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Kein Geld? - GEW

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Erziehung<br />

undWissenschaft<br />

Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft <strong>GEW</strong> 10/2010<br />

Anders leben<br />

Ganztag<br />

Raum für mehr<br />

Anders arbeiten


GASTKOMMENTAR<br />

Eltern wollen den Ganztag<br />

Während in den Köpfen vieler Deutscher<br />

die Schule auch 2010 noch als Halbtagsschule<br />

fest verankert ist, kennen unsere europäischen<br />

Nachbarn Schule überwiegend<br />

als ganztägig organisierte Institution. Bis<br />

vor etwa acht Jahren waren die Ganztagsschulen<br />

in Deutschland mehr oder weniger<br />

bestaunte Exoten. Heute ist das anders.<br />

PISA-Schock und das Investitionsprogramm<br />

Zukunft, Bildung und Betreuung<br />

(IZBB, s. Seite 19) der letzten rot-grünen<br />

Bundesregierung haben die Bildungslandschaft<br />

verändert. Wirtschaft und Politik, eine<br />

neue Elterngeneration, die Familie, Beruf<br />

und Karriere besser vereinbaren will,<br />

machten Druck, Ganztagsschulen<br />

flächendeckend<br />

einzuführen. Der quantitative<br />

Ausbau des Ganztags<br />

legte so in den vergangenen<br />

Jahren ein imponierendes<br />

Tempo vor. Heute<br />

stehen im Schnitt der Bundesländer<br />

für ein knappes<br />

Viertel der Schülerinnen<br />

und Schüler Ganztagsangebote<br />

bereit. Der tatsächliche<br />

Bedarf an Ganztagsplätzen<br />

ist nach allgemei-<br />

ner Einschätzung aber wesentlich<br />

höher.<br />

In der Lehrerschaft und in<br />

Rolf Richter<br />

pädagogischen Fachkreisen registriert man<br />

zudem eine Renaissance reformpädagogischer<br />

Ideen, die ganztägig arbeitende<br />

Schulen mit ihrem größeren Zeitbudget<br />

eher verwirklichen können. Auch die finanziellen<br />

Anreize des Bulmahn-Programmes<br />

IZBB motivierten zahlreiche Schulen, die<br />

eigene Einrichtung in eine ganztägige umzuwandeln.<br />

Dies geschah häufig genug –<br />

trotz widriger Rahmenbedingungen – mit<br />

viel Elan und kreativem Engagement. Die<br />

Landesregierungen legten – ergänzend<br />

zum IZBB – eigene Programme auf. Doch<br />

bei der Umsetzung stießen sie auf große<br />

Hindernisse. Erstaunt stellte man fest, dass<br />

es mit der zeitlichen Ausdehnung eines<br />

Schultages nicht getan war. Überspitzt gesagt:<br />

Allein die Addition der Suppenausgabe,<br />

Hausaufgabenstunde und einiger Arbeitsgemeinschaften<br />

ergab noch keine<br />

Ganztagsschule!<br />

Aus der Verantwortung für die Kinder rückte<br />

die pädagogische Qualität des Ganztags in<br />

den Fokus öffentlichen Interesses. Unter-<br />

2 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

richt, individuelle Förderung und professionelles<br />

Konzept unterrichtlicher und außerunterrichtlicher<br />

Zeit (Rhythmisierung) sollten<br />

in einer Institution, in der die Kinder täglich<br />

mehr als sieben Zeitstunden verbringen,<br />

auch höheren Ansprüchen an Professionalität<br />

genügen. Denn: Eltern wollen, dass<br />

man ihre Kinder mehr und besser individuell<br />

fördert. Die Schulen machten bislang nicht<br />

nur aus Unkenntnis zu wenig Gebrauch von<br />

der Chance, das „Mehr an Zeit und Raum“<br />

flexibler zu handhaben. Ebenso vergaß man<br />

in den Ministerien und Ämtern, nötige Veränderungen<br />

des pädagogischen Berufsbildes<br />

anzustoßen sowie Möglichkeiten zu<br />

schaffen, den Arbeitsplatz von<br />

Lehrkräften sowie Schülerinnen<br />

und Schülern neu zu gestalten.<br />

Anders arbeiten, anders<br />

lernen ist vielerorts noch<br />

Utopie. Auch die G8-Schulen<br />

als quasi „Zwangsganztagsschulen“<br />

sind im Grunde ein<br />

Etikettenschwindel. Damit ist<br />

allerdings noch nicht das<br />

ganze Spektrum pädagogischer<br />

Ansprüche an Ganztagsschulen<br />

umrissen.<br />

Es mangelt im Ganztagsbetrieb<br />

häufig am alles entscheidenden<br />

Faktor Personal.<br />

Doch den Kommunen und den<br />

Ländern fehlt nicht nur das <strong>Geld</strong>. Sondern<br />

häufig auch die Einsicht in den Wert wirklicher<br />

Professionalität. Noch immer wird zu<br />

sehr auf die Kooperation mit Vereinen und<br />

auf freiwillige, ehrenamtliche oder gering<br />

honorierte Mitarbeit – also die Billiglohnvariante<br />

– gesetzt. Unsere Kinder sind aber<br />

ein zu kostbares „Kapital“, um sie auf diese<br />

Weise „abzuspeisen“. Deshalb ist es Zeit,<br />

dass Politik den Ganztag finanziell besser<br />

ausstattet. Und damit zeigt, dass sie zusätzliche<br />

pädagogische Fachkräfte nicht<br />

nur als notwendig ansieht, sondern diese<br />

auch wertschätzt.<br />

Trotz der Mängel: Der Trend und die Motivation<br />

Pro-Ganztagsschule sind ungebrochen.<br />

Mütter und Väter wollen den Ganztag.<br />

Die politisch Verantwortlichen kommen<br />

deshalb nicht umhin, weitere Reformen<br />

umzusetzen und dafür auch das <strong>Geld</strong><br />

bereitzustellen.<br />

Rolf Richter, stellvertretender<br />

Bundesvorsitzender<br />

des Ganztagsschulverbandes GGT e.V.<br />

Foto: Privat<br />

Prämie<br />

des Monats<br />

Seite 5<br />

Mitmachen bringt Genuss und „frischen<br />

Wind“ in die Bildungsgewerkschaft.<br />

Sie werben im Oktober ein neues<br />

Mitglied und erhalten das Weinset<br />

„Frischer Wind“ mit drei Flaschen<br />

Wein aus Frankreich.<br />

Impressum<br />

Erziehung und Wissenschaft<br />

Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung · 62. Jg.<br />

Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

im Deutschen Gewerkschaftsbund.<br />

Vorsitzender: Ulrich Thöne.<br />

Redaktion: Ulf Rödde (verantwortlich),<br />

Helga Haas-Rietschel.<br />

Redaktionsassistenz: Renate Körner.<br />

Postanschrift der Redaktion:<br />

Reifenberger Straße 21, 60489 Frankfurt a. M.,<br />

Telefon (0 69) 7 89 73-0, Telefax (0 69) 7 89 73-202.<br />

Internet: www.gew.de<br />

Redaktionsschluss ist der 10. eines jeden Monats.<br />

Erziehung und Wissenschaft erscheint elfmal jährlich, jeweils<br />

am 5. des Monats mit Ausnahme der Sommerferien.<br />

Gestaltung: Werbeagentur Zimmermann,<br />

Heddernheimer Landstraße 144, 60439 Frankfurt<br />

Druck: apm AG, Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadt.<br />

Für die Mitglieder ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag<br />

enthalten. Für Nichtmitglieder beträgt der Bezugspreis<br />

jährlich Euro 7,20 zuzüglich Euro 11,30 Zustellgebühr inkl.<br />

MwSt. Für die Mitglieder der Landesverbände Bayern,<br />

Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Rheinland-Pfalz, Saar, Sachsen, Schleswig-Holstein und<br />

Thüringen werden die jeweiligen Landeszeitungen der<br />

E&W beigelegt. Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />

und Rezensionsexemplare wird keine Verantwortung<br />

übernommen. Die mit dem Namen des Verfassers gekennzeichneten<br />

Beiträge stellen nicht unbedingt die<br />

Meinung der Redaktion oder des Herausgebers dar.<br />

Verlag mit Anzeigenabteilung: Stamm Verlag GmbH,<br />

Goldammerweg 16, 45134 Essen,<br />

Verantwortlich für Anzeigen: Mathias Müller,<br />

Tel. (0201) 84300-0,Telefax (0201) 472590,<br />

anzeigen@stamm.de; www.erziehungundwissenschaft.de,<br />

gültige Anzeigenpreisliste Nr. 37 vom 1. 1. 2009,<br />

Anzeigenschluss ca. am 5. des Vormonats.<br />

E&W wird auf chlorfrei<br />

gebleichtem Papier gedruckt.<br />

ISSN 0342-0671


„Bei uns lernt man mehr als Mathe und Deutsch“ –acht<br />

Porträts geben Auskunft über den etwas anderen Alltag im<br />

schulischen Ganztagsbetrieb. Ein bunter Flickenteppich<br />

enthüllt sich beim Blick in die Länder. Viele (Halbtags-)<br />

Schulen haben sich auf den Weg gemacht und in Richtung<br />

Lern- und Lebensort verändert. Erkennbar aber auch: Das<br />

fehlende <strong>Geld</strong> bremst überall Innovationen. Fest steht: Die<br />

Chancen, die der Ganztag bietet, sind noch lange nicht ausgeschöpft.<br />

Schwerpunkt Ganztag. Seite6ff.<br />

Gastkommentar<br />

Eltern wollen den Ganztag Seite 2<br />

Impressum Seite 2<br />

Auf einen Blick Seite 4<br />

Titel: Ganztag<br />

1. „Bei uns lernen Kinder mehr als Mathe und Deutsch“ Seite 6<br />

2. „. . . im Sinne der Erfinderin?“ Seite 12<br />

3. Offen oder gebunden: ein Kessel Buntes Seite 16<br />

4. Interview mit Johannes Jung, Rheinland-Pfalz:<br />

„Den Mittelweg gewählt“ Seite 18<br />

5. Interview mit Ute Sauer, Hessen:<br />

„Wir wollen mitbestimmen“ Seite 19<br />

6. NRW: Angebot „light“ Seite 20<br />

7. Den ganzen Raum füllen Seite 22<br />

8. Langer Atem: „ABC der Ganztagsschule“ Seite 24<br />

Weiterbildung<br />

Interview mit Ernst Dieter Rossmann:<br />

„Dafür müssen wir kämpfen“ Seite 25<br />

Bildungspolitik<br />

1. OECD-Bildungsbericht: Politik duckt sich weg Seite 26<br />

2. <strong>GEW</strong>-Kommentar: Kürzungspolitik ist schädlich Seite 27<br />

Fotos: Kay Herschelmann<br />

„Die Schwächsten brauchen die besten Lehrkräfte“,<br />

sagt Bildungsforscher Jürgen Baumert<br />

im E&W-Interview. Zehn Jahre nach dem PISA-<br />

Schock zieht der kürzlich emeritierte Direktor<br />

des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung<br />

Berlin Bilanz. Der „PISA-Papst“ stellt fest: „Bildungsarmut<br />

wurde die größte bildungspolitische<br />

Herausforderung. Hier liegt heute noch der<br />

größte Handlungsbedarf.“ Seite28ff.<br />

3. Interview mit Jürgen Baumert:<br />

„Die Schwächsten brauchen die besten Lehrkräfte“ Seite 28<br />

4. Öffentlicher Dienst im Saarland: Testlauf Seite 30<br />

5. Interview mit Bildungsminister Klaus Kessler:<br />

„<strong>Kein</strong>e Unterstützung“ Seite 31<br />

6. Multikulturelles Lehrerzimmer: noch ein weiter Weg Seite 35<br />

7. Vorsicht: Finanzminister schreibt mit Seite 36<br />

Hochschule<br />

1. <strong>GEW</strong>-Konferenz „Traumjob Wissenschaft?“ Seite 32<br />

2. Bewerberlage an den Unis: dezentrales Chaos Seite 34<br />

<strong>GEW</strong>-Intern<br />

1. DGB-Herbstaktion: „Deutschland in Schieflage“ Seite 38<br />

2. Mitgliederservice Seite 40<br />

Recht und Rechtsschutz Seite 39<br />

Leserforum Seite 43<br />

Nachruf: Carl-Heinz Evers Seite 44<br />

Diesmal Seite 48<br />

Titel: Kay Herschelmann/Werbeagentur Zimmermann<br />

Foto: dpa<br />

Auf ein Wort ...<br />

Die <strong>GEW</strong> hat im vergangenen<br />

Jahr per Saldo über 6000 Mitglieder<br />

gewonnen. Auch 2010<br />

hat sich die positive Entwicklung<br />

fortgesetzt. Vor allem<br />

während der Tarifauseinandersetzungen<br />

sind viele Kolleginnen<br />

und Kollegen in die Bildungsgewerkschafteingetreten.<br />

Damit geben wir uns aber<br />

nicht zufrieden. Die Verhandlungen<br />

über die Länderentgeltordnung<br />

(L-ego) für Lehrkräfte,<br />

aber auch das Engagement für<br />

ein inklusives Bildungssystem<br />

erfordern eine starke <strong>GEW</strong>.<br />

Denn wir wollen diese Auseinandersetzungen<br />

gewinnen!<br />

Dafür brauchen wir Ihre, Deine<br />

Unterstützung. In den nächsten<br />

Monaten werden jeder Ausgabe<br />

der „Erziehung und Wissenschaft“<br />

zwei Flugblätter der Serie<br />

„Auf ein Wort, liebe Kollegin,<br />

lieber Kollege“ beigeheftet.<br />

Wir bitten alle Leserinnen<br />

und Leser, die Blätter herauszutrennen<br />

und über die Inhalte<br />

das persönliche Gespräch mit<br />

Kolleginnen und Kollegen am<br />

Arbeitsplatz oder im Bekanntenkreis<br />

zu suchen und diese<br />

für eine Mitgliedschaft in der<br />

<strong>GEW</strong> zu gewinnen.<br />

Herzlichen Dank für Ihre,<br />

Deine Unterstützung!<br />

Ulf Rödde, Redaktionsleiter der<br />

„Erziehung und Wissenschaft“<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 3


Foto: <strong>GEW</strong> Thüringen<br />

AUF EINEN BLICK<br />

Foto: <strong>GEW</strong> NRW Torsten Wolf<br />

Andreas<br />

Meyer-Lauber<br />

Torsten Wolf übernimmt den <strong>GEW</strong>-Vorsitz<br />

in Thüringen<br />

Der 42-jährige Torsten Wolf ist zum neuen Vorsitzenden der<br />

<strong>GEW</strong> in Thüringen gewählt worden. In der Landesvertreterversammlung<br />

wählten ihn 70,1 Prozent der Delegierten zum<br />

Nachfolger von Jürgen Röhreich, der nach zwölf Jahren an der<br />

Spitze des Landesverbandes nicht wieder zur Wahl angetreten<br />

war. Wolf, ausgebildeter Instandhaltungsmechaniker, hat auf<br />

dem zweiten Bildungsweg Abitur gemacht und studierte Politik,<br />

Wirtschaftswissenschaften und neuere Geschichte in Jena.<br />

Wolf war seit 2003 Gewerkschaftssekretär in der DGB-Region<br />

Ost-Thüringen.<br />

Andreas Meyer-Lauber neuer DGB-Chef<br />

in NRW<br />

Nordrhein-Westfalen (NRW) hat einen neuen DGB-Vorsitzenden.<br />

Auf einer außerordentlichen Bezirkskonferenz wählten<br />

die Delegierten den bisherigen NRW-Chef der <strong>GEW</strong>,<br />

Andreas Meyer-Lauber, zum Nachfolger von Guntram Schneider.<br />

Schneider war im Juni als Arbeitsminister in das Kabinett<br />

von Hannelore Kraft (SPD) gewechselt. Für den neuen Vorsitzenden<br />

Meyer-Lauber stimmten 79 Prozent der Delegierten.<br />

Seit 2004 war der ehemalige Gesamtschullehrer <strong>GEW</strong>-Chef in<br />

NRW. Erst in diesem Jahr war er zum zweiten Mal als Vorsitzender<br />

bestätigt worden.<br />

Weltlehrertag:<br />

mehr Lehrkräfte für bessere Bildung<br />

Anlässlich des Weltlehrertages am 5. Oktober fordert <strong>GEW</strong>-<br />

Vorsitzender Ulrich Thöne mehr <strong>Geld</strong> für Bildung in der Entwicklungszusammenarbeit:<br />

„Die Bundesregierung muss ihr<br />

Versprechen wahr machen und die Mittel für<br />

Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens<br />

(BNE) anheben.“ Um<br />

die Armut in den Entwicklungsländern wirksam<br />

zu bekämpfen, bedürfe es erheblich mehr<br />

und besser ausgebildeter Lehrkräfte. Zwei Millionen<br />

zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer<br />

werden nach Angaben der UNESCO allein in<br />

den Grundschulen der armen Länder benötigt,<br />

wenn das Millenniumsziel „Recht auf<br />

Grundbildung für alle“ verwirklicht werden<br />

soll. „In vielen Ländern herrscht akuter Lehrermangel“,<br />

so Thöne, der auch Vorstandsmitglied<br />

der Bildungsinternationale (BI) ist. „In<br />

Afrika müssen Lehrkräfte bis zu neunzig<br />

Schüler in einer Klasse unterrichten.“ Unter<br />

solchen Bedingungen sei kein Unterricht<br />

möglich.<br />

Enttäuschung über BAföG-Streit<br />

Die Fortsetzung des Streits zwischen Bund und Ländern über<br />

die BAföG-Erhöhung hat scharfe Kritik und Enttäuschung<br />

ausgelöst. „BAföG-Empfängerinnen und -Empfänger werden<br />

weiter in der Warteschleife geparkt, während Bund und Länder<br />

das umstrittene Deutschland-Stipendium noch vor der<br />

Sommerpause im Handumdrehen auf den Weg gebracht haben“,<br />

kritisierte <strong>GEW</strong>-Hochschulexperte Andreas Keller mit<br />

4 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

Blick auf die Vertagung der BAföG-Entscheidung im Vermittlungsausschuss<br />

Ende September. Keller warnte davor, dass die<br />

BAföG-Erhöhung beim föderalen Machtpoker auf der Strecke<br />

bleibe. Nur das BAföG ermögliche vielen jungen Menschen<br />

aus einkommensschwachen Familien den Schritt zur Hochschule.<br />

Keller machte aber auch deutlich: „Die von der Bundesregierung<br />

eingeplante Erhöhung der BAföG-Fördersätze<br />

um zwei Prozent und der Freibeträge um drei Prozent decken<br />

bei Weitem nicht die gestiegenen Lebenshaltungskosten.“<br />

Scharfe Kritik zum BAföG-Streit kam auch vom Deutschen<br />

Studentenwerk (DSW): „Das BAföG ist zum Spielball im Finanzgeschacher<br />

zwischen Bund und Ländern geworden“, unterstrich<br />

DSW-Präsident Rolf Dobischat. Der Bundesrat hatte<br />

noch vor der Sommerpause die geplante BAföG-Erhöhung<br />

wegen der Kosten gestoppt. Die Länder, berichtet die Deutsche<br />

Presse-Agentur (dpa), rechneten mit jährlichen Mehrkosten<br />

zwischen 140 und 170 Millionen Euro. Sie verlangten, dass<br />

der Bund die BAföG-Erhöhung allein stemmen solle. Bisher<br />

hatten sich Bund und Länder die Kosten geteilt.<br />

Bundeswehrausbildung:<br />

NS-Pressechef als Quellengeber<br />

Wenn ein führender NS-Propagandist posthum als Quellengeber<br />

für die „einsatznahe Ausbildung“ von Bundeswehrsoldaten<br />

offensichtlich bis in die Gegenwart hinein verwendet<br />

wurde, ist das ein Skandal: Quellen des ehemaligen Pressechefs<br />

im NS-Außenministerium Paul Karl Schmidt, der nach<br />

dem Krieg als Bestsellerautor „Paul Carell“ die Wehrmacht im<br />

Zweiten Weltkrieg verherrlichte, sind bis vor Kurzem Bestandteil<br />

der offiziellen Ausbildungsschrift „Einsatznah ausbilden.<br />

Hilfen für den Gefechtsdienst“ gewesen. Auf eine von <strong>GEW</strong>-<br />

Mitglied Wigbert Benz initiierte Nachfrage des verteidigungspolitischen<br />

Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion Rainer Arnold<br />

im Mai 2010 antwortete das Bundesverteidigungsministerium,<br />

die Ausbildungsschrift werde derzeit „nicht mehr genutzt“<br />

bzw. „für eine Neuausgabe überarbeitet“.<br />

Weiterführende Informationen: Wigbert Benz: „Einsatznah<br />

ausbilden“ mit Paul Karl Schmidt alias Paul Carell, Pressechef<br />

im Nazi-Außenministerium. In: Forum Pazifismus. Nr. 26,<br />

Heft 2/2010, S. 13-15 oder: http://wigbertbenz.wordpress.com/<br />

2010/07/30/paul-carell-als-quellengeber-der-bundeswehr/ und augur.blog.volksfreund.de/tag/zitat<br />

Kranken- und Arbeitslosenversicherung<br />

werden teurer<br />

Mehr netto vom brutto – war da was? Auch 2011 steigen die<br />

Sozialabgaben der Arbeitnehmer. Zwar sinkt 2011 wegen der<br />

Krise erstmals seit 1949 die Beitragsbemessungsgrenze (BBG)<br />

zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) um 450 auf<br />

3712,50 Euro/Monat (44550 Euro/Jahr). Trotzdem wird die<br />

GKV 2011 wegen des von 7,9 auf 8,2 Prozent steigenden Arbeitnehmeranteils<br />

teurer. Für Einkommen oberhalb der BBG<br />

macht das fast 100 Euro im Jahr aus. Hinzu kommen nach den<br />

Plänen der Bundesregierung ggf. kassenindividuelle Zusatzbeiträge<br />

(„kleine Kopfpauschale“), die die Kassen erheben<br />

können, wenn sie finanzielle Probleme haben. Der Arbeitnehmeranteil<br />

zur Arbeitslosenversicherung steigt 2011 von 1,4 auf<br />

1,5 Prozent. Hier wie auch in der Rentenversicherung wird die<br />

BBG im Westen unverändert 66 000 Euro/Jahr bzw. 5500 Euro/Monat<br />

betragen. Im Osten steigt sie um 150 Euro auf 4800<br />

Euro/Monat (57600 Euro/Jahr).


#<br />

Bitte in Druckschrift ausfüllen.<br />

Ihre Daten sind entsprechend den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes geschützt.<br />

Antrag auf<br />

Mitgliedschaft<br />

Vorname/Name<br />

Straße/Nr.<br />

Land/PLZ/Ort<br />

Mitmachen lohnt sich...<br />

...für jedes neu geworbene <strong>GEW</strong>-Mitglied erwartet Sie einWeinset.<br />

Geburtsdatum/Nationalität<br />

Bisher gewerkschaftlich organisiert bei von bis (Monat/Jahr)<br />

Telefon Fax<br />

Jedes Mitglied der <strong>GEW</strong> ist verpflichtet, den satzungsgemäßen Beitrag zu entrichten und seine Zahlungen<br />

daraufhin regelmäßig zu überprüfen. Mit meiner Unterschrift auf diesem Antrag erkenne ich die<br />

Satzung der <strong>GEW</strong> an und ermächtige die <strong>GEW</strong> zugleich widerruflich, den von mir zu leistenden Mitgliedsbeitrag<br />

vierteljährlich von meinem Konto abzubuchen. Prämienberechtigt sind <strong>GEW</strong>-Mitglieder,<br />

die ein beitragzahlendes Mitglied werben. Der Landesverband Niedersachsen<br />

nimmt nicht an diesem Programm teil.<br />

Ort/Datum Unterschrift<br />

Daten desWerbers<br />

Ich habe die oben genannte Person als neues <strong>GEW</strong>-Mitglied geworben.<br />

Vorname/Name<br />

Straße/Nr.<br />

PLZ/Ort<br />

Ihr Mitgliedsbeitrag:<br />

- BeamtInnen zahlen 0,75 Prozent der Besoldungsgruppe und -stufe, nach der sie besoldet werden.<br />

- Angestellte zahlen 0,7 Prozent der Entgeltgruppe und Stufe, nach der vergütet wird.<br />

- Der Mindestbeitrag beträgt immer 0,6 Prozent der untersten Stufe der Entgeltgruppe 1 des TVöD.<br />

- Arbeitslose zahlen ein Drittel des Mindestbeitrages.<br />

- Studierende zahlen einen Festbetrag von 2,50 Euro.<br />

- Mitglieder im Referendariat oder Praktikum zahlen einen Festbetrag von 4 Euro.<br />

- Mitglieder im Ruhestand zahlen 0,66 Prozent ihrer Ruhestandsbezüge.<br />

Weitere Informationen sind der Beitragsordnung zu entnehmen.<br />

E-Mail<br />

Berufsbezeichnung/-ziel beschäftigt seit Fachgruppe<br />

Name/Ort der Bank<br />

Kontonummer BLZ<br />

Tarif-/Besoldungsgebiet<br />

Tarif-/Besoldungsgruppe Stufe seit<br />

Bruttoeinkommen € monatlich (falls nicht öffentlicher Dienst)<br />

Betrieb/Dienststelle/Schule Träger des Betriebes/der Dienststelle/der Schule<br />

Straße/Nr.des Betriebes/der Dienststelle/der Schule PLZ/Ort<br />

<strong>GEW</strong>-Landesverband<br />

Telefon Fax<br />

E-Mail<br />

Prämie des<br />

Monats Oktober<br />

Das Weinset „FrischerWind“<br />

mit drei FlaschenWein aus Frankreich<br />

E+W-Prämie des<br />

Monats Oktober 2010/<br />

Weinset<br />

Beschäftigungsverhältnis<br />

Honorarkraft<br />

angestellt<br />

beamtet<br />

teilzeitbeschäftigt mit<br />

Prozent<br />

teilzeitbeschäftigt mit<br />

Std./Woche<br />

in Rente/pensioniert<br />

Altersteilzeit<br />

befristet bis<br />

arbeitslos<br />

beurlaubt ohne Bezüge<br />

im Studium<br />

in Elternzeit<br />

Referendariat/<br />

Berufspraktikum<br />

Sonstiges<br />

Bitte den Antrag<br />

vollständig ausfüllen<br />

und an folgende<br />

Adresse senden:<br />

Gewerkschaft<br />

Erziehung undWissenschaft<br />

Reifenberger Straße 21<br />

60489 Frankfurt a.M.<br />

Fax:069/78973-102<br />

Vielen Dank!<br />

Ihre <strong>GEW</strong>


GANZTAG<br />

„Bei uns lernen Kinder me<br />

Ganztag: der ganz normale Alltag – acht Auskünfte<br />

Andreas Wozny, Koch<br />

Während die meisten Schulen gerade mit dem Ganztagsbetrieb experimentieren, hat<br />

die Integrierte Gesamtschule (IGS) Roderbruch in Hannover fast vierzig Jahre Erfahrung<br />

mit dem Konzept. Gegründet in den 1970er-Jahren als reformpädagogisches Projekt<br />

des gemeinsamen Lernens und Lebens, unabhängig von Leistung, sozialem Hintergrund<br />

oder der Behinderung von Menschen, war der Schulbesuch bis in den Nachmittag<br />

von Anfang an Programm. E&W hat sich unter den Akteuren vor Ort umgeschaut<br />

– und vom Schulleiter bis zum Hausmeister gefragt: Wie ist der Alltag an der<br />

Ganztagsschule? Ein Kaleidoskop.<br />

„Na, schmeckt’s?“<br />

Andreas Wozny, 40, Koch<br />

13.30 Uhr. Milchreis, Currytortellini<br />

und Chicken Nuggets dampfen in den<br />

Bottichen der Essensausgabe. Küchenchef<br />

Andreas Wozny schlendert die<br />

langen Tischreihen entlang. „Na,<br />

6 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

schmeckt´s?“. Das blondgelockte<br />

Mädchen nickt, schnappt sich die<br />

Schüssel und holt einen Nachschlag für<br />

ihre Klasse.<br />

800 Essen am Tag – als Küchenchef<br />

Wozny vor acht Jahren die Mensa übernahm,<br />

waren es 30. Wie er das geschafft<br />

hat? „Ganz einfach.“ Es wird frisch ge-<br />

Bernd Steinkamp, Schulleiter<br />

kocht, die Kids können die Beilagen ad<br />

hoc wählen, Fertigsaucen sind tabu, eine<br />

Salatbar ist Standard. Nach dem Essen<br />

wird mit grünen, gelben und roten<br />

Holzstäbchen abgestimmt: Lecker, geht<br />

so, nicht gut. Liegen zehn Prozent rote<br />

Stäbchen in der Wahlschüssel, wird im<br />

Essensausschuss der Schule darüber diskutiert.<br />

Schließlich ist gemeinsam essen<br />

Teil des pädagogischen Programms, der<br />

Mensabesuch bis Klasse sechs Pflicht.<br />

Natürlich sitzen die Pädagogen mit am<br />

Tisch.<br />

Klingt gut, wäre da nicht das Dauerthema<br />

Finanzierung. Bei 2,80 Euro plus 30<br />

Cent Zuschuss von der Stadt muss<br />

Wozny rasiermesserscharf kalkulieren.<br />

Die Stadt finanziert nur eine Ausgabeküche.<br />

„Ein Unding“, sagt Wozny.<br />

Das Gejammer von der Fastfoodgesellschaft<br />

macht ihn sauer. „Wenn wir den


GANZTAG<br />

hr als Mathe und Deutsch“<br />

Kindern nicht mal gutes und kostenloses<br />

Schulessen bieten, müssen wir uns<br />

doch nicht wundern.“<br />

„Flickschusterei“<br />

Bernd Steinkamp, 61,<br />

Schulleiter<br />

Ganztagsschule? Bernd Steinkamp lacht.<br />

Als junger Lehrer war das für ihn „eine<br />

substanzielle Erfahrung“. „Das gab es ja<br />

sonst kaum.“ Heute ist es für den Schulleiter<br />

der IGS Roderbruch „eine Selbstverständlichkeit“.<br />

Statt dicht gedrängter<br />

Vormittage ein rhythmisch durchkomponierter<br />

Schulalltag. Arbeits- und Freizeitphasen<br />

sind eng verwoben, die Beziehungen<br />

zwischen Schülerinnen, Schülern<br />

und Lehrenden sehr persönlich, der<br />

Austausch im Kollegium intensiv.<br />

Barbara Woiwode, Sozialpädagogin<br />

„Schüler und Lehrkräfte haben ein viel<br />

umfassenderes Bild voneinander, weil sie<br />

sich nicht nur im Fachunterricht erleben,<br />

sondern auch beim Mittagessen, beim<br />

Fußball oder in der Theater AG.“<br />

300 zusätzliche Lehrerstunden braucht<br />

Steinkamp, damit das Ganztagskonzept<br />

aufgeht. Umso mehr bereitet es ihm<br />

Kopfzerbrechen, dass Niedersachsen in<br />

den vergangenen vier Jahren die Mittel<br />

dafür um etwa ein Viertel gekürzt hat.<br />

Stattdessen gibt es einen bescheidenen<br />

Honorartopf für Externe. Da bleiben<br />

nur „Flickschustern“ und „Abstriche<br />

machen“. Wenn er z.B. einen pensionierten<br />

Physiker für einen Astronomiekurs<br />

„einkauft“, mag der „zwar fachlich<br />

toll sein“, sei aber „kaum pädagogisch<br />

geschult“. Steinkamp seufzt ein wenig.<br />

Natürlich ärgert ihn das. Nicht nur für<br />

Alleinerziehende und Kinder aus Mi-<br />

grantenfamilien sei der Ganztagsbetrieb<br />

enorm wichtig. „Wir sind so etwas wie eine<br />

zweite Heimat, die Kinder ins Leben<br />

begleitet“, sagt er. „Bei uns lernen sie<br />

viel mehr als Mathe und Deutsch: Sozialkompetenz,<br />

Selbstständigkeit und<br />

Selbstbewusstsein.“<br />

„Ein wichtiges<br />

Scharnier“<br />

Barbara Woiwode, 56,<br />

Sozialpädagogin<br />

Leise weinend steht die Schülerin vor der<br />

Tür im ersten Stock des Freizeitbereichs.<br />

„Kann ich dich bitte mal sprechen?“ Bar-<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 7<br />

Fotos: Kay Herschelmann


GANZTAG<br />

Diana Gos, Schülerin Florian Grams, Vater<br />

bara Woiwode legt den Arm um das<br />

Mädchen. „Geh schon mal rein, ich<br />

komme gleich.“ Seit dreißig Jahren ist<br />

Woiwode eine „feste Größe“ an der IGS<br />

Roderbruch. Wenn Schüler nicht weiter<br />

wissen oder es kracht zwischen Klassenkameraden,<br />

wenn es Probleme mit Lehrern<br />

gibt oder die Sorgen zu Hause Kinder<br />

bis in den Schulalltag verfolgen,<br />

heißt es: „Geh doch mal zu Barbara.“<br />

Die Sozialpädagogin vernetzt Beratungs-<br />

und Förderlehrkräfte, den therapeutischen<br />

Dienst, die Kolleginnen und<br />

Kollegen im Freizeitbereich, stellt Kontakte<br />

zu Anlaufstellen außerhalb her.<br />

„Sozialpädagogen sind hier ein wichti-<br />

IGS Roderbruch<br />

8 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

ges Scharnier“, sagt Woiwode. Sie gestalten<br />

„Schule als Lebensraum“, damit sich<br />

die Heranwachsenden wohl fühlen. Sie<br />

bieten ihnen einen Schutzraum, damit<br />

sie Konflikte und Probleme in diesem<br />

langen Alltag bewältigen lernen. „Im<br />

Ganztagsbetrieb haben wir mehr Möglichkeiten,<br />

Kinder zu erreichen – und<br />

umgekehrt.“<br />

Woiwode freut sich heute noch wie am<br />

ersten Tag, wenn das gelingt. Wie vergangene<br />

Woche, als zwei Jungs im<br />

Clinch lagen. Gute Freunde, die sich<br />

dennoch immer wieder massiv in die<br />

Haare bekommen. Können sie mit auf<br />

Klassenreise? Woiwode holte Schüler,<br />

Die Integrierte Gesamtschule Roderbruch wurde 1973 gegründet, die Integration<br />

körperbehinderter Schüler gehörte von Anfang an zum Konzept. 1900 Schülerinnen<br />

und Schüler können von der ersten bis zur 13. Klasse die Schule besuchen,<br />

etwa hundert Schüler machen jährlich Abitur. Ungefähr ein Viertel der<br />

Kinder und Jugendlichen kommt aus Migrantenfamilien.<br />

Der Ganztagsunterricht ist Programm. Dreimal die Woche ist die Schule bis 16<br />

