MATERIALIEN FüR DEN UNTERRICHT - Jud Süß - Film ohne ...
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manIpulatIon,<br />
propaganda<br />
und rollenspIel<br />
manIpulatIon, propaganda und rollenspIel<br />
Wo verläuft die Grenze zwischen Rhetorik und Manipulation?<br />
Was bedeutet es, jemanden zu überzeugen,<br />
und welche Mittel sind statthaft, um Einfluss auf das Verhalten<br />
anderer zu gewinnen? Beunruhigend sind diese<br />
Fragen, weil sie nicht allein kommunikative Techniken<br />
betreffen. Vielmehr stellen sie unsere Konzeption vom<br />
autonomen Individuum auf den Prüfstand. Dies ist, eng<br />
verknüpft mit dem Thema Verantwortung und Schuld,<br />
ein inhaltlicher Fokus von JUD SÜSS – FILM OHNE GEWIS-<br />
SEN. Die ganze Handlung besteht gewissermaßen aus<br />
provozierenden Antworten und Streiflichtern zur Frage<br />
nach der Manipulation.<br />
spiegeleffekte Ein wesentliches Stilmittel ist dabei<br />
das Spiel im Spiel und dessen Spezialfall, der <strong>Film</strong> im<br />
<strong>Film</strong>. Drei Ebenen von Ereignissen treten in Wechselwirkung.<br />
Ausgangspunkt ist das mutmaßliche historische<br />
Geschehen am Herzogshof zu Stuttgart. Ins Bild kommt<br />
diese erste Ebene jedoch überhaupt nur vermittelt<br />
durch die zweite, durch den nationalsozialistischen<br />
Propagandafilm. Dessen Entstehungsgeschichte wiederum<br />
erzählt Oskar Roehlers JUD SÜSS – FILM OHNE<br />
GEWISSEN. Originalausschnitte des Harlan-<strong>Film</strong>s von<br />
1940 sowie einige mit den Darstellern von 2010 nachgedrehte<br />
und montierte Szenen in Originaloptik sind in<br />
die Handlung von Roehlers <strong>Film</strong> eingebettet. Sie sind<br />
dort zum einen das fiktive Resultat der Dreharbeiten;<br />
zum anderen beeinflussen sie ihrerseits die Spielhandlung.<br />
Anna etwa erkennt erst in der Premiere auf der<br />
10<br />
Leinwand das ganze abscheuliche Ausmaß der Demagogie,<br />
für die sich ihr Mann entgegen seinen Beteuerungen<br />
hergegeben hat. Später verlässt dieser selbst<br />
bestürzt das Kinozelt, als die Soldaten in die Hetzrufe<br />
„seines” <strong>Film</strong>s einstimmen. Darüber hinaus kommentiert<br />
das immer wieder eingestreute Leinwandgeschehen<br />
die Spielhandlung oder nimmt sie düster vorweg,<br />
etwa in der Hinrichtungsszene. Dies illustriert eine egoistische<br />
Furcht, die Marian sofort beschleicht: Dass die<br />
Rolle des <strong>Süß</strong> Oppenheimer an ihm kleben bleiben<br />
wird wie Deutschers schwarze Othello-Schminke an<br />
seinem, Marians, Schurken Jago. Die Funktion dieser<br />
Spiegelungen? Jede Handlung steht in einem kommunikativen<br />
und damit potenziell manipulativen Kontext.<br />
Auch die Kunst kann sich dem nicht entziehen. Jede<br />
Handlung, ob künstlerisch oder nicht, ist durch mediale<br />
Darstellung mitbestimmt und baut ihrerseits eine Kraft<br />
der Bedeutung auf, die auf andere Handlungen ausstrahlt.<br />
Kommunikation ist allgegenwärtig. Was freilich<br />
nicht bedeutet, dass man ihr hilflos ausgeliefert wäre.<br />
der meister Goebbels hat den unbedingten Willen,<br />
die nationalsozialistischen Ziele durchzusetzen. Sein<br />
Einsatz gilt der Vorbereitung von Hitlers Krieg und der<br />
Vernichtung der <strong>Jud</strong>en sowie all derer, die ihm dabei im<br />
Weg stehen. Seine wichtigsten Strategien sind kommunikativer<br />
Art, doch bei Bedarf wendet er auch andere<br />
Mittel an. Goebbels diskutiert nie, lässt sich nie in die<br />
Karten schauen oder gar andere an Entscheidungen<br />
„ Selbstverständlich hat die Propa<br />
ganda eine Absicht, aber die Ab<br />
sicht muss so klug und so virtuos<br />
kaschiert sein, dass der, der von<br />
dieser Absicht erfüllt werden soll,<br />
das überhaupt nicht bemerkt.”<br />
(Joseph Goebbels, zitiert nach:<br />
Guido Knopp, Die Machtergrei<br />
fung. München, 2009, S. 178.)<br />
Am Set: Regisseur Harlan (Justus von<br />
Dohnányi), Goebbels (Moritz Bleibtreu),<br />
Schauspieler Marian (Tobias Moretti)