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Leser fragen –<br />
Prof.<br />
Heutger<br />
antwortet<br />
Ingo W. in Koblenz: Immer wieder<br />
benutze ich die berühmten Kataloge von<br />
Kurt Jaeger. Wissen Sie Näheres über<br />
diesen großen Numismatiker?<br />
Prof Heutger: Kurt<br />
Jaeger (geb. 19.12.1909<br />
in Stuttgart, gest.<br />
6.12.1975 in Korntal),<br />
den Nestor der deutschen<br />
Münzensammler,<br />
habe ich noch persönlich<br />
gekannt.<br />
Das von Jaeger entwickelte<br />
Katalogsystem<br />
wurde auch von R. S. Yeoman übernommen.<br />
1942 erschien die erste Ausgabe<br />
von Jaegers Reichsmünzenkatalog.<br />
10.000 Exemplare waren in wenigen Monaten<br />
ausverkauft. 1944 kam unter grössten<br />
Schwierigkeiten die 2. Auflage. 1950<br />
erstellte Jaeger erstmals die Bewertungstabellen<br />
zum Reichsmünzenkatalog.<br />
Bis 1975 erschienen 54 Publikationen<br />
des Präsidenten der Gesellschaft für Internationale<br />
Geldgeschichte, der im<br />
Hauptberuf Chemiker war.<br />
Wolfgang Hahn, Wien: Sind die vatikanischen<br />
Jahrgänge 1944-46 wirklich in<br />
diesen Jahren oder erst später zur Vervollständigung<br />
(nach)geprägt worden?<br />
Im ersteren Falle wäre die Münzstätte<br />
Rom nur für diese geringen Emissionen<br />
in Betrieb geblieben?<br />
Prof. Heutger: Ich bin sicher, dass die<br />
vatikanischen Jahrgänge 1944-46<br />
tatsächlich in diesen Jahren geprägt worden<br />
sind. Die vatikanische Münzprägung<br />
dieser Zeit war gar nicht gering. Viele<br />
Münzen wurden als Souvenirs für deutsche<br />
und alliierte Soldaten gebraucht.<br />
Die Kleinmünzen liefen manchmal sogar<br />
im italienischen Rom um. Die Preise<br />
sind so auch heute noch erschwinglich.<br />
Die Frage ist nur, ob die Münzen tatsächlich<br />
in der sonst unbenutzten italienischen<br />
Staatsmünze hinter dem Hauptbahnhof<br />
oder sonstwo vom Stempel gesprungen<br />
sind. Sicherlich hilft eine offizielle<br />
Anfrage Ihres Instituts beim Governatorato<br />
della Città del Vaticano weiter.<br />
Xaver W. in Rosenheim: Wann läuft<br />
die Münzprägung des Papstes Benedikt<br />
XVI. an?<br />
Prof. Heutger: Die erste Ausgabe<br />
wird ein 2-Euro-Stück zum Weltjugendtag<br />
Köln 2005 in Bimetall sein. Die Münze<br />
wird den Kölner Dom zeigen. Der erste<br />
Jahressatz kommt gegen Ende des<br />
AKTUELLES<br />
Jahres. Die Tagespreise kann man unter<br />
Berufung auf mich unter Tel: 07525 2870<br />
erfragen.<br />
Vanessa A. in Passau: Dankbar wäre<br />
ich für Informationen über die „deutschen<br />
Päpste“.<br />
Der erste Papst aus Deutschland war<br />
Gregor V. (996-999), Bruno von Kärnten,<br />
der hochgebildete Urenkel Kaiser Ottos<br />
I. Am 21. Mai 996 krönte der erst 24jährige<br />
Oberhirte den 16-jährigen Otto<br />
III. zum Kaiser. Als dieser aber Italien<br />
verließ, erhob sich der bisherige Patricius<br />
Romanus, Crescentius. Nomentanus, ein<br />
übler Bursche, gegen den jungen Papst<br />
und machte den Griechen Johannes Philagathos<br />
als Johannes XVI. zum Gegenpapst.<br />
998 kehrte Otto III. nach Italien<br />
zurück. Der Gegenpapst wurde gefangen<br />
genommen, auf Befehl Gregors auf<br />
einem Esel durch Rom geführt und in eine<br />
Kloster gesteckt, wo er noch 15 Jahre<br />
lebte. Crescentius wurde in der Engelsburg<br />
enthauptet. Gregor V. mühte sich<br />
mit Strenge und Umsicht um die Kirchenreform,<br />
die er als seine Hauptaufgabe<br />
ansah. Er starb mit 30 Jahren an der<br />
Malaria.<br />
Clemens II. (1046-1047), Sudger Graf<br />
von Morsleben und Hornburg, wurde in<br />
oder auf der Hornburg am Vorharz geboren.<br />
König Heinrich III. brachte den<br />
