en<br />

Schödler, Das Buch der Natur<br />

Kneipp, Maine Wasserkur<br />

Meyer, Handlexikon 2 B.<br />

Camoens, Die Lusiaden<br />

Immerinann, Münchhausen 2 B.<br />

Trautmann, Herzog Christoph<br />

Trautmann, Niclas Prugger<br />

Trautmann, Die Glocken von St. Alban<br />

Musäus, MHrchen<br />

Hauff, W. Märchen<br />

Hauff, Lichtenstein<br />

Scheffel, Eckehard<br />

Scheffel, Trompeter von Sackingen<br />

Scheffel, Frau Aventiure<br />

Schiller, Sämtliche Werke 12 B.<br />

Goethe, Säintliche Werke 6 B.<br />

Shakespeare, Sänitliche Werke 4 B (deutsch)<br />

Herder, Sämtliche Werke<br />

Bulver, Sämtliche Werke 25 B.<br />

Washington Irving, Werke<br />

Steub, Das bayr. Hochland<br />

Platen, Werke 5 B.<br />

Sophokles Werke<br />

Riehi, Geschichten aus alter Zeit<br />

Riehi, Aus der Ecke<br />

Lingg, Harm. Gedichte 3 B.<br />

Krempelhuber, Für stille St<strong>und</strong>en<br />

Mühlmann, Deutsch-lateinisches Lexicon 2 B.<br />

Carigiet, Romanisch=deutsches Wörterbuch<br />

Pyrker, Werke 3 B.<br />

Uhiand, Gedichte<br />

Greif, Gedichte<br />

Geibel, Gedichte<br />

Eichendorff, Gedichte<br />

Heyse, Gedichte<br />

Konkel, Otto der Schütz<br />

Longfellow, Poems (engl)


- 201 -<br />

Sturm, Lieder u. Bilder, Gedichte 2 B.<br />

Reinick, Gedichte<br />

Muth, Gedichte ("Waldbluinen")<br />

Hoffnass, Gedichte<br />

Malybrack-Stieler, Gedichte<br />

Hoffnass, Credo<br />

Hoffnass, Fr. v. Montmorency<br />

Schrott, Die Bienen, Gedichte<br />

Schrott, Oswald v. Woikenstein<br />

Maim, Gedichte<br />

Schöpf, Welt u. Fierz, Gedichte<br />

Gervinus, Händels Oratorientexte<br />

Oser, "In bangen St<strong>und</strong>en" Gedichte<br />

Daumer, Frauenbilder u. Huldigungen 3 B.<br />

Kleine Gedichte<br />

Dahn, Harald u. Theano<br />

Freiligrath, Gedichte<br />

Droste-Hülshoff, Gedichte<br />

Weiss, A.M. Lebensweisheit<br />

Tegner, Frithjof-Sage<br />

Wolf, Hausschatz<br />

Forster, Georg, sämtl. Werke<br />

Andersen, Bilderbuch ohne Bilder<br />

Byron, Works (engl.) in einem Band<br />

Wordsworth, Poems (engl)<br />

Scherer, Gedichte<br />

Riehl, Lebensrätsel<br />

Fromme, Minne-Gedi cht e<br />

Monologen -<br />

Polko, Dichtergrüsse<br />

De Aniicis, Constantinopel, (ital.)<br />

Piacci, un furto, (ital.)<br />

Schegg, Pilgerreise<br />

Reischl, Buch der Psalmen<br />

Mesmer, Macbeth ins Deutsche übersetzt<br />

Kobell, Gedichte in oberbayr. M<strong>und</strong>art<br />

Ringseis, E. Erinnerungsblätter<br />

Martini, unovo testamento (ital.)<br />

Wilimers, Lehrbuch der Religion, 5 B.


