Südostasien aktuell 3/2006 - Dokumentation
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Zeitraum März – April <strong>2006</strong> 71<br />
Inhalt der <strong>Dokumentation</strong><br />
ASEAN<br />
Wirtschaftliche Entwicklungstrends in <strong>Südostasien</strong> im Jahre 2005 73<br />
Eminent Persons Group übergibt Empfehlungen zur ASEAN-Charta 73<br />
Bilaterale Handelsabkommen verringern Handlungsspielraum von Unternehmen 74<br />
ASEM: Asiaten und Europäer gemeinsam für eine Quotenreform im IWF? 75<br />
ASEAN Regional Forum diskutiert Sicherheitsgefährdungen 76<br />
Brunei<br />
Privatsektor als Pfeiler im Kampf gegen Korruption? 76<br />
Brunei und Japan auf dem Weg zu einem bilateralen Handelsabkommen 77<br />
Indonesien<br />
Wahlen in Aceh im August 77<br />
Tote bei Demonstrationen in Westpapua 78<br />
Diplomatische Verstimmung zwischen Indonesien und Australien 78<br />
US-Außenministerin Rice in Indonesien 79<br />
Kambodscha<br />
Könnte <strong>2006</strong> das Jahr der großen innenpolitischen Aussöhnung werden? 80<br />
Sieg auf ganzer Linie für Hun Sen 81<br />
Die FUNCINPEC vor dem Zerfall? 84<br />
Menschenhandel in Kambodscha: Auswüchse und Bekämpfungsstrategien 85<br />
Die Menschenrechtslage in Kambodscha: Geldgeber und<br />
Menschenrechtsorganisationen im Dissens 88<br />
Laos<br />
Der VIII. Parteitag als Indikator strikter politischer Kontinuität 90<br />
NV-Wahlen am 30. April <strong>2006</strong> 92<br />
Malaysia<br />
Der neunte Entwicklungsplan 93<br />
Malakka Straße: keine terroristische Bedrohung? 94
72 Zeitraum März – April <strong>2006</strong><br />
Proton verhandelt mit Chery 94<br />
Großer Computerhersteller investiert im Multimedia Super Corridor (MSC) 95<br />
USA mahnen Malaysia zum Schutz geistigen Eigentums 95<br />
Myanmar<br />
Oppositionspartei unter Druck 96<br />
Flüchtlingswelle nach Offensive im Westlichen Karen-Staat 96<br />
Erhöhung der Gehälter der Beamten 97<br />
Ausbruch der Vogelgrippe in Myanmar 97<br />
Besuch des ASEAN-Gesandten in Myanmar 98<br />
Russland-Besuch Maung Ayes: Verbesserte Kooperation 98<br />
Osttimor<br />
UN-Bericht: Osttimor weiterhin ärmstes Land Asiens 99<br />
Philippinen<br />
Autoritärer Rückfall: Staat übt Druck auf Presse aus 99<br />
Präsidentin fordert Systemwechsel 100<br />
Mai-Demonstrationen gegen Arroyo 100<br />
Ausnahmezustand als Mittel der Politik? 101<br />
Philippinen und Japan intensivieren Währungskooperation 101<br />
Thailand<br />
Regierungskrise in Thailand: Parlamentswahlen, Sieg und Rücktritt Thaksins 102<br />
Senatswahlen 104<br />
Niederlage für Thaksin: Richter lässt Klage gegen Medienaktivistin fallen 104<br />
Niederlage für Thaksin: Börsengang der Strombehörde EGAT gestoppt 105<br />
Negative Auswirkungen der politischen Krise auf die Wirtschaft? 105<br />
Vietnam<br />
Das vietnamesische Bankensystem: Nach wie vor eine Schwachstelle im<br />
Turbobetrieb 106<br />
Integrationsfieber: Die APEC-Gipfelkonferenz findet <strong>2006</strong> in Hanoi statt 109<br />
Solide Beziehungen zu Russland 110
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 73<br />
<strong>Dokumentation</strong><br />
ASEAN<br />
Howard Loewen<br />
Wirtschaftliche<br />
Entwicklungstrends in<br />
<strong>Südostasien</strong> im Jahre 2005<br />
Das gesamtwirtschaftliche Wachstum der<br />
südostasiatischen Volkswirtschaften belief<br />
sich im Jahr 2005 auf rund 5,5% und lag damitum0,8%unterdemWertdesVorjahres.<br />
Das niedrigere BIP-Wachstum in <strong>Südostasien</strong><br />
ist primär auf negative weltwirtschaftliche<br />
Entwicklungen wie steigende Ölpreise<br />
und rückläufige Absatzentwicklungen im Informationstechnologiesektor<br />
und ihre Auswirkungen<br />
auf Weltproduktion und -handel<br />
zurückzuführen. So haben die Einbrüche in<br />
der IT-Branche zu niedrigeren Technologieexporten<br />
in Singapur, Malaysia, den Philippinen<br />
und Thailand geführt. Ferner trugen<br />
ungünstige Wetterbedingungen in Thailand<br />
und den Philippinen zu einer Verringerung<br />
des landwirtschaftlichen Outputs bei. Die<br />
hohen Weltmarktpreise für Rohöl haben<br />
überdies die konjunkturelle Entwicklung ölabhängiger<br />
Staaten wie Thailand, Singapur<br />
und den Philippinen leicht gebremst. Gleichwohl<br />
führten die höchsten Ölpreise seit 25<br />
Jahren nicht zu drastischen Wachstumseinbrüchen,<br />
was wiederum ein Indiz für die<br />
Stabilität der Ökonomien <strong>Südostasien</strong>s ist:<br />
Indonesien konnte das ökonomische Wachstum<br />
konsolidieren, kleinere Volkswirtschaften<br />
wie Kambodscha, Laos und Vietnam<br />
konnten mit Raten zwischen 6 und 8% ihren<br />
Output signifikant steigern, während<br />
die Entwicklung etablierter Ökonomien wie<br />
die Malaysias, der Philippinen, Singapurs<br />
und Thailands für den Rückgang des aggregierten<br />
Wachstums in der Region verantwortlich<br />
sind. Eine weitere Säule des im<br />
Weltmaßstab hohen regionalen Wirtschaftswachstums<br />
sind die ausländischen Direktinvestitionen,<br />
die primär nach Singapur,<br />
Malaysia, Indonesien, Myanmar, Vietnam,<br />
Kambodscha, in die Philippinen und nach<br />
Indonesien flossen. Insgesamt sind für das<br />
Jahr 2005 privater und staatlicher Konsum<br />
sowie ausländische Direktinvestitionen als<br />
Bedingungsfaktoren volkswirtschaftlichen<br />
Wachstums in <strong>Südostasien</strong> zu identifizieren.<br />
Wachstumshemmend könnten in den<br />
nächsten Jahren das hohe Ölpreisniveau, die<br />
überhitzte chinesische Volkswirtschaft sowie<br />
die Vogelgrippe wirken. (Asian Development<br />
Outlook <strong>2006</strong>; http://www.adb.org/<br />
documents/books/ado/<strong>2006</strong>/documents/ad<br />
o<strong>2006</strong>.pdf)<br />
Eminent Persons Group<br />
übergibt Empfehlungen zur<br />
ASEAN-Charta<br />
Im Rahmen eines sogenannten Ministerial<br />
Retreat im April in Ubud auf Bali übergaben<br />
Mitglieder der 10-köpfigen Eminent<br />
Person’s Group den ersten Entwurf einer<br />
ASEAN-Verfassung an die Außenminister<br />
der Staatengemeinschaft. Es ist geplant, dass<br />
der Entwurf bis zum nächsten ASEAN-Gip-
74 <strong>Dokumentation</strong><br />
feltreffen im Dezember zur Satzung avancieren<br />
und somit Beschlussreife erlangen soll.<br />
Damit die ASEAN-Staatengemeinschaft den<br />
Anforderungen ihrer politischen und ökonomischen<br />
Umwelt gerecht werden kann, wurde<br />
auf dem 11. ASEAN-Gipfeltreffen im Dezember<br />
2005 in Kuala Lumpur erstmalig die<br />
Schaffung eines rechtlichen und institutionellenRahmens–einerCharta–fürdieseit<br />
dem Jahr 1967 bestehende regionale Institution<br />
beschlossen. Die ASEAN-Verfassung<br />
soll die Grundlage für eine handlungsfähige<br />
regionale Organisation schaffen (Kuala Lumpur<br />
Declaration on the Establishment of the<br />
ASEAN Charter):<br />
...the ASEAN charter will serve as a legal<br />
and institutional framework of ASEAN<br />
to support the realisation of its goals<br />
and objectives...; the ASEAN charter<br />
will codify all ASEAN norms, rules, and<br />
values and reaffirm that ASEAN agreements<br />
signed and other instruments<br />
adopted before the establishment of the<br />
ASEAN charter shall continue to apply<br />
and be legally binding where appropriate...;<br />
the ASEAN charter will confer a<br />
legal personality to ASEAN and determine<br />
functions, develop areas of competence<br />
of key ASEAN bodies and their relationship<br />
with one another in the overall<br />
ASEAN structure...<br />
Im Gegensatz zum verrechtlichten, auf Verbindlichkeit<br />
beruhenden und mit supranationalen<br />
Elementen versehenen Integrationsprozess<br />
Europas haben die ASEAN-Mitgliedsstaaten<br />
bis dato keine völkerrechtlichen<br />
Verträge als Kooperationsgrundlage abgeschlossen.<br />
Die zweiseitige Bangkok-Dekla-<br />
ration vom 8. August 1967 ist im Vergleich<br />
zu den weitaus umfangreicheren und ausdifferenzierteren<br />
Verträgen der Europäischen<br />
Union vielmehr eine Absichtserklärung, die<br />
informelle Prinzipien und Normen zwischenstaatlicher<br />
Zusammenarbeit festlegt.<br />
Andererseits muss die ASEAN-Charta erst<br />
noch beschlossen werden. Teile der Erklärung<br />
zur ASEAN-Charta lassen überdies vermuten,<br />
dass auch eine neue ASEAN nicht<br />
primär auf Mehrheitsentscheidungen und supranationalen<br />
Elementen beruhen wird. Die<br />
zurückhaltende Reaktion der ASEAN auf<br />
den ausbleibenden Liberalisierungsprozess<br />
in Myanmar deuten darauf hin, dass eine<br />
härtere diplomatische Gangart nicht „konsensfähig“<br />
ist. Stattdessen zieht die ASEAN<br />
regionale Führungsmächte wie Indien und<br />
China als politische Hebel in Erwägung, um<br />
Myanmar zur Achtung von Freiheits- und<br />
Menschenrechten zu bewegen (Jakarta Post,<br />
20.04.06; ST, 19.04.06; ST, 18.04.06).<br />
Bilaterale Handelsabkommen<br />
verringern<br />
Handlungsspielraum von<br />
Unternehmen<br />
Die zunehmende Anzahl bilateraler Handelsabkommen<br />
behindere die Wirtschaftstätigkeit<br />
von Unternehmen im asiatisch-pazifischen<br />
Raum, so lauten Berichte aus entsprechenden<br />
Kreisen. Während Politiker insbesondere<br />
den volkswirtschaftlichen Nutzen<br />
der Handelsabkommen anpriesen und<br />
diese so legitimierten, würden häufig die<br />
mikroökonomischen Folgen für einzelne<br />
Wirtschaftseinheiten ausgeblendet. Erstens<br />
erschwere die Heterogenität der Handels-
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 75<br />
abkommen mit verschiedenen Ländern eine<br />
Einschätzung, welche Unternehmensprodukte<br />
für welche Märkte in welchen<br />
Ländern geeignet seien. Zweitens erfordere<br />
die Nutzung eines bilateralen Handelsabkommens<br />
oftmals die Umgestaltung der<br />
Unternehmensproduktion und der Zuliefernetzwerke.<br />
Drittens müssten Unternehmen<br />
nachweisen, dass ein bestimmter Anteil des<br />
Produktmehrwertes im Partnerland geschaffen<br />
werde.<br />
In <strong>Südostasien</strong>, wo bereits funktionierende<br />
Händler- und Produktionsnetzwerke<br />
existieren, bedeutet dies im extremen<br />
Fall Diskriminierung bereits existierender<br />
Handelsverknüpfungen und extreme Anpassungskosten<br />
für Unternehmen in Ländern,<br />
die einen bilateralen Handelsvertrag<br />
abgeschlossen haben. Trotz dieser Nachteile<br />
stünden viele Unternehmen den bilateralen<br />
Handelsverträgen vieler Staaten jedoch eher<br />
gleichgültig gegenüber. „For most multinationals,<br />
[free trade agreements] impact their<br />
decision-making process on the margin...no<br />
one is setting up operations or making sales<br />
to specifically exploit free-trade agreements”,<br />
so Edmund Sim, Repräsentant einer<br />
Wirtschaftsberatungsgesellschaft in Singapur.<br />
(WSJ, 07.04.06)<br />
ASEM: Asiaten und Europäer<br />
gemeinsam für eine<br />
Quotenreform im IWF?<br />
Im Mittelpunkt des siebten ASEM (Asia-Europe-Meeting)-Finanzministertreffens,<br />
das<br />
im April in Wien abgehalten wurde und an<br />
dem 38 Staaten teilnahmen, standen neben<br />
Fragen der generellen Wirtschaftssituation,<br />
der Globalisierung sowie der Terrorismusfinanzierung<br />
insbesondere die Zusammenarbeit<br />
der asiatischen und europäischen Mitgliedsländer<br />
im Hinblick auf die Neugestaltung<br />
der Quotenregelung im Internationalen<br />
Währungsfonds (IWF). Allen 184 Mitgliedsländern<br />
