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Südostasien aktuell 3/2006 - Dokumentation

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Zeitraum März – April <strong>2006</strong> 71<br />

Inhalt der <strong>Dokumentation</strong><br />

ASEAN<br />

Wirtschaftliche Entwicklungstrends in <strong>Südostasien</strong> im Jahre 2005 73<br />

Eminent Persons Group übergibt Empfehlungen zur ASEAN-Charta 73<br />

Bilaterale Handelsabkommen verringern Handlungsspielraum von Unternehmen 74<br />

ASEM: Asiaten und Europäer gemeinsam für eine Quotenreform im IWF? 75<br />

ASEAN Regional Forum diskutiert Sicherheitsgefährdungen 76<br />

Brunei<br />

Privatsektor als Pfeiler im Kampf gegen Korruption? 76<br />

Brunei und Japan auf dem Weg zu einem bilateralen Handelsabkommen 77<br />

Indonesien<br />

Wahlen in Aceh im August 77<br />

Tote bei Demonstrationen in Westpapua 78<br />

Diplomatische Verstimmung zwischen Indonesien und Australien 78<br />

US-Außenministerin Rice in Indonesien 79<br />

Kambodscha<br />

Könnte <strong>2006</strong> das Jahr der großen innenpolitischen Aussöhnung werden? 80<br />

Sieg auf ganzer Linie für Hun Sen 81<br />

Die FUNCINPEC vor dem Zerfall? 84<br />

Menschenhandel in Kambodscha: Auswüchse und Bekämpfungsstrategien 85<br />

Die Menschenrechtslage in Kambodscha: Geldgeber und<br />

Menschenrechtsorganisationen im Dissens 88<br />

Laos<br />

Der VIII. Parteitag als Indikator strikter politischer Kontinuität 90<br />

NV-Wahlen am 30. April <strong>2006</strong> 92<br />

Malaysia<br />

Der neunte Entwicklungsplan 93<br />

Malakka Straße: keine terroristische Bedrohung? 94


72 Zeitraum März – April <strong>2006</strong><br />

Proton verhandelt mit Chery 94<br />

Großer Computerhersteller investiert im Multimedia Super Corridor (MSC) 95<br />

USA mahnen Malaysia zum Schutz geistigen Eigentums 95<br />

Myanmar<br />

Oppositionspartei unter Druck 96<br />

Flüchtlingswelle nach Offensive im Westlichen Karen-Staat 96<br />

Erhöhung der Gehälter der Beamten 97<br />

Ausbruch der Vogelgrippe in Myanmar 97<br />

Besuch des ASEAN-Gesandten in Myanmar 98<br />

Russland-Besuch Maung Ayes: Verbesserte Kooperation 98<br />

Osttimor<br />

UN-Bericht: Osttimor weiterhin ärmstes Land Asiens 99<br />

Philippinen<br />

Autoritärer Rückfall: Staat übt Druck auf Presse aus 99<br />

Präsidentin fordert Systemwechsel 100<br />

Mai-Demonstrationen gegen Arroyo 100<br />

Ausnahmezustand als Mittel der Politik? 101<br />

Philippinen und Japan intensivieren Währungskooperation 101<br />

Thailand<br />

Regierungskrise in Thailand: Parlamentswahlen, Sieg und Rücktritt Thaksins 102<br />

Senatswahlen 104<br />

Niederlage für Thaksin: Richter lässt Klage gegen Medienaktivistin fallen 104<br />

Niederlage für Thaksin: Börsengang der Strombehörde EGAT gestoppt 105<br />

Negative Auswirkungen der politischen Krise auf die Wirtschaft? 105<br />

Vietnam<br />

Das vietnamesische Bankensystem: Nach wie vor eine Schwachstelle im<br />

Turbobetrieb 106<br />

Integrationsfieber: Die APEC-Gipfelkonferenz findet <strong>2006</strong> in Hanoi statt 109<br />

Solide Beziehungen zu Russland 110


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 73<br />

<strong>Dokumentation</strong><br />

ASEAN<br />

Howard Loewen<br />

Wirtschaftliche<br />

Entwicklungstrends in<br />

<strong>Südostasien</strong> im Jahre 2005<br />

Das gesamtwirtschaftliche Wachstum der<br />

südostasiatischen Volkswirtschaften belief<br />

sich im Jahr 2005 auf rund 5,5% und lag damitum0,8%unterdemWertdesVorjahres.<br />

Das niedrigere BIP-Wachstum in <strong>Südostasien</strong><br />

ist primär auf negative weltwirtschaftliche<br />

Entwicklungen wie steigende Ölpreise<br />

und rückläufige Absatzentwicklungen im Informationstechnologiesektor<br />

und ihre Auswirkungen<br />

auf Weltproduktion und -handel<br />

zurückzuführen. So haben die Einbrüche in<br />

der IT-Branche zu niedrigeren Technologieexporten<br />

in Singapur, Malaysia, den Philippinen<br />

und Thailand geführt. Ferner trugen<br />

ungünstige Wetterbedingungen in Thailand<br />

und den Philippinen zu einer Verringerung<br />

des landwirtschaftlichen Outputs bei. Die<br />

hohen Weltmarktpreise für Rohöl haben<br />

überdies die konjunkturelle Entwicklung ölabhängiger<br />

Staaten wie Thailand, Singapur<br />

und den Philippinen leicht gebremst. Gleichwohl<br />

führten die höchsten Ölpreise seit 25<br />

Jahren nicht zu drastischen Wachstumseinbrüchen,<br />

was wiederum ein Indiz für die<br />

Stabilität der Ökonomien <strong>Südostasien</strong>s ist:<br />

Indonesien konnte das ökonomische Wachstum<br />

konsolidieren, kleinere Volkswirtschaften<br />

wie Kambodscha, Laos und Vietnam<br />

konnten mit Raten zwischen 6 und 8% ihren<br />

Output signifikant steigern, während<br />

die Entwicklung etablierter Ökonomien wie<br />

die Malaysias, der Philippinen, Singapurs<br />

und Thailands für den Rückgang des aggregierten<br />

Wachstums in der Region verantwortlich<br />

sind. Eine weitere Säule des im<br />

Weltmaßstab hohen regionalen Wirtschaftswachstums<br />

sind die ausländischen Direktinvestitionen,<br />

die primär nach Singapur,<br />

Malaysia, Indonesien, Myanmar, Vietnam,<br />

Kambodscha, in die Philippinen und nach<br />

Indonesien flossen. Insgesamt sind für das<br />

Jahr 2005 privater und staatlicher Konsum<br />

sowie ausländische Direktinvestitionen als<br />

Bedingungsfaktoren volkswirtschaftlichen<br />

Wachstums in <strong>Südostasien</strong> zu identifizieren.<br />

Wachstumshemmend könnten in den<br />

nächsten Jahren das hohe Ölpreisniveau, die<br />

überhitzte chinesische Volkswirtschaft sowie<br />

die Vogelgrippe wirken. (Asian Development<br />

Outlook <strong>2006</strong>; http://www.adb.org/<br />

documents/books/ado/<strong>2006</strong>/documents/ad<br />

o<strong>2006</strong>.pdf)<br />

Eminent Persons Group<br />

übergibt Empfehlungen zur<br />

ASEAN-Charta<br />

Im Rahmen eines sogenannten Ministerial<br />

Retreat im April in Ubud auf Bali übergaben<br />

Mitglieder der 10-köpfigen Eminent<br />

Person’s Group den ersten Entwurf einer<br />

ASEAN-Verfassung an die Außenminister<br />

der Staatengemeinschaft. Es ist geplant, dass<br />

der Entwurf bis zum nächsten ASEAN-Gip-


74 <strong>Dokumentation</strong><br />

feltreffen im Dezember zur Satzung avancieren<br />

und somit Beschlussreife erlangen soll.<br />

Damit die ASEAN-Staatengemeinschaft den<br />

Anforderungen ihrer politischen und ökonomischen<br />

Umwelt gerecht werden kann, wurde<br />

auf dem 11. ASEAN-Gipfeltreffen im Dezember<br />

2005 in Kuala Lumpur erstmalig die<br />

Schaffung eines rechtlichen und institutionellenRahmens–einerCharta–fürdieseit<br />

dem Jahr 1967 bestehende regionale Institution<br />

beschlossen. Die ASEAN-Verfassung<br />

soll die Grundlage für eine handlungsfähige<br />

regionale Organisation schaffen (Kuala Lumpur<br />

Declaration on the Establishment of the<br />

ASEAN Charter):<br />

...the ASEAN charter will serve as a legal<br />

and institutional framework of ASEAN<br />

to support the realisation of its goals<br />

and objectives...; the ASEAN charter<br />

will codify all ASEAN norms, rules, and<br />

values and reaffirm that ASEAN agreements<br />

signed and other instruments<br />

adopted before the establishment of the<br />

ASEAN charter shall continue to apply<br />

and be legally binding where appropriate...;<br />

the ASEAN charter will confer a<br />

legal personality to ASEAN and determine<br />

functions, develop areas of competence<br />

of key ASEAN bodies and their relationship<br />

with one another in the overall<br />

ASEAN structure...<br />

Im Gegensatz zum verrechtlichten, auf Verbindlichkeit<br />

beruhenden und mit supranationalen<br />

Elementen versehenen Integrationsprozess<br />

Europas haben die ASEAN-Mitgliedsstaaten<br />

bis dato keine völkerrechtlichen<br />

Verträge als Kooperationsgrundlage abgeschlossen.<br />

Die zweiseitige Bangkok-Dekla-<br />

ration vom 8. August 1967 ist im Vergleich<br />

zu den weitaus umfangreicheren und ausdifferenzierteren<br />

Verträgen der Europäischen<br />

Union vielmehr eine Absichtserklärung, die<br />

informelle Prinzipien und Normen zwischenstaatlicher<br />

Zusammenarbeit festlegt.<br />

Andererseits muss die ASEAN-Charta erst<br />

noch beschlossen werden. Teile der Erklärung<br />

zur ASEAN-Charta lassen überdies vermuten,<br />

dass auch eine neue ASEAN nicht<br />

primär auf Mehrheitsentscheidungen und supranationalen<br />

Elementen beruhen wird. Die<br />

zurückhaltende Reaktion der ASEAN auf<br />

den ausbleibenden Liberalisierungsprozess<br />

in Myanmar deuten darauf hin, dass eine<br />

härtere diplomatische Gangart nicht „konsensfähig“<br />

ist. Stattdessen zieht die ASEAN<br />

regionale Führungsmächte wie Indien und<br />

China als politische Hebel in Erwägung, um<br />

Myanmar zur Achtung von Freiheits- und<br />

Menschenrechten zu bewegen (Jakarta Post,<br />

20.04.06; ST, 19.04.06; ST, 18.04.06).<br />

Bilaterale Handelsabkommen<br />

verringern<br />

Handlungsspielraum von<br />

Unternehmen<br />

Die zunehmende Anzahl bilateraler Handelsabkommen<br />

behindere die Wirtschaftstätigkeit<br />

von Unternehmen im asiatisch-pazifischen<br />

Raum, so lauten Berichte aus entsprechenden<br />

Kreisen. Während Politiker insbesondere<br />

den volkswirtschaftlichen Nutzen<br />

der Handelsabkommen anpriesen und<br />

diese so legitimierten, würden häufig die<br />

mikroökonomischen Folgen für einzelne<br />

Wirtschaftseinheiten ausgeblendet. Erstens<br />

erschwere die Heterogenität der Handels-


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 75<br />

abkommen mit verschiedenen Ländern eine<br />

Einschätzung, welche Unternehmensprodukte<br />

für welche Märkte in welchen<br />

Ländern geeignet seien. Zweitens erfordere<br />

die Nutzung eines bilateralen Handelsabkommens<br />

oftmals die Umgestaltung der<br />

Unternehmensproduktion und der Zuliefernetzwerke.<br />

Drittens müssten Unternehmen<br />

nachweisen, dass ein bestimmter Anteil des<br />

Produktmehrwertes im Partnerland geschaffen<br />

werde.<br />

In <strong>Südostasien</strong>, wo bereits funktionierende<br />

Händler- und Produktionsnetzwerke<br />

existieren, bedeutet dies im extremen<br />

Fall Diskriminierung bereits existierender<br />

Handelsverknüpfungen und extreme Anpassungskosten<br />

für Unternehmen in Ländern,<br />

die einen bilateralen Handelsvertrag<br />

abgeschlossen haben. Trotz dieser Nachteile<br />

stünden viele Unternehmen den bilateralen<br />

Handelsverträgen vieler Staaten jedoch eher<br />

gleichgültig gegenüber. „For most multinationals,<br />

[free trade agreements] impact their<br />

decision-making process on the margin...no<br />

one is setting up operations or making sales<br />

to specifically exploit free-trade agreements”,<br />

so Edmund Sim, Repräsentant einer<br />

Wirtschaftsberatungsgesellschaft in Singapur.<br />

(WSJ, 07.04.06)<br />

ASEM: Asiaten und Europäer<br />

gemeinsam für eine<br />

Quotenreform im IWF?<br />

Im Mittelpunkt des siebten ASEM (Asia-Europe-Meeting)-Finanzministertreffens,<br />

das<br />

im April in Wien abgehalten wurde und an<br />

dem 38 Staaten teilnahmen, standen neben<br />

Fragen der generellen Wirtschaftssituation,<br />

der Globalisierung sowie der Terrorismusfinanzierung<br />

insbesondere die Zusammenarbeit<br />

der asiatischen und europäischen Mitgliedsländer<br />

im Hinblick auf die Neugestaltung<br />

der Quotenregelung im Internationalen<br />

Währungsfonds (IWF). Allen 184 Mitgliedsländern<br />

des IWF werden Quoten zugeteilt,<br />

die über Kredithöhe, Mitspracherechte<br />

und Finanzierungsobligationen bestimmen.<br />

Das bislang existierende System gilt als veraltet,<br />

da es von etablierten Volkswirtschaften<br />

wie denen der Europäischen Union, der<br />

USA und Japan dominiert wird. Aufstrebende<br />

Schwellenländer wie China und Indien<br />

werden bislang nicht mit einer ihrer Wirtschaftskraft<br />

entsprechenden Quote versehen<br />

und können somit nur wenig Einfluss auf<br />

wichtige Entscheidungen im IWF nehmen.<br />

Dies soll sich im Herbst ändern, wenn<br />

sich der IWF zu seiner Quotenreformkonferenz<br />

in Singapur trifft. Neben der dringend<br />

notwendigen Quotenerhöhungen für<br />

Aufsteigerökonomien wie China und Indien<br />

ist insbesondere die Frage der umfassenden<br />

Reformierung des Quotensystems ein<br />

Fixpunkt europäisch-asiatischer Interessenartikulation<br />

im Vorfeld der IWF-Tagung. Im<br />

Chairman’s Statement des ASEM Finance<br />

Minister Meetings heißt es dazu: „Ministers<br />

exchanged views on quota misalignments<br />

and enhanced representation of emerging<br />

and other Member countries in the Bretton<br />

Woods institutions. They agreed that fair<br />

voice and a distribution of quotas reflecting<br />

developments in the world economy would<br />

improve representation and ownership of<br />

these institutions by all Member Countries”.<br />

Gelänge es den ASEM-Staaten, mit einer<br />

Stimme zu sprechen, so könnte dies


76 <strong>Dokumentation</strong><br />

ihr Verhandlungsmachtpotential zur Geltung<br />

bringen. Insbesondere die asiatischen<br />

ASEM-Länder drängen auf eine rasche Reform.<br />

In diesem Zusammenhang sagte der<br />

stellvertretende Finanzminister Singapurs,<br />

Raymond Lim: „For Asia, a fairer distribution<br />

of quotas is necessary to reflect the rising<br />

importance of Asia in the world economy.”<br />

Die bisherige Leistungsbilanz der<br />

interregionalen Institutionen ist in dieser<br />

Hinsicht jedoch schwach: So konnten in<br />

den Sachbereichen Handel, Finanzen und<br />

Investitionen keine gemeinsamen Positionen<br />

im Dialog über die Etablierung entsprechender<br />

multilateraler Ordnungsstrukturengefundenbzw.aufrechterhaltenwerden.<br />

Dies ist primär auf divergierende ökonomische<br />

Interessen zurückzuführen, die<br />

wiederum auf unterschiedlichen Entwicklungsgraden<br />

der ASEM-Länder und ihrer<br />

Volkswirtschaften rekurrieren. Auch in der<br />

Frage einer gemeinsamen Position zur Quotenreform<br />

haben einige europäische Länder<br />

Bedenken angemeldet, so dass die Wirkungsmächtigkeit<br />

einer europäisch-asiatischen Kooperation<br />

generell bezweifelt werden muss<br />

(Seventh ASEM Finance Ministers Meeting<br />

Chairman’s Statement, http://www.<br />

aseminfoboard.org/content/documents/7ase<br />

mFinMM_chairman.pdf; ST, 11.04.06; FT,<br />

06.04.06)<br />

ASEAN Regional Forum<br />

diskutiert<br />

Sicherheitsgefährdungen<br />

Das vierte „Intersessional Meeting on Counter<br />

Terrorism and Transnational Crime“<br />

wurde Ende April in Beijing abgehalten und<br />

von Vertretern aus allen 25 Mitgliedsstaaten<br />

der regionalen Institutionen besucht. Die<br />

Delegierten diskutierten Ursachen und Manifestationen<br />

des internationalen und regionalen<br />

Terrorismus sowie Maßnahmen zur<br />

Terrorbekämpfung. In diesem Zusammenhang<br />

teilten die Teilnehmerstaaten die Einschätzung,<br />

dass es zu einer Lokalisierung<br />

internationaler bzw. regionaler Terroraktivitäten<br />

gekommen sei und deshalb nur mit<br />

spezifischen Stragegien effektiv zu bekämpfen<br />

sei. Diese Maßnahmen wiederum sollen<br />

konform gehen mit bereits existierenden Bestimmungen<br />

auf der globalen und regionalen<br />

Ebene. (XNA, 28.04.06).<br />

Brunei<br />

Howard Loewen<br />

Privatsektor als Pfeiler im<br />

Kampf gegen Korruption?<br />

Die bruneiische Privatwirtschaft wird von<br />

staatlicher Seite aufgefordert, ethnische und<br />

somit korruptionsfreie Standards insbesondere<br />

in Interaktionen mit dem öffentlichen<br />

Sektor zu gewährleisten. Ferner sind die beteiligten<br />

Parteien dazu angehalten, Auskunft<br />

über Bilanzen zu geben, um somit informellen<br />

Praktiken vorzubeugen. Diese Maßgaben<br />

sind allesamt Ergebnisse eines Aktionsplans,<br />

der vom staatlichen Antikorruptionsbüro<br />

(Anti-Corruption Bureau), den Vertretern<br />

der Handelskammer sowie privatwirtschaftlichen<br />

Unternehmen im April initiiert<br />

wurde.<br />

Die Aktivitäten des bruneiischen Staates<br />

gegen Korruption in öffentlichen und


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 77<br />

privaten Wirtschaftsunternehmen füge sich<br />

einindievondenVereintenNationenbeschlossene<br />

Antikorruptionsnorm, der ersten<br />

Konvention zur Bekämpfung internationaler<br />

Korruption. Die United Nations Convention<br />

against Corruption trat im Dezember<br />

2005 in Kraft und wurde von bislang 140<br />

Ländern unterzeichnet und von 50 Staaten<br />

ratifiziert. Brunei ist Unterzeichnerstaat. Eine<br />

der primären Verpflichtungen des VertragesistdieZusammenarbeitdesprivatenund<br />