Uhr geöffnet, Dienstag und Freitag ist um 13.30 Uhr Schluss. Danach gibt es ein<br />

Angebot jahrgangsübergreifender Arbeitsgemeinschaften (Musical- oder Zirkusgruppen<br />

beispielsweise). 170 Lehrkräfte, fünf Sozialpädagogen, drei Mitarbeiter<br />

im therapeutischen Dienst, zwei Schulassistenten, ein Zivildienstleistender, fünf<br />

Sekretärinnen und zwei Hausmeister gehören zum Team.<br />

Lehrer und Eltern an einen Tisch. „Ich<br />

kann Dinge auf emotionaler Ebene thematisieren,<br />

ohne dass sich die Beteiligten<br />

stigmatisiert fühlen“, sagt Woiwode.<br />

„Wenn wir dann gemeinsam eine Lösung<br />

finden, ist es ein richtig tolles Gefühl.“<br />

„Man wächst intensiv<br />

zusammen“<br />

Diana Gos, 15, Schülerin<br />

Die skeptischen Fragen der Nachbarskinder<br />

begleiten Diana Gos seit der ersten<br />

Klasse: „Was? Bis vier Uhr in der Schule?<br />

Ist das nicht blöd?“ Die 15-Jährige schüttelt<br />

den Kopf. „Ist gar nicht blöd.“ Für<br />

Diana Gos ist es normal. Große Pause.<br />

Im Freizeitraum ist es erstaunlich ruhig,<br />

Teppich dämpft das Gemurmel. Wenn<br />

Diana Gos Ruhe braucht, kommt sie gern<br />

hierher. „Natürlich ist es manchmal anstrengend,<br />

so lange in der Schule zu sein,<br />

aber dafür habe ich keine Hausaufgaben<br />

und kann zu Hause richtig abschalten.“<br />

Und „es gibt AGs wie Theater, Rudern<br />

oder Klettern“. Zweimal die Woche ist<br />

ohnehin um halb zwei Schluss. Diana<br />

Gos hat die Entscheidung ihrer Eltern<br />

nie bereut. „Ich fand das aufregend.“<br />

Wie groß hier alles war, wie viele Kinder<br />

es gab. Heute noch entdeckt sie immer


wieder neue Gesichter und genießt doch<br />

die vielen vertrauten, die sie seit zehn<br />

Jahren begleiten. „Man wächst unheimlich<br />

intensiv zusammen.“ Selbstständig<br />

müsse man allerdings sein. Auch wenn<br />

Lehrer hier mehr seien als Wissensvermittler:<br />

Vertraute, aber doch immer Respektspersonen.<br />

„All das finde ich gut.“<br />

In drei Jahren möchte Diana Gos Abi<br />

machen. Nicht nur deshalb engagiert sie<br />

sich beim Volksbegehren zum Erhalt der<br />

IGS. „Ich würde auch meine eigenen<br />

Kinder hierherschicken.“<br />

„Mitgestalten<br />

gehört dazu“<br />

Florian Grams, 36, Vater,<br />

Mitglied im Elternbeirat<br />

Die Zeit in der Kiezschule war für Florian<br />

Grams’ Tochter schlimm. Der Druck,<br />

die angespannte Lernatmosphäre. Jeden<br />

Abend, nach Schule und Hort, Hausaufgaben<br />

unter Tränen. „Es war entsetzlich<br />

anzusehen, wie unser Kind den<br />

Spaß am Lernen verlor.“ Nach zwei Jahren<br />

entschieden die Eltern: Jetzt ist<br />

Schluss. Wir schicken unsere Tochter<br />

auf die Ganztagsschule, auch wenn sie<br />

so weit entfernt liegt. Grams ist Elternbeirat<br />

und erzählt gerne von „seiner“<br />

Björn Rohloff, Lehrer<br />

Schule. Hier hat er 1994 selbst Abi gemacht.<br />

Er mag das Ganztagsschulkonzept,<br />

weil es „viel mehr Möglichkeiten<br />

bietet, die Lebenswelten von Behinderten<br />

und Nichtbehinderten zu verbinden“.<br />

Ihn überzeugen die Kontinuität<br />

von Klasse eins bis 13, die teamorientierte<br />

Lerngemeinschaft, die Auseinandersetzung<br />

auf Augenhöhe zwischen Pädagogen<br />

und Schülern.<br />

„Und wir als Eltern können Job und Familie<br />

viel besser verbinden.“ Grams arbeitet<br />

für eine Abgeordnete, seine Frau<br />

ist Schulsozialarbeiterin. „Wir haben<br />

von acht bis 16 Uhr fixe Zeit für die Arbeit<br />

und danach richtig Feierabend als<br />

Familie.“<br />

Natürlich gebe es einiges zu verbessern.<br />

Die Mensa sei immer mal wieder Zankapfel,<br />

Spiel- und Arbeitsräume im Freizeitbereich<br />

könnten klarer getrennt<br />

sein. Deshalb engagiert er sich im Schulelternrat.<br />

„Mitgestalten gehört eben dazu.“<br />

„Unterm Strich –<br />

eine Entlastung“<br />

Björn Rohloff, 37, Lehrer,<br />

Deutsch, Musik, Religion<br />

In der Früh tankt Björn Rohloff Kraft.<br />

„Auf dem schönsten Schulweg der<br />

Welt“ radelt er durch Wald und Wiesen<br />

zehn Kilometer zur IGS Roderbruch.<br />

Das kann er brauchen, denn sein Arbeitstag<br />

ist lang. Wenn der 37-Jährige gegen<br />

17, 18 Uhr den Heimweg antritt, hat<br />

er zehn Stunden in den Knochen. „Komischerweise<br />

ist das gar nicht so anstrengend.“<br />

Unterricht, Stillarbeit, Spielen,<br />

Mittagessen, Fortbildung, Stundenvorbereitung,<br />

Jahrgangsstufenplanung<br />

wechseln sich angenehm ab. Jede Lehrkraft<br />

hat in der Schule einen eigenen Arbeitsplatz<br />

mit Internetzugang. Was<br />

trotzdem liegen bleibt, erledigt Rohloff<br />

am Samstag zu Hause.<br />

Zurück an die Halbtagsschule? Niemals.<br />

„In der Promotion habe ich mich mit<br />

Reformpädagogik beschäftigt. Mir wurde<br />

klar: Eine Schule, die Plattform für eine<br />

pädagogische Ideenlandschaft sein<br />

will, funktioniert nicht an einem Vormittag“,<br />

sagt Rohloff. „Man braucht<br />

Zeit, um sich in die Schüler hineinzudenken.“<br />

Als Mitte 2009 eine Stelle als<br />

Jahrgangsstufenleiter frei wurde, griff er<br />

zu. Heute entwickelt Rohloff begeistert<br />

das Konzept für kooperatives Lernen<br />

GANZTAG<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 9


GANZTAG<br />

Michael Klattenburg, Akbar Yavari, Hausmeister<br />

weiter, das an der IGS Prinzip ist. Er<br />

schätzt die enge Zusammenarbeit mit<br />

den Kollegen, den ständigen Austausch<br />

über die Entwicklung der Schüler, auch<br />

wenn es ihm manchmal „fast ein bisschen<br />

zu viel wird“. Auch an das „Du“<br />

zwischen Lehrern und Schülern hat er<br />

sich gewöhnt, „die Kinder wagen mehr<br />

sie selbst zu sein und wir können uns<br />

nicht hinter der Distanz des ‚Sie‘<br />

zurückziehen.“ Sicher, wenn Absprachen<br />

platzen, sich Fehlstunden ballen<br />

oder Projektarbeit in den Himmel<br />

wächst, ist der lange Tag hart. „Aber unter<br />

dem Strich ist die Ganztagsschule für<br />

mich eine Entlastung.“<br />

„Täglich Glühbirnen<br />

austauschen“<br />

Akbar Yavari, 45, und Michael<br />

Klattenburg, 46, Hausmeister<br />

Ihre Aufgabenliste ist so lang, dass sie mit<br />

dem Abhaken nicht hinterherkommen.<br />

Heute haben Akbar Yavari und Michael<br />

Klattenburg schon zwei Türen repariert,<br />

ein Schloss erneuert, eine neue Behindertentoilette<br />

installiert. Im Büro stapelt<br />

sich Verwaltungskram. Nachher sind<br />

noch die Vorhänge in der Studiobühne<br />

zu richten, Stühle zu reparieren.<br />

Yavari, der Heizungsbauer, und Klatten-<br />

10 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

Caren Wente, Sekretärin<br />

burg, der Kfz-Mechaniker, sind das Öl<br />

im Getriebe der IGS Roderbruch. „Jeden<br />

Tag tauschen wir Dutzende Glühbirnen<br />

aus, füllen Klopapier nach, machen<br />

den Schulhof sauber, reparieren<br />

klemmende Türen und hakende Fenster“,<br />

sagen Yavari und Klattenburg. Sie<br />

sorgen für freie Fluchtwege, halten<br />

Sportanlagen in Schuss, sind Sanitäter,<br />

Sicherheitsbeauftragte und Schlüsselwart<br />

in einem. Sie sind da, wenn Lehrer<br />

Unterstützung für ein Projekt brauchen<br />

oder Schüler ihren Fahrradschlüssel verloren<br />

haben. Sie wohnen auf dem<br />

Gelände, sind erste Ansprechpartner für<br />

Polizei und Feuerwehr. Und es gibt ja<br />

auch noch Mensa, Kulturtreff, Bücherei,<br />

Kindergarten und Hort auf dem<br />

Gelände. Yavari: „Manchmal kommen<br />

wir uns vor wie Fluglotsen, die ständig<br />

ihre Prioritätenkärtchen neu sortieren.“<br />

„Dicht getaktet<br />

klingelt das Telefon“<br />

Caren Wente, 57, Sekretärin<br />

Morgens um sieben, wenn Caren Wente in<br />

die Schule kommt, hallen ihre Schritte<br />

weit in den Gängen. Im Sekretariat loggt<br />

sich Wente in die Stechuhr auf dem städtischen<br />

Server ein, schließt die Schränke<br />

mit den blauen Ordnern auf und bereitet<br />

die Schule auf den Tag vor: Sind alle<br />

Schüssel da? Ist die Unterschriftenmappe<br />

vollständig? Sind Papier- und Folienausgaben<br />

gefüllt? Um 7.30 Uhr ist es mit der<br />

kleinen Ruhe vorbei.<br />

Wente ist der administrative Außenposten<br />

der Schule. Zuständig für Personalia,<br />

Kasse, Schlüsselausgabe. Sie nimmt<br />

Krankmeldungen entgegen, organisiert<br />

die Termine des Schulleiters, ist Ansprechpartnerin,<br />

wenn es irgendwo<br />

hakt. Im dichten Takt klingelt das Telefon,<br />

oft sind es Eltern, die mit dem Direktor<br />

sprechen wollen. „Vielen muss<br />

ich erstmal erklären, dass wir für jeden<br />

Bereich einen Leiter haben.“ Sie hat vier<br />

Kolleginnen, „anders geht es nicht in einem<br />

Riesenladen wie unserem“.<br />

Es klopft. Zwei Siebtklässler möchten<br />

die Schlüssel für den Medienraum. Tür<br />

auf, Tür zu, gut dreißig mal die Stunde<br />

geht das so. „Macht nichts“, sagt Wente.<br />

„Ich mag den Kontakt mit jungen Menschen,<br />

das lockere, nette Klima.“ Auch<br />

wenn der Lärmpegel manchmal anstrengend<br />

sei. Arbeiten, für die sie Ruhe<br />

braucht, erledigt sie deshalb am Nachmittag.<br />

„Da habe ich Ruhe genug.“<br />

Anja Dilk, freie Journalistin


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10/2010 Erziehung und Wissenschaft 11


Foto: Kay Herschelmann<br />

GANZTAG<br />

„... im Sinne<br />

der Erfinderin?“<br />

12 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

Föderaler Flickenteppich: Quantität und Qualität der Angebote<br />

Deutschlands Schüler lernen ganztägig<br />

– mit diesem Anspruch startete die rotgrüne<br />

Bundesregierung 2003 das Investitionsprogramm<br />

„Zukunft Bildung<br />

und Betreuung“ (IZBB). Vor einem<br />

Jahr lief das Programm aus. Entstanden<br />

sind beeindruckende Beispiele<br />

neuen Lernens, doch auch ein bunter<br />

föderaler Flickenteppich, wie ein Blick<br />

nach Berlin, Rheinland-Pfalz, Baden-<br />

Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern<br />

und Sachsen-Anhalt zeigt.<br />

Rainer Belusa und Joachim<br />

Paul haben einiges gemeinsam.<br />

Beide sind Schulleiter,<br />

beide überzeugte Anhänger<br />

der Ganztagsschule. „Und<br />

zwar der richtigen“, wie<br />

Paul betont. Einer Schule, die sich nicht<br />

nur auf ein warmes Mittagessen und<br />

nachmittägliche Hausaufgaben- und<br />

Freizeitbetreuung der Schülerinnen und<br />

Schüler beschränkt, sondern den Kindern<br />

Platz zum Lernen auch nach 13<br />

Uhr lässt; mit Projektunterricht, Schüler-Arbeitsgruppen,Entspannungspha-<br />

Rolle rückwärts: Die<br />

Kronach-Grundschule<br />

in Berlin-Lichterfelde<br />

hat sich vom Ganztagsbetrieb<br />

wieder<br />

verabschiedet. Grund:<br />

fehlendes pädagogisches<br />

Personal.<br />

sen, die mit intensiven Lernzeiten abwechseln.<br />

Beide Schulleiter sind vor Jahren mit<br />

viel Elan und Unterstützung durch<br />

Lehrkräfte und Eltern in das Abenteuer<br />

Ganztagsschule gestartet, doch damit<br />

enden schon die Gemeinsamkeiten:<br />

Während an Pauls Realschule im rheinland-pfälzischen<br />

Wörth am Rhein am<br />

Ausbau des so genannten gebundenen<br />

Ganztagsbetriebs weiter gearbeitet wird,<br />

hat sich Rainer Belusas Kronach-<br />

Grundschule im Berliner Stadtteil Lichterfelde<br />

mit Beginn dieses Jahres von<br />

dem Projekt wieder verabschiedet.<br />

Um zu verstehen, wie es dazu kam,<br />

muss man in das Jahr 2003 zurückgehen.<br />

Damals startete der Bund das IZBB<br />

(s. Kasten Seite 19). Doch das Programm<br />

hatte einen Geburtsfehler: Die Länder<br />

ließen sich von Anfang an von der<br />

damaligen Bundesbildungsministerin<br />

Edelgard Bulmahn (SPD) nicht vorschreiben,<br />

was sie genau unter einer<br />

Ganztagsschule zu verstehen haben. So<br />

förderte beispielsweise das Land Berlin


mit dem <strong>Geld</strong>, das es vom Bund erhielt,<br />

vornehmlich den Ausbau<br />

der Schulhorte an den Grundschulen.<br />

Entstanden ist so ein flächendeckendes<br />

Angebot an Halbtagsgrundschulen,<br />

in denen Unterricht<br />

bis 13.30 Uhr garantiert wird<br />

GANZTAG<br />

und die Kinder zumindest von der<br />

ersten bis zur vierten Klasse nachmittags<br />

im schuleigenen Hort betreut<br />

werden.<br />

Alle 368 Grundschulen in Berlin<br />

sind mittlerweile Ganztagsschulen,<br />

aber nur 64 in gebundener<br />

Form. Nur wenige Realschulen<br />

und Gymnasien wurden dagegen<br />

auf den Ganztagsbetrieb umgestellt.<br />

Und auch bei der in diesem<br />

Schuljahr in Kraft getretenen<br />

Schulreform unterscheidet der<br />

Berliner Senat wieder zwischen<br />

den Schulformen: An allen neuen<br />

Sekundarschulen, die an die Stelle<br />

von Haupt-, Real- und Gesamtschulen<br />

getreten sind, gibt es<br />

Nachmittagsbetreuung, doch nur<br />

an einem Gymnasium pro Bezirk<br />

muss es ein solches Angebot geben.<br />

Vorbild Rheinland-Pfalz<br />

Dass es auch anders gehen kann,<br />

zeigt Rheinland-Pfalz. Das kleine<br />

Bundesland hat sich in aller Stille<br />

zur Musterregion in Sachen Ganztagsschulen<br />

entwickelt. Zu den<br />

Vorreitern in Rheinland-Pfalz<br />

gehört seit 1992 die heutige Realschule<br />

in Wörth, die damals noch<br />

eine Hauptschule war. Schulleiter<br />

Paul erinnert sich: „Die Schülerzahlen<br />

gingen zurück, der Schule<br />

drohte die Schließung.“ Die Rettung<br />

kam mit der Erweiterung um<br />

einen Realschul-Zug und durch die<br />

Umstellung auf ein Ganztagsangebot,<br />

das mittlerweile von zwei Dritteln<br />

der rund 600 Schülerinnen<br />

und Schüler wahrgenommen wird.<br />

Auf der Stundentafel stehen Angebote<br />

wie Theater, Schulgarten oder<br />

Berufsorientierung. Im aktuellen<br />

Schuljahr sind drei fünfte Klassen<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Die ersten Schulen mit einem Ganztagskonzept gab es in Mecklenburg-Vorpommern<br />

bereits Mitte der 1990er-Jahre. Inzwischen hat<br />

sich die Zahl der Ganztagsschulen auf 176 erhöht. Damit ist rund ein<br />

Drittel der Schulen im Nordosten Deutschlands mit einem Ganztagsangebot<br />

ausgestattet, 56 (32 Prozent) mit einem teilweise gebundenen,<br />

26 (15 Prozent) mit einem vollständig gebundenen Angebot.<br />

Die Landesregierung will in den kommenden Jahren vor allem das<br />

Netz der gebundenen Ganztagsschulen enger knüpfen. Allerdings sei<br />

an eine deutliche Verbesserung des Personalschlüssels seitens der Landesregierung<br />

nicht gedacht, kritisiert die Vorsitzende der <strong>GEW</strong> Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Annett Lindner. Die Lehrkräfte bekämen seit<br />

Jahren von 90 Minuten Unterricht an einer Ganztagsschule nur die<br />

Hälfte bezahlt. Damit, so Lindner, sei ein qualitativer Ausbau des<br />

Ganztagsschulsystems nicht zu machen. J.A.<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 13


GANZTAG<br />

Ganztagsklassen, ein Jahrgang besucht<br />

den offenen Ganztagsbetrieb.<br />

Die Schule liegt damit im Landestrend,<br />

bestätigt Jürgen Timm, Leiter der regionalen<br />

Serviceagentur „Ganztägig Lernen“.<br />

Das Programm der Mainzer Landesregierung<br />

garantiere den Schulen eine verlässliche<br />

finanzielle Perspektive, indem<br />

es neben Bauinvestitionen und zusätzlichen<br />

Lehrkräften auch die Mittel für das<br />

nichtpädagogische Personal für Ganztagsschulen<br />

finanziere. Jahr für Jahr werden<br />

in Rheinland-Pfalz 50 neue Ganztagsangebote<br />

geschaffen. Mit Beginn<br />

dieses Schuljahres ist rund ein Drittel<br />

der knapp 1600 allgemein bildenden<br />

Schulen im Land Ganztageinrichtung<br />

in gebundener Form.<br />

Gute Quote: BaWü<br />

Eine gute Quote erzielt auch Baden-<br />

Württemberg – dort besitzt mittlerweile<br />

rund ein Viertel der knapp 4200 Schulen<br />

ein Ganztagsangebot, doch nur die<br />

wenigsten in gebundener Form. Allerdings<br />

sind die Voraussetzungen für die<br />

Schulen im „Ländle“ auch schlechter als<br />

in Rheinland-Pfalz. Für Köche, Hausmeister<br />

oder außerschulische Kooperationspartner<br />

gibt die Landesregierung<br />

keinen Cent dazu. In Steinheim bei<br />

Stuttgart zum Beispiel würde man gern<br />

die Grundschule auf Ganztagsbetrieb<br />

umstellen, „doch nach dem Auslaufen<br />

des Bundesprogramms im vergangenen<br />

Jahr müsste die Gemeinde zirka ein<br />

Drittel der Baukosten selbst tragen“, berichtet<br />

Erhard Korn, Leiter der angeschlossenen<br />

Blankenstein-Schule sowie<br />

Vorsitzender der <strong>GEW</strong>-Fachgruppe<br />

14 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

Hauptschule in Baden-Württemberg, einer<br />

Werkrealschule mit verpflichtendem<br />

Ganztagsunterricht, an die die<br />

Grundschüler nach der vierten Klasse<br />

wechseln. „Wir hätten es natürlich gern,<br />

wenn unsere Schüler das Ganztagsmodell<br />

schon von der ersten Klasse an kennen<br />

lernten“, stellt Korn klar.<br />

Im Osten ist es leichter<br />

Leichter fällt den Ländern im Osten<br />

Deutschlands die Umstellung auf den<br />

Ganztagsbetrieb – jedenfalls im Prinzip.<br />

Ganztagsschulen sind hier noch aus<br />

DDR-Zeiten bekannt, die im Westen<br />

mancherorts vorhandene Skepsis bei Eltern<br />

und Lehrkräften gibt es seltener.<br />

Ausgaben für den Ganztag<br />

In Berlin steht der Ausbau des Ganztagsangebots ganz im Zeichen der Schulstrukturreform.<br />

Kernstück ist der Umbau der neuen Sekundarschulen mit Ganztagsbetreuung.<br />

Im Zeitraum von drei Jahren wird der Senat dafür rund 580 Millionen<br />

Euro aufwenden, für den Bereich der Weiterbildung der Lehrkräfte im<br />

Ganztagsbetrieb stehen nach Auskunft der Senatsschulverwaltung über sieben<br />

Millionen Euro zur Verfügung.<br />

Sachsen-Anhalt wird aus Mitteln der EU-Schulbauförderung bis 2013 zirka 45<br />

Millionen Euro in den Ausbau der Ganztagsschulen stecken. Der dafür benötigte<br />

Personalbedarf wird nach Angaben des Kultusministeriums aus dem vorhandenen<br />

Bestand gedeckt. Die Einstellung zusätzlicher Kräfte ist nicht vorgesehen.<br />

Baden-Württemberg lässt sich den Ausbau der Ganztagsbetreuung in den nächsten<br />

vier Jahren eine Milliarde Euro (450 Millionen aus Landesmitteln, 550 Millionen<br />

von den Kommunen) kosten. In diesem Zeitraum sollen 1000 zusätzliche<br />

Lehrerstellen geschaffen werden (Kostenpunkt: je nach Schulform 45000 bis<br />

55 000 Euro pro Stelle jährlich).<br />

Für Baumaßnahmen mit ganztagsschulspezifischen Elementen hat Rheinland-<br />

Pfalz für das aktuelle Haushaltsjahr Zuschüsse in Höhe von knapp 23 Millionen<br />

Euro zugesagt. Das Volumen des Landesschulbauprogramms liegt 2010 bei rund<br />

50 Millionen Euro. Für die Bereitstellung zusätzlichen Personals sind 72 Millionen<br />

Euro vorgesehen. J.A.<br />

Pro und Kontra Ganztagsschule:<br />

Befürworter von Ganztagsschulen heben in erster Linie den pädagogischen Nutzen<br />

des Angebots hervor: Im Ganztagsbetrieb können neue Unterrichtsformen<br />

umgesetzt, schwächere Schüler besser gefördert, das soziale Lernen betont und<br />

Schule zum Lebensort werden.<br />

Konservativen Politikern fällt es dagegen noch heute schwer, diese „Art Schule“<br />

zu akzeptieren. Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) erklärte unlängst:<br />

„Wir möchten, dass für die Eltern die Wahlmöglichkeit besteht, die Betreuung<br />

der Kinder am Nachmittag selbst zu übernehmen.“ Und auch in Baden-<br />

Württemberg richtet man gebundene Ganztagsschulen in erster Linie aufgrund<br />

„sozialer Aufgabenstellungen“ ein, wie das Kultusministerium in Stuttgart betont.<br />

Bei den Eltern stehen Ganztagsschulen dagegen hoch im Kurs. Das ergab eine<br />

aktuelle repräsentative Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung<br />

(s. auch unter: www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/bst/hs.xsl/<br />

nachrichten_102851.htm). Zwei Drittel der Befragten begrüßen demnach das Angebot.<br />

In den Ost-Ländern sprechen sich 73 Prozent der Mütter und Väter pro<br />

Ganztagsschule aus, in den westlichen Bundesländern lediglich 60 Prozent. J.A.<br />

Doch in den dünn besiedelten Räumen<br />

fernab größerer Städte wie Leipzig, Rostock<br />

und Magdeburg, tun sich ganz andere<br />

Probleme auf. Der starke Geburtenrückgang<br />

zwang viele Kommunen,<br />

Schulen zu schließen und/oder sie zusammenzulegen.<br />

Dort, wo Ganztag angeboten<br />

wird, bedeutet das, dass die<br />

Schülerinnen und Schüler inklusive der<br />

langen Schulwege teilweise bis zu elf<br />

Stunden weg von zu Hause sind. Die<br />

Schulen müssten sich auf diese Situation<br />

einstellen, meint Antje Pechau von<br />

der Serviceagentur in Magdeburg. „Rhythmisierung<br />

bedeutet eben auch, dass<br />

nicht um Punkt 7.30 Uhr der Fachunterricht<br />

beginnt, sondern es eine offene<br />

Eingangsphase gibt, in der Schülerinnen<br />

und Schüler Zeit zum Ankommen<br />

haben.“ Ihre Kollegin Sabrina Mewes ergänzt:<br />

„Schule ist nicht nur ein Lern-,<br />

sondern auch ein Lebensort. Wenn man<br />

durch ein zunehmend verwaistes Altmarkdorf<br />

geht, in dem außer dem<br />

Kirchturm fast nichts mehr vorhanden<br />

ist, gewinnt die Schule als Ort von Arbeitsgemeinschaften,<br />

Sport und Hobby<br />

deutlich an Gewicht.“<br />

Doch den finanzschwachen Ländern im<br />

Osten fehlt das <strong>Geld</strong>, um ehrgeizige<br />

Ganztagsschulprojekte zu realisieren.<br />

Zwar bewilligte Sachsen-Anhalt zum<br />

Beispiel in der laufenden Legislaturperiode<br />

24 neue Einrichtungen, aber von<br />

den knapp tausend Schulen können lediglich<br />

126 einen Ganztag anbieten.<br />

Pechau sieht einen „klaren Nachholbedarf“<br />

vor allem in der Personalausstattung<br />

und verweist auf Großbritannien.<br />

„Dort gibt es ganz andere Personalschlüssel,<br />

da kommt auf 60 Schüler<br />

ebenso viel Unterstützerpersonal. Nicht


alles Lehrkräfte, aber Schulpsychologen<br />

beispielsweise sind Standard. Bei uns gehen<br />

die Neueinstellungen bei pädagogischen<br />

Mitarbeitern gegen Null.“ In anderen<br />

ostdeutschen Ländern – etwa<br />

Mecklenburg-Vorpommern – ist die Personalsituation<br />

ähnlich prekär (s. Kasten<br />

auf Seite 13).<br />

Damit schließt sich der Kreis und wir<br />

sind wieder bei Rainer Belusa und der<br />

Kronach-Grundschule im Villenvorort<br />

Berlin-Lichterfelde. Auch hier scheiterte<br />

das ehrgeizige Projekt einer guten<br />

Ganztagsschule letztlich am fehlenden<br />

Personal. „Wir waren beim Start vor<br />

sechs Jahren hoch motiviert”, sagt der<br />

Schulleiter rückblickend. Doch nach einiger<br />

Zeit gab es Kritik der Eltern. Das<br />

Angebot entsprach nicht dem, was sie<br />

sich erhofft hatten. So war bei der Hausaufgabenbetreuung<br />

eine Erzieherin für<br />

28 Schülerinnen und Schüler zuständig<br />

und auch die versprochenen zusätzlichen<br />

Lernangebote fielen mangels<br />

pädagogischer Fachkräfte aus. „Da wir<br />

keine soziale Brennpunkt-Schule sind,<br />

wurden unsere Anträge auf mehr Stellen<br />

abgelehnt“, erklärt Belusa. Aus dem<br />

Bundesprogramm gab es nur Mittel für<br />

Baumaßnahmen. „Wir brauchen nicht<br />

nur die Hardware, sondern auch die<br />

Software“, sagt der Schulleiter.<br />

Die diesjährigen Erstklässler der Kronach-Grundschule<br />

sind die Ersten, für<br />

die nachmittags keine Anwesenheitspflicht<br />

mehr besteht. Stattdessen besuchen<br />

sie den Schulhort. Immerhin: 95<br />

Prozent der Eltern haben dieses kostenpflichtige<br />

Angebot „gebucht“. In sechs<br />

Jahren verlässt der letzte „Ganztagsjahrgang“<br />

die Schule, die formal auch dann<br />

noch eine Ganztagsschule sein wird.<br />

„Doch solche Schulen sind ein Etikettenschwindel“,<br />

kritisiert die Berliner<br />

<strong>GEW</strong>-Vorsitzende Rose-Marie Seggelke.<br />

„Eine Ganztagsschule muss mehr sein<br />

als nur ein warmes Mittagessen und Freizeitbetreuung.“<br />

Dem rot-roten Senat<br />

wirft sie vor, den Ausbau des unverbindlichen,<br />

für die Eltern kostenpflichtigen<br />

Nachmittagsangebots an den Grundschulen<br />

zu Lasten gebundener Ganztagsschulen<br />

vorangetrieben zu haben.<br />

Offene Ganztagsschulen sind auch<br />

nicht im Sinne der Erfinderin. Beim<br />

Start des Investitionsprogramms „Zukunft<br />

Bildung und Betreuung“ schwebten<br />

Ministerin Edelgard Bulmahn (SPD)<br />

Schulen nach finnischem Vorbild vor:<br />

eine andere Unterrichtskultur – ohne<br />

45-Minuten-Takt, neue Lernmethoden<br />

und eben nicht nur eine Halbtagsschule<br />

mit anschließender Nachmittagsbetreuung.<br />

Jürgen Amendt, Redakteur<br />

„Neues Deutschland“<br />

In Mitten Deutschlands am Fuße des<br />

größten Bergparks Europas mit Herkules<br />

und Schloss Wilhelmshöhe<br />

sowie in direkter Nachbarschaft zu<br />

einer der schönsten Thermen liegt die<br />

In ihrem Selbstverständnis als<br />

Klinik für Ganzheitsmedizin<br />

arbeitet die Habichtswald-Klinik<br />

auf der Ebene einer integrativen<br />

Betrachtung von Körper, Seele<br />

und Geist in einer Synthese aus<br />

Schulmedizin, Naturheilverfahren<br />

und komplementärer Therapien.<br />

Die Klinik hat einen Versorgungsvertrag<br />

nach § 111 und ist nach<br />

§ 30 GWO als beihilfefähig anerkannt.<br />

Bei den Gesetzlichen<br />

Krankenkassen ist die Habichtswald-Klinik<br />

als Rehabilitationsklinik<br />

anerkannt, bei den privaten<br />

Krankenversicherungen als „Gemischte<br />

Einrichtung“ die auch<br />

Akutbehandlungen gemäß OPS<br />

301 durchführt. Die Beihilfestellen<br />

rechnen mit der Klinik den<br />

allgemeinen niedrigsten mit den<br />

Sozialversicherungsträgern vereinbarten<br />

pauschalen Pflegesatz<br />

ab.<br />

Kostenloses Service-Telefon:<br />

0800 / 8 90 11 00<br />

Telefon Aufnahmebüro:<br />

0561 / 3108 - 186, - 622<br />

Habichtswald-<br />

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GANZTAG<br />

Habichtswald-Klinik · Wigandstr. 1 · 34131 Kassel · www.habichtswaldklinik.de · info@habichtswaldklinik.de<br />

Fachklinik für Psychosomatik,<br />

Onkologie und Innere Medizin<br />

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Medizin<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 15