- 202 -<br />

Massilon, Sermons (franz.)<br />

Walter Scott, Werke, 6 B.<br />

Corneille, chefs doeuvres, 2 B. (franz.)<br />

Tiedge, Werke, 4 B.<br />

Tschindi, Algenwelt<br />

Lenau, Gedichte<br />

Schefer, Laienbrevier<br />

Sdvignd, Madide, Lettres<br />

Scherr, Joh. Schiller <strong>und</strong> seine Zeit<br />

Ohnet, Serge Panin, (franz.)<br />

Ohnet, Comtesse Sarah, (franz.)<br />

Grville, les ormes, (franz.)<br />

Cherbuliez, l'idde de Jean Teterol, (franz.)<br />

Cherbuliez, la béte, (franz.)<br />

Achard, un grand d'Espagne, (franz.)<br />

Clartie, le million, (franz.)<br />

Bodenstedt, Epische Dichtungen<br />

Schlacht, Geographie<br />

Autobiografie (itali.)<br />

Mörike, Gedichte<br />

Mörike, Hutzelmännlein<br />

Dr. Ruprecht, Der Arzt als Hausfre<strong>und</strong><br />

Boch, Das Buch vom ges<strong>und</strong>en u. kranken Menschen,<br />

2 B.<br />

Schafhäutl, Kirchenmusikal. Spaziergang<br />

Maier, Dr. J.J., Die musik. Manuscripte d. k.<br />

Hof- u. Staatsbibliothek<br />

Dickens, Nicolas Nikleby, (engi.)<br />

Trautmann, Hell <strong>und</strong> Dunkel<br />

Trautmann, "Aus dem Burgfrieden"<br />

Trautmann, Hofgarten in MUnchen<br />

Bärmann u. Mier, Handbuch d. span. Conversation<br />

Schreber, Zimmergymnastik<br />

Zinimermann, Selbstbiographie eines alten Malers<br />

Cicero, Tuscul. Disp. (latein)<br />

Naaff, "Von stiller Insel", Gedichte<br />

Voss, Homers Jdysse<br />

JUngst, Conradin der Staufer, ep. Gedichte<br />

Moltke, Max, Neuer deutscher Parnass


- 203 -<br />

Silberstein, Gedichte<br />

Milborn, "Einst, spater, jetzt", Gedichte<br />

Heyse, Skizzenbuch. Gedichte<br />

Perret, Dichtergriisse aus der Fremde<br />

Ringseis, E. Veronika<br />

Cordula Peregrina, "Was das ewige Licht erzählt"<br />

Seidi, F.H. Em bayr. Dichterbuch<br />

Seidl, Immergrun, Gedicht-Sammlung<br />

Muth, Wintergarten, Erzählungen<br />

Trautmann, Heitere Münchner Stadtgeschichten<br />

Weber, Dreizehnlinden<br />

Weber, Gedichte (mit Autograf)<br />

Wallace, Ben Hur, 2 B.<br />

Collins William, Poetical Works (engl.)<br />

Rascher, Gedichte<br />

Diepenbrock, Geistl. Blumenstrauss<br />

Quenzer, Ph. Gedichte<br />

Albrecht, "In sieben Farben", Gedichte<br />

Schrott, Dichtungen (erste)<br />

Adam, Albrecht, Selbstbiographie<br />

Fern, Friedrich der Grosse, 2 B.<br />

Roberts, Excursions en Espagne<br />

Schleich, "Punsch" 10 B.<br />

Silvio Pellino, opere scelti (ital.)<br />

Manzoni, "promessi sposi" (ital.)<br />

Guesti, opere (ital.) 2 B.<br />

Leopardi, opere (ital.) 2 B.<br />

Stelzer, Leben d. hl. Francisca Romana<br />

Ringseis, E. "Der Königin Lied", I.Band, Magnificat<br />

Rheinberger, Gutenberg<br />

Drane, Augusta, Der hi. Dominicus<br />

Lewald, August, Anna<br />

Franceson, spanische Grammatik<br />

Remlein, Nymphenburg<br />

Cannabich, Lehrbuch der Georgraphie<br />

Riehl, kulturgeschichtl. Charakterköpfe<br />

Schricker, Bertha die Spinnerin<br />

Geibel, Münchener Dichterbuch


- 204 -<br />

Ludwig I Gedichte<br />

Naaff, "Der Sonne zu", Gedichte<br />

Fontane, Dichteralbum<br />

Brehrn, Thierleben, 3 B.<br />

Zola, le rave, (franz.)<br />

Ohnet, Lise Fleuron (franz.)<br />

Craven, Le Vaibriant (franz.)<br />

Malot, Raphaelle (franz.)<br />

Meixner, "Atis bewegter Jugendzeit"<br />

La Mara, Musiker<strong>briefe</strong>, 2 B.<br />

Ringseis, E. Neue Gedichte<br />

Weissbrodt, Cäcilia<br />

Rtickert, Liebesfrühling<br />

Börners, Haideblurnen<br />

Westenrieder, Beschreibung des Wtirmsee's<br />

Daudet, Die Unsterblichen<br />

Nussbaum, Leitfaden zur antispt. W<strong>und</strong>behandlung<br />

Reymnond, Das Buch vorn bewussten Herrn Meyer<br />

Mauthner, Nach bewährten Mustern<br />

Wirth u. Muther, Der Cicerone in der ältern Pinako<br />

thek<br />

Nordryck, Gedi cht e<br />

Shakespeare, dram. works (engl.) in 1 B.<br />

v.Sacken, Katechismus der Heraldik<br />

Oser, geistliche Triolette (Gedichte)<br />

Holland, Franz Graf Pocci<br />

Redenbacher, Voiks- u. Jugendschrif ten, dritter B.<br />

Hammer, "Schau in Dich, schau urn Dich" Gedichte<br />

Laudelle, "Rose Printemps" (franz.)<br />

Grdville, Louis Breuil (franz.)<br />

Malot, "Le sang bleu" (franz.)<br />

Daudet, Frornont jeune (franz.)<br />

Daudet, 1'Evangeliste (franz.)<br />

Daudet, Nurna Rasmestan (franz.)<br />

Daudet, Les rois en exil:' (franz.)<br />

Daudet, Le nabat (franz.)<br />

Daudet, Mon frre et moi (franz.)<br />

Ohnet, La grande marnire (franz.)<br />

Ohnet, Le maître de forge (franz.)


- 205 -<br />

Cherbuliez, Olivier Maugant (franz.)<br />

Cherbuliez, La ferme du Chauquart (franz.)<br />

Cherbuliez, mours fragiles (franz.)<br />

Bechstein, Märchenbuch<br />

Manno,Carl, "Kinder des Tages", Lustspiel<br />

Muth, Rosen der Haide, Gedichte<br />

Baehr, Neues Buch der Lieder<br />

Heyse, Die Braut von Cypern<br />

Lingg, Die Walkyren<br />

Forster,Georg, Sämtl. Schriften, 9 B.<br />

Giehrl ,Emmy, KreuzesblUthen<br />

Fesenmayer, Lehrbuch der spanischen Sprache<br />

Noriac,Jules, La falaise (franz.)<br />

Pellico,Silvio, Ii mie prigione (ital.u.franz.)<br />

Alfieri,Vittorio, Satiren (ital.)<br />

Lister,Grandby, A novel (engi.)<br />

Heitemeyer, Deutsche Sagen<br />

Dickens, Oliver Twist (engi.)<br />

Shiffe, The crown of virtue (engi.)<br />

Prescott, The history of Philip II (engi.) 2 B.<br />

Baccini, Prediche da Savonarola (ital.)<br />

Nickel, Das römische Brevier (deutsch) 4 B.<br />

Breviariuin romanun (lateinisch) 4 B.<br />

De Amicis, Un romanzo d'un maestro (ital.)<br />

Loch, Biblia sacra (latein.) 2 B.<br />

Calderon, "W<strong>und</strong>erth. Magus, das laute Geheimniss"<br />

Guëranger, "l'annêe lyturgique" 4 B. (franz.)<br />

Coconnier, "l'ine humaine" (franz.)<br />

Faber "Conferences" (engi.)<br />

Faber, Creator and creature (engl.)<br />

Die Kirchenväter, 78 Bände<br />

Fogazzaro, Ii misters del poeta (ital.)<br />

Paulig, Friedrich Wilhlem II<br />

Feuchtersleben, Diätetik der Seele<br />

Hoffnaass, Psalm Miserere<br />

Calderon, Las comedias (spanisch)<br />

Franceson, Wörterbuch d. span. Sprache, 2 B.