des IWF werden Quoten zugeteilt,<br />
die über Kredithöhe, Mitspracherechte<br />
und Finanzierungsobligationen bestimmen.<br />
Das bislang existierende System gilt als veraltet,<br />
da es von etablierten Volkswirtschaften<br />
wie denen der Europäischen Union, der<br />
USA und Japan dominiert wird. Aufstrebende<br />
Schwellenländer wie China und Indien<br />
werden bislang nicht mit einer ihrer Wirtschaftskraft<br />
entsprechenden Quote versehen<br />
und können somit nur wenig Einfluss auf<br />
wichtige Entscheidungen im IWF nehmen.<br />
Dies soll sich im Herbst ändern, wenn<br />
sich der IWF zu seiner Quotenreformkonferenz<br />
in Singapur trifft. Neben der dringend<br />
notwendigen Quotenerhöhungen für<br />
Aufsteigerökonomien wie China und Indien<br />
ist insbesondere die Frage der umfassenden<br />
Reformierung des Quotensystems ein<br />
Fixpunkt europäisch-asiatischer Interessenartikulation<br />
im Vorfeld der IWF-Tagung. Im<br />
Chairman’s Statement des ASEM Finance<br />
Minister Meetings heißt es dazu: „Ministers<br />
exchanged views on quota misalignments<br />
and enhanced representation of emerging<br />
and other Member countries in the Bretton<br />
Woods institutions. They agreed that fair<br />
voice and a distribution of quotas reflecting<br />
developments in the world economy would<br />
improve representation and ownership of<br />
these institutions by all Member Countries”.<br />
Gelänge es den ASEM-Staaten, mit einer<br />
Stimme zu sprechen, so könnte dies
76 <strong>Dokumentation</strong><br />
ihr Verhandlungsmachtpotential zur Geltung<br />
bringen. Insbesondere die asiatischen<br />
ASEM-Länder drängen auf eine rasche Reform.<br />
In diesem Zusammenhang sagte der<br />
stellvertretende Finanzminister Singapurs,<br />
Raymond Lim: „For Asia, a fairer distribution<br />
of quotas is necessary to reflect the rising<br />
importance of Asia in the world economy.”<br />
Die bisherige Leistungsbilanz der<br />
interregionalen Institutionen ist in dieser<br />
Hinsicht jedoch schwach: So konnten in<br />
den Sachbereichen Handel, Finanzen und<br />
Investitionen keine gemeinsamen Positionen<br />
im Dialog über die Etablierung entsprechender<br />
multilateraler Ordnungsstrukturengefundenbzw.aufrechterhaltenwerden.<br />
Dies ist primär auf divergierende ökonomische<br />
Interessen zurückzuführen, die<br />
wiederum auf unterschiedlichen Entwicklungsgraden<br />
der ASEM-Länder und ihrer<br />
Volkswirtschaften rekurrieren. Auch in der<br />
Frage einer gemeinsamen Position zur Quotenreform<br />
haben einige europäische Länder<br />
Bedenken angemeldet, so dass die Wirkungsmächtigkeit<br />
einer europäisch-asiatischen Kooperation<br />
generell bezweifelt werden muss<br />
(Seventh ASEM Finance Ministers Meeting<br />
Chairman’s Statement, http://www.<br />
aseminfoboard.org/content/documents/7ase<br />
mFinMM_chairman.pdf; ST, 11.04.06; FT,<br />
06.04.06)<br />
ASEAN Regional Forum<br />
diskutiert<br />
Sicherheitsgefährdungen<br />
Das vierte „Intersessional Meeting on Counter<br />
Terrorism and Transnational Crime“<br />
wurde Ende April in Beijing abgehalten und<br />
von Vertretern aus allen 25 Mitgliedsstaaten<br />
der regionalen Institutionen besucht. Die<br />
Delegierten diskutierten Ursachen und Manifestationen<br />
des internationalen und regionalen<br />
Terrorismus sowie Maßnahmen zur<br />
Terrorbekämpfung. In diesem Zusammenhang<br />
teilten die Teilnehmerstaaten die Einschätzung,<br />
dass es zu einer Lokalisierung<br />
internationaler bzw. regionaler Terroraktivitäten<br />
gekommen sei und deshalb nur mit<br />
spezifischen Stragegien effektiv zu bekämpfen<br />
sei. Diese Maßnahmen wiederum sollen<br />
konform gehen mit bereits existierenden Bestimmungen<br />
auf der globalen und regionalen<br />
Ebene. (XNA, 28.04.06).<br />
Brunei<br />
Howard Loewen<br />
Privatsektor als Pfeiler im<br />
Kampf gegen Korruption?<br />
Die bruneiische Privatwirtschaft wird von<br />
staatlicher Seite aufgefordert, ethnische und<br />
somit korruptionsfreie Standards insbesondere<br />
in Interaktionen mit dem öffentlichen<br />
Sektor zu gewährleisten. Ferner sind die beteiligten<br />
Parteien dazu angehalten, Auskunft<br />
über Bilanzen zu geben, um somit informellen<br />
Praktiken vorzubeugen. Diese Maßgaben<br />
sind allesamt Ergebnisse eines Aktionsplans,<br />
der vom staatlichen Antikorruptionsbüro<br />
(Anti-Corruption Bureau), den Vertretern<br />
der Handelskammer sowie privatwirtschaftlichen<br />
Unternehmen im April initiiert<br />
wurde.<br />
Die Aktivitäten des bruneiischen Staates<br />
gegen Korruption in öffentlichen und
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 77<br />
privaten Wirtschaftsunternehmen füge sich<br />
einindievondenVereintenNationenbeschlossene<br />
Antikorruptionsnorm, der ersten<br />
Konvention zur Bekämpfung internationaler<br />
Korruption. Die United Nations Convention<br />
against Corruption trat im Dezember<br />
2005 in Kraft und wurde von bislang 140<br />
Ländern unterzeichnet und von 50 Staaten<br />
ratifiziert. Brunei ist Unterzeichnerstaat. Eine<br />
der primären Verpflichtungen des VertragesistdieZusammenarbeitdesprivatenund<br />
öffentlichen Sektors sowie der Zivilgesellschaft<br />
im Kampf gegen endemische Korruption.<br />
Dem öffentlichen Sektor alleine wird<br />
diese Aufgabe nicht zugetraut. (Bandar Seri<br />
Begawan, 16.04.06)<br />
Brunei und Japan auf dem Weg<br />
zu einem bilateralen<br />
Handelsabkommen<br />
Am 19. und 20. April trafen sich Vertreter<br />
des japanischen und bruneiischen Außenministeriums<br />
bereits zum zweiten Mal, um<br />
Aspekte eines bilateralen Handelsabkommens<br />
zwischen beiden Ländern zu diskutieren.<br />
Die erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen<br />
werden nun zu einem baldigen<br />
Zeitpunkt in formale Konsultationen überführt<br />
werden. Japan ist Bruneis größter Handelspartner<br />
und importiert primär Rohöl<br />
und Flüssiggas. Neben Brunei unterhält Japan<br />
ähnlich strukturierte bilaterale Handelsabkommen<br />
mit Malaysia, den Philippinen,<br />
Thailand und Indonesien. Verhandlungen<br />
mit Vietnam wurden bereits begonnen. Brunei<br />
würde von diesem Abkommen profitieren,<br />
obgleich abzuwarten bleibt, welche<br />
Ergebnisse die Konsultationen Japans mit<br />
der ASEAN-Staatengemeinschaft an Handelsvorteilen<br />
für die involvierten Parteien<br />
und inbesondere den kleinen Ölstaat in <strong>Südostasien</strong><br />
bringen würden. (Kyodo New Service,<br />
17.04.06)<br />
Indonesien<br />
Marco Bünte<br />
Wahlen in Aceh im August<br />
Präsident Jusuf Kalla hat dem EU-Außenminister<br />
Javier Solana versichert, dass die<br />
indonesische Regierung nach wie vor am<br />
Friedensvertrag festhalte. Obwohl das im<br />
Friedensvertrag festgelegte Datum für die<br />
Abhaltung von Lokalwahlen (Ende März)<br />
von der indonesischen Regierung nicht eingehalten<br />
werden konnte, versprach der indonesische<br />
Vizepräsident, dass die indonesische<br />
Regierung die Voraussetzungen zur<br />
Erfüllung des Friedensvertrages einhalten<br />
werde. Momentan steckt der Gesetzesentwurf<br />
für Aceh, der die Regeln der künftigen<br />
Lokalwahlen bestimmten soll, im indonesischen<br />
Parlament fest. Nationalistische Kreise<br />
befürchten, dass zu viele Zugeständnisse<br />
an die (ehemalige) GAM zu einer Sezession<br />
Acehs führen könnten. Umstritten ist insbesondere<br />
die Frage der inneren Grenzen<br />
der Provinz und die Frage, ob unabhängige<br />
Kandidaten bei den Lokalwahlen (und<br />
damit ehemalige Mitglieder der GAM) an<br />
der Wahl teilnehmen könnten oder ob politische<br />
Parteien die Kandidaten nominieren<br />
müssten. Jusuf Kalla zeigte sich gegenüber<br />
Solana jedoch zuversichtlich, dass der Gesetzesentwurf<br />
im Parlament zügig beraten
78 <strong>Dokumentation</strong><br />
und verabschiedet werden könnte. Jusuf Kalla<br />
bat den EU- Außenkommissar außerdem,<br />
die EU-Beobachtermission in Aceh über Juni<br />
hinaus zu verlängern, um die Sicherheit<br />
der Lokalwahlen zu garantieren. Die Europäische<br />
Union hatte ihre Beobachtermission<br />
Ende Februar um drei Monate bis Mitte Juni<br />
verlängert.<br />
Presseberichten zufolge hat die frühere<br />
separatistische Organisation GAM bereits<br />
alle Vorkehrungen getroffen, um als Partei<br />
bei den Lokalwahlen teilnehmen zu können.<br />
Der Verhandlungsteilnehmer der Helsinki-Gespräche<br />
auf Seiten der GAM, Damien<br />
Kingsbury, sagte gegenüber der Presse,<br />
dass „die Partei bis auf den Namen bereits<br />
bestehen würde“. Mittlerweile haben führende<br />
Mitglieder der Exilführung der GAM<br />
der Provinz einen Besuch abgestattet. Der<br />
Premierminister der GAM, Malik Mahmud,<br />
und der Gesundheitsminister Zaini Abdulla<br />
statteten der Provinz nach 25 Jahren im Exil<br />
einen ersten Besuch ab. Sie trafen mit früheren<br />
Mitgliedern der GAM und mit Beamten<br />
der Provinzregierung zusammen. (STI,<br />
24.4.06; WSJ, 17.2., 17., 22.3., 23.4.06)<br />
Tote bei Demonstrationen in<br />
Westpapua<br />
Bei einer gewaltsamen Auflösung einer Demonstration<br />
in Westpapua sind Mitte März<br />
mehrere Personen getötet und zahlreiche<br />
weitere verletzt worden. Etwa 500 Studenten<br />
hatten für die Schließung der weltweit<br />
größten Goldmine demonstriert und eine<br />
Straße blockiert. Als die Polizei mit Tränengas<br />
gegen die Demonstranten vorging<br />
und Warnschüsse abgab, wurden mindes-<br />
tens drei Menschen getötet. Nach Meinung<br />
der Menschenrechtsgruppe Elsham habe das<br />
Militär jedoch das Feuer auf die protestierenden<br />
Menschen eröffnet und mehrere Demonstranten<br />
quasi exekutiert. Die vom US-<br />
Konzern Freeport McMoran betriebe Goldund<br />
Kupfermine löst immer wieder Proteste<br />
aus. Die Bevölkerung Westpapuas kritisiert<br />
insbesondere die von der Goldmine<br />
ausgehende Umweltzerstörung. Zwar hat<br />
der Konzern in letzter Zeit verstärkt Projekte<br />
gefördert und auch verstärkt indigene<br />
Bevölkerungsgruppen angestellt. Die Proteste<br />
kommen jedoch nicht zur Ruhe. Erst<br />
im Februar musste die Mine vorübergehend<br />
den Betrieb einstellen, weil Demonstranten<br />
die Zufahrt blockierten. Für die Unabhängigkeitsbewegung<br />
Westpapuas ist die Mine<br />
ein Symbol für den inneren Kolonialismus<br />
und die ungerechte Aufteilung der Einnahmen<br />
aus den Bodenschätzen. Trotz großer<br />
Einnahmen aus den natürlichen Ressourcen<br />
ist die Armut in Westpapua nach wie vor<br />
sehr hoch. Nutznießer der Mine ist auch das<br />
Militär, das für Schutzgelder kassiert. (FT,<br />
17.3.06; IHT, 24.3.06; JP, 23., 27.3.06; STI,<br />
18.3.06; Tempo, 30, 28.3.-3.4.06; WSJ, 24.,<br />
25.2.06, 17.3., 8., 11.4.06)<br />
Diplomatische Verstimmung<br />
zwischen Indonesien und<br />
Australien<br />
Zwischen Indonesien und Australien ist es<br />
infolge der Entscheidung Australiens, 42<br />
Flüchtlingen aus Westpapua ein Aufenthaltsvisum<br />
auszustellen, zu ernsthaften diplomatischen<br />
Verstimmungen gekommen. Indonesien<br />
hat aus Protest gegen die Entscheidung
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 79<br />
seinen Botschafter aus Canberra A.C.T. abgezogen<br />
und forderte eine Entschuldigung<br />
von der australischen Regierung. Der indonesische<br />
