Kein Geld? - GEW
Kein Geld? - GEW
Kein Geld? - GEW
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Erziehung<br />
undWissenschaft<br />
Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft <strong>GEW</strong> 10/2010<br />
Anders leben<br />
Ganztag<br />
Raum für mehr<br />
Anders arbeiten
GASTKOMMENTAR<br />
Eltern wollen den Ganztag<br />
Während in den Köpfen vieler Deutscher<br />
die Schule auch 2010 noch als Halbtagsschule<br />
fest verankert ist, kennen unsere europäischen<br />
Nachbarn Schule überwiegend<br />
als ganztägig organisierte Institution. Bis<br />
vor etwa acht Jahren waren die Ganztagsschulen<br />
in Deutschland mehr oder weniger<br />
bestaunte Exoten. Heute ist das anders.<br />
PISA-Schock und das Investitionsprogramm<br />
Zukunft, Bildung und Betreuung<br />
(IZBB, s. Seite 19) der letzten rot-grünen<br />
Bundesregierung haben die Bildungslandschaft<br />
verändert. Wirtschaft und Politik, eine<br />
neue Elterngeneration, die Familie, Beruf<br />
und Karriere besser vereinbaren will,<br />
machten Druck, Ganztagsschulen<br />
flächendeckend<br />
einzuführen. Der quantitative<br />
Ausbau des Ganztags<br />
legte so in den vergangenen<br />
Jahren ein imponierendes<br />
Tempo vor. Heute<br />
stehen im Schnitt der Bundesländer<br />
für ein knappes<br />
Viertel der Schülerinnen<br />
und Schüler Ganztagsangebote<br />
bereit. Der tatsächliche<br />
Bedarf an Ganztagsplätzen<br />
ist nach allgemei-<br />
ner Einschätzung aber wesentlich<br />
höher.<br />
In der Lehrerschaft und in<br />
Rolf Richter<br />
pädagogischen Fachkreisen registriert man<br />
zudem eine Renaissance reformpädagogischer<br />
Ideen, die ganztägig arbeitende<br />
Schulen mit ihrem größeren Zeitbudget<br />
eher verwirklichen können. Auch die finanziellen<br />
Anreize des Bulmahn-Programmes<br />
IZBB motivierten zahlreiche Schulen, die<br />
eigene Einrichtung in eine ganztägige umzuwandeln.<br />
Dies geschah häufig genug –<br />
trotz widriger Rahmenbedingungen – mit<br />
viel Elan und kreativem Engagement. Die<br />
Landesregierungen legten – ergänzend<br />
zum IZBB – eigene Programme auf. Doch<br />
bei der Umsetzung stießen sie auf große<br />
Hindernisse. Erstaunt stellte man fest, dass<br />
es mit der zeitlichen Ausdehnung eines<br />
Schultages nicht getan war. Überspitzt gesagt:<br />
Allein die Addition der Suppenausgabe,<br />
Hausaufgabenstunde und einiger Arbeitsgemeinschaften<br />
ergab noch keine<br />
Ganztagsschule!<br />
Aus der Verantwortung für die Kinder rückte<br />
die pädagogische Qualität des Ganztags in<br />
den Fokus öffentlichen Interesses. Unter-<br />
2 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
richt, individuelle Förderung und professionelles<br />
Konzept unterrichtlicher und außerunterrichtlicher<br />
Zeit (Rhythmisierung) sollten<br />
in einer Institution, in der die Kinder täglich<br />
mehr als sieben Zeitstunden verbringen,<br />
auch höheren Ansprüchen an Professionalität<br />
genügen. Denn: Eltern wollen, dass<br />
man ihre Kinder mehr und besser individuell<br />
fördert. Die Schulen machten bislang nicht<br />
nur aus Unkenntnis zu wenig Gebrauch von<br />
der Chance, das „Mehr an Zeit und Raum“<br />
flexibler zu handhaben. Ebenso vergaß man<br />
in den Ministerien und Ämtern, nötige Veränderungen<br />
des pädagogischen Berufsbildes<br />
anzustoßen sowie Möglichkeiten zu<br />
schaffen, den Arbeitsplatz von<br />
Lehrkräften sowie Schülerinnen<br />
und Schülern neu zu gestalten.<br />
Anders arbeiten, anders<br />
lernen ist vielerorts noch<br />
Utopie. Auch die G8-Schulen<br />
als quasi „Zwangsganztagsschulen“<br />
sind im Grunde ein<br />
Etikettenschwindel. Damit ist<br />
allerdings noch nicht das<br />
ganze Spektrum pädagogischer<br />
Ansprüche an Ganztagsschulen<br />
umrissen.<br />
Es mangelt im Ganztagsbetrieb<br />
häufig am alles entscheidenden<br />
Faktor Personal.<br />
Doch den Kommunen und den<br />
Ländern fehlt nicht nur das <strong>Geld</strong>. Sondern<br />
häufig auch die Einsicht in den Wert wirklicher<br />
Professionalität. Noch immer wird zu<br />
sehr auf die Kooperation mit Vereinen und<br />
auf freiwillige, ehrenamtliche oder gering<br />
honorierte Mitarbeit – also die Billiglohnvariante<br />
– gesetzt. Unsere Kinder sind aber<br />
ein zu kostbares „Kapital“, um sie auf diese<br />
Weise „abzuspeisen“. Deshalb ist es Zeit,<br />
dass Politik den Ganztag finanziell besser<br />
ausstattet. Und damit zeigt, dass sie zusätzliche<br />
pädagogische Fachkräfte nicht<br />
nur als notwendig ansieht, sondern diese<br />
auch wertschätzt.<br />
Trotz der Mängel: Der Trend und die Motivation<br />
Pro-Ganztagsschule sind ungebrochen.<br />
Mütter und Väter wollen den Ganztag.<br />
Die politisch Verantwortlichen kommen<br />
deshalb nicht umhin, weitere Reformen<br />
umzusetzen und dafür auch das <strong>Geld</strong><br />
bereitzustellen.<br />
Rolf Richter, stellvertretender<br />
Bundesvorsitzender<br />
des Ganztagsschulverbandes GGT e.V.<br />
Foto: Privat<br />
Prämie<br />
des Monats<br />
Seite 5<br />
Mitmachen bringt Genuss und „frischen<br />
Wind“ in die Bildungsgewerkschaft.<br />
Sie werben im Oktober ein neues<br />
Mitglied und erhalten das Weinset<br />
„Frischer Wind“ mit drei Flaschen<br />
Wein aus Frankreich.<br />
Impressum<br />
Erziehung und Wissenschaft<br />
Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung · 62. Jg.<br />
Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
im Deutschen Gewerkschaftsbund.<br />
Vorsitzender: Ulrich Thöne.<br />
Redaktion: Ulf Rödde (verantwortlich),<br />
Helga Haas-Rietschel.<br />
Redaktionsassistenz: Renate Körner.<br />
Postanschrift der Redaktion:<br />
Reifenberger Straße 21, 60489 Frankfurt a. M.,<br />
Telefon (0 69) 7 89 73-0, Telefax (0 69) 7 89 73-202.<br />
Internet: www.gew.de<br />
Redaktionsschluss ist der 10. eines jeden Monats.<br />
Erziehung und Wissenschaft erscheint elfmal jährlich, jeweils<br />
am 5. des Monats mit Ausnahme der Sommerferien.<br />
Gestaltung: Werbeagentur Zimmermann,<br />
Heddernheimer Landstraße 144, 60439 Frankfurt<br />
Druck: apm AG, Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadt.<br />
Für die Mitglieder ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag<br />
enthalten. Für Nichtmitglieder beträgt der Bezugspreis<br />
jährlich Euro 7,20 zuzüglich Euro 11,30 Zustellgebühr inkl.<br />
MwSt. Für die Mitglieder der Landesverbände Bayern,<br />
Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Rheinland-Pfalz, Saar, Sachsen, Schleswig-Holstein und<br />
Thüringen werden die jeweiligen Landeszeitungen der<br />
E&W beigelegt. Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />
und Rezensionsexemplare wird keine Verantwortung<br />
übernommen. Die mit dem Namen des Verfassers gekennzeichneten<br />
Beiträge stellen nicht unbedingt die<br />
Meinung der Redaktion oder des Herausgebers dar.<br />
Verlag mit Anzeigenabteilung: Stamm Verlag GmbH,<br />
Goldammerweg 16, 45134 Essen,<br />
Verantwortlich für Anzeigen: Mathias Müller,<br />
Tel. (0201) 84300-0,Telefax (0201) 472590,<br />
anzeigen@stamm.de; www.erziehungundwissenschaft.de,<br />
gültige Anzeigenpreisliste Nr. 37 vom 1. 1. 2009,<br />
Anzeigenschluss ca. am 5. des Vormonats.<br />
E&W wird auf chlorfrei<br />
gebleichtem Papier gedruckt.<br />
ISSN 0342-0671
„Bei uns lernt man mehr als Mathe und Deutsch“ –acht<br />
Porträts geben Auskunft über den etwas anderen Alltag im<br />
schulischen Ganztagsbetrieb. Ein bunter Flickenteppich<br />
enthüllt sich beim Blick in die Länder. Viele (Halbtags-)<br />
Schulen haben sich auf den Weg gemacht und in Richtung<br />
Lern- und Lebensort verändert. Erkennbar aber auch: Das<br />
fehlende <strong>Geld</strong> bremst überall Innovationen. Fest steht: Die<br />
Chancen, die der Ganztag bietet, sind noch lange nicht ausgeschöpft.<br />
Schwerpunkt Ganztag. Seite6ff.<br />
Gastkommentar<br />
Eltern wollen den Ganztag Seite 2<br />
Impressum Seite 2<br />
Auf einen Blick Seite 4<br />
Titel: Ganztag<br />
1. „Bei uns lernen Kinder mehr als Mathe und Deutsch“ Seite 6<br />
2. „. . . im Sinne der Erfinderin?“ Seite 12<br />
3. Offen oder gebunden: ein Kessel Buntes Seite 16<br />
4. Interview mit Johannes Jung, Rheinland-Pfalz:<br />
„Den Mittelweg gewählt“ Seite 18<br />
5. Interview mit Ute Sauer, Hessen:<br />
„Wir wollen mitbestimmen“ Seite 19<br />
6. NRW: Angebot „light“ Seite 20<br />
7. Den ganzen Raum füllen Seite 22<br />
8. Langer Atem: „ABC der Ganztagsschule“ Seite 24<br />
Weiterbildung<br />
Interview mit Ernst Dieter Rossmann:<br />
„Dafür müssen wir kämpfen“ Seite 25<br />
Bildungspolitik<br />
1. OECD-Bildungsbericht: Politik duckt sich weg Seite 26<br />
2. <strong>GEW</strong>-Kommentar: Kürzungspolitik ist schädlich Seite 27<br />
Fotos: Kay Herschelmann<br />
„Die Schwächsten brauchen die besten Lehrkräfte“,<br />
sagt Bildungsforscher Jürgen Baumert<br />
im E&W-Interview. Zehn Jahre nach dem PISA-<br />
Schock zieht der kürzlich emeritierte Direktor<br />
des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung<br />
Berlin Bilanz. Der „PISA-Papst“ stellt fest: „Bildungsarmut<br />
wurde die größte bildungspolitische<br />
Herausforderung. Hier liegt heute noch der<br />
größte Handlungsbedarf.“ Seite28ff.<br />
3. Interview mit Jürgen Baumert:<br />
„Die Schwächsten brauchen die besten Lehrkräfte“ Seite 28<br />
4. Öffentlicher Dienst im Saarland: Testlauf Seite 30<br />
5. Interview mit Bildungsminister Klaus Kessler:<br />
„<strong>Kein</strong>e Unterstützung“ Seite 31<br />
6. Multikulturelles Lehrerzimmer: noch ein weiter Weg Seite 35<br />
7. Vorsicht: Finanzminister schreibt mit Seite 36<br />
Hochschule<br />
1. <strong>GEW</strong>-Konferenz „Traumjob Wissenschaft?“ Seite 32<br />
2. Bewerberlage an den Unis: dezentrales Chaos Seite 34<br />
<strong>GEW</strong>-Intern<br />
1. DGB-Herbstaktion: „Deutschland in Schieflage“ Seite 38<br />
2. Mitgliederservice Seite 40<br />
Recht und Rechtsschutz Seite 39<br />
Leserforum Seite 43<br />
Nachruf: Carl-Heinz Evers Seite 44<br />
Diesmal Seite 48<br />
Titel: Kay Herschelmann/Werbeagentur Zimmermann<br />
Foto: dpa<br />
Auf ein Wort ...<br />
Die <strong>GEW</strong> hat im vergangenen<br />
Jahr per Saldo über 6000 Mitglieder<br />
gewonnen. Auch 2010<br />
hat sich die positive Entwicklung<br />
fortgesetzt. Vor allem<br />
während der Tarifauseinandersetzungen<br />
sind viele Kolleginnen<br />
und Kollegen in die Bildungsgewerkschafteingetreten.<br />
Damit geben wir uns aber<br />
nicht zufrieden. Die Verhandlungen<br />
über die Länderentgeltordnung<br />
(L-ego) für Lehrkräfte,<br />
aber auch das Engagement für<br />
ein inklusives Bildungssystem<br />
erfordern eine starke <strong>GEW</strong>.<br />
Denn wir wollen diese Auseinandersetzungen<br />
gewinnen!<br />
Dafür brauchen wir Ihre, Deine<br />
Unterstützung. In den nächsten<br />
Monaten werden jeder Ausgabe<br />
der „Erziehung und Wissenschaft“<br />
zwei Flugblätter der Serie<br />
„Auf ein Wort, liebe Kollegin,<br />
lieber Kollege“ beigeheftet.<br />
Wir bitten alle Leserinnen<br />
und Leser, die Blätter herauszutrennen<br />
und über die Inhalte<br />
das persönliche Gespräch mit<br />
Kolleginnen und Kollegen am<br />
Arbeitsplatz oder im Bekanntenkreis<br />
zu suchen und diese<br />
für eine Mitgliedschaft in der<br />
<strong>GEW</strong> zu gewinnen.<br />
Herzlichen Dank für Ihre,<br />
Deine Unterstützung!<br />
Ulf Rödde, Redaktionsleiter der<br />
„Erziehung und Wissenschaft“<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 3
Foto: <strong>GEW</strong> Thüringen<br />
AUF EINEN BLICK<br />
Foto: <strong>GEW</strong> NRW Torsten Wolf<br />
Andreas<br />
Meyer-Lauber<br />
Torsten Wolf übernimmt den <strong>GEW</strong>-Vorsitz<br />
in Thüringen<br />
Der 42-jährige Torsten Wolf ist zum neuen Vorsitzenden der<br />
<strong>GEW</strong> in Thüringen gewählt worden. In der Landesvertreterversammlung<br />
wählten ihn 70,1 Prozent der Delegierten zum<br />
Nachfolger von Jürgen Röhreich, der nach zwölf Jahren an der<br />
Spitze des Landesverbandes nicht wieder zur Wahl angetreten<br />
war. Wolf, ausgebildeter Instandhaltungsmechaniker, hat auf<br />
dem zweiten Bildungsweg Abitur gemacht und studierte Politik,<br />
Wirtschaftswissenschaften und neuere Geschichte in Jena.<br />
Wolf war seit 2003 Gewerkschaftssekretär in der DGB-Region<br />
Ost-Thüringen.<br />
Andreas Meyer-Lauber neuer DGB-Chef<br />
in NRW<br />
Nordrhein-Westfalen (NRW) hat einen neuen DGB-Vorsitzenden.<br />
Auf einer außerordentlichen Bezirkskonferenz wählten<br />
die Delegierten den bisherigen NRW-Chef der <strong>GEW</strong>,<br />
Andreas Meyer-Lauber, zum Nachfolger von Guntram Schneider.<br />
Schneider war im Juni als Arbeitsminister in das Kabinett<br />
von Hannelore Kraft (SPD) gewechselt. Für den neuen Vorsitzenden<br />
Meyer-Lauber stimmten 79 Prozent der Delegierten.<br />
Seit 2004 war der ehemalige Gesamtschullehrer <strong>GEW</strong>-Chef in<br />
NRW. Erst in diesem Jahr war er zum zweiten Mal als Vorsitzender<br />
bestätigt worden.<br />
Weltlehrertag:<br />
mehr Lehrkräfte für bessere Bildung<br />
Anlässlich des Weltlehrertages am 5. Oktober fordert <strong>GEW</strong>-<br />
Vorsitzender Ulrich Thöne mehr <strong>Geld</strong> für Bildung in der Entwicklungszusammenarbeit:<br />
„Die Bundesregierung muss ihr<br />
Versprechen wahr machen und die Mittel für<br />
Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens<br />
(BNE) anheben.“ Um<br />
die Armut in den Entwicklungsländern wirksam<br />
zu bekämpfen, bedürfe es erheblich mehr<br />
und besser ausgebildeter Lehrkräfte. Zwei Millionen<br />
zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer<br />
werden nach Angaben der UNESCO allein in<br />
den Grundschulen der armen Länder benötigt,<br />
wenn das Millenniumsziel „Recht auf<br />
Grundbildung für alle“ verwirklicht werden<br />
soll. „In vielen Ländern herrscht akuter Lehrermangel“,<br />
so Thöne, der auch Vorstandsmitglied<br />
der Bildungsinternationale (BI) ist. „In<br />
Afrika müssen Lehrkräfte bis zu neunzig<br />
Schüler in einer Klasse unterrichten.“ Unter<br />
solchen Bedingungen sei kein Unterricht<br />
möglich.<br />
Enttäuschung über BAföG-Streit<br />
Die Fortsetzung des Streits zwischen Bund und Ländern über<br />
die BAföG-Erhöhung hat scharfe Kritik und Enttäuschung<br />
ausgelöst. „BAföG-Empfängerinnen und -Empfänger werden<br />
weiter in der Warteschleife geparkt, während Bund und Länder<br />
das umstrittene Deutschland-Stipendium noch vor der<br />
Sommerpause im Handumdrehen auf den Weg gebracht haben“,<br />
kritisierte <strong>GEW</strong>-Hochschulexperte Andreas Keller mit<br />
4 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Blick auf die Vertagung der BAföG-Entscheidung im Vermittlungsausschuss<br />
Ende September. Keller warnte davor, dass die<br />
BAföG-Erhöhung beim föderalen Machtpoker auf der Strecke<br />
bleibe. Nur das BAföG ermögliche vielen jungen Menschen<br />
aus einkommensschwachen Familien den Schritt zur Hochschule.<br />
Keller machte aber auch deutlich: „Die von der Bundesregierung<br />
eingeplante Erhöhung der BAföG-Fördersätze<br />
um zwei Prozent und der Freibeträge um drei Prozent decken<br />
bei Weitem nicht die gestiegenen Lebenshaltungskosten.“<br />
Scharfe Kritik zum BAföG-Streit kam auch vom Deutschen<br />
Studentenwerk (DSW): „Das BAföG ist zum Spielball im Finanzgeschacher<br />
zwischen Bund und Ländern geworden“, unterstrich<br />
DSW-Präsident Rolf Dobischat. Der Bundesrat hatte<br />
noch vor der Sommerpause die geplante BAföG-Erhöhung<br />
wegen der Kosten gestoppt. Die Länder, berichtet die Deutsche<br />
Presse-Agentur (dpa), rechneten mit jährlichen Mehrkosten<br />
zwischen 140 und 170 Millionen Euro. Sie verlangten, dass<br />
der Bund die BAföG-Erhöhung allein stemmen solle. Bisher<br />
hatten sich Bund und Länder die Kosten geteilt.<br />
Bundeswehrausbildung:<br />
NS-Pressechef als Quellengeber<br />
Wenn ein führender NS-Propagandist posthum als Quellengeber<br />
für die „einsatznahe Ausbildung“ von Bundeswehrsoldaten<br />
offensichtlich bis in die Gegenwart hinein verwendet<br />
wurde, ist das ein Skandal: Quellen des ehemaligen Pressechefs<br />
im NS-Außenministerium Paul Karl Schmidt, der nach<br />
dem Krieg als Bestsellerautor „Paul Carell“ die Wehrmacht im<br />
Zweiten Weltkrieg verherrlichte, sind bis vor Kurzem Bestandteil<br />
der offiziellen Ausbildungsschrift „Einsatznah ausbilden.<br />
Hilfen für den Gefechtsdienst“ gewesen. Auf eine von <strong>GEW</strong>-<br />
Mitglied Wigbert Benz initiierte Nachfrage des verteidigungspolitischen<br />
Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion Rainer Arnold<br />
im Mai 2010 antwortete das Bundesverteidigungsministerium,<br />
die Ausbildungsschrift werde derzeit „nicht mehr genutzt“<br />
bzw. „für eine Neuausgabe überarbeitet“.<br />
Weiterführende Informationen: Wigbert Benz: „Einsatznah<br />
ausbilden“ mit Paul Karl Schmidt alias Paul Carell, Pressechef<br />
im Nazi-Außenministerium. In: Forum Pazifismus. Nr. 26,<br />
Heft 2/2010, S. 13-15 oder: http://wigbertbenz.wordpress.com/<br />
2010/07/30/paul-carell-als-quellengeber-der-bundeswehr/ und augur.blog.volksfreund.de/tag/zitat<br />
Kranken- und Arbeitslosenversicherung<br />
werden teurer<br />
Mehr netto vom brutto – war da was? Auch 2011 steigen die<br />
Sozialabgaben der Arbeitnehmer. Zwar sinkt 2011 wegen der<br />
Krise erstmals seit 1949 die Beitragsbemessungsgrenze (BBG)<br />
zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) um 450 auf<br />
3712,50 Euro/Monat (44550 Euro/Jahr). Trotzdem wird die<br />
GKV 2011 wegen des von 7,9 auf 8,2 Prozent steigenden Arbeitnehmeranteils<br />
teurer. Für Einkommen oberhalb der BBG<br />
macht das fast 100 Euro im Jahr aus. Hinzu kommen nach den<br />
Plänen der Bundesregierung ggf. kassenindividuelle Zusatzbeiträge<br />
(„kleine Kopfpauschale“), die die Kassen erheben<br />
können, wenn sie finanzielle Probleme haben. Der Arbeitnehmeranteil<br />
zur Arbeitslosenversicherung steigt 2011 von 1,4 auf<br />
1,5 Prozent. Hier wie auch in der Rentenversicherung wird die<br />
BBG im Westen unverändert 66 000 Euro/Jahr bzw. 5500 Euro/Monat<br />
betragen. Im Osten steigt sie um 150 Euro auf 4800<br />
Euro/Monat (57600 Euro/Jahr).
#<br />
Bitte in Druckschrift ausfüllen.<br />
Ihre Daten sind entsprechend den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes geschützt.<br />
Antrag auf<br />
Mitgliedschaft<br />
Vorname/Name<br />
Straße/Nr.<br />
Land/PLZ/Ort<br />
Mitmachen lohnt sich...<br />
...für jedes neu geworbene <strong>GEW</strong>-Mitglied erwartet Sie einWeinset.<br />
Geburtsdatum/Nationalität<br />
Bisher gewerkschaftlich organisiert bei von bis (Monat/Jahr)<br />
Telefon Fax<br />
Jedes Mitglied der <strong>GEW</strong> ist verpflichtet, den satzungsgemäßen Beitrag zu entrichten und seine Zahlungen<br />
daraufhin regelmäßig zu überprüfen. Mit meiner Unterschrift auf diesem Antrag erkenne ich die<br />
Satzung der <strong>GEW</strong> an und ermächtige die <strong>GEW</strong> zugleich widerruflich, den von mir zu leistenden Mitgliedsbeitrag<br />
vierteljährlich von meinem Konto abzubuchen. Prämienberechtigt sind <strong>GEW</strong>-Mitglieder,<br />
die ein beitragzahlendes Mitglied werben. Der Landesverband Niedersachsen<br />
nimmt nicht an diesem Programm teil.<br />
Ort/Datum Unterschrift<br />
Daten desWerbers<br />
Ich habe die oben genannte Person als neues <strong>GEW</strong>-Mitglied geworben.<br />
Vorname/Name<br />
Straße/Nr.<br />
PLZ/Ort<br />
Ihr Mitgliedsbeitrag:<br />
- BeamtInnen zahlen 0,75 Prozent der Besoldungsgruppe und -stufe, nach der sie besoldet werden.<br />
- Angestellte zahlen 0,7 Prozent der Entgeltgruppe und Stufe, nach der vergütet wird.<br />
- Der Mindestbeitrag beträgt immer 0,6 Prozent der untersten Stufe der Entgeltgruppe 1 des TVöD.<br />
- Arbeitslose zahlen ein Drittel des Mindestbeitrages.<br />
- Studierende zahlen einen Festbetrag von 2,50 Euro.<br />
- Mitglieder im Referendariat oder Praktikum zahlen einen Festbetrag von 4 Euro.<br />
- Mitglieder im Ruhestand zahlen 0,66 Prozent ihrer Ruhestandsbezüge.<br />
Weitere Informationen sind der Beitragsordnung zu entnehmen.<br />
E-Mail<br />
Berufsbezeichnung/-ziel beschäftigt seit Fachgruppe<br />
Name/Ort der Bank<br />
Kontonummer BLZ<br />
Tarif-/Besoldungsgebiet<br />
Tarif-/Besoldungsgruppe Stufe seit<br />
Bruttoeinkommen € monatlich (falls nicht öffentlicher Dienst)<br />
Betrieb/Dienststelle/Schule Träger des Betriebes/der Dienststelle/der Schule<br />
Straße/Nr.des Betriebes/der Dienststelle/der Schule PLZ/Ort<br />
<strong>GEW</strong>-Landesverband<br />
Telefon Fax<br />
E-Mail<br />
Prämie des<br />
Monats Oktober<br />
Das Weinset „FrischerWind“<br />
mit drei FlaschenWein aus Frankreich<br />
E+W-Prämie des<br />
Monats Oktober 2010/<br />
Weinset<br />
Beschäftigungsverhältnis<br />
Honorarkraft<br />
angestellt<br />
beamtet<br />
teilzeitbeschäftigt mit<br />
Prozent<br />
teilzeitbeschäftigt mit<br />
Std./Woche<br />
in Rente/pensioniert<br />
Altersteilzeit<br />
befristet bis<br />
arbeitslos<br />
beurlaubt ohne Bezüge<br />
im Studium<br />
in Elternzeit<br />
Referendariat/<br />
Berufspraktikum<br />
Sonstiges<br />
Bitte den Antrag<br />
vollständig ausfüllen<br />
und an folgende<br />
Adresse senden:<br />
Gewerkschaft<br />
Erziehung undWissenschaft<br />
Reifenberger Straße 21<br />
60489 Frankfurt a.M.<br />
Fax:069/78973-102<br />
Vielen Dank!<br />
Ihre <strong>GEW</strong>
GANZTAG<br />
„Bei uns lernen Kinder me<br />
Ganztag: der ganz normale Alltag – acht Auskünfte<br />
Andreas Wozny, Koch<br />
Während die meisten Schulen gerade mit dem Ganztagsbetrieb experimentieren, hat<br />
die Integrierte Gesamtschule (IGS) Roderbruch in Hannover fast vierzig Jahre Erfahrung<br />
mit dem Konzept. Gegründet in den 1970er-Jahren als reformpädagogisches Projekt<br />
des gemeinsamen Lernens und Lebens, unabhängig von Leistung, sozialem Hintergrund<br />
oder der Behinderung von Menschen, war der Schulbesuch bis in den Nachmittag<br />
von Anfang an Programm. E&W hat sich unter den Akteuren vor Ort umgeschaut<br />
– und vom Schulleiter bis zum Hausmeister gefragt: Wie ist der Alltag an der<br />
Ganztagsschule? Ein Kaleidoskop.<br />
„Na, schmeckt’s?“<br />
Andreas Wozny, 40, Koch<br />
13.30 Uhr. Milchreis, Currytortellini<br />
und Chicken Nuggets dampfen in den<br />
Bottichen der Essensausgabe. Küchenchef<br />
Andreas Wozny schlendert die<br />
langen Tischreihen entlang. „Na,<br />
6 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
schmeckt´s?“. Das blondgelockte<br />
Mädchen nickt, schnappt sich die<br />
Schüssel und holt einen Nachschlag für<br />
ihre Klasse.<br />
800 Essen am Tag – als Küchenchef<br />
Wozny vor acht Jahren die Mensa übernahm,<br />
waren es 30. Wie er das geschafft<br />
hat? „Ganz einfach.“ Es wird frisch ge-<br />
Bernd Steinkamp, Schulleiter<br />
kocht, die Kids können die Beilagen ad<br />
hoc wählen, Fertigsaucen sind tabu, eine<br />
Salatbar ist Standard. Nach dem Essen<br />
wird mit grünen, gelben und roten<br />
Holzstäbchen abgestimmt: Lecker, geht<br />
so, nicht gut. Liegen zehn Prozent rote<br />
Stäbchen in der Wahlschüssel, wird im<br />
Essensausschuss der Schule darüber diskutiert.<br />
Schließlich ist gemeinsam essen<br />
Teil des pädagogischen Programms, der<br />
Mensabesuch bis Klasse sechs Pflicht.<br />
Natürlich sitzen die Pädagogen mit am<br />
Tisch.<br />
Klingt gut, wäre da nicht das Dauerthema<br />
Finanzierung. Bei 2,80 Euro plus 30<br />
Cent Zuschuss von der Stadt muss<br />
Wozny rasiermesserscharf kalkulieren.<br />
Die Stadt finanziert nur eine Ausgabeküche.<br />
„Ein Unding“, sagt Wozny.<br />
Das Gejammer von der Fastfoodgesellschaft<br />
macht ihn sauer. „Wenn wir den
GANZTAG<br />
hr als Mathe und Deutsch“<br />
Kindern nicht mal gutes und kostenloses<br />
Schulessen bieten, müssen wir uns<br />
doch nicht wundern.“<br />
„Flickschusterei“<br />
Bernd Steinkamp, 61,<br />
Schulleiter<br />
Ganztagsschule? Bernd Steinkamp lacht.<br />
Als junger Lehrer war das für ihn „eine<br />
substanzielle Erfahrung“. „Das gab es ja<br />
sonst kaum.“ Heute ist es für den Schulleiter<br />
der IGS Roderbruch „eine Selbstverständlichkeit“.<br />
Statt dicht gedrängter<br />
Vormittage ein rhythmisch durchkomponierter<br />
Schulalltag. Arbeits- und Freizeitphasen<br />
sind eng verwoben, die Beziehungen<br />
zwischen Schülerinnen, Schülern<br />
und Lehrenden sehr persönlich, der<br />
Austausch im Kollegium intensiv.<br />
Barbara Woiwode, Sozialpädagogin<br />
„Schüler und Lehrkräfte haben ein viel<br />
umfassenderes Bild voneinander, weil sie<br />
sich nicht nur im Fachunterricht erleben,<br />
sondern auch beim Mittagessen, beim<br />
Fußball oder in der Theater AG.“<br />
300 zusätzliche Lehrerstunden braucht<br />
Steinkamp, damit das Ganztagskonzept<br />
aufgeht. Umso mehr bereitet es ihm<br />
Kopfzerbrechen, dass Niedersachsen in<br />
den vergangenen vier Jahren die Mittel<br />
dafür um etwa ein Viertel gekürzt hat.<br />
Stattdessen gibt es einen bescheidenen<br />
Honorartopf für Externe. Da bleiben<br />
nur „Flickschustern“ und „Abstriche<br />
machen“. Wenn er z.B. einen pensionierten<br />
Physiker für einen Astronomiekurs<br />
„einkauft“, mag der „zwar fachlich<br />
toll sein“, sei aber „kaum pädagogisch<br />
geschult“. Steinkamp seufzt ein wenig.<br />
Natürlich ärgert ihn das. Nicht nur für<br />
Alleinerziehende und Kinder aus Mi-<br />
grantenfamilien sei der Ganztagsbetrieb<br />
enorm wichtig. „Wir sind so etwas wie eine<br />
zweite Heimat, die Kinder ins Leben<br />
begleitet“, sagt er. „Bei uns lernen sie<br />
viel mehr als Mathe und Deutsch: Sozialkompetenz,<br />
Selbstständigkeit und<br />
Selbstbewusstsein.“<br />
„Ein wichtiges<br />
Scharnier“<br />
Barbara Woiwode, 56,<br />
Sozialpädagogin<br />
Leise weinend steht die Schülerin vor der<br />
Tür im ersten Stock des Freizeitbereichs.<br />
„Kann ich dich bitte mal sprechen?“ Bar-<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 7<br />
Fotos: Kay Herschelmann
GANZTAG<br />
Diana Gos, Schülerin Florian Grams, Vater<br />
bara Woiwode legt den Arm um das<br />
Mädchen. „Geh schon mal rein, ich<br />
komme gleich.“ Seit dreißig Jahren ist<br />
Woiwode eine „feste Größe“ an der IGS<br />
Roderbruch. Wenn Schüler nicht weiter<br />
wissen oder es kracht zwischen Klassenkameraden,<br />
wenn es Probleme mit Lehrern<br />
gibt oder die Sorgen zu Hause Kinder<br />
bis in den Schulalltag verfolgen,<br />
heißt es: „Geh doch mal zu Barbara.“<br />
Die Sozialpädagogin vernetzt Beratungs-<br />
und Förderlehrkräfte, den therapeutischen<br />
Dienst, die Kolleginnen und<br />
Kollegen im Freizeitbereich, stellt Kontakte<br />
zu Anlaufstellen außerhalb her.<br />
„Sozialpädagogen sind hier ein wichti-<br />
IGS Roderbruch<br />
8 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
ges Scharnier“, sagt Woiwode. Sie gestalten<br />
„Schule als Lebensraum“, damit sich<br />
die Heranwachsenden wohl fühlen. Sie<br />