- 206 -<br />

Craven, Georgiana Fallerton (franz.)<br />

Bechstein (Richter) Märchenbuch<br />

Goethe, Reinecke Fuchs (Kaulbach)<br />

Tautphöus, "the initials" (engl.)<br />

Evers, Martin Luther, 7 B.<br />

d'Azeglio, "I miu ricordi" 2 B. (ital.)<br />

Dupré, Ricordi biografici (ital.)<br />

Lowell, "poetical works" (engl.)<br />

Marx, Carl, "Olympia", Tragödie<br />

Vilmar, Literaturgeschichte<br />

Thesaurus spirituales soc. Jesu (latein.)<br />

The seasons, by Thomson (engi.)<br />

Klauser, The Septonate, (engl.)<br />

Die "katholische Bewegung", Zeitschrift, 5 B.<br />

Spemann "Goldenes Buch der Musik"<br />

Schilling, Ailgem. Generalbasslehre<br />

Trautmann, Traum <strong>und</strong> Sage<br />

Mynster, Betrachtungen über d. christl. Glaubenslehre<br />

Luther, Uebersetzung d. hl. Schrift<br />

Ruf, Der Geigenmacher Jakobus Steiner<br />

Schletterer, R. Wagners Buhnenfestspiel<br />

Hosäus, Balladen <strong>und</strong> Elegien<br />

Hosäus, Gedichte<br />

hosäus, Geistliche Dichtungen<br />

J.Grimm, Kleinere Schriften, I. Band<br />

Foa,Eugenie "Les soirees du dimanche" (franz.)<br />

Ringseis,E. Gedichte (1865)<br />

Held, Münchner Reisehandbuch für d. bay. Hochland<br />

Simrock, Rheinsagen<br />

Huhn, Geschichte d. deutschen Literatur<br />

C.M.v.Weber, Reise<strong>briefe</strong><br />

Hasenclever Sophie, Rheinische Lieder<br />

Jocham, Bavaria sancta, 2 B.<br />

Bädecker, Mittelitalien u. Rom<br />

Genlis, Voyages poétiques (franz.)<br />

Bayerisches Nationalmuseum 1868, (Beschreibung)<br />

BHdecker, London (1862)<br />

Bädecker, Oberitalien


- 207 -<br />

Bädecker, Mittelitalien<br />

Höhi, Wanderungen durch Vorarlberg<br />

Henzen,W. Die "Kyphliden", Trauerspiei<br />

Weiss,A.M. Benjamin Herder<br />

Reissmann, C.M.Weber, sein Leben<br />

Fugger,E.v. Kioster Ftirstenfeid<br />

Schuster, Von Lenz zu Herbst, Gedichte<br />

Vosen, Der Katholizismus<br />

Vosen, Das Christenthum<br />

Rintelen, v. Der Voiksschuigesetzentwurf<br />

Görres,I.v. Der hi. Franciscus ais Troubadur<br />

Droste-Htilshof, Das geisti. Jahr u. Dichtungen


I<br />

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ie<br />

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- 208 -<br />

bQ s4i(<br />

l4P 4A<br />

cw J .- - P /1,1 .4$4) ci<br />

S e hn such t<br />

Leiht Dir die Sehnsucht nicht melod'sche Schwingen,<br />

Dass ihr Gesang muss zu der Fernen dringen -<br />

Denkst Du der Zeit, wo ich beim flüsternden Tann<br />

Für Dich allein mein sUssestes Lied ersann?<br />

Ach! so getrennt von Dir <strong>und</strong> so geschieden -<br />

Doch treu Erinnern halt uns Beid' in Frieden<br />

ri<br />

Fanny's letztes Gedicht.<br />

(Handschrift Josef Rheinbergers im "Inspektionsbuch<br />

der k. Musikschule 1890-91" - verkleinert)


ANMERKUNGEN<br />

Die Aninerkungen sind nach Seitenzahien<br />

(S.) <strong>und</strong> Schriftzeilen (Z.)<br />

geordnet. Wiederholungen im Text<br />

bleiben in der Regel unberiicksichtigt.


- 211 -<br />

S. l/Z. 35f: Regierungswechsel in Vaduz = Am 23. September<br />

1884 hatte Carl von In der Maur die Nachfolge<br />

Carl Haus von Hausens als fürstlicher Landesverweser<br />

angetreten.<br />

S. 2/Z.l2: Davidstag = 30. Dezember<br />

Z.17: Ferdinand Hiller = F.v.H. 1811-1885, Pianist<br />

<strong>und</strong> Kornponist, wirkte in Paris, dann als Dingent<br />

in Frankfurt am Main, Leipzig, Düsseldorf<br />

<strong>und</strong> seit 1850 in Köln, wo er die Gürzenich-Konzerte<br />

leitete <strong>und</strong> das Konservatorium zur Blüte<br />

bra chte.<br />

Z.27f: . . .das neue Orgel-Orchester-Concert = Die Uraufführung<br />

des 2. Orgelkonzertes in g-moll,<br />

op. 177, fand am 14.12.1894 unter der Leitung<br />

von Richard Strauss statt. Den Orgelpart spielte<br />

Josef Becht.<br />

Z.31: Vincenz Lachnez = Es scheint eine Verwechslung<br />

zu sein. Da Vinzenz Lachner schon 1893 verstorben<br />

war, handelt es sich vermutlich urn<br />

semen Bruder Ignaz (1807-1895).<br />

S. 3/Z. 8: "Christophorus" = Oratorium für Soli, Chor <strong>und</strong><br />

Orchester, op. 120; Text von Fanny von Hoffnaass.<br />

Z.11: em Nonett = Es-dur, op. 139<br />

Z.12f: mehrere sechsstimmige Motetten = Fünf Hymnen<br />

für vierstimmigen (nicht sechsst.immigen) Chor<br />

mit Orgelbegleitung, op. 140<br />

Z.27: Sursum corda = Empor das Herz (Responsoriurn<br />

zur Einleitung der Präfation in der Messe)<br />

S. 5/Z.37: Kreuth = Wildbad Kreuth, bevorzugter Sommeraufenthalt<br />

des Ehepaares Rheinberger.<br />

S. 7/Z.21.f: Ouvertüre zur "bezährnten Widerspänstigen" =<br />

Ouver tune zu Shakespeares "Záhrnung der Widerspenstigen"<br />

für grosses Orchester, op. 18,<br />

kornponiert 1866 (1. Fassung), 1868 (2. Fassung)<br />

<strong>und</strong> 1872 (endgültige Fassung).<br />

S. 8/Z.12f: Prof. Faisst = Irnanuel Faisst (1823-1894), Organist,<br />

seit 1859 Direktor des Konservatoriums<br />

in Stuttgart, das er rnitbegründet hatte.