Präsident Yudhoyono bezeichnete<br />
das Verhältnis zu Indonesien als „gegenwärtig<br />
sehr schwierig“. Nationalistische Politiker<br />
befürworten sogar ein Einfrieren der<br />
diplomatischen Beziehungen zu Australien.<br />
Eine Gruppe indonesischer Kaufleute rief<br />
sogar zum Boykott australischer Produkte<br />
auf. Die australische Regierung weigerte sich<br />
indes sich zu entschuldigen. Die scharfe Reaktion<br />
Jakartas lässt sich dadurch erklären,<br />
dass die nationalistischen Kreise in Jakarta<br />
fürchten, dass die Unabhängigkeitsbewegung<br />
durch die australische Politik gestärkt<br />
werden könnte. Durch die Hintertür könnte<br />
so die territoriale Integrität des Archipels gefährdet<br />
werden. Indonesien reagiert auch so<br />
dünnhäutig, weil Australien bereits bei der<br />
Unabhängigkeit Osttimors im Jahre 1999<br />
durch eine veränderte Politik Zeichen setzte<br />
und so die Sezession vom indonesischen Nationalstaat<br />
ermöglichte. (STI, 4.4.06; WSJ,<br />
3., 6.4.06)<br />
US-Außenministerin Rice in<br />
Indonesien<br />
Die US-amerikanische Außenministerin Condoleezza<br />
Rice hat sich Mitte März zu einem<br />
zweitägigen Besuch in Indonesien aufgehalten.<br />
Rice besuchte eine Islamschule in Jakarta,<br />
die finanziell von den USA gefördert<br />
wird. Ziel ist, Werte wie Toleranz und Liberalität<br />
im indonesischen Islam zu stärken<br />
und konservativen Islamauffassungen entgegenzuwirken.<br />
Bei ihren politischen Gesprächen<br />
mit dem indonesischen Präsidenten Su-<br />
silo Bambang Yudhoyono ging es konkret<br />
um eine verbesserte Zusammenarbeit im Anti-Terrorkampf<br />
und um eine stärkere militärische<br />
Zusammenarbeit.<br />
Die US-amerikanische Außenministerin<br />
forderte Jakarta auf, eine Führungsrolle in<br />
der Region <strong>Südostasien</strong> zu übernehmen. Sie<br />
bot dem indonesischen Präsidenten Yudhoyono<br />
gleichzeitig eine strategische Partnerschaft<br />
an und lobte die weitreichenden Erfolge<br />
Indonesiens beim Übergang zur Demokratie.<br />
Die Aufwartung der US-amerikanischen<br />
Außenministerin zeigt, dass Indonesien<br />
nach der Überwindung der innenund<br />
wirtschaftspolitischen Schwierigkeiten<br />
wieder zum gefragten Akteur auf der weltpolitischen<br />
Bühne geworden ist. Indonesien<br />
sieht sich dabei sowohl von China als auch<br />
von Indien umworben und kann als regionaler<br />
Akteur in der ASEAN von der Schwäche<br />
anderer Staaten, die durch innenpolitische<br />
Schwierigkeiten auch außenpolitisch geschwächt<br />
sind (Thailand, Philippinen), profitieren.<br />
Der Besuch der US-amerikanischen<br />
Außenministerin war von starken antiamerikanischen<br />
Protesten begleitet. Rund 600<br />
Demonstranten protestierten vor der US-amerikanischen<br />
Botschaft gegen die US-Politik.<br />
(IHT, 14.3.06; SCMP, 15., 16.3.06; STI,<br />
16.3.06, WSJ, 14., 15.3.06)
80 <strong>Dokumentation</strong><br />
Kambodscha<br />
Oskar Weggel<br />
Könnte <strong>2006</strong> das Jahr der<br />
großen innenpolitischen<br />
Aussöhnung werden?<br />
Selbst Todfeindschaften scheinen in der politischen<br />
Kultur Kambodschas vergänglich zu<br />
sein – permanent sind offensichtlich nur die<br />
politischen Interessen. Dies wird bei der Betrachtung<br />
zweier Vorgänge besonders deutlich.<br />
Da unternahm Hun Sen, der damalige<br />
Zweite Ministerpräsident, i.J. 1997 einen<br />
Staatsstreich gegen den Ersten Premier,<br />
Prinz Ranariddh. Weil Ranariddh das Debakel<br />
(wenn auch nur mit knapper Not) überlebte,<br />
hatte er redliche Aussichten, mit seinem<br />
Todfeind von damals schon bald wieder<br />
im gleichen politischen Boot zu sitzen und<br />
eine gemeinsame Regierung zu bilden, allerdings<br />
diesmal unter umgekehrtem Vorzeichen:<br />
nämlich mit Hun Sen als neuer Nummer<br />
eins (d.h. als alleinigem Ministerpräsidenten)<br />
und Ranariddh als abgeschlagener<br />
Nummer zwei (Parlamentspräsident; SOAa,<br />
1998/2, S. 124, 1998/3, S. 241, 1999/1, S.<br />
39ff.).<br />
Eine vergleichbare Metamorphose gab<br />
es 2005/06: Sam Rainsy war nach den für<br />
ihn und seine SRP verlorenen Wahlen vom<br />
Juli 2003 auf Konfrontation zu Hun Sen<br />
(und später auch zu Ranariddh und zu dessen<br />
FUNCINPEC) gegangen und hatte einerseits<br />
dem Ministerpräsidenten vorgeworfen,<br />
einen Mordanschlag gegen ihn, Sam<br />
Rainsy, im Jahre 1997 organisiert zu haben;<br />
kurze Zeit später hatte er dann auch noch<br />
den mittlerweile zu Hun Sen übergelaufenen<br />
Ranariddh beschuldigt, den Seitenwechsel<br />
aufgrund von Bestechungsgeldern vollzogen<br />
zu haben. Sam Rainsy war daraufhin<br />
wegen Verleumdung angeklagt, seiner Immunität<br />
als Parlamentarier enthoben und<br />
am 22.11.2005 zu einer 18-monatigen Freiheitsstrafe<br />
verurteilt worden (Näheres dazu<br />
SOAa, <strong>2006</strong>/2, S. 98-102 ). Da Sam Rainsy<br />
zu dieser Zeit im Ausland weilte, konnte die<br />
Strafe nicht vollzogen werden, wohl aber<br />
wurde ein anderes Mitglied der SRP, Cheam<br />
Channy, zu mehreren Jahren Freiheitsstrafe<br />
verurteilt und inhaftiert.<br />
Verleumdungsklagen wurden auch noch<br />
vier weiteren Oppositionspolitikern zum<br />
Verhängnis, nämlich zwei Menschenrechtsaktivisten,<br />
einem Gewerkschaftsführer und<br />
einem Journalisten (dazu ebenda), die ebenfalls<br />
ins Gefängnis wanderten.<br />
Diese durchwegs als Unterdrückung freier<br />
Meinungsäußerung interpretierten Justizakte<br />
hatten zahlreiche Demonstrationen,<br />
viele Proteste westlicher Botschafter und<br />
nicht zuletzt die Drohung einiger Geberländer<br />
zur Folge, Kambodscha künftig nicht<br />
mehr zu unterstützen.<br />
Was sich daraufhin ereignete, verblüffte<br />
die Beobachter von neuem: Die vier Oppositionellen<br />
sowie der SRP-Abgeordnete<br />
Cheam Channy wurden nämlich vom einen<br />
auf den anderen Tag begnadigt und aus der<br />
Haft entlassen. Vor allem aber erhielt Sam<br />
Rainsy grünes Licht, wieder nach Kambodscha<br />
zurückzukehren. Sam Rainsy hatte<br />
vorher – auf wessen Initiative auch immer –<br />
ein Entschuldigungsschreiben an Hun Sen<br />
gesandt, das im kambodschanischen Staats-
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 81<br />
fernsehen verlesen wurde und das, wie es<br />
hieß, Hun Sen dazu veranlasste, den König<br />
zu bitten, Sam Rainsy die Wege für eine<br />
Rückkehr nach Kambodscha zu ebnen.<br />
Am 10. Februar <strong>2006</strong> kam Sam Rainsy<br />
dann in der Tat nach Phnom Penh zurück<br />
und traf sich mehrere Stunden lang zuerst<br />
mit Hun Sen und dann mit Ranariddh,<br />
wobei offensichtlich längerfristige Friedensmodalitäten<br />
vereinbart wurden. Seine parlamentarische<br />
Immunität wurde wieder hergestellt,<br />
und zusätzlich erhielt er zwölf bewaffnete<br />
Leibwächter, die ihn, für den Fall des<br />
Falles, vor mörderischen Übergriffen schützen<br />
sollten (WSJ, 16.2.06).<br />
Die überraschende Wendung zog drei<br />
weitere politische Konsequenzen nach sich:<br />
Da war erstens das Einverständnis Hun Sens,<br />
dass die Meinungsäußerungen der Oppositionellen<br />
künftig nicht mehr als Verleumdungen<br />
– und somit als Verbrechen – verfolgt<br />
werden sollten. Hun Sen habe eingesehen,<br />
dass seine zahlreichen Verleumdungsklagen<br />
von der Bevölkerung als Überreaktion<br />
und von Vertretern der Menschenrechtsorganisationen<br />
sogar als Unterdrückung der<br />
Meinungsfreiheit interpretiert werden konnten.<br />
Der einschlägige Straftatbestand, der<br />
noch zur Zeit der UNTAC (1992/93) formuliert<br />
worden war, solle in einer der nächsten<br />
NVK-Sitzungen entschärft werden.<br />
Zweitens erteilte Sam Rainsy seine Zustimmung<br />
zu einem auf Hun Sen und auf Ranariddh<br />
zurückgehenden Vorschlag, dass die<br />
Regierungsbildung künftig nicht mehr von<br />
einer Zweidrittelmehrheit abhängig sein,<br />
sondern dass eine 50+1-Mehrheit genügen<br />
solle. Zu diesem Zweck müssten die Artikel<br />
82, 90, 98, 105 und 114 der Verfassung<br />
geändert werden. Mit einer entsprechenden<br />
Novellierung könnte eine Wiederholung jenes<br />
Grabenkrieges vermieden werden, wie<br />
er nach den Wahlen von 2003 fast ein ganzes<br />
Jahr lang getobt hatte, ehe dann endlich<br />
wieder eine neue Regierung gebildet werden<br />
konnte (TV Kampuchea, Phnom Penh, in<br />
BBC, 14.2.06).<br />
Drittens aber wurde Sam Rainsy sowohl<br />
von Hun Sen als auch von Ranariddh eingeladen,<br />
sich an der 2005 zustande gekommenen<br />
Regierung zu beteiligen und damit das<br />
Zeitalter einer neuen Dreierkoalition (zwischen<br />
KVP, FUNCINPEC und SRP) einzuläuten<br />
(ST, 17.2.06; RK, in BBC, 7.2.06).<br />
Ob Hun Sen all diese Versöhnungsgesten<br />
aus besserer Einsicht in die Notwendigkeit<br />
vollzogen hat oder ob er nicht eher den<br />
heißen Atem der Gebernationen in seinem<br />
Nacken spürte und sich deshalb zum Einlenken<br />
durchrang, ist eine Frage, die von zahlreichen<br />
Kommentatoren unterschiedlich beantwortet<br />
wird. Hier sind in der Tat jeder<br />
Spekulation Tür und Tor geöffnet.<br />
Sieg auf ganzer Linie für Hun<br />
Sen<br />
Bei der Bildung der neuen Regierung hat<br />
sich der alte – und neue – Ministerpräsident<br />
Hun Sen in vier Fragen entscheidend durchsetzen<br />
und damit seine ohnehin schon starke<br />
Machtposition noch weiter konsolidieren<br />
können.<br />
Erstens konsolidierte er das neue Kabinett,<br />
indem er das seit 1993 bestehende System<br />
der Ko-Minister beseitigte. Hauptopfer<br />
dieser Operation waren zwei FUNCINPEC-<br />
Minister, nämlich Nhek Bun Chhay, der
82 <strong>Dokumentation</strong><br />
FUNCINPEC-Minister für Verteidigung,<br />
und vor allem Prinz Norodom Sirivuth, ein<br />
Onkel des Parteivorsitzenden Norodom Ranariddh,<br />
der bisher Ko-Minister im Innenministerium<br />
gewesen war. Beide hatten auf<br />
Betreiben Hun Sens ihre Posten zu verlassen,<br />
so dass die beiden Schlüsselministerien nunmehr<br />
ganz allein von KVP-Ministern – und<br />
damit letztlich von Hun Sen – kontrolliert<br />
werden.<br />
Sirivuth verlor aber nicht nur seine Stellung<br />
im Innenministerium, sondern auch<br />
seine Position als Generalsekretär der FUN-<br />
CINPEC und wurde in dieser Eigenschaft<br />
durch Prinz Norodom Chakrapong (und<br />
dieser schon wenige Wochen später durch<br />
Nhiek Bun Chhy) ersetzt.<br />
Sirivuths Demütigung hängt damit zusammen,<br />
dass er der Hauptarchitekt jener<br />
Allianz der Demokraten zwischen FUN-<br />
CINPEC und Sam-Rainsy-Partei (SRP) war,<br />
die am 23. August 2003 vereinbart worden<br />
war, und zwar mit dem Ziel, die erneute<br />
Rückkehr Hun Sens auf den Posten des Ministerpräsidenten<br />
unter allen Umständen zu<br />
verhindern (dazu SOAa, 2003/6, S. 543f.).<br />
Bekanntlich hat diese Allianz nicht lange gehalten,<br />
sondern wurde später von Norodom<br />
Ranariddh einfach in den Wind geschlagen.<br />
Für zwei Politiker wurden diese Ereignisse<br />
zum Verhängnis, nämlich für Sam Rainsy<br />
und für Sirivuth, gegen die sich fortan die<br />
Rache Hun Sens richtete. Sam Rainsy wurde<br />
wegen Verleumdung angeklagt und seiner<br />
parlamentarischen Immunität enthoben,<br />
Sirivuth aber hatte mit der Entlassung aus<br />
dem Ko-Ministeramt zu zahlen. Auch in der<br />
eigenen Partei wurde ihm die misslungene<br />