öffentlichen Sektors sowie der Zivilgesellschaft<br />

im Kampf gegen endemische Korruption.<br />

Dem öffentlichen Sektor alleine wird<br />

diese Aufgabe nicht zugetraut. (Bandar Seri<br />

Begawan, 16.04.06)<br />

Brunei und Japan auf dem Weg<br />

zu einem bilateralen<br />

Handelsabkommen<br />

Am 19. und 20. April trafen sich Vertreter<br />

des japanischen und bruneiischen Außenministeriums<br />

bereits zum zweiten Mal, um<br />

Aspekte eines bilateralen Handelsabkommens<br />

zwischen beiden Ländern zu diskutieren.<br />

Die erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen<br />

werden nun zu einem baldigen<br />

Zeitpunkt in formale Konsultationen überführt<br />

werden. Japan ist Bruneis größter Handelspartner<br />

und importiert primär Rohöl<br />

und Flüssiggas. Neben Brunei unterhält Japan<br />

ähnlich strukturierte bilaterale Handelsabkommen<br />

mit Malaysia, den Philippinen,<br />

Thailand und Indonesien. Verhandlungen<br />

mit Vietnam wurden bereits begonnen. Brunei<br />

würde von diesem Abkommen profitieren,<br />

obgleich abzuwarten bleibt, welche<br />

Ergebnisse die Konsultationen Japans mit<br />

der ASEAN-Staatengemeinschaft an Handelsvorteilen<br />

für die involvierten Parteien<br />

und inbesondere den kleinen Ölstaat in <strong>Südostasien</strong><br />

bringen würden. (Kyodo New Service,<br />

17.04.06)<br />

Indonesien<br />

Marco Bünte<br />

Wahlen in Aceh im August<br />

Präsident Jusuf Kalla hat dem EU-Außenminister<br />

Javier Solana versichert, dass die<br />

indonesische Regierung nach wie vor am<br />

Friedensvertrag festhalte. Obwohl das im<br />

Friedensvertrag festgelegte Datum für die<br />

Abhaltung von Lokalwahlen (Ende März)<br />

von der indonesischen Regierung nicht eingehalten<br />

werden konnte, versprach der indonesische<br />

Vizepräsident, dass die indonesische<br />

Regierung die Voraussetzungen zur<br />

Erfüllung des Friedensvertrages einhalten<br />

werde. Momentan steckt der Gesetzesentwurf<br />

für Aceh, der die Regeln der künftigen<br />

Lokalwahlen bestimmten soll, im indonesischen<br />

Parlament fest. Nationalistische Kreise<br />

befürchten, dass zu viele Zugeständnisse<br />

an die (ehemalige) GAM zu einer Sezession<br />

Acehs führen könnten. Umstritten ist insbesondere<br />

die Frage der inneren Grenzen<br />

der Provinz und die Frage, ob unabhängige<br />

Kandidaten bei den Lokalwahlen (und<br />

damit ehemalige Mitglieder der GAM) an<br />

der Wahl teilnehmen könnten oder ob politische<br />

Parteien die Kandidaten nominieren<br />

müssten. Jusuf Kalla zeigte sich gegenüber<br />

Solana jedoch zuversichtlich, dass der Gesetzesentwurf<br />

im Parlament zügig beraten


78 <strong>Dokumentation</strong><br />

und verabschiedet werden könnte. Jusuf Kalla<br />

bat den EU- Außenkommissar außerdem,<br />

die EU-Beobachtermission in Aceh über Juni<br />

hinaus zu verlängern, um die Sicherheit<br />

der Lokalwahlen zu garantieren. Die Europäische<br />

Union hatte ihre Beobachtermission<br />

Ende Februar um drei Monate bis Mitte Juni<br />

verlängert.<br />

Presseberichten zufolge hat die frühere<br />

separatistische Organisation GAM bereits<br />

alle Vorkehrungen getroffen, um als Partei<br />

bei den Lokalwahlen teilnehmen zu können.<br />

Der Verhandlungsteilnehmer der Helsinki-Gespräche<br />

auf Seiten der GAM, Damien<br />

Kingsbury, sagte gegenüber der Presse,<br />

dass „die Partei bis auf den Namen bereits<br />

bestehen würde“. Mittlerweile haben führende<br />

Mitglieder der Exilführung der GAM<br />

der Provinz einen Besuch abgestattet. Der<br />

Premierminister der GAM, Malik Mahmud,<br />

und der Gesundheitsminister Zaini Abdulla<br />

statteten der Provinz nach 25 Jahren im Exil<br />

einen ersten Besuch ab. Sie trafen mit früheren<br />

Mitgliedern der GAM und mit Beamten<br />

der Provinzregierung zusammen. (STI,<br />

24.4.06; WSJ, 17.2., 17., 22.3., 23.4.06)<br />

Tote bei Demonstrationen in<br />

Westpapua<br />

Bei einer gewaltsamen Auflösung einer Demonstration<br />

in Westpapua sind Mitte März<br />

mehrere Personen getötet und zahlreiche<br />

weitere verletzt worden. Etwa 500 Studenten<br />

hatten für die Schließung der weltweit<br />

größten Goldmine demonstriert und eine<br />

Straße blockiert. Als die Polizei mit Tränengas<br />

gegen die Demonstranten vorging<br />

und Warnschüsse abgab, wurden mindes-<br />

tens drei Menschen getötet. Nach Meinung<br />

der Menschenrechtsgruppe Elsham habe das<br />

Militär jedoch das Feuer auf die protestierenden<br />

Menschen eröffnet und mehrere Demonstranten<br />

quasi exekutiert. Die vom US-<br />

Konzern Freeport McMoran betriebe Goldund<br />

Kupfermine löst immer wieder Proteste<br />

aus. Die Bevölkerung Westpapuas kritisiert<br />

insbesondere die von der Goldmine<br />

ausgehende Umweltzerstörung. Zwar hat<br />

der Konzern in letzter Zeit verstärkt Projekte<br />

gefördert und auch verstärkt indigene<br />

Bevölkerungsgruppen angestellt. Die Proteste<br />

kommen jedoch nicht zur Ruhe. Erst<br />

im Februar musste die Mine vorübergehend<br />

den Betrieb einstellen, weil Demonstranten<br />

die Zufahrt blockierten. Für die Unabhängigkeitsbewegung<br />

Westpapuas ist die Mine<br />

ein Symbol für den inneren Kolonialismus<br />

und die ungerechte Aufteilung der Einnahmen<br />

aus den Bodenschätzen. Trotz großer<br />

Einnahmen aus den natürlichen Ressourcen<br />

ist die Armut in Westpapua nach wie vor<br />

sehr hoch. Nutznießer der Mine ist auch das<br />

Militär, das für Schutzgelder kassiert. (FT,<br />

17.3.06; IHT, 24.3.06; JP, 23., 27.3.06; STI,<br />

18.3.06; Tempo, 30, 28.3.-3.4.06; WSJ, 24.,<br />

25.2.06, 17.3., 8., 11.4.06)<br />

Diplomatische Verstimmung<br />

zwischen Indonesien und<br />

Australien<br />

Zwischen Indonesien und Australien ist es<br />

infolge der Entscheidung Australiens, 42<br />

Flüchtlingen aus Westpapua ein Aufenthaltsvisum<br />

auszustellen, zu ernsthaften diplomatischen<br />

Verstimmungen gekommen. Indonesien<br />

hat aus Protest gegen die Entscheidung


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 79<br />

seinen Botschafter aus Canberra A.C.T. abgezogen<br />

und forderte eine Entschuldigung<br />

von der australischen Regierung. Der indonesische<br />

Präsident Yudhoyono bezeichnete<br />

das Verhältnis zu Indonesien als „gegenwärtig<br />

sehr schwierig“. Nationalistische Politiker<br />

befürworten sogar ein Einfrieren der<br />

diplomatischen Beziehungen zu Australien.<br />

Eine Gruppe indonesischer Kaufleute rief<br />

sogar zum Boykott australischer Produkte<br />

auf. Die australische Regierung weigerte sich<br />

indes sich zu entschuldigen. Die scharfe Reaktion<br />

Jakartas lässt sich dadurch erklären,<br />

dass die nationalistischen Kreise in Jakarta<br />

fürchten, dass die Unabhängigkeitsbewegung<br />

durch die australische Politik gestärkt<br />

werden könnte. Durch die Hintertür könnte<br />

so die territoriale Integrität des Archipels gefährdet<br />

werden. Indonesien reagiert auch so<br />

dünnhäutig, weil Australien bereits bei der<br />

Unabhängigkeit Osttimors im Jahre 1999<br />

durch eine veränderte Politik Zeichen setzte<br />

und so die Sezession vom indonesischen Nationalstaat<br />

ermöglichte. (STI, 4.4.06; WSJ,<br />

3., 6.4.06)<br />

US-Außenministerin Rice in<br />

Indonesien<br />

Die US-amerikanische Außenministerin Condoleezza<br />

Rice hat sich Mitte März zu einem<br />

zweitägigen Besuch in Indonesien aufgehalten.<br />

Rice besuchte eine Islamschule in Jakarta,<br />

die finanziell von den USA gefördert<br />

wird. Ziel ist, Werte wie Toleranz und Liberalität<br />

im indonesischen Islam zu stärken<br />

und konservativen Islamauffassungen entgegenzuwirken.<br />

Bei ihren politischen Gesprächen<br />

mit dem indonesischen Präsidenten Su-<br />

silo Bambang Yudhoyono ging es konkret<br />

um eine verbesserte Zusammenarbeit im Anti-Terrorkampf<br />

und um eine stärkere militärische<br />

Zusammenarbeit.<br />

Die US-amerikanische Außenministerin<br />

forderte Jakarta auf, eine Führungsrolle in<br />

der Region <strong>Südostasien</strong> zu übernehmen. Sie<br />

bot dem indonesischen Präsidenten Yudhoyono<br />

gleichzeitig eine strategische Partnerschaft<br />

an und lobte die weitreichenden Erfolge<br />

Indonesiens beim Übergang zur Demokratie.<br />

Die Aufwartung der US-amerikanischen<br />

Außenministerin zeigt, dass Indonesien<br />

nach der Überwindung der innenund<br />

wirtschaftspolitischen Schwierigkeiten<br />

wieder zum gefragten Akteur auf der weltpolitischen<br />

Bühne geworden ist. Indonesien<br />

sieht sich dabei sowohl von China als auch<br />

von Indien umworben und kann als regionaler<br />

Akteur in der ASEAN von der Schwäche<br />

anderer Staaten, die durch innenpolitische<br />

Schwierigkeiten auch außenpolitisch geschwächt<br />

sind (Thailand, Philippinen), profitieren.<br />

Der Besuch der US-amerikanischen<br />

Außenministerin war von starken antiamerikanischen<br />

Protesten begleitet. Rund 600<br />

Demonstranten protestierten vor der US-amerikanischen<br />

Botschaft gegen die US-Politik.<br />

(IHT, 14.3.06; SCMP, 15., 16.3.06; STI,<br />

16.3.06, WSJ, 14., 15.3.06)