Fotos: Babette Brandenburg<br />

GANZTAG<br />

Gesamtschule Kiel: Hausaufgabenhilfe<br />

am Nachmittag.<br />

Für Fragen steht Lehrerin<br />

Marlies Sick (Mitte) jederzeit<br />

zur Verfügung.<br />

Ein Kessel Buntes<br />

16 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

Offen oder gebunden: Schulen auf dem Weg zum Lebensort<br />

In den alten nördlichen Bundesländern<br />

haben zwischen 36 und 46 Prozent<br />

der Schulen auf Ganztagsbetrieb<br />

umgestellt. Der quantitative Ausbau<br />

geht überall weiter. Parallel wird in<br />

Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein<br />

und Niedersachsen um Qualität<br />

gestritten.<br />

Dienstags sausen die „Waveboarder“<br />

durch die Turnhalle,<br />

die Fans der Zeichentrickserie<br />

Yu-Gi-Oh treffen<br />

sich zum Kartenspiel in einem<br />

Klassenzimmer. Was<br />

so locker aussieht, ist strategisch geplant:<br />

„Wir bieten diese beliebten Kurse<br />

sofort nach dem Mittag an. Dann besteht<br />

eine Chance, dass die Kinder bleiben“,<br />

sagt Marlies Sick, Koordinatorin<br />

der Ganztagsangebote an der Theodor<br />

Storm Gemeinschaftsschule mit Grundschulteil<br />

(TSG) in Kiel-Wellingdorf. Die<br />

TSG ist eine junge Schule, der Zusammenschluss<br />

einer Grund-, einer Hauptund<br />

einer Realschule. Kinder aus 21 Nationen<br />

besuchen die TSG, und die „profitieren<br />

extrem vom Ganztag“, stellt Sick<br />

fest. Wenn die Angebote denn ange-<br />

nommen werden – das klappt nicht immer.<br />

Also will Sick mehr und anderes:<br />

„Mittelfristig müssen wir vom offenen<br />

auf den gebundenen Ganztag umstellen.“<br />

Die Kinder brauchten die feste<br />

Struktur, man könne dann besser neue<br />

pädagogische Konzepte ausprobieren,<br />

der Vormittagsunterricht könne aufgebrochen<br />

werden. „Schule wird im Ganztag<br />

zum Lebensort“, sagt Sick. „Da passiert<br />

unheimlich viel.“<br />

Wie an der TSG sieht es in vielen Schulen<br />

aus: „Nach dem Ausbau der Ganztagsangebote<br />

wird heute überall daran<br />

gearbeitet, die Qualität zu verbessern“,<br />

sagt Maren Wichmann, Leiterin des Bundesprogramms<br />

„Ganztägig lernen“,<br />

dem die Serviceagenturen in den Ländern<br />

angeschlossen sind. Nachdem das<br />

Investitionsprogramm „Zukunft Bildung<br />

und Betreuung” (IZBB) 2009 auslief<br />

(s. Kasten S. 19), habe die Befürchtung<br />

geherrscht, „dass es sich in den<br />

Ländern verlangsamt“, so Wichmann.<br />

„Aber das ist nirgendwo der Fall.“ Wichtige<br />

Aspekte sind jedoch nicht geklärt:<br />

Welchem Konzept folgt der Nachmittagsunterricht,<br />

ist er offen oder gebunden,<br />

freiwillig oder Pflicht? Welche<br />

Schulart wird gefördert? Und: Wie<br />

schnell kommt der Ausbau voran?<br />

Schleswig-Holstein ist unter den Nord-<br />

Ländern am weitesten: 46 Prozent der<br />

Schulen bieten einen Ganztag an. „Und<br />

wir wollen weiter ausbauen“, versprach<br />

Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP)<br />

bei einem Kongress im November 2009.<br />

Der größere Nachbar Niedersachsen<br />

hinkt hinterher: Anfang 2010 lag das<br />

Land erst bei 28 Prozent, holt aber auf.<br />

Inzwischen hat „mehr als jede dritte<br />

Schule in Niedersachsen ein Ganztagsangebot“,<br />

rechnete Kultusminister<br />

Bernd Althusmann (CDU) vor.<br />

Die Stadtstaaten Hamburg und Bremen<br />

liegen mit 40 und 41 Prozent fast gleichauf.<br />

Hamburg will neben der Quantität<br />

auch die Qualität ausbauen: „Für die bestehenden<br />

Ganztagsschulen werden 28<br />

neue Pädagogenstellen bereitgestellt“,<br />

versprach Bildungssenatorin Christa<br />

Goetsch (GAL) im August.<br />

Bremen: Finanzlage bremst<br />

Bremen, das zu den ersten Ländern<br />

zählte, die die IZBB-Mittel ausgeschöpft<br />

hatten, geht jetzt langsamer voran:<br />

„Natürlich möchten wir Schulen<br />

umwandeln“, sagte Bildungssenatorin<br />

Renate Jürgens-Pieper (SPD) der Zeitung<br />

„Bildung plus“. „Aber wenn wir ehrlich<br />

sind, ist das in der momentanen Haushaltslage<br />

nicht möglich.“ Jährlich sollen<br />

drei Schulen in Bremen und eine in Bremerhaven<br />

auf Ganztagsbetrieb umstellen.<br />

Unterschiedlich bewerten die Länder<br />

die Frage, welche Schularten vorrangig<br />

auf Ganztag umgestellt werden sollen.<br />

Nachzügler Niedersachsen setzt zurzeit<br />

seinen Schwerpunkt bei den Jüngsten –<br />

unter den neu genehmigten sind 168<br />

Grundschulen. In Schleswig-Holstein<br />

galt das Augenmerk zunächst den<br />

Hauptschulen. Zuletzt boten 40 Prozent,<br />

ein bundesweiter Spitzenwert,<br />

Nachmittagskurse an – heute sind die<br />

Hauptschulen mit den Real- zu Regional-<br />

oder Gemeinschaftsschulen verschmolzen.<br />

In Hamburg lag der Förderfokus<br />

lange Zeit bei den Gymnasien und<br />

wandert jetzt in Richtung Grundschulen,<br />

von denen aktuell 15 Ganztagsangebote<br />

einrichten, fünf davon in Kooperation<br />

mit Horten. Elf weitere Grundschulen<br />

sollen im Schuljahr 2011/12 folgen,<br />

so Goetsch. In Bremen profitierten<br />

vor allem die Gesamtschulen: 94 Pro-


Unterschiedliches Tempo zum Ganztag<br />

In Schleswig-Holstein laufen an 430 von 941 Schulen Nachmittagskurse im überwiegend<br />

offenen Ganztagsbetrieb. Neben den IZBB-Mitteln gab das Land weitere<br />

32 Millionen Euro für bauliche Maßnahmen aus. Im Schuljahr 2008/2009<br />

steckte die Landesregierung nach eigenen Angaben 5,4 Millionen Euro in den<br />

Ausbau der Ganztagsschulen, im laufenden Schuljahr sind rund 6,3 Millionen<br />

Euro vorgesehen. Bezuschusst werden Ganztagsangebote mit 0,35 Euro pro<br />

Stunde und Kind im Regel- und 0,60 Euro im Förderschulbereich.<br />

220 neue Ganztagsschulen eröffneten in Niedersachsen zum Schuljahr 2009/2010,<br />

weitere 271 gingen in diesem Sommer an den Start, die Gesamtzahl liegt nun bei<br />

1 151 von 3 100 Schulen. Das Land investiert in die neuen Angebote pro Schuljahr<br />

rund 5,6 Millionen Euro.<br />

In Bremen – inklusive Bremerhaven – setzen 52 von 182 Schulen auf Nachmittagsangebote,<br />

jährlich sollen vier weitere mit offenem Ganztag starten. Die<br />

Stadtgemeinde Bremen gibt für ihre 45 Ganztagsschulen 12,2 Millionen Euro für<br />

Personal und Betrieb aus. Für Baumaßnahmen stellt der Senat pro Ganztagsschule<br />

eine Million Euro zur Verfügung.<br />

In Hamburg beteiligen sich 154 von 393 Schulen, 50 neue Ganztagsschulen sind<br />

bis 2012 geplant. Allgemein gilt: Die Kosten fließen überwiegend in Personal.<br />

(Quelle: Angaben der Bildungsministerien der nördlichen Länder) E. G.<br />

zent sind ganztägig für die Kinder da.<br />

Die meisten Debatten drehen sich aber<br />

um die Frage: Ist der nachmittägliche<br />

Schulbesuch Pflicht oder geht es besser<br />

mit einem freiwilligen Angebot? Die Regierungen<br />

im Norden verhalten sich dabei<br />

ganz unterschiedlich – wobei auch<br />

eine Rolle spielt, wie gut der Landessäckel<br />

gefüllt ist. Denn gebundene Systeme,<br />

bei denen in der Regel auch nachmittags<br />

Fachunterricht erteilt wird, erfordern<br />

mehr Lehrerstellen. Fazit: Zurzeit<br />

regiert in allen nördlichen Ländern<br />

(im Westen) eine bunte Mischung aus<br />

offenen, teilgebundenen und gebundenen<br />

Ganztagsschulen.<br />

Viele Jugendliche würden sich für das<br />

offene System entscheiden: „Angebote<br />

am Nachmittag sind wichtig und richtig,<br />

aber die Schülerinnen und Schüler<br />

sollen selbst wählen können“, sagt Arne<br />

Fillies, Vorsitzender des Landesschülerrats<br />

Niedersachsen. Denn schließlich<br />

böten auch Vereine, Kirchen oder<br />

Sportclubs Aktivitäten am Nachmittag.<br />

www<br />

Seit vielerorts der Oberstufen-Stoff in<br />

acht statt neun Jahren gepaukt werden<br />

muss (G8), setzen viele Schulen auf klassischen<br />

Unterricht am Nachmittag.<br />

Wären weitere Kurse Pflicht, „kommt<br />

man zu gar nichts mehr“, klagt Fillies,<br />

weder zu Ehrenamt noch zu Freizeit.<br />

Dass zu wenige Heranwachsende nachmittags<br />

in der Schule blieben, befürchtet<br />

der Gymnasiast nicht: „Wenn die Angebote<br />

attraktiv sind, kommen die Leute.“<br />

Entscheidend seien: „Gutes Essen,<br />

das für alle erschwinglich ist. Hausaufgabenbetreuung,<br />

auch durch ältere<br />

Schüler. Und Kurse von außerschulischen<br />

Anbietern, die Extra-Kompetenzen<br />

vermitteln.“ Das könnte ein Erste-<br />

Hilfe-Lehrgang sein – nützlich für den<br />

Führerschein – oder ein PC-Training.<br />

Wichtig sei, dass nachmittags „nicht der<br />

normale Standardunterricht“ fortgesetzt<br />

werde, wünscht sich der Schülersprecher.<br />

Das sieht Matthias Thoms ähnlich. Er ist<br />

Koordinator der Ganztagsbetreuung<br />

des Kinderschutzbundes Ostholstein,<br />

der an 13 Schulen in Schleswig-Holstein<br />

aktiv und überzeugt ist, dass die<br />

Kinder profitieren, wenn weitere Akteure<br />

mitmischen: „Die Schule hat einen<br />

Bildungsauftrag, wir als Sozialpädagogen<br />

bringen andere Kompetenzen<br />

mit.“ Es gehe oft nicht mehr um<br />

Stoffvermittlung, sondern um soziale<br />

Fähigkeiten, um den Blick über den<br />

Ganztag macht’s möglich:<br />

An der Kieler Gemeinschaftsschule<br />

haben Schülerinnen<br />

und Schüler die Chance, im<br />

Einzelunterricht Klavierspielen<br />

zu lernen.<br />

GANZTAG<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 17


GANZTAG<br />

Tellerrand. In vielen Schulen werden<br />

allerdings keine Fachleute für den<br />

Nachmittag eingesetzt, sondern mehr<br />

oder minder ehrenamtliche Helfer – Eltern,<br />

Vereinstrainer, Rentner. Thoms<br />

sieht darin keine Konkurrenz, sondern<br />

eine Ergänzung: „Die Mischung ist das<br />

Optimum. Aber rein ehrenamtlich<br />

klappt es auch nicht.“ Das Problem:<br />

„Auf dem platten Land“ seien die notwendigen<br />

Fachkräfte nicht zu finden.<br />

Außerdem: Nicht jeder komme mit einer<br />

großen Kinderzahl zurecht. Wichtig<br />

sei für Ehrenamtler wie für Professionelle<br />

auch: „Mit den Lehrkräften<br />

auf Augenhöhe zu sein.“ Das sei kein<br />

einfacher Prozess gewesen, funktioniere<br />

aber inzwischen.<br />

Sigrid Strauß, stellvertretende <strong>GEW</strong>-Vorsitzende<br />

in Hamburg, sieht allerdings,<br />

dassWorteundTatenauchbeimGanztag<br />

oft auseinander klaffen. Ein Beispiel:<br />

„Dass ein Schwerpunkt bei den Gymnasien<br />

liegt, hat vor allem mit der Verkürzung<br />

auf G8 zu tun, auch wenn anderes<br />

behauptet wird.“ Der Ausbau der Ganztagsschulen<br />

in der Hansestadt ist Teil der<br />

Schulreform und vom Volksentscheid<br />

im Sommer (s. E&W 9/2010) nicht betroffen.<br />

Ob es gelingt, nicht nur Quantität,<br />

sondern vor allem die Qualität zu<br />

verbessern, will Strauß nicht abschließend<br />

bewerten: „Der Wille ist da, aber<br />

die Zahlen ergeben etwas anderes.“<br />

In Bremen hat die Politik sich auf das gebundene<br />

Konzept verständigt, wobei<br />

Grundschulen eine Ausnahme bilden<br />

können. Uwe Lorenz, Vorsitzender des<br />

Ganztagsschulverbandes im Stadtstadt,<br />

sieht dieses Aufweichen des Senatsbeschlusses<br />

mit Sorge: „Ein Schultag mit<br />

angehängtem Nachmittag ist kein Ganztag“,<br />

sagt er, und gibt gleich zu: „Bremen<br />

ist sehr weit, wir klagen auf hohem Niveau.“<br />

Vieles sei bereits erreicht oder<br />

werde probiert: Verändertes Lernverhalten,<br />

neuer Tagesrhythmus. Solche Konzepte,<br />

glaubt Lorenz genau wie Marlies<br />

Sick in Schleswig-Holstein, seien im gebundenen<br />

System leichter umzusetzen.<br />

Aber im offenen nicht unmöglich, entgegnet<br />

Maren Wichmann: „Entscheidend<br />

ist das pädagogische Konzept.“<br />

Als Kriterien für Qualität nennt sie „Projektarbeit,<br />

selbstorganisiertes Lernen,<br />

Mitwirkung der Jugendlichen und Öffnung<br />

zum Umfeld“. Schulen könnten<br />

voneinander lernen, wie sich im Rahmen<br />

der jeweiligen Möglichkeiten der<br />

„beste Ganztag“ gestalten lasse. „Die<br />

Steuerung folgt über die Finanzierung“,<br />

so Wichmann. „Und die Politik erwartet<br />

inhaltliche Anregungen, keine Systemdebatten.“<br />

Esther Geißlinger, freie Journalistin<br />

18 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

Foto: Bildungsministerium<br />

„Den Mittelweg gewählt“<br />

Interview mit Johannes Jung, Schulministerium Rhl.-Pfalz<br />

Johannes<br />

Jung<br />

Johannes Jung ist stellvertretenderAbteilungsleiter<br />

im Ministerium<br />

für Bildung,<br />

Wissenschaft, Jugend<br />

und Kultur in Rheinland-Pfalz.<br />

Er ist zuständig<br />

für das Ganztagsschulprojekt<br />

des<br />

Landes.<br />

E &W: Herr Jung, beginnen wir mit der<br />

Gretchenfrage: offene oder gebundene Ganztagsschule?<br />

Johannes Jung: Sowohl als auch. Wir<br />

haben uns in Rheinland-Pfalz für einen<br />

Mittelweg entschieden. Wer eine der<br />

537 Schulen besucht, die bei unserem<br />

Projekt mitmachen, kann sich entscheiden,<br />

ob er die Angebote der gebundenen<br />

Ganztagsschule nutzt oder nicht.<br />

Aber: Diese Entscheidung ist für jeweils<br />

ein Jahr bindend.<br />

E &W: Wieso handhaben Sie das so strikt?<br />

Jung: Wir reden von Ganztagsschulen<br />

mit pädagogischen Konzepten und<br />

nicht von Betreuungseinrichtungen. Da<br />

ist eine gewisse Kontinuität wichtig.<br />

Außerdem ist es für die Schulen kaum<br />

zu organisieren, wenn ein Schüler mal<br />

kommt und mal nicht.<br />

E &W: Wie sehen die pädagogischen Konzepte<br />

aus?<br />

Jung: Wir kooperieren mit 25 externen<br />

Partnern. Mit Musikschulen, Sportvereinen,<br />

dem Schriftstellerverband, der<br />

Handwerkskammer und vor allem der<br />

Jugendhilfe.<br />

E &W: Inwiefern?<br />

Jung: Bildungsexperten sprechen bereits<br />

davon, dass ein neues Kapitel schulischer<br />

Bildung im Kontext der Jugendhilfe<br />

geschrieben werden kann. Sie verweisen<br />

vor allem darauf, dass die Jugendhilfe<br />

und andere Partner mit jeweils<br />

eigenem Bildungsverständnis und eigener<br />

Schwerpunktsetzung ihre mit der<br />

Schule vereinbarten Angebote gestalten<br />

können – unabhängig vom Einverständnis<br />

der Schulleitung.<br />

E &W: Wie sehen diese Kooperationen konkret<br />

aus?<br />

Jung: Oft werden gemeinsam mit Lehrerinnen<br />

und Lehrern Projekte und Arbeitsgemeinschaften<br />

organisiert. Das<br />

kostet die Eltern nichts. Die Vergütungen<br />

für die externen Experten zahlt das<br />

Land. Die Eltern müssen bei der Ganztagsschule<br />

nur für das Mittagessen ihrer<br />

Kinder aufkommen. Der Sozialfonds<br />

des Landes entlastet sozial Bedürftige:<br />

Eltern zahlen in diesen Fällen nur einen<br />

Euro pro Kind und Mittagessen.<br />

E &W: Das hört sich so an, als seien Schülerinnen<br />

und Schüler klar im Vorteil, wenn sie<br />

die Ganztagsschule besuchen. Etablieren Sie<br />

damit ein ungerechtes System?<br />

Jung: Nein. Natürlich kann man sagen,<br />

dass Schülern mehr geboten wird, wenn<br />

sie auch nachmittags in der Schule sind.<br />

Aber wir wollen das niemandem aufzwingen.<br />

Ganztagsschule verpflichtend für alle<br />

– das war ja durchaus in der Diskussion.<br />

Aber sehen Sie: Es gibt Jugendliche, die<br />

sich entschieden haben, etwa täglich Leistungssport<br />

zu betreiben oder am Instrumentalunterricht<br />

teilzunehmen. Viele Eltern<br />

sagen: Was mein Kind außerhalb des<br />

Regelunterrichts lernen soll, möchte ich<br />

selbst entscheiden. Das müssen wir akzeptieren.<br />

Gleichzeitig war es uns wichtig,<br />

eine Ganztagsschule einzurichten, für die<br />

sich jeder entscheiden kann. Insofern ist<br />

am Vorwurf, wir hätten ein ungerechtes<br />

System geschaffen, nichts dran.<br />

E &W: Wie sieht die Resonanz in den einzelnen<br />

Altersklassen aus?<br />

Jung: In der Grundschule nimmt etwa<br />

die Hälfte der Kinder die Angebote der<br />

Ganztagsschule wahr. In der Sekundarstufe<br />

I sind es 30 bis 40 Prozent. Das ist<br />

auch nachvollziehbar. So etwa ab der<br />

siebten Klasse entscheiden Jugendliche<br />

lieber selbst, wie sie den Nachmittag verbringen<br />

wollen.Auffallend ist übrigens,<br />

dass in den Städten mehr Kinder und Jugendliche<br />

das Ganztagsangebot wahrnehmen<br />

als auf dem Land. Ich befürchte,<br />

dort gelten vielerorts Mütter und Väter<br />

immer noch als Rabeneltern, wenn<br />

sie ihren Nachwuchs am Nachmittag<br />

nicht zuhause betreuen.<br />

E &W: Wie ist das Verhältnis zu den Kommunen?<br />

Jung: Sehr gut. Die Kommunen waren<br />

von Anfang an beteiligt und haben am<br />

Konzept mitgearbeitet. Es ist ein Standortvorteil,<br />

wenn eine Kommune Ganztagsschulen<br />

anbietet.<br />

Interview: Georg Leppert, Redakteur<br />

der „Frankfurter Rundschau“


Foto: Stadt Frankfurt<br />

„Wir wollen mitbestimmen“<br />

E&W-Interview mit Ute Sauer, Stadt Frankfurt am Main<br />

Ute Sauer<br />

Ute Sauer leitet das städtische Schulamt<br />

in Frankfurt am Main. Als Vertreterin<br />

des Hessischen Städtetages<br />

setzte sie sich in der Ganztagsschulen-<br />

Kommission des Landes Hessen für<br />

die Interessen der Kommunen ein.<br />

E &W: Frau Sauer, wie ist Ihr Verhältnis<br />

zum hessischen Kultusministerium?<br />

Ute Sauer: Wenn es um Ganztagsschulen<br />

und deren Entwicklung geht, könnte<br />

es deutlich besser sein. In den Kommunen<br />

fühlen wir uns nicht gut behandelt<br />

vom Land.<br />

E &W: Was bemängeln Sie konkret?<br />

Sauer: Um eine gute Versorgung mit<br />

Ganztagsschulen aufzubauen und weiterzuentwickeln,<br />

die in einer Stadt wie<br />

Frankfurt absolut nötig ist, wären mehr<br />

Zeitvorläufe für unsere Planungen,<br />

mehr <strong>Geld</strong> und mehr Mitspracherechte<br />

notwendig. Das alles haben wir nicht.<br />

E &W: Beginnen wir mit dem Faktor Zeit.<br />

Sauer: Der hängt ja mit dem <strong>Geld</strong> zusammen.<br />

Wenn wir eine Schule auf<br />

Ganztag umstellen – ganz gleich ob mit<br />

pädagogischer Mittagsbetreuung, offenem<br />

oder gebundenem Konzept – dann<br />

müssen wir investieren. Jede dieser<br />

Schulen braucht eine Cafeteria und<br />

Räume für Arbeitsgemeinschaften. Das<br />

alles einzurichten, ist auch aus praktischen<br />

Gründen gar nicht einfach. Die<br />

Stadt ist dicht bebaut, da kann man<br />

nicht einfach eine Cafeteria an ein Gebäude<br />

anbauen. Und zum anderen kostet<br />

das <strong>Geld</strong>. Das geben wir ja auch aus,<br />

nur muss diese Investition politisch be-<br />

schlossen werden. Frankfurt hat zurzeit<br />

einen Doppelhaushalt. Die Kommune<br />

benötigt daher eine Vorlaufzeit von<br />

mindestens drei bis vier Jahren. Das<br />

Land macht aber kurzfristige Ansagen<br />

und plant von Jahr zu Jahr. Das ist<br />

schwierig für die Stadt umzusetzen.<br />

E &W: Aber das Land übernimmt doch im<br />

Rahmen des Ganztagsschulprogramms Teile<br />

der Finanzierung.<br />

Sauer: Nicht für die baulichen Investitionen,<br />

die Bedarfe an Sekretariatsversorgung<br />

und die Schulhausmeister. Die<br />

sind Sache des Schulträgers. Und auch<br />

bei den Stellen wird gespart. Für den<br />

Zeitraum von 2010 bis 2012 erhalten wir<br />

30 Stellen, um Ganztagsschulen zu entwickeln<br />

und einzuführen. 15 davon sind<br />

an bestimmte Schulformen gebunden,<br />

etwa an Integrierte Gesamtschulen<br />

(IGS).<br />

E &W: Und wie viele Schulen der hessischen<br />

Metropole wollen sich auf Ganztagsbetrieb<br />

umstellen?<br />

Sauer: Dem Schulträger liegen 69 Anträge<br />

vor, zum Teil bereits Mehrfachbeantragungen.<br />

Das ist auch gut so. Derzeit<br />

hat die Stadt Frankfurt 59 Schulen<br />

im Ganztag. Das sind nicht wenige,<br />

reicht aber für den Bedarf nicht aus. Alles<br />

in allem steckt die Stadt im laufenden<br />

Schuljahr und jährlich folgend rund<br />

6,7 Millionen Euro in den Ausbau des<br />

Ganztags und in die erweiterte Betreuung.<br />

Das Land gibt inklusive der 30 Stellen<br />

rund 4,5 Millionen Euro aus. Das<br />

sind die Verhältnisse.<br />

E &W: Inwiefern geht es Ihnen um Mitsprache?<br />

Sauer: Wenn die Kommune schon<br />

mehr <strong>Geld</strong> ausgibt als das Land, dann<br />

will sie zumindest auch intensiv in die<br />

Konzeption des Ganztagsschulenprogramms<br />

eingebunden werden. Das städtische<br />

Schulamt will nicht nur reine Verwaltungsaufgaben<br />

erfüllen, sondern<br />

sich an der pädagogischen Schulentwicklung<br />

beteiligen. Die Kommune will<br />

entscheiden können: Was braucht diese<br />

und jene Schule aus pädagogischer<br />

Sicht.<br />

E &W: Das klingt resigniert!<br />

Sauer: Überhaupt nicht, das wäre der<br />

falsche Eindruck. An den Schulen wird<br />

gute Arbeit geleistet. Deshalb können<br />

wir den Ausbau und die Bedarfe auch irgendwie<br />

bewerkstelligen. Aber eben nur<br />

„irgendwie“. Die Kommune könnte<br />

mehr erreichen, wenn sie mehr Möglichkeiten<br />

hätte. Denn klar ist doch,<br />

dass sich jetzt jede Schule damit beschäftigen<br />

muss, über kurz oder lang<br />

Ganztagsbetrieb zu werden.<br />

Interview: Georg Leppert, Redakteur der<br />

„Frankfurter Rundschau“<br />

Bundesprogramm „Zeit für mehr“<br />

„Zeit für mehr“ lautete der Slogan, mit dem die damalige Bundesbildungsministerin<br />

Edelgard Buhlmahn (SPD) ab 2003 für den Ausbau der Ganztagsschulen<br />

warb. Vier Milliarden Euro stellte der Bund im Investitionsprogramm „Zukunft<br />

Bildung und Betreuung“ (IZBB) zur Verfügung. Das <strong>Geld</strong> floss in bauliche Investitionen,<br />

etwa für Kantinen. Laut Ministerium wurden seit 2003 mit den IZBB-<br />

Mitteln 15 790 Einzelmaßnahmen an rund 7192 Schulen finanziert.<br />

Kritisiert wird, dass die Zahlen wenig über die pädagogische Qualität aussagten:<br />

Die damalige <strong>GEW</strong>-Vorsitzende Eva-Maria Stange sprach 2004 im „Focus“ von<br />

„Halbtagsschulen mit Suppenküche und Verwahrprogramm“.<br />

Nach Auslaufen des IZBB sind der weitere Ausbau ebenso wie der Betrieb der<br />

Ganztagsangebote Ländersache. Daran beteiligen sich oft kommunale Träger<br />

und Eltern. Auf Bundesebene läuft das Programm „Ideen für mehr“ weiter. Aus<br />

dem mit 4,5 Millionen Euro pro Jahr ausgestatteten Topf können die Länder für<br />

den Ausbau Fördermittel beantragen, allerdings müssen sie in gleicher Höhe gegenfinanzieren.<br />

E.G.<br />

GANZTAG<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 19


GANZTAG<br />

Gemeinsames Mittagessen von<br />

Schülern und Lehrkräften in der<br />

Aula – der provisorischen Mensa<br />

– des Schiller-Gymnasiums in<br />

Köln<br />

Angebot „light“<br />

20 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

NRW: abgespecktes Betreuungsprogramm<br />

Die Ganztagsoffensive, die Nordrhein-Westfalen<br />

(NRW) vor drei Jahren<br />

gestartet hat, ist ein „Angebot<br />

light“: Nicht überall, wo Ganztag<br />

draufsteht, ist auch Ganztag drin.<br />

Trotzdem hat die Initiative das Schulleben<br />

verändert.<br />

Schade, dass ihr erst heute<br />

kommt, letzte Woche hatten<br />

wir noch Blumen auf<br />

den Tischen“, bedauert Petra<br />

Karnbrock-Elle, als sie uns<br />

in die Aula des Schiller-<br />

Gymnasiums in Köln führt. Seit ein<br />

paar Tagen hängt dort an der Glastür ein<br />

Foto: Jürgen Bindrim<br />

Plakat „Meet and Eat“. Die Aula wurde<br />

zur provisorischen Mensa – bis in ein<br />

paar Monaten der Neubau fertig ist. Der<br />

Unmut über das Provisorium hält sich<br />

bei Karnbrock-Elle in Grenzen. Im Gegenteil,<br />

sie lobt die Kölner Stadtspitze,<br />

die in kurzer Zeit 25 Gymnasien und Realschulen<br />

zu Ganztagsschulen umbaut –<br />

und das, obwohl die kommunalen Finanzen<br />

arg gebeutelt sind.<br />

Karnbrock-Elle war bis vor kurzem Vorsitzende<br />

des Vereins „Sonnentiger“, der<br />

an der Schule für gut 40 Kinder eine<br />

Übermittagsbetreuung organisiert hat.<br />

Nun hat sie als Seiteneinsteigerin eine<br />

Lehrerstelle, ihr Hauptjob ist die Organisation<br />

des Ganztagsbetriebs.<br />

„Ganztagsoffensive“ gestartet<br />

Schulleiterin Anni Schulz-Krause ist begeistert,<br />

ihre Kollegin Karnbrock-Elle<br />

sei ein Organisationstalent. Nach ein<br />

paar Tagen habe sie die Geschirr- und<br />

Essensausgabe so strukturiert, dass sich<br />

keine Schlangen mehr bildeten. Mit den<br />

gut 120 Fünftklässlern ist es in der Aula<br />

beim Mittagessen nicht lauter als in einem<br />

normalen Restaurant. Nachher<br />

kommen noch einmal so viele Schülerinnen<br />

und Schüler aus der Nachbarschule<br />

und den älteren Jahrgängen.<br />

Nach dem Essen bleibt eine Dreiviertelstunde<br />

Pause – zum Spielen am Kicker<br />

im Keller oder am Basketball-Korb im<br />

Hof, zum Chillen im Ruheraum oder<br />

um schon einmal die Hausaufgaben ins<br />

Auge zu fassen. An zwei Tagen in der Woche<br />

findet nachmittags Unterricht statt,<br />

montags sind die „Pflicht-AGs“ für die<br />

Fünftklässler. Danach können die Kinder<br />

noch für eine Stunde „Lernzeit“ bleiben<br />

– der von Lehrkräften aus den Kernfächern<br />

begleiteten Hausaufgabenhilfe.<br />

2007 startete die Landesregierung ihre<br />

„Ganztagsoffensive“: Jedes Jahr sollten<br />

pro Kreis oder Stadt je zwei Gymnasien<br />

und Realschulen in gebundene Ganztagsformen<br />

umgewandelt werden. Gebunden<br />

heißt, dass alle Kinder an mindestens<br />

drei Tagen auch nachmittags<br />

Unterricht haben oder an Arbeitsgemeinschaften<br />

(AGs) teilnehmen und<br />

täglich sieben Zeitstunden in der Schule<br />

verbringen. Dafür stellte das Land 20<br />

Prozent mehr Lehrerstellen in Aussicht.<br />

Der Nachmittagsunterricht, die Mittagspause,<br />

dazu noch die AGs, schon<br />

hat man genug Schulzeit zusammen,<br />

um die Schule zur Ganztagsschule umzuetikettieren<br />

und so in den Genuss des<br />

20-prozentigen Stellenzuschlags zu<br />

kommen.<br />

Mit der Ganztagsoffensive reagierte die<br />

ehemals schwarz-gelbe Landesregierung<br />

auf den wachsenden Unmut der Eltern.


Finanzierung des Ganztagsangebots<br />

Im Jahr 2010 gibt Nordrhein-Westfalen (NRW) insgesamt 356,6 Millionen Euro<br />

für Personal im Ganztag (GT) aus. Auf die offenen Formen im Primarbereich entfallen<br />

davon rund 250 Millionen. Enthalten sind die Zuschüsse an die Kommunen<br />

für das Betreuungspersonal (615 Euro für jeden Grundschüler, 1230 Euro für<br />

jeden Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf) sowie die Kosten für die<br />

zusätzlichen Lehrerstunden.<br />

Aus dem „1000-Schulen-Programm“ bekamen die Kommunen für insgesamt<br />

1000 Schulen je 100 000 Euro Zuschuss, insgesamt 100 Millionen Euro, für den<br />

Ausbau von Mensen und Aufenthaltsräumen, eine Übermittagsbetreuung und<br />

den gebundenen Ganztag. Der Städtetag hat die Ausbaukosten einer vierzügigen<br />

Sekundarschule zur Ganztagsschule mit rund 1,5 Millionen Euro berechnet. Die<br />