Verschwörung gegen Hun Sen offensichtlich<br />
verübelt, weil sie allzu viel Gesicht gekostet<br />
hatte.<br />
Zweitens konnte Hun Sen im Parlament<br />
seine Wünsche in Sachen Verfassungsänderung<br />
durchsetzen: Bisher war zur Regierungsbildung<br />
eine Zweidrittelmehrheit der<br />
Parlamentssitze erforderlich gewesen – mit<br />
der Folge, dass die bei den Wahlen von 2003<br />
siegreiche KVP zwar 73 der insgesamt 123<br />
NV-Sitze hatte erringen können, dass sie damit<br />
aber gleichwohl die Zweidrittelmehrheit<br />
verfehlt hatte, so dass eine Zusammenarbeit<br />
mit der FUNCINPEC (26 Sitze) und der<br />
SRP (24) unabdingbar geworden war (vgl.<br />
bspw. SOAa, 2004/2, S. 147). Der fast einjährige<br />
Stillstand bis zur Bildung einer neuen<br />
Regierung war hauptsächlich durch diese<br />
noch von der UNTAC ausgearbeitete Bestimmung<br />
verursacht worden. Hun Sen hatte<br />
deshalb immer wieder gefordert, dass das<br />
Zweidrittelquorum durch eine bloße Mehrheit<br />
von 50% ersetzt werden müsse. In diesem<br />
Verlangen wurde er erstaunlicherweise<br />
seit März <strong>2006</strong> auch von Sam Rainsy unterstützt,<br />
der dem Ministerpräsidenten mit dieser<br />
Unterstützung offensichtlich seine Dankbarkeit<br />
für die Wiedereinsetzung in die parlamentarischen<br />
Immunitätsrechte bezeugen<br />
wollte.<br />
Am 2. März <strong>2006</strong> konnte die Nationalversammlung<br />
fast einstimmig für die Verfassungsänderung<br />
votieren (XNA, 2.3.06).<br />
Drittens errreichte Hun Sen, dass Norodom<br />
Ranariddh am 3. März <strong>2006</strong> seinen<br />
Posten als Präsident der Nationalversammlung<br />
aufgab und erklärte, künftig nur noch<br />
einfaches Parlamentsmitglied sowie FUN-<br />
CINPEC-Vorsitzender bleiben zu wollen<br />
(SCMP, 4.3.06). Hauptgrund für diesen Auf-
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 83<br />
sehen erregenden Schritt dürfte seine Empörung<br />
über die am Vortag beschlossene<br />
Verfassungsänderung gewesen sein: Mit der<br />
Reduzierung des Quorums von einer Zweidrittel-<br />
auf eine einfache Mehrheit hatte die<br />
FUNCINPEC schlagartig Einfluss verloren<br />
und wird sich deshalb künftig mit einer<br />
noch bescheideneren Rolle als bisher abzufinden<br />
haben. Mit der gegen den Willen Ranariddhs<br />
durchgepeitschten Verfassungsänderung<br />
war eine Klausel des zwischen ihm<br />
und Hun Sen geschlossenen Vertrags durchbrochen<br />
worden, dass nämlich in puncto<br />
Stimmverteilung alles beim Alten bleiben<br />
sollte.<br />
Hun Sen nutzte die hier so überraschend<br />
aufgetauchte Gelegenheit zugunsten<br />
seiner KVP und sorgte dafür, dass zum<br />
Nachfolger Ranariddhs sein alter KVP-Mitkämpfer<br />
Heng Samrin ernannt wurde. Die<br />
Nummer zwei, nämlich der Posten des ersten<br />
Stellvertreters des Parlamentspräsidenten,<br />
wird künftig ebenfalls von einem KV-<br />
P-Mitglied, nämlich Nguon Nhel, wahrgenommen.<br />
Erst an dritter Stelle (d.h. als zweiter<br />
Stellvertreter) folgt dann ein FUNCIN-<br />
PEC-Mitglied. Dem scheidenden Parlamentspräsidenten<br />
Ranariddh warf Hun Sen noch<br />
einige Rügen hinterher. Seine Amtsführung<br />
habe den Staat pro Monat rund 2,2 Mrd. Riel<br />
gekostet – einen Betrag, für den die ländliche<br />
Bevölkerung zwei Brücken hätte bauen<br />
können. Ranariddh habe vor allem zu viele<br />
„Berater“ (Günstlinge) um sich geschart.<br />
Seinem Nachfolger möge dies eine Warnung<br />
sein. Leider habe sich auch Heng Samrin<br />
bereits wieder 20 Berater zugelegt (AKP, in<br />
BBC, 21.3.06).<br />
Viertens konnte Hun Sen auch im neuen<br />
Senat noch einflussreiche Gesinnungsgenossen<br />
platzieren.<br />
Wie bereits berichtet (SOAa, <strong>2006</strong>/2, S.<br />
102f.), hatten die ersten freien Senatswahlen<br />
am 22. Januar <strong>2006</strong> stattgefunden, wobei<br />
die KVP 45 der 61 Sitze für sich verbuchen<br />
konnte, gefolgt von der FUNCINPEC (10)<br />
und der SRP (2). Durch Wahlen waren lediglich<br />
57 Sitze vergeben worden. Vier weitere<br />
Senatoren wurden durch die Nationalversammlung<br />
und König Sihamoni ernannt.<br />
Als der Senat im März 1999 geschaffen wurde,<br />
waren die Mitglieder noch durchweg ernannt<br />
worden.<br />
Den Posten des Vorsitzenden besetzte<br />
auch diesmal wieder der KVP-Vorsitzende<br />
Chea Sim. Erst an zweiter Stelle folgte ein<br />
FUNCINPEC-Vertreter, nämlich Prinz Sisovat<br />
Chivanmonirak (XNA, 20.3.06). Zu<br />
den einflussreichsten Senatsmitgliedern gehören<br />
aber vor allem sechs Geschäftsleute,<br />
die dafür bekannt sind, dass sie zu den reichsten<br />
Unternehmern Kambodschas gehören,<br />
dass sie chinesischen Hintergrund aufwiesen<br />
und dass sie vor allem Hun Sen wegen<br />
seiner Liberalisierungspolitik nach Kräften<br />
unterstützen.<br />
Der 52-jährige Mong Reththy ist Vorsitzender<br />
des Mong-Reththy-Konzerns, dem<br />
u.a. eine Palmöl-Plantage und ein Seehafen<br />
in Südwestkambodscha gehören.<br />
Lao Meng Khin ist Vorsitzender des<br />
Pheapimex-Konzerns, der sich hauptsächlich<br />
mit Holzgeschäften befasst und von der<br />
NRO Global Witness schon mehrfach wegen<br />
illegalen Abholzens angezeigt wurde.<br />
Ly Yong Phat ist Eigentümer des Koh<br />
Kong International Resort Club, der einen
84 <strong>Dokumentation</strong><br />
Safari-Park und mehrere Casinos in Südwestund<br />
Nordwestkambodscha betreibt.<br />
Men Sarun ist Eigentümer der Men-Sarun-Import-Export<br />
Co. und betätigt sich als<br />
größter Reisexporteur des Landes.<br />
Sy Kong Triv steht in enger Verbindung<br />
zu British American Tobacco und produziert<br />
in Kambodscha mehrere Zigarettenmarken.<br />
Kok An, Vorsitzender der Anco Brothers<br />
Co. Ltd. versorgt Kambodscha mit dem<br />
Mineralwasser Evian, britischen Zigaretten<br />
der Marke 555 und mit US-amerikanischem<br />
Budweiser Bier. Außerdem betreibt er ein<br />
Elektrizitätswerk und ist Eigentümer mehrerer<br />
Hotels und Casinos, vor allem in Grenznähe<br />
zu Vietnam und Thailand.<br />
Hinter vorgehaltener Hand munkelt<br />
man in Kambodscha, dass die sechs Tycoons<br />
dem Senat vor allem deshalb beigetreten<br />
seien, um besser durch die Maschen des<br />
Gesetzes zu schlüpfen zu können und um<br />
ihre parlamentarische Immunität sowohl für<br />
eigene geschäftliche Zwecke als auch zur Unterstützung<br />
Hun Sens auszuschlachten (WSJ,<br />
12.2.06).<br />
Die FUNCINPEC vor dem<br />
Zerfall?<br />
In- und ausländische Beobachter stellen der<br />
FUNCINPEC mittlerweile ein düsteres<br />
Zeugnis aus: Wie schon 1998, jenem Jahr<br />
also, das dem Staatsstreich Hun Sens folgte<br />
und in dem Ranariddh und eine desolate<br />
FUNCINPEC in die Regierung zurückkehrten,<br />
zeigt sich die königliche Partei auch<br />
jetzt, acht Jahre später, wieder in einem Zustand<br />
äußerster Zerrissenheit.<br />
Auch die Wähler haben dies seit längerem<br />
gespürt und der Partei immer weniger<br />
Vertrauen entgegengebracht: Wurden<br />
bei den Nationalwahlen von 1993 noch 58<br />
FUNCINPEC-Mitglieder ins Parlament gewählt,<br />
so waren es 1998 43 und 2003 nur<br />
noch 26. Der Wähler hat das Gefühl, dass die<br />
Partei, vor allem aber der bei innerparteilicher<br />
Postenvergabe fast allein entscheidende<br />
Präsident Ranariddh nicht die Tüchtigsten,<br />
sondern die (nach Klientelgesichtspunkten)<br />
Willigsten auswählt. Hinzu kommt ein Riss<br />
quer durch die Partei, der vor allem bei der<br />
Abhalfterung Sirivuths wieder einmal besonders<br />
deutlich zutage getreten ist. Am 5.<br />
März <strong>2006</strong> setzte Ranariddh an die Stelle<br />
Sirivuths einen anderen Prinzen, nämlich<br />
Norodom Chakrapong, als Generalsekretär<br />
der FUNCINPEC ein, löste damit aber in<br />
der Partei augenblicklich Widerspruch aus,<br />
so dass er diese Personalentscheidung bereits<br />
zwei Wochen später, nämlich am 18. März,<br />
wieder rückgängig machte und nun Nhiek<br />
Bun Chhy auf diesen Schlüsselposten setzte:<br />
einen Politiker also, der von Ministerpräsident<br />
Hun Sen am 3. März <strong>2006</strong> als Ko-Verteidigungsminister<br />
gefeuert, aber schon kurze<br />
Zeit später von der Nationalversammlung<br />
als stellvertretender Ministerpräsident bestätigt<br />
worden war. Wenigstens für diese Entscheidung<br />
soll Ranariddh bei den übrigen<br />
Parteimitgliedern viel Lob geerntet haben,<br />
da Nhiek Bun Chhy als reformfreudiger Politiker<br />
gilt. Wenigstens hier habe Ranariddh<br />
ausnahmsweise einmal keine nepotistischen<br />
Überlegungen walten lassen. Ansonsten<br />
aber wird der Prinz mittlerweile als Politiker<br />
wahrgenommen, der in Günstlingskategorien<br />
denkt, inkompetent ist und dem
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 85<br />
zahlreiche außereheliche Affären nachgesagt<br />
werden.<br />
Viele Beobachter bezweifeln, ob Ranariddh<br />
innerhalb der wenigen Monate bis zu<br />
den nächsten Nationalwahlen das Ruder tatsächlich<br />
noch einmal herumreißen kann.<br />
Bei den Wählern zumindest hat sich<br />
längst eine Stimmung breitgemacht, derzufolge<br />
die Angehörigen der königlichen Familie<br />
am besten beraten wären, wenn sie sich<br />
ganz aus der Politik zurückzögen, um die<br />
Monarchie mit ihrem Verhalten nicht noch<br />
völlig in Verruf zu bringen.<br />
Sam Rainsy, einer der Hauptkritiker<br />
der FUNCINPEC, geht davon aus, dass es<br />
schon 2008 nur noch zwei große Parteien im<br />
Kampf um die Parlamentsmehrheit geben<br />
werde, nämlich die KVP und seine eigene<br />
SRP. Die FUNCINPEC bestehe mittlerweile<br />
nurmehr aus einer Reihe von Gruppen,<br />
die einander bekämpften.<br />
Auch der Rücktritt Ranariddhs vom<br />
Posten des NV-Präsidenten zeige, wie schwach<br />
die FUNCINPEC inzwischen geworden sei<br />
(Phnom Penh Post, 15/<strong>2006</strong>).<br />
Menschenhandel in<br />
Kambodscha: Auswüchse und<br />
Bekämpfungsstrategien<br />
Eines der trübsten Kapitel im gesellschaftlichen<br />
Leben Kambodschas ist der Menschenhandel,<br />
der vor allem Frauen und Kinder<br />
betrifft und der sich in vier Sphären abspielt,<br />
nämlich in den Bereichen Prostitution und<br />
Pädophilie, Bettelei, Zwangsarbeit und Babyhandel.<br />
Kambodscha ist dabei nicht nur Tatort,<br />
sondern auch Drehscheibe, z.B. für die rund<br />
500 vietnamesischen Frauen und Kinder, die<br />
Jahr für Jahr auf dem Umweg über Kambodscha<br />
nach Thailand oder Malaysia geschmuggelt<br />
werden, wo sie als Prostituierte,<br />
Bettler oder in Fabriken als Kinderarbeiter<br />
eingesetzt werden (XNA, 17.11.04; Radio<br />
Hanoi, in BBC, 17.11.04).<br />
Weitaus schwerer als durch die Drehscheibenfunktion<br />
ist Kambodscha allerdings<br />
durch den notorischen Menschenhandel im<br />
eigenen Land belastet.<br />
Hauptgründe für den weit verbreiteten<br />
Kommerz sind vor allem Armut, mangelnde<br />
Erziehung und häusliche Gewalt, in deren<br />
Folge Kinder oft aus dem Haus vertrieben<br />
werden. In einer regierungsoffiziellen Studie,<br />
die im Januar <strong>2006</strong> erschien, wurden als<br />
Gründe für den Menschenhandel 58% aller<br />
entdeckten Fälle auf Armut und 38% auf<br />
mangelnde Erziehung zurückgeführt.<br />
Besonders gefährdet sind Kinder und<br />
Frauen aus armen ländlichen Familien. Sie<br />
werden von Eltern oder Verwandten nicht<br />