- 212 -<br />

S. lO/Z.20f: . . . verhielt sich Rheinberger Bruckner gegenüber<br />

ablehnend. = ". . .Als man Bruckner mitteilte,<br />

dass auch Josef Rheinberger der<br />

Aufführung beigewohnt hatte,erwiderte er:<br />

'Ah, dem wird's wohl not g'fall'n hab'n.' -<br />

An Baron Woizogen aber wurde über den Abend<br />

berichtet: 'An Bruckners Symphonie (in M.) hatten<br />

wir unsere helle Freude. ... Wir waren unter<br />

uns <strong>und</strong> liessen unserer Begeisterung freien<br />

Lauf. Rheinberger blieb auch <strong>und</strong> nickte<br />

mit dem Kopfe. Das ist doch alles MöglicheY'<br />

(Göllerich - Auer "Anton Bruckner", Band IV,<br />

2. Tell, Regensburg 1936, S. 280)<br />

S. ll/Z.11: "Die Rosen von Hildesheim" = op. 143<br />

Z.l6: Robert Kahn = 1865-1951, Komponist, Kompositionslehrer<br />

in Berlin, lebte von 1937 an in<br />

England.<br />

Z.23f: Klarinetten-Quartett = Rheinberger hat kein<br />

Klarinetten-Quartett geschrieben.<br />

Z.24: ToccatainG moll = Toccatina in g-moll,<br />

op. 19.<br />

Z.26: . . . schöne Orgelkonzert = g-moll, op. 177<br />

(vgl. S. 2)<br />

Z.35: Fr. Kiel = Fri edrich Kiel, 1821-1885, Komponist.<br />

Seit 1842 in Berlin, wo er später bis<br />

zu seinem Tode als Professor an der Kgl. Hochschule<br />

wirkte.<br />

S. l4/Z.16: Terra trcnuit = op. 134 Nr. 2 (komp. 1881)<br />

S. l6/Z.12: Wildbad = Wildbad Kreuth<br />

S. 19/Z.31: .. .alles aufs Jubiläum = 500-Jahrfeier der<br />

Universität Heidelberg im Jahre 1886.<br />

S. 20/Z.12: M.G. V. = Männer-Gesang-Verein<br />

S. 24/Z.13: Prof. Baermann = Karl Bä.rmann 1839-1913.<br />

Der in München geborene Pianist (Schüler<br />

von Franz Liszt) wirkte seit 1881 in Boston<br />

(Massachusetts).<br />

S. 25/Z.11: Hr. Stiftsdekan nelch = Anton Gmelch (1821-<br />

1905), 1861-1867 Pfarrer in Balzers (Liechtenstein),<br />

seit 1879 Stiftsdekan in Regensburg.


- 213 -<br />

S. 25/Z. 16: Herrn von Hausen = vgl. S. liz. 35f.<br />

Z. 26: Rheinkalaznität = Obwohl seit Mitte des 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts die Rheinani i egerstaa ten Schwei z,<br />

Qesterreich <strong>und</strong> Liechtenstein grosse Anstrengungen<br />

zur Regulierung des Rheines unternahmen,<br />

bedrohte mi Septanber 1885 em Hochwas-<br />

S. 27/Z. 7:<br />

ser das Rheintal. - Ais Landestechniker war<br />

Rheinbergers Bruder Peter für Liechtenstein<br />

verantwortiich für die Korrektionsarbeiten.<br />

Joachim = Josef Joachim (1831-1907), berühmter<br />

Geiger, seit 1868 Direktor der Kgl. Hochschule<br />

Berlin <strong>und</strong> Senatsmitglied der Akadanie<br />

der Künste.<br />

S 28/Z. 13: "Thai des Espingo" = Baliade für Männerchor<br />

<strong>und</strong> grosses Orchester, op. 50<br />

S. 29/Z. 13: Dorn-Berlin = Heinrich Dorn (1804-1892),<br />

S. 30/Z. 7:<br />

Dirigent, Komponist <strong>und</strong> seit 1849 Nachfoiger<br />

Otto Nicolais an der Hofoper Berlin. Selbstbiographie<br />

"Aus meinen Leben" (1870/79).<br />

Wüllner-Cöin = Franz Wüllner (1832-1902), Pianist<br />

<strong>und</strong> Dirigent, seit 1884 Nachfoiger Ferdinand<br />

Hillers in Köln.<br />

Richard Strauss = Am 11 .1 .1886 schrieb Richard<br />

Strauss (1864-1949) an semen Vater: ". . . Urn je-<br />

S. 3hz. 24:<br />

doch Deine Befürchtungen sogleich zu entkräften:<br />

Das Klavierquartett ist preisgekränt in<br />

Beriin.Zwar habe ich noch keine direkte Nachricht,<br />

doch wurde mir heute die Nachricht aus<br />

dem 'Berliner Börsencourier' überbracht, der jedenfalls<br />

von seinern Korrespondenten Oscar Eichberg,<br />

der Sekretär bei der Preisgeschichte ist,<br />

gut unterrichtet ist. 300 M. <strong>und</strong> unter vier<strong>und</strong>zwanzig<br />

Bewerbern!..." (zit. nach: "RLchard<br />

Strauss - Briefe an die Eltern 1882-1906" hrsg.<br />

von Willi Schuh, Zurich 1954).<br />

Ihr grosses Requiem = Requiem für Sohi, Chor<br />

<strong>und</strong> Orchester, op. 60.<br />

S. 32/Z. 5:<br />

Stabat mater = Stabat mater für Chor, Orgel <strong>und</strong><br />

Streichorchester, op. l38 Uraufführung ani Karfreitag<br />

3.4.1885 in der Allerheiligen-Hofkirche.


