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BB 26.2008.pdf - Notar Dr. Tobias Hausch in Düsseldorf

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PRAXISTIPP: Das E<strong>in</strong>greifen des § 613 a BGB kann daher <strong>in</strong>sbesondere<br />

dadurch vermieden werden, dass nur solche Vermögensgegenstände des<br />

Veräußerers erworben werden, die bislang <strong>in</strong> ihrer Gesamtheit beim Veräußerer<br />

nicht die Voraussetzungen e<strong>in</strong>es Betriebs bzw. Betriebsteils erfüllt<br />

hatten. 14 In Anbetracht des Fehlens allgeme<strong>in</strong> gültiger klarer Grenzen, ab<br />

wann die Voraussetzungen e<strong>in</strong>es Betriebs(teils) erfüllt s<strong>in</strong>d, ist diesbezüglich<br />

<strong>in</strong>des zu höchster Vorsicht zu raten.<br />

2. Betriebsstilllegung<br />

Auf die Motive des Erwerbers kommt es nicht an. Selbst wenn der Erwerber<br />

den Betrieb nach dessen Übergang alsbald stillzulegen beabsichtigt,<br />

erwirbt er ihn mit den Rechtsfolgen des § 613a BGB. 15 E<strong>in</strong><br />

Betriebsübergang liegt allerd<strong>in</strong>gs nicht vor, wenn nach e<strong>in</strong>er durch<br />

den Veräußerer erfolgten Stilllegung des Betriebs 16 lediglich die ehemaligen<br />

Betriebsmittel veräußert werden. 17 E<strong>in</strong>en Weg zur Vermeidung<br />

e<strong>in</strong>es Betriebsübergangs könnten die Parteien des Unternehmenskaufvertrages<br />

daher dar<strong>in</strong> sehen, den Veräußerer zur Stilllegung<br />

des Betriebs unter Auflösung der Betriebsorganisation zu verpflichten.<br />

Zu berücksichtigen ist <strong>in</strong>des, dass der Erwerber regelmäßig mit den<br />

erworbenen Betriebsmitteln geschäftliche Aktivitäten entfalten<br />

möchte. Der Betrieb soll <strong>in</strong>soweit gerade nicht auf Dauer stillgelegt<br />

werden. Alle<strong>in</strong> der Umstand, dass der Veräußerer selbst ke<strong>in</strong>e geschäftlichen<br />

Aktivitäten mehr ausüben möchte, genügt nicht. Betriebsveräußerung<br />

und Betriebsstilllegung schließen sich vielmehr systematisch<br />

aus. 18 Vere<strong>in</strong>barungen zur Stilllegung des Betriebs s<strong>in</strong>d daher<br />

bei Fortführungsabsicht des Erwerbers nicht zielführend.<br />

3. Erfordernis tatsächlicher Fortführung<br />

Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel <strong>in</strong> der Person des Inhabers<br />

e<strong>in</strong>. Der Rechtsprechung des BAG 19 zufolge setzt dies voraus,<br />

dass der Erwerber die Geschäftstätigkeit weiterführt oder wieder<br />

aufnimmt. Die bloße Fortführungsmöglichkeit ohne tatsächliche<br />

Fortführung genügt nicht. 20 Ausgeschlossen ist e<strong>in</strong>e Anwendung des<br />

§ 613a BGB daher, wenn der Erwerber vom Veräußerer Gegenstände<br />

erwirbt, welche beim Veräußerer e<strong>in</strong>en Betrieb oder e<strong>in</strong>en Betriebsteil<br />

gebildet hatten, der Erwerber mit diesen Betriebsmitteln<br />

aber se<strong>in</strong>erseits ke<strong>in</strong>e Geschäftstätigkeit ausübt. Diesbezüglich werden<br />

Vere<strong>in</strong>barungen im Unternehmenskaufvertrag zur Vermeidung<br />

e<strong>in</strong>es Betriebsübergangs allerd<strong>in</strong>gs wiederum nur <strong>in</strong> den Ausnahmefällen<br />

<strong>in</strong> Betracht kommen, <strong>in</strong> denen der Erwerber tatsächlich nicht<br />

an e<strong>in</strong>er Fortführung des Betriebs <strong>in</strong>teressiert ist, weil er die erworbenen<br />

ehemaligen Betriebsmittel auf e<strong>in</strong>e andere Weise verwenden<br />

möchte.<br />

4. Identität des fortgeführten Betriebs(teils)<br />

Die für e<strong>in</strong>en Betriebsübergang erforderliche Identität des fortgeführten<br />

Betriebs(teils) ist nur dann gegeben, wenn dieser se<strong>in</strong>e<br />

„Nämlichkeit“ unbeschadet der Transaktion bewahrt. 21 Die Identität<br />

kann etwa im Falle e<strong>in</strong>er wesentlichen ¾nderung der Art der betrieblichen<br />