80 <strong>Dokumentation</strong><br />

Kambodscha<br />

Oskar Weggel<br />

Könnte <strong>2006</strong> das Jahr der<br />

großen innenpolitischen<br />

Aussöhnung werden?<br />

Selbst Todfeindschaften scheinen in der politischen<br />

Kultur Kambodschas vergänglich zu<br />

sein – permanent sind offensichtlich nur die<br />

politischen Interessen. Dies wird bei der Betrachtung<br />

zweier Vorgänge besonders deutlich.<br />

Da unternahm Hun Sen, der damalige<br />

Zweite Ministerpräsident, i.J. 1997 einen<br />

Staatsstreich gegen den Ersten Premier,<br />

Prinz Ranariddh. Weil Ranariddh das Debakel<br />

(wenn auch nur mit knapper Not) überlebte,<br />

hatte er redliche Aussichten, mit seinem<br />

Todfeind von damals schon bald wieder<br />

im gleichen politischen Boot zu sitzen und<br />

eine gemeinsame Regierung zu bilden, allerdings<br />

diesmal unter umgekehrtem Vorzeichen:<br />

nämlich mit Hun Sen als neuer Nummer<br />

eins (d.h. als alleinigem Ministerpräsidenten)<br />

und Ranariddh als abgeschlagener<br />

Nummer zwei (Parlamentspräsident; SOAa,<br />

1998/2, S. 124, 1998/3, S. 241, 1999/1, S.<br />

39ff.).<br />

Eine vergleichbare Metamorphose gab<br />

es 2005/06: Sam Rainsy war nach den für<br />

ihn und seine SRP verlorenen Wahlen vom<br />

Juli 2003 auf Konfrontation zu Hun Sen<br />

(und später auch zu Ranariddh und zu dessen<br />

FUNCINPEC) gegangen und hatte einerseits<br />

dem Ministerpräsidenten vorgeworfen,<br />

einen Mordanschlag gegen ihn, Sam<br />

Rainsy, im Jahre 1997 organisiert zu haben;<br />

kurze Zeit später hatte er dann auch noch<br />

den mittlerweile zu Hun Sen übergelaufenen<br />

Ranariddh beschuldigt, den Seitenwechsel<br />

aufgrund von Bestechungsgeldern vollzogen<br />

zu haben. Sam Rainsy war daraufhin<br />

wegen Verleumdung angeklagt, seiner Immunität<br />

als Parlamentarier enthoben und<br />

am 22.11.2005 zu einer 18-monatigen Freiheitsstrafe<br />

verurteilt worden (Näheres dazu<br />

SOAa, <strong>2006</strong>/2, S. 98-102 ). Da Sam Rainsy<br />

zu dieser Zeit im Ausland weilte, konnte die<br />

Strafe nicht vollzogen werden, wohl aber<br />

wurde ein anderes Mitglied der SRP, Cheam<br />

Channy, zu mehreren Jahren Freiheitsstrafe<br />

verurteilt und inhaftiert.<br />

Verleumdungsklagen wurden auch noch<br />

vier weiteren Oppositionspolitikern zum<br />

Verhängnis, nämlich zwei Menschenrechtsaktivisten,<br />

einem Gewerkschaftsführer und<br />

einem Journalisten (dazu ebenda), die ebenfalls<br />

ins Gefängnis wanderten.<br />

Diese durchwegs als Unterdrückung freier<br />

Meinungsäußerung interpretierten Justizakte<br />

hatten zahlreiche Demonstrationen,<br />

viele Proteste westlicher Botschafter und<br />

nicht zuletzt die Drohung einiger Geberländer<br />

zur Folge, Kambodscha künftig nicht<br />

mehr zu unterstützen.<br />

Was sich daraufhin ereignete, verblüffte<br />

die Beobachter von neuem: Die vier Oppositionellen<br />

sowie der SRP-Abgeordnete<br />

Cheam Channy wurden nämlich vom einen<br />

auf den anderen Tag begnadigt und aus der<br />

Haft entlassen. Vor allem aber erhielt Sam<br />

Rainsy grünes Licht, wieder nach Kambodscha<br />

zurückzukehren. Sam Rainsy hatte<br />

vorher – auf wessen Initiative auch immer –<br />

ein Entschuldigungsschreiben an Hun Sen<br />

gesandt, das im kambodschanischen Staats-


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 81<br />

fernsehen verlesen wurde und das, wie es<br />

hieß, Hun Sen dazu veranlasste, den König<br />

zu bitten, Sam Rainsy die Wege für eine<br />

Rückkehr nach Kambodscha zu ebnen.<br />

Am 10. Februar <strong>2006</strong> kam Sam Rainsy<br />

dann in der Tat nach Phnom Penh zurück<br />

und traf sich mehrere Stunden lang zuerst<br />

mit Hun Sen und dann mit Ranariddh,<br />

wobei offensichtlich längerfristige Friedensmodalitäten<br />

vereinbart wurden. Seine parlamentarische<br />

Immunität wurde wieder hergestellt,<br />

und zusätzlich erhielt er zwölf bewaffnete<br />

Leibwächter, die ihn, für den Fall des<br />

Falles, vor mörderischen Übergriffen schützen<br />

sollten (WSJ, 16.2.06).<br />

Die überraschende Wendung zog drei<br />

weitere politische Konsequenzen nach sich:<br />

Da war erstens das Einverständnis Hun Sens,<br />

dass die Meinungsäußerungen der Oppositionellen<br />

künftig nicht mehr als Verleumdungen<br />

– und somit als Verbrechen – verfolgt<br />

werden sollten. Hun Sen habe eingesehen,<br />

dass seine zahlreichen Verleumdungsklagen<br />

von der Bevölkerung als Überreaktion<br />

und von Vertretern der Menschenrechtsorganisationen<br />

sogar als Unterdrückung der<br />

Meinungsfreiheit interpretiert werden konnten.<br />

Der einschlägige Straftatbestand, der<br />

noch zur Zeit der UNTAC (1992/93) formuliert<br />

worden war, solle in einer der nächsten<br />

NVK-Sitzungen entschärft werden.<br />

Zweitens erteilte Sam Rainsy seine Zustimmung<br />

zu einem auf Hun Sen und auf Ranariddh<br />

zurückgehenden Vorschlag, dass die<br />

Regierungsbildung künftig nicht mehr von<br />

einer Zweidrittelmehrheit abhängig sein,<br />

sondern dass eine 50+1-Mehrheit genügen<br />

solle. Zu diesem Zweck müssten die Artikel<br />

82, 90, 98, 105 und 114 der Verfassung<br />

geändert werden. Mit einer entsprechenden<br />

Novellierung könnte eine Wiederholung jenes<br />

Grabenkrieges vermieden werden, wie<br />

er nach den Wahlen von 2003 fast ein ganzes<br />

Jahr lang getobt hatte, ehe dann endlich<br />

wieder eine neue Regierung gebildet werden<br />

konnte (TV Kampuchea, Phnom Penh, in<br />

BBC, 14.2.06).<br />

Drittens aber wurde Sam Rainsy sowohl<br />

von Hun Sen als auch von Ranariddh eingeladen,<br />

sich an der 2005 zustande gekommenen<br />

Regierung zu beteiligen und damit das<br />

Zeitalter einer neuen Dreierkoalition (zwischen<br />

KVP, FUNCINPEC und SRP) einzuläuten<br />

(ST, 17.2.06; RK, in BBC, 7.2.06).<br />

Ob Hun Sen all diese Versöhnungsgesten<br />

aus besserer Einsicht in die Notwendigkeit<br />

vollzogen hat oder ob er nicht eher den<br />

heißen Atem der Gebernationen in seinem<br />

Nacken spürte und sich deshalb zum Einlenken<br />

durchrang, ist eine Frage, die von zahlreichen<br />

Kommentatoren unterschiedlich beantwortet<br />

wird. Hier sind in der Tat jeder<br />

Spekulation Tür und Tor geöffnet.<br />

Sieg auf ganzer Linie für Hun<br />

Sen<br />

Bei der Bildung der neuen Regierung hat<br />

sich der alte – und neue – Ministerpräsident<br />

Hun Sen in vier Fragen entscheidend durchsetzen<br />

und damit seine ohnehin schon starke<br />

Machtposition noch weiter konsolidieren<br />

können.<br />

Erstens konsolidierte er das neue Kabinett,<br />

indem er das seit 1993 bestehende System<br />

der Ko-Minister beseitigte. Hauptopfer<br />

dieser Operation waren zwei FUNCINPEC-<br />

Minister, nämlich Nhek Bun Chhay, der


82 <strong>Dokumentation</strong><br />

FUNCINPEC-Minister für Verteidigung,<br />

und vor allem Prinz Norodom Sirivuth, ein<br />

Onkel des Parteivorsitzenden Norodom Ranariddh,<br />

der bisher Ko-Minister im Innenministerium<br />

gewesen war. Beide hatten auf<br />

Betreiben Hun Sens ihre Posten zu verlassen,<br />

so dass die beiden Schlüsselministerien nunmehr<br />

ganz allein von KVP-Ministern – und<br />

damit letztlich von Hun Sen – kontrolliert<br />

werden.<br />

Sirivuth verlor aber nicht nur seine Stellung<br />

im Innenministerium, sondern auch<br />

seine Position als Generalsekretär der FUN-<br />

CINPEC und wurde in dieser Eigenschaft<br />

durch Prinz Norodom Chakrapong (und<br />

dieser schon wenige Wochen später durch<br />

Nhiek Bun Chhy) ersetzt.<br />

Sirivuths Demütigung hängt damit zusammen,<br />

dass er der Hauptarchitekt jener<br />

Allianz der Demokraten zwischen FUN-<br />

CINPEC und Sam-Rainsy-Partei (SRP) war,<br />

die am 23. August 2003 vereinbart worden<br />

war, und zwar mit dem Ziel, die erneute<br />

Rückkehr Hun Sens auf den Posten des Ministerpräsidenten<br />

unter allen Umständen zu<br />

verhindern (dazu SOAa, 2003/6, S. 543f.).<br />

Bekanntlich hat diese Allianz nicht lange gehalten,<br />

sondern wurde später von Norodom<br />

Ranariddh einfach in den Wind geschlagen.<br />

Für zwei Politiker wurden diese Ereignisse<br />

zum Verhängnis, nämlich für Sam Rainsy<br />

und für Sirivuth, gegen die sich fortan die<br />

Rache Hun Sens richtete. Sam Rainsy wurde<br />

wegen Verleumdung angeklagt und seiner<br />

parlamentarischen Immunität enthoben,<br />

Sirivuth aber hatte mit der Entlassung aus<br />

dem Ko-Ministeramt zu zahlen. Auch in der<br />

eigenen Partei wurde ihm die misslungene<br />

Verschwörung gegen Hun Sen offensichtlich<br />

verübelt, weil sie allzu viel Gesicht gekostet<br />

hatte.<br />

Zweitens konnte Hun Sen im Parlament<br />

seine Wünsche in Sachen Verfassungsänderung<br />

durchsetzen: Bisher war zur Regierungsbildung<br />

eine Zweidrittelmehrheit der<br />

Parlamentssitze erforderlich gewesen – mit<br />

der Folge, dass die bei den Wahlen von 2003<br />

siegreiche KVP zwar 73 der insgesamt 123<br />

NV-Sitze hatte erringen können, dass sie damit<br />

aber gleichwohl die Zweidrittelmehrheit<br />

verfehlt hatte, so dass eine Zusammenarbeit<br />

mit der FUNCINPEC (26 Sitze) und der<br />

SRP (24) unabdingbar geworden war (vgl.<br />

bspw. SOAa, 2004/2, S. 147). Der fast einjährige<br />

Stillstand bis zur Bildung einer neuen<br />

Regierung war hauptsächlich durch diese<br />

noch von der UNTAC ausgearbeitete Bestimmung<br />

verursacht worden. Hun Sen hatte<br />

deshalb immer wieder gefordert, dass das<br />

Zweidrittelquorum durch eine bloße Mehrheit<br />

von 50% ersetzt werden müsse. In diesem<br />

Verlangen wurde er erstaunlicherweise<br />

seit März <strong>2006</strong> auch von Sam Rainsy unterstützt,<br />

der dem Ministerpräsidenten mit dieser<br />

Unterstützung offensichtlich seine Dankbarkeit<br />

für die Wiedereinsetzung in die parlamentarischen<br />

Immunitätsrechte bezeugen<br />

wollte.<br />

Am 2. März <strong>2006</strong> konnte die Nationalversammlung<br />

fast einstimmig für die Verfassungsänderung<br />

votieren (XNA, 2.3.06).<br />

Drittens errreichte Hun Sen, dass Norodom<br />

Ranariddh am 3. März <strong>2006</strong> seinen<br />

Posten als Präsident der Nationalversammlung<br />

aufgab und erklärte, künftig nur noch<br />

einfaches Parlamentsmitglied sowie FUN-<br />

CINPEC-Vorsitzender bleiben zu wollen<br />

(SCMP, 4.3.06). Hauptgrund für diesen Auf-


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 83<br />

sehen erregenden Schritt dürfte seine Empörung<br />

über die am Vortag beschlossene<br />

Verfassungsänderung gewesen sein: Mit der<br />

Reduzierung des Quorums von einer Zweidrittel-<br />

auf eine einfache Mehrheit hatte die<br />

FUNCINPEC schlagartig Einfluss verloren<br />

und wird sich deshalb künftig mit einer<br />

noch bescheideneren Rolle als bisher abzufinden<br />

haben. Mit der gegen den Willen Ranariddhs<br />

durchgepeitschten Verfassungsänderung<br />

war eine Klausel des zwischen ihm<br />

und Hun Sen geschlossenen Vertrags durchbrochen<br />

worden, dass nämlich in puncto<br />

Stimmverteilung alles beim Alten bleiben<br />

sollte.<br />

Hun Sen nutzte die hier so überraschend<br />

aufgetauchte Gelegenheit zugunsten<br />

seiner KVP und sorgte dafür, dass zum<br />

Nachfolger Ranariddhs sein alter KVP-Mitkämpfer<br />

Heng Samrin ernannt wurde. Die<br />

Nummer zwei, nämlich der Posten des ersten<br />

Stellvertreters des Parlamentspräsidenten,<br />

wird künftig ebenfalls von einem KV-<br />

P-Mitglied, nämlich Nguon Nhel, wahrgenommen.<br />

Erst an dritter Stelle (d.h. als zweiter<br />

Stellvertreter) folgt dann ein FUNCIN-<br />

PEC-Mitglied. Dem scheidenden Parlamentspräsidenten<br />

Ranariddh warf Hun Sen noch<br />

einige Rügen hinterher. Seine Amtsführung<br />

habe den Staat pro Monat rund 2,2 Mrd. Riel<br />

gekostet – einen Betrag, für den die ländliche<br />

Bevölkerung zwei Brücken hätte bauen<br />

können. Ranariddh habe vor allem zu viele<br />

„Berater“ (Günstlinge) um sich geschart.<br />

Seinem Nachfolger möge dies eine Warnung<br />

sein. Leider habe sich auch Heng Samrin<br />

bereits wieder 20 Berater zugelegt (AKP, in<br />

BBC, 21.3.06).<br />

Viertens konnte Hun Sen auch im neuen<br />

Senat noch einflussreiche Gesinnungsgenossen<br />

platzieren.<br />

Wie bereits berichtet (SOAa, <strong>2006</strong>/2, S.<br />

102f.), hatten die ersten freien Senatswahlen<br />

am 22. Januar <strong>2006</strong> stattgefunden, wobei<br />

die KVP 45 der 61 Sitze für sich verbuchen<br />

konnte, gefolgt von der FUNCINPEC (10)<br />

und der SRP (2). Durch Wahlen waren lediglich<br />

57 Sitze vergeben worden. Vier weitere<br />

Senatoren wurden durch die Nationalversammlung<br />

und König Sihamoni ernannt.<br />

Als der Senat im März 1999 geschaffen wurde,<br />

waren die Mitglieder noch durchweg ernannt<br />

worden.<br />

Den Posten des Vorsitzenden besetzte<br />

auch diesmal wieder der KVP-Vorsitzende<br />

Chea Sim. Erst an zweiter Stelle folgte ein<br />

FUNCINPEC-Vertreter, nämlich Prinz Sisovat<br />

Chivanmonirak (XNA, 20.3.06). Zu<br />

den einflussreichsten Senatsmitgliedern gehören<br />

aber vor allem sechs Geschäftsleute,<br />

die dafür bekannt sind, dass sie zu den reichsten<br />

Unternehmern Kambodschas gehören,<br />

dass sie chinesischen Hintergrund aufwiesen<br />

und dass sie vor allem Hun Sen wegen<br />

seiner Liberalisierungspolitik nach Kräften<br />

unterstützen.<br />

Der 52-jährige Mong Reththy ist Vorsitzender<br />

des Mong-Reththy-Konzerns, dem<br />

u.a. eine Palmöl-Plantage und ein Seehafen<br />

in Südwestkambodscha gehören.<br />

Lao Meng Khin ist Vorsitzender des<br />

Pheapimex-Konzerns, der sich hauptsächlich<br />

mit Holzgeschäften befasst und von der<br />

NRO Global Witness schon mehrfach wegen<br />

illegalen Abholzens angezeigt wurde.<br />

Ly Yong Phat ist Eigentümer des Koh<br />

Kong International Resort Club, der einen


84 <strong>Dokumentation</strong><br />

Safari-Park und mehrere Casinos in Südwestund<br />

Nordwestkambodscha betreibt.<br />

Men Sarun ist Eigentümer der Men-Sarun-Import-Export<br />

Co. und betätigt sich als<br />

größter Reisexporteur des Landes.<br />

Sy Kong Triv steht in enger Verbindung<br />

zu British American Tobacco und produziert<br />

in Kambodscha mehrere Zigarettenmarken.<br />

Kok An, Vorsitzender der Anco Brothers<br />

Co. Ltd. versorgt Kambodscha mit dem<br />

Mineralwasser Evian, britischen Zigaretten<br />

der Marke 555 und mit US-amerikanischem<br />

Budweiser Bier. Außerdem betreibt er ein<br />

Elektrizitätswerk und ist Eigentümer mehrerer<br />

Hotels und Casinos, vor allem in Grenznähe<br />

zu Vietnam und Thailand.<br />

Hinter vorgehaltener Hand munkelt<br />

man in Kambodscha, dass die sechs Tycoons<br />

dem Senat vor allem deshalb beigetreten<br />

seien, um besser durch die Maschen des<br />

Gesetzes zu schlüpfen zu können und um<br />

ihre parlamentarische Immunität sowohl für<br />

eigene geschäftliche Zwecke als auch zur Unterstützung<br />

Hun Sens auszuschlachten (WSJ,<br />

12.2.06).<br />

Die FUNCINPEC vor dem<br />

Zerfall?<br />

In- und ausländische Beobachter stellen der<br />

FUNCINPEC mittlerweile ein düsteres<br />

Zeugnis aus: Wie schon 1998, jenem Jahr<br />

also, das dem Staatsstreich Hun Sens folgte<br />

und in dem Ranariddh und eine desolate<br />

FUNCINPEC in die Regierung zurückkehrten,<br />

zeigt sich die königliche Partei auch<br />

jetzt, acht Jahre später, wieder in einem Zustand<br />

äußerster Zerrissenheit.<br />

Auch die Wähler haben dies seit längerem<br />

gespürt und der Partei immer weniger<br />

Vertrauen entgegengebracht: Wurden<br />

bei den Nationalwahlen von 1993 noch 58<br />

FUNCINPEC-Mitglieder ins Parlament gewählt,<br />

so waren es 1998 43 und 2003 nur<br />

noch 26. Der Wähler hat das Gefühl, dass die<br />

Partei, vor allem aber der bei innerparteilicher<br />

Postenvergabe fast allein entscheidende<br />

Präsident Ranariddh nicht die Tüchtigsten,<br />

sondern die (nach Klientelgesichtspunkten)<br />

Willigsten auswählt. Hinzu kommt ein Riss<br />

quer durch die Partei, der vor allem bei der<br />

Abhalfterung Sirivuths wieder einmal besonders<br />

deutlich zutage getreten ist. Am 5.<br />

März <strong>2006</strong> setzte Ranariddh an die Stelle<br />

Sirivuths einen anderen Prinzen, nämlich<br />

Norodom Chakrapong, als Generalsekretär<br />

der FUNCINPEC ein, löste damit aber in<br />

der Partei augenblicklich Widerspruch aus,<br />

so dass er diese Personalentscheidung bereits<br />

zwei Wochen später, nämlich am 18. März,<br />

wieder rückgängig machte und nun Nhiek<br />

Bun Chhy auf diesen Schlüsselposten setzte:<br />

einen Politiker also, der von Ministerpräsident<br />

Hun Sen am 3. März <strong>2006</strong> als Ko-Verteidigungsminister<br />

gefeuert, aber schon kurze<br />

Zeit später von der Nationalversammlung<br />

als stellvertretender Ministerpräsident bestätigt<br />

worden war. Wenigstens für diese Entscheidung<br />

soll Ranariddh bei den übrigen<br />

Parteimitgliedern viel Lob geerntet haben,<br />

da Nhiek Bun Chhy als reformfreudiger Politiker<br />

gilt. Wenigstens hier habe Ranariddh<br />

ausnahmsweise einmal keine nepotistischen<br />

Überlegungen walten lassen. Ansonsten<br />

aber wird der Prinz mittlerweile als Politiker<br />

wahrgenommen, der in Günstlingskategorien<br />

denkt, inkompetent ist und dem


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 85<br />

zahlreiche außereheliche Affären nachgesagt<br />

werden.<br />

Viele Beobachter bezweifeln, ob Ranariddh<br />

innerhalb der wenigen Monate bis zu<br />

den nächsten Nationalwahlen das Ruder tatsächlich<br />

noch einmal herumreißen kann.<br />

Bei den Wählern zumindest hat sich<br />

längst eine Stimmung breitgemacht, derzufolge<br />

die Angehörigen der königlichen Familie<br />

am besten beraten wären, wenn sie sich<br />

ganz aus der Politik zurückzögen, um die<br />

Monarchie mit ihrem Verhalten nicht noch<br />

völlig in Verruf zu bringen.<br />

Sam Rainsy, einer der Hauptkritiker<br />

der FUNCINPEC, geht davon aus, dass es<br />

schon 2008 nur noch zwei große Parteien im<br />

Kampf um die Parlamentsmehrheit geben<br />

werde, nämlich die KVP und seine eigene<br />

SRP. Die FUNCINPEC bestehe mittlerweile<br />

nurmehr aus einer Reihe von Gruppen,<br />

die einander bekämpften.<br />

Auch der Rücktritt Ranariddhs vom<br />

Posten des NV-Präsidenten zeige, wie schwach<br />

die FUNCINPEC inzwischen geworden sei<br />

(Phnom Penh Post, 15/<strong>2006</strong>).<br />

Menschenhandel in<br />

Kambodscha: Auswüchse und<br />

Bekämpfungsstrategien<br />

Eines der trübsten Kapitel im gesellschaftlichen<br />

Leben Kambodschas ist der Menschenhandel,<br />

der vor allem Frauen und Kinder<br />

betrifft und der sich in vier Sphären abspielt,<br />

nämlich in den Bereichen Prostitution und<br />

Pädophilie, Bettelei, Zwangsarbeit und Babyhandel.<br />

Kambodscha ist dabei nicht nur Tatort,<br />

sondern auch Drehscheibe, z.B. für die rund<br />

500 vietnamesischen Frauen und Kinder, die<br />

Jahr für Jahr auf dem Umweg über Kambodscha<br />

nach Thailand oder Malaysia geschmuggelt<br />

werden, wo sie als Prostituierte,<br />

Bettler oder in Fabriken als Kinderarbeiter<br />

eingesetzt werden (XNA, 17.11.04; Radio<br />

Hanoi, in BBC, 17.11.04).<br />

Weitaus schwerer als durch die Drehscheibenfunktion<br />

ist Kambodscha allerdings<br />

durch den notorischen Menschenhandel im<br />

eigenen Land belastet.<br />

Hauptgründe für den weit verbreiteten<br />

Kommerz sind vor allem Armut, mangelnde<br />

Erziehung und häusliche Gewalt, in deren<br />

Folge Kinder oft aus dem Haus vertrieben<br />

werden. In einer regierungsoffiziellen Studie,<br />

die im Januar <strong>2006</strong> erschien, wurden als<br />

Gründe für den Menschenhandel 58% aller<br />

entdeckten Fälle auf Armut und 38% auf<br />

mangelnde Erziehung zurückgeführt.<br />

Besonders gefährdet sind Kinder und<br />

Frauen aus armen ländlichen Familien. Sie<br />

werden von Eltern oder Verwandten nicht<br />

selten direkt an Bordellbesitzer verkauft<br />

oder geraten bei der Suche nach einem Aufenthalt<br />

in kambodschanischen Städten in<br />

die Fänge von Greifern, die sie gegen ein oft<br />

winziges Entgelt an einschlägige Netzwerke<br />

oder direkt an Bordellbesitzer weitervermitteln.<br />

Sehr häufig handelt es sich bei diesen<br />

Vermittlern um Personen, die ein Moped<br />

besitzen und die deshalb ihre Opfer schnell<br />

an die entsprechende Adresse transportieren<br />

können (SCPM, 21.6.04).<br />

Mopedfahrer sind es auch häufig, die<br />

von Nichtregierungsorganisationen oder<br />

von ausländischen Forschern als Befragungsquelle<br />

angezapft werden. Ein Fulbright-Student<br />

an der Königlichen Universität in


86 <strong>Dokumentation</strong><br />

Phnom Penh, Dr. Thomas Steinfatt, will auf<br />

diesem Wege herausgefunden haben, dass<br />

allein in Phnom Penh 5.317 Frauen und<br />

Kinder im Prostitutionsgewerbe tätig waren<br />

(2005) und dass von diesen „Gewerbetreibenden“<br />

vermutlich 1.074 durch Menschenhandel<br />

vermittelt worden seien. Er rechnete diese<br />

Zahlen auf ganz Kambodscha hoch und<br />

kam dabei auf 18.256 Prostituierte, unter<br />

ihnen 2.000 Opfer von Menschenhandel.<br />

Die Methode Steinfatts wurde von einigen<br />

NROen allerdings angezweifelt, da<br />

die wirklichen Zahlen weitaus höher lägen.<br />

Steinfatt konnte jedoch die Seriosität seiner<br />

Forschungsmethoden glaubhaft machen; außerdem<br />

wies er darauf hin, dass er lediglich<br />

auf Prostituierte, nicht jedoch auf Bettler<br />

und Zwangsarbeiter abgestellt habe. Vor allem<br />

wisse niemand besser Bescheid über die<br />

verwickelten Lebensläufe der Prostituierten<br />

als eben diese Mopedfahrer (Phnom Penh<br />

Post, 21.5.-3.6.04).<br />

Ein anderer Aspekt ist die Ausnutzung<br />

von entführten oder gehandelten Kindern<br />

zum Zweck der Bettelei. Hier hat sich in<br />

den vergangenen Jahren ein ziemlich einheitliches<br />

Bild herausentwickelt, nämlich die<br />

Betteltätigkeit kambodschanischer Kinder<br />

im benachbarten Thailand: Seit 2004 hat<br />

Thailand fast jeden Monat rund 500 kambodschanische<br />

Bettelkinder zurück nach Kambodscha<br />

geschickt (AKP, in BBC, 2.7.04).<br />

Im Zusammenhang mit der Ausnutzung<br />

von Kindern oder jungen Frauen zu Billigstlöhnen<br />

in Fabriken oder Werkstätten wird<br />

besonders häufig der Ausdruck „Arbeitsversklavung“<br />

verwendet – ein Terminus, der<br />

wohl den Kern der Sache trifft.<br />

Besonders schwunghaft hat sich in den<br />

vergangenen Jahren der Babyhandel entwickelt,<br />

der, wenn alles gutgeht, für ein Kleinkind<br />

die optimale Lösung einer Adoption<br />

bringen kann, der aber für das Land Kambodscha<br />

(wie Altkönig Sihanouk es ausgedrückt<br />

hat) demütigend wirkt und der nicht<br />

selten auch tragisch endet. Auch hier ist<br />

die Situation meist ziemlich eindimensional:<br />

Mütter, die bereits mehrere Kinder haben,<br />

oder junge Frauen, die lange vor ihrer Hochzeit<br />

ein Kind zur Welt bringen, zeigen sich<br />

nicht selten erleichtert, wenn sie das Angebot<br />

erhalten, ihr Kind im wahrsten Sinne des<br />

Wortes zu verkaufen. Für Transaktionen dieser<br />

Art hat sich bereits ein eigenes Vermittlergewerbe<br />

herausentwickelt. Vermittler dieser<br />

Art kaufen von armen kambodschanischen<br />

Eltern für eine Summe zwischen 20<br />

und 100 US$ ein Kleinkind und veräußern<br />

es dann an adoptionswillige Ausländer für<br />

Summen zwischen 5.000 und 20.000 US$<br />

weiter. Dies ist ein gutes Geschäft, bei dem<br />

auch so mancher Polizist oder Standesbeamte,dervonAmtswegeneigentlichgegen<br />

solche Missbräuche einschreiten müsste,<br />

beide Augen zudrückt, wenn nur das Bestechungsgeld<br />

hoch genug ausfällt (zur Korruption<br />

s.a. SOAa, 2005/6, Dok 19). Nachdem<br />

Transaktionsmethoden dieser Art bekannt<br />

geworden waren, verboten einige Länder,<br />

wie Belgien, die Niederlande, die Schweiz<br />

und schließlich auch die USA, die Adoption<br />

kambodschanischer Kinder: Es bestehe die<br />

Gefahr, dass die Säuglinge gekauft, gestohlen,<br />

mit falschen Papieren über die Grenze<br />

gebracht oder sonst auf illegale Weise an adoptionswillige<br />

Eltern gekommen seien. Solche<br />

Praktiken dürfe man nicht dulden, da sie


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 87<br />

u.a. auch Menschenrechte verletzten (WSJ,<br />

7.3.04, 4.3.04, 24.8.04). Selbst kambodschanischen<br />

Gerichten wird kein Vertrauen entgegengebracht.<br />

Vielmehr besteht der Generalverdacht,<br />

dass hier überall Korruption mit<br />

im Spiel sei (IHT, 11.2.97).<br />

Immer wieder taucht die Frage auf, wie<br />

Menschenhandel möglichst zweckmäßig unterbunden<br />

werden könne. Eine Reihe von<br />

Lösungsansätzen hat sich hier in der Zwischenzeit<br />

herauskristallisiert.<br />

Kurzfristig wirkt bspw. der Freikauf<br />

von Kinderprostituierten, wie er nicht selten<br />

von Journalisten oder von wohlhabenden<br />

Reisenden praktiziert wird. Nicolas D.<br />

Kristof von der International Herald Tribune<br />

bspw. kaufte im Januar 2004 zwei Prostituierte<br />

im Teenageralter für die Summen von<br />

150 und 203 US$ frei und brachte sie zu<br />

ihren Eltern zurück. Von einem NRO-Mitglied<br />

ließ er sich darüber informieren, dass<br />

bei einer solchen Transaktion zwei Gebote<br />

unbedingt zu beachten seien, nämlich erstens<br />

Stillschweigen über die Bordellvergangenheit<br />

und zweitens die Beschaffung einer<br />

beruflichen Stellung, die es den Opfern ermöglicht,<br />

sich fortan selbst zu unterhalten<br />

(IHT, 26., 29.1.04). Die beiden Mädchen waren<br />

übrigens zur Zeit des Rückkaufs gerade<br />

einmal 17 Jahre alt – für Kristof ein klarer<br />

Beweis, dass junge Frauen vom Lande nach<br />

wie vor eine für westliche Beobachter kaum<br />

vorstellbare niedrige Position in ihrer Gesellschaft<br />

haben.<br />

Schon etwas wirksamer für die Bekämpfung<br />

des Übels sind Kampagnen, wie sie von<br />

der Phnom Penher Regierung immer wieder<br />

gestartet werden, und zwar vor allem mit<br />

Mitteln der Aufklärung. Zuständig hierfür<br />

ist das im April 2000 gegründete Koordinationskomitee<br />

gegen sexuelle Ausbeutung und<br />

gegen Frauen- und Kinderhandel. 2002 hat<br />

das Innenministerium zusätzlich eine Sonderabteilung<br />

für die Bekämpfung des Menschenhandels<br />

eingerichtet, und im Oktober<br />

2000 war bereits eine nationale Hotline flankierend<br />

hinzugekommen (XNA, 17.3.05).<br />

Die US-Regierung hat im Juni 2004 eine<br />

Summe von 5,6 Mio. US$ bereit gestellt,<br />

um den Behörden bei der Bekämpfung des<br />

Menschenhandels zu helfen, doch kamen der<br />

Geberin schnell Zweifel an einer entschlossenen<br />

Durchsetzung der Bekämpfungspolitik,<br />

für die ein korruptionsfreier Beamtenapparat<br />

und eine saubere Justiz geforderlich<br />

gewesen wären. Solche Voraussetzungen allerdings<br />

konnten in Kambodscha nicht entdeckt<br />

werden (WSJ, 15.6.04).<br />

Nachhaltig können hier am Ende nur<br />

langfristige Strategien sein, also die Schaffung<br />

von Arbeitsplätzen, eine bessere Ausbildung<br />

und die Stärkung der Rechte von<br />

Frauen und Kindern. Zu den Rechten der<br />

Kinder gehört bspw. der Anspruch, dass<br />

Journalisten mit Daten betroffener Kinder<br />

taktvoll umgehen und nicht jede Einzelheit<br />

in die Öffentlichkeit hinaustragen (XNA,<br />

23.4.04). Jedes Kind habe ein Recht auf Würde.<br />

Dies sei schon deshalb nötig, weil mehr<br />

als die Hälfte der 13-Millionen-Bevölkerung<br />

aus Heranwachsenden unter 20 Jahren und<br />

Kindern bestehe und weil es hier letztlich<br />

um die Zukunft Kambodschas gehe (XNA,<br />

1.1.05). Diese Jugend aber werde von zwei<br />

Gefahren besonders bedroht, nämlich von<br />

Drogenmissbrauch und – eben – von Menschenhandel<br />

(XNA, 17.3.06).