100 000 Euro pro Schule vom Land decken also nicht einmal zehn Prozent der<br />

tatsächlichen Baukosten. KH.H.<br />

Wegen der Verkürzung der gymnasialen<br />

Schulzeit auf acht Jahre (G8) müssen die<br />

Kollegien mehr Unterricht erteilen.<br />

Deshalb soll an mindestens zwei Tagen<br />

in der Woche auch nachmittags Lernen<br />

stattfinden. Das hatte man im Düsseldorfer<br />

Schulministerium offenbar erst<br />

gemerkt, nachdem die neuen Stundenpläne<br />

eingeführt worden waren. Die<br />

Schüler brauchten bei diesem Arbeitspensum<br />

ein Mittagessen in der Schule.<br />

Die Kommunen als Schulträger waren<br />

mit der neuen Situation völlig überfordert.<br />

Hinzu kam, dass Eltern und Kinder<br />

aus den weitgehend mit einem „offenen<br />

Ganztag“ (s. Kasten unten) ausgestatteten<br />

Grundschulen eine verlässliche<br />

Betreuung bis in den Nachmittag<br />

gewohnt waren. Politik stand unter<br />

Handlungsdruck.<br />

Einstieg gelungen<br />

Das Ergebnis ist eine Ganztagsschule<br />

light – der Schultag ist nicht wirklich anders<br />

rhythmisiert, das Zusatzangebot<br />

Von 2003 bis 2010 wurden in NRW<br />

225000 Plätze in „Offenen Ganztagsgrundschulen“<br />

(OGT) geschaffen. 82<br />

Prozent aller Grundschulen bieten<br />

Ganztagsbetreuung an, rund 30 Prozent<br />

aller Grundschüler nehmen daran teil.<br />

Die OGT ist ein Betreuungsangebot<br />

von Trägern der Jugendhilfe. Es untersteht<br />

der Schulleitung. Alle OGTs haben<br />

Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung<br />

sowie Spiel, Sport und Bewegung<br />

im Programm. Nur einige bieten<br />

Förderunterricht oder Sprachförderung<br />

zusätzlich an. In der Regel sind<br />

25 Kinder in einer Gruppe. Sie werden<br />

hält sich in Grenzen. Doch der Einstieg<br />

ist gelungen. Die Folgen für das Schulleben<br />

sind nicht zu unterschätzen. Allein<br />

die Tatsache, dass nicht nur die Fünftklässler,<br />

der erste „Ganztags-Jahrgang“,<br />

beim Essen zusammen sitzen, sondern<br />

auch hunderte ältere Schüler, dazu<br />

Lehrkräfte, schafft eine andere Atmosphäre.<br />

Die Bio-Lehrerin gibt einen<br />

Tischtennis-Kurs, eine Kollegin übernimmt<br />

die Näh-AG. Schule wird zum<br />

Lebensraum. Nachteil: Die Putzfrauen<br />

müssen spätabends arbeiten, weil bis 18<br />

Uhr Betrieb in der Schule ist.<br />

Heute hat jede zweite Hauptschule, haben<br />

216 Gymnasien und Realschulen sowie<br />

212 Gesamtschulen im Land Ganztagsunterricht.<br />

Die Gesamtschulen waren<br />

immer schon im Ganztag organisiert,<br />

bis die alte konservativ-liberale<br />

Landesregierung Gesamtschulgründungen<br />

nur noch im Halbtagsbetrieb genehmigte,<br />

dafür aber den Ganztagsausbau<br />

der Hauptschulen forcierte. Mit diesem<br />

Unsinn räumt die neue rot-grüne Lan-<br />

Offene Ganztagsgrundschule<br />

von einer Fachkraft, ehrenamtlichen<br />

Helfern, Studierenden und/oder Ein-<br />

Euro-Jobbern betreut. Für jede Gruppe<br />

steht zusätzlich eine fünftel Lehrerstelle<br />

bereit. Manche Gemeinden legen<br />

auf ihren finanziellen Pflichtanteil<br />

noch etwas drauf.<br />

Die Versorgung ist regional und sozial<br />

sehr unterschiedlich: In den Städten<br />

besucht über die Hälfte der Sechs- bis<br />

Zehnjährigen die OGT, auf dem Lande<br />

ist es nur knapp ein Drittel. In den besser<br />

situierten Kölner Stadtteilen beispielsweise<br />

nutzen drei Viertel der Eltern<br />

und Kinder das Angebot, in den<br />

desregierung auf. Knapp ein Drittel aller<br />

Schülerinnen und Schüler nimmt jetzt<br />

am Ganztagsangebot teil.<br />

Sparen und mogeln<br />

In den weiterführenden Schulen setzt<br />

sich der Trend fort, der in den vergangenen<br />

Jahren in den Grundschulen eine<br />

ungeahnte Dynamik entfaltete. Mit<br />

dem vier Milliarden schweren Investitionsprogramm<br />

der Bundesregierung<br />

von 2003 (s. Kasten links) konnte sich<br />

die Offene Ganztagsgrundschule (OGT)<br />

fast flächendeckend durchsetzen. Zu<br />

Recht kritisierte man sie als Sparprogramm<br />

und Mogelpackung. Denn unter<br />

ihrem Etikett verbirgt sich ein abgespecktes<br />

Betreuungsprogramm, für das<br />

die Eltern auch noch bezahlen müssen.<br />

Doch der ideologische Damm war gebrochen,<br />

der bis dahin im Westen um<br />

Ganztagsangebote gezogen wurde: Das<br />

Kind gehöre zur Mutter, hieß es, und:<br />

Ganztagsbetreuung sei der Versuch<br />

staatlichen Zugriffs auf die Kinder. Davon<br />

ist inzwischen keine Rede mehr.<br />

Nach wie vor werden jedoch Chancen<br />

vertan. Eine andere Organisation des<br />

Schulalltags mit einem rhythmisierten<br />

Wechsel von Arbeits- und Entspannungszeiten<br />

ermöglicht mehr pädagogische<br />

Spielräume. „Dann könnten Kinder<br />

mit Sprach- oder Matheproblemen<br />

besser gefördert werden oder Kinder mit<br />

besonderen Begabungen entsprechende<br />

Angebote erhalten“, sagt Rixa Borns,<br />

Leiterin der Fachgruppe Grundschulen<br />

der <strong>GEW</strong> NRW. Richtige Ganztagsschulen<br />

müssten daher, so Borns, „für<br />

alle verbindlich, über zusätzliche Lehrerstellen<br />

verfügen und natürlich kostenlos<br />

sein“.<br />

Karl-Heinz Heinemann, freier Journalist<br />

Hartz IV-Wohnbezirken lediglich 30<br />

Prozent.<br />

Elternbefragungen ergaben: Mütter<br />

und Väter sind zwar mit der Betreuung<br />

zufrieden, nicht aber mit der individuellen<br />

Förderung der Kinder. Für die Betreuung<br />

werden Elternbeiträge bis zu<br />

150 Euro plus Essensgeld fällig. Allein<br />

das widerspricht dem Anspruch, Ganztagsschule<br />

zu sein. Die Betreuungskräfte<br />

werden von den Jugendhilfeträgern<br />

eingestellt, oft unter Tarif bezahlt und<br />

in der Regel über Teilzeitverträge mit<br />

geringem Verdienst (weniger als 1000<br />

Euro im Monat) eingestellt. KH.H.<br />

GANZTAG<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 21


GANZTAG<br />

Weitere Infos unter<br />

www.ganztagsschulen.org.<br />

* Es gibt rund 10 800<br />

öffentliche Schulen (zusammen<br />

mit den alten<br />

IGS, inklusive Förderschulen),<br />

die Ganztagsbetrieb<br />

anbieten. Das<br />

entspricht etwa 41,4 Prozent<br />

der allgemein bildenden<br />

öffentlichen<br />

Schulen. (Quelle:<br />

BMBF, Daten von<br />

2008)<br />

Foto: Kay Herschelmann<br />

Den ganzen Raum füllen<br />

22 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

Potenziale sind nicht ausgeschöpft – es fehlt vor allem Personal<br />

Das Ganztagsprogramm, angeschoben<br />

2003 von der damaligen Bundesbildungsministerin<br />

Edelgard Bulmahn<br />

(SPD), hat den Unterricht verändert.<br />

Schülerinnen und Schüler lernen<br />

an Ganztagsschulen anders als in<br />

Halbtagsklassen. Dennoch ist die<br />

Schule am Vormittag bisher noch<br />

wenig mit dem Nachmittagsangebot<br />

verzahnt.<br />

Lustig war es mit den Berliner<br />

Philharmonikern. Wie die Hasenohren<br />

gewackelt haben als<br />

sie musizierten, die der Musiker<br />

und die der Kinder. Fünf<br />

Tage probten Viertklässler<br />

der Rixdorfer Grundschule in Berlin-<br />

Neukölln im April das Stück „Der Sängerkrieg<br />

der Heidehasen“. Am sechsten<br />

Tag führten sie diese Wagner-Parodie<br />

von James Krüss vor über tausend Zuschauern<br />

auf.<br />

Der Unterricht fiel während dieser Woche<br />

nicht etwa aus: „Das war der Unterricht”,<br />

ruft Schulleiterin Anke Peters begeistert<br />

aus. Die Schüler mussten sich<br />

bewegen, lange Textpassagen auswendig<br />

lernen und im Chor singen. „Musik,<br />

Sport und Deutsch – hier kam alles zusammen.“<br />

Peters ist seit drei Jahren Schulleiterin.<br />

2005 war die Schule als gebundene<br />

Ganztagsschule gestartet, formal hieß<br />

das, den Unterricht und damit die Anwesenheitspflicht<br />

zunächst für zwei erste<br />

Klassen bis 16 Uhr auszudehnen.<br />

Den Beschluss, sich in eine Ganztagsschule<br />

umzuwandeln, hatte die Schulkonferenz<br />

bereits vor längerer Zeit gefasst.<br />

In einem Kiez, der von dreckigen<br />

Bürgersteigen, viel Verkehr und wenig<br />

<strong>Geld</strong> geprägt ist, wollten Lehrende und<br />

pädagogische Fachkräfte die Schule als<br />

Lebensraum erobern. Und sich den<br />

Schülern, von denen über 90 Prozent<br />

von Haus aus nicht Deutsch sprechen,<br />

intensiver und individueller widmen.<br />

Rixdorfer Grundschule<br />

in Berlin-Neukölln: Ganztägige<br />

Bildung gelingt – dank der Kooperation<br />

mit Musikschule und<br />

Quartiersmanagement.<br />

Als die damalige rot-grüne Bundesregierung<br />

das Programm „Zukunft für Bildung<br />

und Betreuung (IZBB, s. Kasten<br />

Seite 19) auflegte, konnte sich die Rixdorfer<br />

Grundschule zusammen mit vielen<br />

anderen in der ganzen Bundesrepublik<br />

auf den Weg machen.*<br />

Das Bauprogramm IZBB war ein Erfolg.<br />

Doch veränderte es die Schulen auch<br />

von innen?<br />

Reformschub ausgelöst<br />

Ja, meint Stefan Appel. Er ist seit 25 Jahren<br />

Vorsitzender des Ganztagsschulverbandes.<br />

„Das Ganztagsschulprogramm<br />

hat einen Reformschub in der gesamten<br />

Pädagogik ausgelöst, den niemand für<br />

möglich gehalten hätte.“ Allerdings,<br />

schränkt er ein, gebe es viele Abstufungen.<br />

„Nicht überall, wo Ganztag draufsteht,<br />

ist auch Ganztag drin.“ Es gebe<br />

hervorragende Schulen, da hätten sich<br />

nicht nur der Tagesablauf komplett<br />

geändert, sondern auch der Unterricht<br />

und der Blick aufs Kind. Freizeit und


Lernen seien so miteinander verzahnt,<br />

dass richtige Bildungslandschaften entstanden<br />

wären.<br />

„In vielen Einrichtungen hat sich qualitativ<br />

aber fast nichts verändert“, beobachtet<br />

Appel. Dort finde vormittags wie<br />

gehabt Unterricht statt und nachmittags<br />

würden ein paar ergänzende Angebote<br />

präsentiert.<br />

Immerhin: „2007 hatten bereits über 70<br />

Prozent aller Ganztagsschulen ein pädagogisches<br />

Konzept für den ganzen<br />

Tag”, berichtet Wolfram Rollett vom Institut<br />

für Schulentwicklungsforschung<br />

(IfS) in Dortmund. Das IfS betreut zusammen<br />

mit dem Deutschen Jugendinstitut<br />

(DJI) in München und dem<br />

Deutschen Institut für Internationale<br />

Pädagogische Forschung (DIPF) in<br />

Frankfurt am Main die Studie zur Entwicklung<br />

von Ganztagsschulen (SteG)**.<br />

Die Ergebnisse der dritten Erhebung<br />

von 2009 werden im November vorgestellt.<br />

Vor drei Jahren stellten die Forscher fest,<br />

dass über die Hälfte der untersuchten<br />

Ganztagsschulen Konzepte für einen<br />

rhythmisierten Tagesablauf entwickelt<br />

hatten (s. E&W 10/2008). „Nur etwa ein<br />

Drittel der Grundschulen, aber drei<br />

Viertel der Sekundarstufenschulen gaben<br />

an, sie hätten den Unterricht über<br />

den ganzen Tag verteilt“, sagt Rollett.<br />

Den Zeittakt, den 45-Minuten-Rhythmus,<br />

behielten viele Schulen bei, offene<br />

wie gebundene.<br />

Unterricht entspannter<br />

Wenn Ganztagsschulen ihre Spielräume<br />

richtig nutzen wollten, dann müssten sie<br />

auch den Bildungsbegriff erweitern, sagt<br />

der Erziehungswissenschaftler Witlof<br />

Vollstädt. „Dann ist Lernen nicht mehr<br />

vordergründig auf die Aneignung eines<br />

Stoffkanons ausgerichtet, sondern dient<br />

auch der Persönlichkeitsentwicklung.“<br />

Praktisch bedeute dies: Die Schüler<br />

lernten selbstbestimmt zu arbeiten, sich<br />

eigene Lernziele zu setzen und diese anzusteuern,<br />

erläutert der Forscher, der<br />

viele Ganztagsschulen in Hessen beraten<br />

hat.<br />

So wie an der Erweiterten Realschule in<br />

der Gemeinde Wallerfangen bei Saarbrücken.<br />

„Unsere Schüler verlassen die<br />

Schule gestärkt. Sie sind sehr eigenständig<br />

und können sich gut organisieren“,<br />

beobachtet Schulleiterin Herta Wölfl.<br />

Seit diesem Schuljahr leitet sie die Einrichtung,<br />

die 2005 als erste Schule im<br />

Saarland Ganztagsklassen einführte.<br />

Der Unterricht am Vormittag entspannt<br />

sich durch das „Mehr an Zeit“, auch für<br />

die Lehrkräfte. „Man ist nicht mehr unter<br />

Zeitzwang und kann auch einmal et-<br />

was in den Nachmittag verlagern“, berichtet<br />

Wölfl. Und: Für offene Unterrichtsformen<br />

wie Lernzirkel, Stationenlernen<br />

und Projektarbeit sei „mehr<br />

Raum“.<br />

Viele Pädagogen trifft man auch nachmittags<br />

in der Schule an, ebenso wie viele<br />

ältere Schüler. „So ist immer Leben im<br />

Haus. Die Schule ist unser gemeinsamer<br />

Lernort, da entwickelt sich ein tolles Klima“,<br />

freut sich Wölfl.<br />

Im bayerischen Kolbermoor erlebt<br />

Schulleiter Friedrich Sparrer, wie das<br />

Ganztagskonzept nicht nur den Unterricht<br />

verändert, sondern auch die Rolle<br />

der Lehrerinnen und Lehrer. Die Pauline-Thoma-Hauptschule<br />

ist seit 2002<br />

teilgebundene Ganztagsschule. Rund<br />

die Hälfte der 530 Schüler lernt in gebundenen<br />

Ganztagsklassen. In den<br />

Klassenräumen wird gekocht und gemeinsam<br />

mit den Lehrerinnen und Lehrern<br />

zu Mittag gegessen.<br />

„Dadurch ergeben sich Gespräche wie<br />

im Schullandheim. Man lebt mehr zusammen“,<br />

erzählt der Schulleiter. Wer in<br />

Ganztagsklassen unterrichte, müsse sich<br />

daher bewusst sein: „Hier kann man<br />

sich nicht von den Kindern abgrenzen.<br />

Man wird fast zum Ersatz-Vater.“ Das<br />

könne mitunter anstrengend sein, doch<br />

die Vorteile überwiegen, glaubt Sparrer:<br />

„Man hat sofort eine Rückkopplung,<br />

kann unmittelbar eingreifen und sieht<br />

schneller Erfolge. Ein schöneres Arbeiten.“<br />

Noch Verbesserungsbedarf<br />

Für viele Ganztagsschulen sehen die<br />

Wissenschaftler der SteG-Studie aber<br />

noch Verbesserungsbedarf. Die Schulleitungen<br />

etwa äußerten sich im Schnitt<br />

nur mäßig zufrieden damit, wie Unterricht<br />

und Nachmittags-AGs miteinander<br />

verwoben sind. Eine Ausnahme bildeten<br />

die gebundenen Ganztagsschu-<br />

Ganztagsbetreute<br />

Kinder in den Ländern<br />

Der Anteil der Kinder und Jugendlichen,<br />

die in Ganztagsschulen lernen,<br />

an allen Schülerinnen und<br />

Schülern war 2008 in Sachsen mit 69<br />

Prozent am größten und in Bayern<br />

mit fünf Prozent am geringsten. An<br />

74 Prozent der Schulen findet die<br />

Betreuung in einer offenen Form<br />

bzw. im Nachmittagshort statt, lediglich<br />

acht Prozent der Ganztagsschulen<br />

haben ein vollständig gebundenes<br />

Angebot. (Quelle: BMBF,<br />

Stand Oktober 2009) J.A.<br />

len. Hier zumindest zeigten sich konzeptionelle<br />

Fortschritte.<br />

Wenn alle Schüler auch nachmittags<br />

verlässlich anwesend sind, lassen sich<br />

fächerübergreifende und zeitaufwändige<br />

Projekte wie an der Rixdorfer Grundschule<br />

leichter organisieren. Doch auch<br />

hier glückt die ganztägige Bildung nur,<br />

weil Partner vom Quartiersmanagement<br />

und der örtlichen Musikschule kräftig<br />

mithelfen.<br />

Ehrenamt und Profession<br />

Nahezu alle Ganztagsschulen kooperieren<br />

mit außerschulischen Unterstützern.<br />

Das ist auch gewollt. „Die Mitarbeit<br />

von außerschulischem Personal<br />

macht Schule lebendig und bereichert<br />

die klassische Lernkultur“, betont<br />

Schulforscher Rollett.<br />

Doch die Zusammenarbeit von Lehrund<br />

pädagogischen Fachkräften müsse<br />

gut organisiert werden. Dies sei häufig<br />

ein Problem an Ganztagsschulen, stellt<br />

Rollett fest. Es fehle die Zeit, sich über<br />

Konzepte abzustimmen und gemeinsame<br />

Materialien vorzubereiten. Dabei<br />

wünsche sich die Mehrheit aller Beteiligten<br />

eine bessere Kooperation und<br />

mehr Personal.<br />

„Es ist in den wenigsten Schulen möglich,<br />

den Vormittag und den Nachmittag<br />

sichtbar pädagogisch aufeinander zu<br />

beziehen, weil das Personal fehlt“, urteilt<br />

<strong>GEW</strong>-Schulexpertin Marianne<br />

Demmer. Um die pädagogische Qualität<br />

zu sichern, forderte sie, die Lehrerausstattung<br />

an Ganztagsschulen um 30 Prozent<br />

aufzustocken.<br />

Als Mitglied der Auswahlkommission<br />

für den Deutschen Schulpreis sieht die<br />

Ludwigsburger Pädagogikprofessorin<br />

Katrin Höhmann Jahr für Jahr die besten<br />

Schulen. „Ganztagsschulen brauchen<br />

Kontinuität im außerunterrichtlichen<br />

Bereich“, betont Höhmann. Sie sei froh<br />

über jeden Ehrenamtlichen, der sich an<br />

einer Schule engagiere. „Aber Ehrenamtliche<br />

sollten professionelle pädagogische<br />

Betreuung nicht ersetzen.“<br />

In Berlin, das bundesweit den höchsten<br />

Anteil gebundener Ganztagsschulen<br />

hat, klagen Schulleitungen seit längerem<br />

über fehlende pädagogische Fachkräfte.<br />

Eine Schule kehrte deswegen im<br />

vergangenen Jahr zum Halbtagsbetrieb<br />

zurück. Das kommt weder für Anke Peters<br />

in Berlin-Neukölln, noch Friedrich<br />

Sparrer in Bayern oder Herta Wölfl im<br />

Saarland in Frage. Wölfl geht sogar noch<br />

weiter: „Ich denke, Schulen, die sich<br />

pädagogisch entwickeln wollen, müssen<br />

Ganztagsschule werden. Das ist die Zukunft.“<br />

Anna Lehmann, taz-Redakteurin<br />

GANZTAG<br />

** Die Bildungsforscher<br />

Eckhard Klieme, Hans-<br />

Günter Holtappels und<br />

Thomas Rauschenbach befragten<br />

2007 für das<br />

Bundesministerium für<br />

Bildung und Forschung<br />

(BMBF) 323 Schulen zu<br />

Ausbau, Nutzung und<br />

Entwicklung von Ganztagsangeboten.<br />

2005<br />

sind die Ganztagsschuldaten<br />

zum ersten Mal<br />

erhoben worden.<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 23


GANZTAG<br />

Ganztagsschulkongress<br />

Der diesjährige<br />

Kongress des Bundesministeriums<br />

für Bildung und<br />

Forschung (BMBF)<br />

und der Kultusministerkonferenz<br />

(KMK) in Kooperation<br />

mit der<br />

Deutschen Kinderund<br />

Jugendstiftung<br />

(DKJS) findet am<br />

12. und 13. November<br />

im berliner congress<br />

centrum (bcc)<br />

statt. Er steht unter<br />

dem Motto „Lernkultur“.<br />

Kontakt:<br />

tagung@dkjs.de<br />

oder telefonisch<br />

unter:<br />

030/25 76 76 64.<br />

Internet:<br />

www.ganztaegiglernen.org/www/<br />

web56.aspx<br />

Foto: zplusz<br />

Langer Atem<br />

Was dem Um- und Ausbau nützt<br />

Die Bildungsgewerkschaft fordert ein<br />

zumindest bedarfsgerechtes Angebot,<br />

aber als „wirklicher“ rhythmisierter<br />

Ganztag, unterstreicht <strong>GEW</strong>-Schulexpertin<br />

Marianne Demmer. Wichtig<br />

sei, dass sich Schulen auf den Weg machen.<br />

Wie und was sie dabei beachten<br />

sollten, ist beispielsweise im „ABC<br />

der Ganztagsschule“ auf der <strong>GEW</strong>-<br />

Homepage nachzulesen. Ein Auszug<br />

aus dem Vorwort:<br />

Seit im Mai 2003 mit dem Investitionsprogramm<br />

des<br />

Bundes (s. Kasten Seite 19)<br />

der Startschuss für den Ausbau<br />

von Ganztagsschulen<br />

gegeben wurde, wird die<br />

<strong>GEW</strong> oft um Rat gefragt, was man tun<br />

müsse, damit sich eine Schule zur Ganztagsschule<br />

verändern kann. Daraus ist<br />

die Idee entstanden, eine „Handreichung“<br />

zum Aufbau von Ganztagsschulen<br />

zu schreiben. Die <strong>GEW</strong> stellte ein<br />

Redaktionsteam aus erfahrenen Wissenschaftlern,<br />

Praktikern und Organisationsberatern<br />

aus Schule und Jugendhilfe<br />

zusammen und merkte sehr schnell:<br />

den einen, für alle gültigen und gleichermaßen<br />

zum Ziel führenden Weg gibt es<br />

nicht. Zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen<br />

in den Bundesländern,<br />

24 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

die Schulformen, die örtlichen Gegebenheiten.<br />

Und schließlich und vor allem:<br />

Jede Schule hat ihr eigenes Profil,<br />

ihre eigenen Traditionen und Schwerpunkte,<br />

ihre speziellen Potenziale, ihre<br />

Lehrerinnen und Lehrer, ihre Kinder<br />

und Jugendlichen, ihre Eltern und Partner.<br />

Eine Ganztagsschule zu entwickeln,<br />

braucht einen klugen Plan, vor allem<br />

aber viele kleine Schritte und einen langen<br />

Atem.<br />

Baustein-Angebot<br />

Das „ABC der Ganztagsschule“* bietet<br />

eine Fülle Bausteine, die für den Aufund<br />

Umbau nützlich sind. Besonders<br />

wichtig ist der <strong>GEW</strong>,<br />

● dass Ganztagsschulen der individuellen<br />

Förderung aller Schülerinnen und<br />

Schüler dienen und Aussonderung<br />

vermeiden,<br />

● dass die Kinder und Jugendlichen in<br />

die Gestaltung des Schullebens, das<br />

ein großes Stück ihres Lebens ist, einbezogen<br />

und ihre Interessen ernst genommen<br />

werden,<br />

● dass die Schule ein aktiver Teil der<br />

Kommune wird, sich von der Umwelt<br />

inspirieren lässt und Mitverantwortung<br />

übernimmt für die Gestaltung<br />

einer kindgerechten Lebenswelt,<br />

● dass Jugendhilfe und Schule im System<br />

Ganztagsschule dauerhaft kooperieren,<br />

● dass professionell ausgestattete Arbeitsplätze<br />

für Pädagoginnen und<br />

Pädagogen geschaffen werden sowie<br />

Kinder und Jugendliche einen anregenden<br />

Lern- und Lebensort haben.<br />

Die Bildungsgewerkschaft hofft, dass<br />

mit der Entwicklung tausender Ganztagsschulen<br />

ein nachhaltiger Reformimpuls<br />

ausgelöst wird. Ganztagseinrichtungen<br />

sind eine Chance, dass die traditionelle<br />

Schule demokratischer wird, zu<br />

besseren Leistungen und Bildungserfolgen<br />

führt und in der Gesellschaft, vor<br />

Ort ein Zentrum des Miteinanders der<br />

Generationen entstehen kann. Allerdings<br />

– und dies sei mit großem Nachdruck<br />

gesagt: Ganztagsschulen erfüllen<br />

diese positive Funktion nur dann, wenn<br />

sie nicht zu „Verwahranstalten mit Suppenküche“<br />

werden. Vor lieblosen Billiglösungen<br />

ohne „Geist“, Konzept und<br />

Engagement müssen alle Beteiligten<br />

nachdrücklich gewarnt werden.<br />

Marianne Demmer, Leiterin des<br />

<strong>GEW</strong>-Organisationsbereichs Schule<br />

* ABC der Ganztagsschule. Ein Handbuch für Einund<br />

Umsteiger, herausgegeben von Marianne<br />

Demmer, Bernhard Eibeck, Katrin Höhmann, Martina<br />

Schmerr. Mit finanzieller Unterstützung des BMBF.<br />

Wochenschau Verlag, Februar 2005, 12,80 Euro, erhältlich<br />

im Buchhandel. S. auch unter<br />

www.gew.de/Publikationen_Ganztagsschule.html oder<br />

www.abc-der-ganztagsschule.de.<br />

Weitere Literatur<br />

zum Thema<br />

● „Ein neuer Beruf? Lehrerinnen<br />

und Lehrer an Ganztagsschulen“.<br />

Hrsg.: Dieter Wunder. Unter Mitarbeit<br />

von Marianne Demmer, Ludwig<br />

Eckinger, Ulrich Herrmann, Ulrike Kirschner,<br />

Bernd Martens, Heinz-Peter<br />

Meidinger, Dieter Wunder, Ivo Züchner.<br />

Erschienen 2008 im Wochenschau-Verlag.<br />

Mitglieder und Funktionäre können<br />

dieses Buch gegen eine Schutzgebühr<br />

(Mitgliedsvorzugspreis) von<br />

acht Euro bestellen (Ladenpreis<br />

12,80 Euro). Das Buch (Art.-Nr.<br />

1305) ist ab elf Exemplaren im<br />

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● „Arbeitsplatz Ganztagsschule –<br />

pädagogisch wertvoll! Handreichung<br />

für die sozialpädagogische<br />

Arbeit an Ganztagsschulen.“<br />

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gibt es zum Preis von fünf<br />

Euro inklusive Versandkosten über<br />

broschueren@gew.de.


Cartoon: Thomas Plaßmann<br />

„Dafür müssen wir kämpfen“<br />

E&W-Interview mit Ernst Dieter Rossmann, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion<br />

E &W: Herr Rossmann, viele freiberufliche<br />

Lehrkräfte in der Weiterbildung sind wütend<br />

auf die Politik. Im <strong>GEW</strong>-Schwarzbuch (s.<br />

Marginalspalte) schimpft eine Weiterbildnerin,<br />

selbst SPD-Mitglied: Für die Genossen<br />

reduzierten sich Bildungsthemen auf schulische<br />

Bildung. Was sagen Sie dieser Parteifreundin?<br />

Ernst Dieter Rossmann: Es gibt jetzt<br />

schon viele Mitstreiter in der SPD, die das<br />

anders sehen. Mit denen gilt es weiterkämpfen<br />

und so dazu beizutragen, dass<br />

Bildung nicht nur mit Schule oder Hochschule<br />

verbunden wird. Außerdem: die<br />

Gewerkschaften als wachsende Einflussgröße<br />

in der SPD mobilisieren. Schuldzuweisungen<br />

bringen uns aber nicht weiter.<br />

Im Übrigen sind erste Erfolge bereits<br />

erkennbar – etwa die Initiative des SPD-<br />

Bundestagsabgeordneten Olaf Scholz für<br />

den Mindestlohn in der Weiterbildung.<br />

E &W: Welche Chancen sehen Sie, dass die<br />

schwarz-gelbe Bundesregierung doch noch<br />

den Weiterbildungs-Branchentarifvertrag für<br />

allgemeingültig erklärt? Dann wäre der Weg<br />

frei für den Mindestlohn.<br />

Rossmann: Wir haben ja auch beim<br />

Mindestlohn für die Pflegebranche erlebt,<br />

dass die zuständige CDU-Ministerin,<br />

Ursula von der Leyen, lange zögerte.<br />

Bis sie erkannt hat, dass der Mindestlohn<br />

wichtig ist für die Qualität der Arbeit, für<br />

die Sicherheit der Beschäftigten. Es ist<br />

absolut notwendig, für Weiterbildung<br />

diesen Schlussstein noch in 2010 zu setzen.<br />

Dafür macht die SPD weiter Druck.<br />

E &W: Sie sind auch ehrenamtlicher Vorsitzender<br />

des Deutschen Volkshochschul-Verbandes.<br />

Wie sehen die Arbeitsbedingungen<br />

an den VHSn aus?<br />

Rossmann: Wir haben im Festanstellungsbereich<br />

eine angemessene Bezahlung.<br />

Bei den freien Kursleiterinnen<br />

und -leitern ist die Lage differenzierter<br />

zu sehen. Unter dem Dach der Volkshochschulen<br />

finden außerdem Sprachkurse<br />

für Migranten statt. Dort gibt es in<br />

„Sittenwidrig und menschenverachtend“<br />

<strong>GEW</strong>-Expertenrunde zur prekären Lage der Beschäftigten<br />

Teilen prekäre Arbeitsbedingungen. Das<br />

wissen wir. Und das ist bitter.<br />

E &W: Wie lässt sich das ändern?<br />

Rossmann: Für die Sprachkurse ist das<br />

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge<br />

(BAMF) und damit der Bundesinnenminister<br />

zuständig. Dort setzen wir<br />

uns für höhere Stundensätze ein. Die<br />

Volkshochschulen allgemein sind Sache<br />

der Kommunen. Wir müssen für eine<br />

bessere finanzielle Ausstattung der<br />

Kommunen sorgen. Deshalb braucht<br />

man eine Gewerbesteuer, die auch Arztpraxen<br />

und Rechtsanwaltskanzleien erfasst.<br />

Und: Die Kommunen brauchen<br />

generell mehr öffentliche Mittel über<br />

die Anhebung von Spitzensteuersätzen<br />

bei der Einkommensteuer. Die fließt ja<br />

bereits zu einem Teil in die Kommunen.<br />

Der Runde Tisch der <strong>GEW</strong> hat gezeigt:<br />

In der privat finanzierten Weiterbildung<br />

sind die Arbeitsbedingungen relativ gut.<br />

Dort, wo die Wirtschaft selbst <strong>Geld</strong> ausgibt,<br />

weiß sie also, dass Qualität ihren<br />

Preis hat. In der öffentlich finanzierten<br />

Weiterbildung muss es die gleichen<br />

Qualitäts- und Bezahlungsmaßstäbe geben.<br />

Dafür werden die Sozialdemokraten<br />

kämpfen.<br />

Interview: Matthias Holland-Letz,<br />

freier Journalist<br />

„Runder Tisch Weiterbildung“ am 17. September in Berlin: Die <strong>GEW</strong> präsentierte<br />

das Schwarzbuch „Beschäftigung in der Weiterbildung“* und diskutierte Missstände<br />

in der Branche mit Beschäftigten und Vertretern von Parteien, Gewerkschaften,<br />

Arbeitgebern und des Bundesarbeitsministeriums.<br />

„Sittenwidrig und menschenverachtend“ seien die Arbeitsbedingungen, machte<br />

Miriam Herrmann ihrem Unmut beim „Runden Tisch Weiterbildung“ Luft. Sie<br />

unterrichtet Migrantinnen und Migranten in München – als freiberufliche Lehrkraft<br />

für Deutsch als Fremdsprache (DaF). Eine anspruchsvolle, gesellschaftlich<br />

notwendige Aufgabe. Doch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge<br />

(BAMF) stellt dafür nur ein mageres Budget bereit. Die Folgen für bundesweit<br />

18000 DaF-Lehrkräfte: Nettoeinkommen pro geleisteter Arbeitsstunde von<br />

manchmal nur 3,50 Euro pro Stunde. Wer krank wird, bekommt kein <strong>Geld</strong>. Die<br />

Beiträge zur Sozialversicherung müssen die Lehrkräfte vollständig aus eigener<br />

Tasche aufbringen. Betriebsräte? Streikrecht? Fehlanzeige. „Wir sollen auch unterrichten,<br />

dass Deutschland ein Sozialstaat ist“, schimpfte Herrmann. „Ich werde<br />

jedes Mal rot dabei.“<br />

<strong>GEW</strong>-Weiterbildungsexpertin Stephanie Odenwald kündigte an, kurzfristig das<br />

Gespräch mit dem Deutschen Volkshochschul-Verband und dem BAMF zu suchen.<br />

„Pädagogische Arbeit muss anständig bezahlt werden“, forderte Odenwald.<br />

M. H.-L.<br />

WEITERBILDUNG<br />

Foto: imago<br />

Ernst Dieter<br />

Rossmann<br />

* Die Beschüre kann<br />

über den <strong>GEW</strong>-Shop<br />

bestellt werden, Best.-<br />

Nr. 1383 (www.gewshop.de,<br />

E-Mail:<br />

gew-shop@callagift.de,<br />

Fax: 06103-30332-20;<br />

Mindestbestellmenge<br />

zehn Stück, Einzelpreis<br />

zwei Euro).<br />

Im Internet unter:<br />

www.gew.de/Schwarz<br />

buch_Weiterbildung.html<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 25


Cartoon: Thomas Plaßmann<br />

BILDUNGSPOLITIK<br />

Politik duckt sich weg<br />

26 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

Der neue OECD-Bildungsbericht erteilt der Bundesrepublik schlechte Noten<br />

In keinem anderen vergleichbaren Industriestaat<br />

ist laut dem jüngsten<br />

OECD-Bericht die Studienneigung<br />

unter den jungen Menschen so gering<br />

wie in Deutschland. Doch mit statistischen<br />

Tricks rechnet sich die deutsche<br />

Bildungspolitik die Situation schön.<br />

EinmalimJahrgehtaufdie<br />

Bildungspolitiker von Bund<br />

und Ländern ein Donnerwetter<br />

hernieder. Immer dann,<br />

wenn die Organisation für<br />

wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (OECD) ihren<br />

jährlichen Bericht „Bildung auf einen<br />

Blick“ vorlegt, ist auf deutscher Seite<br />

wegducken, schweigen oder schnell von<br />

etwas ganz anderem reden angesagt. Dabei<br />

hat sich der kritische Befund der<br />

Wirtschaftsanalysten aus der Pariser<br />

OECD-Zentrale über das deutsche Bildungssystem<br />

in den vergangenen zwei<br />

Jahrzehnten kaum verändert: Nach wie<br />

vor gibt es zu viele Schulabbrecher und<br />

zu wenige Abiturienten. Von denen zu<br />

wenige dann auch den Weg in die Hochschule<br />

finden und erfolgreich ein Studium<br />

abschließen – vergleicht man die<br />

Bildungserfolgsquoten der Industrieund<br />

Exportnation Deutschland mit denen<br />

seiner wichtigsten Konkurrenten<br />

auf dem Weltmarkt.<br />

Fachkräftemangel<br />

Heute schon sind in Deutschland Lehrkräfte,<br />

Ärzte, Ingenieure und Naturwissenschaftler<br />

knapp. Fazit der OECD-<br />

Experten: Der deutsche Fachkräftemangel,<br />

insbesondere bei Hochqualifizierten,<br />

ist hausgemacht und wird in den<br />

kommenden Jahren noch dramatisch<br />

ansteigen. Auf Grund jahrelanger Versäumnisse<br />

hinkt Deutschland mit seinem<br />

Bildungssystem der internationalen<br />

Entwicklung meilenweit hinterher.<br />

OECD-Bildungskoordinator Andreas<br />

Schleicher sieht für die Bundesrepublik<br />

kaum noch Chancen, diesen Rückstand<br />

jemals aufzuholen.<br />

Zwar studieren heute in Deutschland so<br />

viele junge Menschen wie noch nie: 25<br />

Prozent eines Jahrgangs erwerben laut<br />

OECD-Bericht einen akademischen<br />

Abschluss. Doch im Schnitt der anderen<br />

Industrienationen sind dies inzwischen<br />

schon 38 Prozent.<br />

Während in vielen mit Deutschland<br />

konkurrierenden OECD-Staaten in den<br />

vergangenen Jahren die Zahl der Beschäftigten<br />

mit akademischem Abschluss<br />

fast explosionsartig in die Höhe<br />

schnellte, expandierte das deutsche<br />

Hochschulsystem im internationalen<br />

Vergleich allenfalls im Schneckentempo.<br />

Zwischen 1998 und 2008 stieg im<br />

Schnitt der 30 wichtigsten Industrienationen<br />

die Zahl der Erwerbstätigen mit<br />

Hochschulabschluss pro Jahr um 4,6<br />

Prozent – in Deutschland dagegen nur<br />

um 0,9 Prozent.<br />

Schavans Monstranz<br />

Dabei haben sich inzwischen nicht nur<br />

die Finanzminister von Bund und Ländern<br />

allerlei statistische Tricks einfallen<br />

lassen, um die deutschen Bilanzen bei


Bildung und Forschung mit eigenen,<br />

vom internationalen Standard abweichenden<br />

Berechnungsarten zu schönen.<br />

Bundesbildungsministerin Annette Schavan<br />

(CDU) und die meisten Kultusminister<br />

wollen dem nicht nachstehen und<br />

rechnen sich nun auch die Studierquoten<br />

passend. Wie eine Monstranz trägt<br />

Schavan derzeit die Botschaft vor sich<br />

her, dass in Deutschland 43 Prozent eines<br />

Jahrganges ein Studium aufnehmen.<br />

Nach den internationalen StatistikkriterienderOECDgerechnetsindesjedoch<br />

allenfalls 36 bis 38 Prozent.<br />

Der im Juni veröffentlichte deutsche Bildungsbericht<br />

von Bund und Ländern (s.<br />

E&W 7-8/2010) gibt erstmals versteckt<br />

Aufschluss darüber, wie diese Diskrepanz<br />

zustande kommt. Während in internationalen<br />

Statistiken bei der Berechnung<br />

der Studierquoten nur die Zahl der<br />

so genannten Bildungsinländer unter<br />

den Studienanfängern mit den entsprechenden<br />

Altersjahrgängen verglichen<br />

wird, werden bei der deutschen Statistik<br />

seit einigen Jahren alle Gaststudenten<br />

hinzugezählt – gleich, ob sie aus EUoder<br />

anderen Staaten kommen. Nur:<br />

Ein Großteil dieser ausländischen Studierenden<br />

wird wegen des immer noch<br />

rigiden deutschen Ausländer- und Zuwanderungsrechts<br />

auf dem deutschen<br />

Arbeitsmarkt nie Beschäftigung finden –<br />

und somit zur Schließung der Fachkräftelücke<br />

keinen Beitrag leisten können.<br />

Laut der jüngsten OECD-Analyse ist<br />

trotz der Wirtschaftskrise in Deutschland<br />

wie in fast allen anderen Industrienationen<br />

der Akademiker-Bedarf weiter<br />

gestiegen. „Es gibt keine Sättigung, der<br />

Ruf nach Höherqualifizierung auf dem<br />

Arbeitsmarkt hält weltweit an“, erläuterte<br />

der deutsche OECD-Vertreter Heino<br />

von Meyer bei der Präsentation.<br />

Dabei hat die weltweite Expansion der<br />

Hochschulabsolventenzahlen das durchschnittliche<br />

Akademikereinkommen<br />

kaum geschmälert. In Deutschland verdient<br />

ein Akademiker laut OECD-Bericht<br />

im Schnitt 67 Prozent mehr als ein<br />

Beschäftigter mit betrieblicher Ausbildung.<br />

In kaum einer anderen Nation ist<br />

der Gehaltsabstand so groß.<br />

In Deutschland gehen in den nächsten<br />

Jahren geburtenstarke Jahrgänge in Rente<br />

– die „Kinder der Bildungsexpansion“,<br />

die Ende der 1960er- und in den 1970er-<br />

Jahren studiert haben. Doch mit seinen<br />

aktuellen Studierendenzahlen wird<br />

Deutschland diese ausscheidenden Fachkräfte<br />

kaum ersetzen können, schreibt<br />

die OECD den deutschen Bildungspolitikern<br />

in ihr Jahreszeugnis. Erneutes Fazit:<br />

Versetzung extrem gefährdet.<br />

Max Loewe, Bildungsjournalist<br />

Foto: Kay Herschelmann<br />

Kürzungspolitik<br />

ist schädlich<br />

<strong>GEW</strong>-Kommentar: „Bildungsrepublik Deutschland bleibt Fata Morgana“<br />

