Margaret Fullers transnationales Projekt : Selbstbildung, feminine ...
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Freundschaftskult 201<br />
Der historische Diskurs über das Phänomen der Frauenfreundschaft, das „zu den in der<br />
Wissenschaft meistvernachlässigten Kategorien“ gehört, wird mit Caroll Smith-<br />
Rosenbergs Aufsatz „The Female World of Love and Ritual: Relations Between Women<br />
in Nineteenth Century America“ (1975) eingeleitet. 5 In ihrer Studie bezieht sich die<br />
Autorin auf Briefe und Tagebücher amerikanischer Frauen der Mittelschicht, um die<br />
Muster der privaten weiblichen Freundschaftskultur im 19. Jahrhundert zu<br />
dokumentieren. Smith-Rosenberg hebt hervor, dass „gleichgeschlechtliche Freundschaften<br />
ein selbstverständlicher Teil der Welt des 18. und 19. Jahrhunderts waren“: 6<br />
American society was characterized in large by rigid gender-role<br />
differentiation within the family and within society as a whole, leading<br />
to the emotional segregation of women and men. The roles of daughter<br />
and mother shaded imperceptibly and ineluctably into each other, while<br />
the biological realities of frequent pregnancies, childbirth, nursing, and<br />
menopause bound women together in physical and emotional intimacy.<br />
It was within just such a social framework [...] that a specifically female<br />
world did indeed develop, a world built around a generic and unselfconscious<br />
pattern of single-sex or homosocial networks. [...] Such<br />
female relationships were frequently supported and paralleled by severe<br />
social restrictions on intimacy between young men and women. Within<br />
such a world of emotional richness and complexity devotion to and<br />
love of other women became plausible and socially accepted. 7<br />
Smith-Rosenberg setzt sich kritisch mit Ansätzen auseinander, die die<br />
gleichgeschlechtlichen Freundschaften im 19. Jahrhundert als homosexuelle<br />
Beziehungen beschreiben, und schlägt eine alternative Herangehensweise vor, die<br />
den historischen und sozialen Hintergrund der Frauenfreundschaft berücksichtigt.<br />
Über die Frauenfreundschaft im 18. und 19. Jahrhundert heißt es:<br />
Eighteenth- and nineteenth-century women thus lived in emotional<br />
proximity to each other. [...] Intense bonds of love and intimacy bound<br />
together those women who, offering each other aid and sympathy,<br />
shared such stressful moments. 8<br />
Die Autorin erläutert, dass die Frauenfreundschaften zu der Bestätigung der<br />
weiblichen Identität beitrugen, da die Frauen durch die intensiven Beziehungen<br />
innere Sicherheit und Selbstbewusstsein gewannen und innerhalb eines<br />
geschlossenen Kreises ihre Autorität geltend machen konnten. 9<br />
5 NÖTZOLD-LINDEN, „Freundschaftsmuster“, 105. Eckhardt Meyer-Krentler bezeichnet die<br />
Frauenfreundschaft als eine vernachlässigte Kategorie, was er in erster Linie darauf zurückführt,<br />
dass „das Freundschaftsideal in literarischen und popularphilosophischen Texten vorrangig unter<br />
Männern“ gelte und Frauenfreundschaft kaum ein Thema in theoretischen Schriften der Zeit sei.<br />
MEYER-KRENTLER, „Freundschaft im 18. Jahrhundert“, 19.<br />
6 NÖTZOLD-LINDEN, „Freundschaftsmuster“, 106.<br />
7 SMITH-ROSENBERG, „The Female World of Love and Ritual“, 9.<br />
8 SMITH-ROSENBERG, „The Female World of Love and Ritual“, 24.<br />
9 Smith Rosenberg charakterisiert die weibliche Welt folgendermaßen: „This was [...] a<br />
female world in which hostility and criticism of other women were discouraged, and thus a