88 <strong>Dokumentation</strong><br />

Was Frauen anbelangt, so bestreiten sie<br />

an der 13-Millionen-Bevölkerung Kambodschas<br />

nicht weniger als 52%, von denen<br />

wiederum 80% in ländlichen Gebieten leben.<br />

Auch ihre Rechte müssten gestärkt werden,<br />

zumal sie in der Landwirtschaft die Hauptarbeit<br />

leisteten und auch 90% der zz. rund<br />

270.000 Textilarbeiter stellten. Außerdem<br />

wurden 2003 12% der Frauen in die Nationalversammlung<br />

gewählt, und überdies sind<br />

18% der Senatoren weiblich (XNA, 7.3.05).<br />

Vor allem König Sihanouk zeigt sich immer<br />

wieder besonders empört über den Umgang<br />

mit den Kindern und Frauen Kambodschas.<br />

Seiner Kenntnis nach gebe es 250.000<br />

Frauen und Kinder, die jedes Jahr in Kambodscha<br />

und über Gesamtsüdostasien hinweg<br />

gehandelt würden (XNA, 7.4.04).<br />

Die Menschenrechtslage in<br />

Kambodscha: Geldgeber und<br />

Menschenrechtsorganisationen<br />

im Dissens<br />

Am 2./3. März <strong>2006</strong> war „Zahltag“ in Kambodscha:<br />

Zum ersten Mal seit 2004 nämlich<br />

traten die Geberländer endlich wieder zu ihrer<br />

Kambodscha-Tagung zusammen, bei der<br />

entschieden werden sollte, wie viele Mittel<br />

dem Land im Zeitraum von <strong>2006</strong> bis 2008<br />

zur Verfügung gestellt werden sollten.<br />

Die Geberkonferenzen (Annual Donor<br />

Meetings) finden seit 1996 an wechselnden<br />

Orten – lange Zeit abwechselnd in Tokyo<br />

und Paris, seit 2002 ständig in Phnom Penh<br />

– statt. An ihnen nehmen sowohl bilaterale<br />

(u.a. Japan, Deutschland, Frankreich etc.) als<br />

auch multilaterale Geber (Weltbank, IWF,<br />

ADB) teil. 2003 war die Tagung zum ersten<br />

Mal ausgefallen, da sich Kambodscha damals<br />

(d.h. nach den Wahlen von 2003) monatelang<br />

auf keine neue Regierung hatte einigen<br />

können. Es dauerte damals bis zum 6./7. Dezember<br />

2004, ehe die Gruppe wieder zusammentrat,<br />

um über Hilfeersuchen in Höhe<br />

von 1,8 Mrd. US$ für den Gesamtzeitraum<br />

von 2005 bis 2007 zu beraten. Zugesagt wurden<br />

dann für den Zeitraum 2005 lediglich<br />

504 Mio. US$ – 20% weniger als erbeten.<br />

Diese Zurückhaltung hing damit zusammen,<br />

dass zahlreiche Vorgaben von Phnom Penh<br />

nicht eingehalten worden waren. Weder war<br />

es zum Erlass eines Antikorruptionsgesetzes<br />

noch zur Verfolgung schwerwiegender<br />

Korruptionsfälle noch zur Errichtung eines<br />

Single Window für die Abwicklung von Exund<br />

Importgeschäften und auch nicht zur Erhöhung<br />

der Ausbildungsausgaben auf 3,27%<br />

des BIP gekommen (Einzelheiten dazu in<br />

SOAa, 2005/2, Dok 15).<br />

Im Hinblick auf das Gebertreffen von<br />

<strong>2006</strong> waren der kambodschanischen Politik<br />

vor allem drei Hausaufgaben aufgegeben<br />

worden, nämlich eine Stärkung der Herrschaft<br />

des Gesetzes, Maßnahmen zur Schaffung<br />

unabhängiger Gerichtshöfe und die Absicherung<br />

der Menschenrechte.<br />

Bereits im Vorfeld der Konferenz aber<br />

hatten fünf Menschenrechtsorganisationen<br />

in einem offenen Appell die Mitglieder der<br />

Geberkonferenz darauf hingewiesen, dass (1)<br />

zwar zusätzliche Gesetze erlassen worden<br />

seien, dass diese neuen Bestimmungen aber<br />

nicht umgesetzt würden, abgesehen davon,<br />

dass ein Antikorruptionsgesetz immer noch<br />

ausstehe. Ferner (2) sei das Justizsystem immer<br />

noch in einem heillosen Zustand und<br />

weit davon entfernt, korruptionsfrei zu sein.


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 89<br />

Nicht zuletzt aber (3) fehle es gänzlich an<br />

Good Governance. Stattdessen habe gerade<br />

Hun Sen in den vorangegangenen Monaten<br />

wieder einmal gezeigt, wie man Oppositionelle,<br />

die von ihrer Redefreiheit und von<br />

ihrem Oppositionsrecht Gebrauch machen,<br />

durch Verleumdungsklagen zum Schweigen<br />

bringen kann. Der Versuch der Hun-Sen-Regierung,<br />

mit immer autoritäreren Mitteln<br />

zu regieren, sei für jedermann unübersehbar,<br />

der sich mit der kambodschanischen Szene<br />

beschäftige. Seit 1993, d.h. also seit nunmehr<br />

13 Jahren, werde am Aufbau demokratischer<br />

Verhältnisse gearbeitet, doch müsse man den<br />

Eindruck gewinnen, dass die Entwicklungen<br />

nicht in die Zukunft, sondern eher zurück<br />

in die Vergangenheit wiesen.<br />

Ein unschöner Beweis für die ganz und<br />

gar undemokratische Einstellung der Regierung<br />

sei übrigens auch jene gehörige Portion<br />

von Zynismus, die sich darin offenbare, dass<br />

die Regierung sich herabgelassen habe, in<br />

letzter Sekunde vor Beginn der Geberkonferenz<br />

vier Menschenrechtsaktivisten aus der<br />

Haft zu entlassen und gleichzeitig die parlamentarische<br />

Immunität von Oppositionspolitikern<br />

wie Sam Rainsy wiederherzustellen<br />

(SCMP, 4.3.06).<br />

Allerdings gibt es auch andere Juroren,<br />

die Kambodscha nicht nach westlichen Maßstäben<br />

beurteilen, sondern sein Verhalten<br />

vor dem Hintergrund der Khmer-Rouge-Vergangenheit<br />

bewerten und dabei, allen Einzeleinwendungen<br />

zum Trotz, doch von einer<br />

im Großen und Ganzen positiven Entwicklung<br />

ausgehen.<br />

Zu dieser alternativen Bewertung scheinen<br />

mittlerweile auch die Geber gekommen<br />

zu sein, denn sie sagten bei ihrer Tagung am<br />

3. März für <strong>2006</strong> eine Summe von immerhin<br />

601 Mio. US$ zu. Am großzügigsten erwies<br />

sich dabei die EU mit einem Beitrag von<br />

164 Mio. US$, gefolgt von Japan (115 Mio.<br />

US$) und der Weltbank (53 Mio. US$). Diese<br />

Entscheidung des 8. Gebertreffens wurde<br />

von der kambodschanischen Regierung<br />

als großer Erfolg gewertet, da sie diesmal<br />

mehr erhalten als (in einer Gesamthöhe von<br />

513 Mio. US$) erbeten hatte. Das zweitägige<br />

Treffen beschäftigte sich mit Fragen der Entwicklung,<br />

des Wachstums, der Reform und<br />

der Armutsbekämpfung und legte die Messlatte<br />

der 2005 Joint Monitoring Indicators<br />

an. Die Regierung musste für eine Reihe von<br />

Defiziten zwar Schelte einstecken, am Ende<br />

aber wurden ihre Erfolge doch positiver<br />

bewertet, als es angesichts zahlreicher Gravanima<br />

zunächst einmal zu erwarten gewesen<br />

wäre.<br />

Teilgenommen an der Konferenz hatten<br />

zwölf Partnerländer, sechs Beobachterländer,<br />

fünf internationale Organisationen und die<br />

Regierung (XNA, 3.3.06).<br />

Mit den neuen Beschlüssen wurde eine<br />

Tradition fortgesetzt, die bis auf das Jahr<br />

1996 zurückreicht und in deren Gefolge<br />

rund die Hälfte des kambodschanischen Nationalhaushalts<br />

mit internationaler Hilfe alimentiert<br />

wird. Angesichts dieser Abhängigkeit<br />

ist die Phnom Penher Regierung gezwungen,<br />

vor jedem Jahrestreffen eine möglichst<br />

günstige Bilanz vorzuweisen. Dies ist<br />

ein wichtiges Korrektivinstrument, das nach<br />

Meinung der Geber funktioniert, obwohl<br />

gleichzeitig immer wieder zahlreiche Verstöße<br />

festgestellt werden müssen: Entwicklungshilfe<br />

als ein Instrument geduldiger Erziehung.