bieten ihnen einen Schutzraum, damit<br />
sie Konflikte und Probleme in diesem<br />
langen Alltag bewältigen lernen. „Im<br />
Ganztagsbetrieb haben wir mehr Möglichkeiten,<br />
Kinder zu erreichen – und<br />
umgekehrt.“<br />
Woiwode freut sich heute noch wie am<br />
ersten Tag, wenn das gelingt. Wie vergangene<br />
Woche, als zwei Jungs im<br />
Clinch lagen. Gute Freunde, die sich<br />
dennoch immer wieder massiv in die<br />
Haare bekommen. Können sie mit auf<br />
Klassenreise? Woiwode holte Schüler,<br />
Die Integrierte Gesamtschule Roderbruch wurde 1973 gegründet, die Integration<br />
körperbehinderter Schüler gehörte von Anfang an zum Konzept. 1900 Schülerinnen<br />
und Schüler können von der ersten bis zur 13. Klasse die Schule besuchen,<br />
etwa hundert Schüler machen jährlich Abitur. Ungefähr ein Viertel der<br />
Kinder und Jugendlichen kommt aus Migrantenfamilien.<br />
Der Ganztagsunterricht ist Programm. Dreimal die Woche ist die Schule bis 16<br />
Uhr geöffnet, Dienstag und Freitag ist um 13.30 Uhr Schluss. Danach gibt es ein<br />
Angebot jahrgangsübergreifender Arbeitsgemeinschaften (Musical- oder Zirkusgruppen<br />
beispielsweise). 170 Lehrkräfte, fünf Sozialpädagogen, drei Mitarbeiter<br />
im therapeutischen Dienst, zwei Schulassistenten, ein Zivildienstleistender, fünf<br />
Sekretärinnen und zwei Hausmeister gehören zum Team.<br />
Lehrer und Eltern an einen Tisch. „Ich<br />
kann Dinge auf emotionaler Ebene thematisieren,<br />
ohne dass sich die Beteiligten<br />
stigmatisiert fühlen“, sagt Woiwode.<br />
„Wenn wir dann gemeinsam eine Lösung<br />
finden, ist es ein richtig tolles Gefühl.“<br />
„Man wächst intensiv<br />
zusammen“<br />
Diana Gos, 15, Schülerin<br />
Die skeptischen Fragen der Nachbarskinder<br />
begleiten Diana Gos seit der ersten<br />
Klasse: „Was? Bis vier Uhr in der Schule?<br />
Ist das nicht blöd?“ Die 15-Jährige schüttelt<br />
den Kopf. „Ist gar nicht blöd.“ Für<br />
Diana Gos ist es normal. Große Pause.<br />
Im Freizeitraum ist es erstaunlich ruhig,<br />
Teppich dämpft das Gemurmel. Wenn<br />
Diana Gos Ruhe braucht, kommt sie gern<br />
hierher. „Natürlich ist es manchmal anstrengend,<br />
so lange in der Schule zu sein,<br />
aber dafür habe ich keine Hausaufgaben<br />
und kann zu Hause richtig abschalten.“<br />
Und „es gibt AGs wie Theater, Rudern<br />
oder Klettern“. Zweimal die Woche ist<br />
ohnehin um halb zwei Schluss. Diana<br />
Gos hat die Entscheidung ihrer Eltern<br />
nie bereut. „Ich fand das aufregend.“<br />
Wie groß hier alles war, wie viele Kinder<br />
es gab. Heute noch entdeckt sie immer
wieder neue Gesichter und genießt doch<br />
die vielen vertrauten, die sie seit zehn<br />
Jahren begleiten. „Man wächst unheimlich<br />
intensiv zusammen.“ Selbstständig<br />
müsse man allerdings sein. Auch wenn<br />
Lehrer hier mehr seien als Wissensvermittler:<br />
Vertraute, aber doch immer Respektspersonen.<br />
„All das finde ich gut.“<br />
In drei Jahren möchte Diana Gos Abi<br />
machen. Nicht nur deshalb engagiert sie<br />
sich beim Volksbegehren zum Erhalt der<br />
IGS. „Ich würde auch meine eigenen<br />
Kinder hierherschicken.“<br />
„Mitgestalten<br />
gehört dazu“<br />
Florian Grams, 36, Vater,<br />
Mitglied im Elternbeirat<br />
Die Zeit in der Kiezschule war für Florian<br />
Grams’ Tochter schlimm. Der Druck,<br />
die angespannte Lernatmosphäre. Jeden<br />
Abend, nach Schule und Hort, Hausaufgaben<br />
unter Tränen. „Es war entsetzlich<br />
anzusehen, wie unser Kind den<br />
Spaß am Lernen verlor.“ Nach zwei Jahren<br />
entschieden die Eltern: Jetzt ist<br />
Schluss. Wir schicken unsere Tochter<br />
auf die Ganztagsschule, auch wenn sie<br />
so weit entfernt liegt. Grams ist Elternbeirat<br />
und erzählt gerne von „seiner“<br />
Björn Rohloff, Lehrer<br />
Schule. Hier hat er 1994 selbst Abi gemacht.<br />
Er mag das Ganztagsschulkonzept,<br />
weil es „viel mehr Möglichkeiten<br />
bietet, die Lebenswelten von Behinderten<br />
und Nichtbehinderten zu verbinden“.<br />
Ihn überzeugen die Kontinuität<br />
von Klasse eins bis 13, die teamorientierte<br />
Lerngemeinschaft, die Auseinandersetzung<br />
auf Augenhöhe zwischen Pädagogen<br />
und Schülern.<br />
„Und wir als Eltern können Job und Familie<br />
viel besser verbinden.“ Grams arbeitet<br />
für eine Abgeordnete, seine Frau<br />
ist Schulsozialarbeiterin. „Wir haben<br />
von acht bis 16 Uhr fixe Zeit für die Arbeit<br />
und danach richtig Feierabend als<br />
Familie.“<br />
Natürlich gebe es einiges zu verbessern.<br />
Die Mensa sei immer mal wieder Zankapfel,<br />
Spiel- und Arbeitsräume im Freizeitbereich<br />
könnten klarer getrennt<br />
sein. Deshalb engagiert er sich im Schulelternrat.<br />
„Mitgestalten gehört eben dazu.“<br />
„Unterm Strich –<br />
eine Entlastung“<br />
Björn Rohloff, 37, Lehrer,<br />
Deutsch, Musik, Religion<br />
In der Früh tankt Björn Rohloff Kraft.<br />
„Auf dem schönsten Schulweg der<br />
Welt“ radelt er durch Wald und Wiesen<br />
zehn Kilometer zur IGS Roderbruch.<br />
Das kann er brauchen, denn sein Arbeitstag<br />
ist lang. Wenn der 37-Jährige gegen<br />
17, 18 Uhr den Heimweg antritt, hat<br />
er zehn Stunden in den Knochen. „Komischerweise<br />
ist das gar nicht so anstrengend.“<br />
Unterricht, Stillarbeit, Spielen,<br />
Mittagessen, Fortbildung, Stundenvorbereitung,<br />
Jahrgangsstufenplanung<br />
wechseln sich angenehm ab. Jede Lehrkraft<br />
hat in der Schule einen eigenen Arbeitsplatz<br />
mit Internetzugang. Was<br />
trotzdem liegen bleibt, erledigt Rohloff<br />
am Samstag zu Hause.<br />
Zurück an die Halbtagsschule? Niemals.<br />
„In der Promotion habe ich mich mit<br />
Reformpädagogik beschäftigt. Mir wurde<br />
klar: Eine Schule, die Plattform für eine<br />
pädagogische Ideenlandschaft sein<br />
will, funktioniert nicht an einem Vormittag“,<br />
sagt Rohloff. „Man braucht<br />
Zeit, um sich in die Schüler hineinzudenken.“<br />
Als Mitte 2009 eine Stelle als<br />
Jahrgangsstufenleiter frei wurde, griff er<br />
zu. Heute entwickelt Rohloff begeistert<br />
das Konzept für kooperatives Lernen<br />
GANZTAG<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 9
GANZTAG<br />
Michael Klattenburg, Akbar Yavari, Hausmeister<br />
weiter, das an der IGS Prinzip ist. Er<br />
schätzt die enge Zusammenarbeit mit<br />
den Kollegen, den ständigen Austausch<br />
über die Entwicklung der Schüler, auch<br />
wenn es ihm manchmal „fast ein bisschen<br />
zu viel wird“. Auch an das „Du“<br />
zwischen Lehrern und Schülern hat er<br />
sich gewöhnt, „die Kinder wagen mehr<br />
sie selbst zu sein und wir können uns<br />
nicht hinter der Distanz des ‚Sie‘<br />
zurückziehen.“ Sicher, wenn Absprachen<br />
platzen, sich Fehlstunden ballen<br />
oder Projektarbeit in den Himmel<br />
wächst, ist der lange Tag hart. „Aber unter<br />
dem Strich ist die Ganztagsschule für<br />
mich eine Entlastung.“<br />
„Täglich Glühbirnen<br />
austauschen“<br />
Akbar Yavari, 45, und Michael<br />
Klattenburg, 46, Hausmeister<br />
Ihre Aufgabenliste ist so lang, dass sie mit<br />
dem Abhaken nicht hinterherkommen.<br />
Heute haben Akbar Yavari und Michael<br />
Klattenburg schon zwei Türen repariert,<br />
ein Schloss erneuert, eine neue Behindertentoilette<br />
installiert. Im Büro stapelt<br />
sich Verwaltungskram. Nachher sind<br />
noch die Vorhänge in der Studiobühne<br />
zu richten, Stühle zu reparieren.<br />
Yavari, der Heizungsbauer, und Klatten-<br />
10 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Caren Wente, Sekretärin<br />
burg, der Kfz-Mechaniker, sind das Öl<br />
im Getriebe der IGS Roderbruch. „Jeden<br />
Tag tauschen wir Dutzende Glühbirnen<br />
aus, füllen Klopapier nach, machen<br />
den Schulhof sauber, reparieren<br />
klemmende Türen und hakende Fenster“,<br />
sagen Yavari und Klattenburg. Sie<br />
sorgen für freie Fluchtwege, halten<br />
Sportanlagen in Schuss, sind Sanitäter,<br />
Sicherheitsbeauftragte und Schlüsselwart<br />
in einem. Sie sind da, wenn Lehrer<br />
Unterstützung für ein Projekt brauchen<br />
oder Schüler ihren Fahrradschlüssel verloren<br />
haben. Sie wohnen auf dem<br />
Gelände, sind erste Ansprechpartner für<br />
Polizei und Feuerwehr. Und es gibt ja<br />
auch noch Mensa, Kulturtreff, Bücherei,<br />
Kindergarten und Hort auf dem<br />
Gelände. Yavari: „Manchmal kommen<br />
wir uns vor wie Fluglotsen, die ständig<br />
ihre Prioritätenkärtchen neu sortieren.“<br />
„Dicht getaktet<br />
klingelt das Telefon“<br />
Caren Wente, 57, Sekretärin<br />
Morgens um sieben, wenn Caren Wente in<br />
die Schule kommt, hallen ihre Schritte<br />
weit in den Gängen. Im Sekretariat loggt<br />
sich Wente in die Stechuhr auf dem städtischen<br />
Server ein, schließt die Schränke<br />
mit den blauen Ordnern auf und bereitet<br />
die Schule auf den Tag vor: Sind alle<br />
Schüssel da? Ist die Unterschriftenmappe<br />
vollständig? Sind Papier- und Folienausgaben<br />
gefüllt? Um 7.30 Uhr ist es mit der<br />
kleinen Ruhe vorbei.<br />
Wente ist der administrative Außenposten<br />
der Schule. Zuständig für Personalia,<br />
Kasse, Schlüsselausgabe. Sie nimmt<br />
Krankmeldungen entgegen, organisiert<br />
die Termine des Schulleiters, ist Ansprechpartnerin,<br />
wenn es irgendwo<br />
hakt. Im dichten Takt klingelt das Telefon,<br />
oft sind es Eltern, die mit dem Direktor<br />
sprechen wollen. „Vielen muss<br />
ich erstmal erklären, dass wir für jeden<br />
Bereich einen Leiter haben.“ Sie hat vier<br />
Kolleginnen, „anders geht es nicht in einem<br />
Riesenladen wie unserem“.<br />
Es klopft. Zwei Siebtklässler möchten<br />
die Schlüssel für den Medienraum. Tür<br />
auf, Tür zu, gut dreißig mal die Stunde<br />
geht das so. „Macht nichts“, sagt Wente.<br />
„Ich mag den Kontakt mit jungen Menschen,<br />
das lockere, nette Klima.“ Auch<br />
wenn der Lärmpegel manchmal anstrengend<br />
sei. Arbeiten, für die sie Ruhe<br />
braucht, erledigt sie deshalb am Nachmittag.<br />
„Da habe ich Ruhe genug.“<br />
Anja Dilk, freie Journalistin
Ideal für die Vorbereitung Ihres<br />
Unterrichtes zu den Themen<br />
Landwirtschaft und Ernährung<br />
Kostenlos - jetzt anfordern<br />
Bauernverbände, Lebensmittelindustrie und landwirtschaftliche Großbetriebe streiten zwar<br />
untereinander erbittert über die Verteilung von Subventionen und Gewinnen, sind sich aber einig:<br />
Der Bevölkerung soll mit Werbemillionen ein Bild einer idyllischen, bäuerlichen Landwirtschaft<br />
vermittelt werden, die hochwertige und gesunde Lebensmittel erzeugt und aus Umwelt- und<br />
Tierschutzsicht vertretbar ist. Leider hat das mit der Realität wenig zu tun. Das Material in dieser<br />
Mappe benennt nicht nur Probleme und Verantwortliche,<br />
sondern zeigt auch Auswege. So soll es<br />
die nötigen unabhängigen Informationen<br />
über den Umgang mit unseren<br />
Lebensgrundlagen vermitteln.<br />
Aus dem Inhalt:<br />
• Biosiegel<br />
• Gentechnik in der Landwirtschaft<br />
• Agrargifte<br />
• Verbrauchertäuschung als Werbekonzept<br />
• Biosprit<br />
• Landwirtschaft und Klimaschutz<br />
• Agrarsubventionen – wer profitiert?<br />
• Gutes Essen – schmackhaft, gesund,<br />
umwelt- und tierschutzgerecht<br />
Kostenlos: Gegen Einsendung einer 220-Cent Briefmarke jetzt anfordern bei:<br />
Gregor Louisoder Umweltstiftung, Brienner Str. 46, 80333 München<br />
www.umweltstiftung.com<br />
Erweiterte & aktualisierte<br />
Neuauflage jetzt erhältlich!<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 11
Foto: Kay Herschelmann<br />
GANZTAG<br />
„... im Sinne<br />
der Erfinderin?“<br />
12 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Föderaler Flickenteppich: Quantität und Qualität der Angebote<br />
Deutschlands Schüler lernen ganztägig<br />
– mit diesem Anspruch startete die rotgrüne<br />
Bundesregierung 2003 das Investitionsprogramm<br />
„Zukunft Bildung<br />
und Betreuung“ (IZBB). Vor einem<br />
Jahr lief das Programm aus. Entstanden<br />
sind beeindruckende Beispiele<br />
neuen Lernens, doch auch ein bunter<br />
föderaler Flickenteppich, wie ein Blick<br />
nach Berlin, Rheinland-Pfalz, Baden-<br />
Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern<br />
und Sachsen-Anhalt zeigt.<br />
Rainer Belusa und Joachim<br />
Paul haben einiges gemeinsam.<br />
Beide sind Schulleiter,<br />
beide überzeugte Anhänger<br />
der Ganztagsschule. „Und<br />
zwar der richtigen“, wie<br />
Paul betont. Einer Schule, die sich nicht<br />
nur auf ein warmes Mittagessen und<br />
nachmittägliche Hausaufgaben- und<br />
Freizeitbetreuung der Schülerinnen und<br />
Schüler beschränkt, sondern den Kindern<br />
Platz zum Lernen auch nach 13<br />
Uhr lässt; mit Projektunterricht, Schüler-Arbeitsgruppen,Entspannungspha-<br />
Rolle rückwärts: Die<br />
Kronach-Grundschule<br />
in Berlin-Lichterfelde<br />
hat sich vom Ganztagsbetrieb<br />
wieder<br />
verabschiedet. Grund:<br />
fehlendes pädagogisches<br />
Personal.<br />
sen, die mit intensiven Lernzeiten abwechseln.<br />
Beide Schulleiter sind vor Jahren mit<br />
viel Elan und Unterstützung durch<br />
Lehrkräfte und Eltern in das Abenteuer<br />
Ganztagsschule gestartet, doch damit<br />
enden schon die Gemeinsamkeiten:<br />
Während an Pauls Realschule im rheinland-pfälzischen<br />
Wörth am Rhein am<br />
Ausbau des so genannten gebundenen<br />
Ganztagsbetriebs weiter gearbeitet wird,<br />
hat sich Rainer Belusas Kronach-<br />
Grundschule im Berliner Stadtteil Lichterfelde<br />
mit Beginn dieses Jahres von<br />
dem Projekt wieder verabschiedet.<br />
Um zu verstehen, wie es dazu kam,<br />
muss man in das Jahr 2003 zurückgehen.<br />
Damals startete der Bund das IZBB<br />
(s. Kasten Seite 19). Doch das Programm<br />
hatte einen Geburtsfehler: Die Länder<br />
ließen sich von Anfang an von der<br />
damaligen Bundesbildungsministerin<br />
Edelgard Bulmahn (SPD) nicht vorschreiben,<br />
was sie genau unter einer<br />
Ganztagsschule zu verstehen haben. So<br />
förderte beispielsweise das Land Berlin
mit dem <strong>Geld</strong>, das es vom Bund erhielt,<br />
vornehmlich den Ausbau<br />
der Schulhorte an den Grundschulen.<br />
Entstanden ist so ein flächendeckendes<br />
Angebot an Halbtagsgrundschulen,<br />
in denen Unterricht<br />
bis 13.30 Uhr garantiert wird<br />
GANZTAG<br />
und die Kinder zumindest von der<br />
ersten bis zur vierten Klasse nachmittags<br />
im schuleigenen Hort betreut<br />
werden.<br />
Alle 368 Grundschulen in Berlin<br />
sind mittlerweile Ganztagsschulen,<br />
aber nur 64 in gebundener<br />
Form. Nur wenige Realschulen<br />
und Gymnasien wurden dagegen<br />
auf den Ganztagsbetrieb umgestellt.<br />
Und auch bei der in diesem<br />
Schuljahr in Kraft getretenen<br />
Schulreform unterscheidet der<br />
Berliner Senat wieder zwischen<br />
den Schulformen: An allen neuen<br />
Sekundarschulen, die an die Stelle<br />
von Haupt-, Real- und Gesamtschulen<br />
getreten sind, gibt es<br />
Nachmittagsbetreuung, doch nur<br />
an einem Gymnasium pro Bezirk<br />
muss es ein solches Angebot geben.<br />
Vorbild Rheinland-Pfalz<br />
Dass es auch anders gehen kann,<br />
zeigt Rheinland-Pfalz. Das kleine<br />
Bundesland hat sich in aller Stille<br />
zur Musterregion in Sachen Ganztagsschulen<br />
entwickelt. Zu den<br />
Vorreitern in Rheinland-Pfalz<br />
gehört seit 1992 die heutige Realschule<br />
in Wörth, die damals noch<br />
eine Hauptschule war. Schulleiter<br />
Paul erinnert sich: „Die Schülerzahlen<br />
gingen zurück, der Schule<br />
drohte die Schließung.“ Die Rettung<br />
kam mit der Erweiterung um<br />
einen Realschul-Zug und durch die<br />
Umstellung auf ein Ganztagsangebot,<br />
das mittlerweile von zwei Dritteln<br />
der rund 600 Schülerinnen<br />
und Schüler wahrgenommen wird.<br />
Auf der Stundentafel stehen Angebote<br />
wie Theater, Schulgarten oder<br />
Berufsorientierung. Im aktuellen<br />
Schuljahr sind drei fünfte Klassen<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Die ersten Schulen mit einem Ganztagskonzept gab es in Mecklenburg-Vorpommern<br />
bereits Mitte der 1990er-Jahre. Inzwischen hat<br />
sich die Zahl der Ganztagsschulen auf 176 erhöht. Damit ist rund ein<br />
Drittel der Schulen im Nordosten Deutschlands mit einem Ganztagsangebot<br />
ausgestattet, 56 (32 Prozent) mit einem teilweise gebundenen,<br />
26 (15 Prozent) mit einem vollständig gebundenen Angebot.<br />
Die Landesregierung will in den kommenden Jahren vor allem das<br />
Netz der gebundenen Ganztagsschulen enger knüpfen. Allerdings sei<br />
an eine deutliche Verbesserung des Personalschlüssels seitens der Landesregierung<br />
nicht gedacht, kritisiert die Vorsitzende der <strong>GEW</strong> Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Annett Lindner. Die Lehrkräfte bekämen seit<br />
Jahren von 90 Minuten Unterricht an einer Ganztagsschule nur die<br />
Hälfte bezahlt. Damit, so Lindner, sei ein qualitativer Ausbau des<br />
Ganztagsschulsystems nicht zu machen. J.A.<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 13
GANZTAG<br />
Ganztagsklassen, ein Jahrgang besucht<br />
den offenen Ganztagsbetrieb.<br />
Die Schule liegt damit im Landestrend,<br />
bestätigt Jürgen Timm, Leiter der regionalen<br />
Serviceagentur „Ganztägig Lernen“.<br />
Das Programm der Mainzer Landesregierung<br />
garantiere den Schulen eine verlässliche<br />
finanzielle Perspektive, indem<br />
es neben Bauinvestitionen und zusätzlichen<br />
Lehrkräften auch die Mittel für das<br />
nichtpädagogische Personal für Ganztagsschulen<br />
finanziere. Jahr für Jahr werden<br />
in Rheinland-Pfalz 50 neue Ganztagsangebote<br />
geschaffen. Mit Beginn<br />
dieses Schuljahres ist rund ein Drittel<br />
der knapp 1600 allgemein bildenden<br />
Schulen im Land Ganztageinrichtung<br />
in gebundener Form.<br />
Gute Quote: BaWü<br />
Eine gute Quote erzielt auch Baden-<br />
Württemberg – dort besitzt mittlerweile<br />
rund ein Viertel der knapp 4200 Schulen<br />
ein Ganztagsangebot, doch nur die<br />
wenigsten in gebundener Form. Allerdings<br />
sind die Voraussetzungen für die<br />
Schulen im „Ländle“ auch schlechter als<br />
in Rheinland-Pfalz. Für Köche, Hausmeister<br />
oder außerschulische Kooperationspartner<br />
gibt die Landesregierung<br />
keinen Cent dazu. In Steinheim bei<br />
Stuttgart zum Beispiel würde man gern<br />
die Grundschule auf Ganztagsbetrieb<br />
umstellen, „doch nach dem Auslaufen<br />
des Bundesprogramms im vergangenen<br />
Jahr müsste die Gemeinde zirka ein<br />
Drittel der Baukosten selbst tragen“, berichtet<br />
Erhard Korn, Leiter der angeschlossenen<br />
Blankenstein-Schule sowie<br />
Vorsitzender der <strong>GEW</strong>-Fachgruppe<br />
14 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Hauptschule in Baden-Württemberg, einer<br />
Werkrealschule mit verpflichtendem<br />
Ganztagsunterricht, an die die<br />
Grundschüler nach der vierten Klasse<br />
wechseln. „Wir hätten es natürlich gern,<br />
wenn unsere Schüler das Ganztagsmodell<br />
schon von der ersten Klasse an kennen<br />
lernten“, stellt Korn klar.<br />
Im Osten ist es leichter<br />
Leichter fällt den Ländern im Osten<br />
Deutschlands die Umstellung auf den<br />
Ganztagsbetrieb – jedenfalls im Prinzip.<br />
Ganztagsschulen sind hier noch aus<br />
DDR-Zeiten bekannt, die im Westen<br />
mancherorts vorhandene Skepsis bei Eltern<br />
und Lehrkräften gibt es seltener.<br />
Ausgaben für den Ganztag<br />
In Berlin steht der Ausbau des Ganztagsangebots ganz im Zeichen der Schulstrukturreform.<br />
Kernstück ist der Umbau der neuen Sekundarschulen mit Ganztagsbetreuung.<br />
Im Zeitraum von drei Jahren wird der Senat dafür rund 580 Millionen<br />
Euro aufwenden, für den Bereich der Weiterbildung der Lehrkräfte im<br />
Ganztagsbetrieb stehen nach Auskunft der Senatsschulverwaltung über sieben<br />
Millionen Euro zur Verfügung.<br />
Sachsen-Anhalt wird aus Mitteln der EU-Schulbauförderung bis 2013 zirka 45<br />
Millionen Euro in den Ausbau der Ganztagsschulen stecken. Der dafür benötigte<br />
Personalbedarf wird nach Angaben des Kultusministeriums aus dem vorhandenen<br />
Bestand gedeckt. Die Einstellung zusätzlicher Kräfte ist nicht vorgesehen.<br />
Baden-Württemberg lässt sich den Ausbau der Ganztagsbetreuung in den nächsten<br />
vier Jahren eine Milliarde Euro (450 Millionen aus Landesmitteln, 550 Millionen<br />
von den Kommunen) kosten. In diesem Zeitraum sollen 1000 zusätzliche<br />
Lehrerstellen geschaffen werden (Kostenpunkt: je nach Schulform 45000 bis<br />
55 000 Euro pro Stelle jährlich).<br />
Für Baumaßnahmen mit ganztagsschulspezifischen Elementen hat Rheinland-<br />
Pfalz für das aktuelle Haushaltsjahr Zuschüsse in Höhe von knapp 23 Millionen<br />
Euro zugesagt. Das Volumen des Landesschulbauprogramms liegt 2010 bei rund<br />
50 Millionen Euro. Für die Bereitstellung zusätzlichen Personals sind 72 Millionen<br />
Euro vorgesehen. J.A.<br />
Pro und Kontra Ganztagsschule:<br />
Befürworter von Ganztagsschulen heben in erster Linie den pädagogischen Nutzen<br />
des Angebots hervor: Im Ganztagsbetrieb können neue Unterrichtsformen<br />
umgesetzt, schwächere Schüler besser gefördert, das soziale Lernen betont und<br />
Schule zum Lebensort werden.<br />
Konservativen Politikern fällt es dagegen noch heute schwer, diese „Art Schule“<br />
zu akzeptieren. Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) erklärte unlängst:<br />
„Wir möchten, dass für die Eltern die Wahlmöglichkeit besteht, die Betreuung<br />
der Kinder am Nachmittag selbst zu übernehmen.“ Und auch in Baden-<br />
Württemberg richtet man gebundene Ganztagsschulen in erster Linie aufgrund<br />
„sozialer Aufgabenstellungen“ ein, wie das Kultusministerium in Stuttgart betont.<br />
Bei den Eltern stehen Ganztagsschulen dagegen hoch im Kurs. Das ergab eine<br />
aktuelle repräsentative Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung<br />
(s. auch unter: www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/bst/hs.xsl/<br />
nachrichten_102851.htm). Zwei Drittel der Befragten begrüßen demnach das Angebot.<br />
In den Ost-Ländern sprechen sich 73 Prozent der Mütter und Väter pro<br />
Ganztagsschule aus, in den westlichen Bundesländern lediglich 60 Prozent. J.A.<br />
Doch in den dünn besiedelten Räumen<br />
fernab größerer Städte wie Leipzig, Rostock<br />
und Magdeburg, tun sich ganz andere<br />
Probleme auf. Der starke Geburtenrückgang<br />
zwang viele Kommunen,<br />
Schulen zu schließen und/oder sie zusammenzulegen.<br />
Dort, wo Ganztag angeboten<br />
wird, bedeutet das, dass die<br />
Schülerinnen und Schüler inklusive der<br />
langen Schulwege teilweise bis zu elf<br />
Stunden weg von zu Hause sind. Die<br />
Schulen müssten sich auf diese Situation<br />
einstellen, meint Antje Pechau von<br />
der Serviceagentur in Magdeburg. „Rhythmisierung<br />
bedeutet eben auch, dass<br />
nicht um Punkt 7.30 Uhr der Fachunterricht<br />
beginnt, sondern es eine offene<br />
Eingangsphase gibt, in der Schülerinnen<br />
und Schüler Zeit zum Ankommen<br />
haben.“ Ihre Kollegin Sabrina Mewes ergänzt:<br />
„Schule ist nicht nur ein Lern-,<br />
sondern auch ein Lebensort. Wenn man<br />
durch ein zunehmend verwaistes Altmarkdorf<br />
geht, in dem außer dem<br />
Kirchturm fast nichts mehr vorhanden<br />
ist, gewinnt die Schule als Ort von Arbeitsgemeinschaften,<br />
Sport und Hobby<br />
deutlich an Gewicht.“<br />
Doch den finanzschwachen Ländern im<br />
Osten fehlt das <strong>Geld</strong>, um ehrgeizige<br />
Ganztagsschulprojekte zu realisieren.<br />
Zwar bewilligte Sachsen-Anhalt zum<br />
Beispiel in der laufenden Legislaturperiode<br />
24 neue Einrichtungen, aber von<br />
den knapp tausend Schulen können lediglich<br />
126 einen Ganztag anbieten.<br />
Pechau sieht einen „klaren Nachholbedarf“<br />
vor allem in der Personalausstattung<br />
und verweist auf Großbritannien.<br />
„Dort gibt es ganz andere Personalschlüssel,<br />
da kommt auf 60 Schüler<br />
ebenso viel Unterstützerpersonal. Nicht
alles Lehrkräfte, aber Schulpsychologen<br />
beispielsweise sind Standard. Bei uns gehen<br />
die Neueinstellungen bei pädagogischen<br />
Mitarbeitern gegen Null.“ In anderen<br />
ostdeutschen Ländern – etwa<br />
Mecklenburg-Vorpommern – ist die Personalsituation<br />
ähnlich prekär (s. Kasten<br />
auf Seite 13).<br />
Damit schließt sich der Kreis und wir<br />
sind wieder bei Rainer Belusa und der<br />
Kronach-Grundschule im Villenvorort<br />
Berlin-Lichterfelde. Auch hier scheiterte<br />
das ehrgeizige Projekt einer guten<br />
Ganztagsschule letztlich am fehlenden<br />
Personal. „Wir waren beim Start vor<br />
sechs Jahren hoch motiviert”, sagt der<br />
Schulleiter rückblickend. Doch nach einiger<br />
Zeit gab es Kritik der Eltern. Das<br />
Angebot entsprach nicht dem, was sie<br />
sich erhofft hatten. So war bei der Hausaufgabenbetreuung<br />
eine Erzieherin für<br />
28 Schülerinnen und Schüler zuständig<br />
und auch die versprochenen zusätzlichen<br />
Lernangebote fielen mangels<br />
pädagogischer Fachkräfte aus. „Da wir<br />
keine soziale Brennpunkt-Schule sind,<br />
wurden unsere Anträge auf mehr Stellen<br />
abgelehnt“, erklärt Belusa. Aus dem<br />
Bundesprogramm gab es nur Mittel für<br />
Baumaßnahmen. „Wir brauchen nicht<br />
nur die Hardware, sondern auch die<br />
Software“, sagt der Schulleiter.<br />
Die diesjährigen Erstklässler der Kronach-Grundschule<br />
sind die Ersten, für<br />
die nachmittags keine Anwesenheitspflicht<br />
mehr besteht. Stattdessen besuchen<br />
sie den Schulhort. Immerhin: 95<br />
Prozent der Eltern haben dieses kostenpflichtige<br />
Angebot „gebucht“. In sechs<br />
Jahren verlässt der letzte „Ganztagsjahrgang“<br />
die Schule, die formal auch dann<br />
noch eine Ganztagsschule sein wird.<br />
„Doch solche Schulen sind ein Etikettenschwindel“,<br />
kritisiert die Berliner<br />
<strong>GEW</strong>-Vorsitzende Rose-Marie Seggelke.<br />
„Eine Ganztagsschule muss mehr sein<br />
als nur ein warmes Mittagessen und Freizeitbetreuung.“<br />
Dem rot-roten Senat<br />
wirft sie vor, den Ausbau des unverbindlichen,<br />
für die Eltern kostenpflichtigen<br />
Nachmittagsangebots an den Grundschulen<br />
zu Lasten gebundener Ganztagsschulen<br />
vorangetrieben zu haben.<br />
Offene Ganztagsschulen sind auch<br />
nicht im Sinne der Erfinderin. Beim<br />
Start des Investitionsprogramms „Zukunft<br />
Bildung und Betreuung“ schwebten<br />
Ministerin Edelgard Bulmahn (SPD)<br />
Schulen nach finnischem Vorbild vor:<br />
eine andere Unterrichtskultur – ohne<br />
45-Minuten-Takt, neue Lernmethoden<br />
und eben nicht nur eine Halbtagsschule<br />
mit anschließender Nachmittagsbetreuung.<br />
Jürgen Amendt, Redakteur<br />
„Neues Deutschland“<br />
In Mitten Deutschlands am Fuße des<br />
größten Bergparks Europas mit Herkules<br />
und Schloss Wilhelmshöhe<br />
sowie in direkter Nachbarschaft zu<br />
einer der schönsten Thermen liegt die<br />
In ihrem Selbstverständnis als<br />
Klinik für Ganzheitsmedizin<br />
arbeitet die Habichtswald-Klinik<br />