- 214 -<br />

S. 33/z. 28 G.V.s = Gesangvereins<br />

S. 34/Z. 28 Julius Kiengel = (1859-1933) Solocellist im<br />

Gewandhausorchester <strong>und</strong> Professor am Konservatorium<br />

in Leipzig.<br />

S. 37/Z. 13: . . .der neunten Orgelsonate = Orgelsonate in<br />

b-moll, op. 142, komp. 1885<br />

S. 39/Z. 2: "wittekind" = Chorballade für Männerchor <strong>und</strong><br />

grosses Orchester, op. 102, komp. 1877, erschien<br />

im selben Jahr bei Rob.Forberg in Leip-<br />

zig.<br />

Z. 8f: Nessler's "Rattenfänger" <strong>und</strong> "Trompeter" =<br />

die Opern "Der Rattenfänger von Hamein" (1879)<br />

<strong>und</strong> "Der Trompeter von Sckingen" (1884) von<br />

Viktor Ernst Nessler (1841-1890)<br />

S. 40/z. 24f: die herrliche Papstmesse in Es = "Cantus missae"<br />

(Messe in Es-dur zu zwei Chören / 8 Stimmen<br />

I, Papst Leo XIII. gewidmet) op. 109<br />

S. 42/Z. 30f: mit der Hand Ihrer hochverehrten Gattin =<br />

Seiner krankheitsbedingten Schwierigkeiten<br />

beim Schreiben begegnete Rheinberger so, dass<br />

er Briefe von seiner Frau schreiben hess <strong>und</strong><br />

selbst nur unterzeichnete.<br />

S. 44/Z. 25ff:Levi = Hermann Levi (1839-1902) u.a. Hofkapellmeister<br />

in Karlsruhe <strong>und</strong> München; hervorragend<br />

als Dirigent der Werke Mozarts <strong>und</strong> Wagners.<br />

S. 45/Z. 13f: "Des Thürmers Töchterlein" = op. 70, komp.<br />

1871/72, Urauffuhrung am 23.4.1873 im Kgl.<br />

Hoftheater München unter Hennann Levi.<br />

S. 47/Z. 8: Curt = Josef Rh.<br />

Z. 36f: der berühmte Musikschriftstehler Ambros =<br />

August Wilhelm Ambros (1816-1876), Neff e<br />

Raphael Georg Kiesewetters, Musikhistoriker,<br />

Kritiker <strong>und</strong> Komponist.<br />

S. 48/Z. 32f: Maison rouge = Rotes Haus (in Vaduz), seit<br />

1807 im Besitz der Famihie Rheinberger<br />

Z. 33: "Drei Schwestern"= Gebirgsstock im Fürstentum<br />

Liechtenstein, hier scherzhaft für die<br />

drei Töchter Peter Rheinbergers.<br />

S. 49/Z. 2: Fritz Rohrer = geb.1848 in Buchs SG, Ohrenarzt<br />

<strong>und</strong> Dichter


- 215 -<br />

S. 52/Z. 11ff: op. 88 = 3. Orgelsonate G-dur<br />

op. 132 = 8. Qrgelsonate e-moll<br />

op. 65 = 2. Orgelsonate (Fantasiesonate)<br />

As-dur<br />

op. 98 = 4. Orgelsonate a-moll<br />

op. 27 = 1. Orgelsonate c-moll<br />

op. 127 = 7. Orgelsonate f-moll<br />

S. 57/Z. 18: Masescha = kleiner Weiler oberhaib von Triesenberg<br />

(Liechtenstein), 1240 m ü.M.<br />

S. 59/Z. 20: em neues Buch = Dr. Karl Emil von Schafhäutl<br />

"Abt Georg Joseph Vogler / Sein Leben, Charakter<br />

<strong>und</strong> musikalisches System - seine Werke,<br />

seine Schule, Bilcinisse &C." Augsburg 1888<br />

(sic.')<br />

S. 6hz. 21: Gernsheim = Fri edrich Gernsheim (1839-1916)<br />

Pianist <strong>und</strong> Komponist<br />

S. 64/Z. 8: das berühmte Clavier-Quartett = Quartett in<br />

Es-dur für Pianoforte, Violine, Bra tsche <strong>und</strong><br />

Violoncello, op. 38, komponiert 1870<br />

S. 65/Z. 37: Thuille = Ludwig Thuille (1861-1907), Schüler<br />

von Rheinberger, später dessen Nachfolger an<br />

der Kgl. Bayerischen Akademie der Tonkunst.<br />

Schrieb die Opern "Theuerdank" <strong>und</strong> "Lobetanz ",<br />

Orchester- <strong>und</strong> Kammeimusik, Lieder, Werke für<br />

Klavier <strong>und</strong> Orgel u.a.<br />

S. 66/Z. 16: J.Rheinberger's Konzert = 1. Orgelkonzert<br />

op. 137, komponiert 1884<br />

S. 67/Z. 38: Herr Bärmann = Karl Bärmann (1839-1913),<br />

Münchner Pianist, Schüler von Franz Liszt,<br />

lebte seit 1881 in Boston.<br />

S. 68/z. 12ff: Petzitt (recte: Petzet?), Hamer, Whiting,<br />

Parker = Schüler Rheinbergers<br />

S. 7hz. 29: Ihrem As-dur Konzerte = Konzert für Pianoforte<br />

<strong>und</strong> Orchester in As-dur, op. 94, komponiert<br />

1876<br />

S. 75/z. 12: Schriftsteller Franz Trautmann = (1815-1887),<br />

Hofrat, Dichter <strong>und</strong> Schriftsteller; schrieb<br />

hauptsächhich Erzählungen, deren Stoffe der<br />

älteren Geschichte Bayerns, vor allem Münchens,<br />

entnommen sind.