Die „BildungsrepublikDeutschland“<br />

wird eine Fata<br />

Morgana bleiben.<br />

Allen Rechentricks<br />

der Finanzminister,Sonntagsreden<br />

der Politiker<br />

und Bildungsgipfeln<br />

der<br />

Ulrich Thöne Regierenden zum<br />

Trotz: Im internationalen<br />

Vergleich bestätigt sich, wie die<br />

aktuelle OECD-Studie „Bildung auf einen<br />

Blick“ zeigt, dass Bund und Länder<br />

sich seit vielen Jahren hartnäckig weigern,<br />

den Bildungsbereich ausreichend<br />

und angemessen zu finanzieren.<br />

Nach OECD-Angaben hat Deutschland<br />

2007 lediglich 4,7 Prozent seines<br />

Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Bildung<br />

ausgegeben. Unter den OECD-<br />

Ländern rangiert die Bundesrepublik<br />

damit nur noch vor der Slowakei,<br />

Tschechien und Italien. Zur Erinnerung:<br />

Angesichts der mit diesen Zahlen<br />

verbundenen gravierenden Mängel<br />

im deutschen Bildungssystem<br />

wurde im Herbst 2008 auf dem ersten<br />

Bildungsgipfel von Bund und Ländern<br />

in Dresden beschlossen, die<br />

Ausgaben für Bildung und Forschung<br />

bis 2015 auf zehn Prozent des BIP anzuheben<br />

(s. E&W 11/2008) – für die<br />

Bildung wurde eine Zielgröße von<br />

sieben Prozent des BIP angepeilt. Auf<br />

Basis der OECD-Zahlen hätte das bedeutet<br />

– und so wurde es zunächst<br />

auch öffentlich suggeriert –, jährlich<br />

mindestens 40 Milliarden Euro mehr<br />

in Kitas, Schulen, Hochschulen und<br />

die Weiterbildung zu investieren. Wer<br />

unter dieser von der Bundesregierung<br />

selbst gewählten Messlatte vorsätzlich<br />

und wissentlich zum wiederholten<br />

Mal durchspringt, verliert Glaubwürdigkeit.<br />

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) versprach<br />

noch im Juni beim dritten<br />

„Gipfeltreffen“ mit den Ministerpräsidenten<br />

in Berlin (s. E&W 7-8/2010),<br />

in jedem Fall dafür zu sorgen, dass in<br />

allen Regionen mehr öffentliche Gel-<br />

der in die Bildung fließen sollten, obwohl<br />

das Desaster schon eingetreten<br />

war. Die gravierende Unterfinanzierung<br />

der Bildung besteht fort und<br />

wird noch durch weitere Einsparungen<br />

flankiert. Statt mehr Studierende<br />

zu gewinnen, droht selbst die bescheidene<br />

BAföG-Reform endgültig zu<br />

scheitern (s. E&W 9/2010 und Seite<br />

4). Statt mehr Lehrkräfte auszubilden<br />

und einzustellen, wird beispielsweise<br />

im Saarland mit abgesenkter Eingangsbesoldung<br />

der Beamten kräftig<br />

weiter vom Lehramtsstudium abgeschreckt:<br />

statt den Kita-Ausbau zügig<br />

voranzutreiben, stellen viele Kommunen<br />

die gesetzlich schon beschlossene<br />

Ausweitung aufgrund fehlender<br />

Finanzen und mangelnder Fachkräfte<br />

in Frage. Die Kette der Versäumnisse<br />

ist lang. Dabei liegen die Rezepte, wie<br />

sich die Finanznot öffentlicher Haushalte<br />

abwenden ließe, auf der Hand.<br />

Fakt ist: Der Staat benötigt zur Finanzierung<br />

notwendiger Investitionen im<br />

Bildungssystem, aber auch in den Bereichen<br />

Arbeit und Umwelt sowie zur<br />

Sicherung eines leistungsfähigen Sozialstaates<br />

mehr <strong>Geld</strong>. Mehreinnahmen<br />

ließen sich durch eine umfassende<br />

Reform des Steuersystems beschaffen,<br />

indem z. B. der Spitzensteuersatz<br />

und die Körperschaftsteuer angehoben<br />

werden und Kapitaleinkommen<br />

und Dividenden mit individuellem<br />

Einkommensteuertarif vollständig<br />

besteuert werden. Unabdingbar ist<br />

ferner, die Vermögen- und Transaktionsteuer<br />

einzuführen. Unabdingbar<br />

auch, diejenigen stärker zu besteuern,<br />

die mit ihrem Kapitalvermögen die<br />

Krise überhaupt erst ausgelöst haben.<br />

Und: Politik muss endlich erkennen,<br />

dass ihre Spar- und Kürzungspolitik<br />

falsch ist. Sie schwächt den öffentlichen<br />

Sektor anstatt ihn zu stärken.<br />

Letzteres aber wäre volkswirtschaftlich<br />

doppelt vernünftig, weil mehr<br />

Qualifizierung nötig ist und mit öffentlichen<br />

Aufträgen ein deutlicher<br />

Beitrag geleistet würde, die wirtschaftliche<br />

Krise zu bekämpfen.<br />

Ulrich Thöne, <strong>GEW</strong>-Vorsitzender<br />

BILDUNGSPOLITIK<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 27


Foto: dpa<br />

BILDUNGSPOLITIK<br />

Jürgen Baumert<br />

„Die Schwächsten brauche<br />

28 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

E&W-Gespräch mit dem Bildungsforscher Jürgen Baumert<br />

Anlässlich der Emeritierung von<br />

Jürgen Baumert, bekannt geworden<br />

als „Mr. PISA“, sprach E&W mit dem<br />

ehemaligen Direktor des Max-Planck-<br />

Instituts für Bildungsforschung (MPI)<br />

in Berlin über soziale Ungleichheit<br />

zehn Jahre nach dem PISA-Schock.<br />

E &W: Herr Baumert, mit Blick auf den ersten<br />

PISA-Befund, bei dem der Zusammenhang<br />

von Schulerfolg und sozialer Herkunft<br />

die Nation schockierte, wo stehen wir heute?<br />

Fest steht: Noch immer hat ein Busfahrerkind<br />

bei gleichen Leistungen erheblich geringere<br />

Chancen, ein Gymnasium zu besuchen,<br />

als das Kind eines Studienrats.<br />

Jürgen Baumert: Dennoch hat sich die<br />

Situation im Vergleich zum Jahr 2000<br />

erheblich verändert. Noch in den<br />

1990er-Jahren war eine Mehrheit der<br />

Bildungspolitiker und der Öffentlichkeit<br />

der Meinung, Deutschland habe<br />

nicht nur ein erfolgreiches, sondern<br />

auch ein relativ leistungsgerechtes Bildungssystem.<br />

Heute ist Gerechtigkeit in<br />

der Bildung ein öffentliches Thema, mit<br />

dem man Wahlen verlieren kann. PISA<br />

hat der Öffentlichkeit die Augen geöffnet<br />

und der Bildungspolitik das Deutungsmonopol<br />

genommen.<br />

E &W: Worauf führen Sie die hohe öffentliche<br />

Aufmerksamkeit zurück?<br />

Baumert: PISA hat das Ausmaß der sozialen<br />

Disparitäten der Bildungsbeteiligung<br />

quantitativ verlässlich beschrieben<br />

und zugleich gezeigt, dass beim Kompetenzerwerb<br />

soziale Ungleichheiten eine<br />

große Rolle spielen. Dadurch wurde es<br />

zum ersten Mal möglich, Bildungsarmut<br />

inhaltlich, sozial und institutionell<br />

zu beschreiben. Das heißt: In welchen<br />

Bereichen wird eine für die gesellschaftliche<br />

Teilhabe notwendige Grundbildung<br />

unterschritten? Wer verfehlt die<br />

Mindeststandards? Und in welchen<br />

Schulformen oder Bundesländern werden<br />

Voraussetzungen für eine zukunftsfähige<br />

Berufsausbildung in welchem<br />

Maße nicht erreicht? Der internationale<br />

Vergleich belegte schließlich, dass in keinem<br />

OECD-Staat die Kopplung von<br />

sozialer Herkunft und Kompetenzerwerb<br />

so eng war wie in Deutschland.<br />

Nur in wenigen Vergleichsländern hatte<br />

Bildungsarmut einen ähnlichen Umfang.<br />

Bildungsarmut zu reduzieren,<br />

wurde zur größten gesellschaftlichen<br />

Herausforderung. Hier liegt heute noch<br />

der größte Handlungsbedarf.<br />

E &W: Im Vergleich zu Deutschland gelingt<br />

es den Finnen offensichtlich, soziale Unterschiede<br />

leistungsmäßig besser zu kompensieren.<br />

Warum?<br />

Baumert: Der flachere soziale Gradient,<br />

den Finnland bei PISA erzielte, d. h. der<br />

Indikator, der die Abhängigkeit der Testleistung<br />

von der sozialen Herkunft anzeigt,<br />

ist im Vergleich zur Bundesrepublik<br />

sicherlich zum Teil auf die unterschiedliche<br />

Sozial- und Zuwanderungsstruktur<br />

zurückzuführen. Aber wahrscheinlich<br />

spielen auch pädagogische<br />

Überzeugungen und entsprechende organisatorische<br />

Maßnahmen eine Rolle.<br />

Eine Mentalität des Abschiebens, die<br />

sich in Deutschland in hohen Sitzenbleiberquoten<br />

ausdrückt, existiert in<br />

Finnland nicht. Dementsprechend besser<br />

sind Frühdiagnosen und Frühförderung<br />

organisiert. Förderung ist individueller<br />

und zielgerichteter. Sonderpädagogen<br />

und Psychologen arbeiten in der<br />

Schule mit. Man muss nicht auf die Kinder-<br />

und Jugendhilfe warten, bis das<br />

Kind in den Brunnen gefallen ist. Die<br />

finnischen Pädagogen haben außerdem<br />

die Möglichkeit, Kinder mit gravierenden<br />

Problemen zusätzlich individuell<br />

zu fördern. Jedes Kind zählt.<br />

E &W: Das Beispiel Finnlands zeigt, dass<br />

durch ein längeres gemeinsames Lernen aller<br />

Kinder die Schulleistung nicht mehr so stark<br />

von der sozialen Herkunft abhängig ist.<br />

Baumert: Die verfügbaren Befunde legen<br />

bislang Folgendes offen: In den<br />

Fächern Mathematik, Naturwissenschaften<br />

oder Fremdsprachen geht die<br />

Leistungsentwicklung an den verschiedenen<br />

Sekundarschulen in Deutschland<br />

auseinander – und zwar auch dann,<br />

wenn beim Übergang die unterschiedlichen<br />

Leistungen zunächst konstant<br />

sind. Der Grund: Die Entwicklungsmilieus<br />

sind ganz andere – und damit auch<br />

ihr Fördereffekt. Das hängt sicher sowohl<br />

mit der unterschiedlichen sozialen<br />

Zusammensetzung der Schülerschaft als<br />

auch mit institutionellen Merkmalen zusammen:<br />

Curriculum, didaktische Tradition<br />

und die unterschiedliche Qualifikation<br />

der Lehrkräfte. Deshalb vergrößern<br />

sich herkunftsbedingte Kompe-<br />

tenzunterschiede. Wie sich die Gewinne<br />

und möglicherweise Kosten dieser Leistungsspreizung<br />

im Vergleich zur einheitlichen<br />

Grundschule aber im Einzelnen<br />

verteilen, dazu gibt es bislang – streng genommen<br />

– nur Vermutungen.<br />

E &W: Vor diesem Hintergund: Haben die<br />

Länder – mit Blick auf die sieben Aufgabenfelder,<br />

die die Kultusministerkonferenz<br />

(KMK) benannt hat – ihre PISA-Lektion<br />

gelernt? Fakt ist: Jedem fünften 15-Jährigen<br />

mangelt es auch heute noch an Basiskompetenzen<br />

in Rechnen und Schreiben. Die jungen<br />

Menschen verlassen die Schule ohne Grundausstattung<br />

für einen zukunftsfähigen Beruf.<br />

Da sind wir im Jahr 2010 doch keinen Schritt<br />

weitergekommen!<br />

Baumert: Doch, gerade hier zeigen sich<br />

erste Verbesserungen. Und es gibt auch<br />

Hinweise auf einen bemerkenswerten<br />

pädagogischen Mentalitätswandel: Die<br />

Sitzenbleiberquoten gehen gerade in<br />

den auffälligsten Ländern – etwa in Bremen<br />

– zurück. Denn: <strong>Kein</strong>e Schule<br />

kann mehr stolz auf ihre Selektionsleistung<br />

sein.<br />

E &W: Sie vertreten die These, dass die<br />

schwächsten Schüler die besten Lehrerinnen<br />

und Lehrer bräuchten.<br />

Baumert: Ja. Unterrichtliches Können<br />

beweist sich vor allem dann, wenn Verständnisschwierigkeiten<br />

und Motivationsprobleme<br />

bei Schülerinnen und<br />

Schülern auftreten. Je schwächer<br />

Schüler sind, desto größer muss das<br />

fachdidaktische Repertoire einer Lehrkraft<br />

sein. Dies gilt nicht nur für eine respektvolle<br />

Unterstützung bei Lernschwierigkeiten,<br />

sondern auch und gerade<br />

bei Motivationsproblemen. Der Funke<br />

springt nur, wenn das Interesse am<br />

fachlichen Inhalt geweckt wird. Dies gelingt<br />

nicht allein durch einen Wechsel<br />

der Sozialformen und persönlichen Zuwendung,<br />

sondern auch durch Vielfalt<br />

der Methoden und Erklärungen.<br />

E &W:WelcheLehrkräfteschwebenIhnenvor?<br />

Baumert: Wir brauchen Lehrkräfte, die<br />

fachlich, fachdidaktisch und allgemeinpädagogisch<br />

sowie psychologisch gleich<br />

gut ausgebildet sind. Die Befunde aus<br />

der an PISA-2003 angekoppelten Längsschnittuntersuchung<br />

von Mathematiklehrkräften<br />

(COACTIV) zeigten, dass<br />

Gymnasiallehrkräfte Pädagoginnen und


n die besten Lehrkräfte“<br />

Pädagogen anderer Ausbildungsgänge<br />

fachlich und fachdidaktisch überlegen<br />

sind. Dieser Qualifikationsvorsprung<br />

ermöglichte einen kognitiv anregenden<br />

und gleichzeitig unterstützenden Unterricht,<br />

der für größere Leistungsfortschritte<br />

an den Gymnasien sorgte. Die<br />

große PISA-Stichprobe, die diesen<br />

Nachweis erbrachte, war dafür besonders<br />

geeignet. Denn es beteiligten sich<br />

viele Klassen an Gymnasien und anderen<br />

Sekundarschulen, die sich nicht in<br />

den Eingangsvoraussetzungen, jedoch<br />

in der Qualifikation der Lehrkräfte unterschieden.<br />

Die Folge: abweichende<br />

Lernresultate der Schüler. Ergebnisse<br />

übrigens, die kürzlich durch eine Referendariatsstudie<br />

(COACTIV-R*) und<br />

eine internationale Vergleichsstudie<br />

(TEDS-M**) eindrucksvoll bestätigt<br />

wurden. Im allgemein-pädagogischen<br />

Wissen und Können deuteten sich dagegen<br />

leichte Vorteile der Nichtgymnasiallehrkräfte<br />

an. Sie kompensierten aber<br />

fachliche und fachdidaktische Mängel<br />

nicht. Was wiederum nicht heißt, dass<br />

die Gymnasiallehrerausbildung die beste<br />

aller denkbaren ist.<br />

E &W: Damit treten sie den pädagogisch<br />

und fachlich engagierten Haupt- und Realschullehrkräften<br />

aber gewaltig auf den<br />

Schlips!<br />

Baumert: Ja, ein Tabu, das jetzt glücklicherweise<br />

gleich mehrfach gebrochen<br />

wurde. Die „Friedensformel“ der Lehrerverbände,<br />

Gymnasiallehrkräfte mögen<br />

die besseren Fachwissenschaftler sein,<br />

aber die eigentlichen Pädagogen finde<br />

man an den anderen Sekundarschulen,<br />

ist ebenso falsch wie das Bonmot, an<br />

Gymnasien würden Fächer und an den<br />

anderen Schulen Kinder und Jugendliche<br />

unterrichtet. Der gediegene und variationsreiche<br />

Fachunterricht ist der<br />

Schlüssel zum Kompetenzerwerb – im<br />

Übrigen auch zum Erwerb so genannter<br />

Schlüsselqualifikationen, und zwar an<br />

allen Schulformen. Deshalb ist das kurze<br />

und daher unzureichende fachwissenschaftliche<br />

sowie fachdidaktische Studium<br />

für Realschul-, Grund- und Hauptschullehrkräfte<br />

eine der großen Bruchstellen,<br />

die man beseitigen muss, will<br />

man das Schulsystem vereinfachen.<br />

E &W: Welchen Weg schlagen Sie für die<br />

Lehrerausbildung vor?<br />

Foto: dpa<br />

Baumert: NRW geht den richtigen<br />

Weg. Das heißt: eine einheitliche Ausbildungsstruktur<br />

und Studiendauer,<br />

Masterabschluss, vergleichbare fachliche<br />

Ansprüche bei unterschiedlichen<br />

Akzenten. Wenn das langfristig angestrebte<br />

Bildungsziel für alle Schülerinnen<br />

und Schüler der mittlere Abschluss<br />

sein soll, benötigt die Mittelstufe gleich<br />

qualifizierte Pädagoginnen und Pädagogen<br />

für alle Sekundarschulen.<br />

E &W: Dann wäre für eine inklusive Schule<br />

eine einheitliche Lehrerausbildung zwingend.<br />

Baumert: Man kann die Reform der<br />

Schulstruktur – also das Schulsystem zu<br />

vereinfachen – nicht getrennt vom Umbau<br />

der Lehrerausbildung denken. Ob<br />

man beides gleichzeitig umsetzen kann,<br />

ist eine politische Frage. Aber es nicht<br />

gleichzeitig zu denken, ist ein strategischer<br />

Fehler.<br />

E &W: Sie haben in einer aktuellen Hauptschulstudie<br />

darauf hingewiesen, dass immerhin<br />

16 Prozent der Hauptschulen im Bundesdurchschnitt<br />

schwierige Schulmilieus haben.<br />

Besonders düster ist die Lage in den Hauptschulen<br />

in Bremen, Hamburg, Hessen und<br />

NRW. Sind Hauptschulen noch zu verantworten,<br />

wenn sie viele junge Menschen ohne<br />

Berufsperspektiven ins Leben entlassen?<br />

Baumert: Langfristig bin ich überzeugt,<br />

dass der Hauptschulabschluss nicht bestandsfähig<br />

ist. Außerdem: Alle Länder<br />

tendieren auch aus demografischen<br />

Gründen zur Zweigliedrigkeit. Die meisten<br />

Länder erweitern tendenziell das<br />

Angebot schulischer Bildungsgänge im<br />

Sekundarstufenbereich II, um mehrere<br />

Zugänge zur Hochschulreife bereitzustellen.<br />

Das sind pragmatische Wege,<br />

das Schulwesen zu öffnen. Sie verzichten<br />

auf einen „Kulturkampf“ mit dem<br />

Bildungsbürgertum und verändern<br />

trotzdem das System.<br />

BILDUNGSPOLITIK<br />

* COACTIV-R: Eine<br />

Studie zum Erwerb professioneller<br />

Kompetenz<br />

von Lehramtsanwärtern<br />

während des Vorbereitungsdienstes<br />

(s. auch<br />

im Internet unter:<br />

www.mpib-berlin.<br />

mpg.de/de/forschung/eub/<br />

projekte/coactiv_r.html)<br />

** TEDS-M: Teacher<br />

Education and Development<br />

Study in Mathematics.<br />

TEDS-M untersucht<br />

das mathematische,mathematikdidaktische<br />

und erziehungswissenschaftlicheWissen<br />

sowie die professionellen<br />

Überzeugungen<br />

und die Lerngelegenheiten<br />

angehender Mathematiklehrkräfte<br />

der Primarstufe<br />

und der Sekundarstufe<br />

I (s. auch<br />

im Internet unter:<br />

http://tedsm.huberlin.de/)<br />

„Der Anteil leistungsschwacher<br />

Jugendlicher liegt<br />

in Deutschland<br />

nicht bei vier Prozent,<br />

sondern bei<br />

einem Vielfachen.<br />

Deshalb muss es<br />

für diese Gruppe<br />

eine kontinuierliche,<br />

biografisch<br />

orientierte, individuelleFörderung<br />

geben.“<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 29


BILDUNGSPOLITIK<br />

E &W: Wenn man die Hauptschule abgeschafft<br />

hat, heißt das noch nicht, dass der<br />

Hauptschulabschluss wegfällt.<br />

Baumert: Letztlich ist immer die Frage<br />

entscheidend, welche Kompetenz hinter<br />

einem Abschluss steht. Die Entkoppelung<br />

von Kompetenz und Zertifikat<br />

kann eine gewisse Zeit gutgehen, wenn<br />

die Abnehmer im Vertrauen auf das Zertifikat<br />

nicht genau auf die Qualifikation<br />

schauen. In zukunftsfähigen Berufen ist<br />

das jedoch längst nicht mehr der Fall.<br />

Dieses Problem löst man nicht mit einem<br />

einheitlichen Abschluss, sondern nur<br />

mit verbesserter Schulbildung für alle<br />

Heranwachsenden, die beim Erwerb der<br />

Basiskompetenzen scheitern und dennoch<br />

einen Abschluss erhalten. Für den<br />

Ausbildungserfolg zählt die Kompetenz.<br />

E &W: Wie können Politik und Schule leistungsschwächere<br />

Schüler besser fördern, sodass<br />

sie nicht als Hartz IV-Empfänger enden?<br />

Baumert: Der Anspruch der Bildungspolitik<br />

und aller Lehrenden muss doch<br />

sein, die gesamte nachwachsende Generation<br />

zur gesellschaftlichen Teilhabe zu<br />

befähigen. Gleichzeitig muss man sich<br />

klarmachen, dass es immer eine relativ<br />

kleine Gruppe junger Menschen geben<br />

wird, etwa zwischen drei und vier Prozent<br />

des Altersjahrgangs, die dauerhafter<br />

Fürsorge bedürfen. Das Problem:<br />

Der Anteil leistungsschwacher Jugendlicher<br />

liegt in Deutschland nicht bei vier<br />

Prozent, sondern bei einem Vielfachen.<br />

Deshalb muss es für diese Gruppe eine<br />

kontinuierliche, biografisch orientierte,<br />

individuelle Förderung geben – und<br />

zwar so früh wie möglich.<br />

E &W: Ganz konkret: Wie lässt sich Bildungsarmut<br />

vermindern?<br />

Baumert: Es gibt keine durchschlagende<br />

Einzelmaßnahme. Verlangt sind kontinuierliche<br />

Aufmerksamkeit für Entwicklungsrisiken<br />

und auftretende Schwierigkeiten<br />

sowie schnelle Hilfe ohne Zuständigkeitsprobleme.<br />

In der Verantwortung<br />

stehen Kinder- und Familienhilfe ebenso<br />

wie die Krippe, der Kindergarten und die<br />

Schule. Für wirksame Hilfen sind zusätzliche,<br />

oft individuelle Betreuungs- und<br />

Lernzeiten sowie zusätzliche, auch unterschiedliche<br />

Personalressourcen notwendig.<br />

Bei einem begrenzten Budget ist das<br />

nur durch finanzielle Umverteilung und<br />

ungleiche Ausstattung der Bildungseinrichtungen<br />

je nach Bedarf vorstellbar. Alle<br />

Maßnahmen, die Mittel mit der Gießkanne<br />

verteilen, sind kontraproduktiv.<br />

Interview: Helga Haas-Rietschel,<br />

Redakteurin der „Erziehung und Wissenschaft“<br />

30 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

Testlauf<br />

Saarland plant drastische Einschnitte im öffentlichen Dienst<br />

Derzeit brodelt es unter den Lehrkräften<br />

im Saarland. Die Gewerkschaften<br />

des öffentlichen Dienstes befürchten,<br />

dass die Landesregierung kräftig am<br />

Personaletat sparen werde, damit das<br />

Land seine Verpflichtungen aus der<br />

Schuldenbremse (s. unten) einhalten<br />

kann. Geplant ist u.a., die Eingangsbesoldung<br />

im gehobenen und höheren<br />

Dienst ab 2011 zu senken.<br />

Die Schuldenbremse nötigt<br />

das Saarland, sein strukturelles<br />

Haushaltsdefizit, das<br />

in diesem Jahr bei 800 Millionen<br />

Euro liegt, bis 2020<br />

auf Null zu reduzieren.<br />

Konkret: Ab dem Haushaltsjahr 2011<br />

müssen deshalb pro Jahr 80 Millionen<br />

Euro eingespart werden. Falls dies nicht<br />

gelingt, entzieht der Bund dem Land die<br />

Strukturhilfen (Sonderzuweisungen) in<br />

Höhe von 265 Millionen Euro. Für 2011<br />

ist nach den Plänen der Landesregierung<br />

ein Sparbeitrag des öffentlichen Dienstes,<br />

der 40 Prozent des Gesamthaushalts<br />

ausmacht, von 30 Millionen Euro<br />

einkalkuliert. <strong>Geld</strong> einsparen will die Jamaika-Regierungskoalition<br />