auf der Ebene einer integrativen<br />
Betrachtung von Körper, Seele<br />
und Geist in einer Synthese aus<br />
Schulmedizin, Naturheilverfahren<br />
und komplementärer Therapien.<br />
Die Klinik hat einen Versorgungsvertrag<br />
nach § 111 und ist nach<br />
§ 30 GWO als beihilfefähig anerkannt.<br />
Bei den Gesetzlichen<br />
Krankenkassen ist die Habichtswald-Klinik<br />
als Rehabilitationsklinik<br />
anerkannt, bei den privaten<br />
Krankenversicherungen als „Gemischte<br />
Einrichtung“ die auch<br />
Akutbehandlungen gemäß OPS<br />
301 durchführt. Die Beihilfestellen<br />
rechnen mit der Klinik den<br />
allgemeinen niedrigsten mit den<br />
Sozialversicherungsträgern vereinbarten<br />
pauschalen Pflegesatz<br />
ab.<br />
Kostenloses Service-Telefon:<br />
0800 / 8 90 11 00<br />
Telefon Aufnahmebüro:<br />
0561 / 3108 - 186, - 622<br />
Habichtswald-<br />
Klinik<br />
GANZTAG<br />
Habichtswald-Klinik · Wigandstr. 1 · 34131 Kassel · www.habichtswaldklinik.de · info@habichtswaldklinik.de<br />
Fachklinik für Psychosomatik,<br />
Onkologie und Innere Medizin<br />
Kassel - Bad Wilhelmshöhe<br />
� Psychosomatik<br />
� Burnout<br />
� Tinnitus<br />
� Onkologie<br />
� Innere Medizin<br />
� Ayurveda-<br />
Medizin<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 15
Fotos: Babette Brandenburg<br />
GANZTAG<br />
Gesamtschule Kiel: Hausaufgabenhilfe<br />
am Nachmittag.<br />
Für Fragen steht Lehrerin<br />
Marlies Sick (Mitte) jederzeit<br />
zur Verfügung.<br />
Ein Kessel Buntes<br />
16 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Offen oder gebunden: Schulen auf dem Weg zum Lebensort<br />
In den alten nördlichen Bundesländern<br />
haben zwischen 36 und 46 Prozent<br />
der Schulen auf Ganztagsbetrieb<br />
umgestellt. Der quantitative Ausbau<br />
geht überall weiter. Parallel wird in<br />
Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein<br />
und Niedersachsen um Qualität<br />
gestritten.<br />
Dienstags sausen die „Waveboarder“<br />
durch die Turnhalle,<br />
die Fans der Zeichentrickserie<br />
Yu-Gi-Oh treffen<br />
sich zum Kartenspiel in einem<br />
Klassenzimmer. Was<br />
so locker aussieht, ist strategisch geplant:<br />
„Wir bieten diese beliebten Kurse<br />
sofort nach dem Mittag an. Dann besteht<br />
eine Chance, dass die Kinder bleiben“,<br />
sagt Marlies Sick, Koordinatorin<br />
der Ganztagsangebote an der Theodor<br />
Storm Gemeinschaftsschule mit Grundschulteil<br />
(TSG) in Kiel-Wellingdorf. Die<br />
TSG ist eine junge Schule, der Zusammenschluss<br />
einer Grund-, einer Hauptund<br />
einer Realschule. Kinder aus 21 Nationen<br />
besuchen die TSG, und die „profitieren<br />
extrem vom Ganztag“, stellt Sick<br />
fest. Wenn die Angebote denn ange-<br />
nommen werden – das klappt nicht immer.<br />
Also will Sick mehr und anderes:<br />
„Mittelfristig müssen wir vom offenen<br />
auf den gebundenen Ganztag umstellen.“<br />
Die Kinder brauchten die feste<br />
Struktur, man könne dann besser neue<br />
pädagogische Konzepte ausprobieren,<br />
der Vormittagsunterricht könne aufgebrochen<br />
werden. „Schule wird im Ganztag<br />
zum Lebensort“, sagt Sick. „Da passiert<br />
unheimlich viel.“<br />
Wie an der TSG sieht es in vielen Schulen<br />
aus: „Nach dem Ausbau der Ganztagsangebote<br />
wird heute überall daran<br />
gearbeitet, die Qualität zu verbessern“,<br />
sagt Maren Wichmann, Leiterin des Bundesprogramms<br />
„Ganztägig lernen“,<br />
dem die Serviceagenturen in den Ländern<br />
angeschlossen sind. Nachdem das<br />
Investitionsprogramm „Zukunft Bildung<br />
und Betreuung” (IZBB) 2009 auslief<br />
(s. Kasten S. 19), habe die Befürchtung<br />
geherrscht, „dass es sich in den<br />
Ländern verlangsamt“, so Wichmann.<br />
„Aber das ist nirgendwo der Fall.“ Wichtige<br />
Aspekte sind jedoch nicht geklärt:<br />
Welchem Konzept folgt der Nachmittagsunterricht,<br />
ist er offen oder gebunden,<br />
freiwillig oder Pflicht? Welche<br />
Schulart wird gefördert? Und: Wie<br />
schnell kommt der Ausbau voran?<br />
Schleswig-Holstein ist unter den Nord-<br />
Ländern am weitesten: 46 Prozent der<br />
Schulen bieten einen Ganztag an. „Und<br />
wir wollen weiter ausbauen“, versprach<br />
Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP)<br />
bei einem Kongress im November 2009.<br />
Der größere Nachbar Niedersachsen<br />
hinkt hinterher: Anfang 2010 lag das<br />
Land erst bei 28 Prozent, holt aber auf.<br />
Inzwischen hat „mehr als jede dritte<br />
Schule in Niedersachsen ein Ganztagsangebot“,<br />
rechnete Kultusminister<br />
Bernd Althusmann (CDU) vor.<br />
Die Stadtstaaten Hamburg und Bremen<br />
liegen mit 40 und 41 Prozent fast gleichauf.<br />
Hamburg will neben der Quantität<br />
auch die Qualität ausbauen: „Für die bestehenden<br />
Ganztagsschulen werden 28<br />
neue Pädagogenstellen bereitgestellt“,<br />
versprach Bildungssenatorin Christa<br />
Goetsch (GAL) im August.<br />
Bremen: Finanzlage bremst<br />
Bremen, das zu den ersten Ländern<br />
zählte, die die IZBB-Mittel ausgeschöpft<br />
hatten, geht jetzt langsamer voran:<br />
„Natürlich möchten wir Schulen<br />
umwandeln“, sagte Bildungssenatorin<br />
Renate Jürgens-Pieper (SPD) der Zeitung<br />
„Bildung plus“. „Aber wenn wir ehrlich<br />
sind, ist das in der momentanen Haushaltslage<br />
nicht möglich.“ Jährlich sollen<br />
drei Schulen in Bremen und eine in Bremerhaven<br />
auf Ganztagsbetrieb umstellen.<br />
Unterschiedlich bewerten die Länder<br />
die Frage, welche Schularten vorrangig<br />
auf Ganztag umgestellt werden sollen.<br />
Nachzügler Niedersachsen setzt zurzeit<br />
seinen Schwerpunkt bei den Jüngsten –<br />
unter den neu genehmigten sind 168<br />
Grundschulen. In Schleswig-Holstein<br />
galt das Augenmerk zunächst den<br />
Hauptschulen. Zuletzt boten 40 Prozent,<br />
ein bundesweiter Spitzenwert,<br />
Nachmittagskurse an – heute sind die<br />
Hauptschulen mit den Real- zu Regional-<br />
oder Gemeinschaftsschulen verschmolzen.<br />
In Hamburg lag der Förderfokus<br />
lange Zeit bei den Gymnasien und<br />
wandert jetzt in Richtung Grundschulen,<br />
von denen aktuell 15 Ganztagsangebote<br />
einrichten, fünf davon in Kooperation<br />
mit Horten. Elf weitere Grundschulen<br />
sollen im Schuljahr 2011/12 folgen,<br />
so Goetsch. In Bremen profitierten<br />
vor allem die Gesamtschulen: 94 Pro-
Unterschiedliches Tempo zum Ganztag<br />
In Schleswig-Holstein laufen an 430 von 941 Schulen Nachmittagskurse im überwiegend<br />
offenen Ganztagsbetrieb. Neben den IZBB-Mitteln gab das Land weitere<br />
32 Millionen Euro für bauliche Maßnahmen aus. Im Schuljahr 2008/2009<br />
steckte die Landesregierung nach eigenen Angaben 5,4 Millionen Euro in den<br />
Ausbau der Ganztagsschulen, im laufenden Schuljahr sind rund 6,3 Millionen<br />
Euro vorgesehen. Bezuschusst werden Ganztagsangebote mit 0,35 Euro pro<br />
Stunde und Kind im Regel- und 0,60 Euro im Förderschulbereich.<br />
220 neue Ganztagsschulen eröffneten in Niedersachsen zum Schuljahr 2009/2010,<br />
weitere 271 gingen in diesem Sommer an den Start, die Gesamtzahl liegt nun bei<br />
1 151 von 3 100 Schulen. Das Land investiert in die neuen Angebote pro Schuljahr<br />
rund 5,6 Millionen Euro.<br />
In Bremen – inklusive Bremerhaven – setzen 52 von 182 Schulen auf Nachmittagsangebote,<br />
jährlich sollen vier weitere mit offenem Ganztag starten. Die<br />
Stadtgemeinde Bremen gibt für ihre 45 Ganztagsschulen 12,2 Millionen Euro für<br />
Personal und Betrieb aus. Für Baumaßnahmen stellt der Senat pro Ganztagsschule<br />
eine Million Euro zur Verfügung.<br />
In Hamburg beteiligen sich 154 von 393 Schulen, 50 neue Ganztagsschulen sind<br />
bis 2012 geplant. Allgemein gilt: Die Kosten fließen überwiegend in Personal.<br />
(Quelle: Angaben der Bildungsministerien der nördlichen Länder) E. G.<br />
zent sind ganztägig für die Kinder da.<br />
Die meisten Debatten drehen sich aber<br />
um die Frage: Ist der nachmittägliche<br />
Schulbesuch Pflicht oder geht es besser<br />
mit einem freiwilligen Angebot? Die Regierungen<br />
im Norden verhalten sich dabei<br />
ganz unterschiedlich – wobei auch<br />
eine Rolle spielt, wie gut der Landessäckel<br />
gefüllt ist. Denn gebundene Systeme,<br />
bei denen in der Regel auch nachmittags<br />
Fachunterricht erteilt wird, erfordern<br />
mehr Lehrerstellen. Fazit: Zurzeit<br />
regiert in allen nördlichen Ländern<br />
(im Westen) eine bunte Mischung aus<br />
offenen, teilgebundenen und gebundenen<br />
Ganztagsschulen.<br />
Viele Jugendliche würden sich für das<br />
offene System entscheiden: „Angebote<br />
am Nachmittag sind wichtig und richtig,<br />
aber die Schülerinnen und Schüler<br />
sollen selbst wählen können“, sagt Arne<br />
Fillies, Vorsitzender des Landesschülerrats<br />
Niedersachsen. Denn schließlich<br />
böten auch Vereine, Kirchen oder<br />
Sportclubs Aktivitäten am Nachmittag.<br />
www<br />
Seit vielerorts der Oberstufen-Stoff in<br />
acht statt neun Jahren gepaukt werden<br />
muss (G8), setzen viele Schulen auf klassischen<br />
Unterricht am Nachmittag.<br />
Wären weitere Kurse Pflicht, „kommt<br />
man zu gar nichts mehr“, klagt Fillies,<br />
weder zu Ehrenamt noch zu Freizeit.<br />
Dass zu wenige Heranwachsende nachmittags<br />
in der Schule blieben, befürchtet<br />
der Gymnasiast nicht: „Wenn die Angebote<br />
attraktiv sind, kommen die Leute.“<br />
Entscheidend seien: „Gutes Essen,<br />
das für alle erschwinglich ist. Hausaufgabenbetreuung,<br />
auch durch ältere<br />
Schüler. Und Kurse von außerschulischen<br />
Anbietern, die Extra-Kompetenzen<br />
vermitteln.“ Das könnte ein Erste-<br />
Hilfe-Lehrgang sein – nützlich für den<br />
Führerschein – oder ein PC-Training.<br />
Wichtig sei, dass nachmittags „nicht der<br />
normale Standardunterricht“ fortgesetzt<br />
werde, wünscht sich der Schülersprecher.<br />
Das sieht Matthias Thoms ähnlich. Er ist<br />
Koordinator der Ganztagsbetreuung<br />
des Kinderschutzbundes Ostholstein,<br />
der an 13 Schulen in Schleswig-Holstein<br />
aktiv und überzeugt ist, dass die<br />
Kinder profitieren, wenn weitere Akteure<br />
mitmischen: „Die Schule hat einen<br />
Bildungsauftrag, wir als Sozialpädagogen<br />
bringen andere Kompetenzen<br />
mit.“ Es gehe oft nicht mehr um<br />
Stoffvermittlung, sondern um soziale<br />
Fähigkeiten, um den Blick über den<br />
Ganztag macht’s möglich:<br />
An der Kieler Gemeinschaftsschule<br />
haben Schülerinnen<br />
und Schüler die Chance, im<br />
Einzelunterricht Klavierspielen<br />
zu lernen.<br />
GANZTAG<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 17
GANZTAG<br />
Tellerrand. In vielen Schulen werden<br />
allerdings keine Fachleute für den<br />
Nachmittag eingesetzt, sondern mehr<br />
oder minder ehrenamtliche Helfer – Eltern,<br />
Vereinstrainer, Rentner. Thoms<br />
sieht darin keine Konkurrenz, sondern<br />
eine Ergänzung: „Die Mischung ist das<br />
Optimum. Aber rein ehrenamtlich<br />
klappt es auch nicht.“ Das Problem:<br />
„Auf dem platten Land“ seien die notwendigen<br />
Fachkräfte nicht zu finden.<br />
Außerdem: Nicht jeder komme mit einer<br />
großen Kinderzahl zurecht. Wichtig<br />
sei für Ehrenamtler wie für Professionelle<br />
auch: „Mit den Lehrkräften<br />
auf Augenhöhe zu sein.“ Das sei kein<br />
einfacher Prozess gewesen, funktioniere<br />
aber inzwischen.<br />
Sigrid Strauß, stellvertretende <strong>GEW</strong>-Vorsitzende<br />
in Hamburg, sieht allerdings,<br />
dassWorteundTatenauchbeimGanztag<br />
oft auseinander klaffen. Ein Beispiel:<br />
„Dass ein Schwerpunkt bei den Gymnasien<br />
liegt, hat vor allem mit der Verkürzung<br />
auf G8 zu tun, auch wenn anderes<br />
behauptet wird.“ Der Ausbau der Ganztagsschulen<br />
in der Hansestadt ist Teil der<br />
Schulreform und vom Volksentscheid<br />
im Sommer (s. E&W 9/2010) nicht betroffen.<br />
Ob es gelingt, nicht nur Quantität,<br />
sondern vor allem die Qualität zu<br />
verbessern, will Strauß nicht abschließend<br />
bewerten: „Der Wille ist da, aber<br />
die Zahlen ergeben etwas anderes.“<br />
In Bremen hat die Politik sich auf das gebundene<br />
Konzept verständigt, wobei<br />
Grundschulen eine Ausnahme bilden<br />
können. Uwe Lorenz, Vorsitzender des<br />
Ganztagsschulverbandes im Stadtstadt,<br />
sieht dieses Aufweichen des Senatsbeschlusses<br />
mit Sorge: „Ein Schultag mit<br />
angehängtem Nachmittag ist kein Ganztag“,<br />
sagt er, und gibt gleich zu: „Bremen<br />
ist sehr weit, wir klagen auf hohem Niveau.“<br />
Vieles sei bereits erreicht oder<br />
werde probiert: Verändertes Lernverhalten,<br />
neuer Tagesrhythmus. Solche Konzepte,<br />
glaubt Lorenz genau wie Marlies<br />
Sick in Schleswig-Holstein, seien im gebundenen<br />
System leichter umzusetzen.<br />
Aber im offenen nicht unmöglich, entgegnet<br />
Maren Wichmann: „Entscheidend<br />
ist das pädagogische Konzept.“<br />
Als Kriterien für Qualität nennt sie „Projektarbeit,<br />
selbstorganisiertes Lernen,<br />
Mitwirkung der Jugendlichen und Öffnung<br />
zum Umfeld“. Schulen könnten<br />
voneinander lernen, wie sich im Rahmen<br />
der jeweiligen Möglichkeiten der<br />
„beste Ganztag“ gestalten lasse. „Die<br />
Steuerung folgt über die Finanzierung“,<br />
so Wichmann. „Und die Politik erwartet<br />
inhaltliche Anregungen, keine Systemdebatten.“<br />
Esther Geißlinger, freie Journalistin<br />
18 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Foto: Bildungsministerium<br />
„Den Mittelweg gewählt“<br />
Interview mit Johannes Jung, Schulministerium Rhl.-Pfalz<br />
Johannes<br />
Jung<br />
Johannes Jung ist stellvertretenderAbteilungsleiter<br />
im Ministerium<br />
für Bildung,<br />
Wissenschaft, Jugend<br />
und Kultur in Rheinland-Pfalz.<br />
Er ist zuständig<br />
für das Ganztagsschulprojekt<br />
des<br />
Landes.<br />
E &W: Herr Jung, beginnen wir mit der<br />
Gretchenfrage: offene oder gebundene Ganztagsschule?<br />
Johannes Jung: Sowohl als auch. Wir<br />
haben uns in Rheinland-Pfalz für einen<br />
Mittelweg entschieden. Wer eine der<br />
537 Schulen besucht, die bei unserem<br />
Projekt mitmachen, kann sich entscheiden,<br />
ob er die Angebote der gebundenen<br />
Ganztagsschule nutzt oder nicht.<br />
Aber: Diese Entscheidung ist für jeweils<br />
ein Jahr bindend.<br />
E &W: Wieso handhaben Sie das so strikt?<br />
Jung: Wir reden von Ganztagsschulen<br />
mit pädagogischen Konzepten und<br />
nicht von Betreuungseinrichtungen. Da<br />
ist eine gewisse Kontinuität wichtig.<br />
Außerdem ist es für die Schulen kaum<br />
zu organisieren, wenn ein Schüler mal<br />
kommt und mal nicht.<br />
E &W: Wie sehen die pädagogischen Konzepte<br />
aus?<br />
Jung: Wir kooperieren mit 25 externen<br />
Partnern. Mit Musikschulen, Sportvereinen,<br />
dem Schriftstellerverband, der<br />
Handwerkskammer und vor allem der<br />
Jugendhilfe.<br />
E &W: Inwiefern?<br />
Jung: Bildungsexperten sprechen bereits<br />
davon, dass ein neues Kapitel schulischer<br />
Bildung im Kontext der Jugendhilfe<br />
geschrieben werden kann. Sie verweisen<br />
vor allem darauf, dass die Jugendhilfe<br />
und andere Partner mit jeweils<br />
eigenem Bildungsverständnis und eigener<br />
Schwerpunktsetzung ihre mit der<br />
Schule vereinbarten Angebote gestalten<br />
können – unabhängig vom Einverständnis<br />
der Schulleitung.<br />
E &W: Wie sehen diese Kooperationen konkret<br />
aus?<br />
Jung: Oft werden gemeinsam mit Lehrerinnen<br />
und Lehrern Projekte und Arbeitsgemeinschaften<br />
organisiert. Das<br />
kostet die Eltern nichts. Die Vergütungen<br />
für die externen Experten zahlt das<br />
Land. Die Eltern müssen bei der Ganztagsschule<br />
nur für das Mittagessen ihrer<br />
Kinder aufkommen. Der Sozialfonds<br />
des Landes entlastet sozial Bedürftige:<br />
Eltern zahlen in diesen Fällen nur einen<br />
Euro pro Kind und Mittagessen.<br />
E &W: Das hört sich so an, als seien Schülerinnen<br />
und Schüler klar im Vorteil, wenn sie<br />
die Ganztagsschule besuchen. Etablieren Sie<br />
damit ein ungerechtes System?<br />
Jung: Nein. Natürlich kann man sagen,<br />
dass Schülern mehr geboten wird, wenn<br />
sie auch nachmittags in der Schule sind.<br />
Aber wir wollen das niemandem aufzwingen.<br />
Ganztagsschule verpflichtend für alle<br />
– das war ja durchaus in der Diskussion.<br />
Aber sehen Sie: Es gibt Jugendliche, die<br />
sich entschieden haben, etwa täglich Leistungssport<br />
zu betreiben oder am Instrumentalunterricht<br />
teilzunehmen. Viele Eltern<br />
sagen: Was mein Kind außerhalb des<br />
Regelunterrichts lernen soll, möchte ich<br />
selbst entscheiden. Das müssen wir akzeptieren.<br />
Gleichzeitig war es uns wichtig,<br />
eine Ganztagsschule einzurichten, für die<br />
sich jeder entscheiden kann. Insofern ist<br />
am Vorwurf, wir hätten ein ungerechtes<br />
System geschaffen, nichts dran.<br />
E &W: Wie sieht die Resonanz in den einzelnen<br />
Altersklassen aus?<br />
Jung: In der Grundschule nimmt etwa<br />
die Hälfte der Kinder die Angebote der<br />
Ganztagsschule wahr. In der Sekundarstufe<br />
I sind es 30 bis 40 Prozent. Das ist<br />
auch nachvollziehbar. So etwa ab der<br />
siebten Klasse entscheiden Jugendliche<br />
lieber selbst, wie sie den Nachmittag verbringen<br />
wollen.Auffallend ist übrigens,<br />
dass in den Städten mehr Kinder und Jugendliche<br />
das Ganztagsangebot wahrnehmen<br />
als auf dem Land. Ich befürchte,<br />
dort gelten vielerorts Mütter und Väter<br />
immer noch als Rabeneltern, wenn<br />
sie ihren Nachwuchs am Nachmittag<br />
nicht zuhause betreuen.<br />
E &W: Wie ist das Verhältnis zu den Kommunen?<br />
Jung: Sehr gut. Die Kommunen waren<br />
von Anfang an beteiligt und haben am<br />
Konzept mitgearbeitet. Es ist ein Standortvorteil,<br />
wenn eine Kommune Ganztagsschulen<br />
anbietet.<br />
Interview: Georg Leppert, Redakteur<br />
der „Frankfurter Rundschau“
Foto: Stadt Frankfurt<br />
„Wir wollen mitbestimmen“<br />
E&W-Interview mit Ute Sauer, Stadt Frankfurt am Main<br />
Ute Sauer<br />
Ute Sauer leitet das städtische Schulamt<br />
in Frankfurt am Main. Als Vertreterin<br />
des Hessischen Städtetages<br />
setzte sie sich in der Ganztagsschulen-<br />
Kommission des Landes Hessen für<br />
die Interessen der Kommunen ein.<br />
E &W: Frau Sauer, wie ist Ihr Verhältnis<br />
zum hessischen Kultusministerium?<br />
Ute Sauer: Wenn es um Ganztagsschulen<br />
und deren Entwicklung geht, könnte<br />
es deutlich besser sein. In den Kommunen<br />
fühlen wir uns nicht gut behandelt<br />
vom Land.<br />
E &W: Was bemängeln Sie konkret?<br />
Sauer: Um eine gute Versorgung mit<br />
Ganztagsschulen aufzubauen und weiterzuentwickeln,<br />
die in einer Stadt wie<br />
Frankfurt absolut nötig ist, wären mehr<br />
Zeitvorläufe für unsere Planungen,<br />
mehr <strong>Geld</strong> und mehr Mitspracherechte<br />
notwendig. Das alles haben wir nicht.<br />
E &W: Beginnen wir mit dem Faktor Zeit.<br />
Sauer: Der hängt ja mit dem <strong>Geld</strong> zusammen.<br />
Wenn wir eine Schule auf<br />
Ganztag umstellen – ganz gleich ob mit<br />
pädagogischer Mittagsbetreuung, offenem<br />
oder gebundenem Konzept – dann<br />
müssen wir investieren. Jede dieser<br />
Schulen braucht eine Cafeteria und<br />
Räume für Arbeitsgemeinschaften. Das<br />
alles einzurichten, ist auch aus praktischen<br />
Gründen gar nicht einfach. Die<br />
Stadt ist dicht bebaut, da kann man<br />
nicht einfach eine Cafeteria an ein Gebäude<br />
anbauen. Und zum anderen kostet<br />
das <strong>Geld</strong>. Das geben wir ja auch aus,<br />
nur muss diese Investition politisch be-<br />
schlossen werden. Frankfurt hat zurzeit<br />
einen Doppelhaushalt. Die Kommune<br />
benötigt daher eine Vorlaufzeit von<br />
mindestens drei bis vier Jahren. Das<br />
Land macht aber kurzfristige Ansagen<br />
und plant von Jahr zu Jahr. Das ist<br />
schwierig für die Stadt umzusetzen.<br />
E &W: Aber das Land übernimmt doch im<br />
Rahmen des Ganztagsschulprogramms Teile<br />
der Finanzierung.<br />
Sauer: Nicht für die baulichen Investitionen,<br />
die Bedarfe an Sekretariatsversorgung<br />
und die Schulhausmeister. Die<br />
sind Sache des Schulträgers. Und auch<br />
bei den Stellen wird gespart. Für den<br />
Zeitraum von 2010 bis 2012 erhalten wir<br />
30 Stellen, um Ganztagsschulen zu entwickeln<br />
und einzuführen. 15 davon sind<br />
an bestimmte Schulformen gebunden,<br />
etwa an Integrierte Gesamtschulen<br />
(IGS).<br />
E &W: Und wie viele Schulen der hessischen<br />
Metropole wollen sich auf Ganztagsbetrieb<br />
umstellen?<br />
Sauer: Dem Schulträger liegen 69 Anträge<br />
vor, zum Teil bereits Mehrfachbeantragungen.<br />
Das ist auch gut so. Derzeit<br />
hat die Stadt Frankfurt 59 Schulen<br />
im Ganztag. Das sind nicht wenige,<br />
reicht aber für den Bedarf nicht aus. Alles<br />
in allem steckt die Stadt im laufenden<br />
Schuljahr und jährlich folgend rund<br />
6,7 Millionen Euro in den Ausbau des<br />
Ganztags und in die erweiterte Betreuung.<br />
Das Land gibt inklusive der 30 Stellen<br />
rund 4,5 Millionen Euro aus. Das<br />
sind die Verhältnisse.<br />
E &W: Inwiefern geht es Ihnen um Mitsprache?<br />
Sauer: Wenn die Kommune schon<br />
mehr <strong>Geld</strong> ausgibt als das Land, dann<br />
will sie zumindest auch intensiv in die<br />
Konzeption des Ganztagsschulenprogramms<br />
eingebunden werden. Das städtische<br />
Schulamt will nicht nur reine Verwaltungsaufgaben<br />
erfüllen, sondern<br />
sich an der pädagogischen Schulentwicklung<br />
beteiligen. Die Kommune will<br />
entscheiden können: Was braucht diese<br />
und jene Schule aus pädagogischer<br />
Sicht.<br />
E &W: Das klingt resigniert!<br />
Sauer: Überhaupt nicht, das wäre der<br />
falsche Eindruck. An den Schulen wird<br />
gute Arbeit geleistet. Deshalb können<br />
wir den Ausbau und die Bedarfe auch irgendwie<br />
bewerkstelligen. Aber eben nur<br />
„irgendwie“. Die Kommune könnte<br />
mehr erreichen, wenn sie mehr Möglichkeiten<br />
hätte. Denn klar ist doch,<br />
dass sich jetzt jede Schule damit beschäftigen<br />
muss, über kurz oder lang<br />
Ganztagsbetrieb zu werden.<br />
Interview: Georg Leppert, Redakteur der<br />
„Frankfurter Rundschau“<br />
Bundesprogramm „Zeit für mehr“<br />
„Zeit für mehr“ lautete der Slogan, mit dem die damalige Bundesbildungsministerin<br />
Edelgard Buhlmahn (SPD) ab 2003 für den Ausbau der Ganztagsschulen<br />
warb. Vier Milliarden Euro stellte der Bund im Investitionsprogramm „Zukunft<br />
Bildung und Betreuung“ (IZBB) zur Verfügung. Das <strong>Geld</strong> floss in bauliche Investitionen,<br />
etwa für Kantinen. Laut Ministerium wurden seit 2003 mit den IZBB-<br />
Mitteln 15 790 Einzelmaßnahmen an rund 7192 Schulen finanziert.<br />
Kritisiert wird, dass die Zahlen wenig über die pädagogische Qualität aussagten:<br />
Die damalige <strong>GEW</strong>-Vorsitzende Eva-Maria Stange sprach 2004 im „Focus“ von<br />
„Halbtagsschulen mit Suppenküche und Verwahrprogramm“.<br />
Nach Auslaufen des IZBB sind der weitere Ausbau ebenso wie der Betrieb der<br />
Ganztagsangebote Ländersache. Daran beteiligen sich oft kommunale Träger<br />
und Eltern. Auf Bundesebene läuft das Programm „Ideen für mehr“ weiter. Aus<br />
dem mit 4,5 Millionen Euro pro Jahr ausgestatteten Topf können die Länder für<br />
den Ausbau Fördermittel beantragen, allerdings müssen sie in gleicher Höhe gegenfinanzieren.<br />
E.G.<br />
GANZTAG<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 19
GANZTAG<br />
Gemeinsames Mittagessen von<br />
Schülern und Lehrkräften in der<br />
Aula – der provisorischen Mensa<br />
– des Schiller-Gymnasiums in<br />
Köln<br />
Angebot „light“<br />
20 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
NRW: abgespecktes Betreuungsprogramm<br />
Die Ganztagsoffensive, die Nordrhein-Westfalen<br />
(NRW) vor drei Jahren<br />
gestartet hat, ist ein „Angebot<br />
light“: Nicht überall, wo Ganztag<br />
draufsteht, ist auch Ganztag drin.<br />
Trotzdem hat die Initiative das Schulleben<br />
verändert.<br />
Schade, dass ihr erst heute<br />
kommt, letzte Woche hatten<br />
wir noch Blumen auf<br />
den Tischen“, bedauert Petra<br />
Karnbrock-Elle, als sie uns<br />
in die Aula des Schiller-<br />
Gymnasiums in Köln führt. Seit ein<br />
paar Tagen hängt dort an der Glastür ein<br />
Foto: Jürgen Bindrim<br />
Plakat „Meet and Eat“. Die Aula wurde<br />
zur provisorischen Mensa – bis in ein<br />
paar Monaten der Neubau fertig ist. Der<br />
Unmut über das Provisorium hält sich<br />
bei Karnbrock-Elle in Grenzen. Im Gegenteil,<br />
sie lobt die Kölner Stadtspitze,<br />
die in kurzer Zeit 25 Gymnasien und Realschulen<br />
zu Ganztagsschulen umbaut –<br />
und das, obwohl die kommunalen Finanzen<br />
arg gebeutelt sind.<br />
Karnbrock-Elle war bis vor kurzem Vorsitzende<br />
des Vereins „Sonnentiger“, der<br />
an der Schule für gut 40 Kinder eine<br />
Übermittagsbetreuung organisiert hat.<br />
Nun hat sie als Seiteneinsteigerin eine<br />
Lehrerstelle, ihr Hauptjob ist die Organisation<br />
des Ganztagsbetriebs.<br />
„Ganztagsoffensive“ gestartet<br />
Schulleiterin Anni Schulz-Krause ist begeistert,<br />
ihre Kollegin Karnbrock-Elle<br />
sei ein Organisationstalent. Nach ein<br />
paar Tagen habe sie die Geschirr- und<br />
Essensausgabe so strukturiert, dass sich<br />
keine Schlangen mehr bildeten. Mit den<br />
gut 120 Fünftklässlern ist es in der Aula<br />
beim Mittagessen nicht lauter als in einem<br />
normalen Restaurant. Nachher<br />
kommen noch einmal so viele Schülerinnen<br />
und Schüler aus der Nachbarschule<br />
und den älteren Jahrgängen.<br />
Nach dem Essen bleibt eine Dreiviertelstunde<br />
Pause – zum Spielen am Kicker<br />
im Keller oder am Basketball-Korb im<br />
Hof, zum Chillen im Ruheraum oder<br />
um schon einmal die Hausaufgaben ins<br />
Auge zu fassen. An zwei Tagen in der Woche<br />
findet nachmittags Unterricht statt,<br />
montags sind die „Pflicht-AGs“ für die<br />
Fünftklässler. Danach können die Kinder<br />
noch für eine Stunde „Lernzeit“ bleiben<br />
– der von Lehrkräften aus den Kernfächern<br />
begleiteten Hausaufgabenhilfe.<br />
2007 startete die Landesregierung ihre<br />
„Ganztagsoffensive“: Jedes Jahr sollten<br />
pro Kreis oder Stadt je zwei Gymnasien<br />
und Realschulen in gebundene Ganztagsformen<br />
umgewandelt werden. Gebunden<br />
heißt, dass alle Kinder an mindestens<br />
drei Tagen auch nachmittags<br />
Unterricht haben oder an Arbeitsgemeinschaften<br />
(AGs) teilnehmen und<br />
täglich sieben Zeitstunden in der Schule<br />
verbringen. Dafür stellte das Land 20<br />
Prozent mehr Lehrerstellen in Aussicht.<br />
Der Nachmittagsunterricht, die Mittagspause,<br />
dazu noch die AGs, schon<br />
hat man genug Schulzeit zusammen,<br />
um die Schule zur Ganztagsschule umzuetikettieren<br />
und so in den Genuss des<br />
20-prozentigen Stellenzuschlags zu<br />
kommen.<br />
Mit der Ganztagsoffensive reagierte die<br />
ehemals schwarz-gelbe Landesregierung<br />
auf den wachsenden Unmut der Eltern.