selten direkt an Bordellbesitzer verkauft<br />
oder geraten bei der Suche nach einem Aufenthalt<br />
in kambodschanischen Städten in<br />
die Fänge von Greifern, die sie gegen ein oft<br />
winziges Entgelt an einschlägige Netzwerke<br />
oder direkt an Bordellbesitzer weitervermitteln.<br />
Sehr häufig handelt es sich bei diesen<br />
Vermittlern um Personen, die ein Moped<br />
besitzen und die deshalb ihre Opfer schnell<br />
an die entsprechende Adresse transportieren<br />
können (SCPM, 21.6.04).<br />
Mopedfahrer sind es auch häufig, die<br />
von Nichtregierungsorganisationen oder<br />
von ausländischen Forschern als Befragungsquelle<br />
angezapft werden. Ein Fulbright-Student<br />
an der Königlichen Universität in
86 <strong>Dokumentation</strong><br />
Phnom Penh, Dr. Thomas Steinfatt, will auf<br />
diesem Wege herausgefunden haben, dass<br />
allein in Phnom Penh 5.317 Frauen und<br />
Kinder im Prostitutionsgewerbe tätig waren<br />
(2005) und dass von diesen „Gewerbetreibenden“<br />
vermutlich 1.074 durch Menschenhandel<br />
vermittelt worden seien. Er rechnete diese<br />
Zahlen auf ganz Kambodscha hoch und<br />
kam dabei auf 18.256 Prostituierte, unter<br />
ihnen 2.000 Opfer von Menschenhandel.<br />
Die Methode Steinfatts wurde von einigen<br />
NROen allerdings angezweifelt, da<br />
die wirklichen Zahlen weitaus höher lägen.<br />
Steinfatt konnte jedoch die Seriosität seiner<br />
Forschungsmethoden glaubhaft machen; außerdem<br />
wies er darauf hin, dass er lediglich<br />
auf Prostituierte, nicht jedoch auf Bettler<br />
und Zwangsarbeiter abgestellt habe. Vor allem<br />
wisse niemand besser Bescheid über die<br />
verwickelten Lebensläufe der Prostituierten<br />
als eben diese Mopedfahrer (Phnom Penh<br />
Post, 21.5.-3.6.04).<br />
Ein anderer Aspekt ist die Ausnutzung<br />
von entführten oder gehandelten Kindern<br />
zum Zweck der Bettelei. Hier hat sich in<br />
den vergangenen Jahren ein ziemlich einheitliches<br />
Bild herausentwickelt, nämlich die<br />
Betteltätigkeit kambodschanischer Kinder<br />
im benachbarten Thailand: Seit 2004 hat<br />
Thailand fast jeden Monat rund 500 kambodschanische<br />
Bettelkinder zurück nach Kambodscha<br />
geschickt (AKP, in BBC, 2.7.04).<br />
Im Zusammenhang mit der Ausnutzung<br />
von Kindern oder jungen Frauen zu Billigstlöhnen<br />
in Fabriken oder Werkstätten wird<br />
besonders häufig der Ausdruck „Arbeitsversklavung“<br />
verwendet – ein Terminus, der<br />
wohl den Kern der Sache trifft.<br />
Besonders schwunghaft hat sich in den<br />
vergangenen Jahren der Babyhandel entwickelt,<br />
der, wenn alles gutgeht, für ein Kleinkind<br />
die optimale Lösung einer Adoption<br />
bringen kann, der aber für das Land Kambodscha<br />
(wie Altkönig Sihanouk es ausgedrückt<br />
hat) demütigend wirkt und der nicht<br />
selten auch tragisch endet. Auch hier ist<br />
die Situation meist ziemlich eindimensional:<br />
Mütter, die bereits mehrere Kinder haben,<br />
oder junge Frauen, die lange vor ihrer Hochzeit<br />
ein Kind zur Welt bringen, zeigen sich<br />
nicht selten erleichtert, wenn sie das Angebot<br />
erhalten, ihr Kind im wahrsten Sinne des<br />
Wortes zu verkaufen. Für Transaktionen dieser<br />
Art hat sich bereits ein eigenes Vermittlergewerbe<br />
herausentwickelt. Vermittler dieser<br />
Art kaufen von armen kambodschanischen<br />
Eltern für eine Summe zwischen 20<br />
und 100 US$ ein Kleinkind und veräußern<br />
es dann an adoptionswillige Ausländer für<br />
Summen zwischen 5.000 und 20.000 US$<br />
weiter. Dies ist ein gutes Geschäft, bei dem<br />
auch so mancher Polizist oder Standesbeamte,dervonAmtswegeneigentlichgegen<br />
solche Missbräuche einschreiten müsste,<br />
beide Augen zudrückt, wenn nur das Bestechungsgeld<br />
hoch genug ausfällt (zur Korruption<br />
s.a. SOAa, 2005/6, Dok 19). Nachdem<br />
Transaktionsmethoden dieser Art bekannt<br />
geworden waren, verboten einige Länder,<br />
wie Belgien, die Niederlande, die Schweiz<br />
und schließlich auch die USA, die Adoption<br />
kambodschanischer Kinder: Es bestehe die<br />
Gefahr, dass die Säuglinge gekauft, gestohlen,<br />
mit falschen Papieren über die Grenze<br />
gebracht oder sonst auf illegale Weise an adoptionswillige<br />
Eltern gekommen seien. Solche<br />
Praktiken dürfe man nicht dulden, da sie
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 87<br />
u.a. auch Menschenrechte verletzten (WSJ,<br />
7.3.04, 4.3.04, 24.8.04). Selbst kambodschanischen<br />
Gerichten wird kein Vertrauen entgegengebracht.<br />
Vielmehr besteht der Generalverdacht,<br />
dass hier überall Korruption mit<br />
im Spiel sei (IHT, 11.2.97).<br />
Immer wieder taucht die Frage auf, wie<br />
Menschenhandel möglichst zweckmäßig unterbunden<br />
werden könne. Eine Reihe von<br />
Lösungsansätzen hat sich hier in der Zwischenzeit<br />
herauskristallisiert.<br />
Kurzfristig wirkt bspw. der Freikauf<br />
von Kinderprostituierten, wie er nicht selten<br />
von Journalisten oder von wohlhabenden<br />
Reisenden praktiziert wird. Nicolas D.<br />
Kristof von der International Herald Tribune<br />
bspw. kaufte im Januar 2004 zwei Prostituierte<br />
im Teenageralter für die Summen von<br />
150 und 203 US$ frei und brachte sie zu<br />
ihren Eltern zurück. Von einem NRO-Mitglied<br />
ließ er sich darüber informieren, dass<br />
bei einer solchen Transaktion zwei Gebote<br />
unbedingt zu beachten seien, nämlich erstens<br />
Stillschweigen über die Bordellvergangenheit<br />
und zweitens die Beschaffung einer<br />
beruflichen Stellung, die es den Opfern ermöglicht,<br />
sich fortan selbst zu unterhalten<br />
(IHT, 26., 29.1.04). Die beiden Mädchen waren<br />
übrigens zur Zeit des Rückkaufs gerade<br />
einmal 17 Jahre alt – für Kristof ein klarer<br />
Beweis, dass junge Frauen vom Lande nach<br />
wie vor eine für westliche Beobachter kaum<br />
vorstellbare niedrige Position in ihrer Gesellschaft<br />
haben.<br />
Schon etwas wirksamer für die Bekämpfung<br />
des Übels sind Kampagnen, wie sie von<br />
der Phnom Penher Regierung immer wieder<br />
gestartet werden, und zwar vor allem mit<br />
Mitteln der Aufklärung. Zuständig hierfür<br />
ist das im April 2000 gegründete Koordinationskomitee<br />
gegen sexuelle Ausbeutung und<br />
gegen Frauen- und Kinderhandel. 2002 hat<br />
das Innenministerium zusätzlich eine Sonderabteilung<br />
für die Bekämpfung des Menschenhandels<br />
eingerichtet, und im Oktober<br />
2000 war bereits eine nationale Hotline flankierend<br />
hinzugekommen (XNA, 17.3.05).<br />
Die US-Regierung hat im Juni 2004 eine<br />
Summe von 5,6 Mio. US$ bereit gestellt,<br />
um den Behörden bei der Bekämpfung des<br />
Menschenhandels zu helfen, doch kamen der<br />
Geberin schnell Zweifel an einer entschlossenen<br />
Durchsetzung der Bekämpfungspolitik,<br />
für die ein korruptionsfreier Beamtenapparat<br />
und eine saubere Justiz geforderlich<br />
gewesen wären. Solche Voraussetzungen allerdings<br />
konnten in Kambodscha nicht entdeckt<br />
werden (WSJ, 15.6.04).<br />
Nachhaltig können hier am Ende nur<br />
langfristige Strategien sein, also die Schaffung<br />
von Arbeitsplätzen, eine bessere Ausbildung<br />
und die Stärkung der Rechte von<br />
Frauen und Kindern. Zu den Rechten der<br />
Kinder gehört bspw. der Anspruch, dass<br />
Journalisten mit Daten betroffener Kinder<br />
taktvoll umgehen und nicht jede Einzelheit<br />
in die Öffentlichkeit hinaustragen (XNA,<br />
23.4.04). Jedes Kind habe ein Recht auf Würde.<br />
Dies sei schon deshalb nötig, weil mehr<br />
als die Hälfte der 13-Millionen-Bevölkerung<br />
aus Heranwachsenden unter 20 Jahren und<br />
Kindern bestehe und weil es hier letztlich<br />
um die Zukunft Kambodschas gehe (XNA,<br />
1.1.05). Diese Jugend aber werde von zwei<br />
Gefahren besonders bedroht, nämlich von<br />
Drogenmissbrauch und – eben – von Menschenhandel<br />
(XNA, 17.3.06).
88 <strong>Dokumentation</strong><br />
Was Frauen anbelangt, so bestreiten sie<br />
an der 13-Millionen-Bevölkerung Kambodschas<br />
nicht weniger als 52%, von denen<br />
wiederum 80% in ländlichen Gebieten leben.<br />
Auch ihre Rechte müssten gestärkt werden,<br />
zumal sie in der Landwirtschaft die Hauptarbeit<br />
leisteten und auch 90% der zz. rund<br />
270.000 Textilarbeiter stellten. Außerdem<br />
wurden 2003 12% der Frauen in die Nationalversammlung<br />
gewählt, und überdies sind<br />
18% der Senatoren weiblich (XNA, 7.3.05).<br />
Vor allem König Sihanouk zeigt sich immer<br />
wieder besonders empört über den Umgang<br />
mit den Kindern und Frauen Kambodschas.<br />
Seiner Kenntnis nach gebe es 250.000<br />
Frauen und Kinder, die jedes Jahr in Kambodscha<br />
und über Gesamtsüdostasien hinweg<br />
gehandelt würden (XNA, 7.4.04).<br />
Die Menschenrechtslage in<br />
Kambodscha: Geldgeber und<br />
Menschenrechtsorganisationen<br />
im Dissens<br />
Am 2./3. März <strong>2006</strong> war „Zahltag“ in Kambodscha:<br />
Zum ersten Mal seit 2004 nämlich<br />
traten die Geberländer endlich wieder zu ihrer<br />
Kambodscha-Tagung zusammen, bei der<br />
entschieden werden sollte, wie viele Mittel<br />
dem Land im Zeitraum von <strong>2006</strong> bis 2008<br />
zur Verfügung gestellt werden sollten.<br />
Die Geberkonferenzen (Annual Donor<br />
Meetings) finden seit 1996 an wechselnden<br />
Orten – lange Zeit abwechselnd in Tokyo<br />
und Paris, seit 2002 ständig in Phnom Penh<br />
– statt. An ihnen nehmen sowohl bilaterale<br />
(u.a. Japan, Deutschland, Frankreich etc.) als<br />
auch multilaterale Geber (Weltbank, IWF,<br />
ADB) teil. 2003 war die Tagung zum ersten<br />
Mal ausgefallen, da sich Kambodscha damals<br />
(d.h. nach den Wahlen von 2003) monatelang<br />
auf keine neue Regierung hatte einigen<br />
können. Es dauerte damals bis zum 6./7. Dezember<br />
2004, ehe die Gruppe wieder zusammentrat,<br />
um über Hilfeersuchen in Höhe<br />
von 1,8 Mrd. US$ für den Gesamtzeitraum<br />
von 2005 bis 2007 zu beraten. Zugesagt wurden<br />
dann für den Zeitraum 2005 lediglich<br />
504 Mio. US$ – 20% weniger als erbeten.<br />
Diese Zurückhaltung hing damit zusammen,<br />
dass zahlreiche Vorgaben von Phnom Penh<br />
nicht eingehalten worden waren. Weder war<br />
es zum Erlass eines Antikorruptionsgesetzes<br />
noch zur Verfolgung schwerwiegender<br />
Korruptionsfälle noch zur Errichtung eines<br />
Single Window für die Abwicklung von Exund<br />
Importgeschäften und auch nicht zur Erhöhung<br />
der Ausbildungsausgaben auf 3,27%<br />
des BIP gekommen (Einzelheiten dazu in<br />
SOAa, 2005/2, Dok 15).<br />
Im Hinblick auf das Gebertreffen von<br />
<strong>2006</strong> waren der kambodschanischen Politik<br />
vor allem drei Hausaufgaben aufgegeben<br />
worden, nämlich eine Stärkung der Herrschaft<br />
des Gesetzes, Maßnahmen zur Schaffung<br />
unabhängiger Gerichtshöfe und die Absicherung<br />
der Menschenrechte.<br />
Bereits im Vorfeld der Konferenz aber<br />
hatten fünf Menschenrechtsorganisationen<br />
in einem offenen Appell die Mitglieder der<br />
Geberkonferenz darauf hingewiesen, dass (1)<br />
zwar zusätzliche Gesetze erlassen worden<br />
seien, dass diese neuen Bestimmungen aber<br />
nicht umgesetzt würden, abgesehen davon,<br />
dass ein Antikorruptionsgesetz immer noch<br />
ausstehe. Ferner (2) sei das Justizsystem immer<br />
noch in einem heillosen Zustand und<br />
weit davon entfernt, korruptionsfrei zu sein.