Tätigkeit entfallen, <strong>in</strong>sbesondere wenn hiernach e<strong>in</strong><br />

gänzlich anderer Kundenkreis als zuvor angesprochen wird. 22 Auch<br />

durch e<strong>in</strong>e räumliche Verlegung der Betriebsmittel kann e<strong>in</strong> Verlust<br />

der Identität der wirtschaftlichen E<strong>in</strong>heit e<strong>in</strong>treten. 23 Sogar die bloße<br />

Unterbrechung der betrieblichen Tätigkeit kann zur Folge haben,<br />

dass nach der Wiederaufnahme der geschäftlichen Aktivitäten nicht<br />

mehr von e<strong>in</strong>er Identität ausgegangen werden kann. 24 Vor diesem<br />

Arbeitsrecht<br />

<strong>Hausch</strong> · Gestaltungsmittel im Asset Deal-Unternehmenskaufvertrag im H<strong>in</strong>blick auf § 613a BGB<br />

H<strong>in</strong>tergrund könnten die Parteien des Unternehmenskaufvertrages<br />

das E<strong>in</strong>greifen des § 613a BGB dadurch zu vermeiden versuchen,<br />

dass sie e<strong>in</strong>e wesentliche Veränderung der Art der betrieblichen Aktivitäten,<br />

e<strong>in</strong>e ¾nderung des Orts der Aktivitäten und/oder e<strong>in</strong>e längere<br />

Unterbrechung der geschäftlichen Aktivitäten durch den Erwerber<br />

vere<strong>in</strong>baren. Derartige Maßnahmen entsprechen aber im Regelfall<br />

nicht dem Interesse des Erwerbers. Zudem ist zu berücksichtigen,<br />

dass aufgrund des Schutzzwecks des § 613a BGB strenge Anforderungen<br />

an das Entfallen der Identität zu stellen s<strong>in</strong>d. Als bewusstes<br />

Gestaltungsmittel ist die Vere<strong>in</strong>barung solcher Maßnahmen mith<strong>in</strong><br />

kaum geeignet.<br />

PRAXISTIPP: Sofern der Erwerber <strong>in</strong>des von sich aus bereits entsprechende<br />

Maßnahmen beabsichtigt, kann e<strong>in</strong> entsprechender H<strong>in</strong>weis im<br />

Vertrag anzuraten se<strong>in</strong>. Die Parteien sollten dann jedoch zugleich klarstellen,<br />

ob sie hiernach noch von e<strong>in</strong>em Betriebsübergang ausgehen, und Regelungen<br />

für den Fall e<strong>in</strong>er Fehle<strong>in</strong>schätzung treffen.<br />

III. Rechtsfolgen des § 613a BGB und mögliche<br />

Gestaltungsmittel<br />

1. Übergang der Arbeitsverhältnisse und<br />

Rechtstransformation (Abs. 1)<br />

Gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB tritt der Erwerber <strong>in</strong> die Rechte und<br />

Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen<br />

e<strong>in</strong>. Stichtag für den Übergang der Arbeitsverhältnisse<br />

ist der Zeitpunkt des tatsächlichen Betriebsübergangs. 25<br />

a) Vom Betriebsübergang erfasste Personen<br />

Von § 613a Abs. 1 S. 1 BGB werden grundsätzlich sämtliche Arbeitsverhältnisse<br />

– auch die der leitenden Angestellten 26 – erfasst.<br />

de); BAG v. 13.7.2006 – 8 AZR 331/05, NZA 2006, 1357, 1358; BAG v. 22.7.2004 – 8 AZR 394/03, <strong>BB</strong><br />

2005, 216, 217 f.; BAG v. 17.4.2003 – 8 AZR 253/02, AP Nr. 253 zu § 613 a BGB (zu II.1.a der Gründe);<br />

BAG v. 11.9.1997 – 8 AZR 555/95, <strong>BB</strong> 1998, 50 f.]. E<strong>in</strong>e bloße Funktionsnachfolge, d. h. die re<strong>in</strong>e Fortführung<br />

bestimmter Aufgaben, genügt nicht für die Anwendung des § 613 a BGB [BAG v. 13.7.2006 – 8<br />

AZR 331/05, NZA 2006, 1357, 1358; BAG v. 12.10.1998 – 8 AZR 676/97, NZA 1999, 420, 421].<br />

13 Auch der Europäische Gerichtshof [EuGH v. 14.4.1994 – C-392/92 („Christel Schmidt“), <strong>BB</strong> 1994, 1500,<br />