Finanzierung des Ganztagsangebots<br />
Im Jahr 2010 gibt Nordrhein-Westfalen (NRW) insgesamt 356,6 Millionen Euro<br />
für Personal im Ganztag (GT) aus. Auf die offenen Formen im Primarbereich entfallen<br />
davon rund 250 Millionen. Enthalten sind die Zuschüsse an die Kommunen<br />
für das Betreuungspersonal (615 Euro für jeden Grundschüler, 1230 Euro für<br />
jeden Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf) sowie die Kosten für die<br />
zusätzlichen Lehrerstunden.<br />
Aus dem „1000-Schulen-Programm“ bekamen die Kommunen für insgesamt<br />
1000 Schulen je 100 000 Euro Zuschuss, insgesamt 100 Millionen Euro, für den<br />
Ausbau von Mensen und Aufenthaltsräumen, eine Übermittagsbetreuung und<br />
den gebundenen Ganztag. Der Städtetag hat die Ausbaukosten einer vierzügigen<br />
Sekundarschule zur Ganztagsschule mit rund 1,5 Millionen Euro berechnet. Die<br />
100 000 Euro pro Schule vom Land decken also nicht einmal zehn Prozent der<br />
tatsächlichen Baukosten. KH.H.<br />
Wegen der Verkürzung der gymnasialen<br />
Schulzeit auf acht Jahre (G8) müssen die<br />
Kollegien mehr Unterricht erteilen.<br />
Deshalb soll an mindestens zwei Tagen<br />
in der Woche auch nachmittags Lernen<br />
stattfinden. Das hatte man im Düsseldorfer<br />
Schulministerium offenbar erst<br />
gemerkt, nachdem die neuen Stundenpläne<br />
eingeführt worden waren. Die<br />
Schüler brauchten bei diesem Arbeitspensum<br />
ein Mittagessen in der Schule.<br />
Die Kommunen als Schulträger waren<br />
mit der neuen Situation völlig überfordert.<br />
Hinzu kam, dass Eltern und Kinder<br />
aus den weitgehend mit einem „offenen<br />
Ganztag“ (s. Kasten unten) ausgestatteten<br />
Grundschulen eine verlässliche<br />
Betreuung bis in den Nachmittag<br />
gewohnt waren. Politik stand unter<br />
Handlungsdruck.<br />
Einstieg gelungen<br />
Das Ergebnis ist eine Ganztagsschule<br />
light – der Schultag ist nicht wirklich anders<br />
rhythmisiert, das Zusatzangebot<br />
Von 2003 bis 2010 wurden in NRW<br />
225000 Plätze in „Offenen Ganztagsgrundschulen“<br />
(OGT) geschaffen. 82<br />
Prozent aller Grundschulen bieten<br />
Ganztagsbetreuung an, rund 30 Prozent<br />
aller Grundschüler nehmen daran teil.<br />
Die OGT ist ein Betreuungsangebot<br />
von Trägern der Jugendhilfe. Es untersteht<br />
der Schulleitung. Alle OGTs haben<br />
Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung<br />
sowie Spiel, Sport und Bewegung<br />
im Programm. Nur einige bieten<br />
Förderunterricht oder Sprachförderung<br />
zusätzlich an. In der Regel sind<br />
25 Kinder in einer Gruppe. Sie werden<br />
hält sich in Grenzen. Doch der Einstieg<br />
ist gelungen. Die Folgen für das Schulleben<br />
sind nicht zu unterschätzen. Allein<br />
die Tatsache, dass nicht nur die Fünftklässler,<br />
der erste „Ganztags-Jahrgang“,<br />
beim Essen zusammen sitzen, sondern<br />
auch hunderte ältere Schüler, dazu<br />
Lehrkräfte, schafft eine andere Atmosphäre.<br />
Die Bio-Lehrerin gibt einen<br />
Tischtennis-Kurs, eine Kollegin übernimmt<br />
die Näh-AG. Schule wird zum<br />
Lebensraum. Nachteil: Die Putzfrauen<br />
müssen spätabends arbeiten, weil bis 18<br />
Uhr Betrieb in der Schule ist.<br />
Heute hat jede zweite Hauptschule, haben<br />
216 Gymnasien und Realschulen sowie<br />
212 Gesamtschulen im Land Ganztagsunterricht.<br />
Die Gesamtschulen waren<br />
immer schon im Ganztag organisiert,<br />
bis die alte konservativ-liberale<br />
Landesregierung Gesamtschulgründungen<br />
nur noch im Halbtagsbetrieb genehmigte,<br />
dafür aber den Ganztagsausbau<br />
der Hauptschulen forcierte. Mit diesem<br />
Unsinn räumt die neue rot-grüne Lan-<br />
Offene Ganztagsgrundschule<br />
von einer Fachkraft, ehrenamtlichen<br />
Helfern, Studierenden und/oder Ein-<br />
Euro-Jobbern betreut. Für jede Gruppe<br />
steht zusätzlich eine fünftel Lehrerstelle<br />
bereit. Manche Gemeinden legen<br />
auf ihren finanziellen Pflichtanteil<br />
noch etwas drauf.<br />
Die Versorgung ist regional und sozial<br />
sehr unterschiedlich: In den Städten<br />
besucht über die Hälfte der Sechs- bis<br />
Zehnjährigen die OGT, auf dem Lande<br />
ist es nur knapp ein Drittel. In den besser<br />
situierten Kölner Stadtteilen beispielsweise<br />
nutzen drei Viertel der Eltern<br />
und Kinder das Angebot, in den<br />
desregierung auf. Knapp ein Drittel aller<br />
Schülerinnen und Schüler nimmt jetzt<br />
am Ganztagsangebot teil.<br />
Sparen und mogeln<br />
In den weiterführenden Schulen setzt<br />
sich der Trend fort, der in den vergangenen<br />
Jahren in den Grundschulen eine<br />
ungeahnte Dynamik entfaltete. Mit<br />
dem vier Milliarden schweren Investitionsprogramm<br />
der Bundesregierung<br />
von 2003 (s. Kasten links) konnte sich<br />
die Offene Ganztagsgrundschule (OGT)<br />
fast flächendeckend durchsetzen. Zu<br />
Recht kritisierte man sie als Sparprogramm<br />
und Mogelpackung. Denn unter<br />
ihrem Etikett verbirgt sich ein abgespecktes<br />
Betreuungsprogramm, für das<br />
die Eltern auch noch bezahlen müssen.<br />
Doch der ideologische Damm war gebrochen,<br />
der bis dahin im Westen um<br />
Ganztagsangebote gezogen wurde: Das<br />
Kind gehöre zur Mutter, hieß es, und:<br />
Ganztagsbetreuung sei der Versuch<br />
staatlichen Zugriffs auf die Kinder. Davon<br />
ist inzwischen keine Rede mehr.<br />
Nach wie vor werden jedoch Chancen<br />
vertan. Eine andere Organisation des<br />
Schulalltags mit einem rhythmisierten<br />
Wechsel von Arbeits- und Entspannungszeiten<br />
ermöglicht mehr pädagogische<br />
Spielräume. „Dann könnten Kinder<br />
mit Sprach- oder Matheproblemen<br />
besser gefördert werden oder Kinder mit<br />
besonderen Begabungen entsprechende<br />
Angebote erhalten“, sagt Rixa Borns,<br />
Leiterin der Fachgruppe Grundschulen<br />
der <strong>GEW</strong> NRW. Richtige Ganztagsschulen<br />
müssten daher, so Borns, „für<br />
alle verbindlich, über zusätzliche Lehrerstellen<br />
verfügen und natürlich kostenlos<br />
sein“.<br />
Karl-Heinz Heinemann, freier Journalist<br />
Hartz IV-Wohnbezirken lediglich 30<br />
Prozent.<br />
Elternbefragungen ergaben: Mütter<br />
und Väter sind zwar mit der Betreuung<br />
zufrieden, nicht aber mit der individuellen<br />
Förderung der Kinder. Für die Betreuung<br />
werden Elternbeiträge bis zu<br />
150 Euro plus Essensgeld fällig. Allein<br />
das widerspricht dem Anspruch, Ganztagsschule<br />
zu sein. Die Betreuungskräfte<br />
werden von den Jugendhilfeträgern<br />
eingestellt, oft unter Tarif bezahlt und<br />
in der Regel über Teilzeitverträge mit<br />
geringem Verdienst (weniger als 1000<br />
Euro im Monat) eingestellt. KH.H.<br />
GANZTAG<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 21
GANZTAG<br />
Weitere Infos unter<br />
www.ganztagsschulen.org.<br />
* Es gibt rund 10 800<br />
öffentliche Schulen (zusammen<br />
mit den alten<br />
IGS, inklusive Förderschulen),<br />
die Ganztagsbetrieb<br />
anbieten. Das<br />
entspricht etwa 41,4 Prozent<br />
der allgemein bildenden<br />
öffentlichen<br />
Schulen. (Quelle:<br />
BMBF, Daten von<br />
2008)<br />
Foto: Kay Herschelmann<br />
Den ganzen Raum füllen<br />
22 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Potenziale sind nicht ausgeschöpft – es fehlt vor allem Personal<br />
Das Ganztagsprogramm, angeschoben<br />
2003 von der damaligen Bundesbildungsministerin<br />
Edelgard Bulmahn<br />
(SPD), hat den Unterricht verändert.<br />
Schülerinnen und Schüler lernen<br />
an Ganztagsschulen anders als in<br />
Halbtagsklassen. Dennoch ist die<br />
Schule am Vormittag bisher noch<br />
wenig mit dem Nachmittagsangebot<br />
verzahnt.<br />
Lustig war es mit den Berliner<br />
Philharmonikern. Wie die Hasenohren<br />
gewackelt haben als<br />
sie musizierten, die der Musiker<br />
und die der Kinder. Fünf<br />
Tage probten Viertklässler<br />
der Rixdorfer Grundschule in Berlin-<br />
Neukölln im April das Stück „Der Sängerkrieg<br />
der Heidehasen“. Am sechsten<br />
Tag führten sie diese Wagner-Parodie<br />
von James Krüss vor über tausend Zuschauern<br />
auf.<br />
Der Unterricht fiel während dieser Woche<br />
nicht etwa aus: „Das war der Unterricht”,<br />
ruft Schulleiterin Anke Peters begeistert<br />
aus. Die Schüler mussten sich<br />
bewegen, lange Textpassagen auswendig<br />
lernen und im Chor singen. „Musik,<br />
Sport und Deutsch – hier kam alles zusammen.“<br />
Peters ist seit drei Jahren Schulleiterin.<br />
2005 war die Schule als gebundene<br />
Ganztagsschule gestartet, formal hieß<br />
das, den Unterricht und damit die Anwesenheitspflicht<br />
zunächst für zwei erste<br />
Klassen bis 16 Uhr auszudehnen.<br />
Den Beschluss, sich in eine Ganztagsschule<br />
umzuwandeln, hatte die Schulkonferenz<br />
bereits vor längerer Zeit gefasst.<br />
In einem Kiez, der von dreckigen<br />
Bürgersteigen, viel Verkehr und wenig<br />
<strong>Geld</strong> geprägt ist, wollten Lehrende und<br />
pädagogische Fachkräfte die Schule als<br />
Lebensraum erobern. Und sich den<br />
Schülern, von denen über 90 Prozent<br />
von Haus aus nicht Deutsch sprechen,<br />
intensiver und individueller widmen.<br />
Rixdorfer Grundschule<br />
in Berlin-Neukölln: Ganztägige<br />
Bildung gelingt – dank der Kooperation<br />
mit Musikschule und<br />
Quartiersmanagement.<br />
Als die damalige rot-grüne Bundesregierung<br />
das Programm „Zukunft für Bildung<br />
und Betreuung (IZBB, s. Kasten<br />
Seite 19) auflegte, konnte sich die Rixdorfer<br />
Grundschule zusammen mit vielen<br />
anderen in der ganzen Bundesrepublik<br />
auf den Weg machen.*<br />
Das Bauprogramm IZBB war ein Erfolg.<br />
Doch veränderte es die Schulen auch<br />
von innen?<br />
Reformschub ausgelöst<br />
Ja, meint Stefan Appel. Er ist seit 25 Jahren<br />
Vorsitzender des Ganztagsschulverbandes.<br />
„Das Ganztagsschulprogramm<br />
hat einen Reformschub in der gesamten<br />
Pädagogik ausgelöst, den niemand für<br />
möglich gehalten hätte.“ Allerdings,<br />
schränkt er ein, gebe es viele Abstufungen.<br />
„Nicht überall, wo Ganztag draufsteht,<br />
ist auch Ganztag drin.“ Es gebe<br />
hervorragende Schulen, da hätten sich<br />
nicht nur der Tagesablauf komplett<br />
geändert, sondern auch der Unterricht<br />
und der Blick aufs Kind. Freizeit und
Lernen seien so miteinander verzahnt,<br />
dass richtige Bildungslandschaften entstanden<br />
wären.<br />
„In vielen Einrichtungen hat sich qualitativ<br />
aber fast nichts verändert“, beobachtet<br />
Appel. Dort finde vormittags wie<br />
gehabt Unterricht statt und nachmittags<br />
würden ein paar ergänzende Angebote<br />
präsentiert.<br />
Immerhin: „2007 hatten bereits über 70<br />
Prozent aller Ganztagsschulen ein pädagogisches<br />
Konzept für den ganzen<br />
Tag”, berichtet Wolfram Rollett vom Institut<br />
für Schulentwicklungsforschung<br />
(IfS) in Dortmund. Das IfS betreut zusammen<br />
mit dem Deutschen Jugendinstitut<br />
(DJI) in München und dem<br />
Deutschen Institut für Internationale<br />
Pädagogische Forschung (DIPF) in<br />
Frankfurt am Main die Studie zur Entwicklung<br />
von Ganztagsschulen (SteG)**.<br />
Die Ergebnisse der dritten Erhebung<br />
von 2009 werden im November vorgestellt.<br />
Vor drei Jahren stellten die Forscher fest,<br />
dass über die Hälfte der untersuchten<br />
Ganztagsschulen Konzepte für einen<br />
rhythmisierten Tagesablauf entwickelt<br />
hatten (s. E&W 10/2008). „Nur etwa ein<br />
Drittel der Grundschulen, aber drei<br />
Viertel der Sekundarstufenschulen gaben<br />
an, sie hätten den Unterricht über<br />
den ganzen Tag verteilt“, sagt Rollett.<br />
Den Zeittakt, den 45-Minuten-Rhythmus,<br />
behielten viele Schulen bei, offene<br />
wie gebundene.<br />
Unterricht entspannter<br />
Wenn Ganztagsschulen ihre Spielräume<br />
richtig nutzen wollten, dann müssten sie<br />
auch den Bildungsbegriff erweitern, sagt<br />
der Erziehungswissenschaftler Witlof<br />
Vollstädt. „Dann ist Lernen nicht mehr<br />
vordergründig auf die Aneignung eines<br />
Stoffkanons ausgerichtet, sondern dient<br />
auch der Persönlichkeitsentwicklung.“<br />
Praktisch bedeute dies: Die Schüler<br />
lernten selbstbestimmt zu arbeiten, sich<br />
eigene Lernziele zu setzen und diese anzusteuern,<br />
erläutert der Forscher, der<br />
viele Ganztagsschulen in Hessen beraten<br />
hat.<br />
So wie an der Erweiterten Realschule in<br />
der Gemeinde Wallerfangen bei Saarbrücken.<br />
„Unsere Schüler verlassen die<br />
Schule gestärkt. Sie sind sehr eigenständig<br />
und können sich gut organisieren“,<br />
beobachtet Schulleiterin Herta Wölfl.<br />
Seit diesem Schuljahr leitet sie die Einrichtung,<br />
die 2005 als erste Schule im<br />
Saarland Ganztagsklassen einführte.<br />
Der Unterricht am Vormittag entspannt<br />
sich durch das „Mehr an Zeit“, auch für<br />
die Lehrkräfte. „Man ist nicht mehr unter<br />
Zeitzwang und kann auch einmal et-<br />
was in den Nachmittag verlagern“, berichtet<br />
Wölfl. Und: Für offene Unterrichtsformen<br />
wie Lernzirkel, Stationenlernen<br />
und Projektarbeit sei „mehr<br />
Raum“.<br />
Viele Pädagogen trifft man auch nachmittags<br />
in der Schule an, ebenso wie viele<br />
ältere Schüler. „So ist immer Leben im<br />
Haus. Die Schule ist unser gemeinsamer<br />
Lernort, da entwickelt sich ein tolles Klima“,<br />
freut sich Wölfl.<br />
Im bayerischen Kolbermoor erlebt<br />
Schulleiter Friedrich Sparrer, wie das<br />
Ganztagskonzept nicht nur den Unterricht<br />
verändert, sondern auch die Rolle<br />
der Lehrerinnen und Lehrer. Die Pauline-Thoma-Hauptschule<br />
ist seit 2002<br />
teilgebundene Ganztagsschule. Rund<br />
die Hälfte der 530 Schüler lernt in gebundenen<br />
Ganztagsklassen. In den<br />
Klassenräumen wird gekocht und gemeinsam<br />
mit den Lehrerinnen und Lehrern<br />
zu Mittag gegessen.<br />
„Dadurch ergeben sich Gespräche wie<br />
im Schullandheim. Man lebt mehr zusammen“,<br />
erzählt der Schulleiter. Wer in<br />
Ganztagsklassen unterrichte, müsse sich<br />
daher bewusst sein: „Hier kann man<br />
sich nicht von den Kindern abgrenzen.<br />
Man wird fast zum Ersatz-Vater.“ Das<br />
könne mitunter anstrengend sein, doch<br />
die Vorteile überwiegen, glaubt Sparrer:<br />
„Man hat sofort eine Rückkopplung,<br />
kann unmittelbar eingreifen und sieht<br />
schneller Erfolge. Ein schöneres Arbeiten.“<br />
Noch Verbesserungsbedarf<br />
Für viele Ganztagsschulen sehen die<br />
Wissenschaftler der SteG-Studie aber<br />
noch Verbesserungsbedarf. Die Schulleitungen<br />
etwa äußerten sich im Schnitt<br />
nur mäßig zufrieden damit, wie Unterricht<br />
und Nachmittags-AGs miteinander<br />
verwoben sind. Eine Ausnahme bildeten<br />
die gebundenen Ganztagsschu-<br />
Ganztagsbetreute<br />
Kinder in den Ländern<br />
Der Anteil der Kinder und Jugendlichen,<br />
die in Ganztagsschulen lernen,<br />
an allen Schülerinnen und<br />
Schülern war 2008 in Sachsen mit 69<br />
Prozent am größten und in Bayern<br />
mit fünf Prozent am geringsten. An<br />
74 Prozent der Schulen findet die<br />
Betreuung in einer offenen Form<br />
bzw. im Nachmittagshort statt, lediglich<br />
acht Prozent der Ganztagsschulen<br />
haben ein vollständig gebundenes<br />
Angebot. (Quelle: BMBF,<br />
Stand Oktober 2009) J.A.<br />
len. Hier zumindest zeigten sich konzeptionelle<br />
Fortschritte.<br />
Wenn alle Schüler auch nachmittags<br />
verlässlich anwesend sind, lassen sich<br />
fächerübergreifende und zeitaufwändige<br />
Projekte wie an der Rixdorfer Grundschule<br />
leichter organisieren. Doch auch<br />
hier glückt die ganztägige Bildung nur,<br />
weil Partner vom Quartiersmanagement<br />
und der örtlichen Musikschule kräftig<br />
mithelfen.<br />
Ehrenamt und Profession<br />
Nahezu alle Ganztagsschulen kooperieren<br />
mit außerschulischen Unterstützern.<br />
Das ist auch gewollt. „Die Mitarbeit<br />
von außerschulischem Personal<br />
macht Schule lebendig und bereichert<br />
die klassische Lernkultur“, betont<br />
Schulforscher Rollett.<br />
Doch die Zusammenarbeit von Lehrund<br />
pädagogischen Fachkräften müsse<br />
gut organisiert werden. Dies sei häufig<br />
ein Problem an Ganztagsschulen, stellt<br />
Rollett fest. Es fehle die Zeit, sich über<br />
Konzepte abzustimmen und gemeinsame<br />
Materialien vorzubereiten. Dabei<br />
wünsche sich die Mehrheit aller Beteiligten<br />
eine bessere Kooperation und<br />
mehr Personal.<br />
„Es ist in den wenigsten Schulen möglich,<br />
den Vormittag und den Nachmittag<br />
sichtbar pädagogisch aufeinander zu<br />
beziehen, weil das Personal fehlt“, urteilt<br />
<strong>GEW</strong>-Schulexpertin Marianne<br />
Demmer. Um die pädagogische Qualität<br />
zu sichern, forderte sie, die Lehrerausstattung<br />
an Ganztagsschulen um 30 Prozent<br />
aufzustocken.<br />
Als Mitglied der Auswahlkommission<br />
für den Deutschen Schulpreis sieht die<br />
Ludwigsburger Pädagogikprofessorin<br />
Katrin Höhmann Jahr für Jahr die besten<br />
Schulen. „Ganztagsschulen brauchen<br />
Kontinuität im außerunterrichtlichen<br />
Bereich“, betont Höhmann. Sie sei froh<br />
über jeden Ehrenamtlichen, der sich an<br />
einer Schule engagiere. „Aber Ehrenamtliche<br />
sollten professionelle pädagogische<br />
Betreuung nicht ersetzen.“<br />
In Berlin, das bundesweit den höchsten<br />
Anteil gebundener Ganztagsschulen<br />
hat, klagen Schulleitungen seit längerem<br />
über fehlende pädagogische Fachkräfte.<br />
Eine Schule kehrte deswegen im<br />
vergangenen Jahr zum Halbtagsbetrieb<br />
zurück. Das kommt weder für Anke Peters<br />
in Berlin-Neukölln, noch Friedrich<br />
Sparrer in Bayern oder Herta Wölfl im<br />
Saarland in Frage. Wölfl geht sogar noch<br />
weiter: „Ich denke, Schulen, die sich<br />
pädagogisch entwickeln wollen, müssen<br />
Ganztagsschule werden. Das ist die Zukunft.“<br />
Anna Lehmann, taz-Redakteurin<br />
GANZTAG<br />
** Die Bildungsforscher<br />
Eckhard Klieme, Hans-<br />
Günter Holtappels und<br />
Thomas Rauschenbach befragten<br />
2007 für das<br />
Bundesministerium für<br />
Bildung und Forschung<br />
(BMBF) 323 Schulen zu<br />
Ausbau, Nutzung und<br />
Entwicklung von Ganztagsangeboten.<br />
2005<br />
sind die Ganztagsschuldaten<br />
zum ersten Mal<br />
erhoben worden.<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 23
GANZTAG<br />
Ganztagsschulkongress<br />
Der diesjährige<br />
Kongress des Bundesministeriums<br />
für Bildung und<br />
Forschung (BMBF)<br />
und der Kultusministerkonferenz<br />
(KMK) in Kooperation<br />
mit der<br />
Deutschen Kinderund<br />
Jugendstiftung<br />
(DKJS) findet am<br />
12. und 13. November<br />
im berliner congress<br />
centrum (bcc)<br />
statt. Er steht unter<br />
dem Motto „Lernkultur“.<br />
Kontakt:<br />
tagung@dkjs.de<br />
oder telefonisch<br />
unter:<br />
030/25 76 76 64.<br />
Internet:<br />
www.ganztaegiglernen.org/www/<br />
web56.aspx<br />
Foto: zplusz<br />
Langer Atem<br />
Was dem Um- und Ausbau nützt<br />
Die Bildungsgewerkschaft fordert ein<br />
zumindest bedarfsgerechtes Angebot,<br />
aber als „wirklicher“ rhythmisierter<br />
Ganztag, unterstreicht <strong>GEW</strong>-Schulexpertin<br />
Marianne Demmer. Wichtig<br />
sei, dass sich Schulen auf den Weg machen.<br />
Wie und was sie dabei beachten<br />
sollten, ist beispielsweise im „ABC<br />
der Ganztagsschule“ auf der <strong>GEW</strong>-<br />
Homepage nachzulesen. Ein Auszug<br />
aus dem Vorwort:<br />
Seit im Mai 2003 mit dem Investitionsprogramm<br />
des<br />
Bundes (s. Kasten Seite 19)<br />
der Startschuss für den Ausbau<br />
von Ganztagsschulen<br />
gegeben wurde, wird die<br />
<strong>GEW</strong> oft um Rat gefragt, was man tun<br />
müsse, damit sich eine Schule zur Ganztagsschule<br />
verändern kann. Daraus ist<br />
die Idee entstanden, eine „Handreichung“<br />
zum Aufbau von Ganztagsschulen<br />
zu schreiben. Die <strong>GEW</strong> stellte ein<br />
Redaktionsteam aus erfahrenen Wissenschaftlern,<br />
Praktikern und Organisationsberatern<br />
aus Schule und Jugendhilfe<br />
zusammen und merkte sehr schnell:<br />
den einen, für alle gültigen und gleichermaßen<br />
zum Ziel führenden Weg gibt es<br />
nicht. Zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen<br />
in den Bundesländern,<br />
24 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
die Schulformen, die örtlichen Gegebenheiten.<br />
Und schließlich und vor allem:<br />
Jede Schule hat ihr eigenes Profil,<br />
ihre eigenen Traditionen und Schwerpunkte,<br />
ihre speziellen Potenziale, ihre<br />
Lehrerinnen und Lehrer, ihre Kinder<br />
und Jugendlichen, ihre Eltern und Partner.<br />
Eine Ganztagsschule zu entwickeln,<br />
braucht einen klugen Plan, vor allem<br />
aber viele kleine Schritte und einen langen<br />
Atem.<br />
Baustein-Angebot<br />
Das „ABC der Ganztagsschule“* bietet<br />
eine Fülle Bausteine, die für den Aufund<br />
Umbau nützlich sind. Besonders<br />
wichtig ist der <strong>GEW</strong>,<br />
● dass Ganztagsschulen der individuellen<br />
Förderung aller Schülerinnen und<br />
Schüler dienen und Aussonderung<br />
vermeiden,<br />
● dass die Kinder und Jugendlichen in<br />
die Gestaltung des Schullebens, das<br />
ein großes Stück ihres Lebens ist, einbezogen<br />
und ihre Interessen ernst genommen<br />
werden,<br />
● dass die Schule ein aktiver Teil der<br />
Kommune wird, sich von der Umwelt<br />
inspirieren lässt und Mitverantwortung<br />
übernimmt für die Gestaltung<br />
einer kindgerechten Lebenswelt,<br />
● dass Jugendhilfe und Schule im System<br />
Ganztagsschule dauerhaft kooperieren,<br />
● dass professionell ausgestattete Arbeitsplätze<br />
für Pädagoginnen und<br />
Pädagogen geschaffen werden sowie<br />
Kinder und Jugendliche einen anregenden<br />
Lern- und Lebensort haben.<br />
Die Bildungsgewerkschaft hofft, dass<br />
mit der Entwicklung tausender Ganztagsschulen<br />
ein nachhaltiger Reformimpuls<br />
ausgelöst wird. Ganztagseinrichtungen<br />
sind eine Chance, dass die traditionelle<br />
Schule demokratischer wird, zu<br />
besseren Leistungen und Bildungserfolgen<br />
führt und in der Gesellschaft, vor<br />
Ort ein Zentrum des Miteinanders der<br />
Generationen entstehen kann. Allerdings<br />
– und dies sei mit großem Nachdruck<br />
gesagt: Ganztagsschulen erfüllen<br />
diese positive Funktion nur dann, wenn<br />
sie nicht zu „Verwahranstalten mit Suppenküche“<br />
werden. Vor lieblosen Billiglösungen<br />
ohne „Geist“, Konzept und<br />
Engagement müssen alle Beteiligten<br />
nachdrücklich gewarnt werden.<br />
Marianne Demmer, Leiterin des<br />
<strong>GEW</strong>-Organisationsbereichs Schule<br />
* ABC der Ganztagsschule. Ein Handbuch für Einund<br />
Umsteiger, herausgegeben von Marianne<br />
Demmer, Bernhard Eibeck, Katrin Höhmann, Martina<br />
Schmerr. Mit finanzieller Unterstützung des BMBF.<br />
Wochenschau Verlag, Februar 2005, 12,80 Euro, erhältlich<br />
im Buchhandel. S. auch unter<br />
www.gew.de/Publikationen_Ganztagsschule.html oder<br />
www.abc-der-ganztagsschule.de.<br />
Weitere Literatur<br />
zum Thema<br />
● „Ein neuer Beruf? Lehrerinnen<br />
und Lehrer an Ganztagsschulen“.<br />
Hrsg.: Dieter Wunder. Unter Mitarbeit<br />
von Marianne Demmer, Ludwig<br />
Eckinger, Ulrich Herrmann, Ulrike Kirschner,<br />
Bernd Martens, Heinz-Peter<br />
Meidinger, Dieter Wunder, Ivo Züchner.<br />
Erschienen 2008 im Wochenschau-Verlag.<br />
Mitglieder und Funktionäre können<br />
dieses Buch gegen eine Schutzgebühr<br />
(Mitgliedsvorzugspreis) von<br />
acht Euro bestellen (Ladenpreis<br />
12,80 Euro). Das Buch (Art.-Nr.<br />
1305) ist ab elf Exemplaren im<br />
<strong>GEW</strong>-Shop (www.gew-shop.de) zu<br />
bestellen; Einzelexemplare sind<br />
über broschueren@gew.de erhältlich.<br />
● „Arbeitsplatz Ganztagsschule –<br />
pädagogisch wertvoll! Handreichung<br />
für die sozialpädagogische<br />
Arbeit an Ganztagsschulen.“<br />
Die Broschüre (Art.-Nr. 1277) kann<br />
ebenfalls im <strong>GEW</strong>-Shop (www.gewshop.de)<br />
ab fünf Exemplaren zum<br />
Einzelpreis von zwei Euro plus Versandkosten<br />
bestellt werden. Einzelexemplare<br />
gibt es zum Preis von fünf<br />
Euro inklusive Versandkosten über<br />
broschueren@gew.de.
Cartoon: Thomas Plaßmann<br />
„Dafür müssen wir kämpfen“<br />
E&W-Interview mit Ernst Dieter Rossmann, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion<br />
E &W: Herr Rossmann, viele freiberufliche<br />
Lehrkräfte in der Weiterbildung sind wütend<br />
auf die Politik. Im <strong>GEW</strong>-Schwarzbuch (s.<br />
Marginalspalte) schimpft eine Weiterbildnerin,<br />
selbst SPD-Mitglied: Für die Genossen<br />
reduzierten sich Bildungsthemen auf schulische<br />
Bildung. Was sagen Sie dieser Parteifreundin?<br />
Ernst Dieter Rossmann: Es gibt jetzt<br />
schon viele Mitstreiter in der SPD, die das<br />
anders sehen. Mit denen gilt es weiterkämpfen<br />
und so dazu beizutragen, dass<br />
Bildung nicht nur mit Schule oder Hochschule<br />
verbunden wird. Außerdem: die<br />
Gewerkschaften als wachsende Einflussgröße<br />
in der SPD mobilisieren. Schuldzuweisungen<br />
bringen uns aber nicht weiter.<br />
Im Übrigen sind erste Erfolge bereits<br />
erkennbar – etwa die Initiative des SPD-<br />
Bundestagsabgeordneten Olaf Scholz für<br />
den Mindestlohn in der Weiterbildung.<br />
E &W: Welche Chancen sehen Sie, dass die<br />
schwarz-gelbe Bundesregierung doch noch<br />
den Weiterbildungs-Branchentarifvertrag für<br />
allgemeingültig erklärt? Dann wäre der Weg<br />
frei für den Mindestlohn.<br />
Rossmann: Wir haben ja auch beim<br />
Mindestlohn für die Pflegebranche erlebt,<br />
dass die zuständige CDU-Ministerin,<br />
Ursula von der Leyen, lange zögerte.<br />
Bis sie erkannt hat, dass der Mindestlohn<br />
wichtig ist für die Qualität der Arbeit, für<br />
die Sicherheit der Beschäftigten. Es ist<br />
absolut notwendig, für Weiterbildung<br />
diesen Schlussstein noch in 2010 zu setzen.<br />
Dafür macht die SPD weiter Druck.<br />
E &W: Sie sind auch ehrenamtlicher Vorsitzender<br />
des Deutschen Volkshochschul-Verbandes.<br />
Wie sehen die Arbeitsbedingungen<br />
an den VHSn aus?<br />
Rossmann: Wir haben im Festanstellungsbereich<br />
eine angemessene Bezahlung.<br />
Bei den freien Kursleiterinnen<br />
und -leitern ist die Lage differenzierter<br />
zu sehen. Unter dem Dach der Volkshochschulen<br />
finden außerdem Sprachkurse<br />
für Migranten statt. Dort gibt es in<br />
„Sittenwidrig und menschenverachtend“<br />
<strong>GEW</strong>-Expertenrunde zur prekären Lage der Beschäftigten<br />
Teilen prekäre Arbeitsbedingungen. Das<br />
wissen wir. Und das ist bitter.<br />
E &W: Wie lässt sich das ändern?<br />
Rossmann: Für die Sprachkurse ist das<br />
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge<br />
(BAMF) und damit der Bundesinnenminister<br />
zuständig. Dort setzen wir<br />
uns für höhere Stundensätze ein. Die<br />
Volkshochschulen allgemein sind Sache<br />
der Kommunen. Wir müssen für eine<br />
bessere finanzielle Ausstattung der<br />
Kommunen sorgen. Deshalb braucht<br />
man eine Gewerbesteuer, die auch Arztpraxen<br />
und Rechtsanwaltskanzleien erfasst.<br />
Und: Die Kommunen brauchen<br />
generell mehr öffentliche Mittel über<br />
die Anhebung von Spitzensteuersätzen<br />
bei der Einkommensteuer. Die fließt ja<br />
bereits zu einem Teil in die Kommunen.<br />
Der Runde Tisch der <strong>GEW</strong> hat gezeigt:<br />
In der privat finanzierten Weiterbildung<br />
sind die Arbeitsbedingungen relativ gut.<br />
Dort, wo die Wirtschaft selbst <strong>Geld</strong> ausgibt,<br />
weiß sie also, dass Qualität ihren<br />
Preis hat. In der öffentlich finanzierten<br />
Weiterbildung muss es die gleichen<br />
Qualitäts- und Bezahlungsmaßstäbe geben.<br />
Dafür werden die Sozialdemokraten<br />
kämpfen.<br />
Interview: Matthias Holland-Letz,<br />
freier Journalist<br />
„Runder Tisch Weiterbildung“ am 17. September in Berlin: Die <strong>GEW</strong> präsentierte<br />
das Schwarzbuch „Beschäftigung in der Weiterbildung“* und diskutierte Missstände<br />
in der Branche mit Beschäftigten und Vertretern von Parteien, Gewerkschaften,<br />
Arbeitgebern und des Bundesarbeitsministeriums.<br />
„Sittenwidrig und menschenverachtend“ seien die Arbeitsbedingungen, machte<br />
Miriam Herrmann ihrem Unmut beim „Runden Tisch Weiterbildung“ Luft. Sie<br />
unterrichtet Migrantinnen und Migranten in München – als freiberufliche Lehrkraft<br />
für Deutsch als Fremdsprache (DaF). Eine anspruchsvolle, gesellschaftlich<br />
notwendige Aufgabe. Doch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge<br />
(BAMF) stellt dafür nur ein mageres Budget bereit. Die Folgen für bundesweit<br />
18000 DaF-Lehrkräfte: Nettoeinkommen pro geleisteter Arbeitsstunde von<br />
manchmal nur 3,50 Euro pro Stunde. Wer krank wird, bekommt kein <strong>Geld</strong>. Die<br />
Beiträge zur Sozialversicherung müssen die Lehrkräfte vollständig aus eigener<br />
Tasche aufbringen. Betriebsräte? Streikrecht? Fehlanzeige. „Wir sollen auch unterrichten,<br />
dass Deutschland ein Sozialstaat ist“, schimpfte Herrmann. „Ich werde<br />
jedes Mal rot dabei.“<br />
<strong>GEW</strong>-Weiterbildungsexpertin Stephanie Odenwald kündigte an, kurzfristig das<br />
Gespräch mit dem Deutschen Volkshochschul-Verband und dem BAMF zu suchen.<br />
„Pädagogische Arbeit muss anständig bezahlt werden“, forderte Odenwald.<br />
M. H.-L.<br />
WEITERBILDUNG<br />
Foto: imago<br />
Ernst Dieter<br />
Rossmann<br />
* Die Beschüre kann<br />
über den <strong>GEW</strong>-Shop<br />
bestellt werden, Best.-<br />
Nr. 1383 (www.gewshop.de,<br />
E-Mail:<br />
gew-shop@callagift.de,<br />
Fax: 06103-30332-20;<br />
Mindestbestellmenge<br />
zehn Stück, Einzelpreis<br />
zwei Euro).<br />
Im Internet unter:<br />
www.gew.de/Schwarz<br />
buch_Weiterbildung.html<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 25
Cartoon: Thomas Plaßmann<br />
BILDUNGSPOLITIK<br />
Politik duckt sich weg<br />
26 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Der neue OECD-Bildungsbericht erteilt der Bundesrepublik schlechte Noten<br />
In keinem anderen vergleichbaren Industriestaat<br />
ist laut dem jüngsten<br />
OECD-Bericht die Studienneigung<br />
unter den jungen Menschen so gering<br />
wie in Deutschland. Doch mit statistischen<br />
Tricks rechnet sich die deutsche<br />
Bildungspolitik die Situation schön.<br />
EinmalimJahrgehtaufdie<br />
Bildungspolitiker von Bund<br />
und Ländern ein Donnerwetter<br />
hernieder. Immer dann,<br />
wenn die Organisation für<br />
wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung (OECD) ihren<br />
jährlichen Bericht „Bildung auf einen<br />
Blick“ vorlegt, ist auf deutscher Seite<br />
wegducken, schweigen oder schnell von<br />
etwas ganz anderem reden angesagt. Dabei<br />
hat sich der kritische Befund der<br />
Wirtschaftsanalysten aus der Pariser<br />
OECD-Zentrale über das deutsche Bildungssystem<br />
in den vergangenen zwei<br />
Jahrzehnten kaum verändert: Nach wie<br />
vor gibt es zu viele Schulabbrecher und<br />
zu wenige Abiturienten. Von denen zu<br />
wenige dann auch den Weg in die Hochschule<br />
finden und erfolgreich ein Studium<br />
abschließen – vergleicht man die<br />
Bildungserfolgsquoten der Industrieund<br />
Exportnation Deutschland mit denen<br />
seiner wichtigsten Konkurrenten<br />
auf dem Weltmarkt.<br />
Fachkräftemangel<br />
Heute schon sind in Deutschland Lehrkräfte,<br />
Ärzte, Ingenieure und Naturwissenschaftler<br />
knapp. Fazit der OECD-<br />
Experten: Der deutsche Fachkräftemangel,<br />
insbesondere bei Hochqualifizierten,<br />
ist hausgemacht und wird in den<br />
kommenden Jahren noch dramatisch<br />
ansteigen. Auf Grund jahrelanger Versäumnisse<br />
hinkt Deutschland mit seinem<br />
Bildungssystem der internationalen<br />
Entwicklung meilenweit hinterher.<br />
OECD-Bildungskoordinator Andreas<br />
Schleicher sieht für die Bundesrepublik<br />
kaum noch Chancen, diesen Rückstand<br />
jemals aufzuholen.<br />
Zwar studieren heute in Deutschland so<br />
viele junge Menschen wie noch nie: 25<br />
Prozent eines Jahrgangs erwerben laut<br />
OECD-Bericht einen akademischen<br />
Abschluss. Doch im Schnitt der anderen<br />
Industrienationen sind dies inzwischen<br />
schon 38 Prozent.<br />
Während in vielen mit Deutschland<br />
konkurrierenden OECD-Staaten in den<br />
vergangenen Jahren die Zahl der Beschäftigten<br />
mit akademischem Abschluss<br />
fast explosionsartig in die Höhe<br />
schnellte, expandierte das deutsche<br />
Hochschulsystem im internationalen<br />
Vergleich allenfalls im Schneckentempo.<br />
Zwischen 1998 und 2008 stieg im<br />
Schnitt der 30 wichtigsten Industrienationen<br />
die Zahl der Erwerbstätigen mit<br />
Hochschulabschluss pro Jahr um 4,6<br />
Prozent – in Deutschland dagegen nur<br />
um 0,9 Prozent.<br />
Schavans Monstranz<br />
Dabei haben sich inzwischen nicht nur<br />
die Finanzminister von Bund und Ländern<br />
allerlei statistische Tricks einfallen<br />
lassen, um die deutschen Bilanzen bei
Bildung und Forschung mit eigenen,<br />
vom internationalen Standard abweichenden<br />
Berechnungsarten zu schönen.<br />
Bundesbildungsministerin Annette Schavan<br />
(CDU) und die meisten Kultusminister<br />
wollen dem nicht nachstehen und<br />
rechnen sich nun auch die Studierquoten<br />
passend. Wie eine Monstranz trägt<br />
Schavan derzeit die Botschaft vor sich<br />
her, dass in Deutschland 43 Prozent eines<br />
Jahrganges ein Studium aufnehmen.<br />
Nach den internationalen StatistikkriterienderOECDgerechnetsindesjedoch<br />
allenfalls 36 bis 38 Prozent.<br />
Der im Juni veröffentlichte deutsche Bildungsbericht<br />
von Bund und Ländern (s.<br />
E&W 7-8/2010) gibt erstmals versteckt<br />
Aufschluss darüber, wie diese Diskrepanz<br />
zustande kommt. Während in internationalen<br />
Statistiken bei der Berechnung<br />
der Studierquoten nur die Zahl der<br />
so genannten Bildungsinländer unter<br />
den Studienanfängern mit den entsprechenden<br />
Altersjahrgängen verglichen<br />
wird, werden bei der deutschen Statistik<br />
seit einigen Jahren alle Gaststudenten<br />
hinzugezählt – gleich, ob sie aus EUoder<br />
anderen Staaten kommen. Nur:<br />