- 216 -<br />

S. 75/Z. 21: Veteranenheft = unbekannt<br />

S. 80/Z. 4: Ihres Hrn. Sohnes = Eduard Stehle<br />

Z. 13: opus 151 = Messe in G-dur für vierstimrnigen<br />

Chor a cappella ("Missa St.Crucis")<br />

Z. 15: des Chorwächters = "Der Chorwächter" Organ der<br />

schweizerischen Cäcilien-Vereine (seit 1876);<br />

ab 1960: "Katholische Kirchenmusik".<br />

Z. 18: Selmar Bagge = (1 823-1896), Musikschriftsteller,<br />

Kritiker <strong>und</strong> Komponist, seit 1868 Direktor<br />

der Musikschule in Basel.<br />

S. 8hZ. 1: "Urania" = Musikzeitschrift für Orgelbau <strong>und</strong><br />

Orgelspiel... (seit 1844)<br />

S. 82/Z. 24: "Chorgesang" = "Der Chorgesang" Zeitschrift<br />

für die gesam ten Interessen der Sangeskunst<br />

mit besonderer Berücksichtigung der gemischten<br />

Chore, Manner- <strong>und</strong> Frauen-Gesangvereine<br />

(seit 1885)<br />

S. 83/Z. 11: Ihrer w<strong>und</strong>erbar schOnen "Elf en" = Em Werk<br />

dieses Titels scheint bei Rheinberger nicht<br />

auf. Es kOnnte sich urn "Murnrnelsee" op. 95<br />

Nr. 1 aus "Zwei Gesänge für vierstimmigen gemischten<br />

Chor <strong>und</strong> Pianoforte" handeln.<br />

Z. 25f: am 17. = 17.3.1888 (49. Geburtstag Rh's.)<br />

S. 86/Z. 7: Besprechung der Rheinberger'schen Messe =<br />

Messe in G-dur, op. 151, in: "Der Chorwächter"<br />

St. Gallen 1888, 13. Jg., 5. 44.<br />

Z. 28f: eine neue 3stirnmige Frauenmesse = Messe in<br />

Es-dur, op. 155, für dreistirnrnigen Frauenchor<br />

<strong>und</strong> Orgel, komponiert in Band Kreuth<br />

<strong>und</strong> Starnberg 1888.<br />

S. 87/Z. 28: Franz Xaver Witt = (1834-1888), Priester,<br />

Gründer des "Cäcilienvereins" zur Reinigung<br />

der katholischen Kirchenmusik (1867), Herausgeber<br />

der "Fliegenden Blätter für katholische<br />

Kirchenmusik" u.a.m<br />

S. 92/Z. 11: eine neue passacaglia für Orchester = instrumentale<br />

Fassung der Passacaglia aus der 8. Orgelsonate<br />

in e-moll, op.. 132.<br />

Z. 28f: an Beethovens Geburtstage = 17.12.1 770. -<br />

Gesichert ist nur der Tauftag.


S. 93/Z. 26:<br />

Z. 28:<br />

S. 94/Z. 29:<br />

Z. 35f:<br />

S. 95/Z. 29:<br />

S. 97/Z. 28f:<br />

S. 100/Z. 18:<br />

Z. 26:<br />

S. 103/z. 12:<br />

Z. 13:<br />

Z. 15:<br />

S. 108/Z. 16:<br />

- 217 -<br />

Messe für 3 Frauenstimmen = S. S. 86/Z. 28f.<br />

Musica sacra = von Franz Witt begründete "Monatsschrift<br />

für Hebung <strong>und</strong> Förderung der kathol.<br />

Kircheninusik". Seit 1889 war F.X.Haberl<br />

Herausgeber.<br />

den Wallenstein = Sinfonisches Tongemälde<br />

op. 10<br />

grosse Kiavierfuge = Praeludium <strong>und</strong> Fuge zum<br />

Concertvortrag für Pianoforte, h-moll/H-dur,<br />

op. 33<br />

allein zu stehen = Franz von Holstein war am<br />

22.5.1878 in Leipzig gestorben.<br />

einige Kompositionen Viadana 's = "Vier Cantiones<br />

selectae" aus den "Cento concerti<br />

ecclesiastici" von Ludovico Viadana, von Rheinberger<br />

mit Orgelbegleitung versehen (WOO 100)<br />

erschienen als 8. Musikbeilage in "Musica<br />

sacra" XXII. .7g. 1889.<br />

unter dem neuen Régime = Am 13.6.1886 war König<br />

Ludwig II. unter mysteriösen Urns tänden<br />

im Starnberger-See ertrunken. Er hatte kaum<br />

rnehr an liturgischen Feierlichkeiten, die offiziellen<br />

Charakter trugen, teilgenommen.<br />

Die änderte sich wieder tinter Prinzregent<br />

Luitpold.<br />

"Uniformdienste" = Bei offiziellen Hofdiensten<br />

hatte Rheinberger eine Unifonn zu tragen.<br />

der neue Hofkaplan am 22.4.1888 hatte Wilhelm<br />

Wösle (1858-1908) aus Isny die Stelle<br />

eines Hofkaplans in Vaduz angetreten.<br />

div. Arrangements Ihres Ave Maria = "Ave Maria"<br />

op. 171 Nr. 1 für Sopran (oder Tenor)<br />

oder Alt (oder Bariton) je mit Orgel- oder<br />

Klavierbegl eitung.<br />

p. Xbd. = per Kreuzband ( = Drucksache)<br />

Ihrer Messe op. 159 = Messe in f-moll für<br />

vierstinvnigen gem. Chor <strong>und</strong> Orgel, komp. 1889<br />

Hermine od. Olga (od. Emma) = Tdchter von<br />

Rheinbergers Bruder Peter.