1501 m. w. N.] hat bei der Auslegung der Richtl<strong>in</strong>ie 77/187/EWG auf den Übergang e<strong>in</strong>er ihre Identität<br />

wahrenden wirtschaftlichen E<strong>in</strong>heit abgestellt. In Art. 1 Abs. 1b der nunmehr geltenden Richtl<strong>in</strong>ie 2001/<br />

23/EG hat sich diese Rechtsprechung niedergeschlagen.<br />

14 Ek/v.Hoyenberg, Unternehmenskauf und -verkauf, 2007, S. 153; Weimar/Alfes, NZA 1993, 155, 156.<br />

15 BAG v. 20.11.1984 – 3 AZR 584/83, NZA 1985, 393 = <strong>BB</strong> 1985, 869.<br />

16 Unter e<strong>in</strong>er Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden<br />

Betriebs- und Produktionsgeme<strong>in</strong>schaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren<br />

Ausdruck dar<strong>in</strong> f<strong>in</strong>det, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung <strong>in</strong> der<br />

ernstlichen Absicht e<strong>in</strong>stellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszwecks dauernd oder für e<strong>in</strong>e ihrer<br />

Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen; der<br />

Arbeitgeber muss endgültig entschlossen se<strong>in</strong>, den Betrieb stillzulegen [BAG v. 16.5.2002 – 8 AZR 319/<br />

01, NZA 2003, 93, 96; BAG v. 22.5.1997 – 8 AZR 101/96, <strong>BB</strong> 1997, 2110; BAG v. 27.4.1995 – 8 AZR 197/<br />

94, AP Nr. 128 zu § 613 a BGB, <strong>BB</strong> 1995, 1800 (zu B.I.1 der Gründe)].<br />

17 BAG v. 27.4.1995 – 8 AZR 197/94, AP Nr. 128 zu § 613 a BGB (zu B.I.1 der Gründe); vgl. Weimar/Alfes,<br />

NZA 1993, 155, 157 f.<br />

18 BAG v. 16.5.2002 – 8 AZR 319/01, NZA 2003, 93, 96; siehe auch BAG v. 27.7.1994 – 7 ABR 37/93, <strong>BB</strong><br />

1995, 570, 574.<br />

19 BAG v. 25.10.2007 – 8 AZR 917/06, n. v. (zu B.I.1.a.aa der Gründe); BAG v. 22.7.2004 – 8 AZR 394/03, <strong>BB</strong><br />

2005, 216, 218; BAG v. 18.3.1999 – 8 AZR 159/98, <strong>BB</strong> 1999, 1222, 1223; siehe auch BAG v. 12.11.1998 –<br />

8 AZR 282/97, DB 1999, 337, 338 = <strong>BB</strong> 1999, 324 Ls.<br />

20 BAG v. 22.7.2004 – 8 AZR 394/03, <strong>BB</strong> 2005, 216, 218.<br />

21 Henssler/Willemsen/Kalb/Willemsen, Arbeitsrecht Kommentar, 2. Aufl. 2006, BGB § 613 a, Rn. 88.<br />

22 Vgl. BAG v. 13.7.2006 – 8 AZR 331/05, NZA 2006, 1357, 1359; vgl. BAG v. 2.12.1999 – 8 AZR 796/98, <strong>BB</strong><br />

2000, 1523, 1524; vgl. BAG v. 11.9.1997 – 8 AZR 555/95, <strong>BB</strong> 1998, 50, 51; vgl. BAG v. 30.10.1986 – 2 AZR<br />

696/85, AP Nr. 58 zu § 613 a BGB (zu B.II.3.b.cc der Gründe); Henssler/Willemsen/Kalb/Willemsen (Fn. 21),<br />

BGB § 613 a, Rn. 158.<br />

23 Vgl. BAG v. 2.12.1999 – 8 AZR 796/98, <strong>BB</strong> 2000, 1523, 1524; vgl. BAG v. 12.2.1987 – 2 AZR 247/86, <strong>BB</strong><br />

1987, 2370, 2371; vgl. BAG v. 30.10.1986 – 2 AZR 696/85, AP Nr. 58 zu § 613 a BGB (zu B.II.3.b.dd der<br />

Gründe); Henssler/Willemsen/Kalb/Willemsen (Fn. 21), BGB § 613 a, Rn. 101.<br />

24 BAG v. 22.5.1997 – 8 AZR 101/96, <strong>BB</strong> 1997, 2110, 2111.<br />

25 Holzapfel/Pöllath (Fn. 2), Rn. 694, S. 429.<br />

26 BAG v. 22.2.1978 – 5 AZR 800/76, <strong>BB</strong> 1978, 914.<br />

Betriebs-Berater // <strong>BB</strong> 26.2008 // 23.6.2008 1393

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