Ein Großteil dieser ausländischen Studierenden<br />
wird wegen des immer noch<br />
rigiden deutschen Ausländer- und Zuwanderungsrechts<br />
auf dem deutschen<br />
Arbeitsmarkt nie Beschäftigung finden –<br />
und somit zur Schließung der Fachkräftelücke<br />
keinen Beitrag leisten können.<br />
Laut der jüngsten OECD-Analyse ist<br />
trotz der Wirtschaftskrise in Deutschland<br />
wie in fast allen anderen Industrienationen<br />
der Akademiker-Bedarf weiter<br />
gestiegen. „Es gibt keine Sättigung, der<br />
Ruf nach Höherqualifizierung auf dem<br />
Arbeitsmarkt hält weltweit an“, erläuterte<br />
der deutsche OECD-Vertreter Heino<br />
von Meyer bei der Präsentation.<br />
Dabei hat die weltweite Expansion der<br />
Hochschulabsolventenzahlen das durchschnittliche<br />
Akademikereinkommen<br />
kaum geschmälert. In Deutschland verdient<br />
ein Akademiker laut OECD-Bericht<br />
im Schnitt 67 Prozent mehr als ein<br />
Beschäftigter mit betrieblicher Ausbildung.<br />
In kaum einer anderen Nation ist<br />
der Gehaltsabstand so groß.<br />
In Deutschland gehen in den nächsten<br />
Jahren geburtenstarke Jahrgänge in Rente<br />
– die „Kinder der Bildungsexpansion“,<br />
die Ende der 1960er- und in den 1970er-<br />
Jahren studiert haben. Doch mit seinen<br />
aktuellen Studierendenzahlen wird<br />
Deutschland diese ausscheidenden Fachkräfte<br />
kaum ersetzen können, schreibt<br />
die OECD den deutschen Bildungspolitikern<br />
in ihr Jahreszeugnis. Erneutes Fazit:<br />
Versetzung extrem gefährdet.<br />
Max Loewe, Bildungsjournalist<br />
Foto: Kay Herschelmann<br />
Kürzungspolitik<br />
ist schädlich<br />
<strong>GEW</strong>-Kommentar: „Bildungsrepublik Deutschland bleibt Fata Morgana“<br />
Die „BildungsrepublikDeutschland“<br />
wird eine Fata<br />
Morgana bleiben.<br />
Allen Rechentricks<br />
der Finanzminister,Sonntagsreden<br />
der Politiker<br />
und Bildungsgipfeln<br />
der<br />
Ulrich Thöne Regierenden zum<br />
Trotz: Im internationalen<br />
Vergleich bestätigt sich, wie die<br />
aktuelle OECD-Studie „Bildung auf einen<br />
Blick“ zeigt, dass Bund und Länder<br />
sich seit vielen Jahren hartnäckig weigern,<br />
den Bildungsbereich ausreichend<br />
und angemessen zu finanzieren.<br />
Nach OECD-Angaben hat Deutschland<br />
2007 lediglich 4,7 Prozent seines<br />
Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Bildung<br />
ausgegeben. Unter den OECD-<br />
Ländern rangiert die Bundesrepublik<br />
damit nur noch vor der Slowakei,<br />
Tschechien und Italien. Zur Erinnerung:<br />
Angesichts der mit diesen Zahlen<br />
verbundenen gravierenden Mängel<br />
im deutschen Bildungssystem<br />
wurde im Herbst 2008 auf dem ersten<br />
Bildungsgipfel von Bund und Ländern<br />
in Dresden beschlossen, die<br />
Ausgaben für Bildung und Forschung<br />
bis 2015 auf zehn Prozent des BIP anzuheben<br />
(s. E&W 11/2008) – für die<br />
Bildung wurde eine Zielgröße von<br />
sieben Prozent des BIP angepeilt. Auf<br />
Basis der OECD-Zahlen hätte das bedeutet<br />
– und so wurde es zunächst<br />
auch öffentlich suggeriert –, jährlich<br />
mindestens 40 Milliarden Euro mehr<br />
in Kitas, Schulen, Hochschulen und<br />
die Weiterbildung zu investieren. Wer<br />
unter dieser von der Bundesregierung<br />
selbst gewählten Messlatte vorsätzlich<br />
und wissentlich zum wiederholten<br />
Mal durchspringt, verliert Glaubwürdigkeit.<br />
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) versprach<br />
noch im Juni beim dritten<br />
„Gipfeltreffen“ mit den Ministerpräsidenten<br />
in Berlin (s. E&W 7-8/2010),<br />
in jedem Fall dafür zu sorgen, dass in<br />
allen Regionen mehr öffentliche Gel-<br />
der in die Bildung fließen sollten, obwohl<br />
das Desaster schon eingetreten<br />
war. Die gravierende Unterfinanzierung<br />
der Bildung besteht fort und<br />
wird noch durch weitere Einsparungen<br />
flankiert. Statt mehr Studierende<br />
zu gewinnen, droht selbst die bescheidene<br />
BAföG-Reform endgültig zu<br />
scheitern (s. E&W 9/2010 und Seite<br />
4). Statt mehr Lehrkräfte auszubilden<br />
und einzustellen, wird beispielsweise<br />
im Saarland mit abgesenkter Eingangsbesoldung<br />
der Beamten kräftig<br />
weiter vom Lehramtsstudium abgeschreckt:<br />
statt den Kita-Ausbau zügig<br />
voranzutreiben, stellen viele Kommunen<br />
die gesetzlich schon beschlossene<br />
Ausweitung aufgrund fehlender<br />
Finanzen und mangelnder Fachkräfte<br />
in Frage. Die Kette der Versäumnisse<br />
ist lang. Dabei liegen die Rezepte, wie<br />
sich die Finanznot öffentlicher Haushalte<br />
abwenden ließe, auf der Hand.<br />
Fakt ist: Der Staat benötigt zur Finanzierung<br />
notwendiger Investitionen im<br />
Bildungssystem, aber auch in den Bereichen<br />
Arbeit und Umwelt sowie zur<br />
Sicherung eines leistungsfähigen Sozialstaates<br />
mehr <strong>Geld</strong>. Mehreinnahmen<br />
ließen sich durch eine umfassende<br />
Reform des Steuersystems beschaffen,<br />
indem z. B. der Spitzensteuersatz<br />
und die Körperschaftsteuer angehoben<br />
werden und Kapitaleinkommen<br />
und Dividenden mit individuellem<br />
Einkommensteuertarif vollständig<br />
besteuert werden. Unabdingbar ist<br />
ferner, die Vermögen- und Transaktionsteuer<br />
einzuführen. Unabdingbar<br />
auch, diejenigen stärker zu besteuern,<br />
die mit ihrem Kapitalvermögen die<br />
Krise überhaupt erst ausgelöst haben.<br />
Und: Politik muss endlich erkennen,<br />
dass ihre Spar- und Kürzungspolitik<br />
falsch ist. Sie schwächt den öffentlichen<br />
Sektor anstatt ihn zu stärken.<br />
Letzteres aber wäre volkswirtschaftlich<br />
doppelt vernünftig, weil mehr<br />
Qualifizierung nötig ist und mit öffentlichen<br />
Aufträgen ein deutlicher<br />
Beitrag geleistet würde, die wirtschaftliche<br />
Krise zu bekämpfen.<br />
Ulrich Thöne, <strong>GEW</strong>-Vorsitzender<br />
BILDUNGSPOLITIK<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 27
Foto: dpa<br />
BILDUNGSPOLITIK<br />
Jürgen Baumert<br />
„Die Schwächsten brauche<br />
28 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
E&W-Gespräch mit dem Bildungsforscher Jürgen Baumert<br />
Anlässlich der Emeritierung von<br />
Jürgen Baumert, bekannt geworden<br />
als „Mr. PISA“, sprach E&W mit dem<br />
ehemaligen Direktor des Max-Planck-<br />
Instituts für Bildungsforschung (MPI)<br />
in Berlin über soziale Ungleichheit<br />
zehn Jahre nach dem PISA-Schock.<br />
E &W: Herr Baumert, mit Blick auf den ersten<br />
PISA-Befund, bei dem der Zusammenhang<br />
von Schulerfolg und sozialer Herkunft<br />
die Nation schockierte, wo stehen wir heute?<br />
Fest steht: Noch immer hat ein Busfahrerkind<br />
bei gleichen Leistungen erheblich geringere<br />
Chancen, ein Gymnasium zu besuchen,<br />
als das Kind eines Studienrats.<br />
Jürgen Baumert: Dennoch hat sich die<br />
Situation im Vergleich zum Jahr 2000<br />
erheblich verändert. Noch in den<br />
1990er-Jahren war eine Mehrheit der<br />
Bildungspolitiker und der Öffentlichkeit<br />
der Meinung, Deutschland habe<br />
nicht nur ein erfolgreiches, sondern<br />
auch ein relativ leistungsgerechtes Bildungssystem.<br />
Heute ist Gerechtigkeit in<br />
der Bildung ein öffentliches Thema, mit<br />
dem man Wahlen verlieren kann. PISA<br />
hat der Öffentlichkeit die Augen geöffnet<br />
und der Bildungspolitik das Deutungsmonopol<br />
genommen.<br />
E &W: Worauf führen Sie die hohe öffentliche<br />
Aufmerksamkeit zurück?<br />
Baumert: PISA hat das Ausmaß der sozialen<br />
Disparitäten der Bildungsbeteiligung<br />
quantitativ verlässlich beschrieben<br />
und zugleich gezeigt, dass beim Kompetenzerwerb<br />
soziale Ungleichheiten eine<br />
große Rolle spielen. Dadurch wurde es<br />
zum ersten Mal möglich, Bildungsarmut<br />
inhaltlich, sozial und institutionell<br />
zu beschreiben. Das heißt: In welchen<br />
Bereichen wird eine für die gesellschaftliche<br />
Teilhabe notwendige Grundbildung<br />
unterschritten? Wer verfehlt die<br />
Mindeststandards? Und in welchen<br />
Schulformen oder Bundesländern werden<br />
Voraussetzungen für eine zukunftsfähige<br />
Berufsausbildung in welchem<br />
Maße nicht erreicht? Der internationale<br />
Vergleich belegte schließlich, dass in keinem<br />
OECD-Staat die Kopplung von<br />
sozialer Herkunft und Kompetenzerwerb<br />
so eng war wie in Deutschland.<br />
Nur in wenigen Vergleichsländern hatte<br />
Bildungsarmut einen ähnlichen Umfang.<br />
Bildungsarmut zu reduzieren,<br />
wurde zur größten gesellschaftlichen<br />
Herausforderung. Hier liegt heute noch<br />
der größte Handlungsbedarf.<br />
E &W: Im Vergleich zu Deutschland gelingt<br />
es den Finnen offensichtlich, soziale Unterschiede<br />
leistungsmäßig besser zu kompensieren.<br />
Warum?<br />
Baumert: Der flachere soziale Gradient,<br />
den Finnland bei PISA erzielte, d. h. der<br />
Indikator, der die Abhängigkeit der Testleistung<br />
von der sozialen Herkunft anzeigt,<br />
ist im Vergleich zur Bundesrepublik<br />
sicherlich zum Teil auf die unterschiedliche<br />
Sozial- und Zuwanderungsstruktur<br />
zurückzuführen. Aber wahrscheinlich<br />
spielen auch pädagogische<br />
Überzeugungen und entsprechende organisatorische<br />
Maßnahmen eine Rolle.<br />
Eine Mentalität des Abschiebens, die<br />
sich in Deutschland in hohen Sitzenbleiberquoten<br />
ausdrückt, existiert in<br />
Finnland nicht. Dementsprechend besser<br />
sind Frühdiagnosen und Frühförderung<br />
organisiert. Förderung ist individueller<br />
und zielgerichteter. Sonderpädagogen<br />
und Psychologen arbeiten in der<br />
Schule mit. Man muss nicht auf die Kinder-<br />
und Jugendhilfe warten, bis das<br />
Kind in den Brunnen gefallen ist. Die<br />
finnischen Pädagogen haben außerdem<br />
die Möglichkeit, Kinder mit gravierenden<br />
Problemen zusätzlich individuell<br />
zu fördern. Jedes Kind zählt.<br />
E &W: Das Beispiel Finnlands zeigt, dass<br />
durch ein längeres gemeinsames Lernen aller<br />
Kinder die Schulleistung nicht mehr so stark<br />
von der sozialen Herkunft abhängig ist.<br />
Baumert: Die verfügbaren Befunde legen<br />
bislang Folgendes offen: In den<br />
Fächern Mathematik, Naturwissenschaften<br />
oder Fremdsprachen geht die<br />
Leistungsentwicklung an den verschiedenen<br />
Sekundarschulen in Deutschland<br />
auseinander – und zwar auch dann,<br />
wenn beim Übergang die unterschiedlichen<br />
Leistungen zunächst konstant<br />
sind. Der Grund: Die Entwicklungsmilieus<br />
sind ganz andere – und damit auch<br />
ihr Fördereffekt. Das hängt sicher sowohl<br />
mit der unterschiedlichen sozialen<br />
Zusammensetzung der Schülerschaft als<br />
auch mit institutionellen Merkmalen zusammen:<br />
Curriculum, didaktische Tradition<br />
und die unterschiedliche Qualifikation<br />
der Lehrkräfte. Deshalb vergrößern<br />
sich herkunftsbedingte Kompe-<br />
tenzunterschiede. Wie sich die Gewinne<br />
und möglicherweise Kosten dieser Leistungsspreizung<br />
im Vergleich zur einheitlichen<br />
Grundschule aber im Einzelnen<br />
verteilen, dazu gibt es bislang – streng genommen<br />
– nur Vermutungen.<br />
E &W: Vor diesem Hintergund: Haben die<br />
Länder – mit Blick auf die sieben Aufgabenfelder,<br />
die die Kultusministerkonferenz<br />
(KMK) benannt hat – ihre PISA-Lektion<br />
gelernt? Fakt ist: Jedem fünften 15-Jährigen<br />
mangelt es auch heute noch an Basiskompetenzen<br />
in Rechnen und Schreiben. Die jungen<br />
Menschen verlassen die Schule ohne Grundausstattung<br />
für einen zukunftsfähigen Beruf.<br />
Da sind wir im Jahr 2010 doch keinen Schritt<br />
weitergekommen!<br />
Baumert: Doch, gerade hier zeigen sich<br />
erste Verbesserungen. Und es gibt auch<br />
Hinweise auf einen bemerkenswerten<br />
pädagogischen Mentalitätswandel: Die<br />
Sitzenbleiberquoten gehen gerade in<br />
den auffälligsten Ländern – etwa in Bremen<br />
– zurück. Denn: <strong>Kein</strong>e Schule<br />
kann mehr stolz auf ihre Selektionsleistung<br />
sein.<br />
E &W: Sie vertreten die These, dass die<br />
schwächsten Schüler die besten Lehrerinnen<br />
und Lehrer bräuchten.<br />
Baumert: Ja. Unterrichtliches Können<br />
beweist sich vor allem dann, wenn Verständnisschwierigkeiten<br />
und Motivationsprobleme<br />
bei Schülerinnen und<br />
Schülern auftreten. Je schwächer<br />
Schüler sind, desto größer muss das<br />
fachdidaktische Repertoire einer Lehrkraft<br />
sein. Dies gilt nicht nur für eine respektvolle<br />
Unterstützung bei Lernschwierigkeiten,<br />
sondern auch und gerade<br />
bei Motivationsproblemen. Der Funke<br />
springt nur, wenn das Interesse am<br />
fachlichen Inhalt geweckt wird. Dies gelingt<br />
nicht allein durch einen Wechsel<br />
der Sozialformen und persönlichen Zuwendung,<br />
sondern auch durch Vielfalt<br />
der Methoden und Erklärungen.<br />
E &W:WelcheLehrkräfteschwebenIhnenvor?<br />
Baumert: Wir brauchen Lehrkräfte, die<br />
fachlich, fachdidaktisch und allgemeinpädagogisch<br />
sowie psychologisch gleich<br />
gut ausgebildet sind. Die Befunde aus<br />
der an PISA-2003 angekoppelten Längsschnittuntersuchung<br />
von Mathematiklehrkräften<br />
(COACTIV) zeigten, dass<br />
Gymnasiallehrkräfte Pädagoginnen und
n die besten Lehrkräfte“<br />
Pädagogen anderer Ausbildungsgänge<br />
fachlich und fachdidaktisch überlegen<br />
sind. Dieser Qualifikationsvorsprung<br />
ermöglichte einen kognitiv anregenden<br />
und gleichzeitig unterstützenden Unterricht,<br />
der für größere Leistungsfortschritte<br />
an den Gymnasien sorgte. Die<br />
große PISA-Stichprobe, die diesen<br />
Nachweis erbrachte, war dafür besonders<br />
geeignet. Denn es beteiligten sich<br />
viele Klassen an Gymnasien und anderen<br />
Sekundarschulen, die sich nicht in<br />
den Eingangsvoraussetzungen, jedoch<br />
in der Qualifikation der Lehrkräfte unterschieden.<br />
Die Folge: abweichende<br />
Lernresultate der Schüler. Ergebnisse<br />
übrigens, die kürzlich durch eine Referendariatsstudie<br />
(COACTIV-R*) und<br />
eine internationale Vergleichsstudie<br />
(TEDS-M**) eindrucksvoll bestätigt<br />
wurden. Im allgemein-pädagogischen<br />
Wissen und Können deuteten sich dagegen<br />
leichte Vorteile der Nichtgymnasiallehrkräfte<br />
an. Sie kompensierten aber<br />
fachliche und fachdidaktische Mängel<br />
nicht. Was wiederum nicht heißt, dass<br />
die Gymnasiallehrerausbildung die beste<br />
aller denkbaren ist.<br />
E &W: Damit treten sie den pädagogisch<br />
und fachlich engagierten Haupt- und Realschullehrkräften<br />
aber gewaltig auf den<br />
Schlips!<br />
Baumert: Ja, ein Tabu, das jetzt glücklicherweise<br />
gleich mehrfach gebrochen<br />
wurde. Die „Friedensformel“ der Lehrerverbände,<br />
Gymnasiallehrkräfte mögen<br />
die besseren Fachwissenschaftler sein,<br />
aber die eigentlichen Pädagogen finde<br />
man an den anderen Sekundarschulen,<br />
ist ebenso falsch wie das Bonmot, an<br />
Gymnasien würden Fächer und an den<br />
anderen Schulen Kinder und Jugendliche<br />
unterrichtet. Der gediegene und variationsreiche<br />
Fachunterricht ist der<br />
Schlüssel zum Kompetenzerwerb – im<br />
Übrigen auch zum Erwerb so genannter<br />
Schlüsselqualifikationen, und zwar an<br />
allen Schulformen. Deshalb ist das kurze<br />
und daher unzureichende fachwissenschaftliche<br />
sowie fachdidaktische Studium<br />
für Realschul-, Grund- und Hauptschullehrkräfte<br />
eine der großen Bruchstellen,<br />
die man beseitigen muss, will<br />
man das Schulsystem vereinfachen.<br />
E &W: Welchen Weg schlagen Sie für die<br />
Lehrerausbildung vor?<br />
Foto: dpa<br />
Baumert: NRW geht den richtigen<br />
Weg. Das heißt: eine einheitliche Ausbildungsstruktur<br />
und Studiendauer,<br />
Masterabschluss, vergleichbare fachliche<br />
Ansprüche bei unterschiedlichen<br />
Akzenten. Wenn das langfristig angestrebte<br />
Bildungsziel für alle Schülerinnen<br />
und Schüler der mittlere Abschluss<br />
sein soll, benötigt die Mittelstufe gleich<br />
qualifizierte Pädagoginnen und Pädagogen<br />
für alle Sekundarschulen.<br />
E &W: Dann wäre für eine inklusive Schule<br />
eine einheitliche Lehrerausbildung zwingend.<br />
Baumert: Man kann die Reform der<br />
Schulstruktur – also das Schulsystem zu<br />
vereinfachen – nicht getrennt vom Umbau<br />
der Lehrerausbildung denken. Ob<br />
man beides gleichzeitig umsetzen kann,<br />
ist eine politische Frage. Aber es nicht<br />
gleichzeitig zu denken, ist ein strategischer<br />
Fehler.<br />
E &W: Sie haben in einer aktuellen Hauptschulstudie<br />
darauf hingewiesen, dass immerhin<br />
16 Prozent der Hauptschulen im Bundesdurchschnitt<br />
schwierige Schulmilieus haben.<br />
Besonders düster ist die Lage in den Hauptschulen<br />
in Bremen, Hamburg, Hessen und<br />
NRW. Sind Hauptschulen noch zu verantworten,<br />
wenn sie viele junge Menschen ohne<br />
Berufsperspektiven ins Leben entlassen?<br />
Baumert: Langfristig bin ich überzeugt,<br />
dass der Hauptschulabschluss nicht bestandsfähig<br />
ist. Außerdem: Alle Länder<br />
tendieren auch aus demografischen<br />
Gründen zur Zweigliedrigkeit. Die meisten<br />
Länder erweitern tendenziell das<br />
Angebot schulischer Bildungsgänge im<br />
Sekundarstufenbereich II, um mehrere<br />
Zugänge zur Hochschulreife bereitzustellen.<br />
Das sind pragmatische Wege,<br />
das Schulwesen zu öffnen. Sie verzichten<br />
auf einen „Kulturkampf“ mit dem<br />
Bildungsbürgertum und verändern<br />
trotzdem das System.<br />
BILDUNGSPOLITIK<br />
* COACTIV-R: Eine<br />
Studie zum Erwerb professioneller<br />
Kompetenz<br />
von Lehramtsanwärtern<br />
während des Vorbereitungsdienstes<br />
(s. auch<br />
im Internet unter:<br />
www.mpib-berlin.<br />
mpg.de/de/forschung/eub/<br />
projekte/coactiv_r.html)<br />
** TEDS-M: Teacher<br />
Education and Development<br />
Study in Mathematics.<br />
TEDS-M untersucht<br />
das mathematische,mathematikdidaktische<br />
und erziehungswissenschaftlicheWissen<br />
sowie die professionellen<br />
Überzeugungen<br />
und die Lerngelegenheiten<br />
angehender Mathematiklehrkräfte<br />
der Primarstufe<br />
und der Sekundarstufe<br />
I (s. auch<br />
im Internet unter:<br />
http://tedsm.huberlin.de/)<br />
„Der Anteil leistungsschwacher<br />
Jugendlicher liegt<br />
in Deutschland<br />
nicht bei vier Prozent,<br />
sondern bei<br />
einem Vielfachen.<br />
Deshalb muss es<br />
für diese Gruppe<br />
eine kontinuierliche,<br />
biografisch<br />
orientierte, individuelleFörderung<br />
geben.“<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 29
BILDUNGSPOLITIK<br />
E &W: Wenn man die Hauptschule abgeschafft<br />
hat, heißt das noch nicht, dass der<br />
Hauptschulabschluss wegfällt.<br />
Baumert: Letztlich ist immer die Frage<br />
entscheidend, welche Kompetenz hinter<br />
einem Abschluss steht. Die Entkoppelung<br />
von Kompetenz und Zertifikat<br />
kann eine gewisse Zeit gutgehen, wenn<br />
die Abnehmer im Vertrauen auf das Zertifikat<br />
nicht genau auf die Qualifikation<br />
schauen. In zukunftsfähigen Berufen ist<br />
das jedoch längst nicht mehr der Fall.<br />
Dieses Problem löst man nicht mit einem<br />
einheitlichen Abschluss, sondern nur<br />
mit verbesserter Schulbildung für alle<br />
Heranwachsenden, die beim Erwerb der<br />
Basiskompetenzen scheitern und dennoch<br />
einen Abschluss erhalten. Für den<br />
Ausbildungserfolg zählt die Kompetenz.<br />
E &W: Wie können Politik und Schule leistungsschwächere<br />
Schüler besser fördern, sodass<br />
sie nicht als Hartz IV-Empfänger enden?<br />
Baumert: Der Anspruch der Bildungspolitik<br />
und aller Lehrenden muss doch<br />
sein, die gesamte nachwachsende Generation<br />
zur gesellschaftlichen Teilhabe zu<br />
befähigen. Gleichzeitig muss man sich<br />
klarmachen, dass es immer eine relativ<br />
kleine Gruppe junger Menschen geben<br />
wird, etwa zwischen drei und vier Prozent<br />
des Altersjahrgangs, die dauerhafter<br />
Fürsorge bedürfen. Das Problem:<br />
Der Anteil leistungsschwacher Jugendlicher<br />
liegt in Deutschland nicht bei vier<br />
Prozent, sondern bei einem Vielfachen.<br />
Deshalb muss es für diese Gruppe eine<br />
kontinuierliche, biografisch orientierte,<br />
individuelle Förderung geben – und<br />
zwar so früh wie möglich.<br />
E &W: Ganz konkret: Wie lässt sich Bildungsarmut<br />
vermindern?<br />
Baumert: Es gibt keine durchschlagende<br />
Einzelmaßnahme. Verlangt sind kontinuierliche<br />
Aufmerksamkeit für Entwicklungsrisiken<br />
und auftretende Schwierigkeiten<br />
sowie schnelle Hilfe ohne Zuständigkeitsprobleme.<br />
In der Verantwortung<br />
stehen Kinder- und Familienhilfe ebenso<br />
wie die Krippe, der Kindergarten und die<br />
Schule. Für wirksame Hilfen sind zusätzliche,<br />
oft individuelle Betreuungs- und<br />
Lernzeiten sowie zusätzliche, auch unterschiedliche<br />
Personalressourcen notwendig.<br />
Bei einem begrenzten Budget ist das<br />
nur durch finanzielle Umverteilung und<br />
ungleiche Ausstattung der Bildungseinrichtungen<br />
je nach Bedarf vorstellbar. Alle<br />
Maßnahmen, die Mittel mit der Gießkanne<br />
verteilen, sind kontraproduktiv.<br />
Interview: Helga Haas-Rietschel,<br />
Redakteurin der „Erziehung und Wissenschaft“<br />
30 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Testlauf<br />
Saarland plant drastische Einschnitte im öffentlichen Dienst<br />
Derzeit brodelt es unter den Lehrkräften<br />
im Saarland. Die Gewerkschaften<br />
des öffentlichen Dienstes befürchten,<br />
dass die Landesregierung kräftig am<br />
Personaletat sparen werde, damit das<br />
Land seine Verpflichtungen aus der<br />
Schuldenbremse (s. unten) einhalten<br />
kann. Geplant ist u.a., die Eingangsbesoldung<br />
im gehobenen und höheren<br />
Dienst ab 2011 zu senken.<br />
Die Schuldenbremse nötigt<br />
das Saarland, sein strukturelles<br />
Haushaltsdefizit, das<br />
in diesem Jahr bei 800 Millionen<br />
Euro liegt, bis 2020<br />
auf Null zu reduzieren.<br />
Konkret: Ab dem Haushaltsjahr 2011<br />
müssen deshalb pro Jahr 80 Millionen<br />
Euro eingespart werden. Falls dies nicht<br />
gelingt, entzieht der Bund dem Land die<br />
Strukturhilfen (Sonderzuweisungen) in<br />
Höhe von 265 Millionen Euro. Für 2011<br />
ist nach den Plänen der Landesregierung<br />
ein Sparbeitrag des öffentlichen Dienstes,<br />
der 40 Prozent des Gesamthaushalts<br />
ausmacht, von 30 Millionen Euro<br />
einkalkuliert. <strong>Geld</strong> einsparen will die Jamaika-Regierungskoalition<br />
durch folgende<br />
Maßnahmen:<br />
● Nullrunde für Beamte und Versorgungsempfänger,<br />
das Gleiche wird als<br />
Ergebnis der Tarifrunde im Frühjahr<br />
kommenden Jahres für die Tarifbeschäftigten<br />
erwartet;<br />
● Einführung einer Kostendämpfungspauschale<br />
in der Beihilfe mit sozialer<br />
Staffelung;<br />
● geringere Eingangsbesoldung im gehobenen<br />
und höheren Dienst um eine<br />
Stufe für zwei Jahre;<br />
● einjährige Wiederbesetzungssperre<br />
bei freiwerdenden Stellen (Ausnahme:<br />
Lehrkräfte, Polizei, Justizvollzug, Finanzbeamte,<br />
Richter);<br />
● Halbierung des Beförderungsbudgets<br />
von zwei auf eine Million.<br />
Der Plan, die Eingangsbesoldung im gehobenen<br />
und höheren Dienst abzusenken,<br />
trifft fast ausschließlich Lehrerinnen<br />
und Lehrer. Grund- und Hauptschullehrkräfte,<br />
bisher nach Besoldungsgruppe<br />
A12 eingestellt, sollen ab<br />
2011 nach A11 eingruppiert, Lehrkräfte<br />
an Realschulen, Gymnasien, Förderschulen<br />
und beruflichen Schulen sollen<br />
nach A12 statt nach A13 besoldet werden.<br />
Die Absenkung war ursprünglich<br />
für eine Dauer von drei Jahren geplant;<br />
nach Beratungen im Kabinett sind jetzt<br />
zwei Jahre anvisiert. Die Sparmaßnahmen<br />
sollen über eine Änderung des saarländischen<br />
Besoldungsgesetzes, d.h.<br />
mit der Verabschiedung des Landeshaushalts<br />
2011 Anfang Dezember beschlossen<br />
worden. Für die Versorgung<br />
der Schulen mit ausgebildeten Lehrkräften<br />
ist das ein verheerendes Signal: Man<br />
erwartet einen deutlichen Bewerberrückgang<br />
für den Schuldienst. Gerade<br />
in den Mangelfächern sowie im berufsbildenden<br />
Bereich wird geeignetes<br />
Personal künftig schwer zu finden sein.<br />
Viele Referendare haben bereits angekündigt,<br />
dass sie im nächsten Jahr in<br />
andere Bundesländer abwandern wollen.<br />
Der grüne Bildungsminister Klaus<br />
Kessler bestätigte gegenüber E&W,essei<br />
richtig, dass es von Seiten des Finanzministeriums<br />
einen Prüfantrag gebe, wie<br />
viel sich im Personaletat des öffentlichen<br />
Dienstes einsparen ließe, wenn<br />
man die Einstiegsgehälter im Lehrerberuf<br />
absenke. Beschlossen sei aber noch<br />
nichts. Für die derzeit beschäftigten<br />
Lehrerkräfte soll sich nach Angaben<br />
Kesslers am bestehenden Gehalts- und<br />
Besoldungsgefüge nichts ändern. Man<br />
muss jedoch kein Prophet sein, um zu<br />
erkennen, dass das Saarland mit diesen<br />
drastischen Einschnitten einen Testlauf<br />
probt. Zumindest für jene Bundesländer,<br />
die aufgrund der Schuldenbremse<br />
zu immensen Haushaltskürzungen gezwungen<br />
sind. Mittelfristig sieht die<br />
<strong>GEW</strong> Saarland nur eine Lösung: Die<br />
Schuldenbremse muss weg und die Einnahmeseite<br />
der Landeshaushalte verbessert<br />
werden.<br />
Willi Schirra, Geschäftsführer<br />
der <strong>GEW</strong> Saarland<br />
Schuldenbremse<br />
Die Schuldenbremse ist Anfang 2009 von der<br />
Föderalismuskommission beschlossen und danach<br />
im Grundgesetz verankert worden. Die Folge:<br />
Der Bund darf sich ab 2016 nur mit 0,35 Prozent<br />
des Bruttoinlandsproduktes (BIP) pro Jahr<br />
neu verschulden. Die Bundesländer sind verpflichtet,<br />
bis 2020 bei der Nettokreditaufnahme<br />
die Null-Prozent-Marke zu erreichen. Das zwingt<br />
die Länder bereits im kommenden Jahr zu massiven<br />
Einsparungen. Strukturschwache wie das<br />
Saarland erhalten Sonderzuweisungen. hari
Foto: Privat<br />
„<strong>Kein</strong>e Unterstützung“<br />
E&W-Interview mit dem saarländischen Bildungsminister Klaus Kessler<br />
Klaus Kessler<br />
war von<br />
1992 bis<br />
2009 <strong>GEW</strong>-<br />
Vorsitzender<br />
im Saarland.<br />
Als die Jamaika-Koalition<br />
im Oktober<br />
2009 an<br />
Klaus Kessler die Regierung<br />
kam, übernahm<br />
der Politiker der Grünen das<br />
Amt des Bildungsministers. Vor wenigen<br />
Tagen scheiterte eines seiner wichtigsten<br />
Vorhaben: die gemeinsame<br />
Grundschulzeit aller Kinder um ein<br />
Jahr zu verlängern.<br />
E &W: Herr Minister Kessler, warum ist<br />
das längere gemeinsame Lernen im Saarland<br />
gescheitert?<br />
Klaus Kessler: An der Landesregierung<br />
hat es nicht gelegen. Ich bin weiterhin<br />
der Überzeugung, dass Schülerinnen<br />
und Schüler möglichst lange gemeinsam<br />
lernen sollten. Die einzelnen<br />
Schulformen sind im Saarland in der<br />
Verfassung festgeschrieben, in einer Zusatzerklärung<br />
auch deren Länge. Um<br />
dies zu ändern, hätten wir die Stimmen<br />
der Opposition gebraucht. Sowohl SPD<br />
als auch Linke haben klar gesagt, dass sie<br />
dafür nicht zu gewinnen sind. Die Absage<br />
der SPD kam, ohne dass die Fraktion<br />
überhaupt mit uns gesprochen oder verhandelt<br />
hätte. Das hat mich schon gewundert.<br />
Offenbar geht es dabei um<br />
parteitaktische Erwägungen und nicht<br />
um Inhalte.<br />
E &W: Es gab aber auch konstruktive Kritik.<br />
Zum Beispiel: Ihr Modell sei halbherzig.<br />
Sie wollten nur ein fünftes gemeinsames<br />
Grundschuljahr, kein sechstes. Das sei unzureichend,<br />
sagte etwa die <strong>GEW</strong> im Saarland.<br />
Kessler: Ich persönlich halte sechs gemeinsame<br />
Jahre für sinnvoll. Doch das<br />
wäre mit unseren Koalitionspartnern<br />
von CDU und FDP nicht zu machen gewesen.<br />
Und in der Öffentlichkeit hätte<br />
es dafür auch keine Mehrheit gegeben.<br />
E &W: Stimmung wurde ja auch schon gegen<br />
die gemeinsame fünfte Klasse gemacht.<br />
Foto: dpa<br />
Elternverbände sammelten bereits Unterschriften.<br />
Warum ist es Ihnen nicht gelungen,<br />
diese Gruppen auf ihre Seite zu ziehen?<br />
Kessler: Die meisten Eltern, die gegen<br />
unser Vorhaben protestierten, haben<br />
Kinder, die ein Gymnasium besuchen<br />
oder demnächst auf eines wechseln sollen.<br />
Unter der Vorgängerregierung wurde<br />
an den Gymnasien G8 eingeführt. Die<br />
Proteste kamen auch unter dem Eindruck<br />
der Probleme, die G8 mit sich<br />
brachte, zustande. Viele Eltern befürchteten,<br />
ihren Kindern bliebe zu wenig Zeit<br />
am Gymnasium, wenn sie erst nach fünf<br />
Jahren die Grundschule beenden. Dabei<br />
spielten nicht nur rationale Überlegungen<br />
eine Rolle, sondern auch Ängste.<br />
E &W: Dann hätte man mit der Reform<br />
doch besser ein paar Jahre gewartet, bis sich<br />
derWirbelumG8gelegthat.<br />
Kessler: Ja, das war eine Überlegung.<br />
Aber wir wollten jetzt Bewegung in die<br />
Diskussion bringen. Denn nur in der<br />
derzeitigen Konstellation mit einer Jamaika-Koalition<br />
ist eine Verfassungsänderung<br />
überhaupt möglich. Diese einmalige<br />
Situation wollten wir nutzen.<br />
E &W: Erst die Volksabstimmung in Hamburg,<br />
bei der das längere gemeinsame Lernen<br />
durchfällt (s. E&W 9/2010), nun das Scheitern<br />
der Reform im Saarland: Muss man<br />
festhalten, dass es für weitere Grundschuljahre<br />
keine Mehrheit in Deutschland gibt?<br />
Kessler: Man muss zumindest feststel-<br />
len, dass die gesellschaftlichen Schichten,<br />
die wir mit dem gemeinsamen Lernen<br />
fördern wollen, uns nicht unterstützt<br />
haben. Migrantenfamilien und finanziell<br />
Schwache haben eben keine<br />
Lobby wie Familien aus besseren Stadtteilen.<br />
E &W: Welche Möglichkeiten haben Sie<br />
nun, am gemeinsamen Lernen doch noch<br />
festzuhalten?<br />
Kessler: Wir können und wir wollen<br />
keine Reform gegen den Willen der Bevölkerung<br />
durchsetzen. Wir wollen ja<br />
nicht mit dem Kopf durch die Wand.<br />
Aber es gibt noch Möglichkeiten über<br />
unser Zwei-Säulen-Modell, das wir anstreben.<br />
Nach vier Jahren Grundschule<br />
können die Schüler entweder auf das<br />
Gymnasium gehen, das nach insgesamt<br />
zwölf Jahren Schulzeit endet, oder auf<br />
die Gemeinschaftsschule mit insgesamt<br />
13 Jahren. In der Gemeinschaftsschule<br />
soll es längeres gemeinsames Lernen in<br />
den Klassen fünf und sechs geben, auf<br />
Beschluss der Schulkonferenz auch darüber<br />
hinaus.<br />
E &W: Aber dazu brauchen Sie doch auch<br />
eine Verfassungsänderung…<br />
Kessler: Schon, aber da wird die Opposition<br />
möglicherweise mitmachen, da<br />
sie Ähnliches auch schon gefordert hat.<br />
Interview: Georg Leppert, Redakteur der<br />
„Frankfurter Rundschau“<br />
BILDUNGSPOLITIK<br />
Reform<br />
gescheitert:<br />
Saarländische<br />
Grundschulkinder<br />
werden kein<br />
weiteres Jahr<br />
gemeinsam<br />
lernen.<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 31
HOCHSCHULE<br />
s. auch unter:<br />
www.gew.de/Templiner_<br />
Manifest_Personalstruk<br />
tur_und_Berufswege_in_<br />
Hochschule_und_<br />
Forschung_<br />
reformieren.html<br />
Hier können Sie das<br />
Manifest auch unterschreiben.<br />
Foto: imago<br />
Wer sich auf eine Karriere<br />
an der Hochschule einlässt,<br />
trägt ein hohes Risiko.<br />
„Traumjob Wissenschaft?“<br />
Im brandenburgischen Templin hat<br />
Anfang September die 4. <strong>GEW</strong>-Wissenschaftskonferenz<br />
mit 150 Gästen<br />
aus Politik, Gewerkschaft und Forschung<br />
stattgefunden. Im Zentrum<br />
stand die Frage nach den Karriereperspektiven<br />
an Hochschulen und Forschungsinstituten.<br />
Utopie in der Uckermark:<br />
Beim Barbecue am letzten<br />
Abend warf Andreas Keller<br />
einen Blick in die Zukunft:<br />
In zehn Jahren will<br />
er die Teilnehmenden der<br />
Wissenschaftstagung 2010 wieder am<br />
Ufer des Lübbesees begrüßen. Dann<br />
aber viele von ihnen als Professorinnen<br />
und Professoren. Das jedenfalls wünschte<br />
sich der <strong>GEW</strong>-Hochschulexperte als<br />
Erfolg des „Templiner Manifests“*, in<br />
dem die Bildungsgewerkschaft ihre For-<br />
32 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
<strong>GEW</strong>-Konferenz: „Karrierewege in Hochschule und Forschung“<br />
derungen zu den Nachwuchskarrieren<br />
der wissenschaftlich Beschäftigten zusammenfasst.<br />
Das Manifest stand im<br />
Mittelpunkt der Debatten.<br />
Etliche, oft gar nicht mehr so junge Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler<br />
waren nach Brandenburg gereist, weil<br />
ihnen das Konferenzthema buchstäblich<br />
unter die Haut geht: Die Lage der<br />
wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter an den Hochschulen,<br />
die im Alter von Mitte 30 bis Mitte 40<br />
im Prinzip dem Nachwuchsstadium<br />
entwachsen sind, sich aber immer noch<br />
von einer befristeten Stelle zur nächsten<br />
hangeln.<br />
Am Pranger stand die prekäre Situation<br />
der Hochschulbeschäftigten unterhalb<br />
der Ebene des Pofessors – betroffen davon:<br />
fast 90 Prozent des gesamten wissenschaftlichen<br />
Personals. Ganz anders<br />
ist die Lage etwa in den USA. Dort sei<br />
das Verhältnis beinahe umgekehrt, so<br />
der Direktor des Wittenberger Instituts<br />
für Hochschulforschung, Reinhard<br />
Kreckel, der die universitären Karrierewege<br />
in den USA und in Deutschland verglich:<br />
Über 80 Prozent der Hochschul-<br />
Wissenschaftler seien in den Vereinigten<br />
Staaten Professoren, Assistenzprofessoren<br />
oder Anwärter auf eine Professur mit<br />
einer Dauerstelle. In der Bundesrepublik<br />
sei dagegen die Barriere zwischen<br />
dem akademischen Mittelbau und der<br />
Professur so hoch wie nirgendwo sonst<br />
in der Welt. Kreckel unterstrich: „Die<br />
deutschen Hochschulen brauchen dauerhafte<br />
Stellen und Wissenschaftlerlaufbahnen<br />
unterhalb und neben der Professur<br />
– auch eine zentrale These des<br />
‚Templiner Manifests‘“.<br />
Hohes Risiko<br />
Wer sich heute auf eine wissenschaftliche<br />
Karriere einlässt, muss wissen,<br />
welch hohes Risiko er oder sie eingeht.