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 89<br />
Nicht zuletzt aber (3) fehle es gänzlich an<br />
Good Governance. Stattdessen habe gerade<br />
Hun Sen in den vorangegangenen Monaten<br />
wieder einmal gezeigt, wie man Oppositionelle,<br />
die von ihrer Redefreiheit und von<br />
ihrem Oppositionsrecht Gebrauch machen,<br />
durch Verleumdungsklagen zum Schweigen<br />
bringen kann. Der Versuch der Hun-Sen-Regierung,<br />
mit immer autoritäreren Mitteln<br />
zu regieren, sei für jedermann unübersehbar,<br />
der sich mit der kambodschanischen Szene<br />
beschäftige. Seit 1993, d.h. also seit nunmehr<br />
13 Jahren, werde am Aufbau demokratischer<br />
Verhältnisse gearbeitet, doch müsse man den<br />
Eindruck gewinnen, dass die Entwicklungen<br />
nicht in die Zukunft, sondern eher zurück<br />
in die Vergangenheit wiesen.<br />
Ein unschöner Beweis für die ganz und<br />
gar undemokratische Einstellung der Regierung<br />
sei übrigens auch jene gehörige Portion<br />
von Zynismus, die sich darin offenbare, dass<br />
die Regierung sich herabgelassen habe, in<br />
letzter Sekunde vor Beginn der Geberkonferenz<br />
vier Menschenrechtsaktivisten aus der<br />
Haft zu entlassen und gleichzeitig die parlamentarische<br />
Immunität von Oppositionspolitikern<br />
wie Sam Rainsy wiederherzustellen<br />
(SCMP, 4.3.06).<br />
Allerdings gibt es auch andere Juroren,<br />
die Kambodscha nicht nach westlichen Maßstäben<br />
beurteilen, sondern sein Verhalten<br />
vor dem Hintergrund der Khmer-Rouge-Vergangenheit<br />
bewerten und dabei, allen Einzeleinwendungen<br />
zum Trotz, doch von einer<br />
im Großen und Ganzen positiven Entwicklung<br />
ausgehen.<br />
Zu dieser alternativen Bewertung scheinen<br />
mittlerweile auch die Geber gekommen<br />
zu sein, denn sie sagten bei ihrer Tagung am<br />
3. März für <strong>2006</strong> eine Summe von immerhin<br />
601 Mio. US$ zu. Am großzügigsten erwies<br />
sich dabei die EU mit einem Beitrag von<br />
164 Mio. US$, gefolgt von Japan (115 Mio.<br />
US$) und der Weltbank (53 Mio. US$). Diese<br />
Entscheidung des 8. Gebertreffens wurde<br />
von der kambodschanischen Regierung<br />
als großer Erfolg gewertet, da sie diesmal<br />
mehr erhalten als (in einer Gesamthöhe von<br />
513 Mio. US$) erbeten hatte. Das zweitägige<br />
Treffen beschäftigte sich mit Fragen der Entwicklung,<br />
des Wachstums, der Reform und<br />
der Armutsbekämpfung und legte die Messlatte<br />
der 2005 Joint Monitoring Indicators<br />
an. Die Regierung musste für eine Reihe von<br />
Defiziten zwar Schelte einstecken, am Ende<br />
aber wurden ihre Erfolge doch positiver<br />
bewertet, als es angesichts zahlreicher Gravanima<br />
zunächst einmal zu erwarten gewesen<br />
wäre.<br />
Teilgenommen an der Konferenz hatten<br />
zwölf Partnerländer, sechs Beobachterländer,<br />
fünf internationale Organisationen und die<br />
Regierung (XNA, 3.3.06).<br />
Mit den neuen Beschlüssen wurde eine<br />
Tradition fortgesetzt, die bis auf das Jahr<br />
1996 zurückreicht und in deren Gefolge<br />
rund die Hälfte des kambodschanischen Nationalhaushalts<br />
mit internationaler Hilfe alimentiert<br />
wird. Angesichts dieser Abhängigkeit<br />
ist die Phnom Penher Regierung gezwungen,<br />
vor jedem Jahrestreffen eine möglichst<br />
günstige Bilanz vorzuweisen. Dies ist<br />
ein wichtiges Korrektivinstrument, das nach<br />
Meinung der Geber funktioniert, obwohl<br />
gleichzeitig immer wieder zahlreiche Verstöße<br />
festgestellt werden müssen: Entwicklungshilfe<br />
als ein Instrument geduldiger Erziehung.
90 <strong>Dokumentation</strong><br />
Laos<br />
Oskar Weggel<br />
Der VIII. Parteitag als Indikator<br />
strikter politischer Kontinuität<br />
Vom 18. bis 21. März <strong>2006</strong> hielt die Laotische<br />
Revolutionäre Volkspartei (LRVP) –<br />
die einzige legale politische Vereinigung des<br />
Landes – ihren satzungsgemäß alle fünf Jahre<br />
stattfindenden Parteikongress ab, wobei<br />
sie die bei solchen Veranstaltungen üblichen<br />
vier Aufgaben abarbeitete, nämlich (1) Rechenschaftslegung<br />
über das seit dem vorangegangenen<br />
Parteitag Erreichte, (2) Erlass<br />
des neuen (6.) Fünfjahresplans (<strong>2006</strong>-2010),<br />
(3) Neuwahlen zum Politbüro und zum ZK<br />
sowie (4) kleinere Änderungen an der Parteisatzung<br />
(XNA, 18.3.06).<br />
Die LRVP war 1955 aus der Taufe gehoben<br />
worden und zählt gegenwärtig rund<br />
148.000 Mitglieder, von denen 498 am VIII.<br />
Kongress teilnahmen.<br />
Der Parteitag fand im 20. Reformjahr<br />
statt – mit der Folge, dass während des viertägigen<br />
Kongresses immer wieder auf die<br />
„fundamentalen Änderungen“ hingewiesen<br />
wurde, die sich seit den Reformbeschlüssen<br />
von 1986 eingestellt hätten. Seit damals<br />
hatte die Laoten im Zeichen der Perestroika<br />
(Laotisch: chin tanakan may, wörtlich:<br />
„Neues Denken“) das ABC der Marktwirtschaft<br />
erlernen müssen (Einzelheiten dazu<br />
SOAa, 1991/2, S. 124f.). Auch die Entwicklung<br />
auf dem Weg zu einem Gesetzesstaat<br />
war ein unendlich langer Marsch gewesen,<br />
der sich – ohne besonders überzeugenden Erfolg<br />
– gegen Überzentralisierung, Bürokrati-<br />
sierung und Subventionsorientierung gerichtet<br />
hatte (dazu SOAa, 2002/6, S. 565-568).<br />
Im Großen und Ganzen hatte sich dabei<br />
die Wirtschaft liberalisieren, das politische<br />
System sich jedoch keineswegs aus seinen<br />
autoritären Strukturen herauslösen können.<br />
Häufige Verhaftung politischer Gegner und<br />
Übergriffe gegen religiöse Gruppen, nicht<br />
zuletzt auch gegen laotische Christen, zeigten,<br />
dass die laotische Führung es mit den in<br />
der Verfassung von 1991 festgelegten Grundrechten<br />
nicht allzu ernst meinte. Ebenso<br />
blieb die Führung im Wesentlichen bei ihren<br />
alten Cliquenstrukturen, bei der militärischen<br />
Besetzung des Führungsstabs und bei<br />
ihren baci-Netzwerken (dazu SOAa, 2004/4,<br />
S. 375-388), nicht zuletzt auch bei ihrer Geheimnistuerei<br />
und ihrer Intransparenz, die<br />
es fast unmöglich machte, eine Öffentlichkeit<br />
herzustellen. Bezeichnenderweise erregte<br />
der VIII. Parteitag deshalb, trotz einer Reihe<br />
öffentlicher Zeremonien, kaum Aufmerksamkeit<br />
in der Bevölkerung. Rege Teilnahme<br />
zeigten lediglich Parteimitglieder, um<br />
deren unmittelbare Interessen es ja in der<br />
Tat bei dem viertägigen Kongress ging.<br />
Der VII. Parteikongress der laotischen<br />
Kommunisten hatte vom 12. bis 14. März<br />
2001 stattgefunden. Dabei waren drei Perspektivpläne<br />
(bis 2020, 2010 und 2005) beschlossen<br />
worden, die in ihrer Substanz, d.h.<br />
in ihren Zielsetzungen bis 2020 und 2010,<br />
auch nach dem VIII. Parteitag gültig bleiben:<br />
Danach soll sich Laos bis 2020 von einem<br />
Agrar- zu einem Industrieland entwickelt<br />
haben, wobei stets auf Gleichgewichtigkeit<br />
zwischen den drei Sektoren zu achten sei.<br />
Bis 2010 soll sich das BIP-Wachstum gegenüber<br />
2000 verdoppelt haben – mit der
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 91<br />
Folge, dass das Pro-Kopf-Einkommen i.J.<br />
2010 bei 700-750 US$ läge.<br />
Im 5. Fünfjahresplan (2000-2005) war<br />
ein BIP-Durchschnittswachstum von jährlich<br />
7-7,5%, eine Inflation von jährlich nicht<br />
höher als 1%, eine Stabilisierung des Wechselkurses<br />
des Kip und eine Limitierung des<br />
Haushaltsdefizits pro Jahr auf höchstens 5%<br />
des BIP vorgesehen (ausführlich dazu SOAa,<br />
2001/3, S. 299-309, 302).<br />
Die Führung war sich damals sicher gewesen,<br />
dass diese Ziele erreichbar seien, weil<br />
Laos über vier Vorteile verfüge, nämlich<br />
über reichlich Grund und Boden, über einen<br />
üppigen Waldbestand, über ungewöhnlich<br />
hohe Hydroenergiekapazitäten und über eine<br />
(angeblich) günstige Lage in der Subregion<br />
Festlandsüdostasien, wo sich die LDVR<br />
von dynamisch wachsenden Nachbarn umgeben<br />
sieht.<br />
Allerdings gab es auch viele Hürden und<br />
Bremsklötze, nämlich Schwächen im Finanzsystem<br />
(Abhängigkeit von Auslandsfinanzierungen;<br />
rund die Hälfte des Staatshaushalts<br />
muss von fremden Gebern getragen werden)<br />
und Fehlentwicklungen wie das Fortbestehen<br />
der Schwendwirtschaft, des Opiumanbaus<br />
sowie der Unsitte, übermäßig viel Holz<br />
einzuschlagen.<br />
Wieder einmal konnten die Ziele des<br />
5. Fünfjahresplans nicht gänzlich erreicht<br />
werden: Erzielt wurde aber immerhin ein<br />
BIP-Jahreswachstum von rund 6%, und auch<br />
die Inflations- sowie die Schuldenbegrenzung<br />
nach oben wurde eingehalten. Nicht<br />
zuletzt aber hat das Land sein Pro-Kopf-Einkommen<br />
von 76 US$ pro Kopf i.J. 1975 auf<br />
438 US$ i.J. 2005 steigern können (VT.com,<br />
2.3.06). Für <strong>2006</strong> trauen die Sachverständi-<br />
gen des IWF der LDVR ein Wachstum von<br />
immerhin 7,1% zu: Immerhin könnten sich<br />
die Elektrizitätsexporte nach Thailand erhöhen,<br />
könne der Gold- und Kupferbergbau<br />
zulegen und auch der Tourismus weiter ansteigen<br />
(VT.com, 22.3.06).<br />
Der neue Fünfjahresplan fasst Wachstumsraten<br />
zwischen 7,5% und 8% p.a. bis<br />
2010 ins Auge. Neben dem hohen Wachstum<br />
werde besonderer Wert auf den Umweltschutz,<br />
auf den weiteren Ausbau der Infrastruktur,<br />
auf die Entwicklung des Dienstleistungswesens,<br />
auf Verwaltungsreformen,<br />
auf die Zusammenarbeit mit anderen Ländern<br />
und auf den Ausbau einer starken Verteidigung<br />
gelegt, hieß es am 19. März.<br />
Und die Personalerneuerung? Zumindest<br />
beim Politbüro wird weiterhin das Warteschlangenprinzip<br />
angewendet. Wie beim<br />
VII. Parteitag wurden auch diesmal elf Politbüromitglieder<br />
gewählt – genauer: Bestätigt<br />
in ihrem Amt wurden neun, einer trat<br />
zurück, und zwei kamen als Neulinge ins<br />
Politbüro, wobei einer der Neuen, übrigens<br />
erstmals eine Frau, die Vakanz eines Verstorbenen<br />
übernahm. Hierbei handelte es sich<br />
um Pany Yatortho, Tochter des Nationalhelden<br />
Yatortho (N, 22.3.06).<br />
Die wichtigste Entscheidung war der<br />
Rücktritt der bisherigen Nummer eins,<br />
Khamtay Siphandone, der das Amt des Vorsitzenden<br />
seit dem Tode des „laotischen Mao<br />
Zedong“, Kaysone Phomvihan (gestorben<br />
1992) bekleidet hatte. Der 82-Jährige trat<br />
glaubhaft aus gesundheitlichen Gründen zurück.<br />
An seiner Stelle wurde die bisherige<br />
Nummer drei der Führung – und seines<br />
Zeichens auch stellvertretender Staatsprä-
92 <strong>Dokumentation</strong><br />
sident –, Choummaly Sayasone, zum neuen<br />
„Parteigeneralsekretär“ ernannt. Der Titel<br />
ist eine Rückkehr zur früheren Bezeichnung,<br />
nachdem zwischendurch von „Parteipräsident“<br />
die Rede gewesen war. Tiefere Bedeutung<br />