- 218 -<br />

S. 109/Z. 19: die ehrwürdige Ruine meines einstigen Ciaviers<br />

= Rheinbergers erstes Kiavier, em<br />

Z. 34:<br />

St ehfl ügei "Leschen, k. k. Hof -Fortepiano -<br />

Verfertiger in Wien (Ca. 1825), befindet<br />

sich nun in der Rheinberger-Stiftung Vaduz.<br />

Rheinberger-Erinnerungen zu sammein = Tatsächlich<br />

sarnmeite die Farnilie in Vaduz schon<br />

früher alles Wichtige, das mit Josef oder<br />

anderen Famiiienangehärigen zusammenhing in<br />

einem Famiiienarchiv.<br />

S. 11hZ. 20: in den Gottesdienst von Maier = Julius Joseph<br />

Maier, Rheinbergers ehe'naliger Lehrer<br />

<strong>und</strong> Konservator der Musikabteilung an der<br />

Kgl. Bibhiothek in München,war am 21 .11.1889<br />

gestorben.<br />

S. 112/Z. 33: seinem vertrauten Schulfre<strong>und</strong>e Victor Scheffel<br />

= (1826-1 886), romantisierender Dichter<br />

<strong>und</strong> Verfasser des Romans "Ekkehard", hatte<br />

die Rechte studiert <strong>und</strong> sich<br />

seiner Dichtkunst gewidmet.<br />

später vöhlig<br />

S. 117/Z. 25: 13. Orgelsonate = Es-dur, op. 161, komponiert<br />

1889<br />

Z. 28f: es-moli-Sonate = 6. Orgelsonate op. 119<br />

S. h18/Z. 8: Franz Lachner = t 20.1 .1890<br />

S. l20/Z. 29: wird zunächst für Schaan am nützhichsten<br />

sein = In der Nachbargemeinde von Vaduz<br />

hatte man 1888 begonnen, eine neue Pfarrkirche<br />

zu bauen (Einweihung 1893).<br />

Z. 34: . . .der Fürst em Jagdschloss baue = "Wie wir<br />

vernehmen, lässt Se. Durchlaucht unser regierender<br />

Landesfürst Johannes II. auf dem Schiosse<br />

in der Nähe des kleinen Weiher in diesem<br />

Jahre noch em Jagdschloss erbauen. Die Steinbrecharbeiten<br />

hiezu soilen schon im Akkordwege<br />

vergeben sein. ("Liecht. Volksbiatt" 28.2.1890)<br />

Das Schlösschen wurde 1894/95 vollendet.<br />

Z. 37f: em so hübsches Urtheil = "Liechtensteiner<br />

Volksblatt" Nr. 9 / 28.2.1890: "ZUM KAPITEL<br />

VOLKSBILDUNG (Eingesendet) - In einem klei-


- 219 -<br />

nen abgelegenen Dorfe unseres Fürstenthums<br />

lebt em junger Schuster, der neben seiner<br />

harten Tagesarbeit, womit er sich <strong>und</strong> seine<br />

Eltern nährt, keine andere Erholung übt, als<br />

gute Lektüre. Mit weichem Eifer er liest, mögen<br />

folgende Rezensionen beweisen, die ibm<br />

als Belege für sein Verständniss des Gelesenen<br />

abverlangt wurden. ... Noch besser drückt<br />

er sein Verständniss <strong>und</strong> die durch die Lektüre<br />

geweckte Begeisterung aus in seiner Rezension<br />

über: 'Josef Hayde (sic!), von Seeburg'.<br />

'Die Laufbahn eines Genie's, gewaltig<br />

an Schaffenskraft, von der Picke auf gedient,<br />

h<strong>und</strong>ert Hemmnisse überwindend, abwehrend,<br />

hochstrebend, <strong>und</strong> in seinem Fluge das Höchste<br />

erreichend, obgleich vom Schicksale feindsehg<br />

mit Bleigewichten belastet, hungernd,<br />

ringend, selten anerkannt - diese Laufbahn<br />

in ihrer wechselvollen Gestaltung als Lebensbud<br />

darzustellen, diese Aufgabe hat Franz<br />

von Seeburg treffhich gelöst. Wie sanfte Musik<br />

khingt diese Sprache, weich <strong>und</strong> biegsam,<br />

<strong>und</strong> doch so you Kraft <strong>und</strong> Geha1t you Geist<br />

khingend wie die Symphonien des Helden, in<br />

den weichen Tönen unserer Muttersprache. Und<br />

die tiefe Religiosität <strong>und</strong> Lebensweisheit,<br />

anspruchslos, aber you der schönen Gedanken,<br />

weiche die verschiedenen Seelenstimmungen<br />

schildern, an denen das Gemälde so reich ist.<br />

Die Charaktere aus der Zeit der grossen Maria<br />

Theresia, mit gewandtem Stift entworfen, repräsentiren<br />

den Zopf, <strong>und</strong> erhöhen das Interesse<br />

für den ausserordenthichen Mann, dessen<br />

gewaltiges Talent unter soichen Marionetten<br />

sich entfaltete. Jahre meines Lebens gäbe<br />

ich darum, besässe ich die Macht, so zu einer<br />

Welt von Lesern zu reden <strong>und</strong> zu schreiben.<br />

' - Diese Styiproben beweisen, dass dieser<br />

junge Mann hiest urn zu lernen <strong>und</strong> sich


- 220 -<br />

zu bilden, <strong>und</strong>, weil er keine andere als die<br />

Schule <strong>seines</strong> Heimatdorfes <strong>und</strong> nie die 'Fremde'<br />