Von 200 Universitätsabsolventen promovieren<br />
etwa 25 bis zum 30. Lebensjahr.<br />
Nur jeder Zehnte habilitiert sich.<br />
Doch auch wer es bis dahin geschafft hat<br />
und im Durchschnitt 42 Jahre alt ist, habe<br />
nicht einmal zu 50 Prozent eine<br />
Chance, auf einer der begehrten Professorenstellen<br />
zu landen, analysierte Anke<br />
Burkhardt vom Wittenberger Hochschulforschungsinstitut.<br />
In den zehn Jahren von 1998 bis 2008<br />
seien Stellen für Dozenten und Assistenten<br />
rasant abgebaut worden, zugelegt<br />
hätten lediglich die Gruppen der<br />
wissenschaftlichen Mitarbeiter und<br />
Mitarbeiterinnen sowie der Lehrbeauftragten,<br />
berichtete Georg Jongmanns vom<br />
Hochschul-Informations-System (HIS)<br />
in Hannover. Wissenschaftliche Mitarbeiter<br />
haben laut Jongmanns Angaben<br />
zu fast 90 Prozent befristete Stellen –<br />
und fast ebenso groß ist die Gruppe der<br />
Teilzeitbeschäftigten. „Das Wissenschaftler-Zeitvertragsgesetz<br />
lässt es zu,<br />
dass sich jemand zwölf Jahre von Vertrag<br />
zu Vertrag hangelt“, kritisierte der HIS-<br />
Zu viele Fristverträge<br />
Niklaas Hofmann<br />
Niklaas Hofmann, 30,<br />
ist Doktorand an der<br />
FU Berlin im Fachbereich<br />
Geschichte Lateinamerikas:<br />
„Es gibt<br />
in der Universität viele<br />
Aufgaben im Bereich<br />
der Lehre, im Wissenschaftsmanagement<br />
und in der Forschung, die Mitarbeiter<br />
mit befristeten Verträgen erledigen.<br />
Für diese Arbeitsfelder<br />
brauchen wir dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse.“<br />
Forscher. Ein Teilnehmer fügte hinzu,<br />
dass er in sechs Jahren auf neun verschiedenen<br />
Stellen gearbeitet habe.<br />
Modell „Tenure Track“<br />
In den vergangenen Jahren eröffnete die<br />
Politik mit Juniorprofessur und Nachwuchsgruppenleitung<br />
in außeruniversitären<br />
Forschungseinrichtungen neue<br />
Karrierewege. Vorbild ist das US-amerikanische<br />
Modell des „Tenure Track“ –<br />
Nachwuchsstellen, die zum Ablauf eines<br />
Vertrages nicht im Nichts enden,<br />
sondern die Perspektive auf Übernahme<br />
einer Professur haben. Doch die Erfahrungen<br />
mit diesem System seien widersprüchlich,<br />
dämpfte Silke Gülker vom<br />
Wissenschaftszentrum Berlin (WZB)<br />
die Erwartungen. Fakt sei: Statt der geplanten<br />
6000 wurden nur knapp 1000<br />
Juniorprofessorenstellen eingerichtet.<br />
Immerhin sei der Frauenanteil relativ<br />
hoch: 36 Prozent. Doch die Juniorprofessur<br />
habe die Habilitation als die entscheidende<br />
Zugangshürde nicht abbauen<br />
können, stellte Gülker fest. Etwa die<br />
Hälfte der Juniorprofessoren und drei<br />
Viertel der Nachwuchsgruppenleiter habilitierten<br />
sich deshalb neben dem Job.<br />
Natürlich könne nicht jeder, der promoviert,<br />
Professor werden, gestand Andreas<br />
Keller zu. Es wäre aber geboten,<br />
Promovierten frühzeitig Klarheit über<br />
ihre Karriereaussichten zu verschaffen:<br />
Denn die Entscheidung für eine Hochschullaufbahn<br />
müsse früher getroffen<br />
werden können - und nicht erst im Alter<br />
von 40 oder 45 Jahren, wenn als Alternative<br />
nur noch Journalist oder Taxifahrer<br />
bleibt. Der Flaschenhals, durch den<br />
die Postdocs sich zwängen müssten,<br />
brauche eine zweite Öffnung, ist Keller<br />
überzeugt. „Neben der Professur gibt es<br />
einen Bedarf an dauerhaften Wissenschaftlerstellen.“<br />
Zeitverträge seien allenfalls<br />
etwas für die, die sich noch qualifizierten,<br />
für Doktoranden am Beginn<br />
ihrer Laufbahn.<br />
Zwar stellten sich die wissenschaftspolitischen<br />
Sprecher von CDU, SPD, Grünen<br />
und Linken hinter die Forderung<br />
des Manifests nach verlässlicheren beruflichen<br />
Perspektiven des wissenschaftlichen<br />
Personals. Doch wie wollen sie<br />
diese in der Praxis gewährleisten? Zurzeit<br />
geht es den Politikern mehr um Exzellenzwettbewerb,<br />
Hochschulpakt und<br />
zusätzliche Studienplätze. Doch wie<br />
wird verhindert, dass befristet eingestellte<br />
Wissenschaftler die Hauptlast eines<br />
künftigen Studierendenandrangs tragen?<br />
Krista Sager von den Grünen verband<br />
die Diskussion um den Hochschulausbau<br />
deshalb mit einer Personaldiskussion:<br />
Sie plädierte für Dauerstellen<br />
für Wissenschaftler, die die Aufgaben<br />
in der Lehre oder dem Hochschulmanagement<br />
schultern. Stefan<br />
Kaufmann von der CDU-Fraktion trat<br />
dafür ein, dass das unsinnige Kooperationsverbot<br />
im Grundgesetz wieder aufgehoben<br />
wird. Es hindere den Bund daran,<br />
den Hochschulausbau finanziell zu<br />
unterstützen. Thomas Kathöfer, Generalsekretär<br />
der Hochschulrektorenkonferenz<br />
(HRK), sah die Lösung in einem<br />
guten Personalmanagement. Nachdenklich<br />
stimmte den HRK-Vertreter allerdings<br />
eines: In der von einer Personalberatungsfirma<br />
erhobenen Liste der<br />
beliebtesten Arbeitgeber der besten<br />
Hochschulabsolventen tauchten die<br />
Hochschulen nicht auf. Eine klare Aussage,<br />
dass es neben der Professur einen<br />
Bedarf an unbefristet arbeitenden wissenschaftlichen<br />
Beschäftigten gibt, war<br />
von ihm jedoch nicht zu hören. So blieben<br />
am Ende nur politische Lippenbekenntnisse.<br />
Professor oder<br />
Hartz IV-Empfänger<br />
Rajah Scheepers, 35,<br />
Theologin im Bereich<br />
Kirchengeschichte an<br />
der Leibniz Universität<br />
Hannover. Die<br />
promovierte Wissen-<br />
Rajah Scheepers<br />
schaftlerin und Mutter<br />
zweier kleiner Kinder schreibt<br />
seit fünf Jahren an ihrer Habilitation:<br />
„Es gibt keine wirklich sinnvolle<br />
Alternative zur Hochschullehrkraft.<br />
Entweder man wird, überspitzt formuliert,<br />
nach der Habilitation Professor<br />
oder Hartz IV-Empfänger. Für<br />
alle anderen Berufe ist man gnadenlos<br />
überqualifiziert.“<br />
Fotos: Privat<br />
Karl-Heinz Heinemann, freier Journalist<br />
HOCHSCHULE<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 33
HOCHSCHULE<br />
Hochschulen<br />
wollen ihre<br />
Bewerber lieber<br />
selbst in Augenschein<br />
nehmen<br />
und Studienplätze<br />
vergeben, sind<br />
damit aber überfordert.<br />
Foto: imago<br />
Dezentrales Chaos<br />
34 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Hochschulen suchen sich Bewerber aus – zum Nachteil der Studis<br />
Die Zentralstelle für die Vergabe von<br />
Studienplätzen (ZVS) spielt heute<br />
kaum mehr eine Rolle. Das sorgt allerdings<br />
an vielen Hochschulen, die im<br />
Wesentlichen diese Aufgabe übernommen<br />
haben, für gravierende organisatorische<br />
Probleme: Mancher Platz im<br />
Hörsaal bleibt leer – obwohl es genügend<br />
Interessenten gibt.<br />
Verena K. ist eine Bewerberin,<br />
wie sie sich Hochschulen<br />
wünschen. Gute Abi-<br />
Note, ein Jahr im Ausland<br />
verbracht, trotzdem erst 19<br />
Jahre alt, mit großem sozialen<br />
Engagement in Vereinen. Sie hätte<br />
sich deshalb gar nicht an fünf Universitäten<br />
für ein Wirtschaftsstudium bewerben<br />
müssen. Sie tat es trotzdem, um<br />
ihre Chancen zu vergrößern, und erhielt<br />
von vier Hochschulen eine Zusage.<br />
Die junge Frau aus der Nähe von Darmstadt<br />
entschied sich für die Uni Mannheim.<br />
Den drei anderen Universitäten<br />
sagte sie jedoch nicht ab. Als klar wurde,<br />
dass Verena K. dort ihr Studium nicht<br />
antreten würde, war es für mögliche<br />
Nachrücker zu spät. Ihr Studienplatz<br />
blieb an drei Orten unbesetzt.<br />
Andreas Keller kennt viele solcher Fälle.<br />
Geschuldet seien sie dem Bedeutungsverlust<br />
der Stiftung für Hochschulzulassung<br />
„hochschul-START.de“, vormals<br />
ZVS, so der <strong>GEW</strong>-Hochschulexperte.<br />
Nur noch in Medizin, Pharmazie, Tierund<br />
Zahnmedizin vergibt die in Dortmund<br />
ansässige Einrichtung die Plätze.<br />
In allen anderen Studiengängen entscheiden<br />
die Hochschulen über die Vergabe<br />
ihrer Studienplätze dezentral.<br />
Genau das hatten vor allem die großen<br />
Universitäten jahrelang vehement gefordert:<br />
Man wolle die Bewerberinnen<br />
und Bewerber selbst in Augenschein<br />
nehmen, hieß es, sich nicht auf Abi-Note<br />
oder Wartezeit verlassen, sondern Gespräche<br />
führen, einzelne Abi-Noten besonders<br />
gewichten ...Die7.Novelledes<br />
Hochschulrahmengesetzes (HRG) 2004<br />
ermöglichte schließlich, dass Hochschulen<br />
heute 60 Prozent ihrer Studierenden<br />
selbst auswählen können. Übrigens<br />
auch in den zentralen Verfahren,<br />
die über die ZVS laufen.<br />
Was die Hochschulen offenbar unterschätzt<br />
hatten: Die Schulabgänger nutzten<br />
ihrerseits die neuen Chancen und<br />
bewarben sich gleichzeitig an zahlreichen<br />
Studienorten. „Manche an acht<br />
oder neun Hochschulen“, wie Heidemarie<br />
Barthold aus dem Referat für Lehrund<br />
Studienangelegenheiten an der<br />
Frankfurter Goethe-Universität berichtet.<br />
Da die einzelnen Unis und Fachhochschulen<br />
sich nicht über ihre Bewerberlage<br />
austauschen, kommt es häufig<br />
vor, dass Einzelne gleichzeitig mehrere<br />
Zusagen erhalten. Die Folge: unbesetzte<br />
Studienplätze.<br />
<strong>GEW</strong> für zentrale Vergabe<br />
Für Andreas Keller steht daher fest: Ein<br />
zentrales Verfahren muss wieder her.<br />
Vom Anspruch der Hochschulen, sich<br />
Studierende nach eigenen Kriterien auszuwählen,<br />
hält die <strong>GEW</strong> zwar nichts.<br />
Aber: „In der aktuellen Debatte ist der<br />
springende Punkt ein anderer: Man hat<br />
ohne Not fast alle Studiengänge aus<br />
dem zentralen Verfahren genommen<br />
und die ZVS in eine Servicestelle umgewandelt.<br />
Deshalb bleiben Semester für<br />
Semester Studienplätze unbesetzt“, kritisiert<br />
Keller. Das sei angesichts des<br />
Mangels und Andrangs der Bewerber inakzeptabel.<br />
Um auch in den dezentralen Verfahren<br />
möglichst viele Studienplätze vergeben<br />
zu können, lässt inzwischen die Hochschulrektorenkonferenz<br />
(HRK) mit<br />
Mitteln des Bundesbildungsministeriums<br />
(BMBF) ein „dialogorientiertes<br />
Serviceverfahren“ entwickeln. Keller<br />
glaubt nicht daran, dass sich wirklich alle<br />
Unis und Fachhochschulen freiwillig<br />
an diesem neuen Verfahren beteiligen.<br />
„Das ganze System funktioniert aber<br />
nur, wenn wirklich alle Hochschulen in<br />
Deutschland mitmachen.“<br />
Daran aber droht es zu scheitern, wie die<br />
Sprecherin der Universität Hamburg,<br />
Birgit Kruse, bestätigt: „Wir sehen bei einer<br />
zentralen Vergabestelle derzeit für<br />
uns noch keine Vorteile.“ Kruse verweist<br />
auf das Hamburger System zur Zulassung,<br />
das außerordentlich schnell arbeite<br />
und mit 36 Hochschulen abgestimmt<br />
sei. Die Bewerber bekämen besonders<br />
früh eine Zu- oder Absage, Hochschule<br />
und Studierende hätten auf diese Weise<br />
Planungssicherheit.<br />
Das Problem ist nur, dass nicht alle Universitäten<br />
zu einem so frühen Zeitpunkt<br />
wie Hamburg über Bewerbungen entscheiden<br />
können oder wollen und die<br />
36 Hochschulen, mit denen sich die<br />
Verantwortlichen aus der Hansestadt abstimmen,<br />
nur einen Bruchteil der Hochschullandschaft<br />
in Deutschland darstellen.<br />
Insofern ist durch das Hamburger<br />
System bundesweit nicht viel gewonnen.<br />
Andere Universitäten, wie Frankfurt<br />
am Main, zeigen sich gegenüber einer<br />
gemeinsamen Vergabestelle aufgeschlossener,<br />
„wenn wir dabei unsere eigenen<br />
Kriterien anlegen können“,<br />
schränkt Heidemarie Barthold ein. Im<br />
Klartext: Abstimmung ja, aber die erlangte<br />
Autonomie will man sich nicht<br />
wieder nehmen lassen.<br />
Sollte es den Hochschulen nicht gelingen,<br />
sich auf ein gemeinsames Vergabesystem<br />
zu einigen, sei der Bund in der<br />
Pflicht, diese per Gesetz zu verpflichten,<br />
sich an einer zentralen Studienplatzvergabe<br />
zu beteiligen, fordert der <strong>GEW</strong>-<br />
Hochschulexperte. Denn für ihn ist<br />
klar: Allzu viele Fälle wie den von Verena<br />
K. darf es nicht mehr geben.<br />
Georg Leppert, Redakteur<br />
der „Frankfurter Rundschau“
Multikulturelle Lehrerzimmer:<br />
noch ein weiter Weg<br />
Ein bundesweites Integrationsprogramm wirbt um Lehrkräfte mit Migrationshintergrund<br />
Zurzeit ist das Thema Integration in<br />
aller Munde. Geredet wird über Versäumnisse<br />
der Politik, Barrieren zwischen<br />
den Kulturen, Parallelgesellschaften-Gettos,<br />
Defizite in der Bildung.<br />
Das Bundesinnenministerium<br />
hat im September ein bundesweites Integrationsprogramm<br />
initiiert, um<br />
mehr Studierende aus Migrantenfamilien<br />
für den Lehrerberuf zu gewinnen.<br />
Fest steht: Der Weg zu einem<br />
multikulturellen Lehrerzimmer ist<br />
noch weit.<br />
Dilek Yalman war fünf, als sie<br />
nach Deutschland kam.<br />
Was sie einmal werden<br />
wollte, wusste sie damals<br />
schon: Lehrerin. Hürden<br />
hatte die junge Türkin auf<br />
ihrem Weg einige zu überwinden: die<br />
deutsche Sprache, das Abitur, das Studium.<br />
Die vielleicht höchste, die sie meisterte,<br />
war aber die Skepsis ihrer Eltern:<br />
Die wünschten sich nichts<br />
mehr als eine Akademikerin<br />
als Tochter – aber Pädagogin?<br />
„Nein“, sagt die angehende<br />
Gymnasiallehrerin, die in<br />
Berlin ihren Master macht,<br />
„Anwältin oder Ärztin, das<br />
hätten sie gern gesehen. Vom<br />
Lehrerberuf musste ich sie<br />
lange überzeugen. Immerhin:<br />
Heute stehen sie hinter mir.“<br />
Dafür, dass mehr als 35 Jahre nach Beginn<br />
des Familiennachzugs aus den ehemaligen<br />
„Gastarbeiter-Ländern“ der<br />
Schritt vom multikulturellen Klassenzu<br />
einem ebensolchen Lehrerzimmer<br />
noch längst nicht gemacht ist, gibt es<br />
viele Gründe. Ein wesentlicher: Der<br />
Lehrerberuf ist nicht attraktiv – auch<br />
und gerade nicht für die aufstiegsorientierten<br />
Kinder der zweiten und dritten<br />
Generation. Ein Blick auf die Zahlen<br />
zeigt: Unter deutschstämmigen Studierenden<br />
entscheidet sich mit zwölf Prozent<br />
mehr als jeder Zehnte für ein Lehramtsstudium;<br />
unter Migranten ist es mit<br />
sechs Prozent nur gut jeder Zwanzigste.<br />
Das hat viele Ursachen: Auch in<br />
Deutschland stehen Juristen, Mediziner<br />
❞ Mit der<br />
Globalisierung<br />
des Lehrerzimmers<br />
ist es nicht<br />
getan.❝<br />
und Ingenieure höher im Kurs als<br />
Pädagogen; zudem sind die sprachlichen<br />
Anforderungen in anderen<br />
Fächern niedriger.<br />
Ohne Rückfahrtticket<br />
Sanem Kleff, Leiterin des Projekts „Schule<br />
ohne Rassismus – Schule mit Courage“<br />
und langjährige Vorsitzende des<br />
Bundesausschusses für multikulturelle<br />
Angelegenheiten in der <strong>GEW</strong>, macht<br />
noch auf zwei weitere Barrieren aufmerksam:<br />
„Viele haben zum einen Sorge,<br />
von deutschen Kollegen nicht als<br />
gleichwertig behandelt zu werden.“<br />
Und zum anderen: „Die Entscheidung<br />
für eine Ausbildung zum deutschen<br />
Lehrer ist eine ohne Rückfahrtticket.“<br />
Wer hier einmal als Lehrer tätig ist, kann<br />
nicht, wie viele Akademiker seiner Generation,<br />
ebenso gut in der Türkei oder<br />
Russland einen Job finden.<br />
Schätzungsweise ein bis zwei Prozent<br />
der Lehrkräfte haben einen Migrationshintergrund<br />
– einer aus dieser Gruppe<br />
ist Cahit Basar. Der gebürtige Duisburger<br />
und Sohn türkischer<br />
Gastarbeiter lässt mit gerade<br />
einmal einem weiteren Kollegen<br />
das 78-köpfige Kollegium<br />
an einem Kölner Gymnasium<br />
wenigstens etwas bunter<br />
erscheinen. Er führt noch<br />
einen weiteren Grund ins<br />
Feld, warum deutsche Schulen<br />
Menschen wie ihn dringend<br />
brauchten: „Viele Schüler und Eltern<br />
glauben erst, dass es mich gibt,<br />
wenn sie mich sehen“, sagt er. Auch<br />
wenn ihm seine „Role-Model“-Funktion<br />
bereits bewusst gewesen sei, wurde<br />
sie ihm eines Tages klar wie nie zuvor:<br />
„Als ich eine türkische Schülerin fragte,<br />
warum sie nicht Lehrerin werden will,<br />
guckte sie mich mit großen Augen an<br />
und sagte: ‚Ich???‘“ Viele Schülerinnen<br />
und Schüler, lernte Basar in diesem Augenblick,<br />
denken immer noch: „Lehrer<br />
sind Deutsche. Ich bin keine Deutsche.<br />
Also kann ich keine Pädagogin, kein<br />
Pädagoge werden.“ Seither lässt der 44-<br />
Jährige noch weniger unversucht. Seine<br />
Vorbildrolle: Er ist Sprecher des vor drei<br />
Jahren gegründeten ersten landesweiten<br />
Netzwerks von „Lehrern mit Zuwande-<br />
rungsgeschichte“ in Nordrhein-Westfalen.*<br />
Wie auch die Nachfolge-Initiativen<br />
in Hamburg, Niedersachsen und<br />
Berlin – die beiden letztgenannten wurden<br />
erst kürzlich gegründet – hat es weiter<br />
gehende Ziele als nur die wechselseitige<br />
Unterstützung. Ein wesentliches ist<br />
die Anwerbung von Schülern mit Migrationswurzeln<br />
als künftige Lehrkräfte.<br />
Nach Hamburg und Bayern wird auch<br />
Berlin im kommenden Jahr in einem<br />
speziellen Schülercampus den dringend<br />
benötigten Nachwuchs unter talentierten<br />
Abiturienten suchen.<br />
Basar ist heilfroh, dass das Thema nach<br />
den Kultusministern nun auch das Bundesinnenministerium<br />
erreicht hat: „Es<br />
wurde allerhöchste Zeit.“ Das von Innenminister<br />
Thomas de Maizière (CDU)<br />
jetzt vorgestellte „Bundesweite Integrationsprogramm“**<br />
fordert bei genauerem<br />
Hinsehen mehr als nur die Einstellung<br />
von Rollenvorbildern für Migrantenschüler:<br />
Lehrende aus Migrantenfamilien<br />
sollen auch „Vorbehalten in Lehrerkollegien<br />
entgegenwirken und interkulturelle<br />
Perspektiven auf Schule und<br />
Unterricht eröffnen“. All das ist notwendig<br />
– wird aber nach Einschätzung von<br />
Viola Georgi bei Weitem nicht ausreichen.<br />
Die Berliner Erziehungswissenschaftlerin<br />
ist die erste, die die mannigfachen<br />
Erwartungen an Lehrerinnen<br />
und Lehrer aus anderen Kulturkreisen<br />
einer genaueren Überprüfung unterzogen<br />
hat. Ihr Fazit nach ausführlichen<br />
Gesprächen mit 60 und der Analyse weiterer<br />
200 Online-Befragungen von<br />
Pädagogen nicht-deutscher Herkunft***:<br />
Mit der „Globalisierung des<br />
Lehrerzimmers“ allein ist es nicht getan.<br />
Denn erstens brauchten Lehrkräfte aus<br />
Migrantenmilieus trotz ihrer gleichsam<br />
„automatischen“ Interkulturalität mehr<br />
Unterstützung – und zweitens ebenso<br />
wie ihre deutschen Kollegen eine gründliche<br />
einschlägige Ausbildung, beispielsweise<br />
für den Umgang mit<br />
Mehrsprachigkeit. „Der Weg zur interkulturellen<br />
und demokratischen Schule<br />
ist noch weit“, resümiert Georgi, und:<br />
„Auf diesem Weg müssen alle mitgenommen<br />
werden.“<br />
Jeannette Goddar, freie Journalistin<br />
BILDUNGSPOLITIK<br />
* s. auch unter:<br />
www.raa.de/fileadmin/da<br />
teien/pdf/projekte/<br />
lehrkraefte-mit-zu<br />
wanderungsgeschichte/RAA-Flyer-LmZ_<br />
LR-3.pdf<br />
** Das vom Bundesamt<br />
für Migration und<br />
Flüchtlinge entwickelte<br />
und vom Innenministerium<br />
vorgestellte „Integrationsprogramm<br />
–<br />
Angebote der Integrationsförderung<br />
in<br />
Deutschland – Empfehlungen<br />
zu ihrer Weiterentwicklung“<br />
steht im<br />
Internet unter:<br />
www.bamf.de/cln_170/nn<br />
_442016/DE/DasBAM<br />
F/Home-Teaser/<br />
20100908__<br />
integrationsprogramm.html?__<br />
nnn=true<br />
*** Viola Georgis Untersuchung<br />
zu Bildungsbiografien,Selbstverständnis<br />
und schulischer<br />
Integration von<br />
Lehrern mit Migrationshintergrund<br />
soll unter<br />
dem Titel „Vielfalt im<br />
Lehrerzimmer“ im<br />
Frühjahr 2011 im Waxmann<br />
Verlag erscheinen.<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 35
BILDUNGSPOLITIK<br />
Vorsicht: Finanzminister<br />
schreibt mit<br />
36 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Besoldungsrechtliche Folgen der neuen Lehrerbildungsgesetze<br />
Die Reform der Lehramtsstudiengänge<br />
ist nicht allein von pädagogischen<br />
Anforderungen und wissenschaftlichen<br />
Einsichten geprägt. Bei Studiendauer<br />
und Prüfungsanforderungen<br />
spielt die Frage, welcher Laufbahngruppe<br />
die Absolventen bei Übernahme<br />
in das Beamtenverhältnis zuzuordnen<br />
sind, sprich wie teuer sie den<br />
Finanzminister kommen, eine nicht<br />
zu unterschätzende Rolle.<br />
Viele Studierende beschäftigen<br />
sich nicht eingehend<br />
mit der Frage ihres späteren<br />
Einkommens. Die Wahl<br />
des Studienganges folgt<br />
Neigung und Interesse, und<br />
das sollte auch so sein. Nach dem Referendariat<br />
mit sehr geringen Einkommen<br />
fühlen sie sich bei Antritt der ersten Stelle<br />
zunächst gut. Das Erwachen kommt<br />
erst später – zu spät. Denn nicht alle<br />
Akademiker im öffentlichen Dienst<br />
kommen in den „höheren Dienst“ – eine<br />
Ausnahme gilt für Lehrerinnen und<br />
Lehrer an Grund-, Haupt- und Realschulen.<br />
Der Unterschied liegt bei 350<br />
bis 400 Euro brutto im Monat – lebenslang<br />
(siehe Tabelle 1).<br />
Beamtenrechtliche Klimmzüge<br />
So lange das Lehramtsstudium noch als<br />
Staatsexamen von den Ländern allein<br />
gestaltet wurde, war es einfacher, die Zuordnung<br />
der „niedrigeren“ Lehrämter<br />
zum gehobenen Dienst zu rechtferti-<br />
Tabelle 1: Besoldungsvergleich<br />
Tabelle 2: Frauenanteil nach Schulart *<br />
Schulart Frauenanteil in Prozent<br />
Vorklassen 75,0<br />
Schulkindergärten 95,6<br />
Grundschulen 87,7<br />
Schulartunabhängige Orientierungsstufe 80,1<br />
Hauptschulen 59,7<br />
Schularten mit mehreren Bildungsgängen 74,4<br />
Realschulen 64,0<br />
Gymnasien 54,3<br />
Integrierte Gesamtschulen 60,2<br />
Freie Waldorfschulen 57,8<br />
Förderschulen 75,5<br />
Abendhauptschulen 57,4<br />
Abendrealschulen 62,2<br />
Abendgymnasien 51,1<br />
Kollegs 57,9<br />
Insgesamt 69,6<br />
*Voll- und teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte, Quelle: Destatis FS 11 R 1 Tab. 7.2-2008<br />
gen: Eine etwas kürzere Regelstudienzeit<br />
(über die tatsächliche Studiendauer<br />
redet ja keiner) machte es möglich. Seit<br />
der Umstellung der Studiengänge auf<br />
Bachelor und Master ist das schwieriger<br />
geworden, denn hier wird die Gleichwertigkeit<br />
der unterschiedlichen Lehrerstudiengänge<br />
offensichtlich: Ein Master<br />
ist ein Master.<br />
Im Zuge der Reform der Lehrerbildungs-<br />
und der Landesbeamtengesetze<br />
versuchen nun viele Bundesländer, das<br />
Unmögliche möglich zu machen – einerseits<br />
die Bologna-Anforderungen an<br />
einen Master-Abschluss zu erfüllen<br />
(Studierende müssen 300 ECTS-Punkte<br />
vorweisen) und andererseits die Zuordnung<br />
aller Lehrkräfte zum höheren<br />
Dienst zu vermeiden.<br />
Studiendauer kein Argument<br />
Manche Länder wie Schleswig-Holstein<br />
gehen den Weg des „kleinen Master“,<br />
nach dem der Zugang zum Vorbereitungsdienst<br />
bereits mit 240 ECTS-<br />
Punkten möglich ist – also ohne Abschluss!<br />
Für die Übernahme eines Lehramts<br />
wird aber immer ein Master ver-<br />
Besoldungsgruppe Berufsanfang* Endstufe<br />
(ledig, kinderlos, höchster Wert niedrigster Wert höchster Wert niedrigster Wert<br />
brutto/Monat**) (Land) (Land) (Land) (Land)<br />
A12 Lehrkraft gehobener 3.033,39 Euro 2.787,01 Euro 3.977,97 Euro 3.522,25 Euro<br />
Dienst (z. B. Grundschule) (Hessen) (Sachsen-Anhalt) (Baden-Württ.) (Berlin)<br />
A13 Lehrkraft höherer Dienst 3.487,85 Euro 3.208,19 Euro 4.502,69 Euro 3.991,80 Euro<br />
(z.B. Gymnasium) (Hessen) (Sachsen-Anhalt) (Baden-Württ.) (Berlin)<br />
* Dort, wo das Einstiegsgehalt noch vom Alter abhängt: Einstiegsalter 27. Da Berlin z. Zt. nur Angestellte einstellt, sind die Werte hier nicht berücksichtigt.<br />