90 <strong>Dokumentation</strong><br />

Laos<br />

Oskar Weggel<br />

Der VIII. Parteitag als Indikator<br />

strikter politischer Kontinuität<br />

Vom 18. bis 21. März <strong>2006</strong> hielt die Laotische<br />

Revolutionäre Volkspartei (LRVP) –<br />

die einzige legale politische Vereinigung des<br />

Landes – ihren satzungsgemäß alle fünf Jahre<br />

stattfindenden Parteikongress ab, wobei<br />

sie die bei solchen Veranstaltungen üblichen<br />

vier Aufgaben abarbeitete, nämlich (1) Rechenschaftslegung<br />

über das seit dem vorangegangenen<br />

Parteitag Erreichte, (2) Erlass<br />

des neuen (6.) Fünfjahresplans (<strong>2006</strong>-2010),<br />

(3) Neuwahlen zum Politbüro und zum ZK<br />

sowie (4) kleinere Änderungen an der Parteisatzung<br />

(XNA, 18.3.06).<br />

Die LRVP war 1955 aus der Taufe gehoben<br />

worden und zählt gegenwärtig rund<br />

148.000 Mitglieder, von denen 498 am VIII.<br />

Kongress teilnahmen.<br />

Der Parteitag fand im 20. Reformjahr<br />

statt – mit der Folge, dass während des viertägigen<br />

Kongresses immer wieder auf die<br />

„fundamentalen Änderungen“ hingewiesen<br />

wurde, die sich seit den Reformbeschlüssen<br />

von 1986 eingestellt hätten. Seit damals<br />

hatte die Laoten im Zeichen der Perestroika<br />

(Laotisch: chin tanakan may, wörtlich:<br />

„Neues Denken“) das ABC der Marktwirtschaft<br />

erlernen müssen (Einzelheiten dazu<br />

SOAa, 1991/2, S. 124f.). Auch die Entwicklung<br />

auf dem Weg zu einem Gesetzesstaat<br />

war ein unendlich langer Marsch gewesen,<br />

der sich – ohne besonders überzeugenden Erfolg<br />

– gegen Überzentralisierung, Bürokrati-<br />

sierung und Subventionsorientierung gerichtet<br />

hatte (dazu SOAa, 2002/6, S. 565-568).<br />

Im Großen und Ganzen hatte sich dabei<br />

die Wirtschaft liberalisieren, das politische<br />

System sich jedoch keineswegs aus seinen<br />

autoritären Strukturen herauslösen können.<br />

Häufige Verhaftung politischer Gegner und<br />

Übergriffe gegen religiöse Gruppen, nicht<br />

zuletzt auch gegen laotische Christen, zeigten,<br />

dass die laotische Führung es mit den in<br />

der Verfassung von 1991 festgelegten Grundrechten<br />

nicht allzu ernst meinte. Ebenso<br />

blieb die Führung im Wesentlichen bei ihren<br />

alten Cliquenstrukturen, bei der militärischen<br />

Besetzung des Führungsstabs und bei<br />

ihren baci-Netzwerken (dazu SOAa, 2004/4,<br />

S. 375-388), nicht zuletzt auch bei ihrer Geheimnistuerei<br />

und ihrer Intransparenz, die<br />

es fast unmöglich machte, eine Öffentlichkeit<br />

herzustellen. Bezeichnenderweise erregte<br />

der VIII. Parteitag deshalb, trotz einer Reihe<br />

öffentlicher Zeremonien, kaum Aufmerksamkeit<br />

in der Bevölkerung. Rege Teilnahme<br />

zeigten lediglich Parteimitglieder, um<br />

deren unmittelbare Interessen es ja in der<br />

Tat bei dem viertägigen Kongress ging.<br />

Der VII. Parteikongress der laotischen<br />

Kommunisten hatte vom 12. bis 14. März<br />

2001 stattgefunden. Dabei waren drei Perspektivpläne<br />

(bis 2020, 2010 und 2005) beschlossen<br />

worden, die in ihrer Substanz, d.h.<br />

in ihren Zielsetzungen bis 2020 und 2010,<br />

auch nach dem VIII. Parteitag gültig bleiben:<br />

Danach soll sich Laos bis 2020 von einem<br />

Agrar- zu einem Industrieland entwickelt<br />

haben, wobei stets auf Gleichgewichtigkeit<br />

zwischen den drei Sektoren zu achten sei.<br />

Bis 2010 soll sich das BIP-Wachstum gegenüber<br />

2000 verdoppelt haben – mit der


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 91<br />

Folge, dass das Pro-Kopf-Einkommen i.J.<br />

2010 bei 700-750 US$ läge.<br />

Im 5. Fünfjahresplan (2000-2005) war<br />

ein BIP-Durchschnittswachstum von jährlich<br />

7-7,5%, eine Inflation von jährlich nicht<br />

höher als 1%, eine Stabilisierung des Wechselkurses<br />

des Kip und eine Limitierung des<br />

Haushaltsdefizits pro Jahr auf höchstens 5%<br />

des BIP vorgesehen (ausführlich dazu SOAa,<br />

2001/3, S. 299-309, 302).<br />

Die Führung war sich damals sicher gewesen,<br />

dass diese Ziele erreichbar seien, weil<br />

Laos über vier Vorteile verfüge, nämlich<br />

über reichlich Grund und Boden, über einen<br />

üppigen Waldbestand, über ungewöhnlich<br />

hohe Hydroenergiekapazitäten und über eine<br />

(angeblich) günstige Lage in der Subregion<br />

Festlandsüdostasien, wo sich die LDVR<br />

von dynamisch wachsenden Nachbarn umgeben<br />

sieht.<br />

Allerdings gab es auch viele Hürden und<br />

Bremsklötze, nämlich Schwächen im Finanzsystem<br />

(Abhängigkeit von Auslandsfinanzierungen;<br />

rund die Hälfte des Staatshaushalts<br />

muss von fremden Gebern getragen werden)<br />

und Fehlentwicklungen wie das Fortbestehen<br />

der Schwendwirtschaft, des Opiumanbaus<br />

sowie der Unsitte, übermäßig viel Holz<br />

einzuschlagen.<br />

Wieder einmal konnten die Ziele des<br />

5. Fünfjahresplans nicht gänzlich erreicht<br />

werden: Erzielt wurde aber immerhin ein<br />

BIP-Jahreswachstum von rund 6%, und auch<br />

die Inflations- sowie die Schuldenbegrenzung<br />

nach oben wurde eingehalten. Nicht<br />

zuletzt aber hat das Land sein Pro-Kopf-Einkommen<br />

von 76 US$ pro Kopf i.J. 1975 auf<br />

438 US$ i.J. 2005 steigern können (VT.com,<br />

2.3.06). Für <strong>2006</strong> trauen die Sachverständi-<br />

gen des IWF der LDVR ein Wachstum von<br />

immerhin 7,1% zu: Immerhin könnten sich<br />

die Elektrizitätsexporte nach Thailand erhöhen,<br />

könne der Gold- und Kupferbergbau<br />

zulegen und auch der Tourismus weiter ansteigen<br />

(VT.com, 22.3.06).<br />

Der neue Fünfjahresplan fasst Wachstumsraten<br />

zwischen 7,5% und 8% p.a. bis<br />

2010 ins Auge. Neben dem hohen Wachstum<br />

werde besonderer Wert auf den Umweltschutz,<br />

auf den weiteren Ausbau der Infrastruktur,<br />

auf die Entwicklung des Dienstleistungswesens,<br />

auf Verwaltungsreformen,<br />

auf die Zusammenarbeit mit anderen Ländern<br />

und auf den Ausbau einer starken Verteidigung<br />

gelegt, hieß es am 19. März.<br />

Und die Personalerneuerung? Zumindest<br />

beim Politbüro wird weiterhin das Warteschlangenprinzip<br />

angewendet. Wie beim<br />

VII. Parteitag wurden auch diesmal elf Politbüromitglieder<br />

gewählt – genauer: Bestätigt<br />

in ihrem Amt wurden neun, einer trat<br />

zurück, und zwei kamen als Neulinge ins<br />

Politbüro, wobei einer der Neuen, übrigens<br />

erstmals eine Frau, die Vakanz eines Verstorbenen<br />

übernahm. Hierbei handelte es sich<br />

um Pany Yatortho, Tochter des Nationalhelden<br />

Yatortho (N, 22.3.06).<br />

Die wichtigste Entscheidung war der<br />

Rücktritt der bisherigen Nummer eins,<br />

Khamtay Siphandone, der das Amt des Vorsitzenden<br />

seit dem Tode des „laotischen Mao<br />

Zedong“, Kaysone Phomvihan (gestorben<br />

1992) bekleidet hatte. Der 82-Jährige trat<br />

glaubhaft aus gesundheitlichen Gründen zurück.<br />

An seiner Stelle wurde die bisherige<br />

Nummer drei der Führung – und seines<br />

Zeichens auch stellvertretender Staatsprä-


92 <strong>Dokumentation</strong><br />

sident –, Choummaly Sayasone, zum neuen<br />

„Parteigeneralsekretär“ ernannt. Der Titel<br />

ist eine Rückkehr zur früheren Bezeichnung,<br />

nachdem zwischendurch von „Parteipräsident“<br />

die Rede gewesen war. Tiefere Bedeutung<br />

hat diese Nomenklatur allerdings<br />

nicht.<br />

Auch Choummaly ist nicht mehr der<br />

Jüngste und hat bereits die 70-Jahr-Grenze<br />

überschritten. Darüber hinaus ist er kein<br />

Unbekannter: Dem Politbüro gehört er seit<br />

dem III. Parteikongress von 1981 an. Beim<br />

VI. Parteitag (1996) hatte er den Rang einer<br />

Nummer drei erklommen. Außerdem<br />

ist er seit Jahren Verteidigungsminister der<br />

LDVR und damit ein weiterer lebender Beweis<br />

dafür, dass sich die politische Elite in<br />

Laos die Spitzenführung offensichtlich nicht<br />

ohne überwiegend militärische Beteiligung<br />

vorstellen kann. Schon im VII. ZK hatten<br />

acht der elf Politbüromitglieder militärische<br />

Ränge innegehabt – mittlerweile sind es sieben.<br />

Üblich ist es in der laotischen Führung<br />

außerdem, das Amt des Parteivorsitzenden<br />

und den Posten des Staatspräsidenten in Personalunion<br />

zu besetzen. Auch bei Choummaly<br />

wird dies demnächst in diesem Sinne<br />

gehandhabt werden, und zwar nach der<br />

Wahl der nächsten Nationalversammlung.<br />

Auch zeigt sich wieder einmal eine Grundtendenz<br />

des Systems – nämlich Kontinuität,<br />

Kontinuität und Kontinuität.<br />

Auch der Altersdurchschnitt spricht für<br />

die Betonung der Stabilität und liegt auch<br />

diesmal bei über 70 Jahren (zum Vgl. dazu<br />

SOAa, 2001/3, S. 305f.).<br />

Eine Verjüngung und eine Personalrotation<br />

fanden lediglich auf Stufe zwei der<br />

laotischen Führung, nämlich beim ZK, statt.<br />

Hier wurde ein Drittel der 55 Mitglieder<br />

durch jüngeres Personal ausgetauscht, ohne<br />

dass hierfür allerdings von der geheimnistuerischen<br />

Publikationspolitik nähere Angaben<br />

gemacht worden wären.<br />

In seiner Abschiedsrede vom 19. März<br />

wies der scheidende Parteivorsitzende Khamtay<br />

darauf hin, dass die kommunistische Partei<br />

das Schicksal der LDVR seit nunmehr 51<br />

Jahren steuere und dass sie, trotz der vielen<br />

reformerischen Veränderungen, die inzwischen<br />

erfolgten, doch für Stabilität und Ruhe<br />

im Lande gesorgt habe (XNA, 19.3.06).<br />

Die LRVP werde die Führung im Lande<br />

auch weiterhin behalten (VT.com, 22.3.06).<br />

Die Ein-Parteien-Herrschaft und die janusköpfige<br />

Politik wirtschaftlicher Liberalisierung<br />

bei gleichzeitig fortbestehendem Autoritarismus<br />

dürften demzufolge auch weiterhin<br />

an der Tagesordnung bleiben.<br />

Auch von Sozialismus war immer wieder<br />

die Rede. Dieser Begriff war bekanntlich<br />

zur Zeit des Erlasses der Staatsverfassung<br />

i.J. 1991 sorgfältig ausgespart worden, ist<br />

dann allerdings langsam wieder zurückgekehrt.<br />

In der Tat betrachtet sich Laos heutzutage<br />

wieder als einer der noch fortbestehenden<br />

fünf kommunistischen Staaten (China,<br />

Kuba, Nordkorea, Vietnam und Laos).<br />

NV-Wahlen am 30. April <strong>2006</strong><br />

Am 23. Januar <strong>2006</strong> gab die Nationalversammlung<br />

bekannt, dass die nächsten<br />

Wahlen zur Nationalversammlung bereits<br />

am 30. April <strong>2006</strong> stattfinden sollen – ein<br />

Jahr vor dem verfassungsgemäßen Termin.<br />

Immerhin sieht Art. 41 II der laotischen Ver-


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 93<br />

fassung von 1991 ja eine Legislaturperiode<br />

von fünf Jahren vor, so dass im Anschluss<br />

an die 5. Wahlen vom 24. Februar 2002 eigentlich<br />

erst im Februar 2007 gewählt werden<br />

dürfte. Angesichts der als neu und ungewöhnlich<br />

empfundenen Herausforderungen<br />

beschloss die Nationalversammlung jedoch<br />

Anfang November 2005 mit dem vorgesehenen<br />

Eindrittelquorum, dass die Wahl vorgezogen<br />

werden solle.<br />

Gleichzeitig soll die Zahl der Sitze im<br />

Abgeordnetenhaus in der 6. Legislaturperiode<br />

von 109 auf 113 bis 115 angehoben werden.<br />

Dies hänge mit dem starken Bevölkerungswachstum<br />

zusammen. Ein Parlamentarier<br />

repräsentiert 50.000 Wähler.<br />

Um die erweiterten Sitze sollen sich insgesamt<br />

175 Kandidaten bewerben, die üblicherweise<br />

von der Dachorganisation der<br />

Massenorganisationen, nämlich der Vereinigung<br />

für nationalen Aufbau, handverlesen<br />

werden (VT.com, 7.3.06).<br />

Eine der ersten Aufgaben des neuen<br />

Parlaments wird es sein, über den Fünfjahresplan<br />

<strong>2006</strong>-2010 abzustimmen, aber auch<br />

über den Tourismusplan <strong>2006</strong>-2020 sowie<br />

über die Erziehungsstrategie zwischen <strong>2006</strong><br />

und 2015 (VT.com, 2.3.06). Insgesamt soll<br />

die neue Nationalversammlung die Aufgaben<br />

besser in den Griff bekommen, die der<br />

LDVR im 21. Jahrhundert bevorstehen. Immerhin<br />

handelt es sich hier um eines der<br />

ärmsten Länder Asiens, das nach wie vor<br />

weitgehend von ausländischer Hilfe abhängig<br />

ist und das deshalb für Entwicklungsprobleme<br />

ein ganz besonderes Fingerspitzengefühl<br />

entwickeln muss (dazu VT.com,<br />

28.3.06).<br />

Damit sich möglichst viele Wähler am<br />

Urnengang beteiligen, sollen Landbewohner<br />

selbst aus den abgelegensten Gebieten<br />

zu den Wahlkabinen transportiert werden<br />

– zum Teil unter Einsatz von Armeehubschraubern<br />

(dazu VT.com, 13.2.06).<br />

Die Wahlkämpfer wurden aufgefordert,<br />

nicht gegeneinander zu Felde zu ziehen, sondern<br />

sich – frei von jeder Polemik – ganz einfach<br />

nur den Wählern vorzustellen. Zu den<br />

Kandidaten gehören auch 99 Frauen (WSJ,<br />

2., 6.3.06).<br />

Malaysia<br />

Howard Loewen<br />

Der neunte Entwicklungsplan<br />

Premierminister Abdullah Badawi hat Anfang<br />

April den neunten Entwicklungsplan<br />

dem Parlament vorgelegt. Der Plan, der von<br />

der staatlichen Wirtschaftsentwicklungsbehörde<br />

(Economic Development Plan Unit,<br />

EDU) und Vertretern der Privatwirtschaft<br />

ausgearbeitet worden war, hat zum Ziel, Malaysias<br />

Entwicklung zu einem Industriestaat<br />

zu beschleunigen. Um dieses Ziel zu erreichen,<br />

hat der Plan fünf Funktionen zu erfüllen:<br />

1) Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen<br />

Wertschöpfung, 2) Optimierung der Wissens-,<br />

Kreativitäts- und Innovationskapazitäten,<br />

3) Abbau sozialer und ökonomischer<br />

Ungleichgewichte, insbesondere des eklatanten<br />

Stadt-Land-Gefälles, 4) Verbesserung<br />

des Lebensstandards, 5) Konsolidierung des<br />

staatlichen Dienstleistungsnetzwerks.<br />

Ausgewählte Sektoren, die besonders intensiv<br />

gefördert werden sollen, sind Agrar-


94 <strong>Dokumentation</strong><br />

wirtschaft, Tourismus, Hafeninfrastruktur<br />

sowie Bildung. Der neunte Entwicklungsplan<br />

umfasst ein Volumen von rund 46 Mrd.<br />

Euro. Im Gegensatz zu älteren Entwicklungsprogrammen<br />

unter Mahathir, die primär<br />

dem Aufbau z.T. prestigeträchtiger Infrastruktur<br />

dienten, stehen nun eher weiche<br />

Faktoren wie die Förderung von Humankapital<br />

als Antwort auf die Herausforderungen<br />

der Globalisierung im Mittelpunkt staatlicher<br />

Lenkungsbemühungen (ST, 12.04.06;<br />

NfA, 06.04.06, WSJ, 30.03.06)<br />

Malakka Straße: keine<br />

terroristische Bedrohung?<br />

Anlässlich der offiziellen Einweihung einer<br />

neuen Küstenüberwachungsbehörde (Malaysian<br />

Maritime Enforcement Agency, MMEA)<br />

ließ Malaysias Vizepremierminister Najib<br />

Razak im April verlauten, dass die Straße<br />

von Malakka nicht durch terroristische<br />

Gruppen bedroht sei. Entgegen allzu negativen<br />

Einschätzungen westlicher Staaten<br />

sowie von Versicherungsgesellschaften wie<br />

Lloyds, die kürzlich die Straße von Malakka<br />

als Risikoregion einstufte, gebe es nur vereinzelte<br />

Fälle von Piraterie, jedoch ohne terroristischen<br />

Hintergrund. So sei im Dezember<br />

2005 nur ein Boot überfallen worden,<br />

einJahrzuvorwarenesnoch18.Auchdas<br />

internationale Schifffahrtsbüro (International<br />

Maritime Bureau) sieht eine signifikante<br />

Abnahme der Überfälle, wenngleich in etwas<br />

anderer Größenordnung, nämlich von<br />

38 (2004) auf 12 im Jahre 2005. Der Vizepremier<br />

betonte ferner, dass die Aktivitäten<br />

der MMEA kurz- und mittelfristig zu einer<br />

besseren Überwachung und somit zu einer<br />

verbesserten Sicherheitslage an der 4.500 km<br />

langen Küstenlinie Malaysias führen würden.<br />

Die MMEA verfügt zur Zeit über 1.200<br />

Mitarbeiter. Mittelfristig soll die Flotte der<br />

Behörde auf rund 100 Schiffe ausgebaut werden.<br />

Die negative Einschätzung der Sicherheitslage<br />

in der Malakka Straße hat zu einer<br />

signifikanten Anhebung der Versicherungsprämien<br />

für jene Schiffe geführt, welche<br />

die Straße passieren. Dies führt zu erhöhten<br />

Kosten für die Reedereien und letztendlich<br />

für die Konsumenten, die höhere Preise<br />

für die importieren Waren bezahlen müssen.<br />

Die Straße von Malakka ist der wichtigste<br />

Seeweg in <strong>Südostasien</strong>. Rund 30% des<br />

gesamten Welthandels passieren die Straße.<br />

Sie verbindet die Andamensee mit dem Südchinesischen<br />

Meer und der Javasee. Sie ist<br />

800 km lang und an ihrer engsten Stelle nur<br />

knapp 1,5 Seemeilen breit. (WSJ, 21.03.06)<br />

Proton verhandelt mit Chery<br />

Der malaysische Automobilhersteller Proton<br />

verhandelt zur Zeit mit dem chinesischen<br />

Autoproduzenten Chery über die Bildung<br />

einer Allianz, die einen Austausch von<br />

Produktionskapazitäten beinhalten könnte.<br />

Angedacht ist der Aufbau einer Chery-Produktion<br />

in Malaysia und ein entsprechendes<br />

Proton-Werk in China. Für das staatlich<br />

gelenkte malaysische Unternehmen würde<br />

der Zugang zum großen chinesischen Binnenmarkt<br />

eine gute Chance auf Konsolidierung<br />

des Unternehmens bieten. Nachdem<br />

Gespräche mit deutschen und japanischen<br />

Herstellern nicht erfolgreich verlaufen sind,<br />

versucht Proton neben China auch mit Indi-


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 95<br />

en über entsprechende Verträge zu verhandeln.<br />

(ST, 31.03.06; 30.03.06)<br />

Großer Computerhersteller<br />

investiert im Multimedia Super<br />

Corridor (MSC)<br />

Das Computerunternehmen Dell plant, ein<br />

Technologie- und Entwicklungszentrum in<br />

Malaysia aufzubauen. Es sollen rund 1.000<br />

Arbeitsplätze im sogenannten Multimedia<br />

Super Corridor (MSC), einer Sonderwirtschaftszone<br />

für ausländische Hightechunternehmen,<br />

geschaffen werden. Die primären<br />

Produktionsbereiche umfassen Prozessdesign<br />

und Softwareentwicklung. Die Entscheidung<br />

wurde getroffen, nachdem Premierminister<br />

Abduallah Ahmand Badawi<br />

der Konzernzentrale in Round Rock in Texas<br />

einen Besuch abgestattet hatte. Dell, das<br />

den Standort Malaysia vor Irland, den Philippinen<br />

und Indien wählte, hatte bereits im<br />

Jahre 1995 im damals entstehenden MSC<br />

investiert. Wenn sich ein Unternehmen im<br />

MSC ansiedeln möchte, bewirbt es sich bei<br />

der staatlichen Multimedia Development<br />

Cooperation um den MSC-Status. Erhält<br />

es diesen, so kann das Unternehmen von<br />

speziellen Rechten profitieren, u.a. die Einstellung<br />

von Arbeitskräften aus dem Ausland,<br />

unbeschränktes Eigentumsrecht sowie<br />

eine Steuerbefreiung von bis zu zehn Jahren.<br />

Beraten wird das MSC durch ein internationales<br />

Beratungsgremium (International<br />

Advisory Panel, IAP), das sicherstellen soll,<br />

dass ein optimales Maß an Weiterentwicklung<br />

realisiert wird (XNA, 07.05.06).<br />

USA mahnen Malaysia zum<br />

Schutz geistigen Eigentums<br />

Malaysia und die Vereinigten Staaten von<br />

Amerika werden im Juni <strong>2006</strong> Verhandlungen<br />

über ein bilaterales Handelsabkommen<br />

beginnen, das im Laufe des nächsten Jahres<br />

in Kraft treten soll. Ein Problem, das die<br />

Verhandlungen belasten könnte, ist die Tatsache,<br />

dass Malaysia zu den von den USA<br />

identifizierten 36 Ländern gehört, die geistiges<br />

Eigentum (Markenzeichen, Patente, Urheberrechte<br />

etc.) missachten. Die „Business<br />

Software Alliance“, eine von Microsoft, Apple,<br />

Intel und Adobe finanzierte Institution<br />

gegen globale Produkt- und Ideenpiraterie,<br />

vermutet, dass 61% der in Malaysia verwendeten<br />

Computerprogramme illegal seien.<br />

Obschon Fortschritte bei der Bekämpfung<br />

der Piraterie zu verzeichnen seien, gebe es<br />

noch viel zu tun, um das Verhandlungsklima<br />

zu verbessern, so der Vizehandelsminister<br />

der USA, David Sampson. „Intellectual property<br />

rights are a critically important issue<br />

to the U.S. government, U.S. businesses and<br />

in particular, the U.S. Department of Commerce.<br />

It is one of the foundations issues in<br />

all the free trade negotiations that we are engaged<br />

in”, so Sampson weiter. Deshalb trafen<br />

sich Ende April Vertreter Malaysias und Washingtons,<br />

um konkrete Maßnahmen zum<br />

Schutz amerikanischen geistigen Eigentums<br />

in Malaysia zu diskutieren. In diesem Zusammenhang<br />

versprach Malaysia, eine entsprechende<br />

Gerichtsbarkeit aufzubauen, um<br />

die Verletzung von copyright abhandeln zu<br />

können. (WSJ, 25.04.06)