durch folgende<br />

Maßnahmen:<br />

● Nullrunde für Beamte und Versorgungsempfänger,<br />

das Gleiche wird als<br />

Ergebnis der Tarifrunde im Frühjahr<br />

kommenden Jahres für die Tarifbeschäftigten<br />

erwartet;<br />

● Einführung einer Kostendämpfungspauschale<br />

in der Beihilfe mit sozialer<br />

Staffelung;<br />

● geringere Eingangsbesoldung im gehobenen<br />

und höheren Dienst um eine<br />

Stufe für zwei Jahre;<br />

● einjährige Wiederbesetzungssperre<br />

bei freiwerdenden Stellen (Ausnahme:<br />

Lehrkräfte, Polizei, Justizvollzug, Finanzbeamte,<br />

Richter);<br />

● Halbierung des Beförderungsbudgets<br />

von zwei auf eine Million.<br />

Der Plan, die Eingangsbesoldung im gehobenen<br />

und höheren Dienst abzusenken,<br />

trifft fast ausschließlich Lehrerinnen<br />

und Lehrer. Grund- und Hauptschullehrkräfte,<br />

bisher nach Besoldungsgruppe<br />

A12 eingestellt, sollen ab<br />

2011 nach A11 eingruppiert, Lehrkräfte<br />

an Realschulen, Gymnasien, Förderschulen<br />

und beruflichen Schulen sollen<br />

nach A12 statt nach A13 besoldet werden.<br />

Die Absenkung war ursprünglich<br />

für eine Dauer von drei Jahren geplant;<br />

nach Beratungen im Kabinett sind jetzt<br />

zwei Jahre anvisiert. Die Sparmaßnahmen<br />

sollen über eine Änderung des saarländischen<br />

Besoldungsgesetzes, d.h.<br />

mit der Verabschiedung des Landeshaushalts<br />

2011 Anfang Dezember beschlossen<br />

worden. Für die Versorgung<br />

der Schulen mit ausgebildeten Lehrkräften<br />

ist das ein verheerendes Signal: Man<br />

erwartet einen deutlichen Bewerberrückgang<br />

für den Schuldienst. Gerade<br />

in den Mangelfächern sowie im berufsbildenden<br />

Bereich wird geeignetes<br />

Personal künftig schwer zu finden sein.<br />

Viele Referendare haben bereits angekündigt,<br />

dass sie im nächsten Jahr in<br />

andere Bundesländer abwandern wollen.<br />

Der grüne Bildungsminister Klaus<br />

Kessler bestätigte gegenüber E&W,essei<br />

richtig, dass es von Seiten des Finanzministeriums<br />

einen Prüfantrag gebe, wie<br />

viel sich im Personaletat des öffentlichen<br />

Dienstes einsparen ließe, wenn<br />

man die Einstiegsgehälter im Lehrerberuf<br />

absenke. Beschlossen sei aber noch<br />

nichts. Für die derzeit beschäftigten<br />

Lehrerkräfte soll sich nach Angaben<br />

Kesslers am bestehenden Gehalts- und<br />

Besoldungsgefüge nichts ändern. Man<br />

muss jedoch kein Prophet sein, um zu<br />

erkennen, dass das Saarland mit diesen<br />

drastischen Einschnitten einen Testlauf<br />

probt. Zumindest für jene Bundesländer,<br />

die aufgrund der Schuldenbremse<br />

zu immensen Haushaltskürzungen gezwungen<br />

sind. Mittelfristig sieht die<br />

<strong>GEW</strong> Saarland nur eine Lösung: Die<br />

Schuldenbremse muss weg und die Einnahmeseite<br />

der Landeshaushalte verbessert<br />

werden.<br />

Willi Schirra, Geschäftsführer<br />

der <strong>GEW</strong> Saarland<br />

Schuldenbremse<br />

Die Schuldenbremse ist Anfang 2009 von der<br />

Föderalismuskommission beschlossen und danach<br />

im Grundgesetz verankert worden. Die Folge:<br />

Der Bund darf sich ab 2016 nur mit 0,35 Prozent<br />

des Bruttoinlandsproduktes (BIP) pro Jahr<br />

neu verschulden. Die Bundesländer sind verpflichtet,<br />

bis 2020 bei der Nettokreditaufnahme<br />

die Null-Prozent-Marke zu erreichen. Das zwingt<br />

die Länder bereits im kommenden Jahr zu massiven<br />

Einsparungen. Strukturschwache wie das<br />

Saarland erhalten Sonderzuweisungen. hari


Foto: Privat<br />

„<strong>Kein</strong>e Unterstützung“<br />

E&W-Interview mit dem saarländischen Bildungsminister Klaus Kessler<br />

Klaus Kessler<br />

war von<br />

1992 bis<br />

2009 <strong>GEW</strong>-<br />

Vorsitzender<br />

im Saarland.<br />

Als die Jamaika-Koalition<br />

im Oktober<br />

2009 an<br />

Klaus Kessler die Regierung<br />

kam, übernahm<br />

der Politiker der Grünen das<br />

Amt des Bildungsministers. Vor wenigen<br />

Tagen scheiterte eines seiner wichtigsten<br />

Vorhaben: die gemeinsame<br />

Grundschulzeit aller Kinder um ein<br />

Jahr zu verlängern.<br />

E &W: Herr Minister Kessler, warum ist<br />

das längere gemeinsame Lernen im Saarland<br />

gescheitert?<br />

Klaus Kessler: An der Landesregierung<br />

hat es nicht gelegen. Ich bin weiterhin<br />

der Überzeugung, dass Schülerinnen<br />

und Schüler möglichst lange gemeinsam<br />

lernen sollten. Die einzelnen<br />

Schulformen sind im Saarland in der<br />

Verfassung festgeschrieben, in einer Zusatzerklärung<br />

auch deren Länge. Um<br />

dies zu ändern, hätten wir die Stimmen<br />

der Opposition gebraucht. Sowohl SPD<br />

als auch Linke haben klar gesagt, dass sie<br />

dafür nicht zu gewinnen sind. Die Absage<br />

der SPD kam, ohne dass die Fraktion<br />

überhaupt mit uns gesprochen oder verhandelt<br />

hätte. Das hat mich schon gewundert.<br />

Offenbar geht es dabei um<br />

parteitaktische Erwägungen und nicht<br />

um Inhalte.<br />

E &W: Es gab aber auch konstruktive Kritik.<br />

Zum Beispiel: Ihr Modell sei halbherzig.<br />

Sie wollten nur ein fünftes gemeinsames<br />

Grundschuljahr, kein sechstes. Das sei unzureichend,<br />

sagte etwa die <strong>GEW</strong> im Saarland.<br />

Kessler: Ich persönlich halte sechs gemeinsame<br />

Jahre für sinnvoll. Doch das<br />

wäre mit unseren Koalitionspartnern<br />

von CDU und FDP nicht zu machen gewesen.<br />

Und in der Öffentlichkeit hätte<br />

es dafür auch keine Mehrheit gegeben.<br />

E &W: Stimmung wurde ja auch schon gegen<br />

die gemeinsame fünfte Klasse gemacht.<br />

Foto: dpa<br />

Elternverbände sammelten bereits Unterschriften.<br />

Warum ist es Ihnen nicht gelungen,<br />

diese Gruppen auf ihre Seite zu ziehen?<br />

Kessler: Die meisten Eltern, die gegen<br />

unser Vorhaben protestierten, haben<br />

Kinder, die ein Gymnasium besuchen<br />

oder demnächst auf eines wechseln sollen.<br />

Unter der Vorgängerregierung wurde<br />

an den Gymnasien G8 eingeführt. Die<br />

Proteste kamen auch unter dem Eindruck<br />

der Probleme, die G8 mit sich<br />

brachte, zustande. Viele Eltern befürchteten,<br />

ihren Kindern bliebe zu wenig Zeit<br />

am Gymnasium, wenn sie erst nach fünf<br />

Jahren die Grundschule beenden. Dabei<br />

spielten nicht nur rationale Überlegungen<br />

eine Rolle, sondern auch Ängste.<br />

E &W: Dann hätte man mit der Reform<br />

doch besser ein paar Jahre gewartet, bis sich<br />

derWirbelumG8gelegthat.<br />

Kessler: Ja, das war eine Überlegung.<br />

Aber wir wollten jetzt Bewegung in die<br />

Diskussion bringen. Denn nur in der<br />

derzeitigen Konstellation mit einer Jamaika-Koalition<br />

ist eine Verfassungsänderung<br />

überhaupt möglich. Diese einmalige<br />

Situation wollten wir nutzen.<br />

E &W: Erst die Volksabstimmung in Hamburg,<br />

bei der das längere gemeinsame Lernen<br />

durchfällt (s. E&W 9/2010), nun das Scheitern<br />

der Reform im Saarland: Muss man<br />

festhalten, dass es für weitere Grundschuljahre<br />

keine Mehrheit in Deutschland gibt?<br />

Kessler: Man muss zumindest feststel-<br />

len, dass die gesellschaftlichen Schichten,<br />

die wir mit dem gemeinsamen Lernen<br />

fördern wollen, uns nicht unterstützt<br />

haben. Migrantenfamilien und finanziell<br />

Schwache haben eben keine<br />

Lobby wie Familien aus besseren Stadtteilen.<br />

E &W: Welche Möglichkeiten haben Sie<br />

nun, am gemeinsamen Lernen doch noch<br />

festzuhalten?<br />

Kessler: Wir können und wir wollen<br />

keine Reform gegen den Willen der Bevölkerung<br />

durchsetzen. Wir wollen ja<br />

nicht mit dem Kopf durch die Wand.<br />

Aber es gibt noch Möglichkeiten über<br />

unser Zwei-Säulen-Modell, das wir anstreben.<br />

Nach vier Jahren Grundschule<br />

können die Schüler entweder auf das<br />

Gymnasium gehen, das nach insgesamt<br />

zwölf Jahren Schulzeit endet, oder auf<br />

die Gemeinschaftsschule mit insgesamt<br />

13 Jahren. In der Gemeinschaftsschule<br />

soll es längeres gemeinsames Lernen in<br />

den Klassen fünf und sechs geben, auf<br />

Beschluss der Schulkonferenz auch darüber<br />

hinaus.<br />

E &W: Aber dazu brauchen Sie doch auch<br />

eine Verfassungsänderung…<br />

Kessler: Schon, aber da wird die Opposition<br />

möglicherweise mitmachen, da<br />

sie Ähnliches auch schon gefordert hat.<br />

Interview: Georg Leppert, Redakteur der<br />

„Frankfurter Rundschau“<br />

BILDUNGSPOLITIK<br />

Reform<br />

gescheitert:<br />

Saarländische<br />

Grundschulkinder<br />

werden kein<br />

weiteres Jahr<br />

gemeinsam<br />

lernen.<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 31


HOCHSCHULE<br />

s. auch unter:<br />

www.gew.de/Templiner_<br />

Manifest_Personalstruk<br />

tur_und_Berufswege_in_<br />

Hochschule_und_<br />

Forschung_<br />

reformieren.html<br />

Hier können Sie das<br />

Manifest auch unterschreiben.<br />

Foto: imago<br />

Wer sich auf eine Karriere<br />

an der Hochschule einlässt,<br />

trägt ein hohes Risiko.<br />

„Traumjob Wissenschaft?“<br />

Im brandenburgischen Templin hat<br />

Anfang September die 4. <strong>GEW</strong>-Wissenschaftskonferenz<br />

mit 150 Gästen<br />

aus Politik, Gewerkschaft und Forschung<br />

stattgefunden. Im Zentrum<br />

stand die Frage nach den Karriereperspektiven<br />

an Hochschulen und Forschungsinstituten.<br />

Utopie in der Uckermark:<br />

Beim Barbecue am letzten<br />

Abend warf Andreas Keller<br />

einen Blick in die Zukunft:<br />

In zehn Jahren will<br />

er die Teilnehmenden der<br />

Wissenschaftstagung 2010 wieder am<br />

Ufer des Lübbesees begrüßen. Dann<br />

aber viele von ihnen als Professorinnen<br />

und Professoren. Das jedenfalls wünschte<br />

sich der <strong>GEW</strong>-Hochschulexperte als<br />

Erfolg des „Templiner Manifests“*, in<br />

dem die Bildungsgewerkschaft ihre For-<br />

32 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

<strong>GEW</strong>-Konferenz: „Karrierewege in Hochschule und Forschung“<br />

derungen zu den Nachwuchskarrieren<br />

der wissenschaftlich Beschäftigten zusammenfasst.<br />

Das Manifest stand im<br />

Mittelpunkt der Debatten.<br />

Etliche, oft gar nicht mehr so junge Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler<br />

waren nach Brandenburg gereist, weil<br />

ihnen das Konferenzthema buchstäblich<br />

unter die Haut geht: Die Lage der<br />

wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter an den Hochschulen,<br />

die im Alter von Mitte 30 bis Mitte 40<br />

im Prinzip dem Nachwuchsstadium<br />

entwachsen sind, sich aber immer noch<br />

von einer befristeten Stelle zur nächsten<br />

hangeln.<br />

Am Pranger stand die prekäre Situation<br />

der Hochschulbeschäftigten unterhalb<br />

der Ebene des Pofessors – betroffen davon:<br />

fast 90 Prozent des gesamten wissenschaftlichen<br />

Personals. Ganz anders<br />

ist die Lage etwa in den USA. Dort sei<br />

das Verhältnis beinahe umgekehrt, so<br />

der Direktor des Wittenberger Instituts<br />

für Hochschulforschung, Reinhard<br />

Kreckel, der die universitären Karrierewege<br />

in den USA und in Deutschland verglich:<br />

Über 80 Prozent der Hochschul-<br />

Wissenschaftler seien in den Vereinigten<br />

Staaten Professoren, Assistenzprofessoren<br />

oder Anwärter auf eine Professur mit<br />

einer Dauerstelle. In der Bundesrepublik<br />

sei dagegen die Barriere zwischen<br />

dem akademischen Mittelbau und der<br />

Professur so hoch wie nirgendwo sonst<br />

in der Welt. Kreckel unterstrich: „Die<br />

deutschen Hochschulen brauchen dauerhafte<br />

Stellen und Wissenschaftlerlaufbahnen<br />

unterhalb und neben der Professur<br />

– auch eine zentrale These des<br />

‚Templiner Manifests‘“.<br />

Hohes Risiko<br />

Wer sich heute auf eine wissenschaftliche<br />

Karriere einlässt, muss wissen,<br />

welch hohes Risiko er oder sie eingeht.


Von 200 Universitätsabsolventen promovieren<br />

etwa 25 bis zum 30. Lebensjahr.<br />

Nur jeder Zehnte habilitiert sich.<br />

Doch auch wer es bis dahin geschafft hat<br />

und im Durchschnitt 42 Jahre alt ist, habe<br />

nicht einmal zu 50 Prozent eine<br />

Chance, auf einer der begehrten Professorenstellen<br />

zu landen, analysierte Anke<br />

Burkhardt vom Wittenberger Hochschulforschungsinstitut.<br />

In den zehn Jahren von 1998 bis 2008<br />

seien Stellen für Dozenten und Assistenten<br />

rasant abgebaut worden, zugelegt<br />

hätten lediglich die Gruppen der<br />

wissenschaftlichen Mitarbeiter und<br />

Mitarbeiterinnen sowie der Lehrbeauftragten,<br />

berichtete Georg Jongmanns vom<br />

Hochschul-Informations-System (HIS)<br />

in Hannover. Wissenschaftliche Mitarbeiter<br />

haben laut Jongmanns Angaben<br />

zu fast 90 Prozent befristete Stellen –<br />

und fast ebenso groß ist die Gruppe der<br />

Teilzeitbeschäftigten. „Das Wissenschaftler-Zeitvertragsgesetz<br />

lässt es zu,<br />

dass sich jemand zwölf Jahre von Vertrag<br />

zu Vertrag hangelt“, kritisierte der HIS-<br />

Zu viele Fristverträge<br />

Niklaas Hofmann<br />

Niklaas Hofmann, 30,<br />

ist Doktorand an der<br />

FU Berlin im Fachbereich<br />

Geschichte Lateinamerikas:<br />

„Es gibt<br />

in der Universität viele<br />

Aufgaben im Bereich<br />

der Lehre, im Wissenschaftsmanagement<br />

und in der Forschung, die Mitarbeiter<br />

mit befristeten Verträgen erledigen.<br />

Für diese Arbeitsfelder<br />

brauchen wir dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse.“<br />

Forscher. Ein Teilnehmer fügte hinzu,<br />

dass er in sechs Jahren auf neun verschiedenen<br />

Stellen gearbeitet habe.<br />

Modell „Tenure Track“<br />

In den vergangenen Jahren eröffnete die<br />

Politik mit Juniorprofessur und Nachwuchsgruppenleitung<br />

in außeruniversitären<br />

Forschungseinrichtungen neue<br />

Karrierewege. Vorbild ist das US-amerikanische<br />

Modell des „Tenure Track“ –<br />

Nachwuchsstellen, die zum Ablauf eines<br />

Vertrages nicht im Nichts enden,<br />

sondern die Perspektive auf Übernahme<br />

einer Professur haben. Doch die Erfahrungen<br />

mit diesem System seien widersprüchlich,<br />

dämpfte Silke Gülker vom<br />

Wissenschaftszentrum Berlin (WZB)<br />

die Erwartungen. Fakt sei: Statt der geplanten<br />

6000 wurden nur knapp 1000<br />

Juniorprofessorenstellen eingerichtet.<br />

Immerhin sei der Frauenanteil relativ<br />

hoch: 36 Prozent. Doch die Juniorprofessur<br />

habe die Habilitation als die entscheidende<br />

Zugangshürde nicht abbauen<br />

können, stellte Gülker fest. Etwa die<br />

Hälfte der Juniorprofessoren und drei<br />

Viertel der Nachwuchsgruppenleiter habilitierten<br />

sich deshalb neben dem Job.<br />

Natürlich könne nicht jeder, der promoviert,<br />

Professor werden, gestand Andreas<br />

Keller zu. Es wäre aber geboten,<br />

Promovierten frühzeitig Klarheit über<br />

ihre Karriereaussichten zu verschaffen:<br />

Denn die Entscheidung für eine Hochschullaufbahn<br />

müsse früher getroffen<br />

werden können - und nicht erst im Alter<br />

von 40 oder 45 Jahren, wenn als Alternative<br />

nur noch Journalist oder Taxifahrer<br />

bleibt. Der Flaschenhals, durch den<br />

die Postdocs sich zwängen müssten,<br />

brauche eine zweite Öffnung, ist Keller<br />

überzeugt. „Neben der Professur gibt es<br />

einen Bedarf an dauerhaften Wissenschaftlerstellen.“<br />

Zeitverträge seien allenfalls<br />

etwas für die, die sich noch qualifizierten,<br />

für Doktoranden am Beginn<br />

ihrer Laufbahn.<br />

Zwar stellten sich die wissenschaftspolitischen<br />

Sprecher von CDU, SPD, Grünen<br />

und Linken hinter die Forderung<br />

des Manifests nach verlässlicheren beruflichen<br />

Perspektiven des wissenschaftlichen<br />

Personals. Doch wie wollen sie<br />

diese in der Praxis gewährleisten? Zurzeit<br />

geht es den Politikern mehr um Exzellenzwettbewerb,<br />

Hochschulpakt und<br />

zusätzliche Studienplätze. Doch wie<br />

wird verhindert, dass befristet eingestellte<br />

Wissenschaftler die Hauptlast eines<br />

künftigen Studierendenandrangs tragen?<br />

Krista Sager von den Grünen verband<br />

die Diskussion um den Hochschulausbau<br />

deshalb mit einer Personaldiskussion:<br />

Sie plädierte für Dauerstellen<br />

für Wissenschaftler, die die Aufgaben<br />

in der Lehre oder dem Hochschulmanagement<br />

schultern. Stefan<br />

Kaufmann von der CDU-Fraktion trat<br />

dafür ein, dass das unsinnige Kooperationsverbot<br />

im Grundgesetz wieder aufgehoben<br />

wird. Es hindere den Bund daran,<br />

den Hochschulausbau finanziell zu<br />

unterstützen. Thomas Kathöfer, Generalsekretär<br />

der Hochschulrektorenkonferenz<br />

(HRK), sah die Lösung in einem<br />

guten Personalmanagement. Nachdenklich<br />

stimmte den HRK-Vertreter allerdings<br />

eines: In der von einer Personalberatungsfirma<br />

erhobenen Liste der<br />

beliebtesten Arbeitgeber der besten<br />

Hochschulabsolventen tauchten die<br />

Hochschulen nicht auf. Eine klare Aussage,<br />

dass es neben der Professur einen<br />

Bedarf an unbefristet arbeitenden wissenschaftlichen<br />

Beschäftigten gibt, war<br />

von ihm jedoch nicht zu hören. So blieben<br />

am Ende nur politische Lippenbekenntnisse.<br />

Professor oder<br />

Hartz IV-Empfänger<br />

Rajah Scheepers, 35,<br />

Theologin im Bereich<br />

Kirchengeschichte an<br />

der Leibniz Universität<br />

Hannover. Die<br />

promovierte Wissen-<br />

Rajah Scheepers<br />

schaftlerin und Mutter<br />

zweier kleiner Kinder schreibt<br />

seit fünf Jahren an ihrer Habilitation:<br />

„Es gibt keine wirklich sinnvolle<br />

Alternative zur Hochschullehrkraft.<br />

Entweder man wird, überspitzt formuliert,<br />

nach der Habilitation Professor<br />

oder Hartz IV-Empfänger. Für<br />

alle anderen Berufe ist man gnadenlos<br />

überqualifiziert.“<br />

Fotos: Privat<br />

Karl-Heinz Heinemann, freier Journalist<br />

HOCHSCHULE<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 33


HOCHSCHULE<br />

Hochschulen<br />

wollen ihre<br />

Bewerber lieber<br />

selbst in Augenschein<br />

nehmen<br />

und Studienplätze<br />

vergeben, sind<br />

damit aber überfordert.<br />

Foto: imago<br />

Dezentrales Chaos<br />

34 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

Hochschulen suchen sich Bewerber aus – zum Nachteil der Studis<br />

Die Zentralstelle für die Vergabe von<br />

Studienplätzen (ZVS) spielt heute<br />

kaum mehr eine Rolle. Das sorgt allerdings<br />

an vielen Hochschulen, die im<br />

Wesentlichen diese Aufgabe übernommen<br />

haben, für gravierende organisatorische<br />

Probleme: Mancher Platz im<br />

Hörsaal bleibt leer – obwohl es genügend<br />

Interessenten gibt.<br />

Verena K. ist eine Bewerberin,<br />

wie sie sich Hochschulen<br />

wünschen. Gute Abi-<br />

Note, ein Jahr im Ausland<br />

verbracht, trotzdem erst 19<br />

Jahre alt, mit großem sozialen<br />

Engagement in Vereinen. Sie hätte<br />

sich deshalb gar nicht an fünf Universitäten<br />

für ein Wirtschaftsstudium bewerben<br />

müssen. Sie tat es trotzdem, um<br />

ihre Chancen zu vergrößern, und erhielt<br />

von vier Hochschulen eine Zusage.<br />

Die junge Frau aus der Nähe von Darmstadt<br />

entschied sich für die Uni Mannheim.<br />

Den drei anderen Universitäten<br />

sagte sie jedoch nicht ab. Als klar wurde,<br />

dass Verena K. dort ihr Studium nicht<br />

antreten würde, war es für mögliche<br />

Nachrücker zu spät. Ihr Studienplatz<br />

blieb an drei Orten unbesetzt.<br />

Andreas Keller kennt viele solcher Fälle.<br />

Geschuldet seien sie dem Bedeutungsverlust<br />

der Stiftung für Hochschulzulassung<br />

„hochschul-START.de“, vormals<br />

ZVS, so der <strong>GEW</strong>-Hochschulexperte.<br />

Nur noch in Medizin, Pharmazie, Tierund<br />

Zahnmedizin vergibt die in Dortmund<br />

ansässige Einrichtung die Plätze.<br />

In allen anderen Studiengängen entscheiden<br />

die Hochschulen über die Vergabe<br />

ihrer Studienplätze dezentral.<br />

Genau das hatten vor allem die großen<br />

Universitäten jahrelang vehement gefordert:<br />

Man wolle die Bewerberinnen<br />

und Bewerber selbst in Augenschein<br />

nehmen, hieß es, sich nicht auf Abi-Note<br />

oder Wartezeit verlassen, sondern Gespräche<br />

führen, einzelne Abi-Noten besonders<br />

gewichten ...Die7.Novelledes<br />

Hochschulrahmengesetzes (HRG) 2004<br />

ermöglichte schließlich, dass Hochschulen<br />

heute 60 Prozent ihrer Studierenden<br />

selbst auswählen können. Übrigens<br />

auch in den zentralen Verfahren,<br />

die über die ZVS laufen.<br />

Was die Hochschulen offenbar unterschätzt<br />

hatten: Die Schulabgänger nutzten<br />

ihrerseits die neuen Chancen und<br />

bewarben sich gleichzeitig an zahlreichen<br />

Studienorten. „Manche an acht<br />

oder neun Hochschulen“, wie Heidemarie<br />

Barthold aus dem Referat für Lehrund<br />

Studienangelegenheiten an der<br />

Frankfurter Goethe-Universität berichtet.<br />

Da die einzelnen Unis und Fachhochschulen<br />

sich nicht über ihre Bewerberlage<br />

austauschen, kommt es häufig<br />

vor, dass Einzelne gleichzeitig mehrere<br />

Zusagen erhalten. Die Folge: unbesetzte<br />

Studienplätze.<br />

<strong>GEW</strong> für zentrale Vergabe<br />

Für Andreas Keller steht daher fest: Ein<br />

zentrales Verfahren muss wieder her.<br />

Vom Anspruch der Hochschulen, sich<br />

Studierende nach eigenen Kriterien auszuwählen,<br />

hält die <strong>GEW</strong> zwar nichts.<br />

Aber: „In der aktuellen Debatte ist der<br />

springende Punkt ein anderer: Man hat<br />

ohne Not fast alle Studiengänge aus<br />

dem zentralen Verfahren genommen<br />

und die ZVS in eine Servicestelle umgewandelt.<br />

Deshalb bleiben Semester für<br />

Semester Studienplätze unbesetzt“, kritisiert<br />

Keller. Das sei angesichts des<br />

Mangels und Andrangs der Bewerber inakzeptabel.<br />

Um auch in den dezentralen Verfahren<br />

möglichst viele Studienplätze vergeben<br />

zu können, lässt inzwischen die Hochschulrektorenkonferenz<br />

(HRK) mit<br />

Mitteln des Bundesbildungsministeriums<br />

(BMBF) ein „dialogorientiertes<br />

Serviceverfahren“ entwickeln. Keller<br />

glaubt nicht daran, dass sich wirklich alle<br />

Unis und Fachhochschulen freiwillig<br />

an diesem neuen Verfahren beteiligen.<br />

„Das ganze System funktioniert aber<br />

nur, wenn wirklich alle Hochschulen in<br />

Deutschland mitmachen.“<br />

Daran aber droht es zu scheitern, wie die<br />

Sprecherin der Universität Hamburg,<br />

Birgit Kruse, bestätigt: „Wir sehen bei einer<br />

zentralen Vergabestelle derzeit für<br />

uns noch keine Vorteile.“ Kruse verweist<br />

auf das Hamburger System zur Zulassung,<br />

das außerordentlich schnell arbeite<br />

und mit 36 Hochschulen abgestimmt<br />

sei. Die Bewerber bekämen besonders<br />

früh eine Zu- oder Absage, Hochschule<br />

und Studierende hätten auf diese Weise<br />

Planungssicherheit.<br />

Das Problem ist nur, dass nicht alle Universitäten<br />

zu einem so frühen Zeitpunkt<br />

wie Hamburg über Bewerbungen entscheiden<br />

können oder wollen und die<br />

36 Hochschulen, mit denen sich die<br />

Verantwortlichen aus der Hansestadt abstimmen,<br />

nur einen Bruchteil der Hochschullandschaft<br />

in Deutschland darstellen.<br />

Insofern ist durch das Hamburger<br />

System bundesweit nicht viel gewonnen.<br />

Andere Universitäten, wie Frankfurt<br />

am Main, zeigen sich gegenüber einer<br />

gemeinsamen Vergabestelle aufgeschlossener,<br />

„wenn wir dabei unsere eigenen<br />

Kriterien anlegen können“,<br />

schränkt Heidemarie Barthold ein. Im<br />

Klartext: Abstimmung ja, aber die erlangte<br />

Autonomie will man sich nicht<br />

wieder nehmen lassen.<br />

Sollte es den Hochschulen nicht gelingen,<br />

sich auf ein gemeinsames Vergabesystem<br />

zu einigen, sei der Bund in der<br />

Pflicht, diese per Gesetz zu verpflichten,<br />

sich an einer zentralen Studienplatzvergabe<br />

zu beteiligen, fordert der <strong>GEW</strong>-<br />

Hochschulexperte. Denn für ihn ist<br />

klar: Allzu viele Fälle wie den von Verena<br />

K. darf es nicht mehr geben.<br />

Georg Leppert, Redakteur<br />

der „Frankfurter Rundschau“


Multikulturelle Lehrerzimmer:<br />

noch ein weiter Weg<br />

Ein bundesweites Integrationsprogramm wirbt um Lehrkräfte mit Migrationshintergrund<br />

Zurzeit ist das Thema Integration in<br />

aller Munde. Geredet wird über Versäumnisse<br />

der Politik, Barrieren zwischen<br />

den Kulturen, Parallelgesellschaften-Gettos,<br />

Defizite in der Bildung.<br />

Das Bundesinnenministerium<br />

hat im September ein bundesweites Integrationsprogramm<br />

initiiert, um<br />

mehr Studierende aus Migrantenfamilien<br />

für den Lehrerberuf zu gewinnen.<br />

Fest steht: Der Weg zu einem<br />

multikulturellen Lehrerzimmer ist<br />

noch weit.<br />

Dilek Yalman war fünf, als sie<br />

nach Deutschland kam.<br />

Was sie einmal werden<br />

wollte, wusste sie damals<br />

schon: Lehrerin. Hürden<br />

hatte die junge Türkin auf<br />

ihrem Weg einige zu überwinden: die<br />

deutsche Sprache, das Abitur, das Studium.<br />

Die vielleicht höchste, die sie meisterte,<br />

war aber die Skepsis ihrer Eltern:<br />

Die wünschten sich nichts<br />

mehr als eine Akademikerin<br />

als Tochter – aber Pädagogin?<br />

„Nein“, sagt die angehende<br />

Gymnasiallehrerin, die in<br />

Berlin ihren Master macht,<br />

„Anwältin oder Ärztin, das<br />

hätten sie gern gesehen. Vom<br />

Lehrerberuf musste ich sie<br />

lange überzeugen. Immerhin:<br />

Heute stehen sie hinter mir.“<br />

Dafür, dass mehr als 35 Jahre nach Beginn<br />

des Familiennachzugs aus den ehemaligen<br />

„Gastarbeiter-Ländern“ der<br />

Schritt vom multikulturellen Klassenzu<br />

einem ebensolchen Lehrerzimmer<br />

noch längst nicht gemacht ist, gibt es<br />

viele Gründe. Ein wesentlicher: Der<br />

Lehrerberuf ist nicht attraktiv – auch<br />

und gerade nicht für die aufstiegsorientierten<br />

Kinder der zweiten und dritten<br />

Generation. Ein Blick auf die Zahlen<br />

zeigt: Unter deutschstämmigen Studierenden<br />

entscheidet sich mit zwölf Prozent<br />

mehr als jeder Zehnte für ein Lehramtsstudium;<br />

unter Migranten ist es mit<br />

sechs Prozent nur gut jeder Zwanzigste.<br />

Das hat viele Ursachen: Auch in<br />

Deutschland stehen Juristen, Mediziner<br />

❞ Mit der<br />

Globalisierung<br />

des Lehrerzimmers<br />

ist es nicht<br />

getan.❝<br />

und Ingenieure höher im Kurs als<br />

Pädagogen; zudem sind die sprachlichen<br />

Anforderungen in anderen<br />

Fächern niedriger.<br />

Ohne Rückfahrtticket<br />

Sanem Kleff, Leiterin des Projekts „Schule<br />

ohne Rassismus – Schule mit Courage“<br />

und langjährige Vorsitzende des<br />

Bundesausschusses für multikulturelle<br />

Angelegenheiten in der <strong>GEW</strong>, macht<br />

noch auf zwei weitere Barrieren aufmerksam:<br />

„Viele haben zum einen Sorge,<br />

von deutschen Kollegen nicht als<br />

gleichwertig behandelt zu werden.“<br />

Und zum anderen: „Die Entscheidung<br />

für eine Ausbildung zum deutschen<br />

Lehrer ist eine ohne Rückfahrtticket.“<br />

Wer hier einmal als Lehrer tätig ist, kann<br />

nicht, wie viele Akademiker seiner Generation,<br />

ebenso gut in der Türkei oder<br />

Russland einen Job finden.<br />

Schätzungsweise ein bis zwei Prozent<br />

der Lehrkräfte haben einen Migrationshintergrund<br />

– einer aus dieser Gruppe<br />

ist Cahit Basar. Der gebürtige Duisburger<br />

und Sohn türkischer<br />

Gastarbeiter lässt mit gerade<br />

einmal einem weiteren Kollegen<br />

das 78-köpfige Kollegium<br />

an einem Kölner Gymnasium<br />

wenigstens etwas bunter<br />

erscheinen. Er führt noch<br />

einen weiteren Grund ins<br />

Feld, warum deutsche Schulen<br />

Menschen wie ihn dringend<br />

brauchten: „Viele Schüler und Eltern<br />

glauben erst, dass es mich gibt,<br />

wenn sie mich sehen“, sagt er. Auch<br />

wenn ihm seine „Role-Model“-Funktion<br />

bereits bewusst gewesen sei, wurde<br />

sie ihm eines Tages klar wie nie zuvor:<br />

„Als ich eine türkische Schülerin fragte,<br />

warum sie nicht Lehrerin werden will,<br />

guckte sie mich mit großen Augen an<br />

und sagte: ‚Ich???‘“ Viele Schülerinnen<br />

und Schüler, lernte Basar in diesem Augenblick,<br />

denken immer noch: „Lehrer<br />

sind Deutsche. Ich bin keine Deutsche.<br />

Also kann ich keine Pädagogin, kein<br />

Pädagoge werden.“ Seither lässt der 44-<br />

Jährige noch weniger unversucht. Seine<br />

Vorbildrolle: Er ist Sprecher des vor drei<br />

Jahren gegründeten ersten landesweiten<br />

Netzwerks von „Lehrern mit Zuwande-<br />

rungsgeschichte“ in Nordrhein-Westfalen.*<br />

Wie auch die Nachfolge-Initiativen<br />

in Hamburg, Niedersachsen und<br />

Berlin – die beiden letztgenannten wurden<br />

erst kürzlich gegründet – hat es weiter<br />

gehende Ziele als nur die wechselseitige<br />

Unterstützung. Ein wesentliches ist<br />

die Anwerbung von Schülern mit Migrationswurzeln<br />

als künftige Lehrkräfte.<br />

Nach Hamburg und Bayern wird auch<br />

Berlin im kommenden Jahr in einem<br />

speziellen Schülercampus den dringend<br />

benötigten Nachwuchs unter talentierten<br />

Abiturienten suchen.<br />

Basar ist heilfroh, dass das Thema nach<br />

den Kultusministern nun auch das Bundesinnenministerium<br />

erreicht hat: „Es<br />

wurde allerhöchste Zeit.“ Das von Innenminister<br />

Thomas de Maizière (CDU)<br />

jetzt vorgestellte „Bundesweite Integrationsprogramm“**<br />

fordert bei genauerem<br />

Hinsehen mehr als nur die Einstellung<br />

von Rollenvorbildern für Migrantenschüler:<br />

Lehrende aus Migrantenfamilien<br />

sollen auch „Vorbehalten in Lehrerkollegien<br />

entgegenwirken und interkulturelle<br />

Perspektiven auf Schule und<br />

Unterricht eröffnen“. All das ist notwendig<br />

– wird aber nach Einschätzung von<br />

Viola Georgi bei Weitem nicht ausreichen.<br />

Die Berliner Erziehungswissenschaftlerin<br />

ist die erste, die die mannigfachen<br />

Erwartungen an Lehrerinnen<br />

und Lehrer aus anderen Kulturkreisen<br />

einer genaueren Überprüfung unterzogen<br />

hat. Ihr Fazit nach ausführlichen<br />

Gesprächen mit 60 und der Analyse weiterer<br />

200 Online-Befragungen von<br />

Pädagogen nicht-deutscher Herkunft***:<br />

Mit der „Globalisierung des<br />

Lehrerzimmers“ allein ist es nicht getan.<br />

Denn erstens brauchten Lehrkräfte aus<br />

Migrantenmilieus trotz ihrer gleichsam<br />

„automatischen“ Interkulturalität mehr<br />

Unterstützung – und zweitens ebenso<br />

wie ihre deutschen Kollegen eine gründliche<br />

einschlägige Ausbildung, beispielsweise<br />

für den Umgang mit<br />

Mehrsprachigkeit. „Der Weg zur interkulturellen<br />

und demokratischen Schule<br />

ist noch weit“, resümiert Georgi, und:<br />

„Auf diesem Weg müssen alle mitgenommen<br />

werden.“<br />

Jeannette Goddar, freie Journalistin<br />

BILDUNGSPOLITIK<br />

* s. auch unter:<br />

www.raa.de/fileadmin/da<br />

teien/pdf/projekte/<br />

lehrkraefte-mit-zu<br />

wanderungsgeschichte/RAA-Flyer-LmZ_<br />

LR-3.pdf<br />

** Das vom Bundesamt<br />

für Migration und<br />

Flüchtlinge entwickelte<br />

und vom Innenministerium<br />

vorgestellte „Integrationsprogramm<br />

–<br />

Angebote der Integrationsförderung<br />

in<br />

Deutschland – Empfehlungen<br />

zu ihrer Weiterentwicklung“<br />

steht im<br />

Internet unter:<br />

www.bamf.de/cln_170/nn<br />

_442016/DE/DasBAM<br />

F/Home-Teaser/<br />

20100908__<br />

integrationsprogramm.html?__<br />

nnn=true<br />

*** Viola Georgis Untersuchung<br />

zu Bildungsbiografien,Selbstverständnis<br />

und schulischer<br />

Integration von<br />

Lehrern mit Migrationshintergrund<br />

soll unter<br />

dem Titel „Vielfalt im<br />

Lehrerzimmer“ im<br />

Frühjahr 2011 im Waxmann<br />

Verlag erscheinen.<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 35


BILDUNGSPOLITIK<br />

Vorsicht: Finanzminister<br />

schreibt mit<br />

36 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

Besoldungsrechtliche Folgen der neuen Lehrerbildungsgesetze<br />

Die Reform der Lehramtsstudiengänge<br />

ist nicht allein von pädagogischen<br />

Anforderungen und wissenschaftlichen<br />

Einsichten geprägt. Bei Studiendauer<br />

und Prüfungsanforderungen<br />

spielt die Frage, welcher Laufbahngruppe<br />

die Absolventen bei Übernahme<br />

in das Beamtenverhältnis zuzuordnen<br />

sind, sprich wie teuer sie den<br />

Finanzminister kommen, eine nicht<br />

zu unterschätzende Rolle.<br />

Viele Studierende beschäftigen<br />

sich nicht eingehend<br />

mit der Frage ihres späteren<br />

Einkommens. Die Wahl<br />

des Studienganges folgt<br />

Neigung und Interesse, und<br />

das sollte auch so sein. Nach dem Referendariat<br />

mit sehr geringen Einkommen<br />

fühlen sie sich bei Antritt der ersten Stelle<br />

zunächst gut. Das Erwachen kommt<br />

erst später – zu spät. Denn nicht alle<br />

Akademiker im öffentlichen Dienst<br />

kommen in den „höheren Dienst“ – eine<br />

Ausnahme gilt für Lehrerinnen und<br />

Lehrer an Grund-, Haupt- und Realschulen.<br />

Der Unterschied liegt bei 350<br />

bis 400 Euro brutto im Monat – lebenslang<br />

(siehe Tabelle 1).<br />

Beamtenrechtliche Klimmzüge<br />

So lange das Lehramtsstudium noch als<br />

Staatsexamen von den Ländern allein<br />

gestaltet wurde, war es einfacher, die Zuordnung<br />

der „niedrigeren“ Lehrämter<br />

zum gehobenen Dienst zu rechtferti-<br />

Tabelle 1: Besoldungsvergleich<br />

Tabelle 2: Frauenanteil nach Schulart *<br />

Schulart Frauenanteil in Prozent<br />

Vorklassen 75,0<br />

Schulkindergärten 95,6<br />

Grundschulen 87,7<br />

Schulartunabhängige Orientierungsstufe 80,1<br />

Hauptschulen 59,7<br />

Schularten mit mehreren Bildungsgängen 74,4<br />

Realschulen 64,0<br />

Gymnasien 54,3<br />

Integrierte Gesamtschulen 60,2<br />

Freie Waldorfschulen 57,8<br />

Förderschulen 75,5<br />

Abendhauptschulen 57,4<br />

Abendrealschulen 62,2<br />

Abendgymnasien 51,1<br />

Kollegs 57,9<br />

Insgesamt 69,6<br />

*Voll- und teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte, Quelle: Destatis FS 11 R 1 Tab. 7.2-2008<br />

gen: Eine etwas kürzere Regelstudienzeit<br />

(über die tatsächliche Studiendauer<br />

redet ja keiner) machte es möglich. Seit<br />

der Umstellung der Studiengänge auf<br />

Bachelor und Master ist das schwieriger<br />

geworden, denn hier wird die Gleichwertigkeit<br />

der unterschiedlichen Lehrerstudiengänge<br />

offensichtlich: Ein Master<br />

ist ein Master.<br />

Im Zuge der Reform der Lehrerbildungs-<br />

und der Landesbeamtengesetze<br />

versuchen nun viele Bundesländer, das<br />

Unmögliche möglich zu machen – einerseits<br />

die Bologna-Anforderungen an<br />

einen Master-Abschluss zu erfüllen<br />

(Studierende müssen 300 ECTS-Punkte<br />

vorweisen) und andererseits die Zuordnung<br />

aller Lehrkräfte zum höheren<br />

Dienst zu vermeiden.<br />

Studiendauer kein Argument<br />

Manche Länder wie Schleswig-Holstein<br />

gehen den Weg des „kleinen Master“,<br />

nach dem der Zugang zum Vorbereitungsdienst<br />

bereits mit 240 ECTS-<br />

Punkten möglich ist – also ohne Abschluss!<br />

Für die Übernahme eines Lehramts<br />

wird aber immer ein Master ver-<br />

Besoldungsgruppe Berufsanfang* Endstufe<br />

(ledig, kinderlos, höchster Wert niedrigster Wert höchster Wert niedrigster Wert<br />

brutto/Monat**) (Land) (Land) (Land) (Land)<br />

A12 Lehrkraft gehobener 3.033,39 Euro 2.787,01 Euro 3.977,97 Euro 3.522,25 Euro<br />