** In Bayern und Hamburg sowie in geringerer Höhe in NRW und Brandenburg wird noch ein „Weihnachtsgeld“ gezahlt.
langt. Die fehlenden ECTS-Punkte sollen<br />
dann irgendwie im Laufe des Vorbereitungsdienstes<br />
erworben werden.<br />
Auch bei der Dauer des Referendariats/Vorbereitungsdienstes<br />
spielen Besoldungsfragen<br />
ungenannt mit. So wird<br />
im Berliner Entwurf für ein Beamtenrechtsreformgesetz<br />
ein zweijähriges Referendariat<br />
als Zugangsvoraussetzung<br />
für den höheren Dienst gefordert – genau<br />
dies wird aber von Grundschul- und<br />
Sek-I-Lehrkräften gerade nicht mehr<br />
verlangt.<br />
Das Argument mit der Studiendauer<br />
zieht immer weniger. Als letztes Land<br />
gibt jetzt endlich auch Baden-Württemberg<br />
die sechssemestrige Lehrerausbildung<br />
auf und wird die Ausbildungszeiten<br />
der Grund- und Hauptschullehrer<br />
an den Pädagogischen Hochschulen auf<br />
acht Semester verlängern.<br />
Übrig bleibt dann nur noch der bereits<br />
in mehreren Ländern gewählte Weg, bestimmten<br />
Lehrämtern im Laufbahnrecht<br />
einfach ein niedrigeres Eingangsamt<br />
zuzuschreiben als anderen<br />
Akademiker-Berufsgruppen.<br />
Pädagogik unterbewertet<br />
Im Kern geht es darum, dass bis heute<br />
den weichen, als „typisch weiblich“<br />
wahrgenommenen Faktoren der Lehrertätigkeit,<br />
dem „Pädagogischen“, eine geringere<br />
Wertigkeit zugesprochen wird<br />
als dem „typisch männlichen“ Vermitteln<br />
wissenschaftlich fundierter Fakten.<br />
Schlechter bezahlt werden die Lehrämter,<br />
bei denen der Anteil der Pädagogik<br />
und Didaktik in der Ausbildung höher<br />
ist. Besser bewertet wird dort, wo das<br />
fachwissenschaftliche Studium im Vordergrund<br />
steht. Das hat sich auch nicht<br />
dadurch geändert, dass heute in allen<br />
Lehrämtern mehrheitlich Frauen unterrichten<br />
(siehe Tabelle 2).<br />
Die finanzielle Schlechterstellung der<br />
Lehrkräfte an Grund-, Haupt- und Realschulen<br />
ist man gewohnt, sie wird oft genug<br />
nicht hinterfragt. Sie trifft die <strong>GEW</strong><br />
jedoch in ihrem Grundverständnis. Bildung<br />
ist im Kern immer Arbeit von<br />
Menschen mit Menschen. Um für diese<br />
Arbeit die besten Männer und Frauen<br />
zu gewinnen, darf die wissenschaftlich<br />
fundierte pädagogische Arbeit nicht<br />
schlechter bewertet werden als andere<br />
akademische Tätigkeiten. Dieser Diskriminierung<br />
tritt die <strong>GEW</strong> auf allen Ebenen<br />
entgegen – auch wenn sie sich hinter<br />
trickreich formulierten Gesetzen<br />
und Verordnungen versteckt.<br />
Ilse Schaad, Leiterin des <strong>GEW</strong>-Arbeitsbereichs<br />
Angestellten- und Beamtenpolitik;<br />
Gesa Bruno-Latocha, Referentin im selben<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Geld</strong>?<br />
BILDUNGSPOLITIK<br />
Gegen massive Proteste der Bevölkerung<br />
wird derzeit das Projekt „Stuttgart<br />
21“ durchgezogen. Der alte Kopfsoll<br />
durch einen unterirdischen Durchgangsbahnhof<br />
nebst mehrerer Tunnel<br />
unter der Stadt ersetzt werden. Die<br />
Kosten belaufen sich offiziell auf 4,1<br />
Milliarden Euro. Dazu kommen Risiko-<br />
Rücklagen in Höhe von 438 Millionen<br />
Euro. An diesen Kosten beteiligen sich<br />
der Bund mit 1,2 Milliarden, das Land<br />
Baden-Württemberg mit 824 Millionen<br />
und die Landeshauptstadt Stuttgart<br />
mit 239 Millionen Euro. Der Bundesrechnungshof<br />
hatte bereits 2008 in<br />
einem Gutachten die unzureichende Berücksichtigung von Kostenrisiken bemängelt und die Baukosten<br />
auf insgesamt 5,3 Milliarden Euro geschätzt. Wenn man die dem Projekt zugeschlagenen Grundstückserlöse<br />
korrekterweise wie Bundesmittel behandelte, erhöht sich der Anteil des Bundes an der Finanzierung<br />
auf 2,5 Milliarden Euro. Damit läge die Hauptlast für das Projekt nicht, wie durch die Kostenschätzungen<br />
suggeriert, bei der Bahn AG, sondern beim Bund. In diesen Kalkulationen sind weitere 2,9<br />
Milliarden für eine neue Schnellbahntrasse nach Ulm noch gar nicht mitgerechnet. Verkehrsexperten<br />
schätzen die Gesamtkosten inzwischen auf zehn bis zwölf Milliarden Euro.<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Geld</strong>?<br />
Foto: imago<br />
In Schönefeld wird ein neuer Großflughafen<br />
für die Hauptstadt gebaut: Berlin<br />
Brandenburg International (BBI).<br />
Neben ökologischen Bedenken und<br />
Problemen mit dem Lärmschutz, die zu<br />
zahlreichen Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss<br />
führten, ist<br />
auch die Wirtschaftlichkeit des künftigen<br />
Großflughafens umstritten. Das<br />
Projekt sollte ursprünglich privat finanziert<br />
werden. Nachdem sich die<br />
Verhandlungen zwischen Bund, Ländern<br />
und dem Konsortium aus der Baufirma<br />
Hochtief und dem Immobilienkonzern<br />
IVG über Jahre hingezogen<br />
hatten, wurde die Privatisierung 2003 endgültig für gescheitert erklärt. Nun wird der Bau von der Flughafen-Holding<br />
BBF alleine realisiert. Deren Gesellschafter sind die Länder Berlin und Brandenburg zu<br />
jeweils 37 Prozent und der Bund zu 26 Prozent. Für die Baukosten von über drei Milliarden Euro stellen<br />
sie Kredite in Höhe von 2,4 Milliarden Euro zur Verfügung.<br />
<strong>Kein</strong> <strong>Geld</strong>?<br />
Foto: imago<br />
Die schwarz-gelbe Bundesregierung will den Bürgerinnen<br />
und Bürgern den umstrittenen „Atomkompromiss“ unter<br />
anderem dadurch schmackhaft machen, dass eine „Brennelementesteuer“<br />
eingeführt wird, die jährlich 2,3 Milliarden<br />
Euro in die öffentlichen Kassen spüle. Damit solle vor<br />
allem der Ausbau erneuerbarer Energien subventioniert<br />
werden, heißt es. Was dabei geflissentlich verschwiegen<br />
wird: die Kosten für das ungelöste Entsorgungsproblem<br />
des Atommülls. Schon jetzt ist klar, dass diese weit höher<br />
liegen werden als die kurzfristigen Erlöse. Allein die Sanierung<br />
des durch Wassereinbrüche akut einsturzgefährdeten<br />
ehemaligen Salzbergwerks Asse II wird nach Expertenschätzungen<br />
mindestens 2,5 Milliarden Euro kosten. Dort<br />
haben die Atomkonzerne, wie jetzt bekannt wurde, zehn<br />
Mal mehr radioaktiven Müll versenkt als bisher behauptet.<br />
Die Kosten für dessen Bergung trägt ausschließlich der<br />
Bund, der das Atommülllager offiziell als Forschungseinrichtung<br />
betreibt. Auch für die Schließung des maroden „Endlagers“ Morsleben sind 2,2 Milliarden Euro<br />
veranschlagt – zu zahlen aus Steuergeldern. Und damit sind wir lediglich wieder am Ausgangspunkt<br />
des ungelösten Entsorgungsproblems.<br />
Foto: imago<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 37
<strong>GEW</strong>-INTERN<br />
Die Terminübersicht der<br />
Herbstaktionen finden<br />
Sie im Netz unter:<br />
www.dgb.de/<br />
herbstaktion/<br />
38 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Die <strong>GEW</strong> ruft dazu auf, sich an den DGB-Aktionen im Herbst zu beteiligen!<br />
Unter dem Motto „Deutschland ist in<br />
Schieflage: Gerechtigkeit ist etwas anderes<br />
– wir brauchen einen Kurswechsel“<br />
will der DGB „ein klares Zeichen<br />
für soziale Gerechtigkeit und gute Arbeit<br />
zu setzen“. Die Vorbereitungen<br />
für die gewerkschaftlichen Protestaktionen<br />
im Herbst laufen auf Hochtouren.<br />
Mit Aktionen vor Ort, in Betrieben<br />
und Verwaltungen wollen die Gewerkschaften<br />
für eine bessere, gerechtere<br />
Politik mobilisieren.<br />
Soziale Schieflage in Deutschland:<br />
Die Zahl der in verfügbarem<br />
<strong>Geld</strong>vermögen<br />
gemessenen Dollar-Millionäre<br />
ist trotz Finanzmarktkrise<br />
2008 in den vergangenen<br />
Jahren um über sechs Prozent gestiegen.<br />
Die Gewinne der Unternehmen<br />
sprudeln wieder und die Herren Josef<br />
Ackermann & Co. verkünden öffentlich<br />
– den enormen Unterstützungen aus<br />
Steuermitteln zum Hohn – Renditeziele<br />
von jährlich 25 Prozent. Vorbei ist die<br />
kurze Zeit demütiger Gesten. Der große<br />
„Rest“ der Gesellschaft, also die neun<br />
Zehntel der Bürgerinnen und Bürger,<br />
die schon in der Vergangenheit zum<br />
Vorteil der reichsten zehn Prozent der<br />
Gesellschaft das finanzielle Nachsehen<br />
hatten, wird künftig wohl noch kräftiger<br />
zur Kasse gebeten.<br />
Statt eines Beschäftigungsaufbaus mit<br />
gesicherten und auf Dauer angelegten<br />
Arbeitsplätzen wachsen Leiharbeit und<br />
prekäre Beschäftigung – auch in der Bildung.<br />
Das beschleunigt die Erosion des<br />
tarifvertraglichen Schutzes für viele. Die<br />
gewerkschaftliche Forderung „gleicher<br />
Lohn für gleiche Arbeit“ rückt damit in<br />
weitere Ferne. Dies trifft vor allem junge<br />
Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger<br />
– auch im Lehrerberuf. Den Älteren<br />
hingegen droht eine empfindliche Kürzung<br />
der Renten und Pensionen, wenn<br />
die Bundesregierung ihre Pläne, die Altersgrenze<br />
willkürlich anzuheben, realisiert.<br />
Und ein solidarisches Gesundheitssystem<br />
wird gerade umgemodelt<br />
und die Zwei-Klassen-Medizin zementiert.<br />
Im Bildungsbereich haben Bundes- und<br />
Landesregierungen beim Dresdener Bildungsgipfel<br />
2008 (s. E&W 11/2008) die<br />
Dringlichkeit maßgeblicher finanzieller<br />
Verbesserungen zwar öffentlich anerkannt.<br />
Großspurig hatten sie versprochen,<br />
die Bildungsausgaben in den<br />
kommenden Jahren auf sieben Prozent<br />
des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu steigern.<br />
Doch seit dem dritten Gipfeltreffen<br />
im Juni (s. E&W 7-8/2010) sind die<br />
ursprünglich ins Auge gefassten zusätzlichen<br />
40 Milliarden Euro für den Ausbau<br />
von Kitas, Schulen, Hochschulen<br />
und Weiterbildung auf lediglich zehn<br />
Milliarden geschrumpft. Damit ist das<br />
Dresdener Versprechen desaströs gescheitert<br />
(s. Seite 27). Fest steht: Die<br />
Kommunen werden keine zusätzlichen<br />
Finanzmittel von Bund und Ländern<br />
bekommen. Stattdessen greift die „Fortschrittsbremse“<br />
(sprich: „Schuldenbremse“)<br />
und verordnet den Länderhaushalten<br />
drastische Sparmaßnahmen.<br />
So will beispielsweise das Saarland<br />
die Eingangsbesoldung für Lehrkräfte<br />
im gehobenen und höheren Dienst senken<br />
(s. Seite 30). Das wird schädliche<br />
Konsequenzen für die künftige Versorgung<br />
mit dringend benötigtem pädagogischen<br />
Personal haben. Daher setzt die<br />
<strong>GEW</strong> sich dafür ein, dass die Eingruppierung<br />
der Lehrerinnen und Lehrer<br />
endlich per Tarifvertrag geregelt wird –<br />
und Lehrkräfte nicht weiterhin schlechter<br />
bezahlt werden als andere Akademiker<br />
im öffentlichen Dienst.<br />
Die hohe Staatsverschuldung hat mehrere<br />
Ursachen. Insbesondere die Steuer-<br />
entlastung für Reiche und Vermögende<br />
hat allein in den vergangenen zehn Jahren<br />
zu Steuerausfällen von über 250<br />
Milliarden Euro geführt. „Deutschland<br />
ist ein Steuerparadies für Vermögende“,<br />
sagt einer, der es wissen muss: der Reeder<br />
Peter Krämer. Die <strong>GEW</strong> hat darauf eine<br />
klare Antwort. Sie schlägt vor, die<br />
Einnahmen des Staates zu stärken, und<br />
hat ein einfaches, auf Solidarität beruhendes<br />
Steuerprogramm entwickelt (s.<br />
E&W 5/2010). Bund und Länder könnten<br />
nach diesem Modell jährlich mindestens<br />
75 Milliarden Euro mehr einnehmen.<br />
Gewiss – dieser Vorschlag wird<br />
auf heftigen Widerstand stoßen. Denn<br />
diejenigen, die sich bisher ihre Taschen<br />
gefüllt haben, werden auch in Zukunft<br />
nicht darauf verzichten.<br />
Trotzdem: Warum bleiben Manager<br />
und große Akteure des Finanzmarktes<br />
bei der Bewältigung der Kosten der Krise<br />
ungeschoren und können die Gesellschaft<br />
so auf direktem Weg in die nächste,<br />
womöglich noch schlimmere Finanzkrise<br />
manövrieren? Warum versucht<br />
Politik nicht, die riesige Umverteilung<br />
von unten nach oben endlich umzukehren,<br />
statt diese weiter zu verfestigen?<br />
Das wäre im Interesse und zum<br />
Wohl der ganzen Gesellschaft. Nur so<br />
kann der Staat soziale Sicherheit, den<br />
Schutz bei Krankheit und im Alter sowie<br />
gute Bildung für alle garantieren.<br />
Deshalb lautet die Frage: Was ist jede<br />
Kollegin, jeder Kollege bereit zu tun,<br />
um die Folgen und Lasten der Krise sozial<br />
gerechter zu verteilen? Denn nur,<br />
wenn ihre Mitglieder sich engagieren,<br />
können Gewerkschaften auch etwas bewegen.<br />
Deshalb: Liebe Mitglieder, beteiligt<br />
euch an den bundesweit stattfindenden<br />
Versammlungen und Aktionen<br />
der DGB-Gewerkschaften vor Ort und<br />
bringt euch ein!<br />
Ulrich Thöne, <strong>GEW</strong>-Vorsitzender
Recht und<br />
Rechtsschutz<br />
10/2010 Informationen<br />
Altersdiskriminierung<br />
EuGH prüft<br />
Entgeltregelungen<br />
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat den<br />
Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Vorabprüfung<br />
ersucht, ob Entgeltregelungen des<br />
öffentlichen Dienstes jüngere Angestellte benachteiligen.<br />
Seit dem 1. Oktober 2005 ersetzt der Tarifvertrag<br />
für den öffentlichen Dienst<br />
(TVöD) den Bundes-Angestelltentarifvertrag<br />
(BAT). Die Überführung der<br />
Bundesangestellten in den TVöD hat zu<br />
Unklarheiten und in der Folge zu zahlreichen<br />
Klagen geführt. Beim BAG sind<br />
in dieser Frage außerdem Klagen von<br />
Landesangestellten anhängig, die teilweise<br />
zeitverzögert ebenfalls nicht mehr<br />
nach BAT, sondern nach dem Tarifvertrag<br />
der Länder (TV-L) bezahlt werden.<br />
Konkret geht es darum, ob bei der Überführung<br />
in den TVöD bzw. TV-L gegen<br />
europäisches Recht verstoßen wurde<br />
(Richtlinie 2000/78/EG), das Altersdiskriminierung<br />
verbietet. Bevor das BAG<br />
in mehreren Fällen entscheidet, wartet<br />
es den EuGH-Spruch ab.<br />
Hintergrund: Im BAT orientierte sich<br />
die Grundvergütung am Lebensalter, alle<br />
zwei Jahre erhielten die Angestellten<br />
eine höhere Vergütung – bis sie die Endgrundvergütung<br />
erreichen. Diese Regelung<br />
benachteiligte jüngere, qualifizierte<br />
Angestellte. Dagegen hebt die Bezahlung<br />
nach TVöD auf Tätigkeit, Berufserfahrung<br />
und Leistung ab.<br />
Weiterhin alte Ungleichheiten?<br />
Bei der Überführung in den TVöD – im<br />
Zuge der Besitzstandswahrung – sind<br />
die alten Entgelte weitergezahlt worden,<br />
die bereits erreichten Lebensaltersstufen<br />
blieben jedoch erhalten. Zum 1. Oktober<br />
2007 sind die Betroffenen endgültig<br />
jeweils in die nächsthöhere Stufe der<br />
neuen Entgelttabelle eingruppiert worden.<br />
Dagegen klagte unter anderem eine<br />
1962 geborene Bauingenieurin, die seit<br />
2004 in einer obersten Bundesbehörde<br />
der <strong>GEW</strong>–Bundesstelle<br />
für Rechtsschutz.<br />
Verantwortlich: Katrin Löber,<br />
Volker Busch, Gerhard Jens<br />
62. Jahrgang<br />
beschäftigt ist. Sie erreichte zum 1. Oktober<br />
2007 die reguläre Stufe 4 der Entgeltgruppe<br />
(EG) 11 und argumentiert:<br />
Die altersdiskriminierende<br />
BAT-Regelung werde im<br />
TVöD konserviert und fortgesetzt.<br />
Wie die älteren Angestellten<br />
müsse auch sie<br />
die Stufe 5 der EG 11 erhalten.<br />
Entscheidet der EuGH<br />
im Sinne der Klägerin, dürften<br />
einige TVöD-Eingruppierungen<br />
hinfällig sein.<br />
BAGvom20.Mai2010–6<br />
AZR319/09(A)<br />
Vorinstanz: LAG Köln vom<br />
6. Februar 2009 – 8 Sa<br />
1016/08<br />
Eine ähnlich gelagerte Klage<br />
aus dem Land Berlin ist<br />
beim BAG unter diesem<br />
Aktenzeichen anhängig:<br />
BAGvom20.Mai2010–6AZR148/09(A)<br />
Vorinstanz: LAG Berlin-Brandenburg vom<br />
11. September 2008 – 20 Sa 2244/07<br />
Eine weitere Klage aus Hessen, die der<br />
EuGH ebenfalls vorab prüfen soll, wurde<br />
bis zur Entscheidung des Berliner<br />
Verfahrens ausgesetzt.<br />
(BAG–6AZR481/09)<br />
Dienstfähigkeit<br />
Dienstherr entscheidet<br />
über „Reaktivierung“<br />
Dienstunfähige Beamtinnen und Beamte,<br />
die sich um eine neue, geeignete Tätigkeit<br />
bemühen, um wieder aktiv im Beruf zu stehen,<br />
haben schlechte Chancen. Denn der Arbeitgeber<br />
genießt das Privileg der Entscheidung,<br />
ob jemand „reaktiviert“ werden<br />
kann.<br />
Die Antragstellerin, eine ehemalige<br />
Konrektorin, war dienstunfähig in den<br />
Ruhestand ausgeschieden. Zu ihrem zuletzt<br />
ausgeübten Amt gehörten die<br />
Dienstaufgaben einer Lehrerin, die sie<br />
auch nach einem aktuellen amtsärztlichen<br />
Gutachten von 2009 nicht mehr<br />
ausüben konnte.<br />
Um wieder in das aktive Beamtenverhältnis<br />
wechseln zu können, wollte sie<br />
am Auswahlverfahren für die Stelle eines<br />
Schulaufsichtsbeamten teilnehmen.<br />
Dies verwehrte ihr der Dienstherr jedoch.<br />
Deshalb beantragte sie vor dem Verwaltungsgericht<br />
(VG) einerseits die Teilnahme<br />
am Auswahlverfahren, andererseits<br />
den Erlass einer einstweiligen Anordnung,<br />
um die endgültige Personalentscheidung<br />
zugunsten einer Mitbewerberin<br />
aufzuschieben: Zunächst sei zu<br />
klären, ob sie überhaupt wieder in das<br />
aktive Beamtenverhältnis berufen werden<br />
könne. Die Antragstellerin begründete<br />
ihren Reaktivierungsanspruch<br />
mit dem<br />
Landesbeamtengesetz<br />
Nordrhein-Westfalens<br />
(NRW) in der bis 31.<br />
März 2009 gültigen Fassung<br />
(Paragraf 48 Abs. 3<br />
Satz 1 LBG NRW) bzw.<br />
in der ab 1. April 2009<br />
gültigen Fassung (Paragraf<br />
35 Satz 1 LBG<br />
NRW).<br />
Das VG lehnte den Antrag<br />
ab, ebenso bleib die<br />
Beschwerde vor dem<br />
Oberverwaltungsgericht<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
(OVG NRW) ohne Erfolg:<br />
Beantrage ein Beamter die Wiederherstellung<br />
seiner Dienstfähigkeit, müsse<br />
er den gesundheitlichen Anforderungen<br />
des zuletzt ausgeübten Amtes genügen.<br />
Allein dieses Normverständnis entspreche<br />
dem Willen des Gesetzgebers.<br />
Die Interpretation, dass Beamte nur den<br />
Anforderungen eines neuen Amtes<br />
genügen müssten, sei dagegen vom Gesetz<br />
nicht gedeckt.<br />
Zwar habe das Land bereits seit 1998 die<br />
Regelungen gelockert, um die Wiedereinsatzmöglichkeiten<br />
von Beamten zu<br />
erweitern. Deshalb sei es auch zu einer<br />
Abkehr von der strengen Auslegung gekommen,<br />
die Dienstfähigkeit müsse uneingeschränkt<br />
– gemessen am alten Amt<br />
– wieder hergestellt sein. Doch gelte dieser<br />
geänderte Reaktivierungsgrundsatz<br />
nur bei Wiederverwendung von Beamten<br />
sozusagen „von Amts wegen“: wenn<br />
die Reaktivierung zum Beispiel den besonderen<br />
öffentlichen Interessen diene<br />
(z.B. wenn im Versorgungshaushalt geringere<br />
Kosten auf den Staat zukommen).<br />
Dagegen bleibe es bei der Reaktivierung<br />
auf Antrag des Beamten bei der ursprünglichen,<br />
strengen Regelung: Wiederherstellung<br />
der Dienstfähigkeit für<br />
das zuletzt ausgeübte Amt.<br />
OVGNRWvom13.Juli2009–6B<br />
552/09<br />
§<br />
Altersdiskriminierung<br />
Dienstfähigkeit<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 39
<strong>GEW</strong>-INTERN<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
wer verantwortlich vorsorgen will, kommt nicht daran vorbei, auch über die finanzielle Absicherung im Todesfall nachzudenken.<br />
Brechen Sie ein Tabu und treffen Sie Vorsorge für den Fall der Fälle.<br />
Ein Todesfall ist immer eine hohe psychische Belastung für alle Hinterbliebenen. Neben der Trauer müssen eine Reihe organisatorischer Aufgaben bewältigt<br />
werden. Von der Gestaltung der Trauerfeier bis hin zur Wohnungsauflösung. Aus Erfahrung wissen wir, dass die Kosten für eine würdige Bestattung<br />
5 000 EUR oft weit übersteigen. Sichern Sie Ihre Angehörigen rechtzeitig ab durch den Abschluss einer Sterbegeldversicherung. Denn seit<br />
dem 01.01.2004 wurde das von den gesetzlichen Krankenkassen gezahlte Sterbegeld komplett gestrichen.<br />
Eigenverantwortung ist jetzt unverzichtbar – Wir helfen Ihnen dabei.<br />
Sie können jetzt mit der BFW-Sterbegeldversicherung Ihre Lücke in der Vorsorge schließen; dabei kommen Ihnen die besonders günstigen Beiträge<br />
für <strong>GEW</strong>-Mitglieder zugute. Diese und weitere Vorteile gelten auch für Ihre Angehörigen:<br />
Vorteile auf einen Blick:<br />
● Niedrige Beiträge durch Gruppenvertrag ● Garantierte Aufnahme bis 80 Jahre<br />
● Steuerbegünstigung der Beiträge ● Doppelzahlung bei Unfalltod<br />
● <strong>Kein</strong>e Gesundheitsprüfung, ● Leistungsverbesserung durch Überschussbeteiligung<br />
Warum sollten Sie eine Sterbegeldversicherung beim Bildungs- und Förderungswerk der <strong>GEW</strong> abschließen?<br />
In der Bereitstellung finanzieller Mittel für ein würdiges Begräbnis sieht das BFW der <strong>GEW</strong> seine Hauptaufgabe. Durch den Gruppenvertrag mit der<br />
DBV Deutsche Beamtenversicherung bieten wir <strong>GEW</strong>-Mitgliedern und deren Angehörigen seit über 35 Jahren besonders günstige Versicherungsbeiträge.<br />
Wählen Sie eine Versicherungssumme zwischen 500 € und 12500 €.<br />
Senden Sie uns den folgenden Antrag am besten noch heute zurück.<br />
Beitragstabelle Monatsbeiträge je 500 EUR Versicherungssumme Tarif VG9/2008<br />
Eintritts Männer Frauen<br />
-alter EUR EUR<br />
15 0,59 EUR 0,51 EUR<br />
16 0,61 EUR 0,52 EUR<br />
17 0,62 EUR 0,53 EUR<br />
18 0,63 EUR 0,54 EUR<br />
19 0,65 EUR 0,56 EUR<br />
20 0,66 EUR 0,57 EUR<br />
21 0,67 EUR 0,58 EUR<br />
22 0,69 EUR 0,59 EUR<br />
23 0,71 EUR 0,60 EUR<br />
24 0,72 EUR 0,62 EUR<br />
25 0,74 EUR 0,63 EUR<br />
26 0,76 EUR 0,65 EUR<br />
27 0,78 EUR 0,66 EUR<br />
28 0,80 EUR 0,68 EUR<br />
29 0,82 EUR 0,69 EUR<br />
30 0,84 EUR 0,71 EUR<br />
31 0,86 EUR 0,73 EUR<br />
Bildungs- und Förderungswerk<br />
der <strong>GEW</strong> im DGB e.V.<br />
Eintrittsalter: Beginnjahr der Versicherung minus Geburtsjahr der zu versichernden Person.<br />
Bei Eintrittsalter 15-74 ist die Unfallzusatzversicherung obligatorisch eingeschlossen.<br />
Für andere Versicherungssummen als 500 Euro ist der Betrag entsprechend zu vervielfältigen.<br />
Die Monatsbeiträge sind versicherungstechnisch mit sieben Nachkommastellen gerechnet. Aus Vereinfachungsgründen sind aber nur zwei Nachkommastellen<br />
in der Beitragstabelle ausgewiesen. Deshalb kann es zu Rundungsdifferenzen kommen, die sich allerdings nur im Cent-Bereich bewegen.<br />
Endalter Beitragszahlung: 85 Jahre, aber mindestens fünf Jahre.<br />
40 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Eintritts Männer Frauen<br />
-alter EUR EUR<br />
32 0,89 EUR 0,75 EUR<br />
33 0,91 EUR 0,77 EUR<br />
34 0,94 EUR 0,79 EUR<br />
35 0,97 EUR 0,81 EUR<br />
36 1,00 EUR 0,83 EUR<br />
37 1,03 EUR 0,86 EUR<br />
38 1,06 EUR 0,88 EUR<br />
39 1,09 EUR 0,91 EUR<br />
40 1,13 EUR 0,94 EUR<br />
41 1,17 EUR 0,96 EUR<br />
42 1,21 EUR 0,99 EUR<br />
43 1,25 EUR 1,03 EUR<br />
44 1,30 EUR 1,06 EUR<br />
45 1,34 EUR 1,09 EUR<br />
46 1,39 EUR 1,13 EUR<br />
47 1,45 EUR 1,17 EUR<br />
48 1,50 EUR 1,21 EUR<br />
Eintritts Männer Frauen<br />
-alter EUR EUR<br />
49 1,56 EUR 1,26 EUR<br />
50 1,63 EUR 1,30 EUR<br />
51 1,69 EUR 1,35 EUR<br />
52 1,76 EUR 1,40 EUR<br />
53 1,84 EUR 1,46 EUR<br />
54 1,92 EUR 1,52 EUR<br />
55 2,00 EUR 1,58 EUR<br />
56 2,09 EUR 1,65 EUR<br />
57 2,18 EUR 1,72 EUR<br />
58 2,28 EUR 1,80 EUR<br />
59 2,39 EUR 1,88 EUR<br />
60 2,51 EUR 1,97 EUR<br />
61 2,63 EUR 2,07 EUR<br />
62 2,76 EUR 2,17 EUR<br />
63 2,91 EUR 2,29 EUR<br />
64 3,06 EUR 2,41 EUR<br />
65 3,23 EUR 2,55 EUR<br />
Eintritts Männer Frauen<br />
-alter EUR EUR<br />
66 3,42 EUR 2,70 EUR<br />
67 3,62 EUR 2,86 EUR<br />
68 3,84 EUR 3,05 EUR<br />
69 4,08 EUR 3,25 EUR<br />
70 4,35 EUR 3,48 EUR<br />
71 4,64 EUR 3,73 EUR<br />
72 4,97 EUR 4,02 EUR<br />
73 5,34 EUR 4,35 EUR<br />
74 5,75 EUR 4,73 EUR<br />
75 6,19 EUR 5,14 EUR<br />
76 6,75 EUR 5,66 EUR<br />
77 7,41 EUR 6,30 EUR<br />
78 8,22 EUR 7,09 EUR<br />
79 9,24 EUR 8,11 EUR<br />
80 10,61 EUR 9,49 EUR
Version G -03. 2010<br />
Beitrittserklärung bitte zurücksenden an:<br />
Bildungs- und Förderungswerk der <strong>GEW</strong> e.V., Postfach 90 04 09, 60444 Frankfurt<br />
Beitrittserklärung zur Gruppen-Sterbegeldversicherung<br />
(bis Alter 80) - Tarif VG9/2008<br />
Zu versichernde Person<br />
Versicherungsumfang<br />
Einzugsauftrag<br />
(bitte in jedem Fall ausfüllen)<br />
Produktbeschreibung<br />
Unfalltod-<br />
Zusatzversicherung<br />
Beitragszahlung<br />
Name / Vorname<br />
Straße / Hausnummer<br />
Versicherungsbeginn<br />
PLZ / Wohnort<br />
Geburtsdatum<br />
Telefonnummer für Rückfragen<br />
Ich beantrage eine Versicherungssumme von: (bitte ankreuzen)<br />
Versicherungssumme in €<br />
3.000<br />
5.000<br />
7.000<br />
10.000<br />
12.500<br />
Monatlicher Beitrag in €<br />
Ich wähle folgende Summe unter 12.500 Euro: Euro .....................<br />
zzgl. BFW-Mitgliedsbeitrag 0,05<br />
Mindestsumme 500,-- Euro<br />
Lastschriftbetrag ................<br />
Ich erkläre mich damit einverstanden, dass die Beiträge für diese Gruppen-Sterbegeld-Versicherung bis auf schriftlichen Widerruf und der<br />
monatliche BFW-Mitgliedsbeitrag von € 0,05 im Lastschriftverfahren monatlich eingezogen werden.<br />
Konto-Nummer Bankleitzahl<br />
Y Y<br />
Bank / Sparkasse / Postbank Konto-Inhaber<br />
Y<br />
Die Versicherungsleistung wird beim Tod der versicherten Person fällig.<br />
Das Höchsteintrittsalter beträgt 80 Jahre. Der Versicherer verzichtet auf<br />
eine Gesundheitsprüfung; stattdessen gilt beim Tod der versicherten<br />
Person im 1. Versicherungsjahr folgende Staffelung der Versicherungssumme:<br />
Bei Tod im 1. Monat: Rückzahlung des eingezahlten Beitrages;<br />
bei Tod im 2. Monat: Zahlung von 1/12 der Versicherungssumme; bei Tod<br />
im 3. Monat Zahlung von 2/12 der Versicherungssumme usw.; allmonat-<br />
Eine Unfalltod-Zusatzversicherung ist stets eingeschlossen, außer bei<br />
den Eintrittsaltern ab 75 Jahren. Bei Tod infolge eines Unfalls vor dem<br />
Ende des Versicherungsjahres, in dem die versicherte Person ihr 75.<br />
Die Beiträge sind bis zum Ende des Monats zu entrichten, in dem die<br />
versicherte Person stirbt; längstens jedoch bis zum Ende des Ver-<br />
Überschussbeteiligung Die von der DBV Deutsche Beamtenversicherung Lebensversicherung<br />
AG laufend erwirtschafteten Überschüsse werden in Form von Grund- und<br />
Zinsüberschussanteilen weitergegeben. Die Grundüberschussanteile<br />
werden mit den von mir zu zahlenden Versicherungsbeiträgen verrechnet.<br />
Zuwendungserklärung Die während meiner Mitgliedschaft auf die Sterbegeldversicherung<br />
anfallenden Grundüberschussanteile werden mit<br />
den von mir zu zahlenden Versicherungsbeiträgen verrechnet.<br />
Bis auf meinen jederzeit möglichen Widerruf wende ich dem<br />
BFW der <strong>GEW</strong> laufend Beträge in Höhe der jeweils verrechneten<br />
Überschussanteile zu. Dadurch kommen diese Beträge wirt-<br />
Unterschriften<br />
Bildungs- und Förderungswerk<br />
der <strong>GEW</strong> im DGB e.V.<br />
Über die Erhöhung des Versicherungsschutzes wird ein gesonderter Versicherungsschein erstellt.<br />
Bevor Sie diese Beitrittserklärung unterschreiben, lesen Sie bitte auf der<br />
Rückseite die Einwilligungserklärung der zu versichernden Person. Die Einwilligungserklärung<br />
enthält u.a. die Klausel nach dem Bundesdaten-<br />
Ort / Datum Unterschrift der zu versichernden Person<br />
Y Y Y<br />
Bitte kreuzen Sie an:<br />
weiblich männlich<br />
lich um 1/12 der Versicherungssumme steigend bis zur vollen Versicherungssumme<br />
ab Beginn des 2. Versicherungsjahres. Stirbt die<br />
versicherte Person vor Ablauf des ersten Versicherungsjahres infolge<br />
eines im ersten Versicherungsjahr eingetretenen Unfalls, wird stets<br />
die volle Versicherungsleistung erbracht.<br />
Interne Angaben<br />
Gruppenvertragsnummer Personenkreis Versicherungsscheinnummer Versicherungssumme Versicherungsbeginn<br />
4 7 9 0 0 5 8 6 6 1 4 7 0 1 2 0 1 0<br />
Y<br />
Ihr Servicetelefon<br />
069/78 97 32 05<br />
Bitte ankreuzen:<br />
Mitglied<br />
Familienangehörige/r<br />
Lebensjahr vollendet hat, wird die volle Versicherungssumme zusätzlich<br />
zur Sterbegeldleistung gezahlt.<br />
sicherungsjahres, in dem die versicherte Person das rechnungsmäßige<br />
85. Lebensjahr vollendet.<br />
Die Zinsüberschussanteile werden verzinslich angesammelt<br />
und zusammen mit der Versicherungsleistung ausgezahlt.<br />
schaftlich nicht mir, sondern dem BFW der <strong>GEW</strong> zu 64 % für<br />
satzungsgemäße Aufgaben und zu 36 % zur Förderung der<br />
Sterbegeldeinrichtung (Kostendeckungsmittel) zugute. Über<br />
die Höhe der Zuwendungen gibt das BFW der <strong>GEW</strong> auf Anfrage<br />
jederzeit Auskunft. Bei Widerruf der Zuwendungserklärung<br />
beträgt der monatliche BFW-Mitgliedsbeitrag 2,50 €.<br />
schutzgesetz (BDSG) und Hinweise zum Widerspruchsrecht; sie ist<br />
wichtiger Bestandteil des Vertrages. Sie machen mit Ihrer Unterschrift<br />
die Einwilligungserklärung zum Inhalt dieser Beitrittserklärung.<br />
Unterschrift der Kontoinhaberin/des Kontoinhabers<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 41
Einwilligungserklärung Die Vereinigung und die zu versichernde Person geben die nachfolgend abgedruckten Einwilligungserklärungen zur Datenverarbeitung<br />
nach dem Bundesdatenschutzgesetz und zur Schweigepflichtentbindung ab.<br />
Widerrufsrecht<br />
Sie können Ihre Erklärung bis zum Ablauf von 30 Tagen<br />
nach Erhalt des Versicherungsscheins und der<br />
Bestimmungen und Informationen zum Vertrag (BIV) ohne<br />
Angabe von Gründen schriftlich widerrufen. Eine<br />
Erklärung in Textform (z.B. per Brief, Fax oder E-Mail) ist<br />
I. Bedeutung dieser Erklärung und Widerrufsmöglichkeit<br />
Ihre personenbezogenen Daten benötigen wir zur Verhinderung<br />
von Versicherungsmissbrauch, zur Überprüfung unserer<br />
Leistungspflicht, zu Ihrer Beratung und Information sowie allgemein<br />
zur Antrags-, Vertrags- und Leistungsabwicklung.<br />
Personenbezogene Daten dürfen nach geltendem Datenschutzrecht<br />
nur erhoben, verarbeitet oder genutzt werden<br />
(Datenverwendung), wenn dies ein Gesetz ausdrücklich<br />
erlaubt oder anordnet oder wenn eine wirksame Einwilligung<br />
des Betroffenen vorliegt.<br />
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist die Verwendung<br />
Ihrer allgemeinen personenbezogenen Daten<br />
(z.B. Alter oder Adresse) erlaubt, wenn es der Zweckbestimmung<br />
eines Vertragsverhältnisses oder vertragsähnlichen<br />
Vertrauensverhältnisses dient (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG).<br />
Das gleiche gilt, soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen<br />
der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu<br />
der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des<br />
Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung<br />
überwiegt (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG). Die Anwendung<br />
dieser Vorschriften erfordert in der Praxis oft eine umfangreiche<br />
und zeitintensive Einzelfallprüfung. Auf diese kann bei Vorliegen<br />
dieser Einwilligungserklärung verzichtet werden.<br />
Zudem ermöglicht diese Einwilligungserklärung eine Datenverwendung<br />
auch in den Fällen, die nicht von den Vorschriften<br />
des Bundesdatenschutzgesetzes erfasst werden<br />
(Vgl. dazu Ziffer II).<br />
Einen intensiveren Schutz genießen besondere Arten personenbezogener<br />
Daten (insbesondere Ihre Gesundheitsdaten).<br />
Diese dürfen wir im Regelfall nur verwenden, nachdem<br />
Sie hierin ausdrücklich eingewilligt haben (Vgl. dazu Ziffer III.).<br />
Mit den nachfolgenden Einwilligungen zu Ziffer II. und Ziffer<br />
III. ermöglichen Sie zudem eine Datenverwendung auch<br />
solcher Daten, die dem besonderen gesetzlichen Schutz von<br />
Privatgeheimnissen gemäß § 203 Strafgesetzbuch unterliegen.<br />
Diese Einwilligungen sind ab dem Zeitpunkt der Antragstellung<br />
wirksam. Sie wirken unabhängig davon, ob später<br />
der Versicherungsvertrag zustande kommt. Es steht Ihnen<br />
frei, diese Einwilligungserklärungen mit Wirkung für die<br />
Zukunft jederzeit ganz oder teilweise zu widerrufen. Dies<br />
lässt aber die gesetzlichen Datenverarbeitungsbefugnisse<br />
unberührt. Sollten die Einwilligungen ganz oder teilweise<br />
verweigert werden, kann das dazu führen, dass ein Versicherungsvertrag<br />
nicht zustandekommt.<br />
II. Erklärung zur Verwendung Ihrer allgemeinen personenbezogenen<br />
Daten<br />
Hiermit willige ich ein, dass meine personenbezogenen Daten<br />