96 <strong>Dokumentation</strong><br />

Myanmar<br />

Marco Bünte<br />

Oppositionspartei unter Druck<br />

Die Oppositionspartei Nationale Liga für<br />

Demokratie (NLD) befindet sich in einer<br />

ernsten politischen Krise. Innenpolitisch<br />

scheint sie immer stärker unter Druck des<br />

Militärregimes zu geraten und bei ihren internationalen<br />

Partnern in der Demokratiebewegung<br />

gerät ihr Kurs vermehrt in die Kritik.<br />

Auf einer Pressekonferenz Ende März<br />

erklärte Informationsminister Kyaw Hsan,<br />

dass die Militärregierung keinen Plan für<br />

einen Dialog mit der NLD habe. Damit<br />

lehnte er einen Vorschlag der NLD vom 12.<br />

Februar ab, der die Freilassung Aung San<br />

Suu Kyis beinhalte und Verhandlungen mit<br />

der Regierung vorsehe und dafür die Anerkennung<br />

des SPDC als Übergangsregierung<br />

beinhalte. Gegenüber dem Gesandten der<br />

ASEAN, Syed Hamid Albar, wiederholten<br />

der Premier- und der Außenminister diese<br />

Position. Einen Monat später ging die Militärregierung<br />

noch einen Schritt weiter und<br />

drohte damit, die Opposition aufgrund ihrer<br />

„vermeintlichen Verbindungen zu illegalen<br />

Gruppierungen“ aufzulösen. Die NLD sei<br />

ein Sprachrohr des Westens und habe keinerlei<br />

Unterstützung bei der Bevölkerung.<br />

Als Beweis führte der Informationsminister<br />

an, dass 29 Mitglieder der NLD ihren Austritt<br />

aus der Partei bekannt gegeben hätten.<br />

Anfang Mai berichtete die staatliche Tageszeitung<br />

The New Light of Myanmar, dass 12<br />

weitere Mitglieder ihre Ämter niedergelegt<br />

hätten. NLD-Sprecher begründeten die Par-<br />

teiaustritte mit dem wachsenden Druck der<br />

Militärregierung auf ihre Organisation.<br />

Die Opposition geriet unterdessen auch<br />

von anderer Seite in die Kritik. So fragte<br />

Zarni, der Sprecher der Free Burma Coalition,<br />

in einem Interview mit dem Radiosender<br />

BBC, inwieweit die NLD ihre Rolle als<br />

Agent des Wandels ausfülle. Er kritisierte,<br />

dass die Demokratiebewegung sich zu stark<br />

auf die westlichen Regierungen gestützt und<br />

es vernachlässigt habe, effektive Strategien<br />

zu erarbeiten. Die Opposition müsste insbesondere<br />

das Sicherheitsbedürfnis des Militärs<br />

anerkennen und von ihrer Forderung nach<br />

einer Anerkennung der Wahlen von 1990<br />

abrücken. (BBC, 2.5.06; Irrawaddy, 30.3.,<br />

27.4., 2.5.06; NLM, 30.3.06; STI, 17.4.06;<br />

WSJ, 26.4.06)<br />

Flüchtlingswelle nach Offensive<br />

im Westlichen Karen-Staat<br />

Die myanmarische Armee setzt seit November<br />

letzten Jahres anscheinend ihre Angriffe<br />

im Karen-Gebiet fort. Meldungen der<br />

KNU zufolge habe es in den letzten Monaten<br />

insbesondere Truppenbewegungen im<br />

westlichen Karen-Gebiet gegeben. Die militärischen<br />

Aktionen haben dabei zu einer<br />

stärkeren Flüchtlingswelle in die Lager an<br />

der myanmarisch-thailändischen Grenze geführt.<br />

Seit November letzten Jahres sind<br />

nach einem Bericht der Free Burma Rangers<br />

mehr als 11.000 Karen nach Thailand<br />

geflohen, um dort Schutz vor den Angriffen<br />

des Militärs zu suchen. Der Sprecher<br />

der internationalen Hilfsorganisation Thailand<br />

Burma Consortium hat der Presse gegenüber<br />

die Flüchtlingsströme bestätigt. Me-


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 97<br />

dienspekulationen zufolge versuchen die Militärs<br />

mit ihrer Offensive, das Hinterland<br />

der neuen Hauptstadt Pyinmana zu sichern.<br />

Regierungsangaben zufolge gibt es jedoch<br />

keine Offensive. So sprach Informationsminister<br />

Kaw Hsan davon, dass es lediglich Sicherheitsmaßnahmen<br />

und Säuberungsaktionen<br />

gegen „Terroristen der KNU im Untergrund“<br />

gebe. Zurzeit halten sich in Lagern<br />

an der thailändisch-myanmarischen Grenze<br />

rund 140.000 Flüchtlinge auf (Irrawaddy,<br />

2.5.06; WSJ, 26.4.06)<br />

Erhöhung der Gehälter der<br />

Beamten<br />

Ende April hat die Regierung die Gehälter<br />

der rund 1 Million Staatsbeamten angehoben.<br />

Die Beamten erhalten Presseberichten<br />

zufolge zwischen 500 und 1.200 Prozent<br />

mehr Sold. Der Sold eines Beamten mit niedrigem<br />

Dienstgrad, der bislang etwa 3.000<br />

Kyat verdiente, wurde auf 15 bis 20.000 Kyat<br />

angehoben. Noch mehr profitieren können<br />

Beamte mit höherem Dienstgrad. Ihr Einkommen<br />

steigt von 10.000 auf 120.000 Kyat<br />

(100 US$). Die Gehaltserhöhungen für Beamte<br />

lassen sich als Reaktion auf die jüngsten<br />

Benzinpreiserhöhungen und als Kompensation<br />

für den Umzug nach Pyinmana<br />

werten. Innerhalb der Beamtenschaft ist die<br />

Frustration über den Umzug in die neue<br />

Hauptstadt groß. Von der Gehaltserhöhung<br />

profitieren auch die etwa 400.000 Mitglieder<br />

der Streitkräfte des Landes.<br />

Die wirtschaftlichen Folgen der Anhebung<br />

der Beamtengehälter sind jedoch immens.<br />

Die ohnehin hohe Inflation könnte<br />

durch die Anhebung der Gehälter weiter<br />

vorangetrieben werden. Seit der Ankündigung<br />

der Gehaltserhöhung Anfang März haben<br />

die Preise für Reis, Speiseöl und andere<br />

Nahrungsmittel um etwa 10 Prozent zugenommen.<br />

Ökonomen befürchten außerdem,<br />

dass das fragile Bankensystem des Landes<br />

erneut in Mitleidenschaft gezogen werden<br />

könnte. Die Regierung scheint wegen<br />

der Entwicklungen zunehmend besorgt. So<br />

kritisierte die staatliche The New Light of<br />

Myanmar die „Gier“ von Goldhändlern und<br />

machte sie für den hohen Goldpreis verantwortlich.<br />

Die Myanmar Times berichtete davon,<br />

dass Ladenbesitzer, die ungerechtfertigt<br />

hohe Preise verlangen, mit einem Lizenzentzug<br />

rechnen könnten. Um die Inflation<br />

einzudämmen, will die Regierung außerdem<br />

den Verkauf von Konsumgütern beschränken.<br />

(FT, 27.3.06; Irrawaddy, 29.3., 1.5.06;<br />

WSJ, 26.3.06)<br />

Ausbruch der Vogelgrippe in<br />

Myanmar<br />

Die Regierung Myanmars hat Mitte März<br />

den ersten Fall des Ausbruches der Vogelgrippe<br />

gemeldet. Betroffen sind insbesondere<br />

die Regionen um Mandalay und Sagain.<br />

Rund 500.000 Tiere wurden bis Mitte April<br />

nach Angaben der Regierung getötet. Nach<br />

Meldungen der Regierung sei die weitere<br />

Ausbreitung der Vogelgrippe dadurch erfolgreich<br />

verhindert worden, sodass die gesperrten<br />

Geflügelfarmen bereits Ende April wieder<br />

freigegeben werden konnten. Nach Angaben<br />

der Welternährungssituation (FAO)<br />

ist die Situation im Lande jedoch ernster als<br />

zunächst angenommen. Da nicht genügend<br />

Mittel zur Diagnose und keine Schutzaus-


98 <strong>Dokumentation</strong><br />

rüstung vorhanden sei, sei der Kampf gegen<br />

das H5N1-Virus sehr schwierig. Auch<br />

wenn das staatliche Fernsehen Informationssendungen<br />

über die Vogelgrippe schalte,<br />

reichten die Informationen nicht aus. Die<br />

Welternährungsorganisation und die Weltgesundheitsorganisation<br />

haben Experten nach<br />

Myanmar geschickt, um die Regierung im<br />

Kampf gegen die Vogelgrippe zu unterstützen.<br />

Die Weltgesundheitsorganisation stellte<br />

darüber hinaus 40.000 US$ an Hilfsgeldern<br />

zur Verfügung, um die Vogelgrippe zu bekämpfen.<br />

(WSJ, 14., 18.3., 4., 20., 21.4.06)<br />

Besuch des ASEAN-Gesandten<br />

in Myanmar<br />

Ende März ist der Gesandte der ASEAN,<br />

der malaysische Außenminister Syed Hamid<br />

Albar, für zwei Tage nach Yangon gereist,<br />

um dort mit den Vertretern des Militärregimes<br />

über die politische Zukunft des Landes<br />

zu sprechen. Hamid Albar sprach mit Premierminister<br />

Soe Win und Außenminister<br />

Nyan Win. Ein Treffen mit der unter Hausarrest<br />

stehenden Oppositionsführerin Aung<br />

San Suu Kyi wurde ihm jedoch untersagt.<br />

Nach Angaben von Hamid Albar spiele weder<br />

die Oppositionspartei NLD noch die<br />

Führerin der Opposition in den politischen<br />

Plänen der Militärjunta eine Rolle. Hamid<br />

Albar bewertete seinen Besuch zwar nicht<br />

direkt als Fehlschlag. Gegenüber der Presse<br />

gab er jedoch zu erkennen, dass er erst<br />

wieder nach Yangon reisen würde, wenn<br />

ihm Gespräche mit allen Teilnehmern ermöglicht<br />

würden.<br />

Beim Treffen der ASEAN-Außenminister<br />

in Bali vom 18. bis 20. April gab Syed<br />

Hamid Albar einen Kurzbericht über seinen<br />

Besuch in Myanmar ab. Er zeigte sich<br />

ratlos darüber, wie die ASEAN mit Myanmar<br />

weiter verfahren sollte: „Wenn Myanmar<br />

sich nicht bewegen möchte, können wir<br />

nichts tun.“ Gleichzeitig lehnte er Forderungen<br />

nach Wirtschaftssanktionen oder einem<br />

Ausschluss ab. „Wir sollten die Beziehungen<br />

zu Myanmar nicht abreißen lassen, sondern<br />

uns positiv engagieren.“ Ähnlich äußerten<br />

sich auch der ASEAN-Generalsekretär Ong<br />

Keng Yong. (BBC, 22.4.06; Irrawaddy, STI,<br />

21.4.06; WSJ, 26.3.06)<br />

Russland-Besuch Maung Ayes:<br />

Verbesserte Kooperation<br />

Der zweite Sekretär des Staatsrates für Frieden<br />

und Entwicklung (State Peace and Development<br />

Council, SPDC), Maung Aye, hat<br />

sich Anfang April zu einem viertägigen Besuch<br />

in Russland aufgehalten. Begleitet wurde<br />

Maung Aye von Außenminister Nyan<br />

Win. Bei dem ranghöchsten Besuch myanmarischer<br />

Politiker seit mehr als 40 Jahren<br />

wurden mehrere Kooperationsabkommen<br />

in den Bereichen Terrorbekämpfung, Wirtschaftsförderung<br />

und Drogenbekämpfung<br />

unterzeichnet. Maung Aye forderte die russische<br />

Wirtschaft dazu auf, verstärkt in Myanmar<br />

zu investieren. „Wir haben Gummi, Gas<br />

und Öl und bieten dadurch zahlreiche Möglichkeiten,<br />

mit russischen Unternehmen zu<br />

kooperieren.“<br />

Das russische Ölunternehmen Zarubezhneft<br />

unterzeichnete eine Absichtserklärung<br />

mit dem Energieministerium Myanmars,<br />

die ihnen die Rechte bei der Exploration<br />

von Öl- und Gasvorkommen einräumt.


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 99<br />

Russlands Premierminister Michael Fradkov<br />

sagte gegenüber der Presse, dass Russland<br />

seine Position im asiatisch-pazifischen Raum<br />

ausweiten wolle. Myanmar komme dabei<br />

eine wichtige Stellung zu. Russland hat im<br />

vergangenen Jahrzehnt eine wichtige Rolle<br />

bei der Modernisierung der Streitkräfte<br />

Myanmars gespielt. Außerdem gehört Russland<br />

(zusammen mit China) zu den wichtigsten<br />

internationalen Stützen des Landes.<br />

Erst Anfang des Jahres blockierten die beiden<br />

Staaten das Anliegen der USA, den Fall<br />

Myanmar vor dem Sicherheitsrat zu erörtern.<br />

(WSJ, 3.4.06; NLM, 3.4.06)<br />

Osttimor<br />

Marco Bünte<br />

UN-Bericht: Osttimor weiterhin<br />

ärmstes Land Asiens<br />

Vier Jahre nach Erlangung der staatlichen<br />

Unabhängigkeit bleibt Osttimor das mit Abstand<br />

ärmste Land Asiens. Trotz sozialer<br />

und politischer Errungenschaften und unerschlossener<br />

Öl- und Gasvorkommen steht<br />

dem Land nach Aussagen des UN-Entwicklungsprogramms<br />

weiterhin ein beschwerlicher<br />

Weg bevor. Der UN-Bericht Der Weg<br />

aus der Armut kommt zu dem Ergebnis,<br />

dass nach dem Abzug des UN-Personals die<br />

Wirtschaft des Landes weiter geschrumpft<br />

sei. Die Wirtschaftsindikatoren lägen weit<br />

hinter denen der Nachbarstaaten zurück.<br />

Die Hälfte der eine Million Einwohner hat<br />

kein sauberes Trinkwasser, die Bevölkerung<br />

wächst um fast 3 Prozent und damit noch<br />

schneller als auf den Philippinen. Die Lebenserwartung<br />

lag 2004 bei durchschnittlich<br />

55 Jahren und damit um fünfzehn Prozent<br />

niedriger als der asiatische Durchschnitt. 90<br />

von 1.000 Kindern sterben im ersten Lebensjahr.<br />

Die Situation habe sich in den letzten<br />

Jahren kaum verbessert, stellt der UN-Bericht<br />

fest. Für eine zukünftige Entwicklung<br />

sei jedoch Wachstum vonnöten. Ansätze<br />

hierfür seien in der Landwirtschaft gegeben,<br />

in der drei Viertel der arbeitenden Bevölkerung<br />

tätig sind. Insgesamt sind Investitionen<br />

von 40 Millionen Euro nötig, um ein<br />

Wirtschaftswachstum von fünf bis sieben<br />

Prozent erzielen zu können. Damit könne<br />

die Armut bis 2015 um ein Drittel gesenkt<br />

werden. Der UN-Bericht hält dies in Anbetracht<br />

der voraussichtlichen Einnahmen aus<br />

dem Handel mit Öl und Gas „technisch und<br />

finanziell“ für machbar. (WSJ, 8.3.06; SCMP,<br />

10.3.06)<br />

Philippinen<br />

Howard Loewen<br />

Autoritärer Rückfall: Staat übt<br />

Druck auf Presse aus<br />

Die bislang freieste Presselandschaft in Asien<br />

gelangt immer mehr unter staatlichen<br />

Druck, wobei dieser eher subtiler Art ist.<br />

So wurden zwar noch keine Journalisten<br />

inhaftiert und keine Zeitung verboten. Bislang<br />

stehen lediglich zwei Mitarbeiter der<br />

Tageszeitung The Tribune wegen Aufruhrs<br />

bzw. Rebellion unter Anklage. Es ist vielmehr<br />

die Unsicherheit, ob man beobachtet


100 <strong>Dokumentation</strong><br />

wird oder gar kurz vor einer Verhaftung<br />

steht, so Journalisten in Manila. Maria Ressa,<br />

Vizepräsidentin des Nachrichtensender<br />

ABS-CBS: „You don’t know what’s happening,<br />

but you feel they can move on you at<br />

any time... There is definitely fear and uncertainty...When<br />

government officials say,<br />

‘We have the power to shut you down, we<br />

have the power to look at you content’, it’s<br />

intimidation”. Die Folge sei Selbstzensur, so<br />

Ressa weiter. Der philippinische Staat weist<br />

den Vorwurf der bewusst lancierten Zensurmechanismen<br />

weit von sich und behauptet,<br />

dass es nicht die Presse sei, die einer Zensur<br />

unterworfen werde, sondern nur einige<br />

Journalisten, denen Gesetzesbrüche vorgeworfen<br />

würden. Der Leiter der philippinischen<br />

Nationalpolizei, Ignacio Bunye, sagte<br />

in diesem Zusammenhang, dass die Berichterstattung<br />

„bestimmten Standards“ zu gehorchen<br />

habe, die jedoch von der Regierung<br />

von Fall zu Fall bestimmt werden können.<br />

Genauer: „Action that hurt the Philippine<br />

state by obstructing governance including<br />

hindering the growth of the economy and<br />

sabotaging the people’s confidence in government<br />

and their faith in the future of this<br />

country“. Mit anderen Worten: Durch diese<br />

Aktionen wird die Funktionsfähigkeit einer<br />

der wichtigsten Grundpfeiler der philippinischen<br />

Demokratie stark eingeschränkt. Eine<br />

Autoritarisierung des politischen Systems<br />

scheint bevorzustehen. (ST, 07.03.06; WSJ,<br />

07.03.06; IHT, 01.04.06)<br />

Präsidentin fordert<br />

Systemwechsel<br />

Präsidentin Arroyo hat die Oppositionsmehrheit<br />

im Senat aufgefordert, ihren Widerstand<br />

gegen eine Verfassungsänderung<br />

aufzugeben und damit den Weg zu einer<br />

Umwandlung des präsidialen in ein parlamentarisches<br />

Regierungssystem freizumachen.<br />

Sie argumentiert in diesem Zusammenhang,<br />

dass die Bürger hinter diesem institutionellen<br />

Neuanfang stünden und dass<br />

nur so die Grundlage für eine gute Regierungspolitik<br />

gelegt werden könne. Politische<br />

und gesellschaftliche Kräfte, die gegen<br />

diese Reformschritte agitierten, seien Manifestationen<br />

„zerstörerischer Politik, die<br />

das Land plagten“. Die politische und gesellschaftliche<br />

Opposition, die entgegen der<br />

Einschätzung Arroyos stetig wächst, vertritt<br />

den Standpunkt, dass die Präsidentin den<br />

Wechsel zum Parlamentarismus nur vorantreibe,<br />

um Amtsenthebungsverfahren zu vermeiden.<br />

Diese Kritik wurde bereits an Expräsident<br />

Ramos geübt, der während seiner<br />

Regierungszeit ebenfalls versucht hatte, parlamentarische<br />

Strukturen einzuführen. Einerseits<br />

zeigt dieser Reaktion, dass es eine<br />

kritische Öffentlichkeit gibt, die jedoch z.T.<br />

über mangelnde Weitsicht verfügt und somit<br />

einen rationalen Diskurs über das Für<br />

und Wider eines Regierungssystemwechsels<br />

kaum ermöglicht. (PDI, 05.05.06).<br />

Mai-Demonstrationen gegen<br />

Arroyo<br />

Tausende demonstrierten am 1. Mai in Metro<br />

Manila und anderen Städten der Philip-


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 101<br />

pinen gegen die Regierung Arroyo. Die Forderung<br />

nach Rücktritt stand jedoch gleichberechtigt<br />

neben den üblichen Themen wie<br />

soziale Gerechtigkeit und rechtliche Absicherung<br />

für Arbeitnehmer. Die Demonstrationen<br />

verliefen ruhig: Wenige Demonstranten<br />

trafen auf gut vorbereitete Polizeikräfte.<br />

Allein in Manila wurden 5.000 Polizisten<br />

und 2.000 Soldaten an strategisch wichtigen<br />

Punkten der Hauptstadt postiert, um<br />

eventuelle Unruhen kontrollieren zu können.<br />

Präsidentin Arroyo hatte im Vorfeld<br />

des 1. Mai wiederholt, dass sie gegebenenfalls<br />

nicht vor einer erneuten Erklärung des<br />

Ausnahmezustands zurückschrecken werde.<br />

(PDI, 01.05.06)<br />

Ausnahmezustand als Mittel<br />

der Politik?<br />

Aus Regierungskreisen ist seit der Beendigung<br />

des Ausnahmezustands am 3. März immer<br />

wieder zu vernehmen, dass man nicht<br />

davor zurückschrecken werde, ihn wieder<br />

auszurufen. Da mit dem Ausnahmezustand<br />

auch demokratische Rechte beschnitten werden,<br />

ist es von großer Bedeutung für die<br />

Stabilität der philippinischen Demokratie,<br />

diesen nur im äußersten Notfall, wie es Artikel<br />

2, Absatz 2; Art. 7, Abs. 18 und Art. 12,<br />

Abs. 17 der philippinischen Verfassung vorsehen,<br />

auszurufen. Um dies zu gewährleisten,<br />

kommt auf das Verfassungsgericht eine<br />

eminent wichtige Aufgabe zu: Es prüft nicht<br />

nur die Verfassungskonformität der Ausnahmezustandsproklamation<br />

Nr. 1017, sondern<br />

kann auch die willkürliche Verhängung des<br />

Ausnahmezustandes als Mittel der Politik<br />

in Zukunft verhindern helfen. Das Gericht<br />

könnte das Vertrauen in staatliche Institutionen<br />

erneuern helfen, das durch den Ausnahmezustand<br />

und durch die Einschüchterung<br />

der Presse arg gelitten hat. (WSJ, 05.03.06)<br />

Philippinen und Japan<br />

intensivieren<br />

Währungskooperation<br />

Am 4. Mai haben die Philippinen und Japan<br />

eine Vereinbarung getroffen, ihre bereits<br />

existierende Kooperation zwischen den<br />

jeweiligen Zentralbanken von 3 auf 6,5 Mrd.<br />

US$ zu erhöhen. Die bilaterale Swap-Vereinbarung<br />

dient dem Ziel, finanzielle Ressourcen<br />

bzw. Liquidität zu bündeln, um im Falle<br />

internationaler Spekulationen gegen die eigene<br />

Währung oder die des Vertragspartners<br />

durch entsprechende Stützungskäufe reagieren<br />

zu können. Das erneuerte Abkommen<br />

ermöglicht es Manila, bis zu 6 Mrd. US$<br />

von Japan zu erhalten, umgekehrt kann Japan<br />

500 Mio. US$ von der philippinischen<br />

Zentralbank erhalten.<br />

Auf regionaler Ebene wurde die Intensivierung<br />

der Währungskooperation zwischen<br />

den Zentralbanken von acht asiatischen<br />

Ländern (Japan, Thailand, Malaysia,<br />

Singapur, China, Korea, Indonesien, die<br />

Philippinen) insbesondere von der ASE-<br />

AN+3 vorangetrieben. Insgesamt stehen<br />

dem bilateralen Ressourcennetzwerk nun 75<br />

Mrd. US$ zur Verfügung. Bislang existieren<br />

16 solcher Übereinkünfte, die grundsätzlich<br />

als Reaktion auf die asiatische Finanzkrise<br />

im Jahre 1997 zu erklären sind. (Kyodo New<br />

Service, 04.05.06)