hat diese Nomenklatur allerdings<br />
nicht.<br />
Auch Choummaly ist nicht mehr der<br />
Jüngste und hat bereits die 70-Jahr-Grenze<br />
überschritten. Darüber hinaus ist er kein<br />
Unbekannter: Dem Politbüro gehört er seit<br />
dem III. Parteikongress von 1981 an. Beim<br />
VI. Parteitag (1996) hatte er den Rang einer<br />
Nummer drei erklommen. Außerdem<br />
ist er seit Jahren Verteidigungsminister der<br />
LDVR und damit ein weiterer lebender Beweis<br />
dafür, dass sich die politische Elite in<br />
Laos die Spitzenführung offensichtlich nicht<br />
ohne überwiegend militärische Beteiligung<br />
vorstellen kann. Schon im VII. ZK hatten<br />
acht der elf Politbüromitglieder militärische<br />
Ränge innegehabt – mittlerweile sind es sieben.<br />
Üblich ist es in der laotischen Führung<br />
außerdem, das Amt des Parteivorsitzenden<br />
und den Posten des Staatspräsidenten in Personalunion<br />
zu besetzen. Auch bei Choummaly<br />
wird dies demnächst in diesem Sinne<br />
gehandhabt werden, und zwar nach der<br />
Wahl der nächsten Nationalversammlung.<br />
Auch zeigt sich wieder einmal eine Grundtendenz<br />
des Systems – nämlich Kontinuität,<br />
Kontinuität und Kontinuität.<br />
Auch der Altersdurchschnitt spricht für<br />
die Betonung der Stabilität und liegt auch<br />
diesmal bei über 70 Jahren (zum Vgl. dazu<br />
SOAa, 2001/3, S. 305f.).<br />
Eine Verjüngung und eine Personalrotation<br />
fanden lediglich auf Stufe zwei der<br />
laotischen Führung, nämlich beim ZK, statt.<br />
Hier wurde ein Drittel der 55 Mitglieder<br />
durch jüngeres Personal ausgetauscht, ohne<br />
dass hierfür allerdings von der geheimnistuerischen<br />
Publikationspolitik nähere Angaben<br />
gemacht worden wären.<br />
In seiner Abschiedsrede vom 19. März<br />
wies der scheidende Parteivorsitzende Khamtay<br />
darauf hin, dass die kommunistische Partei<br />
das Schicksal der LDVR seit nunmehr 51<br />
Jahren steuere und dass sie, trotz der vielen<br />
reformerischen Veränderungen, die inzwischen<br />
erfolgten, doch für Stabilität und Ruhe<br />
im Lande gesorgt habe (XNA, 19.3.06).<br />
Die LRVP werde die Führung im Lande<br />
auch weiterhin behalten (VT.com, 22.3.06).<br />
Die Ein-Parteien-Herrschaft und die janusköpfige<br />
Politik wirtschaftlicher Liberalisierung<br />
bei gleichzeitig fortbestehendem Autoritarismus<br />
dürften demzufolge auch weiterhin<br />
an der Tagesordnung bleiben.<br />
Auch von Sozialismus war immer wieder<br />
die Rede. Dieser Begriff war bekanntlich<br />
zur Zeit des Erlasses der Staatsverfassung<br />
i.J. 1991 sorgfältig ausgespart worden, ist<br />
dann allerdings langsam wieder zurückgekehrt.<br />
In der Tat betrachtet sich Laos heutzutage<br />
wieder als einer der noch fortbestehenden<br />
fünf kommunistischen Staaten (China,<br />
Kuba, Nordkorea, Vietnam und Laos).<br />
NV-Wahlen am 30. April <strong>2006</strong><br />
Am 23. Januar <strong>2006</strong> gab die Nationalversammlung<br />
bekannt, dass die nächsten<br />
Wahlen zur Nationalversammlung bereits<br />
am 30. April <strong>2006</strong> stattfinden sollen – ein<br />
Jahr vor dem verfassungsgemäßen Termin.<br />
Immerhin sieht Art. 41 II der laotischen Ver-
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 93<br />
fassung von 1991 ja eine Legislaturperiode<br />
von fünf Jahren vor, so dass im Anschluss<br />
an die 5. Wahlen vom 24. Februar 2002 eigentlich<br />
erst im Februar 2007 gewählt werden<br />
dürfte. Angesichts der als neu und ungewöhnlich<br />
empfundenen Herausforderungen<br />
beschloss die Nationalversammlung jedoch<br />
Anfang November 2005 mit dem vorgesehenen<br />
Eindrittelquorum, dass die Wahl vorgezogen<br />
werden solle.<br />
Gleichzeitig soll die Zahl der Sitze im<br />
Abgeordnetenhaus in der 6. Legislaturperiode<br />
von 109 auf 113 bis 115 angehoben werden.<br />
Dies hänge mit dem starken Bevölkerungswachstum<br />
zusammen. Ein Parlamentarier<br />
repräsentiert 50.000 Wähler.<br />
Um die erweiterten Sitze sollen sich insgesamt<br />
175 Kandidaten bewerben, die üblicherweise<br />
von der Dachorganisation der<br />
Massenorganisationen, nämlich der Vereinigung<br />
für nationalen Aufbau, handverlesen<br />
werden (VT.com, 7.3.06).<br />
Eine der ersten Aufgaben des neuen<br />
Parlaments wird es sein, über den Fünfjahresplan<br />
<strong>2006</strong>-2010 abzustimmen, aber auch<br />
über den Tourismusplan <strong>2006</strong>-2020 sowie<br />
über die Erziehungsstrategie zwischen <strong>2006</strong><br />
und 2015 (VT.com, 2.3.06). Insgesamt soll<br />
die neue Nationalversammlung die Aufgaben<br />
besser in den Griff bekommen, die der<br />
LDVR im 21. Jahrhundert bevorstehen. Immerhin<br />
handelt es sich hier um eines der<br />
ärmsten Länder Asiens, das nach wie vor<br />
weitgehend von ausländischer Hilfe abhängig<br />
ist und das deshalb für Entwicklungsprobleme<br />
ein ganz besonderes Fingerspitzengefühl<br />
entwickeln muss (dazu VT.com,<br />
28.3.06).<br />
Damit sich möglichst viele Wähler am<br />
Urnengang beteiligen, sollen Landbewohner<br />
selbst aus den abgelegensten Gebieten<br />
zu den Wahlkabinen transportiert werden<br />
– zum Teil unter Einsatz von Armeehubschraubern<br />
(dazu VT.com, 13.2.06).<br />
Die Wahlkämpfer wurden aufgefordert,<br />
nicht gegeneinander zu Felde zu ziehen, sondern<br />
sich – frei von jeder Polemik – ganz einfach<br />
nur den Wählern vorzustellen. Zu den<br />
Kandidaten gehören auch 99 Frauen (WSJ,<br />
2., 6.3.06).<br />
Malaysia<br />
Howard Loewen<br />
Der neunte Entwicklungsplan<br />
Premierminister Abdullah Badawi hat Anfang<br />
April den neunten Entwicklungsplan<br />
dem Parlament vorgelegt. Der Plan, der von<br />
der staatlichen Wirtschaftsentwicklungsbehörde<br />
(Economic Development Plan Unit,<br />
EDU) und Vertretern der Privatwirtschaft<br />
ausgearbeitet worden war, hat zum Ziel, Malaysias<br />
Entwicklung zu einem Industriestaat<br />
zu beschleunigen. Um dieses Ziel zu erreichen,<br />
hat der Plan fünf Funktionen zu erfüllen:<br />
1) Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen<br />
Wertschöpfung, 2) Optimierung der Wissens-,<br />
Kreativitäts- und Innovationskapazitäten,<br />
3) Abbau sozialer und ökonomischer<br />
Ungleichgewichte, insbesondere des eklatanten<br />
Stadt-Land-Gefälles, 4) Verbesserung<br />
des Lebensstandards, 5) Konsolidierung des<br />
staatlichen Dienstleistungsnetzwerks.<br />
Ausgewählte Sektoren, die besonders intensiv<br />
gefördert werden sollen, sind Agrar-
94 <strong>Dokumentation</strong><br />
wirtschaft, Tourismus, Hafeninfrastruktur<br />
sowie Bildung. Der neunte Entwicklungsplan<br />
umfasst ein Volumen von rund 46 Mrd.<br />
Euro. Im Gegensatz zu älteren Entwicklungsprogrammen<br />
unter Mahathir, die primär<br />
dem Aufbau z.T. prestigeträchtiger Infrastruktur<br />
dienten, stehen nun eher weiche<br />
Faktoren wie die Förderung von Humankapital<br />
als Antwort auf die Herausforderungen<br />
der Globalisierung im Mittelpunkt staatlicher<br />
Lenkungsbemühungen (ST, 12.04.06;<br />
NfA, 06.04.06, WSJ, 30.03.06)<br />
Malakka Straße: keine<br />
terroristische Bedrohung?<br />
Anlässlich der offiziellen Einweihung einer<br />
neuen Küstenüberwachungsbehörde (Malaysian<br />
Maritime Enforcement Agency, MMEA)<br />
ließ Malaysias Vizepremierminister Najib<br />
Razak im April verlauten, dass die Straße<br />
von Malakka nicht durch terroristische<br />
Gruppen bedroht sei. Entgegen allzu negativen<br />
Einschätzungen westlicher Staaten<br />
sowie von Versicherungsgesellschaften wie<br />
Lloyds, die kürzlich die Straße von Malakka<br />
als Risikoregion einstufte, gebe es nur vereinzelte<br />
Fälle von Piraterie, jedoch ohne terroristischen<br />
Hintergrund. So sei im Dezember<br />
2005 nur ein Boot überfallen worden,<br />
einJahrzuvorwarenesnoch18.Auchdas<br />
internationale Schifffahrtsbüro (International<br />
Maritime Bureau) sieht eine signifikante<br />
Abnahme der Überfälle, wenngleich in etwas<br />
anderer Größenordnung, nämlich von<br />
38 (2004) auf 12 im Jahre 2005. Der Vizepremier<br />
betonte ferner, dass die Aktivitäten<br />
der MMEA kurz- und mittelfristig zu einer<br />
besseren Überwachung und somit zu einer<br />
verbesserten Sicherheitslage an der 4.500 km<br />
langen Küstenlinie Malaysias führen würden.<br />
Die MMEA verfügt zur Zeit über 1.200<br />
Mitarbeiter. Mittelfristig soll die Flotte der<br />
Behörde auf rund 100 Schiffe ausgebaut werden.<br />
Die negative Einschätzung der Sicherheitslage<br />
in der Malakka Straße hat zu einer<br />
signifikanten Anhebung der Versicherungsprämien<br />
für jene Schiffe geführt, welche<br />
die Straße passieren. Dies führt zu erhöhten<br />
Kosten für die Reedereien und letztendlich<br />
für die Konsumenten, die höhere Preise<br />
für die importieren Waren bezahlen müssen.<br />
Die Straße von Malakka ist der wichtigste<br />
Seeweg in <strong>Südostasien</strong>. Rund 30% des<br />
gesamten Welthandels passieren die Straße.<br />
Sie verbindet die Andamensee mit dem Südchinesischen<br />
Meer und der Javasee. Sie ist<br />
800 km lang und an ihrer engsten Stelle nur<br />
knapp 1,5 Seemeilen breit. (WSJ, 21.03.06)<br />
Proton verhandelt mit Chery<br />
Der malaysische Automobilhersteller Proton<br />
verhandelt zur Zeit mit dem chinesischen<br />
Autoproduzenten Chery über die Bildung<br />
einer Allianz, die einen Austausch von<br />
Produktionskapazitäten beinhalten könnte.<br />
Angedacht ist der Aufbau einer Chery-Produktion<br />
in Malaysia und ein entsprechendes<br />
Proton-Werk in China. Für das staatlich<br />
gelenkte malaysische Unternehmen würde<br />
der Zugang zum großen chinesischen Binnenmarkt<br />
eine gute Chance auf Konsolidierung<br />
des Unternehmens bieten. Nachdem<br />
Gespräche mit deutschen und japanischen<br />
Herstellern nicht erfolgreich verlaufen sind,<br />
versucht Proton neben China auch mit Indi-
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 95<br />
en über entsprechende Verträge zu verhandeln.<br />
(ST, 31.03.06; 30.03.06)<br />
Großer Computerhersteller<br />
investiert im Multimedia Super<br />
Corridor (MSC)<br />
Das Computerunternehmen Dell plant, ein<br />
Technologie- und Entwicklungszentrum in<br />
Malaysia aufzubauen. Es sollen rund 1.000<br />
Arbeitsplätze im sogenannten Multimedia<br />
Super Corridor (MSC), einer Sonderwirtschaftszone<br />
für ausländische Hightechunternehmen,<br />
geschaffen werden. Die primären<br />
Produktionsbereiche umfassen Prozessdesign<br />
und Softwareentwicklung. Die Entscheidung<br />
wurde getroffen, nachdem Premierminister<br />
Abduallah Ahmand Badawi<br />
der Konzernzentrale in Round Rock in Texas<br />
einen Besuch abgestattet hatte. Dell, das<br />
den Standort Malaysia vor Irland, den Philippinen<br />
und Indien wählte, hatte bereits im<br />
Jahre 1995 im damals entstehenden MSC<br />