Dienst (z. B. Grundschule) (Hessen) (Sachsen-Anhalt) (Baden-Württ.) (Berlin)<br />

A13 Lehrkraft höherer Dienst 3.487,85 Euro 3.208,19 Euro 4.502,69 Euro 3.991,80 Euro<br />

(z.B. Gymnasium) (Hessen) (Sachsen-Anhalt) (Baden-Württ.) (Berlin)<br />

* Dort, wo das Einstiegsgehalt noch vom Alter abhängt: Einstiegsalter 27. Da Berlin z. Zt. nur Angestellte einstellt, sind die Werte hier nicht berücksichtigt.<br />

** In Bayern und Hamburg sowie in geringerer Höhe in NRW und Brandenburg wird noch ein „Weihnachtsgeld“ gezahlt.


langt. Die fehlenden ECTS-Punkte sollen<br />

dann irgendwie im Laufe des Vorbereitungsdienstes<br />

erworben werden.<br />

Auch bei der Dauer des Referendariats/Vorbereitungsdienstes<br />

spielen Besoldungsfragen<br />

ungenannt mit. So wird<br />

im Berliner Entwurf für ein Beamtenrechtsreformgesetz<br />

ein zweijähriges Referendariat<br />

als Zugangsvoraussetzung<br />

für den höheren Dienst gefordert – genau<br />

dies wird aber von Grundschul- und<br />

Sek-I-Lehrkräften gerade nicht mehr<br />

verlangt.<br />

Das Argument mit der Studiendauer<br />

zieht immer weniger. Als letztes Land<br />

gibt jetzt endlich auch Baden-Württemberg<br />

die sechssemestrige Lehrerausbildung<br />

auf und wird die Ausbildungszeiten<br />

der Grund- und Hauptschullehrer<br />

an den Pädagogischen Hochschulen auf<br />

acht Semester verlängern.<br />

Übrig bleibt dann nur noch der bereits<br />

in mehreren Ländern gewählte Weg, bestimmten<br />

Lehrämtern im Laufbahnrecht<br />

einfach ein niedrigeres Eingangsamt<br />

zuzuschreiben als anderen<br />

Akademiker-Berufsgruppen.<br />

Pädagogik unterbewertet<br />

Im Kern geht es darum, dass bis heute<br />

den weichen, als „typisch weiblich“<br />

wahrgenommenen Faktoren der Lehrertätigkeit,<br />

dem „Pädagogischen“, eine geringere<br />

Wertigkeit zugesprochen wird<br />

als dem „typisch männlichen“ Vermitteln<br />

wissenschaftlich fundierter Fakten.<br />

Schlechter bezahlt werden die Lehrämter,<br />

bei denen der Anteil der Pädagogik<br />

und Didaktik in der Ausbildung höher<br />

ist. Besser bewertet wird dort, wo das<br />

fachwissenschaftliche Studium im Vordergrund<br />

steht. Das hat sich auch nicht<br />

dadurch geändert, dass heute in allen<br />

Lehrämtern mehrheitlich Frauen unterrichten<br />

(siehe Tabelle 2).<br />

Die finanzielle Schlechterstellung der<br />

Lehrkräfte an Grund-, Haupt- und Realschulen<br />

ist man gewohnt, sie wird oft genug<br />

nicht hinterfragt. Sie trifft die <strong>GEW</strong><br />

jedoch in ihrem Grundverständnis. Bildung<br />

ist im Kern immer Arbeit von<br />

Menschen mit Menschen. Um für diese<br />

Arbeit die besten Männer und Frauen<br />

zu gewinnen, darf die wissenschaftlich<br />

fundierte pädagogische Arbeit nicht<br />

schlechter bewertet werden als andere<br />

akademische Tätigkeiten. Dieser Diskriminierung<br />

tritt die <strong>GEW</strong> auf allen Ebenen<br />

entgegen – auch wenn sie sich hinter<br />

trickreich formulierten Gesetzen<br />

und Verordnungen versteckt.<br />

Ilse Schaad, Leiterin des <strong>GEW</strong>-Arbeitsbereichs<br />

Angestellten- und Beamtenpolitik;<br />

Gesa Bruno-Latocha, Referentin im selben<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Geld</strong>?<br />

BILDUNGSPOLITIK<br />

Gegen massive Proteste der Bevölkerung<br />

wird derzeit das Projekt „Stuttgart<br />

21“ durchgezogen. Der alte Kopfsoll<br />

durch einen unterirdischen Durchgangsbahnhof<br />

nebst mehrerer Tunnel<br />

unter der Stadt ersetzt werden. Die<br />

Kosten belaufen sich offiziell auf 4,1<br />

Milliarden Euro. Dazu kommen Risiko-<br />

Rücklagen in Höhe von 438 Millionen<br />

Euro. An diesen Kosten beteiligen sich<br />

der Bund mit 1,2 Milliarden, das Land<br />

Baden-Württemberg mit 824 Millionen<br />

und die Landeshauptstadt Stuttgart<br />

mit 239 Millionen Euro. Der Bundesrechnungshof<br />

hatte bereits 2008 in<br />

einem Gutachten die unzureichende Berücksichtigung von Kostenrisiken bemängelt und die Baukosten<br />

auf insgesamt 5,3 Milliarden Euro geschätzt. Wenn man die dem Projekt zugeschlagenen Grundstückserlöse<br />

korrekterweise wie Bundesmittel behandelte, erhöht sich der Anteil des Bundes an der Finanzierung<br />

auf 2,5 Milliarden Euro. Damit läge die Hauptlast für das Projekt nicht, wie durch die Kostenschätzungen<br />

suggeriert, bei der Bahn AG, sondern beim Bund. In diesen Kalkulationen sind weitere 2,9<br />

Milliarden für eine neue Schnellbahntrasse nach Ulm noch gar nicht mitgerechnet. Verkehrsexperten<br />

schätzen die Gesamtkosten inzwischen auf zehn bis zwölf Milliarden Euro.<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Geld</strong>?<br />

Foto: imago<br />

In Schönefeld wird ein neuer Großflughafen<br />

für die Hauptstadt gebaut: Berlin<br />

Brandenburg International (BBI).<br />

Neben ökologischen Bedenken und<br />

Problemen mit dem Lärmschutz, die zu<br />

zahlreichen Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss<br />

führten, ist<br />

auch die Wirtschaftlichkeit des künftigen<br />

Großflughafens umstritten. Das<br />

Projekt sollte ursprünglich privat finanziert<br />

werden. Nachdem sich die<br />

Verhandlungen zwischen Bund, Ländern<br />

und dem Konsortium aus der Baufirma<br />

Hochtief und dem Immobilienkonzern<br />

IVG über Jahre hingezogen<br />

hatten, wurde die Privatisierung 2003 endgültig für gescheitert erklärt. Nun wird der Bau von der Flughafen-Holding<br />

BBF alleine realisiert. Deren Gesellschafter sind die Länder Berlin und Brandenburg zu<br />

jeweils 37 Prozent und der Bund zu 26 Prozent. Für die Baukosten von über drei Milliarden Euro stellen<br />

sie Kredite in Höhe von 2,4 Milliarden Euro zur Verfügung.<br />

<strong>Kein</strong> <strong>Geld</strong>?<br />

Foto: imago<br />

Die schwarz-gelbe Bundesregierung will den Bürgerinnen<br />

und Bürgern den umstrittenen „Atomkompromiss“ unter<br />

anderem dadurch schmackhaft machen, dass eine „Brennelementesteuer“<br />

eingeführt wird, die jährlich 2,3 Milliarden<br />

Euro in die öffentlichen Kassen spüle. Damit solle vor<br />

allem der Ausbau erneuerbarer Energien subventioniert<br />

werden, heißt es. Was dabei geflissentlich verschwiegen<br />

wird: die Kosten für das ungelöste Entsorgungsproblem<br />

des Atommülls. Schon jetzt ist klar, dass diese weit höher<br />

liegen werden als die kurzfristigen Erlöse. Allein die Sanierung<br />

des durch Wassereinbrüche akut einsturzgefährdeten<br />

ehemaligen Salzbergwerks Asse II wird nach Expertenschätzungen<br />

mindestens 2,5 Milliarden Euro kosten. Dort<br />

haben die Atomkonzerne, wie jetzt bekannt wurde, zehn<br />

Mal mehr radioaktiven Müll versenkt als bisher behauptet.<br />

Die Kosten für dessen Bergung trägt ausschließlich der<br />

Bund, der das Atommülllager offiziell als Forschungseinrichtung<br />

betreibt. Auch für die Schließung des maroden „Endlagers“ Morsleben sind 2,2 Milliarden Euro<br />

veranschlagt – zu zahlen aus Steuergeldern. Und damit sind wir lediglich wieder am Ausgangspunkt<br />

des ungelösten Entsorgungsproblems.<br />

Foto: imago<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 37


<strong>GEW</strong>-INTERN<br />

Die Terminübersicht der<br />

Herbstaktionen finden<br />

Sie im Netz unter:<br />

www.dgb.de/<br />

herbstaktion/<br />

38 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

Die <strong>GEW</strong> ruft dazu auf, sich an den DGB-Aktionen im Herbst zu beteiligen!<br />

Unter dem Motto „Deutschland ist in<br />

Schieflage: Gerechtigkeit ist etwas anderes<br />

– wir brauchen einen Kurswechsel“<br />

will der DGB „ein klares Zeichen<br />

für soziale Gerechtigkeit und gute Arbeit<br />

zu setzen“. Die Vorbereitungen<br />

für die gewerkschaftlichen Protestaktionen<br />

im Herbst laufen auf Hochtouren.<br />

Mit Aktionen vor Ort, in Betrieben<br />

und Verwaltungen wollen die Gewerkschaften<br />

für eine bessere, gerechtere<br />

Politik mobilisieren.<br />

Soziale Schieflage in Deutschland:<br />

Die Zahl der in verfügbarem<br />

<strong>Geld</strong>vermögen<br />

gemessenen Dollar-Millionäre<br />

ist trotz Finanzmarktkrise<br />

2008 in den vergangenen<br />

Jahren um über sechs Prozent gestiegen.<br />

Die Gewinne der Unternehmen<br />

sprudeln wieder und die Herren Josef<br />

Ackermann & Co. verkünden öffentlich<br />

– den enormen Unterstützungen aus<br />

Steuermitteln zum Hohn – Renditeziele<br />

von jährlich 25 Prozent. Vorbei ist die<br />

kurze Zeit demütiger Gesten. Der große<br />

„Rest“ der Gesellschaft, also die neun<br />

Zehntel der Bürgerinnen und Bürger,<br />

die schon in der Vergangenheit zum<br />

Vorteil der reichsten zehn Prozent der<br />

Gesellschaft das finanzielle Nachsehen<br />

hatten, wird künftig wohl noch kräftiger<br />

zur Kasse gebeten.<br />

Statt eines Beschäftigungsaufbaus mit<br />

gesicherten und auf Dauer angelegten<br />

Arbeitsplätzen wachsen Leiharbeit und<br />

prekäre Beschäftigung – auch in der Bildung.<br />

Das beschleunigt die Erosion des<br />

tarifvertraglichen Schutzes für viele. Die<br />

gewerkschaftliche Forderung „gleicher<br />

Lohn für gleiche Arbeit“ rückt damit in<br />

weitere Ferne. Dies trifft vor allem junge<br />

Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger<br />

– auch im Lehrerberuf. Den Älteren<br />

hingegen droht eine empfindliche Kürzung<br />

der Renten und Pensionen, wenn<br />

die Bundesregierung ihre Pläne, die Altersgrenze<br />

willkürlich anzuheben, realisiert.<br />

Und ein solidarisches Gesundheitssystem<br />

wird gerade umgemodelt<br />

und die Zwei-Klassen-Medizin zementiert.<br />

Im Bildungsbereich haben Bundes- und<br />

Landesregierungen beim Dresdener Bildungsgipfel<br />

2008 (s. E&W 11/2008) die<br />

Dringlichkeit maßgeblicher finanzieller<br />

Verbesserungen zwar öffentlich anerkannt.<br />

Großspurig hatten sie versprochen,<br />

die Bildungsausgaben in den<br />

kommenden Jahren auf sieben Prozent<br />

des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu steigern.<br />

Doch seit dem dritten Gipfeltreffen<br />

im Juni (s. E&W 7-8/2010) sind die<br />

ursprünglich ins Auge gefassten zusätzlichen<br />

40 Milliarden Euro für den Ausbau<br />

von Kitas, Schulen, Hochschulen<br />

und Weiterbildung auf lediglich zehn<br />

Milliarden geschrumpft. Damit ist das<br />

Dresdener Versprechen desaströs gescheitert<br />

(s. Seite 27). Fest steht: Die<br />

Kommunen werden keine zusätzlichen<br />

Finanzmittel von Bund und Ländern<br />

bekommen. Stattdessen greift die „Fortschrittsbremse“<br />

(sprich: „Schuldenbremse“)<br />

und verordnet den Länderhaushalten<br />

drastische Sparmaßnahmen.<br />

So will beispielsweise das Saarland<br />

die Eingangsbesoldung für Lehrkräfte<br />

im gehobenen und höheren Dienst senken<br />

(s. Seite 30). Das wird schädliche<br />

Konsequenzen für die künftige Versorgung<br />

mit dringend benötigtem pädagogischen<br />

Personal haben. Daher setzt die<br />

<strong>GEW</strong> sich dafür ein, dass die Eingruppierung<br />

der Lehrerinnen und Lehrer<br />

endlich per Tarifvertrag geregelt wird –<br />

und Lehrkräfte nicht weiterhin schlechter<br />

bezahlt werden als andere Akademiker<br />

im öffentlichen Dienst.<br />

Die hohe Staatsverschuldung hat mehrere<br />

Ursachen. Insbesondere die Steuer-<br />

entlastung für Reiche und Vermögende<br />

hat allein in den vergangenen zehn Jahren<br />

zu Steuerausfällen von über 250<br />

Milliarden Euro geführt. „Deutschland<br />

ist ein Steuerparadies für Vermögende“,<br />

sagt einer, der es wissen muss: der Reeder<br />

Peter Krämer. Die <strong>GEW</strong> hat darauf eine<br />

klare Antwort. Sie schlägt vor, die<br />

Einnahmen des Staates zu stärken, und<br />

hat ein einfaches, auf Solidarität beruhendes<br />

Steuerprogramm entwickelt (s.<br />

E&W 5/2010). Bund und Länder könnten<br />

nach diesem Modell jährlich mindestens<br />

75 Milliarden Euro mehr einnehmen.<br />

Gewiss – dieser Vorschlag wird<br />

auf heftigen Widerstand stoßen. Denn<br />

diejenigen, die sich bisher ihre Taschen<br />

gefüllt haben, werden auch in Zukunft<br />

nicht darauf verzichten.<br />

Trotzdem: Warum bleiben Manager<br />

und große Akteure des Finanzmarktes<br />

bei der Bewältigung der Kosten der Krise<br />

ungeschoren und können die Gesellschaft<br />

so auf direktem Weg in die nächste,<br />

womöglich noch schlimmere Finanzkrise<br />

manövrieren? Warum versucht<br />

Politik nicht, die riesige Umverteilung<br />

von unten nach oben endlich umzukehren,<br />

statt diese weiter zu verfestigen?<br />

Das wäre im Interesse und zum<br />

Wohl der ganzen Gesellschaft. Nur so<br />

kann der Staat soziale Sicherheit, den<br />

Schutz bei Krankheit und im Alter sowie<br />

gute Bildung für alle garantieren.<br />

Deshalb lautet die Frage: Was ist jede<br />

Kollegin, jeder Kollege bereit zu tun,<br />

um die Folgen und Lasten der Krise sozial<br />

gerechter zu verteilen? Denn nur,<br />

wenn ihre Mitglieder sich engagieren,<br />

können Gewerkschaften auch etwas bewegen.<br />

Deshalb: Liebe Mitglieder, beteiligt<br />

euch an den bundesweit stattfindenden<br />

Versammlungen und Aktionen<br />

der DGB-Gewerkschaften vor Ort und<br />

bringt euch ein!<br />

Ulrich Thöne, <strong>GEW</strong>-Vorsitzender


Recht und<br />

Rechtsschutz<br />

10/2010 Informationen<br />

Altersdiskriminierung<br />

EuGH prüft<br />

Entgeltregelungen<br />

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat den<br />

Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Vorabprüfung<br />

ersucht, ob Entgeltregelungen des<br />

öffentlichen Dienstes jüngere Angestellte benachteiligen.<br />

Seit dem 1. Oktober 2005 ersetzt der Tarifvertrag<br />

für den öffentlichen Dienst<br />

(TVöD) den Bundes-Angestelltentarifvertrag<br />

(BAT). Die Überführung der<br />

Bundesangestellten in den TVöD hat zu<br />

Unklarheiten und in der Folge zu zahlreichen<br />

Klagen geführt. Beim BAG sind<br />

in dieser Frage außerdem Klagen von<br />

Landesangestellten anhängig, die teilweise<br />

zeitverzögert ebenfalls nicht mehr<br />

nach BAT, sondern nach dem Tarifvertrag<br />

der Länder (TV-L) bezahlt werden.<br />

Konkret geht es darum, ob bei der Überführung<br />

in den TVöD bzw. TV-L gegen<br />

europäisches Recht verstoßen wurde<br />

(Richtlinie 2000/78/EG), das Altersdiskriminierung<br />

verbietet. Bevor das BAG<br />

in mehreren Fällen entscheidet, wartet<br />

es den EuGH-Spruch ab.<br />

Hintergrund: Im BAT orientierte sich<br />

die Grundvergütung am Lebensalter, alle<br />

zwei Jahre erhielten die Angestellten<br />

eine höhere Vergütung – bis sie die Endgrundvergütung<br />

erreichen. Diese Regelung<br />

benachteiligte jüngere, qualifizierte<br />

Angestellte. Dagegen hebt die Bezahlung<br />

nach TVöD auf Tätigkeit, Berufserfahrung<br />

und Leistung ab.<br />

Weiterhin alte Ungleichheiten?<br />

Bei der Überführung in den TVöD – im<br />

Zuge der Besitzstandswahrung – sind<br />

die alten Entgelte weitergezahlt worden,<br />

die bereits erreichten Lebensaltersstufen<br />

blieben jedoch erhalten. Zum 1. Oktober<br />

2007 sind die Betroffenen endgültig<br />

jeweils in die nächsthöhere Stufe der<br />

neuen Entgelttabelle eingruppiert worden.<br />

Dagegen klagte unter anderem eine<br />

1962 geborene Bauingenieurin, die seit<br />

2004 in einer obersten Bundesbehörde<br />

der <strong>GEW</strong>–Bundesstelle<br />

für Rechtsschutz.<br />

Verantwortlich: Katrin Löber,<br />

Volker Busch, Gerhard Jens<br />

62. Jahrgang<br />

beschäftigt ist. Sie erreichte zum 1. Oktober<br />

2007 die reguläre Stufe 4 der Entgeltgruppe<br />

(EG) 11 und argumentiert:<br />

Die altersdiskriminierende<br />

BAT-Regelung werde im<br />

TVöD konserviert und fortgesetzt.<br />

Wie die älteren Angestellten<br />

müsse auch sie<br />

die Stufe 5 der EG 11 erhalten.<br />

Entscheidet der EuGH<br />

im Sinne der Klägerin, dürften<br />

einige TVöD-Eingruppierungen<br />

hinfällig sein.<br />

BAGvom20.Mai2010–6<br />

AZR319/09(A)<br />

Vorinstanz: LAG Köln vom<br />

6. Februar 2009 – 8 Sa<br />

1016/08<br />

Eine ähnlich gelagerte Klage<br />

aus dem Land Berlin ist<br />

beim BAG unter diesem<br />

Aktenzeichen anhängig:<br />

BAGvom20.Mai2010–6AZR148/09(A)<br />

Vorinstanz: LAG Berlin-Brandenburg vom<br />

11. September 2008 – 20 Sa 2244/07<br />

Eine weitere Klage aus Hessen, die der<br />

EuGH ebenfalls vorab prüfen soll, wurde<br />

bis zur Entscheidung des Berliner<br />

Verfahrens ausgesetzt.<br />

(BAG–6AZR481/09)<br />

Dienstfähigkeit<br />

Dienstherr entscheidet<br />

über „Reaktivierung“<br />

Dienstunfähige Beamtinnen und Beamte,<br />

die sich um eine neue, geeignete Tätigkeit<br />

bemühen, um wieder aktiv im Beruf zu stehen,<br />

haben schlechte Chancen. Denn der Arbeitgeber<br />

genießt das Privileg der Entscheidung,<br />

ob jemand „reaktiviert“ werden<br />

kann.<br />

Die Antragstellerin, eine ehemalige<br />

Konrektorin, war dienstunfähig in den<br />

Ruhestand ausgeschieden. Zu ihrem zuletzt<br />

ausgeübten Amt gehörten die<br />

Dienstaufgaben einer Lehrerin, die sie<br />

auch nach einem aktuellen amtsärztlichen<br />

Gutachten von 2009 nicht mehr<br />

ausüben konnte.<br />

Um wieder in das aktive Beamtenverhältnis<br />

wechseln zu können, wollte sie<br />

am Auswahlverfahren für die Stelle eines<br />

Schulaufsichtsbeamten teilnehmen.<br />

Dies verwehrte ihr der Dienstherr jedoch.<br />

Deshalb beantragte sie vor dem Verwaltungsgericht<br />

(VG) einerseits die Teilnahme<br />

am Auswahlverfahren, andererseits<br />

den Erlass einer einstweiligen Anordnung,<br />

um die endgültige Personalentscheidung<br />

zugunsten einer Mitbewerberin<br />

aufzuschieben: Zunächst sei zu<br />

klären, ob sie überhaupt wieder in das<br />

aktive Beamtenverhältnis berufen werden<br />

könne. Die Antragstellerin begründete<br />

ihren Reaktivierungsanspruch<br />

mit dem<br />

Landesbeamtengesetz<br />

Nordrhein-Westfalens<br />

(NRW) in der bis 31.<br />

März 2009 gültigen Fassung<br />

(Paragraf 48 Abs. 3<br />

Satz 1 LBG NRW) bzw.<br />

in der ab 1. April 2009<br />

gültigen Fassung (Paragraf<br />

35 Satz 1 LBG<br />

NRW).<br />

Das VG lehnte den Antrag<br />

ab, ebenso bleib die<br />

Beschwerde vor dem<br />

Oberverwaltungsgericht<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

(OVG NRW) ohne Erfolg:<br />

Beantrage ein Beamter die Wiederherstellung<br />

seiner Dienstfähigkeit, müsse<br />

er den gesundheitlichen Anforderungen<br />

des zuletzt ausgeübten Amtes genügen.<br />

Allein dieses Normverständnis entspreche<br />

dem Willen des Gesetzgebers.<br />

Die Interpretation, dass Beamte nur den<br />

Anforderungen eines neuen Amtes<br />

genügen müssten, sei dagegen vom Gesetz<br />

nicht gedeckt.<br />

Zwar habe das Land bereits seit 1998 die<br />

Regelungen gelockert, um die Wiedereinsatzmöglichkeiten<br />

von Beamten zu<br />

erweitern. Deshalb sei es auch zu einer<br />

Abkehr von der strengen Auslegung gekommen,<br />

die Dienstfähigkeit müsse uneingeschränkt<br />

– gemessen am alten Amt<br />

– wieder hergestellt sein. Doch gelte dieser<br />

geänderte Reaktivierungsgrundsatz<br />

nur bei Wiederverwendung von Beamten<br />

sozusagen „von Amts wegen“: wenn<br />

die Reaktivierung zum Beispiel den besonderen<br />

öffentlichen Interessen diene<br />

(z.B. wenn im Versorgungshaushalt geringere<br />

Kosten auf den Staat zukommen).<br />

Dagegen bleibe es bei der Reaktivierung<br />

auf Antrag des Beamten bei der ursprünglichen,<br />

strengen Regelung: Wiederherstellung<br />

der Dienstfähigkeit für<br />

das zuletzt ausgeübte Amt.<br />

OVGNRWvom13.Juli2009–6B<br />

552/09<br />

§<br />

Altersdiskriminierung<br />

Dienstfähigkeit<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 39


<strong>GEW</strong>-INTERN<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

wer verantwortlich vorsorgen will, kommt nicht daran vorbei, auch über die finanzielle Absicherung im Todesfall nachzudenken.<br />

Brechen Sie ein Tabu und treffen Sie Vorsorge für den Fall der Fälle.<br />

Ein Todesfall ist immer eine hohe psychische Belastung für alle Hinterbliebenen. Neben der Trauer müssen eine Reihe organisatorischer Aufgaben bewältigt<br />

werden. Von der Gestaltung der Trauerfeier bis hin zur Wohnungsauflösung. Aus Erfahrung wissen wir, dass die Kosten für eine würdige Bestattung<br />

5 000 EUR oft weit übersteigen. Sichern Sie Ihre Angehörigen rechtzeitig ab durch den Abschluss einer Sterbegeldversicherung. Denn seit<br />

dem 01.01.2004 wurde das von den gesetzlichen Krankenkassen gezahlte Sterbegeld komplett gestrichen.<br />

Eigenverantwortung ist jetzt unverzichtbar – Wir helfen Ihnen dabei.<br />

Sie können jetzt mit der BFW-Sterbegeldversicherung Ihre Lücke in der Vorsorge schließen; dabei kommen Ihnen die besonders günstigen Beiträge<br />

für <strong>GEW</strong>-Mitglieder zugute. Diese und weitere Vorteile gelten auch für Ihre Angehörigen:<br />

Vorteile auf einen Blick:<br />

● Niedrige Beiträge durch Gruppenvertrag ● Garantierte Aufnahme bis 80 Jahre<br />

● Steuerbegünstigung der Beiträge ● Doppelzahlung bei Unfalltod<br />

● <strong>Kein</strong>e Gesundheitsprüfung, ● Leistungsverbesserung durch Überschussbeteiligung<br />

Warum sollten Sie eine Sterbegeldversicherung beim Bildungs- und Förderungswerk der <strong>GEW</strong> abschließen?<br />

In der Bereitstellung finanzieller Mittel für ein würdiges Begräbnis sieht das BFW der <strong>GEW</strong> seine Hauptaufgabe. Durch den Gruppenvertrag mit der<br />

DBV Deutsche Beamtenversicherung bieten wir <strong>GEW</strong>-Mitgliedern und deren Angehörigen seit über 35 Jahren besonders günstige Versicherungsbeiträge.<br />

Wählen Sie eine Versicherungssumme zwischen 500 € und 12500 €.<br />

Senden Sie uns den folgenden Antrag am besten noch heute zurück.<br />

Beitragstabelle Monatsbeiträge je 500 EUR Versicherungssumme Tarif VG9/2008<br />

Eintritts Männer Frauen<br />

-alter EUR EUR<br />

15 0,59 EUR 0,51 EUR<br />

16 0,61 EUR 0,52 EUR<br />

17 0,62 EUR 0,53 EUR<br />

18 0,63 EUR 0,54 EUR<br />

19 0,65 EUR 0,56 EUR<br />

20 0,66 EUR 0,57 EUR<br />

21 0,67 EUR 0,58 EUR<br />

22 0,69 EUR 0,59 EUR<br />

23 0,71 EUR 0,60 EUR<br />

24 0,72 EUR 0,62 EUR<br />

25 0,74 EUR 0,63 EUR<br />

26 0,76 EUR 0,65 EUR<br />

27 0,78 EUR 0,66 EUR<br />

28 0,80 EUR 0,68 EUR<br />

29 0,82 EUR 0,69 EUR<br />

30 0,84 EUR 0,71 EUR<br />

31 0,86 EUR 0,73 EUR<br />

Bildungs- und Förderungswerk<br />

der <strong>GEW</strong> im DGB e.V.<br />

Eintrittsalter: Beginnjahr der Versicherung minus Geburtsjahr der zu versichernden Person.<br />

Bei Eintrittsalter 15-74 ist die Unfallzusatzversicherung obligatorisch eingeschlossen.<br />

Für andere Versicherungssummen als 500 Euro ist der Betrag entsprechend zu vervielfältigen.<br />

Die Monatsbeiträge sind versicherungstechnisch mit sieben Nachkommastellen gerechnet. Aus Vereinfachungsgründen sind aber nur zwei Nachkommastellen<br />

in der Beitragstabelle ausgewiesen. Deshalb kann es zu Rundungsdifferenzen kommen, die sich allerdings nur im Cent-Bereich bewegen.<br />

Endalter Beitragszahlung: 85 Jahre, aber mindestens fünf Jahre.<br />

40 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

Eintritts Männer Frauen<br />

-alter EUR EUR<br />

32 0,89 EUR 0,75 EUR<br />

33 0,91 EUR 0,77 EUR<br />

34 0,94 EUR 0,79 EUR<br />

35 0,97 EUR 0,81 EUR<br />

36 1,00 EUR 0,83 EUR<br />

37 1,03 EUR 0,86 EUR<br />

38 1,06 EUR 0,88 EUR<br />

39 1,09 EUR 0,91 EUR<br />

40 1,13 EUR 0,94 EUR<br />

41 1,17 EUR 0,96 EUR<br />

42 1,21 EUR 0,99 EUR<br />

43 1,25 EUR 1,03 EUR<br />

44 1,30 EUR 1,06 EUR<br />

45 1,34 EUR 1,09 EUR<br />

46 1,39 EUR 1,13 EUR<br />

47 1,45 EUR 1,17 EUR<br />

48 1,50 EUR 1,21 EUR<br />

Eintritts Männer Frauen<br />

-alter EUR EUR<br />

49 1,56 EUR 1,26 EUR<br />

50 1,63 EUR 1,30 EUR<br />

51 1,69 EUR 1,35 EUR<br />

52 1,76 EUR 1,40 EUR<br />

53 1,84 EUR 1,46 EUR<br />

54 1,92 EUR 1,52 EUR<br />

55 2,00 EUR 1,58 EUR<br />

56 2,09 EUR 1,65 EUR<br />

57 2,18 EUR 1,72 EUR<br />

58 2,28 EUR 1,80 EUR<br />

59 2,39 EUR 1,88 EUR<br />

60 2,51 EUR 1,97 EUR<br />

61 2,63 EUR 2,07 EUR<br />

62 2,76 EUR 2,17 EUR<br />

63 2,91 EUR 2,29 EUR<br />

64 3,06 EUR 2,41 EUR<br />

65 3,23 EUR 2,55 EUR<br />

Eintritts Männer Frauen<br />

-alter EUR EUR<br />

66 3,42 EUR 2,70 EUR<br />

67 3,62 EUR 2,86 EUR<br />

68 3,84 EUR 3,05 EUR<br />

69 4,08 EUR 3,25 EUR<br />

70 4,35 EUR 3,48 EUR<br />

71 4,64 EUR 3,73 EUR<br />

72 4,97 EUR 4,02 EUR<br />

73 5,34 EUR 4,35 EUR<br />

74 5,75 EUR 4,73 EUR<br />

75 6,19 EUR 5,14 EUR<br />

76 6,75 EUR 5,66 EUR<br />

77 7,41 EUR 6,30 EUR<br />

78 8,22 EUR 7,09 EUR<br />

79 9,24 EUR 8,11 EUR<br />

80 10,61 EUR 9,49 EUR


Version G -03. 2010<br />

Beitrittserklärung bitte zurücksenden an:<br />

Bildungs- und Förderungswerk der <strong>GEW</strong> e.V., Postfach 90 04 09, 60444 Frankfurt<br />