102 <strong>Dokumentation</strong><br />

Thailand<br />

Marco Bünte / Vanessa Biese<br />

Regierungskrise in Thailand:<br />

Parlamentswahlen, Sieg und<br />

Rücktritt Thaksins<br />

Nach der Auflösung des Parlaments Mitte<br />

März haben am 2. April die Wahlen<br />

zum Repräsentantenhaus stattgefunden. Die<br />

Wahlen fanden unter dem Eindruck des monatelangen<br />

Protestes der Demokratiebewegung<br />

in Bangkok, der Volksallianz für Demokratie,<br />

statt. Diese hatte von Anfang Februar<br />

bis in den April regelmäßig zwischen<br />

80.000 und 100.000 Menschen mobilisiert,<br />

die gegen die Herrschaft von Thailands Premierminister<br />

Thaksin demonstrierten. Sie<br />

warfen ihm Amtsmissbrauch und Vermischung<br />

wirtschaftlicher und politischer Interessen<br />

vor und forderten ihn zum Rücktritt<br />

auf. Die Wahlen am 2. April wurden<br />

von den Oppositionsparteien, der Demokratischen<br />

Partei, der Mahachon-Partei und der<br />

Chart Thai-Partei boykottiert. Da in Thailand<br />

Wahlpflicht herrscht, riefen die Oppositionsparteien<br />

die Wähler dazu auf, sich der<br />

Stimme zu enthalten und leere Stimmzettel<br />

abzugeben. Thaksin, der bei der ländlichen<br />

Bevölkerung immer noch über eine<br />

große Beliebtheit verfügt, machte den Ausgang<br />

der Wahl für den Verbleib im Amt abhängig.<br />

Die Wahl geriet damit zum Plebiszit<br />

für Thaksin.<br />

Die Wahlbeteiligung lag mit nur 60 Prozent<br />

niedriger als bei den Wahlen im Januar<br />

2005. Die Thai Rak Thai-Partei erhielt<br />

insgesamt 16 Millionen Stimmen. Dies wa-<br />

ren zwar nur rund 3 Millionen Stimmen<br />

weniger als im Januar 2005 und immerhin<br />

beträchtliche 56 Prozent der Stimmen. Die<br />

Zahl der Enthaltungen war allerdings mit<br />

rund 10 Millionen beträchtlich. Laut Angaben<br />

der Wahlkommission erhielt die Thai<br />

Rak Thai-Partei 459 Sitze. 38 Parlamentssitze<br />

konnten nicht besetzt werden, weil die<br />

Thai Rak Thai-Kandidaten nicht die notwendige<br />

Quote von 20 Prozent der Stimmen auf<br />

sich vereinen konnten. Die Wahlkreise dieser<br />

Kandidaten lagen allesamt (bis auf die<br />

Ausnahme Petchburi im Norden) in den südlichen<br />

Provinzen des Landes, der traditionellen<br />

Hochburg der demokratischen Partei. In<br />

Bangkok stimmten insgesamt mehr Wähler<br />

mit Enthaltung als für die Regierungspartei.<br />

Gleichwohl erreichte die Thai Rak Thai in<br />

jedem Wahlkreis der Hauptstadt mehr als<br />

die erforderlichen 20 Prozent der Stimmen<br />

und konnte damit auch in der Hauptstadt<br />

alle ihre Kandidaten ins nationale Parlament<br />

schicken.<br />

Das Ergebnis beendete die politische<br />

Krise des Königreichs nicht, sondern verschärfte<br />

sie weiter. Beide Lager erklärten<br />

sich zu Siegern. So erklärte Ministerpräsident<br />

Thaksin sich zum Sieger der Wahlen.<br />

Die Opposition bezweifelte eine absolute<br />

Mehrheit der Thai Rak Thai-Partei und verwies<br />

auf die hohe Anzahl von Enthaltungen.<br />

Der Vorsitzende der demokratischen Partei,<br />

Abhisit Vejjajiva nannte den Trend eine Warnung<br />

des Volkes an den Regierungschef.<br />

Zwei Tage nach der Wahl gab Thaksin<br />

seinen Rücktritt bekannt. Nach einer Audienz<br />

beim König, über die keine Details bekannt<br />

wurden, verkündete Thaksin seinen<br />

Rückzug vom Amt. Thaksin begründete den


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 103<br />

Schritt mit dem im Juni dieses Jahres anstehenden<br />

60-jährigen Thronjubiläum des Königs.<br />

Vizepremierminister Chidchai Vanasathidya<br />

wurde von Thaksin zum Übergangspremierminister<br />

ernannt. Thaksin selbst gab<br />

an, sich aus den Regierungsgeschäften zurückziehen<br />

zu wollen. Die Opposition begrüßte<br />

den Schritt. Gleichzeitig herrschte<br />

jedoch eine gewisse Skepsis auf Seiten der<br />

Opposition vor, ob Thaksin sich wirklich<br />

aus der Politik zurückziehen und nicht hinter<br />

den Kulissen weiter die Fäden spinnen<br />

wolle. Chidchai und Thaksin sind alte Bekannte,<br />

die zusammen ihre Ausbildung bei<br />

der Polizei absolvierten und gemeinsam in<br />

den USA studierten. Da Thaksin weiterhin<br />

Parteichef und Unterhausabgeordneter bleiben<br />

will, herrschte innerhalb der Opposition<br />

weiterhin Skepsis über die wahren Absichten<br />

des Premierministers vor.<br />

Die Nachwahlen, die für den 23. April<br />

angesetzt waren, änderten an den Ergebnissen<br />

nichts. In 14 Wahlkreisen konnten aufgrund<br />

der 20-Prozent-Hürde erneut keine<br />

Abgeordneten rechtskräftig gewählt werden.<br />

Die Nationale Wahlkommission setzte eine<br />

erneute Nachwahl an, die am 29. April<br />

stattfinden sollte. Die politische Krise nahm<br />

folglich auch nach der zweiten Runde der<br />

Wahlen kein Ende, da das Parlament auch<br />

nach zwei Wahldurchgängen nicht zusammentreten<br />

konnte.<br />

Angesichts der anhaltenden Krise und<br />

chaotischen innenpolitischen Lage griff der<br />

König ein. Er forderte die obersten Juristen<br />

des Landes auf, einzugreifen und eine Lösung<br />

aus der Verfassungskrise aufzuzeigen.<br />

Mit dem königlichen Machtwort forderte<br />

er die obersten Gerichte zum Handeln auf<br />

und warf ihnen vor, sich der zahlreichen Beschwerden<br />

nicht genügend angenommen zu<br />

haben. Weiterhin bezeichnete er die Wahlen<br />

als undemokratisch, da Bewerber ohne Gegenkandidaten<br />

angetreten waren und im Parlament<br />

lediglich eine Partei vertreten sei.<br />

Auch die Aufforderung der Opposition nach<br />

einem Eingreifen des Monarchen und nach<br />

Einsetzen eines Übergangspremierministers<br />

wies er als undemokratisch ab.<br />

Die Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofes<br />

trafen sich Anfang Mai, um über<br />

die Verfassungskrise zu beraten. Nach Angaben<br />

eines Sprechers des Obersten Gerichtshofes<br />

gibt es grundsätzlich zwei Lösungen<br />

des Problems: Das Richtergremium könnte<br />

entscheiden, dass das neue Unterhaus auch<br />

in unvollständiger Formation zusammentreten<br />

darf. Faktisch wäre dies aber ein Einparteienparlament.<br />

Angesichts der Anmerkungen<br />

des Königs zur Legitimität der Wahlen<br />

erscheint dies unwahrscheinlich. Der Sprecher<br />

des Gerichtshofes schloss auch nicht<br />

aus, die Ergebnisse der bisherigen Wahlen<br />

für ungültig zu erklären. Neuwahlen könnten<br />

so einen Ausweg aus der gegenwärtigen<br />

Regierungs- und Verfassungskrise bringen.<br />

Die Opposition hat bereits angekündigt, bei<br />

Ansetzung von Neuwahlen teilzunehmen.<br />

Vertreter der TRT-Partei wollen sich einer<br />

gerichtlichen Aufhebung der Wahlen widersetzen.<br />

Fraglich erscheint außerdem, wie<br />

sich Thaksin im Falle von Neuwahlen verhält.<br />

Nach seinem Rückzug verbrachte der<br />

Regierungschef seinen „Urlaub“ in zahlreichen<br />

politisch wichtigen Hauptstädten der<br />

Welt. (N, 27., 29.4.06; WSJ, 2., 23., 24.4.06;<br />

ST, 4., 10., 26., 27.4.06; FT, 27.4.06; HB,<br />

30.3.06; FAZ, 3.4.06, NZZ, 1.5.06)