besucht, dass die Volksschule unseres<br />

Landes sehr gut gepflegt <strong>und</strong> geleitet wird.<br />

Mögen nur auch Andere die Pfarrbibliotheken<br />

fleissig suchen <strong>und</strong> benutzen wie dieser Schuster,<br />

denn eine soiche Lektüre passt für jeden<br />

Leisten."<br />

S. 122/Z. 15f: Franz Kroll <strong>und</strong> Hans Bischoff = Franz Kroll<br />

(1820-1877) war u.a. Herausgeber von Band<br />

XIV (Des Wohltemperierte Klavier I + II)<br />

der Gesarntausgabe der Bachgesellschaft.<br />

Hans Bischoff (1852-1889) publizierte eine<br />

kritische Ausgabe der Kiavierwerke Johann<br />

Sebastian Bachs bei Steingräber.<br />

S. 123/Z. 9:<br />

S. 124/Z. 19f:<br />

S. 127/Z. 19:<br />

S. 13hz. 27:<br />

Z. 33:<br />

Schwester Maxentia = Rheinbergers Schwester<br />

Johanna (Hanni) war Generaloberin im Kioster<br />

der Barmherzigen Schwestern in Zams (Tirol).<br />

Ihrer Monologe "Zwölf Orgelstücke" = "Monologe"<br />

Zwölf Stücke für die Orgel, op. 162,<br />

komponiert 1890, erschicnen im selben Jahr<br />

gleichzeitig bei O.Forberg, Leipzig, <strong>und</strong><br />

Novello in London.<br />

Niels Gade = Niels Wilhelm Gade (1817-1890),<br />

dänischer Komponist. Rheinberger schrieb die<br />

12. der "24 Fughetten strengen Stils" für<br />

Orgel, op. 123, über des Theme GADE.<br />

Dein liebes, herziges Quintett = Quintett<br />

für zwei Violinen, Violoncello <strong>und</strong> pianoforte,<br />

C-dur, op. 114, komponiert 1878.<br />

Die bearbeiteten Mozart'schen Variationen =<br />

Nachdem Rheinberger 1.883 schon Bachs "Goldberg-Variationefl"<br />

für zwei Klaviere bearbeitet<br />

hatte, gab er 1890 W.A.Mozarts (Zw5lf)<br />

Klavier-VariatiOflefl in B-dur (KtY 500) für<br />

den Konzertvortrag frei bearbeitet in gleicher<br />

Besetzung heraus (WoO 5).<br />

S. l34/Z. 8: Ihre Orgelstücke op. 19 "Zwölf Tonstücke"<br />

für Orgel


S. 135/Z. 24:<br />

S. 136/Z. 1:<br />

S. 139/Z. 4:<br />

S. 140/Z. 2:<br />

S. 145/Z. 13f:<br />

Z. 23:<br />

S. 146/Z. 11:<br />

S. 148/Z. 3f:<br />

Z. 7:<br />

- 221 -<br />

des Chop'schen Werkes = M.Chop (Pseudonym<br />

M.Charles) "Josef Rheinberger" in: "Zeitgenässische<br />

Tondichter", 2. Band, S. 113 -<br />

127. Leipzig 1888<br />

Felix Dräseke = (1835-1913)Komponist <strong>und</strong><br />

Lehrer für Kanposition (u.a. em Jahr an<br />

der Kgl. Musikschule in München)<br />

"König Erich" = Ballade für gemischten Chor<br />

<strong>und</strong> Kiavierbegleitung, op. 71, Text von<br />

Robert Reinick. Komponiert 1873.<br />

Das Graduale = Graduale in F-dur "Tu es<br />

Deus" für gem. Chor a cappella (WoO 68).<br />

Das Manuskript in der Bayer. Staatsbibliothek<br />

München trägt den Vezrnerk: "Herrn Kapelim.<br />

Th. Kretschmann zum Abdruck f. d.<br />

Gradualienbuch des Kirchenmusikver. a. d.<br />

Votivkirche zu Wien."<br />

.. .fast bede,nken, sie janand zu widmen<br />

Tatsächlich trägt die Messe in C-dur für<br />

Soli, Chor <strong>und</strong> Orchester, op. 169, keine<br />

Widmung.<br />

. . .legen Sie von Ihrer Instrumental -Messe<br />

eine neue Partitur an = Die Tatsache, dass<br />

die Autographseiten 7 - 10 (Mbs 4639 in<br />

der Bayer. Staatsbibhiothek München) in<br />

anderer Weise als die übrigen Blätter paginiert<br />

<strong>und</strong> nachträghich in die Partitur<br />

eingeklebt worden sind, scheint auf eine<br />

Umarbeitung zumindest dieses Teiles hinzudeuten.<br />

(Vgl. Innen "Thematisches Verzeichnis<br />

der musikalischen Werke Gabriel<br />

Josef Rheinbergers" Regensburg 1974, 5. 406,<br />

<strong>und</strong> ders. "Gabriel Josef Rheinberger als<br />

Antipode des Cäcilianismus" Regensburg 1970,<br />

S. 168ff.)<br />

Mozart-Variationen = vgl. S. 13hz. 33.<br />

"Drei Schwestern" = S. 48/Z. 33.<br />

zum herannahenden Namensfeste = 19. März<br />

Nr. 15 = 15. Orgelsonate D-dur, op. 165,<br />

erschien 1892 bei Rob.Forberg, Leipzig.


- 222 -<br />

S. 148/Z. lOf: op. 10 = Walienstein-Sinfonie<br />

op. 18 = Ouvertüre "Zähmung der Widerspenstigen"<br />

op. 79 = Fantasie (für Orchester)<br />

op. 87 = Sinfonie F-dur ("Florentiner")<br />

op. 94 = Klavierkonzert As-dur<br />

op.i.39= Nonett<br />

op. 89 = Streichquartett c-moll<br />

op.i47 = Streichquartett F-dur<br />

Z. 21f: op. 41 = "Zeiten <strong>und</strong> Stimmungen" 7 Lieder<br />

op. 55 = "Liebesleben" Liederzyklus<br />

op.136 = "Aus verborgenem Thai" Liederzykius<br />

op.l57 = Sechs reiigiöse Gesänge<br />

op. 4 = Fünf Lieder<br />

Z. 25:<br />

op. 22 = Vier Gesänge<br />

op. 26 = Sieben Lieder<br />

op. 57 = "Wache Träume" 7 Lieder u. Gesänge<br />

op.l28 = Vier eiegische Gesä.nge<br />

Kiaviersonate op. 99 = 2. Klaviersonate in<br />

Des-dur, komponiert 1876<br />

Z. 26f: Von den Marianischen Hymnen = Sechs Marianische<br />

Hymnen für 1, 2 oder 3 Frauenstimmen<br />

mit Orgel (oder Kiavier), op. 171<br />

S. 149/Z. hf: Ihres letzten Werkes = vermuthich die Messe<br />

in C-dur, op. 169<br />

S. 150/Z. 6: Sevelen = Dorf auf der Vaduz gegenüberliegenden<br />

Schweizer Seite des Rheins. - Am 25. März<br />

1892 brannten nachmittags 38 Wohnhäuser, die<br />

Kirche <strong>und</strong> 38 Scheunen <strong>und</strong> Ställe bei heftigem<br />

Föhn nieder.<br />

S. 15hZ. 9: Unser "Montfort" = op. 145, s.S. 17 <strong>und</strong><br />

Anhang<br />

S. 152/Z. 19: Suite op. 149 = Suite für Orgel, Violine,<br />

Violoncello <strong>und</strong> Streichorchester (ad lib.)<br />

S. 153/Z. 23: "Ave regina" = op. 171 Nr. 6 für 3 Frauenstimmen<br />

<strong>und</strong> Orgel<br />

S. 182/Z. 11: 2. Sinfonie = Sinfonie F-dur, op. 87 ("Florentiner<br />

")<br />

Z. 20: Ouvertüre zu Calderon = "Die unheilbringen-


- 223 -<br />

de Krone" op. 30 (Schauspielmusik)<br />

S. 182/Z. 29: Wallenstein = Wallenstein-Sinfonje, op. 10<br />

Z. 32: sein Demetrius = Ouvertüre zu Schillers<br />

"Deiietrius", op. 110<br />

+.,,......

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