unter Beachtung der Grundsätze der Datensparsamkeit und<br />
der Datenvermeidung verwendet werden<br />
1.a) zur Vertragsabwicklung und zur Prüfung der Leistungspflicht;<br />
b) zur Weitergabe an den/die für mich zuständigen Vermittler,<br />
soweit dies der ordnungsgemäßen Durchführung meiner<br />
Versicherungsangelegenheiten dient;<br />
Allgemeine Hinweise<br />
Mir ist bekannt, dass die Vereinigung Versicherungsnehmerin<br />
ist. Sie handelt in meinem Auftrag. Ich bevollmächtige die Vereinigung<br />
zur Vertretung bei der Abgabe und Entgegennahme<br />
aller das Versicherungsverhältnis betreffenden Willenserklärungen<br />
(einschließlich der Kündigung der Sterbegeldversicherung<br />
beim Ausscheiden des Mitglieds aus der Vereinigung);<br />
die Vertretungsbefugnis erstreckt sich jedoch nicht<br />
auf die Empfangnahme von Versicherungsleistungen und<br />
die Änderung des Bezugsrechts.<br />
Versicherungsträger<br />
DBV Deutsche Beamtenversicherung<br />
Lebensversicherung AG<br />
Sitz: Wiesbaden (AG Wiesbaden - HRB 7501-)<br />
Vorsitzender des Aufsichtsrats: Herbert Falk<br />
42 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Widerrufsbelehrung auf Abschluss eines Versicherungsvertrages<br />
ausreichend. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die<br />
rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu<br />
richten an: DBV Deutsche Beamtenversicherung Lebensversicherung<br />
AG, Frankfurter Str. 50, 65189 Wiesbaden.<br />
Sofern der vorseitig genannte Versicherungsbeginn vor<br />
2. zur gemeinschaftlichen Führung von Datensammlungen<br />
der zur AXA Gruppe gehörenden Unternehmen (zu denen<br />
auch die DBV Deutsche Beamtenversicherung zählt und<br />
die im Internet unter www.dbv.de einsehbar sind oder mir<br />
auf Wunsch mitgeteilt werden), um die Anliegen im Rahmen<br />
der Antrags-, Vertrags- und Leistungsabwicklung schnell,<br />
effektiv und kostengünstig bearbeiten zu können (z.B.<br />
richtige Zuordnung Ihrer Post oder Beitragszahlungen).<br />
Diese Datensammlungen enthalten Daten wie Name,<br />
Adresse, Geburtsdatum, Kundennummer, Versicherungsnummer,<br />
Kontonummer, Bankleitzahl, Art der bestehenden<br />
Verträge, sonstige Kontaktdaten;<br />
3. durch andere Unternehmen/Personen (Dienstleister) innerhalb<br />
und außerhalb der AXA Gruppe, denen der Versicherer<br />
oder ein Rückversicherer Aufgaben ganz oder teilweise zur<br />
Erledigung überträgt. Diese Dienstleister werden eingeschaltet,<br />
um die Antrags-, Vertrags- und Leistungsabwicklung<br />
möglichst schnell, effektiv und kostengünstig zu<br />
gestalten. Eine Erweiterung der Zweckbestimmung der<br />
Datenverwendung ist damit nicht verbunden. Die Dienstleister<br />
sind im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung verpflichtet,<br />
ein angemessenes Datenschutzniveau sicher zu stellen,<br />
einen zweckgebundenen und rechtlich zulässigen Umgang<br />
mit den Daten zu gewährleisten sowie den Grundsatz der<br />
Verschwiegenheit zu beachten;<br />
4. zur Verhinderung des Versicherungsmissbrauchs und bei<br />
der Klärung von Ansprüchen aus dem Versicherungsverhältnis<br />
durch Nutzung konzerneigener Datenbestände sowie<br />
Nutzung eines Hinweis- und Informationssystems der Versicherungswirtschaft<br />
mit Daten, die der Gesamtverband<br />
der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) im Auftrag<br />
der Versicherer verschlüsselt. Auf Basis dieses Systems<br />
kann es zu einem auf den konkreten Anlass bezogenen<br />
Austausch personenbezogener Daten zwischen dem<br />
anfragenden und dem angefragten Versicherer kommen;<br />
5. zur Beratung und Information über Versicherungs- und<br />
sonstige Finanzdienstleistungen durch<br />
a) den Versicherer, andere Unternehmen der AXA Gruppe und<br />
den für mich zuständigen Vermittler;<br />
b) Kooperationspartner des Versicherers (die im Internet<br />
unter www.axa.de einsehbar sind oder mir auf Wunsch<br />
mitgeteilt werden); soweit aufgrund von Kooperationen mit<br />
Gewerkschaften/Vereinen Vorteilskonditionen gewährt<br />
werden, bin ich damit einverstanden, dass der Versicherer<br />
zwecks Prüfung, ob eine entsprechende Mitgliedschaft<br />
besteht, mit den Gewerkschaften/Vereinen einen Datenabgleich<br />
vornimmt;<br />
6. zur Antrags-, Vertrags- und Leistungsabwicklung, indem<br />
der Versicherer Informationen über mein allgemeines<br />
Zahlungsverhalten einholt. Dies kann auch erfolgen durch<br />
ein anderes Unternehmen der AXA Gruppe oder eine Auskunftei<br />
(z.B. Bürgel, Infoscore, Creditreform, SCHUFA);<br />
7. zur Antrags-, Vertrags- und Leistungsabwicklung, indem<br />
Bei höherem Eintrittsalter können die zu zahlenden<br />
Beiträge in ihrem Gesamtbetrag die versicherte<br />
Leistung unter Umständen übersteigen.<br />
Eine Durchschrift der Beitrittserklärung wird mir unverzüglich<br />
nach Unterzeichnung zugesandt.<br />
Auf diesen Vertrag findet das Recht der Bundesrepublik<br />
Deutschland Anwendung.<br />
Soweit Vorteilskonditionen gewährt werden, die vom<br />
Bestehen der Mitgliedschaft zu einer Gewerk-<br />
Vorstand: Dr. Frank Keuper (Vors.), Dr. Patrick Dahmen,<br />
Wolfgang Hanssmann, Ulrich C. Nießen, Thomas Gerber,<br />
Dr. Heinz-Jürgen Schwering<br />
dem Ablauf der Widerrufsfrist liegt, bin ich damit einverstanden,<br />
dass der erste oder einmalige Beitrag (Einlösungsbeitrag)<br />
- abweichend von der gesetzlichen<br />
Regelung - vor Ablauf der Frist fällig d.h. unverzüglich zu<br />
zahlen ist.<br />
der Versicherer ein Unternehmen der AXA Gruppe oder<br />
eine Auskunftei eine auf der Grundlage mathematischstatistischer<br />
Verfahren erzeugte Einschätzung meiner<br />
Zahlungsfähigkeit bzw. der Kundenbeziehung (Scoring) einholt.<br />
III. Erklärungen zur Schweigepflichtentbindung und<br />
Verwendung von Gesundheitsdaten<br />
Schweigepflichtentbindung<br />
Zur Bewertung unserer Leistungspflicht kann es erforderlich<br />
werden, dass wir die Angaben prüfen, die zur Begründung<br />
von Ansprüchen gemacht werden oder die sich aus eingereichten<br />
Unterlagen (z.B. Rechnungen, Verordnungen, Gutachten)<br />
oder Mitteilungen beispielsweise eines Krankenhauses<br />
oder Arztes ergeben. Diese Überprüfung unter Einbeziehung<br />
von Gesundheitsdaten erfolgt nur, soweit hierzu<br />
ein Anlass besteht (z.B. Fragen zu Unfalltod oder Selbsttötung).<br />
Um diese Prüfung und Bewertung zu ermöglichen, geben<br />
Sie folgende Erklärung ab:<br />
a) Zum Zweck der Prüfung der Leistungspflicht befreie ich<br />
von ihrer Schweigepflicht Ärzte, Pflegepersonen und Bedienstete<br />
von Krankenhäusern, sonstigen Krankenanstallten,<br />
Pflegeheimen, Personenversicherern, gesetzlichen<br />
Krankenkassen sowie von Berufsgenossenschaften und<br />
Behörden, soweit ich dort in den letzten 10 Jahren vor<br />
Antragstellung untersucht, beraten oder behandelt worden<br />
bin bzw. versichert war oder einen Antrag auf Versicherung<br />
gestellt habe.<br />
b) Die Angehörigen des Versicherers und seiner Dienstleistungsgesellschaften<br />
befreie ich von ihrer Schweigepflicht<br />
insoweit, als Gesundheitsdaten an beratende Ärzte oder<br />
Gutachter weitergegeben werden. Wir werden Gesundheitsdaten<br />
nach den Absätzen a) und b) nur erheben zur Leistungspflichtprüfung.<br />
Datenverwendung<br />
Um die Datenverwendung zu ermöglichen, geben Sie<br />
folgende Erklärungen ab:<br />
a) Ich willige in die Verwendung der von den vorstehenden<br />
Schweigepflichtentbindungserklärungen erfassten Gesundheitsdaten<br />
zur Leistungsprüfung ein. Die Grundsätze der<br />
Datensparsamkeit und Datenvermeidung sind zu beachten.<br />
b) Ich willige ferner ein, dass die von den vorstehenden<br />
Schweigepflichtentbindungserklärungen erfassten Gesundheitsdaten<br />
unter Beachtung der Grundsätze der Datensparsamkeit<br />
und Datenvermeidung im Sinne der Ziffer II. Nr.<br />
1 (Vertragsabwicklung), Nr. 3 (Outsourcing an Dienstleister),<br />
Nr. 4 (Missbrauchsbekämpfung) und Nr. 5 (Beratung und<br />
Information) verwendet werden dürfen.<br />
Zur Missbrauchsbekämpfung im Rahmen einer besonderen<br />
Konzerndatenbank dürfen Gesundheitsdaten nur von<br />
Kranken-, Unfall- und Lebensversicherern eingesehen und<br />
verwendet werden (Ziffer II. 4).<br />
schaft/Vereinigung abhängig sind, erfolgt ein Datenabgleich<br />
mit dieser Organisation ohne Bekanntgabe der Versicherungsinhalte.<br />
Die für Ihre Versicherung zuständige Aufsichtsbehörde ist die<br />
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin),<br />
Postfach 1308, 53003 Bonn, Internet: www.bafin.de.<br />
Unser Unternehmen ist Mitglied im Verein Versicherungsombudsmann<br />
e.V., Postfach 080632, 10006 Berlin.<br />
Anschrift:<br />
Frankfurter Straße 50<br />
65189 Wiesbaden
„Alte Taktik“?<br />
(E&W 5/2010, Schwerpunkt<br />
„Islam“, Seite 6ff.)<br />
Muslime stellen sich meist als „arme<br />
Opfer“ dar, als solche durften<br />
sie sich auch im <strong>GEW</strong>-Heft präsentieren.<br />
Es ist jedoch eine alte<br />
Taktik, die anderen für etwas zu<br />
beschuldigen, um so seine eigenen<br />
Forderungen durchzusetzen.<br />
Was bedeutet überhaupt Integration<br />
für Menschen, die sich oft weigern,<br />
die Sprache des Gastlandes<br />
zu lernen? Und wer kontrolliert,<br />
was die Kinder im Islamunterricht<br />
lernen? Das Recht auf freie Meinungsäußerung<br />
gilt in islamischen<br />
Organisationen nicht viel! Dieses<br />
Recht verteidigt aber gerade die<br />
<strong>GEW</strong> doch so sehr! Der einzige<br />
realitätsnahe Text war der von<br />
Neçla Kelek, sie nannte die Dinge<br />
beim Namen.<br />
L. Willeke-Hüther, Köln<br />
„Gehässig“?<br />
(E&W 5/2010, Seite 40:<br />
„Diesmal“)<br />
Kapiere ich das Cartoon nicht?<br />
Bin ich zu humorlos? Oder ist die<br />
Karikatur auf der Rückseite<br />
tatsächlich so bösartig und diskriminierend?<br />
Die Botschaft lautet:<br />
Unsere Studierenden sind „topgestylt“,<br />
„Laptop-bewehrt“ und<br />
kaufen sich vom Stipendiengeld<br />
das „geile Holzlenkrad für ihren<br />
Cabrio“. Bei allem Respekt vor<br />
Satire: Diese Karikatur hätte ich<br />
in der E&W nicht erwartet. Sie ist<br />
gehässig und verprellt mögliche<br />
neue Mitglieder.<br />
Frank Osterlos, Karlsruhe<br />
„Waidwunder<br />
Gesichtsausdruck“<br />
(E&W 6/2010: Titelbild)<br />
Das erste Mal seit Jahren bin ich<br />
erschüttert, wie schlecht ein Titelbild<br />
sein kann. Sexuelle Gewalt ist<br />
ein Thema, das nicht klischeebeladen<br />
behandelt werden sollte, auch<br />
nicht mit einem Bild. Da ich mich<br />
leider zu den „Ge- oder Beschädigten“<br />
zählen darf, bin ich mehr als<br />
verärgert darüber, dass ein Kind<br />
mit „waidwundem Gesichtsausdruck“<br />
als „Aufmacher“ herhalten<br />
muss. Ich fürchte, dass ein Täter<br />
das verwendete Kinderbild eher<br />
anregend finden könnte. So ticken<br />
Pädophile leider oft. Und un-<br />
glücklicherweise sieht man Kinder<br />
und Jugendlichen eben oft nicht<br />
an, was ihnen angetan wurde.<br />
Name ist der Redaktion bekannt<br />
„Mittelalterlich“<br />
(E&W 6/2010: Schwerpunkt<br />
„Sexuelle Gewalt“, Seite 6ff.)<br />
Über die Denunziationen im Juni-Schwerpunkt<br />
bin ich entsetzt.<br />
Dort wird eine Liste mit „Missbrauchsvorfällen<br />
in Privatschulen“<br />
veröffentlicht. Natürlich<br />
muss jeder Missbrauch angezeigt<br />
und bearbeitet werden – kein Thema.<br />
Jedoch Listen von Bildungseinrichtungen<br />
zu veröffentlichen,<br />
gegen deren Mitarbeiter Verfahren<br />
laufen (oder laufen sollten oder<br />
könnten!), ist mittelalterlich.<br />
A. Georges (per E-Mail)<br />
„Mangelhaft<br />
demokratisiert“<br />
Ich habe die Ausgabe mit Interesse<br />
gelesen. Leider geht es dabei fast<br />
ausschließlich um private Internate,<br />
die staatliche Schule wird kaum erwähnt.<br />
Obwohl es dort ebenso zu<br />
Übergriffen an Schülerinnen und<br />
Schülern kommt. Zwar werden in<br />
den einzelnen Beiträgen Konsequenzen<br />
aus den Misshandlungsbzw.<br />
Missbrauchsfällen und<br />
Präventionsmaßnahmen gefordert,<br />
allerdings fehlen praktikable Vorschläge.<br />
Die Schule bedarf einer unabhängigen<br />
Instanz, die sie kontrollieren<br />
und die notfalls eingreifen<br />
kann, wenn Kinder durch Lehrkräfte<br />
gefährdet sind. Misshandlung<br />
von Kindern zeigt, dass die Schule<br />
mangelhaft demokratisiert ist.<br />
Manfred Heinz Dietrich, Frankfurt<br />
am Main<br />
„Nicht vergleichbar“<br />
(E&W 6/2010: Antwort auf den<br />
Leserbrief von Erwin Saint Paul)<br />
Mit dem Anliegen von Erwin<br />
Saint Paul, einen Ausbau kostenfreier<br />
Erzieherinnenausbildung in<br />
öffentlicher Verantwortung anzustreben,<br />
gehe ich grundsätzlich<br />
konform. Nicht aber damit, Kinderpflegerinnen<br />
und Erzieherinnen<br />
statistisch als Einheit zu betrachten.<br />
Das geht an der Sache<br />
völlig vorbei. Beide Berufsgruppen<br />
sind weder in Bezug auf Berufsmotivation<br />
noch auf Arbeitsmarktchancen<br />
vergleichbar. Eben-<br />
so gibt es keine empirischen Belege<br />
dafür, dass der Hauptgrund für<br />
Ausbildungsabbrüche im Schulgeld<br />
zu suchen ist, das Auszubildende<br />
an private (meist gemeinnützige)<br />
Träger von Ausbildungsstätten<br />
zahlen müssen.<br />
Günther Schedel-Gschwendtner,<br />
Nürnberg<br />
„Front gemacht“<br />
(E&W 9/2010, Seite 26:<br />
„<strong>Kein</strong> Aufruf zum bundesweiten<br />
politischen Stillstand“)<br />
Bei allen zustimmungsfähigen Bemerkungen<br />
im Kommentar, auch<br />
zu den Motiven der Primarschul-<br />
Gegner darf in E&W nicht die eigene<br />
Berufsgruppe (schamvoll?)<br />
übergangen werden. Die Grundschulkollegien<br />
waren durchweg<br />
dafür, verständlicherweise. Die<br />
Gesamtschulen – etwas schwereren<br />
Herzens – auch. Die Gymnasialschulleiter<br />
(davon etliche<br />
<strong>GEW</strong>-Mitglieder) haben indes wenige<br />
Monate vor dem Volksentscheid<br />
in einem dramatischen Appell<br />
in der Öffentlichkeit Front<br />
gegen die Reform gemacht:<br />
„Schulleiter fürchten ,Chaos nach<br />
Reform‘“ titelte am 27. April 2010<br />
z. B. das Hamburger Abendblatt.<br />
Frohlocken auf den Internetseiten<br />
und an den Ständen der Gegner-<br />
Initiative! Wenn sich die Schulleitungen<br />
öffentlich schon so prononciert<br />
äußern, wie muss es<br />
dann in den Schulen, auf Elternabenden,<br />
in Konferenzen zugegangen<br />
sein? Klar, die Reform hätte<br />
besser vorbereitet werden können,<br />
aber wer längeres gemeinsames<br />
Lernen im Interesse aller<br />
Schülerinnen und Schüler wirklich<br />
will, darf sich nicht so von<br />
LESERFORUM<br />
Fehler und Korrektur<br />
(E&W 9/2010, Seite 24: „Demokratisch legitimierter Klassenkampf“)<br />
In den Text haben sich leider zwei sachliche Fehler eingeschlichen.<br />
Wir bitten, diese Fehler zu entschuldigen. Hier die Korrekturen:<br />
Statt „Der geplante Gesetzentwurf . . . zur . . . Primarschule . . . ist gescheitert“<br />
muss es heißen: „Das am 9. Oktober 2009 von der Bürgerschaft<br />
mehrheitlich und nach Nachbesserungen am 3. März 2010 einstimmig<br />
verabschiedete neue Schulgesetz, das die Primarschule einführt,<br />
ist durch einen erstmals verbindlichen Volksentscheid gestoppt.“<br />
Und statt „In dem Gesetzentwurf zur Schulreform war vereinbart,<br />
zehn Jahre ‚Schulfrieden‘ zu halten . . .“ muss es heißen: „Parallel zur<br />
Nachbesserung des Schulgesetzes, aber außerhalb des Parlaments, unterzeichneten<br />
CDU, SPD und GAL ein Parteiabkommen, zehn Jahre<br />
‚Schulfrieden‘ zu halten.“ E&W-Redaktion<br />
den Gegnern instrumentalisieren<br />
lassen. Einerseits sind wir in Hamburg<br />
stolz darauf, dass die <strong>GEW</strong><br />
vier Fünftel aller Lehrkräfte vertritt<br />
und ein progressives Image<br />
für sich reklamiert (und den<br />
Schulfortschritt in vielen Bereichen<br />
auch tatsächlich fördert).<br />
Jetzt aber haben die Gymnasien<br />
klar gegen das längere gemeinsame<br />
Lernen agiert. Manchmal hat<br />
man – sich zurücklehnend –<br />
gehört: „. . . ja wenn ihr geschafft<br />
hättet, die gemeinsame Schule für<br />
alle bis zur 10. Klasse zu befördern<br />
. . .“. Eine solche Initiative<br />
war ja bekanntlich schon weit vor<br />
einem Volksentscheid spektakulär<br />
gescheitert. Ich bin sicher, dass die<br />
Lehrkräfte der Gymnasien beträchtlichen<br />
Einfluss auf „ihre“ Eltern<br />
haben. Und den haben sie<br />
auch mittelschichttypisch genutzt<br />
– und nicht sozial solidarisch und<br />
bildungspolitisch vorwärtsweisend<br />
im Interesse benachteiligter<br />
Schülerschaften. <strong>GEW</strong>-Vorsitzender<br />
Ulrich Thöne hat zwar mit seinem<br />
Kommentar Recht, aber<br />
trotzdem: Eine entschiedenere<br />
Überzeugungsarbeit der <strong>GEW</strong>-<br />
Mitglieder nach innen hat gefehlt!<br />
Gerhard Lein, ehem. Gesamtschulleiter,<br />
SPD-Abgeordneter<br />
in der Hamburger Bürgerschaft<br />
E &W-Briefkasten<br />
Postanschrift der Redaktion:<br />
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
Postfach 900409, 60444 Frankfurt a. M.,<br />
E-Mail: renate.koerner@gew.de<br />
Die E&W-Rubrik „Anschlagtafel“ ist auf<br />
unserer Website unter www.gew.de/ Anschlagtafel.<br />
html zu finden.<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 43
NACHRUF<br />
Schultaschen<br />
für Lehrer/innen<br />
• Getestete und bewährte<br />
Modelle<br />
• Beste<br />
Qualität<br />
aus Leder<br />
• Auf Wunsch mit Tragegurt<br />
• 3 Jahre Funktionsgarantie<br />
Herstellerpreis ab 149,- €<br />
(14 Tage Rückgaberecht)<br />
TimeTEX<br />
Besuchen Sie uns:<br />
www.timetex.de<br />
TimeTEX ® HERMEDIA Verlag<br />
Postfach 109, 93337 Riedenburg<br />
Tel.: 09442/922090, Fax: 09442/9220966<br />
E-Mail: info@timetex.de<br />
44 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Foto: dpa<br />
Wegweiser in die Zukunft<br />
<strong>GEW</strong> trauert um Carl-Heinz Evers<br />
Top-Finanzierung für Beamte, Angestellte, Arbeiter im Öffentlichen Dienst sowie Akademiker<br />
Unser Versprechen: „Nur das Beste für Sie aus einer<br />
Auswahl von ausgesuchten Darlehensprogrammen”<br />
Schnell und sicher für jeden Zweck: Anschaffungen, Ablösungen von<br />
anderen Krediten oder Ausgleich Kontoüberziehungen.<br />
Festzinsgarantie bei allen Laufzeiten: Ratenkredite bis 10 Jahre,<br />
Beamtendarlehen von 12 bis 20 Jahre.<br />
> Unverbindliche Finanzierungsberatung für Sie. Rufen Sie<br />
uns jetzt gebührenfrei an oder besuchen Sie unsere Webseite.<br />
Carl-Heinz<br />
Evers<br />
Carl-Heinz Evers gilt als Vater der Berliner<br />
Gesamtschule. Mit ihm ist in diesem<br />
Jahr nach Ludwig von Friedeburg<br />
(hessischer Kultusminister von 1969<br />
bis 1974, s. E&W 7-8/2010) die zweite<br />
führende Persönlichkeit der bildungspolitischen<br />
Reformdebatte der 1960erund<br />
1970er-Jahre gestorben.<br />
Evers wurde 1963 vom Regierenden<br />
Bürgermeister Willy Brandt (SPD) als<br />
Schulsenator in den Berliner Senat berufen.<br />
Verschiedenes<br />
Seit 1997<br />
wTop-Finanz.de<br />
· Nulltarif-S0800-33 10 332<br />
Andreas Wendholt · Unabhängige Kapitalvermittlung · Prälat-Höing-Str. 19 · 46325 Borken<br />
Bundesweite Aufmerksamkeit hatte<br />
der damals 41-Jährige bereits ein Jahr<br />
zuvor durch eine viel beachtete Denkschrift<br />
zur inneren Schulreform erlangt.<br />
Ihm, dem <strong>GEW</strong>-Mitglied, lag<br />
die Modernisierung und Demokratisierung<br />
der Schule am Herzen.<br />
Carl-Heinz Evers kam aus einer gutbürgerlichen<br />
Ingenieursfamilie, der<br />
Großvater stammte aber aus dem Arbeitermilieu.<br />
Das prägte offenbar den<br />
Enkel, der es zum Professor und Senator<br />
brachte und damit einen Karrieresprung<br />
gemacht hat, der für Arbeiterkinder<br />
kaum vorgesehen war. Sein<br />
bildungspolitisches Augenmerk galt<br />
daher stets den Kindern aus bildungsfernen<br />
Schichten. Schon Anfang der<br />
1960er-Jahre kritisierte er massiv das<br />
ungerechte Ausleseprinzip der altmodischen<br />
deutschen Schule, in der das<br />
Wissen und nicht das Lernen im Vordergrund<br />
stehe.<br />
1970 trat er als Schulsenator zurück,<br />
Kreatives Schreiben<br />
Anspruchsvolle Workshops in Berlin und<br />
Intensivkurse in den Ferien in Potsdam.<br />
www.schreibwerk-berlin.de<br />
Z A R B<br />
ZARB erstellt attraktive Übungen und anspruchsvolle Tests aus<br />
Ihren deutschen oder fremdsprachlichen Texten. Ganz einfach<br />
per Mausklick! In Microsoft Word integriert. Zum Beispiel Rätsel,<br />
Wortformen- und Zuordnungsübungen, Geheimschriften, Lücken-,<br />
Schüttel-, Schlangen- und Fehlertexte.<br />
hans<br />
zybura<br />
software<br />
weil der Berliner Senat unter Bürgermeister<br />
Klaus Schütz (SPD) die Ausgaben<br />
für die Schulen kürzte. Evers blieb<br />
aber für den Bildungsbereich so etwas<br />
wie eine Lichtgestalt, die den Weg in<br />
die schulpolitische Zukunft wies – mit<br />
großem Einfluss auf die bildungspolitischen<br />
Debatten. Nach seinem Rücktritt<br />
lehrte er als Honorarprofessor an<br />
der TU Berlin.<br />
Aus Protest gegen die Asylpolitik der<br />
SPD trat er 1993 aus der Partei aus.<br />
Für die <strong>GEW</strong> war er noch in den<br />
1990er-Jahren aktiv, etwa gemeinsam<br />
mit Gunter Otto in der Jury des Georg-<br />
Tappert-Preises, eine Auszeichnung,<br />
die die Bildungsgewerkschaft für kulturelle<br />
Aktivitäten in Bildungs- und<br />
Erziehungseinrichtungen alle zwei<br />
Jahre vergeben hatte.<br />
Die <strong>GEW</strong> trauert um Carl-Heinz<br />
Evers. Mit ihm verliert sie einen aufrechten<br />
Ratgeber und kritischen Begleiter.<br />
swl<br />
Arbeitsblätter – kreativ und schnell erstellen<br />
3E<br />
4I<br />
Waldquellenweg 52 • 33649 Bielefeld • Fon 0521 . 9 45 72 90<br />
Fax 0521 . 9 45 72 92 • www.zybura.com<br />
lutzgoerner.de<br />
Ein Schillerabend der anderen Art.<br />
Lutz Görner ist einzigartig! (WAZ)<br />
1G<br />
2Z<br />
Lösung:<br />
2ZARB 4IST<br />
3 EINFACH 1 GENIAL<br />
Neue Produkte:
www.klinik-wollmarshoehe.de<br />
Darlehen supergünstig *1) Sollzins 1,95% ab 2,34% effektiver Jahreszins<br />
40-jährige Beratungskompetenz<br />
Best-Preis-Garantie<br />
www.ak-fi nanz.de<br />
www.hamosons.de<br />
Umhängetasche für Lehrer<br />
• leichtes, robustes Leder<br />
• geräumig + Laptopfach<br />
Nur 149 Euro. 1 Monat Widerrufsrecht.<br />
Die Wollmarshöhe<br />
Klinik<br />
Wollmarshöhe<br />
Fachkrankenhaus<br />
für psychosomatische<br />
Medizin<br />
Individuelle Hilfe mit<br />
Verfahren der klassischen<br />
Medizin, Psychotherapie<br />
und Naturheilkunde.<br />
Akutaufnahme möglich<br />
nach § 4 Abs. 4 (Privat -<br />
versicherer). 40 Betten,<br />
Arzt / Pat.Verhältnis 1:5.<br />
EZ-Unterbringung, persön -<br />
liche Atmosphäre, in<br />
Bodensee nähe (Bodnegg).<br />
Für Privatpatienten und<br />
Beihilfeberechtigte.<br />
Gerne senden wir Ihnen<br />
unser Exposé.<br />
Information: 07520 927-0<br />
Klinik Wollmarshöhe Gmbh<br />
info@klinik-wollmarshoehe.de<br />
www.wollmarshoehe.de<br />
Kreditraten bis 50% reduzieren<br />
Hypotheken- & Beamtendarlehensdiscounter Info: www.ak-fi nanz.de<br />
supergünstige Beamten-/Angestelltendarlehen, z. B. B. a. L./Angestellte ö. D. unkündbar, 30 J. alt, Lfz. 12 Jahre, Sollzins fest (gebunden) 5,6%, 20 000,– ¤ Darlehensnennbetrag, mtl. Rate 227,66 ¤<br />
inkl. LV, Kosten d. Bank 400,– ¤ = 2%, Darlehensnettobetrag 19 600,– ¤, effekt. Jahreszins 6,70%, bei 40 000,– ¤, Rate 453,64 ¤, bei 60 000,– ¤, Rate 679,49 ¤. *1) z. B. Nettodarlehen 20 000,– ¤.<br />
Bausparsumme 40 000,– ¤, Sollzinssatz 1,95% gebunden, effekt. Jahreszins 2,34% ab Zuteilung Bausparvertrag. Abschlussgebühr 400,– ¤ = 1%. Baufinanzierungen ohne Eigenkapital bis 120%.<br />
Kapitalvermittlungs-GmbH, E 3, 11 Planken, 68159 Mannheim<br />
Telefax (06 21) 17 81 80-25, E-Mail: beamtendarlehen@ak-fi nanz.de Gebührenfrei<br />
Beamtendarlehen<br />
Angestelltendarlehen<br />
Festzins ab 5,10 % p.a., eff. Jahreszins 5,49 % p.a.<br />
Laufzeiten von 10 bis 20 Jahren.<br />
Sonderdarlehen<br />
Ratenkredite mit Laufzeiten von 1 bis 10 Jahren<br />
eff. Jahreszins ab 5,45 %<br />
Hypotheken ab 3,6 % eff. Jahreszins 3,66 %<br />
5 Jahre fest vermittelt:<br />
FINANZSERVICE NEUMANN<br />
Langenbroicher Str. 47 . 52372 Kreuzau<br />
bundesweite Angebotshotline 0800/5009880<br />
Tel. (02422) 500 98 80 Fax (02422) 500 98 84<br />
Internet: www.kredite-fuer-beamte.de<br />
SPEZIALKREDITE - SPEZIALKONDITIONEN<br />
SPAREN BEIM KREDIT DURCH FINANZOPTIMIERUNG<br />
DARLEHEN FÜR ALLE IM ÖFFENTLICHEN DIENST<br />
ZUR FREIEN VERWENDUNG - LAUFZEIT BIS 20 JAHRE<br />
www.sonderdarlehen.de info@sonderdarlehen.de<br />
GEBÜHRENFREI Tel: 0800 - 0 567 836 Fax: 030 - 35 10 37 36<br />
BFS BEAMTENFINANZIERUNGSSERVICE PAEGELOW & PARTNER GbR<br />
Postfach 20 05 03, 13515 Berlin Dorfstr. 53, 13597 Berlin<br />
Beamten- und Angestellten-Darlehen<br />
Partner der Nürnberger Versicherung<br />
Sollzins 12 Jahre 5,60 %, eff. Jahreszins 6,89 % nach neuer EU-Richtlinie<br />
Beispiel: 30-jähr. Beamtin Sollzins 6,50 %, Laufz. 20 Jahre, eff. Jahreszins 7,18 %<br />
35.000,- € monatlich 322,90 € inkl. Lebensversicherung<br />
60.000,- € monatlich 552,52 € inkl. Lebensversicherung<br />
NEU: Auch für Beamte auf Probe und Pensionäre<br />
Info-Büro: 0800 / 77 88 000<br />
vermittelt: K. Jäckel, Am Husalsberg 3, 30900 Wedemark<br />
Fax: 05130 / 79 03 95, jaeckel@beamtendarlehen-center.de<br />
www.beamtendarlehen-center.de<br />
London<br />
5-tägige<br />
Klassenfahrt ab<br />
112 5<br />
Tel. 0800/1000 500<br />
������ ����������� ������ ��������<br />
�������� ��� �����������<br />
���� �� �� �� �<br />
������������<br />
������ �������� ������������������<br />
������������ ��������������<br />
������������������<br />
�����������������������<br />
�������������� � ���� �� ������ ������������������<br />
������������� ��� ������������ ���������<br />
��� ����������������� ��� ��������������������<br />
��� ������ ��� ��� ������� ��� ����������������<br />
Wir nehmen Ihre Wünsche persönlich<br />
Hypothekenfinanzierungen, Darlehen für Beamte und Akademiker<br />
Bankhaus Dr. Masel AG, Heerstr. 18-20, 14052 Berlin<br />
Informationen im Internet oder persönlich unter Telefon 030 / 300 683 - 0<br />
www.bankhaus-masel.de<br />
Urlaub / Klassenfahrten<br />
Tel. 05261 2506-1110 | england@cts-reisen.de | www.cts-reisen.de<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 45
SCHULFAHRTEN 2011<br />
46 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Tel0039/0547/672727<br />
Fax0039/0547/672767<br />
Via Bartolini, 12<br />
47042 Cesenatico/Italia<br />
www.real-tours.de<br />
24 h online buchen<br />
E-Mail: Info@real-tours.de<br />
6 1/2 Tage Busfahrt nach Cesenatico mit Ausflügen ab € 218,- HP. Leistungen: Busfahrt hin und<br />
zurück, 4 Tage HP, Ausflüge: Venedig, San Marino, Ravenna.<br />
8 1/2 Tage Busfahrt nach Cesenatico mit Ausflügen ab € 244,- HP. Leistungen: Busfahrt hin und<br />
zurück, 6 Tage HP, Ausflüge: Urbino & San Marino, Venedig, Ravenna.<br />
Freiplätze CESENATICO: 16 - 20 Schüler 1 Freiplatz, 21 - 35 Schüler 2 Freiplätze, 36 - 45 Schüler<br />
3 Freiplätze, 46 - 60 Schüler 4 Freiplätze.<br />
6 1/2 Tage Busfahrt zur Toskana-Küste mit Ausflügen ab € 249,- HP. Leistungen: Busfahrt hin<br />
und zurück, 4 Tage HP, Ausflüge: Florenz, Pisa & Lucca.<br />
8 1/2 Tage Busfahrt zur Toskana-Küste mit Ausflügen ab € 274,- HP. Leistungen: Busfahrt hin<br />
und zurück, 6 Tage HP, Ausflüge: Florenz, Pisa & Lucca, Siena & San Gimignano.<br />
6 Tage Busfahrt nach Südtirol mit Ausflügen € 250,- VP. Leistungen: Busfahrt hin und zurück<br />
(keine Nachtfahrt), 5 Tage VP, Ausflüge: Venedig o. Verona, Sterzing, Brixen & Bruneck.<br />
9 1/2 Tage Busfahrt nach Rom mit Ausflügen ab € 329,- HP. Leistungen: Busfahrt hin und zurück, 7<br />
Tage HP im Mittelklassehotel ca. 50 km bis Rom, 4 Tagesfahrten i. d. Stadt mit Programmvorschlägen.<br />
6 1/2 Tage Busfahrt zum Gardasee mit Ausflügen ab € 288,- HP. Leistungen: Busfahrt hin und<br />
zurück, 4 Tage HP, Ausflüge: Verona, Venedig, Sirmione.<br />
8 1/2 Tage Busfahrt zum Gardaseee mit Ausflügen ab € 339,- HP. Leistungen: Busfahrt hin und<br />
zurück, 6 Tage HP, Ausflüge: Verona, Venedig, Sirmione, Riva.<br />
9 1/2 Tage Busfahrt nach Sorrent mit Ausflügen ab € 329,- HP. Leistungen: Busfahrt hin und zurück<br />
mit Zwischenübernachtung, 7 Tage HP, Ausflüge: Pompeji, Vesuv, Amalfiküste, Neapel/Capri.<br />
9 1/2 Tage Busfahrt nach Griechenland mit Ausflügen ab € 373,- HP. Leistungen: Busfahrt hin<br />
und zurück, Fähre Ancona - Patras, Ausflüge: Athen, Olympia, Mykene & Epidauros.<br />
8 Tage Busfahrt nach Spanien mit Ausflügen ab € 278,- HP. Leistungen: Busfahrt hin und zurück,<br />
5 Tage HP, Ausflüge: Barcelona, Montserrat, Figeres & Gerona.<br />
10 Tage Busfahrt nach Spanien mit Ausflügen ab € 327,- HP. Leistungen: Busfahrt hin und zurück,<br />
7 Tage HP, Ausflüge: Barcelona, Montserrat, Figeres & Gerona, Fahrt entlang der Küste.<br />
4-Tage-Fahrt nach Berlin, 4-Tage-Fahrt nach München, 7 1/2 Tage London mit<br />
Ausflügen, 6 Tage Paris mit Ausflügen, 6 Tage Prag mit Ausflügen. Preise auf<br />
Anfrage.<br />
NEU +++ Pakete für Fahrten bei eigener Anreise, z. B. per Flug +++ NEU<br />
4-Tage-Fahrt nach Barcelona, 4-Tage-Fahrt nach Madrid, 4-Tage-Fahrt nach Sevilla,<br />
6-Tage-Fahrt nach Spanien / Katalonien 6-Tage-Fahrt nach Cesenatico. Preise auf<br />
Anfrage.<br />
Bitte fragen Sie nach unserem Katalog 2011.<br />
Weitere Informationen auch bei R. Peverada, Im Steinach 30, 87561 Oberstdorf,<br />
Telefon 0 83 22 / 800 222, Telefax 0 83 22 / 800 223.<br />
Klassenfahrten Versailles<br />
mit oder ohne Sprachkurs<br />
ausgesuchte Gastfamilien, indiv. Programm<br />
versailles@reichardt.eu, T: 06181 424830<br />
www.reichardt.eu<br />
Berlin Berlin<br />
Das freundliche Hotel in Prenzlauer Berg.<br />
Für Oberstufengruppen und Einzelreisende.<br />
T: 030 4435283, www.hotel-greifswald.de<br />
www.Herberge-Harz.de<br />
3 Tage ab 49 € - 5 Tage ab 79 €<br />
(ÜB/VP, Programm inklusive).<br />
<strong>Kein</strong>e Stornoklausel, Freiplätze<br />
für Begleitpersonen.<br />
Besondere Angebote:<br />
Winter-, Weihnachts- und<br />
Outdoorprogramme.<br />
Telefon: 03947 - 2793<br />
www.s-e-t.de<br />
Tel: 0421–308820<br />
� Top-Unterbringung � Top-Programm � Shakespeare<br />
Der Spezialist für Klassenfahrten England<br />
� London, Oxford, Canterbury, Hastings, Eastbourne...<br />
Klassenfahrten<br />
maßgeschneidert<br />
www.cts-reisen.de<br />
Tel. 05261 2506-0 | info@cts-reisen.de | www.cts-reisen.de
Kanu-Freizeiten<br />
in Deutschland<br />
z.B. 5 Tage Kanucamp<br />
im Weserbergland ab<br />
145 5<br />
Tel. 05261 2506-7140 | deutschland@cts-reisen.de | www.cts-reisen.de<br />
Diese Vorteile bietet Ihnen nur Agaria Tours:<br />
- Kostenlos: Sie erhalten Ihren<br />
persönlichen Gruppenreiseplaner<br />
Prag bereits mit unserem Angebot!<br />
- Wirtschaftlich: Sie zahlen die<br />
gesamte Reise erst nach der Fahrt!<br />
- Serviceorientiert: Wir betreuen<br />
Sie auch in Prag rund um die Uhr!<br />
- Individuell und kompetent:<br />
Wir erarbeiten das Programm mit<br />
unserem exklusiven Agaria-Büro<br />
in Prag nach Ihren Wünschen!<br />
das tschechische team · Tel. 040/280 95 90 · prag@agaria.de · www.agaria.de<br />
Klassenfahrten 2011<br />
Amsterdam 3xÜF ab 107,– €<br />
London 4 x ÜF ab 115,– €<br />
Caorle/Venedig 4xÜ ab 91,– €<br />
Gardasee 4xÜ ab 85,– €<br />
Toskana 4xÜ ab 86,– €<br />
Rom 4 x ÜF ab 109,– €<br />
Côte d’Azur 4xÜ ab 80,– €<br />
Prag 3 x ÜF ab 58,– €<br />
Costa Brava 4xÜ ab 79,– €<br />
Kroatien 4xÜ ab 69,– €<br />
Ferienpark Nordsee 4xÜ ab 94,– €<br />
Berlin 3 x ÜF ab 82,– €<br />
Alle Preise exkl. An reise. Indi vi duelle<br />
Anreisekosten a.A. Weitere in -<br />
te ressante Ziele mit Bus-, Bahn- o. Low<br />
cost-Flug an reise Verlän ge rungs -<br />
tage möglich Attraktive Leh rer-Info-<br />
Reisen Bonus bei Buchung von<br />
3 Klassen! je 25 Schüler 1 Freiplatz<br />
Behindertengerechte Unterkünfte!<br />
Fordern Sie unseren Katalog 2011 an!<br />
Freizeit Aktiv Studienreisen GmbH<br />
Postfach 1155 · D-64659 Alsbach<br />
Fon: 0 62 57-9 9819-0 · Fax: 9 9819-25<br />
info@ freizeit-aktiv.de·www.freizeit-aktiv.de<br />
jede Woche neue Angebote<br />
schulfahrt.de<br />
www.s-e-t.de<br />
Tel: 0421–308820<br />
Der Spezialist für Klassenfahrten England<br />
� Top-Hotels � Top-Programm � inkl. Oxford<br />
� Shakespeare at the Globe<br />
10/2010 Erziehung und Wissenschaft 47
Erziehung und Wissenschaft<br />
Diesmal<br />
48 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
Cartoon: Freimut Wössner