104 <strong>Dokumentation</strong><br />

Senatswahlen<br />

Am 19. April haben die zweiten Senatswahlen<br />

nach Maßgaben der Verfassung von 1997<br />

stattgefunden. Die Verfassung von 1997 hat<br />

den Senat als neutrales und über den Parteien<br />

stehendes Gegengewicht zum Unterhaus<br />

konzipiert. Der Senat besitzt zwar kein Initiativrecht,<br />

sondern hat lediglich das Recht,<br />

Vorlagen zu prüfen, Minister abzusetzen sowie<br />

in gemeinsamer Sitzung mit dem Unterhaus<br />

die Verfassung zu ändern. Der Senat<br />

spielt allerdings eine wichtige Rolle bei der<br />

Besetzung der unabhängigen Institutionen<br />

wie der Wahlkommission, der Korruptionsbekämpfungsbehörde<br />

oder des Verfassungsgerichts.<br />

Diese weitreichenden Rechte machen<br />

den Senat zum einflussreichen Spieler<br />

im politischen System Thailands. Um die<br />

Unabhängigkeit der Kandidaten für die Senatswahlen<br />

zu sichern, legt die Verfassung<br />

fest, dass Kandidaten keiner politischen Partei<br />

angehören und auch keinen Wahlkampf<br />

führen dürfen.<br />

Insgesamt lag die Wahlbeteiligung in<br />

den 76 Provinzen bei über 60 Prozent. Offizielle<br />

Wahlergebnisse sind bislang noch<br />

nicht bekannt – laut inoffiziellen Ergebnissen<br />

der nationalen Wahlkommission sind<br />

weit über 100 Ehepartner und Familieangehörige<br />

von Parlamentsabgeordneten, Ministern<br />

und anderen Parteigrößen ins Oberhaus<br />

eingezogen. 95 von ihnen sind dem Lager<br />

von Thaksins Regierungspartei, der Thai<br />

Rak Thai, zuzuordnen, 22 der Demokratischen<br />

Partei, 19 weiteren kleineren Parteien.<br />

Folglich werden nur etwa 64 der 200 Senatoren<br />

– wie von der Verfassung eigentlich<br />

gefordert – wirklich unabhängig sein.<br />

Das Resultat spiegelt damit die innenpolitischen<br />

Kräfte weitaus besser wider als<br />

die von der Opposition blockierten Parlamentswahlen<br />

von Anfang April. Gleichzeitig<br />

reflektiert das Ergebnis die starke innenpolitische<br />

Polarisierung und macht deutlich,<br />

wie stark Thaksins Einfluss auf die Politik<br />

auch nach seinem Rücktritt sein wird. Einen<br />

Vorgeschmack auf die Debatten gab die Diskussion<br />

über die Wahl des Vorsitzenden des<br />

neuen Senats. Thai Rak Thai-Kreise schlugen<br />

Samak Sundaravej vor, der von den 18<br />

Senatoren Bangkoks die zweitmeisten Stimmen<br />

erhalten hatte. Für Reformer ist der<br />

ehemalige Gouverneur der Hauptstadt jedoch<br />

ein rotes Tuch. Der frühere Innenminister<br />

der Militärregierung wird weiterhin<br />

als Hauptverantwortlicher für den „Schwarzen<br />

Oktober“ von 1976 angesehen, als in<br />

Bangkok Hunderte von demonstrierenden<br />

Studenten von Streitkräften getötet wurden.<br />

Samak hat sich auch als Fürsprecher von<br />

Thaksin erwiesen. (N, 18., 19., 20., 21.4.06;<br />

ST, 14., 21.4.06; WSJ, 17., 19.4.06; TNA,<br />

13.4.06)<br />

Niederlage für Thaksin: Richter<br />

lässt Klage gegen<br />

Medienaktivistin fallen<br />

Am 15. März hat ein thailändisches Strafgericht<br />

Supinya Klangnarong, Generalsekretärin<br />

der Campaign for Popular Media Reform,<br />

und drei Geschäftsführer der Thai<br />

Post freigesprochen. Die Medienvertreter<br />

waren von Thaksins Unternehmen Shin<br />

Corporation mit einer Verleumdungsklage<br />

belegt worden, nachdem die Thai Post im<br />

Juli 2003 einen Artikel veröffentlicht hatte,


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 105<br />

indem Supinya behauptet hatte, dass die Gewinnsteigerung<br />

von Thaksins Unternehmen<br />

im Zusammenhang mit der Regierungstätigkeit<br />

Thaksins stehen würde. Supinya hatte<br />

in diesem Bericht darauf verwiesen, dass die<br />

Shin Corporation ihren Gewinn von 5 Milliarden<br />

Baht im Jahre 2001 auf 15 Milliarden<br />

Baht im Jahre 2002 gesteigert habe. Die Shin<br />

Corporation forderte in der Anklage einen<br />

Schadensersatz in Höhe von 400 Millionen<br />

Baht. Die Richter des Strafgerichts sahen es<br />

als erwiesen an, dass die Artikel nicht auf eine<br />

Schädigung des Artikels abzielten und die<br />

Aussagen Supinyas auf journalistischen Recherchen<br />

basierten. Anwälte der Shin CorporationhattensichindenletztenMonaten<br />

bereit erklärt, die Anklage fallen zu lassen,<br />

wenn sich Supinya öffentlich entschuldige.<br />

Supinya hatte dies Angebot abgelehnt. (ST,<br />

16.3.06; N, 16.3.06)<br />

Niederlage für Thaksin:<br />

Börsengang der Strombehörde<br />

EGAT gestoppt<br />

Die von der Regierung geplante Privatisierung<br />

der Strombehörde EGAT (Electricity<br />

Generating Authority of Thailand) ist<br />

vom Obersten Verwaltungsgerichtshof gestoppt<br />

worden. Das von Thaksin geplante<br />

Privatisierungsprojekt hatte bereits im Jahr<br />

2004 große Proteste in Bangkok ausgelöst.<br />

Die Gewerkschaften befürchteten eine Erhöhung<br />

der Strompreise und den Verlust von<br />

Arbeitsplätzen. Einige Funktionäre waren<br />

darüber hinaus besorgt, dass die Anteile des<br />

Unternehmens lediglich an Politiker und reiche<br />

Geschäftsleute verkauft und die Arbeiter<br />

und das einfache Volk leer ausgehen würden.<br />

Im Frühjahr 2005 wandelte Thaksin die<br />

EGAT in eine Publikumsgesellschaft um.<br />

Nachdem Verbraucherschützer dagegen Einspruch<br />

bei Gericht eingelegt hatten, legte ein<br />

Bangkoker Gericht eine Verfügung ein, die<br />

den Börsengang vorerst stoppte. Das Oberste<br />

Verwaltungsgericht stoppte nun den Börsengang<br />

endgültig. Das Urteil stellt die Privatisierung<br />

an sich nicht in Frage, sondern<br />

kritisiert die Vorgehensweise der Regierung.<br />

Das Oberste Verwaltungsgericht sieht im<br />

Vorgehen der Regierung schwere rechtliche<br />

und ordnungspolitische Mängel. Das Gericht<br />

stufte das Vorgehen der Regierung<br />

als „Machtmissbrauch“ ein. Es bemängelt<br />

insbesondere die Besetzung von ranghohen<br />

Stellen mit persönlichen Vertrauten. (FT,<br />

24.3.06; ST, 24., 25.3.06)<br />

Negative Auswirkungen der<br />

politischen Krise auf die<br />

Wirtschaft?<br />

Kurz nach der Rücktrittsankündigung von<br />

Thaksin Shinawatra kam es zu einem Anstieg<br />

des Aktienindizes auf ein Zweijahreshoch.<br />

Zugleich erreichte der Baht seinen<br />

höchsten Stand seit einem Jahr. Die Wirtschaft<br />

reagierte damit auf das mögliche Ende<br />

der politischen Krise, die die wirtschaftlichen<br />

Aussichten im letzten Quartal zunehmend<br />

eingetrübt habe. Nach Aussagen<br />

des thailändischen Handelsministers wirken<br />

sich momentan die politische Krise und die<br />

hohen Ölpreise negativ auf das thailändische<br />

Wirtschaftswachstum aus. Infolge der politischen<br />

Krise rechnen Beobachter für das laufende<br />

Jahr nur noch mit einem Zuwachs von<br />

3 bis 4 Prozent. Die Weltbank hatte zuvor


106 <strong>Dokumentation</strong><br />

eine deutlich optimistischere Einschätzung<br />

abgegeben und war von einem Wachstum<br />

von 5 Prozent ausgegangen.<br />

Im Laufe der anhaltenden Krise revidierte<br />

die Weltbank allerdings ihre Prognose<br />

nach unten, da sie von einem Rückgang der<br />

Binnennachfrage und der Investitionen ausgeht.<br />

Seit langem geplante Infrastrukturprojekte<br />

sind in letzter Zeit ins Stocken geraten.<br />

Insbesondere die zahlreichen Infrastrukturvorhaben<br />

wurden aufgeschoben. Auch<br />

das Vertrauen der thailändischen Konsumenten<br />

scheint durch die Krise gelitten zu haben.<br />

Nach Informationen der thailändischen<br />

Handelskammer sank der Zufriedenheitsindex<br />

der Verbraucher, der im Januar noch<br />

bei 87,1 gelegen hatte, auf 83,7. Auch die<br />

Tourismusbranche scheint die politische Krise<br />

zu spüren. Anfang April wurden einige<br />

Reisen nach Thailand abbestellt, insbesondere<br />

Fernreisende stornierten ihre Reisen.<br />

(N, 12., 13.4.06; ST, 2., 27.4.06; NfA, 6.4.06;<br />

FAZ, 10.4.06)<br />

Vietnam<br />

Oskar Weggel<br />

Das vietnamesische<br />

Bankensystem: Nach wie vor<br />

eine Schwachstelle im<br />

Turbobetrieb<br />

20 Jahre nach Reformbeginn präsentiert<br />

sich das vietnamesische Bankenwesen als ein<br />

zweigliedriges System, in dem der Staatsbank<br />

(Zentralbank) eine Steuerungsfunktion<br />

und den operativen Banken ein immer<br />

breiter werdendes Spektrum von Ausführungsaufgaben<br />

zukommen: Der Fächer der<br />

operativen Banken besteht gegenwärtig, d.h.<br />

Ende 2005, aus Inlands- und Auslandsbanken.<br />

Die Inlandsbanken umfassen Geschäftsbanken,<br />

Aktienbanken, Finanzierungsinstitute<br />

sowie Kreditgenossenschaften und Auslandsinstitute,<br />

d.h. Banken mit Filiallizenz,<br />

Banken mit Repräsentanzen und Joint-Venture-Banken.<br />

An erster Stelle sind hier die fünf staatlichen<br />

Geschäftsbanken zu nennen, die rund<br />

77% des Bankengesamtkapitals kontrollieren<br />

(bezogen auf das Jahr 2002) und die zu ihren<br />

Hauptkunden vor allem Staatsbetriebe,<br />

größere Privatbetriebe und teilweise auch<br />

landwirtschaftliche Betriebe zählen, die mit<br />

anderen Worten also den prima facie gewinnträchtigsten<br />

Kundenbereich abdecken.<br />

Hierbei handelt es sich um die Vietcombank<br />

(d.h. also die Außenhandelsbank), um die<br />

Incombank (Industrie- und Handelsbank),<br />

um die VBA (Bank für Landwirtschaft), um<br />

die VID Bank (Bank für Investitionen und<br />

Entwicklung) und um die Bank for Housing<br />

Development of Coo-Long-River-Delta<br />

– alle mit Sitz in Hanoi.<br />

Nimmt man die Kapitalhöhe als Ordnungskriterium,<br />

so folgen an zweiter Stelle<br />

die vier Joint-Venture-Banken und die 27<br />

ausländischen Banken mit Filiallizenz, die<br />

zusammen rund 12% des Kapitals kontrollieren.<br />

Die Joint-Venture-Banken wurden mit<br />

einer koreanischen, einer indonesischen, einer<br />

malaysischen und einer thailändischen<br />

Firma abgeschlossen und sind durchweg in<br />

Ho-Chi-Minh-Stadt angesiedelt. Auch die<br />

Mehrheit der ausländischen Filialbanken, sei<br />

es nun die ABN Amro, die Citibank, die


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 107<br />

Deutsche Bank oder die Thai Military Bank,<br />

befinden sich zum größten Teil in Ho-Chi-<br />

Minh-Stadt. Nur die ABN Amro, die Bank<br />

of America oder die Banque Nationale de<br />

Paris machen hier eine Ausnahme. Die Joint-<br />

Venture-Banken und die ausländischen Filialen<br />

bedienen in der Regel nur ausländische<br />

Kundschaft; dasselbe trifft für Banken mit<br />

bloßen Repräsentanzen zu, die eher Beratungs-<br />

und Vermittlungsdienste leisten, darunter<br />

die Berliner, die Dresdner und die<br />

BHF Bank. An dritter Stelle folgen die 37<br />

inländischen Joint-Venture-Banken, die sich<br />

selbst als Joint-Stock-Banks, d.h. als Aktienbanken,<br />

bezeichnen und im Wesentlichen<br />

Klein- und Mittelbetriebe des Privatsektors<br />

bedienen (27 Repräsentanzen). Zu nennen<br />

sind darüber hinaus Finanzierungsinstitute<br />

und Kreditgenossenschaften, darunter der<br />

Zentrale Volkskreditfonds mit 24 Filialen<br />

und 897 Kreditgenossenschaffen sowie fünf<br />

Finanzierungsbetriebe und acht Leasinggesellschaften<br />

(zum Aufbau des Bankensystems<br />

vgl. SOAa, 1996/3, S. 234-238; VER,<br />

Nr. 12/136 (2005), S. 20-28, 20). All diese Institute<br />

haben eine Residualfunktion, müssen<br />

sich in der Regel mit Klein- und Kleinstunternehmen<br />

als Kunden zufrieden geben,<br />

nicht zuletzt im bäuerlichen Bereich.<br />

Viele Jahre hindurch war der Bankenbereich<br />

die Achillesferse einer Wirtschaft,<br />

die seit Jahren um 7% p.a. raketenartig nach<br />

oben schießt. Es dauerte bis zum Erlass zweier<br />

grundlegender Bankgesetze am 1. Oktober<br />

1998, bis der Liberalisierungsgedanke<br />

umfassend Eingang in das Bankengeschehen<br />

gefunden hatte. Vor allem in fünf Bereichen<br />

wurde damals auf Flexibilität umgeschaltet,<br />

nämlich (1) beim Zinssatz, (2) beim Devisen-<br />

austausch, der seitdem von den Geschäftsbanken<br />

innerhalb bestimmter Bandbreiten<br />

vorgenommen werden darf, (3) bei der Geldwertsteuerung,<br />

die nur noch mit indirekten<br />

Instrumenten (d.h. durch Diskontsätze,<br />

Mindestreserven sowie Offen-Markt-Politik)<br />

gelenkt wird, (4) bei der Begleichung von<br />

Rechnungen mit Devisen und (5) beim Kreditwesen,<br />

das nicht mehr durch bestimmte<br />

Quoten eingeschränkt wird.<br />

Es erfolgte hier mit anderen Worten eine<br />

Anpassung an internationale Geschäftspraktiken,<br />

vor allem an die Steuerung mit hauptsächlich<br />

indirekten Mitteln. Durch die beiden<br />

Bankengesetze von 1998 sollten die<br />

bisher administrativen Methoden, wie sie<br />

noch aus der stalinistischen Planungspraxis<br />

stammten, durch marktwirtschaftliche<br />

Steuerungsmechanismen abgelöst werden.<br />

Trotz der Fortschritte, die seit 1998 erzielt<br />

werden konnten, gibt es aber immer<br />

noch fünf Bereiche, die weiterhin reformbedürftig<br />

sind: Erstens lässt der Umgang mit<br />

internationalen Finanzpraktiken (Finanztechnologien)<br />

nach wie vor zu wünschen<br />

übrig, zweitens ist das Bankenpersonal immer<br />

noch nicht umfassend genug ausgebildet<br />

und vor allem nicht genügend gewandt in<br />

Fremdsprachen. Drittens werden noch allzu<br />

viele Vorgänge in bar abgewickelt, und außerdem<br />

ist die Dollarisierung in Vietnam<br />

(mit nicht weniger als 23% i.J. 2003) wesentlich<br />

höher als in den Nachbarländern.<br />

Viertens erwirtschaften die vietnamesischen<br />

Banken zu wenig Eigenkapital und haben außerdem<br />

die Verteilermentalität aus der vorreformerischen<br />

Zeit beibehalten. Fünftens<br />

schieben sie nach wie vor faule Schuldenberge<br />

aus der Planwirtschaftsperiode vor sich


108 <strong>Dokumentation</strong><br />

her: Ende 2003 lag die Summe der faulen<br />

Kredite bei rund 16% aller Schulden und<br />

überstieg das erwirtschaftete Eigenkapital<br />

um nicht weniger als das Vierfache (VER,<br />

Nr. 1/125 (2005), S. 18). Sechstens aber lag<br />

der Anteil des Bankenkapitals am BIP in<br />

Vietnam in einem Jahr wie 2003 bei gerade<br />

einmal 74%, während es sich in Malaysia<br />

auf 193% und in Thailand auf 145% belief<br />

(ebenda, S. 21). Erfahrungsgemäß kann<br />

ein Land umso marktwirtschaftlicher agieren,<br />

je höher der Anteil des Bankenkapitals<br />

am BIP liegt. Vietnam besitzt also nach<br />

wie vor einen höchst staatswirtschaftlichen<br />

Anstrich. Nicht zuletzt aber werden, siebtens,<br />

Staatsbetriebe immer noch in fast jeder<br />

Hinsichtbevorzugt,vorallemvondenstaatlichen<br />

Geschäftsbanken (ebenda, S. 17-20).<br />

(Einen Gesamtüberblick zur Problematik<br />

liefert VER, Nr. 12/136 (2005), S. 20-28.)<br />

Zu den Hauptaufgaben der Reformfortführung<br />

gehört nach alledem die Schulung<br />

des Personals, der Rückgang der Barzahlungen<br />

und der Dollarisierung, die verbesserte<br />

Erwirtschaftung von Eigengewinnen, der<br />

Abbau fauler Kredite, die Erhöhung des Eigenkapitals<br />

und die bessere Bedienung des<br />

nichtstaatlichen Sektors der Wirtschaft.<br />

Nicht zuletzt aber wäre Vietnam gut beraten,<br />

im Interesse einer effizienteren Globalisierung<br />

ausländischen Finanzinstitutionen<br />

stärkere Mitwirkungsrechte einzuräumen.<br />

Im Zuge der Umsetzung des Bilateral Trade<br />

Agreements mit den USA, das im Dezember<br />

2001 in Kraft trat, sowie im Zeichen des bevorstehenden<br />

Beitritts zur WTO sind hier<br />

zwar die ersten praktischen Schritte getan<br />

worden, doch handelt es sich lediglich um<br />

ersteSchritteindiekorrekteRichtung:Am<br />

9. September 2005 gab die Staatsbank einen<br />

Erlass heraus, demzufolge ausländische Banken<br />

künftig zu 100% eigene Filialen in Vietnam<br />

errichten und geschäftlich operieren<br />

können (XNA, 9.9.05).<br />

Ferner soll längerfristig die Vietcombank,<br />

also die staatliche Außenhandelsbank,<br />

(XNA, 3.6.05, 24.9.05) kapitalisiert werden.<br />

Der ausländische Anteil darf allerdings<br />

30% der Kapitalanteile nicht überschreiten<br />

(XNA, 24.9.05; Beginn ab <strong>2006</strong>).<br />

Am 1. Juni 2005 genehmigte die Staatsbank<br />

ferner die Ausgabe zusätzlicher Aktien<br />

durch die Asia Commercial Bank (ACB), wobei<br />

im Hintergrund die Überlegung stand,<br />

dass die britische Standard Chartered Bank<br />

8,56% des Aktienkapitals der ACB erwerben<br />

solle. Die ACB war damit die erste vietnamesische<br />

Bank, die Anteile an der eigenen<br />

Substanz an ein ausländisches Geldinstitut<br />

verkaufte (XNA, 3.6.05).<br />

Bei der Asia Commercial Bank handelt<br />

es sich um die zweitgrößte Finanzgesellschaft<br />

Vietnams. Das größte Institut dieser<br />

Art, die Sacom Bank, wird bereits an der<br />

Börse in Ho-Chi-Minh-Stadt gehandelt.<br />

Mit Internationalisierungspraktiken dieses<br />

Kalibers könnte frischer Wind in die<br />

noch immer starren Strukturen des vietnamesischen<br />

Bankensystems gebracht werden.<br />

Dies hoffen vor allem internationale Finanzinstitutionen<br />

wie die Weltbank und der IWF,<br />

die bei der Umstrukturierung mit Rat und<br />

Tat (und mit Geldzuschüssen) zur Seite stehen<br />

(VNA, in BBC, 18.6.05). Die großen<br />

Richtwerte dabei sind Internationalisierung<br />

und weitere Deregulierung.<br />

Leittherapie für das so viele Jahre hindurch<br />

kränkelnde Bankensystem Vietnams


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 109<br />

ist – und bleibt – der Übergang von der direkten<br />

zur indirekten Steuerung des Geldwesens<br />

durch die staatliche Zentralbank. Die<br />

Staatsbank zieht sich also auf Rahmenlenkung<br />

(oft mit Hilfe von Diskont-, Mindestreserve-<br />

und Offen-Markt-Politik) zurück,<br />

während auf der anderen Seite die einzelnen<br />

Kreditinstitute volle Verantwortung für die<br />

Vergabe, die Laufzeiten und die Zinssätze<br />

der von ihnen gewährten Darlehen erhalten.<br />

Es bedarf also keiner Zustimmung der<br />

Staatsbank mehr. Seit 1994 gibt es auch keine<br />

Kreditbeschränkungsquoten mehr.<br />

Deregulierung und Liberalisierung sollen<br />

sich aber nicht nur auf Kredite beziehen,<br />

sondern auch auf den Devisentausch. Auch<br />

hier sollen die einzelnen Banken innerhalb<br />

vorgegebener Schwankungsbreiten in eigener<br />

Verantwortung handeln dürfen.<br />

Während einerseits die Autonomie der<br />

einzelnen Banken im Vordergrund stehen<br />

soll, geht es andererseits um eine noch striktere<br />

Vereinheitlichung der Bankentechnologie<br />

in Richtung der international üblichen<br />

Praktiken.Nursokannesjazueinerwirklichen<br />

Integration Vietnams in den internationalen<br />

Wirtschaftskreislauf kommen. Dies ist<br />

vor allem im Hinblick auf den bevorstehenden<br />

Beitritt Vietnams zur WTO gar nicht<br />

hoch genug einzuschätzen.<br />

Was die Einstellung der einzelnen Banken<br />

anbelangt, so müssen sie nach wirtschaftlichen<br />

(Profit-)Kriterien arbeiten, sich<br />

also streng davor hüten, die alte Subventions-<br />

und Beziehungspraxis fortzusetzen und<br />

dabei vor allem Staatsbetriebe zu unterstützen.<br />

Integrationsfieber: Die<br />

APEC-Gipfelkonferenz findet<br />

<strong>2006</strong> in Hanoi statt<br />

Seit 1998 gehört Vietnam zur APEC und ist<br />

damit eines der 21 Mitglieder dieser Asian<br />

and Pacific Economic Cooperation, die über<br />

ein Drittel der Weltbevölkerung umfassen,<br />

fast 60% des Welt-BIP erzeugen und rund<br />

47% des Welthandels abwickeln. Aus zwei<br />

Gründen hat sich die Mitgliedschaft in der<br />

APEC für Vietnam als sinnvoll erwiesen.<br />

Politisch erhält das Land einen schnelleren<br />

Zugang zur internationalen Szene, nämlich<br />

bei den jährlichen Treffen der Minister<br />

für Handel und der Minister für auswärtige<br />

Angelegenheiten, vor allem aber bei den<br />

jährlichen Gipfelkonferenzen, die seit 1993<br />

stattfinden und deren 14. Konferenz nunmehr<br />

in Vietnam, nämlich vom 12. bis 19.<br />

November <strong>2006</strong> in Hanoi, stattfindet.<br />

Wirtschaftlich kommt Vietnam durch<br />

die APEC an mehr Technologie, an mehr Investitionskapital<br />

und an mehr Handelspartnerschaften<br />

heran, zumal zur APEC ja einige<br />

der weltweit führenden Volkswirtschaften<br />

gehören, darunter die USA, Japan, China<br />

und Kanada. Neben den politischen Ereignissen<br />

gibt es bei der APEC ja noch zahlreiche<br />

jährliche Treffen auf Geschäftsebene,<br />

sei es nun den APEC CEO Summit, die<br />

Investment Opportunities Fair, den APEC<br />

Business Advisors’ Council (ABAC) oder<br />

seien es andere Treffen, bei denen die Vietnamesen<br />

ihre Kunst des Netzwerkens üben<br />

können. Die bisherige Integration hat für Vietnams<br />

Volkswirtschaft zahlreiche Vorteile<br />

gebracht: Nach dem Stand vom Dezember<br />

2004 bspw. erhielt Vietnam nicht weniger als


110 <strong>Dokumentation</strong><br />

65,6% all seiner ausländischen Direktinvestitionen<br />

aus APEC-Ländern. Außerdem exportierte<br />

Vietnam dorthin 60% seiner Güter<br />

und bezog von dorther 80% seiner Importe.<br />

Vietnam hat sich seit Beginn seiner Mitgliedschaft<br />

als überaus aktives Mitglied erwiesen.<br />

Im Jahr 2003 bspw. initiierte es den<br />

APEC Supporting Fund for Micro Enterprises<br />

and Inter-APEC Investment Promotion.<br />

2003 organisierte es in Hanoi die APEC<br />

Week, mit deren Hilfe es vor allem Einblicke<br />

in Chancen und Probleme der vietnamesischen<br />

Wirtschaft gewähren wollte. 2005<br />

war es an der Durchführung eines Kongresses<br />

über SARS- und Vogelgrippe-Fragen beteiligt,<br />

und <strong>2006</strong> wird es, wie gesagt, den<br />

14. APEC-Gipfel ausrichten, der unter dem<br />

Motto ’Towards a Dynamic Community for<br />

Sustainable Development and Prosperity’<br />

steht.<br />

Bei der Konferenz im November <strong>2006</strong><br />

will Vietnam zum einen bestimmte Themen<br />

ausbreiten (E-Commerce, Zollfragen,<br />

Schutz geistigen Eigentums etc.) und gleichzeitig<br />

weiterhin Selbstdarstellung betreiben,<br />

um vor allem die wohlhabenden Länder<br />

noch stärker als bisher auf die SRV aufmerksam<br />

zu machen (XNA, 20.2.06; VNA, in<br />

BBC, 17.2.06). Vor allem im Zusammenhang<br />

mit der Konferenz soll der Austragungsort<br />

Hanoi Gelegenheit zur Selbstdarstellung<br />

erhalten: In den vergangenen fünf<br />

Jahren habe die vietnamesische Hauptstadt<br />

Exporte für 10 Mrd. US$ getätigt, habe ihr<br />

Exportwachstum Jahr für Jahr um durchschnittlich<br />

15,3% steigern können und treibe<br />

mittlerweile Handel mit 187 Ländern<br />

und Territorien. Zwischen 2001 und 2005<br />

seien die ausländischen Investitionen um<br />

73% auf nunmehr 2,58 Mrd. US$ angestiegen.<br />

Ende 2005 habe es in Hanoi 66 ODA-Projekte<br />

im Wert von 632 Mio. US$ gegeben,<br />

von denen 203 Mio. US$ nicht zurückzuzahlen<br />

seien und 429 Mio. US$ als weiche<br />

Kredite gewährt worden seien. Zu den<br />

ODA-Projekten gehörten die Wasserversorgung,<br />

das städtische Transportwesen, der<br />

Umweltschutz und die Ausbildung von Managern.<br />

Außerdem habe Vietnam in den vergangenen<br />

fünf Jahren nicht weniger als 4,5<br />

Millionen Touristen aus 160 Ländern begrüßen<br />

können – dies waren rund 30% aller<br />

nach Vietnam gekommenen ausländischen<br />

Touristen (VNA, in BBC, 17.2.06).<br />

Die APEC ist nur eine der multilateralen<br />

Organisationen, denen sich Vietnam in<br />

den letzten Jahren angeschlossen hat. Außerdem<br />

ist es mittlerweile Mitglied in der<br />

ASEAN, im AFTA und bei der Ostasien-<br />

Gipfelkonferenz. Die WTO-Mitgliedschaft<br />

steht unmittelbar bevor – höchstwahrscheinlich<br />

noch im Jahre <strong>2006</strong>.<br />

Solide Beziehungen zu<br />

Russland<br />

Die Beziehungen Vietnams zu Russland, die<br />

bis auf das Jahr 1950 zurückgehen und vor allem<br />

während des Zweiten Indochina-Kriegs<br />

ihre Bewährungsprobe bestehen konnten,<br />

haben seit dem Ende des damaligen Krieges<br />

zwei Phasen – mit einer Zäsur i.J. 1991 –<br />

durchlaufen: Von 1975 bis 1991 begegneten<br />

sich die beiden Staaten als sozialistische Bruderländer,<br />

seit dem Ende der Sowjetunion<br />

aber begannen sie sich – nach einer längeren<br />

Pause – als ganz normale Länder die


<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 111<br />

Hände zu reichen. 1993 wurde ein Abkommen<br />

über die Prinzipien freundschaftlicher<br />

Beziehungen unterzeichnet, das an die Stelle<br />

des sozialistischen Kooperationsvertrags<br />

von 1975 trat. Gleichzeitig begannen erste<br />

Gespräche zur Umschuldung von Verbindlichkeiten.<br />

Bereits 1995 gab es 36 russisch-vietnamesische<br />

Investitionsprojekte mit einem<br />

Gesamtkapital von 160 Mio. US$, die sich<br />

auf Bereiche wie Fischfang und -verarbeitung,<br />

Nahrungsmittel, Leichtindustrie und<br />

Naturkautschuk sowie Chemikalien, vor allem<br />

aber auf Öl und Gas bezogen. Zum Symbol<br />

der neuen vietnamesisch-russischen Beziehungen<br />

wurde das 1991 vereinbarte VietsovPetro<br />

Joint Venture, das die Produktion<br />

bis zum Jahre 2000 bereits auf 53 Mio. t<br />

mit einem Wert von 7,9 Mrd. US$ bringen<br />

konnte.<br />

1998 schlossen beide Seiten Rahmenvereinbarungen<br />

für eine strategische Zusammenarbeit<br />

bis weit ins 21. Jahrhundert hinein.<br />

Zum Höhepunkt der bisherigen Entwicklungen<br />

aber wurde der Besuch des russischen<br />

Präsidenten Vladimir Putin im März<br />

2001, in dessen Verlauf die strategische Partnerschaft<br />

definitiv in Vertragsform gegossen<br />

wurde. Ebenso wurde mit Putins Besuch<br />

die Schuldenfrage letztendlich geregelt: Russland<br />

begnügte sich mit der Festlegung einer<br />

Gesamtschuld von gerade einmal 1,7 Mrd.<br />

US$ und räumte auch dafür noch großzügige<br />

Rückzahlungsmodalitäten ein (Näheres<br />

dazu SOAa, 2004/1, S. 36f.; zum Besuch Putins<br />

SOAa, 2001/3, S. 277ff.).<br />

Seit dem Putin-Besuch gaben sich Delegationen<br />

aus beiden Ländern gegenseitig<br />

die Klinke in die Hand. Im November 2005<br />

besuchte sogar eine Flottille von vier russischen<br />

Kriegsschiffen sechs Tage lang den<br />

Hafen von Danang – als Zeichen der Freundschaft,<br />

wie es hieß (VNA, in BBC, 27.11.05;<br />

WSJ, 27.11.05). Bei dem Besuch wurde u.a.<br />

daran erinnert, dass Moskau von 1979 bis<br />

2003 die Marinestation Cam Ranh in Zentralvietnam<br />

als Marine- und Flugbasis benutzt<br />

hatte. Zwar hätte Russland diese Tradition<br />

gerne fortgesetzt, verzichtete jedoch<br />

auf seine bisherigen Rechte, als die Vietnamesen<br />

sie mit Pachtforderungen konfrontierten<br />

(zur Rückgabe Cam Ranhs s. SOAa,<br />

2002/3, S. 231, 2001/3, S. 277ff.).<br />

Am 15./16. Februar <strong>2006</strong> besuchte der<br />

russische Ministerpräsident Michail Fradkov<br />

die SRV und diskutierte mit Spitzenpolitikern<br />

über politische, vor allem aber über<br />

wirtschaftliche Fragen. Russland sei weiterhin<br />

an der Zusammenarbeit mit Vietnam in<br />

den Bereichen Öl und Gas, Hydroenergie<br />

und beim Aufbau einer neuen KKW-Generation<br />

interessiert. Des Weiteren wolle es mit<br />

Vietnam im Satellitenbereich zusammenarbeiten.<br />

Beide Seiten seien jahrzehntelang „durch<br />

starke ideologische Bande“ miteinander vereinigt<br />

gewesen, hätten aber nach 1991 eine<br />

Zeitlang keinen richtigen Kontakt mehr<br />

zueinander finden können. Dies habe sich<br />

in den vergangenen Jahren, vor allem aber<br />

durch den Besuch Putins im Jahre 2001,<br />

grundlegend geändert.<br />

Beide Seiten stünden zueinander in einem<br />

Verhältnis „strategischer Partnerschaft“,<br />

die so weit gehe, dass Vietnam mittlerweile<br />

versuche, Russland auch für einen Beitritt<br />

zur Ostasien-Gipfelkonferenz zu gewinnen.


112 <strong>Dokumentation</strong><br />

Gegenwärtig liegt das Volumen des beiderseitigen<br />

Handelsaustausches bei rund 1<br />

Mrd. US$; bei den Investitionen habe sich<br />

Russland an 20. Stelle unter den ausländischen<br />

Investoren eingereiht, und zwar mit<br />

47 Projekten im Wert von rund 280 Mio.<br />

US$. Damit ist das Potenzial allerdings nach<br />

beiderseitiger Auffassung noch bei weitem<br />

nicht ausgeschöpft. Vielmehr wolle man versuchen,<br />

in den kommenden Jahren die Summe<br />

zu verdreifachen (ITAR-TASS, in BBC,<br />

16.2.06; VNA, in BBC, 16.2.06).<br />

Umgekehrt hat Präsident Putin, als er<br />

im März <strong>2006</strong> die Präsidentschaft in der<br />

G-8-Vereinigung übernahm, diesen Club der<br />

acht reichsten Industrieländer stärker für<br />

Entwicklungsanliegen Vietnams zu interessieren<br />

versucht (VNA, in BBC, 6.3.06).<br />

Beim Besuch Fradkovs wurden zwei Abkommen,<br />

nämlich über Ausbildung und<br />

über Drogenbekämpfung, abgeschlossen.<br />

Russland versorgt Vietnam nicht nur<br />

mit technischen Hilfeleistungen und mit Industrieprodukten,<br />

sondern auch mit Militärgütern<br />

und liefert u.a. Flugzeuge vom Typ<br />

Sukhoi (Interfax-AVN, in BBC, 19.7.04).<br />

Die Hauptachse im beiderseitigen Verhältnis<br />

hat sich, wie diese Aufzählung zeigt,<br />

grundlegend verschoben, und zwar von sozialistischer<br />

Kooperation hin zu einem möglichst<br />

gewinnmaximierenden Austausch.

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