jungen Adligen auf den Bischofsstuhl<br />
von Bamberg. Der Bischof förderte besonders<br />
das Klosterwesen. So gründete<br />
er 1043 das Benediktinerkloser Theres,<br />
Thairaisa am Main, dessen er noch als<br />
Papst auf dem Sterbebette gedachte.<br />
Heinrich III., der sich als König und<br />
Priester verstand, suchte das Papsttum<br />
aus chaotischem Verfall zu erheben und<br />
schlug deshalb Sudger zum Oberhirten<br />
vor. Der römische Klerus und das Volk<br />
stimmten jubelnd zu. Sudger wählte den<br />
Namen Clemens in der Erinnerung an<br />
Clemens I. (um 95) und betonte so seine<br />
Entschlossenheit, zu den Grundsätzen<br />
der frühen Kirche zurückzukehren.<br />
Nach seiner Inthronisation am Weihnachtsfest<br />
1046 krönte der deutsche<br />
Rekonstruktionsversuch des Clemensgrabes in<br />
Bamberg<br />
Papst den König und seine Gemahlin<br />
zum Kaiser und zur Kaiserin. In den folgenden<br />
Wochen wirkte der neue Papst<br />
wie bedrückt durch die plötzliche Erhebung<br />
an die Spitze der Christenheit. Er<br />
spürte Gottes Eingriff in sein Leben. Er<br />
suchte nun, die Reformgedanken von<br />
Cluny zu verwirklichen. Der Papst erhob<br />
die Klausnerin Wiborada, die in St. Gallen<br />
926 als Märtyrerin ihres Inklusengelübdes<br />
unter den Beilen der Ungarn<br />
gestorben war, als erste Frau zur Ehre<br />
der Altäre.<br />
Die wenigen bekannten Bullen des<br />
Papstes beziehen sich überwiegend auf<br />
die deutsche Kirche. Auf einer Reise<br />
nach Deutschland wurde der Papst<br />
krank und starb, offenbar an Malaria.<br />
Seine Gebeine wurden, seinem Wunsch<br />
gemäß, nach Bamberg gebracht. Im<br />
Westchor seines geliebten Domes steht<br />
seine Tumba, sein Hochgrab. Clemens<br />
II. ist der einzige Papst, der in Deutschland<br />
beigesetzt ist.<br />
Damasus II., 1048, Poppo von Brixen,<br />
erwab sich in den nur drei Wochen<br />
seines Pontifikats höchste Achtung. Er<br />
hat sich nach Damasus I. genannt, einem<br />
tatkräftigen Papst der Frühzeit, der die<br />
Gräber seiner Vorgänger mit Inschriften<br />
schmückte.<br />
Leo IX. (1049-1054), Bruno Graf von<br />
Egisheim-Dagsbug, war ein Vetter Kaiser<br />
Heinrichs III. In verwilderter Zeit<br />
bot er das Bild eines von strengem<br />
Rechtsethos durchdrungenen Papstes.<br />
Auf ausgedehnten Reisen durch Europa<br />
ging er gegen Missstände vor. Besonders<br />
kämpfte er gegen Simonie, also den Kauf<br />
geistlicher Stellen, und gegen die damals<br />
noch weit verbreitete Priesterehe. Er<br />
predigte gern und gewann so die Liebe<br />
des Kirchenvolkes. In die letzte Lebenszeit<br />
dieses deutschen Papstes fiel 1054<br />
die endgültige Trennung der Ostkirche,<br />
die bis heute noch nicht beigelegt ist.<br />
Dieser Papst verkörperter die spirituelle<br />
Kraft des Papsttums und wurde so bald<br />
nach seinem Tod als Heiliger verehrt.<br />
Victor II. (1055-1057), Gebhard von<br />
Dollnstein-Hirschberg, von Kaiser Heinrich<br />
III. gefordert, hielt 1055 eine Reformsynode<br />
in Florenz ab. Heinrich III.<br />
berief ihn an sein Sterbelager und machte<br />
ihn zum Herzog von Spoleto. Der gerechte<br />
und gütige Papst starb auf dem<br />
Heimweg in Arezzo.<br />
Stephan IX. (1057-1058), Herzog<br />
Friedrich von Lothringen, zunächst Abt<br />
von Monte Cassino, machte den reformeifrigen,<br />
heiligmäßigen Petrus Damiani<br />
zu seinem Mitarbeiter, der dann gegen<br />
die Laieninvestitur kämpfte, also gegen<br />
die Übertragung geistlicher Stellen<br />
durch hohe weltliche Herren. Dadurch<br />
wurde der Adel verärgert und das Volk<br />
für die Reform gewonnen.<br />
Hadrian VI. (1522-1523), Adrian Florenszoon<br />
Dedel aus Utrecht, das damals<br />
8 mt 9/2005