Beitrittserklärung zur Gruppen-Sterbegeldversicherung<br />

(bis Alter 80) - Tarif VG9/2008<br />

Zu versichernde Person<br />

Versicherungsumfang<br />

Einzugsauftrag<br />

(bitte in jedem Fall ausfüllen)<br />

Produktbeschreibung<br />

Unfalltod-<br />

Zusatzversicherung<br />

Beitragszahlung<br />

Name / Vorname<br />

Straße / Hausnummer<br />

Versicherungsbeginn<br />

PLZ / Wohnort<br />

Geburtsdatum<br />

Telefonnummer für Rückfragen<br />

Ich beantrage eine Versicherungssumme von: (bitte ankreuzen)<br />

Versicherungssumme in €<br />

3.000<br />

5.000<br />

7.000<br />

10.000<br />

12.500<br />

Monatlicher Beitrag in €<br />

Ich wähle folgende Summe unter 12.500 Euro: Euro .....................<br />

zzgl. BFW-Mitgliedsbeitrag 0,05<br />

Mindestsumme 500,-- Euro<br />

Lastschriftbetrag ................<br />

Ich erkläre mich damit einverstanden, dass die Beiträge für diese Gruppen-Sterbegeld-Versicherung bis auf schriftlichen Widerruf und der<br />

monatliche BFW-Mitgliedsbeitrag von € 0,05 im Lastschriftverfahren monatlich eingezogen werden.<br />

Konto-Nummer Bankleitzahl<br />

Y Y<br />

Bank / Sparkasse / Postbank Konto-Inhaber<br />

Y<br />

Die Versicherungsleistung wird beim Tod der versicherten Person fällig.<br />

Das Höchsteintrittsalter beträgt 80 Jahre. Der Versicherer verzichtet auf<br />

eine Gesundheitsprüfung; stattdessen gilt beim Tod der versicherten<br />

Person im 1. Versicherungsjahr folgende Staffelung der Versicherungssumme:<br />

Bei Tod im 1. Monat: Rückzahlung des eingezahlten Beitrages;<br />

bei Tod im 2. Monat: Zahlung von 1/12 der Versicherungssumme; bei Tod<br />

im 3. Monat Zahlung von 2/12 der Versicherungssumme usw.; allmonat-<br />

Eine Unfalltod-Zusatzversicherung ist stets eingeschlossen, außer bei<br />

den Eintrittsaltern ab 75 Jahren. Bei Tod infolge eines Unfalls vor dem<br />

Ende des Versicherungsjahres, in dem die versicherte Person ihr 75.<br />

Die Beiträge sind bis zum Ende des Monats zu entrichten, in dem die<br />

versicherte Person stirbt; längstens jedoch bis zum Ende des Ver-<br />

Überschussbeteiligung Die von der DBV Deutsche Beamtenversicherung Lebensversicherung<br />

AG laufend erwirtschafteten Überschüsse werden in Form von Grund- und<br />

Zinsüberschussanteilen weitergegeben. Die Grundüberschussanteile<br />

werden mit den von mir zu zahlenden Versicherungsbeiträgen verrechnet.<br />

Zuwendungserklärung Die während meiner Mitgliedschaft auf die Sterbegeldversicherung<br />

anfallenden Grundüberschussanteile werden mit<br />

den von mir zu zahlenden Versicherungsbeiträgen verrechnet.<br />

Bis auf meinen jederzeit möglichen Widerruf wende ich dem<br />

BFW der <strong>GEW</strong> laufend Beträge in Höhe der jeweils verrechneten<br />

Überschussanteile zu. Dadurch kommen diese Beträge wirt-<br />

Unterschriften<br />

Bildungs- und Förderungswerk<br />

der <strong>GEW</strong> im DGB e.V.<br />

Über die Erhöhung des Versicherungsschutzes wird ein gesonderter Versicherungsschein erstellt.<br />

Bevor Sie diese Beitrittserklärung unterschreiben, lesen Sie bitte auf der<br />

Rückseite die Einwilligungserklärung der zu versichernden Person. Die Einwilligungserklärung<br />

enthält u.a. die Klausel nach dem Bundesdaten-<br />

Ort / Datum Unterschrift der zu versichernden Person<br />

Y Y Y<br />

Bitte kreuzen Sie an:<br />

weiblich männlich<br />

lich um 1/12 der Versicherungssumme steigend bis zur vollen Versicherungssumme<br />

ab Beginn des 2. Versicherungsjahres. Stirbt die<br />

versicherte Person vor Ablauf des ersten Versicherungsjahres infolge<br />

eines im ersten Versicherungsjahr eingetretenen Unfalls, wird stets<br />

die volle Versicherungsleistung erbracht.<br />

Interne Angaben<br />

Gruppenvertragsnummer Personenkreis Versicherungsscheinnummer Versicherungssumme Versicherungsbeginn<br />

4 7 9 0 0 5 8 6 6 1 4 7 0 1 2 0 1 0<br />

Y<br />

Ihr Servicetelefon<br />

069/78 97 32 05<br />

Bitte ankreuzen:<br />

Mitglied<br />

Familienangehörige/r<br />

Lebensjahr vollendet hat, wird die volle Versicherungssumme zusätzlich<br />

zur Sterbegeldleistung gezahlt.<br />

sicherungsjahres, in dem die versicherte Person das rechnungsmäßige<br />

85. Lebensjahr vollendet.<br />

Die Zinsüberschussanteile werden verzinslich angesammelt<br />

und zusammen mit der Versicherungsleistung ausgezahlt.<br />

schaftlich nicht mir, sondern dem BFW der <strong>GEW</strong> zu 64 % für<br />

satzungsgemäße Aufgaben und zu 36 % zur Förderung der<br />

Sterbegeldeinrichtung (Kostendeckungsmittel) zugute. Über<br />

die Höhe der Zuwendungen gibt das BFW der <strong>GEW</strong> auf Anfrage<br />

jederzeit Auskunft. Bei Widerruf der Zuwendungserklärung<br />

beträgt der monatliche BFW-Mitgliedsbeitrag 2,50 €.<br />

schutzgesetz (BDSG) und Hinweise zum Widerspruchsrecht; sie ist<br />

wichtiger Bestandteil des Vertrages. Sie machen mit Ihrer Unterschrift<br />

die Einwilligungserklärung zum Inhalt dieser Beitrittserklärung.<br />

Unterschrift der Kontoinhaberin/des Kontoinhabers<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 41


Einwilligungserklärung Die Vereinigung und die zu versichernde Person geben die nachfolgend abgedruckten Einwilligungserklärungen zur Datenverarbeitung<br />

nach dem Bundesdatenschutzgesetz und zur Schweigepflichtentbindung ab.<br />

Widerrufsrecht<br />

Sie können Ihre Erklärung bis zum Ablauf von 30 Tagen<br />

nach Erhalt des Versicherungsscheins und der<br />

Bestimmungen und Informationen zum Vertrag (BIV) ohne<br />

Angabe von Gründen schriftlich widerrufen. Eine<br />

Erklärung in Textform (z.B. per Brief, Fax oder E-Mail) ist<br />

I. Bedeutung dieser Erklärung und Widerrufsmöglichkeit<br />

Ihre personenbezogenen Daten benötigen wir zur Verhinderung<br />

von Versicherungsmissbrauch, zur Überprüfung unserer<br />

Leistungspflicht, zu Ihrer Beratung und Information sowie allgemein<br />

zur Antrags-, Vertrags- und Leistungsabwicklung.<br />

Personenbezogene Daten dürfen nach geltendem Datenschutzrecht<br />

nur erhoben, verarbeitet oder genutzt werden<br />

(Datenverwendung), wenn dies ein Gesetz ausdrücklich<br />

erlaubt oder anordnet oder wenn eine wirksame Einwilligung<br />

des Betroffenen vorliegt.<br />

Nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist die Verwendung<br />

Ihrer allgemeinen personenbezogenen Daten<br />

(z.B. Alter oder Adresse) erlaubt, wenn es der Zweckbestimmung<br />

eines Vertragsverhältnisses oder vertragsähnlichen<br />

Vertrauensverhältnisses dient (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG).<br />

Das gleiche gilt, soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen<br />

der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu<br />

der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des<br />

Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung<br />

überwiegt (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG). Die Anwendung<br />

dieser Vorschriften erfordert in der Praxis oft eine umfangreiche<br />

und zeitintensive Einzelfallprüfung. Auf diese kann bei Vorliegen<br />

dieser Einwilligungserklärung verzichtet werden.<br />

Zudem ermöglicht diese Einwilligungserklärung eine Datenverwendung<br />

auch in den Fällen, die nicht von den Vorschriften<br />

des Bundesdatenschutzgesetzes erfasst werden<br />

(Vgl. dazu Ziffer II).<br />

Einen intensiveren Schutz genießen besondere Arten personenbezogener<br />

Daten (insbesondere Ihre Gesundheitsdaten).<br />

Diese dürfen wir im Regelfall nur verwenden, nachdem<br />

Sie hierin ausdrücklich eingewilligt haben (Vgl. dazu Ziffer III.).<br />

Mit den nachfolgenden Einwilligungen zu Ziffer II. und Ziffer<br />

III. ermöglichen Sie zudem eine Datenverwendung auch<br />

solcher Daten, die dem besonderen gesetzlichen Schutz von<br />

Privatgeheimnissen gemäß § 203 Strafgesetzbuch unterliegen.<br />

Diese Einwilligungen sind ab dem Zeitpunkt der Antragstellung<br />

wirksam. Sie wirken unabhängig davon, ob später<br />

der Versicherungsvertrag zustande kommt. Es steht Ihnen<br />

frei, diese Einwilligungserklärungen mit Wirkung für die<br />

Zukunft jederzeit ganz oder teilweise zu widerrufen. Dies<br />

lässt aber die gesetzlichen Datenverarbeitungsbefugnisse<br />

unberührt. Sollten die Einwilligungen ganz oder teilweise<br />

verweigert werden, kann das dazu führen, dass ein Versicherungsvertrag<br />

nicht zustandekommt.<br />

II. Erklärung zur Verwendung Ihrer allgemeinen personenbezogenen<br />

Daten<br />

Hiermit willige ich ein, dass meine personenbezogenen Daten<br />

unter Beachtung der Grundsätze der Datensparsamkeit und<br />

der Datenvermeidung verwendet werden<br />

1.a) zur Vertragsabwicklung und zur Prüfung der Leistungspflicht;<br />

b) zur Weitergabe an den/die für mich zuständigen Vermittler,<br />

soweit dies der ordnungsgemäßen Durchführung meiner<br />

Versicherungsangelegenheiten dient;<br />

Allgemeine Hinweise<br />

Mir ist bekannt, dass die Vereinigung Versicherungsnehmerin<br />

ist. Sie handelt in meinem Auftrag. Ich bevollmächtige die Vereinigung<br />

zur Vertretung bei der Abgabe und Entgegennahme<br />

aller das Versicherungsverhältnis betreffenden Willenserklärungen<br />

(einschließlich der Kündigung der Sterbegeldversicherung<br />

beim Ausscheiden des Mitglieds aus der Vereinigung);<br />

die Vertretungsbefugnis erstreckt sich jedoch nicht<br />

auf die Empfangnahme von Versicherungsleistungen und<br />

die Änderung des Bezugsrechts.<br />

Versicherungsträger<br />

DBV Deutsche Beamtenversicherung<br />

Lebensversicherung AG<br />

Sitz: Wiesbaden (AG Wiesbaden - HRB 7501-)<br />

Vorsitzender des Aufsichtsrats: Herbert Falk<br />

42 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

Widerrufsbelehrung auf Abschluss eines Versicherungsvertrages<br />

ausreichend. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die<br />

rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu<br />

richten an: DBV Deutsche Beamtenversicherung Lebensversicherung<br />

AG, Frankfurter Str. 50, 65189 Wiesbaden.<br />

Sofern der vorseitig genannte Versicherungsbeginn vor<br />

2. zur gemeinschaftlichen Führung von Datensammlungen<br />

der zur AXA Gruppe gehörenden Unternehmen (zu denen<br />

auch die DBV Deutsche Beamtenversicherung zählt und<br />

die im Internet unter www.dbv.de einsehbar sind oder mir<br />

auf Wunsch mitgeteilt werden), um die Anliegen im Rahmen<br />

der Antrags-, Vertrags- und Leistungsabwicklung schnell,<br />

effektiv und kostengünstig bearbeiten zu können (z.B.<br />

richtige Zuordnung Ihrer Post oder Beitragszahlungen).<br />

Diese Datensammlungen enthalten Daten wie Name,<br />

Adresse, Geburtsdatum, Kundennummer, Versicherungsnummer,<br />

Kontonummer, Bankleitzahl, Art der bestehenden<br />

Verträge, sonstige Kontaktdaten;<br />

3. durch andere Unternehmen/Personen (Dienstleister) innerhalb<br />

und außerhalb der AXA Gruppe, denen der Versicherer<br />

oder ein Rückversicherer Aufgaben ganz oder teilweise zur<br />

Erledigung überträgt. Diese Dienstleister werden eingeschaltet,<br />

um die Antrags-, Vertrags- und Leistungsabwicklung<br />

möglichst schnell, effektiv und kostengünstig zu<br />

gestalten. Eine Erweiterung der Zweckbestimmung der<br />

Datenverwendung ist damit nicht verbunden. Die Dienstleister<br />

sind im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung verpflichtet,<br />

ein angemessenes Datenschutzniveau sicher zu stellen,<br />

einen zweckgebundenen und rechtlich zulässigen Umgang<br />

mit den Daten zu gewährleisten sowie den Grundsatz der<br />

Verschwiegenheit zu beachten;<br />

4. zur Verhinderung des Versicherungsmissbrauchs und bei<br />

der Klärung von Ansprüchen aus dem Versicherungsverhältnis<br />

durch Nutzung konzerneigener Datenbestände sowie<br />

Nutzung eines Hinweis- und Informationssystems der Versicherungswirtschaft<br />

mit Daten, die der Gesamtverband<br />

der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) im Auftrag<br />

der Versicherer verschlüsselt. Auf Basis dieses Systems<br />

kann es zu einem auf den konkreten Anlass bezogenen<br />

Austausch personenbezogener Daten zwischen dem<br />

anfragenden und dem angefragten Versicherer kommen;<br />

5. zur Beratung und Information über Versicherungs- und<br />

sonstige Finanzdienstleistungen durch<br />

a) den Versicherer, andere Unternehmen der AXA Gruppe und<br />

den für mich zuständigen Vermittler;<br />

b) Kooperationspartner des Versicherers (die im Internet<br />

unter www.axa.de einsehbar sind oder mir auf Wunsch<br />

mitgeteilt werden); soweit aufgrund von Kooperationen mit<br />

Gewerkschaften/Vereinen Vorteilskonditionen gewährt<br />

werden, bin ich damit einverstanden, dass der Versicherer<br />

zwecks Prüfung, ob eine entsprechende Mitgliedschaft<br />

besteht, mit den Gewerkschaften/Vereinen einen Datenabgleich<br />

vornimmt;<br />

6. zur Antrags-, Vertrags- und Leistungsabwicklung, indem<br />

der Versicherer Informationen über mein allgemeines<br />

Zahlungsverhalten einholt. Dies kann auch erfolgen durch<br />

ein anderes Unternehmen der AXA Gruppe oder eine Auskunftei<br />

(z.B. Bürgel, Infoscore, Creditreform, SCHUFA);<br />

7. zur Antrags-, Vertrags- und Leistungsabwicklung, indem<br />

Bei höherem Eintrittsalter können die zu zahlenden<br />

Beiträge in ihrem Gesamtbetrag die versicherte<br />

Leistung unter Umständen übersteigen.<br />

Eine Durchschrift der Beitrittserklärung wird mir unverzüglich<br />

nach Unterzeichnung zugesandt.<br />

Auf diesen Vertrag findet das Recht der Bundesrepublik<br />

Deutschland Anwendung.<br />

Soweit Vorteilskonditionen gewährt werden, die vom<br />

Bestehen der Mitgliedschaft zu einer Gewerk-<br />

Vorstand: Dr. Frank Keuper (Vors.), Dr. Patrick Dahmen,<br />

Wolfgang Hanssmann, Ulrich C. Nießen, Thomas Gerber,<br />

Dr. Heinz-Jürgen Schwering<br />

dem Ablauf der Widerrufsfrist liegt, bin ich damit einverstanden,<br />

dass der erste oder einmalige Beitrag (Einlösungsbeitrag)<br />

- abweichend von der gesetzlichen<br />

Regelung - vor Ablauf der Frist fällig d.h. unverzüglich zu<br />

zahlen ist.<br />

der Versicherer ein Unternehmen der AXA Gruppe oder<br />

eine Auskunftei eine auf der Grundlage mathematischstatistischer<br />

Verfahren erzeugte Einschätzung meiner<br />

Zahlungsfähigkeit bzw. der Kundenbeziehung (Scoring) einholt.<br />

III. Erklärungen zur Schweigepflichtentbindung und<br />

Verwendung von Gesundheitsdaten<br />

Schweigepflichtentbindung<br />

Zur Bewertung unserer Leistungspflicht kann es erforderlich<br />

werden, dass wir die Angaben prüfen, die zur Begründung<br />

von Ansprüchen gemacht werden oder die sich aus eingereichten<br />

Unterlagen (z.B. Rechnungen, Verordnungen, Gutachten)<br />

oder Mitteilungen beispielsweise eines Krankenhauses<br />

oder Arztes ergeben. Diese Überprüfung unter Einbeziehung<br />

von Gesundheitsdaten erfolgt nur, soweit hierzu<br />

ein Anlass besteht (z.B. Fragen zu Unfalltod oder Selbsttötung).<br />

Um diese Prüfung und Bewertung zu ermöglichen, geben<br />

Sie folgende Erklärung ab:<br />

a) Zum Zweck der Prüfung der Leistungspflicht befreie ich<br />

von ihrer Schweigepflicht Ärzte, Pflegepersonen und Bedienstete<br />

von Krankenhäusern, sonstigen Krankenanstallten,<br />

Pflegeheimen, Personenversicherern, gesetzlichen<br />

Krankenkassen sowie von Berufsgenossenschaften und<br />

Behörden, soweit ich dort in den letzten 10 Jahren vor<br />

Antragstellung untersucht, beraten oder behandelt worden<br />

bin bzw. versichert war oder einen Antrag auf Versicherung<br />

gestellt habe.<br />

b) Die Angehörigen des Versicherers und seiner Dienstleistungsgesellschaften<br />

befreie ich von ihrer Schweigepflicht<br />

insoweit, als Gesundheitsdaten an beratende Ärzte oder<br />

Gutachter weitergegeben werden. Wir werden Gesundheitsdaten<br />

nach den Absätzen a) und b) nur erheben zur Leistungspflichtprüfung.<br />

Datenverwendung<br />

Um die Datenverwendung zu ermöglichen, geben Sie<br />

folgende Erklärungen ab:<br />

a) Ich willige in die Verwendung der von den vorstehenden<br />

Schweigepflichtentbindungserklärungen erfassten Gesundheitsdaten<br />

zur Leistungsprüfung ein. Die Grundsätze der<br />

Datensparsamkeit und Datenvermeidung sind zu beachten.<br />

b) Ich willige ferner ein, dass die von den vorstehenden<br />

Schweigepflichtentbindungserklärungen erfassten Gesundheitsdaten<br />

unter Beachtung der Grundsätze der Datensparsamkeit<br />

und Datenvermeidung im Sinne der Ziffer II. Nr.<br />

1 (Vertragsabwicklung), Nr. 3 (Outsourcing an Dienstleister),<br />

Nr. 4 (Missbrauchsbekämpfung) und Nr. 5 (Beratung und<br />

Information) verwendet werden dürfen.<br />

Zur Missbrauchsbekämpfung im Rahmen einer besonderen<br />

Konzerndatenbank dürfen Gesundheitsdaten nur von<br />

Kranken-, Unfall- und Lebensversicherern eingesehen und<br />

verwendet werden (Ziffer II. 4).<br />

schaft/Vereinigung abhängig sind, erfolgt ein Datenabgleich<br />

mit dieser Organisation ohne Bekanntgabe der Versicherungsinhalte.<br />

Die für Ihre Versicherung zuständige Aufsichtsbehörde ist die<br />

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin),<br />

Postfach 1308, 53003 Bonn, Internet: www.bafin.de.<br />

Unser Unternehmen ist Mitglied im Verein Versicherungsombudsmann<br />

e.V., Postfach 080632, 10006 Berlin.<br />

Anschrift:<br />

Frankfurter Straße 50<br />

65189 Wiesbaden


„Alte Taktik“?<br />

(E&W 5/2010, Schwerpunkt<br />

„Islam“, Seite 6ff.)<br />

Muslime stellen sich meist als „arme<br />

Opfer“ dar, als solche durften<br />

sie sich auch im <strong>GEW</strong>-Heft präsentieren.<br />

Es ist jedoch eine alte<br />

Taktik, die anderen für etwas zu<br />

beschuldigen, um so seine eigenen<br />

Forderungen durchzusetzen.<br />

Was bedeutet überhaupt Integration<br />

für Menschen, die sich oft weigern,<br />

die Sprache des Gastlandes<br />

zu lernen? Und wer kontrolliert,<br />

was die Kinder im Islamunterricht<br />

lernen? Das Recht auf freie Meinungsäußerung<br />

gilt in islamischen<br />

Organisationen nicht viel! Dieses<br />

Recht verteidigt aber gerade die<br />

<strong>GEW</strong> doch so sehr! Der einzige<br />

realitätsnahe Text war der von<br />

Neçla Kelek, sie nannte die Dinge<br />

beim Namen.<br />

L. Willeke-Hüther, Köln<br />

„Gehässig“?<br />

(E&W 5/2010, Seite 40:<br />

„Diesmal“)<br />

Kapiere ich das Cartoon nicht?<br />

Bin ich zu humorlos? Oder ist die<br />

Karikatur auf der Rückseite<br />

tatsächlich so bösartig und diskriminierend?<br />

Die Botschaft lautet:<br />

Unsere Studierenden sind „topgestylt“,<br />

„Laptop-bewehrt“ und<br />

kaufen sich vom Stipendiengeld<br />

das „geile Holzlenkrad für ihren<br />

Cabrio“. Bei allem Respekt vor<br />

Satire: Diese Karikatur hätte ich<br />

in der E&W nicht erwartet. Sie ist<br />

gehässig und verprellt mögliche<br />

neue Mitglieder.<br />

Frank Osterlos, Karlsruhe<br />

„Waidwunder<br />

Gesichtsausdruck“<br />

(E&W 6/2010: Titelbild)<br />

Das erste Mal seit Jahren bin ich<br />

erschüttert, wie schlecht ein Titelbild<br />

sein kann. Sexuelle Gewalt ist<br />

ein Thema, das nicht klischeebeladen<br />

behandelt werden sollte, auch<br />

nicht mit einem Bild. Da ich mich<br />

leider zu den „Ge- oder Beschädigten“<br />

zählen darf, bin ich mehr als<br />

verärgert darüber, dass ein Kind<br />

mit „waidwundem Gesichtsausdruck“<br />

als „Aufmacher“ herhalten<br />

muss. Ich fürchte, dass ein Täter<br />

das verwendete Kinderbild eher<br />

anregend finden könnte. So ticken<br />

Pädophile leider oft. Und un-<br />

glücklicherweise sieht man Kinder<br />

und Jugendlichen eben oft nicht<br />

an, was ihnen angetan wurde.<br />

Name ist der Redaktion bekannt<br />

„Mittelalterlich“<br />

(E&W 6/2010: Schwerpunkt<br />

„Sexuelle Gewalt“, Seite 6ff.)<br />

Über die Denunziationen im Juni-Schwerpunkt<br />

bin ich entsetzt.<br />

Dort wird eine Liste mit „Missbrauchsvorfällen<br />

in Privatschulen“<br />

veröffentlicht. Natürlich<br />

muss jeder Missbrauch angezeigt<br />

und bearbeitet werden – kein Thema.<br />

Jedoch Listen von Bildungseinrichtungen<br />

zu veröffentlichen,<br />

gegen deren Mitarbeiter Verfahren<br />

laufen (oder laufen sollten oder<br />

könnten!), ist mittelalterlich.<br />

A. Georges (per E-Mail)<br />

„Mangelhaft<br />

demokratisiert“<br />

Ich habe die Ausgabe mit Interesse<br />

gelesen. Leider geht es dabei fast<br />

ausschließlich um private Internate,<br />

die staatliche Schule wird kaum erwähnt.<br />

Obwohl es dort ebenso zu<br />

Übergriffen an Schülerinnen und<br />

Schülern kommt. Zwar werden in<br />

den einzelnen Beiträgen Konsequenzen<br />

aus den Misshandlungsbzw.<br />

Missbrauchsfällen und<br />

Präventionsmaßnahmen gefordert,<br />

allerdings fehlen praktikable Vorschläge.<br />

Die Schule bedarf einer unabhängigen<br />

Instanz, die sie kontrollieren<br />

und die notfalls eingreifen<br />

kann, wenn Kinder durch Lehrkräfte<br />

gefährdet sind. Misshandlung<br />

von Kindern zeigt, dass die Schule<br />

mangelhaft demokratisiert ist.<br />

Manfred Heinz Dietrich, Frankfurt<br />

am Main<br />

„Nicht vergleichbar“<br />

(E&W 6/2010: Antwort auf den<br />

Leserbrief von Erwin Saint Paul)<br />

Mit dem Anliegen von Erwin<br />

Saint Paul, einen Ausbau kostenfreier<br />

Erzieherinnenausbildung in<br />

öffentlicher Verantwortung anzustreben,<br />

gehe ich grundsätzlich<br />

konform. Nicht aber damit, Kinderpflegerinnen<br />

und Erzieherinnen<br />

statistisch als Einheit zu betrachten.<br />

Das geht an der Sache<br />

völlig vorbei. Beide Berufsgruppen<br />

sind weder in Bezug auf Berufsmotivation<br />

noch auf Arbeitsmarktchancen<br />

vergleichbar. Eben-<br />

so gibt es keine empirischen Belege<br />

dafür, dass der Hauptgrund für<br />

Ausbildungsabbrüche im Schulgeld<br />

zu suchen ist, das Auszubildende<br />

an private (meist gemeinnützige)<br />

Träger von Ausbildungsstätten<br />

zahlen müssen.<br />

Günther Schedel-Gschwendtner,<br />

Nürnberg<br />

„Front gemacht“<br />

(E&W 9/2010, Seite 26:<br />

„<strong>Kein</strong> Aufruf zum bundesweiten<br />

politischen Stillstand“)<br />

Bei allen zustimmungsfähigen Bemerkungen<br />

im Kommentar, auch<br />

zu den Motiven der Primarschul-<br />

Gegner darf in E&W nicht die eigene<br />

Berufsgruppe (schamvoll?)<br />

übergangen werden. Die Grundschulkollegien<br />

waren durchweg<br />

dafür, verständlicherweise. Die<br />

Gesamtschulen – etwas schwereren<br />

Herzens – auch. Die Gymnasialschulleiter<br />

(davon etliche<br />

<strong>GEW</strong>-Mitglieder) haben indes wenige<br />

Monate vor dem Volksentscheid<br />

in einem dramatischen Appell<br />

in der Öffentlichkeit Front<br />

gegen die Reform gemacht:<br />

„Schulleiter fürchten ,Chaos nach<br />

Reform‘“ titelte am 27. April 2010<br />

z. B. das Hamburger Abendblatt.<br />

Frohlocken auf den Internetseiten<br />

und an den Ständen der Gegner-<br />

Initiative! Wenn sich die Schulleitungen<br />

öffentlich schon so prononciert<br />

äußern, wie muss es<br />

dann in den Schulen, auf Elternabenden,<br />

in Konferenzen zugegangen<br />

sein? Klar, die Reform hätte<br />

besser vorbereitet werden können,<br />

aber wer längeres gemeinsames<br />

Lernen im Interesse aller<br />

Schülerinnen und Schüler wirklich<br />

will, darf sich nicht so von<br />

LESERFORUM<br />

Fehler und Korrektur<br />

(E&W 9/2010, Seite 24: „Demokratisch legitimierter Klassenkampf“)<br />

In den Text haben sich leider zwei sachliche Fehler eingeschlichen.<br />

Wir bitten, diese Fehler zu entschuldigen. Hier die Korrekturen:<br />

Statt „Der geplante Gesetzentwurf . . . zur . . . Primarschule . . . ist gescheitert“<br />

muss es heißen: „Das am 9. Oktober 2009 von der Bürgerschaft<br />

mehrheitlich und nach Nachbesserungen am 3. März 2010 einstimmig<br />

verabschiedete neue Schulgesetz, das die Primarschule einführt,<br />

ist durch einen erstmals verbindlichen Volksentscheid gestoppt.“<br />

Und statt „In dem Gesetzentwurf zur Schulreform war vereinbart,<br />

zehn Jahre ‚Schulfrieden‘ zu halten . . .“ muss es heißen: „Parallel zur<br />

Nachbesserung des Schulgesetzes, aber außerhalb des Parlaments, unterzeichneten<br />

CDU, SPD und GAL ein Parteiabkommen, zehn Jahre<br />

‚Schulfrieden‘ zu halten.“ E&W-Redaktion<br />

den Gegnern instrumentalisieren<br />

lassen. Einerseits sind wir in Hamburg<br />

stolz darauf, dass die <strong>GEW</strong><br />

vier Fünftel aller Lehrkräfte vertritt<br />

und ein progressives Image<br />

für sich reklamiert (und den<br />

Schulfortschritt in vielen Bereichen<br />

auch tatsächlich fördert).<br />

Jetzt aber haben die Gymnasien<br />

klar gegen das längere gemeinsame<br />

Lernen agiert. Manchmal hat<br />

man – sich zurücklehnend –<br />

gehört: „. . . ja wenn ihr geschafft<br />

hättet, die gemeinsame Schule für<br />

alle bis zur 10. Klasse zu befördern<br />

. . .“. Eine solche Initiative<br />

war ja bekanntlich schon weit vor<br />

einem Volksentscheid spektakulär<br />

gescheitert. Ich bin sicher, dass die<br />

Lehrkräfte der Gymnasien beträchtlichen<br />

Einfluss auf „ihre“ Eltern<br />

haben. Und den haben sie<br />

auch mittelschichttypisch genutzt<br />

– und nicht sozial solidarisch und<br />

bildungspolitisch vorwärtsweisend<br />

im Interesse benachteiligter<br />

Schülerschaften. <strong>GEW</strong>-Vorsitzender<br />

Ulrich Thöne hat zwar mit seinem<br />

Kommentar Recht, aber<br />

trotzdem: Eine entschiedenere<br />

Überzeugungsarbeit der <strong>GEW</strong>-<br />

Mitglieder nach innen hat gefehlt!<br />

Gerhard Lein, ehem. Gesamtschulleiter,<br />

SPD-Abgeordneter<br />

in der Hamburger Bürgerschaft<br />

E &W-Briefkasten<br />

Postanschrift der Redaktion:<br />

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

Postfach 900409, 60444 Frankfurt a. M.,<br />

E-Mail: renate.koerner@gew.de<br />

Die E&W-Rubrik „Anschlagtafel“ ist auf<br />

unserer Website unter www.gew.de/ Anschlagtafel.<br />

html zu finden.<br />

10/2010 Erziehung und Wissenschaft 43


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44 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

Foto: dpa<br />

Wegweiser in die Zukunft<br />

<strong>GEW</strong> trauert um Carl-Heinz Evers<br />

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Carl-Heinz<br />

Evers<br />

Carl-Heinz Evers gilt als Vater der Berliner<br />

Gesamtschule. Mit ihm ist in diesem<br />

Jahr nach Ludwig von Friedeburg<br />

(hessischer Kultusminister von 1969<br />

bis 1974, s. E&W 7-8/2010) die zweite<br />

führende Persönlichkeit der bildungspolitischen<br />

Reformdebatte der 1960erund<br />

1970er-Jahre gestorben.<br />

Evers wurde 1963 vom Regierenden<br />

Bürgermeister Willy Brandt (SPD) als<br />

Schulsenator in den Berliner Senat berufen.<br />

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Bundesweite Aufmerksamkeit hatte<br />

der damals 41-Jährige bereits ein Jahr<br />

zuvor durch eine viel beachtete Denkschrift<br />

zur inneren Schulreform erlangt.<br />

Ihm, dem <strong>GEW</strong>-Mitglied, lag<br />

die Modernisierung und Demokratisierung<br />

der Schule am Herzen.<br />

Carl-Heinz Evers kam aus einer gutbürgerlichen<br />

Ingenieursfamilie, der<br />

Großvater stammte aber aus dem Arbeitermilieu.<br />

Das prägte offenbar den<br />

Enkel, der es zum Professor und Senator<br />

brachte und damit einen Karrieresprung<br />

gemacht hat, der für Arbeiterkinder<br />

kaum vorgesehen war. Sein<br />

bildungspolitisches Augenmerk galt<br />

daher stets den Kindern aus bildungsfernen<br />

Schichten. Schon Anfang der<br />

1960er-Jahre kritisierte er massiv das<br />

ungerechte Ausleseprinzip der altmodischen<br />

deutschen Schule, in der das<br />

Wissen und nicht das Lernen im Vordergrund<br />

stehe.<br />

1970 trat er als Schulsenator zurück,<br />

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weil der Berliner Senat unter Bürgermeister<br />

Klaus Schütz (SPD) die Ausgaben<br />

für die Schulen kürzte. Evers blieb<br />

aber für den Bildungsbereich so etwas<br />

wie eine Lichtgestalt, die den Weg in<br />

die schulpolitische Zukunft wies – mit<br />

großem Einfluss auf die bildungspolitischen<br />

Debatten. Nach seinem Rücktritt<br />

lehrte er als Honorarprofessor an<br />

der TU Berlin.<br />

Aus Protest gegen die Asylpolitik der<br />

SPD trat er 1993 aus der Partei aus.<br />

Für die <strong>GEW</strong> war er noch in den<br />

1990er-Jahren aktiv, etwa gemeinsam<br />

mit Gunter Otto in der Jury des Georg-<br />

Tappert-Preises, eine Auszeichnung,<br />

die die Bildungsgewerkschaft für kulturelle<br />

Aktivitäten in Bildungs- und<br />

Erziehungseinrichtungen alle zwei<br />

Jahre vergeben hatte.<br />

Die <strong>GEW</strong> trauert um Carl-Heinz<br />

Evers. Mit ihm verliert sie einen aufrechten<br />

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10/2010 Erziehung und Wissenschaft 45


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und zurück, 6 Tage HP, Ausflüge: Florenz, Pisa & Lucca, Siena & San Gimignano.<br />

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8 1/2 Tage Busfahrt zum Gardaseee mit Ausflügen ab € 339,- HP. Leistungen: Busfahrt hin und<br />

zurück, 6 Tage HP, Ausflüge: Verona, Venedig, Sirmione, Riva.<br />

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10 Tage Busfahrt nach Spanien mit Ausflügen ab € 327,- HP. Leistungen: Busfahrt hin und zurück,<br />

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10/2010 Erziehung und Wissenschaft 47


Erziehung und Wissenschaft<br />

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48 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />

Cartoon: Freimut Wössner

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