investiert. Wenn sich ein Unternehmen im<br />
MSC ansiedeln möchte, bewirbt es sich bei<br />
der staatlichen Multimedia Development<br />
Cooperation um den MSC-Status. Erhält<br />
es diesen, so kann das Unternehmen von<br />
speziellen Rechten profitieren, u.a. die Einstellung<br />
von Arbeitskräften aus dem Ausland,<br />
unbeschränktes Eigentumsrecht sowie<br />
eine Steuerbefreiung von bis zu zehn Jahren.<br />
Beraten wird das MSC durch ein internationales<br />
Beratungsgremium (International<br />
Advisory Panel, IAP), das sicherstellen soll,<br />
dass ein optimales Maß an Weiterentwicklung<br />
realisiert wird (XNA, 07.05.06).<br />
USA mahnen Malaysia zum<br />
Schutz geistigen Eigentums<br />
Malaysia und die Vereinigten Staaten von<br />
Amerika werden im Juni <strong>2006</strong> Verhandlungen<br />
über ein bilaterales Handelsabkommen<br />
beginnen, das im Laufe des nächsten Jahres<br />
in Kraft treten soll. Ein Problem, das die<br />
Verhandlungen belasten könnte, ist die Tatsache,<br />
dass Malaysia zu den von den USA<br />
identifizierten 36 Ländern gehört, die geistiges<br />
Eigentum (Markenzeichen, Patente, Urheberrechte<br />
etc.) missachten. Die „Business<br />
Software Alliance“, eine von Microsoft, Apple,<br />
Intel und Adobe finanzierte Institution<br />
gegen globale Produkt- und Ideenpiraterie,<br />
vermutet, dass 61% der in Malaysia verwendeten<br />
Computerprogramme illegal seien.<br />
Obschon Fortschritte bei der Bekämpfung<br />
der Piraterie zu verzeichnen seien, gebe es<br />
noch viel zu tun, um das Verhandlungsklima<br />
zu verbessern, so der Vizehandelsminister<br />
der USA, David Sampson. „Intellectual property<br />
rights are a critically important issue<br />
to the U.S. government, U.S. businesses and<br />
in particular, the U.S. Department of Commerce.<br />
It is one of the foundations issues in<br />
all the free trade negotiations that we are engaged<br />
in”, so Sampson weiter. Deshalb trafen<br />
sich Ende April Vertreter Malaysias und Washingtons,<br />
um konkrete Maßnahmen zum<br />
Schutz amerikanischen geistigen Eigentums<br />
in Malaysia zu diskutieren. In diesem Zusammenhang<br />
versprach Malaysia, eine entsprechende<br />
Gerichtsbarkeit aufzubauen, um<br />
die Verletzung von copyright abhandeln zu<br />
können. (WSJ, 25.04.06)
96 <strong>Dokumentation</strong><br />
Myanmar<br />
Marco Bünte<br />
Oppositionspartei unter Druck<br />
Die Oppositionspartei Nationale Liga für<br />
Demokratie (NLD) befindet sich in einer<br />
ernsten politischen Krise. Innenpolitisch<br />
scheint sie immer stärker unter Druck des<br />
Militärregimes zu geraten und bei ihren internationalen<br />
Partnern in der Demokratiebewegung<br />
gerät ihr Kurs vermehrt in die Kritik.<br />
Auf einer Pressekonferenz Ende März<br />
erklärte Informationsminister Kyaw Hsan,<br />
dass die Militärregierung keinen Plan für<br />
einen Dialog mit der NLD habe. Damit<br />
lehnte er einen Vorschlag der NLD vom 12.<br />
Februar ab, der die Freilassung Aung San<br />
Suu Kyis beinhalte und Verhandlungen mit<br />
der Regierung vorsehe und dafür die Anerkennung<br />
des SPDC als Übergangsregierung<br />
beinhalte. Gegenüber dem Gesandten der<br />
ASEAN, Syed Hamid Albar, wiederholten<br />
der Premier- und der Außenminister diese<br />
Position. Einen Monat später ging die Militärregierung<br />
noch einen Schritt weiter und<br />
drohte damit, die Opposition aufgrund ihrer<br />
„vermeintlichen Verbindungen zu illegalen<br />
Gruppierungen“ aufzulösen. Die NLD sei<br />
ein Sprachrohr des Westens und habe keinerlei<br />
Unterstützung bei der Bevölkerung.<br />
Als Beweis führte der Informationsminister<br />
an, dass 29 Mitglieder der NLD ihren Austritt<br />
aus der Partei bekannt gegeben hätten.<br />
Anfang Mai berichtete die staatliche Tageszeitung<br />
The New Light of Myanmar, dass 12<br />
weitere Mitglieder ihre Ämter niedergelegt<br />
hätten. NLD-Sprecher begründeten die Par-<br />
teiaustritte mit dem wachsenden Druck der<br />
Militärregierung auf ihre Organisation.<br />
Die Opposition geriet unterdessen auch<br />
von anderer Seite in die Kritik. So fragte<br />
Zarni, der Sprecher der Free Burma Coalition,<br />
in einem Interview mit dem Radiosender<br />
BBC, inwieweit die NLD ihre Rolle als<br />
Agent des Wandels ausfülle. Er kritisierte,<br />
dass die Demokratiebewegung sich zu stark<br />
auf die westlichen Regierungen gestützt und<br />
es vernachlässigt habe, effektive Strategien<br />
zu erarbeiten. Die Opposition müsste insbesondere<br />
das Sicherheitsbedürfnis des Militärs<br />
anerkennen und von ihrer Forderung nach<br />
einer Anerkennung der Wahlen von 1990<br />
abrücken. (BBC, 2.5.06; Irrawaddy, 30.3.,<br />
27.4., 2.5.06; NLM, 30.3.06; STI, 17.4.06;<br />
WSJ, 26.4.06)<br />
Flüchtlingswelle nach Offensive<br />
im Westlichen Karen-Staat<br />
Die myanmarische Armee setzt seit November<br />
letzten Jahres anscheinend ihre Angriffe<br />
im Karen-Gebiet fort. Meldungen der<br />
KNU zufolge habe es in den letzten Monaten<br />
insbesondere Truppenbewegungen im<br />
westlichen Karen-Gebiet gegeben. Die militärischen<br />
Aktionen haben dabei zu einer<br />
stärkeren Flüchtlingswelle in die Lager an<br />
der myanmarisch-thailändischen Grenze geführt.<br />
Seit November letzten Jahres sind<br />
nach einem Bericht der Free Burma Rangers<br />
mehr als 11.000 Karen nach Thailand<br />
geflohen, um dort Schutz vor den Angriffen<br />
des Militärs zu suchen. Der Sprecher<br />
der internationalen Hilfsorganisation Thailand<br />
Burma Consortium hat der Presse gegenüber<br />
die Flüchtlingsströme bestätigt. Me-
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 97<br />
dienspekulationen zufolge versuchen die Militärs<br />
mit ihrer Offensive, das Hinterland<br />
der neuen Hauptstadt Pyinmana zu sichern.<br />
Regierungsangaben zufolge gibt es jedoch<br />
keine Offensive. So sprach Informationsminister<br />
Kaw Hsan davon, dass es lediglich Sicherheitsmaßnahmen<br />
und Säuberungsaktionen<br />
gegen „Terroristen der KNU im Untergrund“<br />
gebe. Zurzeit halten sich in Lagern<br />
an der thailändisch-myanmarischen Grenze<br />
rund 140.000 Flüchtlinge auf (Irrawaddy,<br />
2.5.06; WSJ, 26.4.06)<br />
Erhöhung der Gehälter der<br />
Beamten<br />
Ende April hat die Regierung die Gehälter<br />
der rund 1 Million Staatsbeamten angehoben.<br />
Die Beamten erhalten Presseberichten<br />
zufolge zwischen 500 und 1.200 Prozent<br />
mehr Sold. Der Sold eines Beamten mit niedrigem<br />
Dienstgrad, der bislang etwa 3.000<br />
Kyat verdiente, wurde auf 15 bis 20.000 Kyat<br />
angehoben. Noch mehr profitieren können<br />
Beamte mit höherem Dienstgrad. Ihr Einkommen<br />
steigt von 10.000 auf 120.000 Kyat<br />
(100 US$). Die Gehaltserhöhungen für Beamte<br />
lassen sich als Reaktion auf die jüngsten<br />
Benzinpreiserhöhungen und als Kompensation<br />
für den Umzug nach Pyinmana<br />
werten. Innerhalb der Beamtenschaft ist die<br />
Frustration über den Umzug in die neue<br />
Hauptstadt groß. Von der Gehaltserhöhung<br />
profitieren auch die etwa 400.000 Mitglieder<br />
der Streitkräfte des Landes.<br />
Die wirtschaftlichen Folgen der Anhebung<br />
der Beamtengehälter sind jedoch immens.<br />
Die ohnehin hohe Inflation könnte<br />
durch die Anhebung der Gehälter weiter<br />
vorangetrieben werden. Seit der Ankündigung<br />
der Gehaltserhöhung Anfang März haben<br />
die Preise für Reis, Speiseöl und andere<br />
Nahrungsmittel um etwa 10 Prozent zugenommen.<br />
Ökonomen befürchten außerdem,<br />
dass das fragile Bankensystem des Landes<br />
erneut in Mitleidenschaft gezogen werden<br />
könnte. Die Regierung scheint wegen<br />
der Entwicklungen zunehmend besorgt. So<br />
kritisierte die staatliche The New Light of<br />
Myanmar die „Gier“ von Goldhändlern und<br />
machte sie für den hohen Goldpreis verantwortlich.<br />
Die Myanmar Times berichtete davon,<br />
dass Ladenbesitzer, die ungerechtfertigt<br />
hohe Preise verlangen, mit einem Lizenzentzug<br />
rechnen könnten. Um die Inflation<br />
einzudämmen, will die Regierung außerdem<br />
den Verkauf von Konsumgütern beschränken.<br />
(FT, 27.3.06; Irrawaddy, 29.3., 1.5.06;<br />
WSJ, 26.3.06)<br />
Ausbruch der Vogelgrippe in<br />
Myanmar<br />
Die Regierung Myanmars hat Mitte März<br />
den ersten Fall des Ausbruches der Vogelgrippe<br />
gemeldet. Betroffen sind insbesondere<br />
die Regionen um Mandalay und Sagain.<br />
Rund 500.000 Tiere wurden bis Mitte April<br />
nach Angaben der Regierung getötet. Nach<br />
Meldungen der Regierung sei die weitere<br />
Ausbreitung der Vogelgrippe dadurch erfolgreich<br />
verhindert worden, sodass die gesperrten<br />
Geflügelfarmen bereits Ende April wieder<br />
freigegeben werden konnten. Nach Angaben<br />
der Welternährungssituation (FAO)<br />
ist die Situation im Lande jedoch ernster als<br />
zunächst angenommen. Da nicht genügend<br />
Mittel zur Diagnose und keine Schutzaus-
98 <strong>Dokumentation</strong><br />
rüstung vorhanden sei, sei der Kampf gegen<br />
das H5N1-Virus sehr schwierig. Auch<br />
wenn das staatliche Fernsehen Informationssendungen<br />
über die Vogelgrippe schalte,<br />
reichten die Informationen nicht aus. Die<br />
Welternährungsorganisation und die Weltgesundheitsorganisation<br />
haben Experten nach<br />
Myanmar geschickt, um die Regierung im<br />
Kampf gegen die Vogelgrippe zu unterstützen.<br />
Die Weltgesundheitsorganisation stellte<br />
darüber hinaus 40.000 US$ an Hilfsgeldern<br />
zur Verfügung, um die Vogelgrippe zu bekämpfen.<br />
(WSJ, 14., 18.3., 4., 20., 21.4.06)<br />
Besuch des ASEAN-Gesandten<br />
in Myanmar<br />
Ende März ist der Gesandte der ASEAN,<br />
der malaysische Außenminister Syed Hamid<br />
Albar, für zwei Tage nach Yangon gereist,<br />
um dort mit den Vertretern des Militärregimes<br />
über die politische Zukunft des Landes<br />
zu sprechen. Hamid Albar sprach mit Premierminister<br />
Soe Win und Außenminister<br />
Nyan Win. Ein Treffen mit der unter Hausarrest<br />
stehenden Oppositionsführerin Aung<br />
San Suu Kyi wurde ihm jedoch untersagt.<br />
Nach Angaben von Hamid Albar spiele weder<br />
die Oppositionspartei NLD noch die<br />
Führerin der Opposition in den politischen<br />
Plänen der Militärjunta eine Rolle. Hamid<br />
Albar bewertete seinen Besuch zwar nicht<br />
direkt als Fehlschlag. Gegenüber der Presse<br />
gab er jedoch zu erkennen, dass er erst<br />
wieder nach Yangon reisen würde, wenn<br />
ihm Gespräche mit allen Teilnehmern ermöglicht<br />
würden.<br />
Beim Treffen der ASEAN-Außenminister<br />
in Bali vom 18. bis 20. April gab Syed<br />
Hamid Albar einen Kurzbericht über seinen<br />
Besuch in Myanmar ab. Er zeigte sich<br />
ratlos darüber, wie die ASEAN mit Myanmar<br />
weiter verfahren sollte: „Wenn Myanmar<br />
sich nicht bewegen möchte, können wir<br />
nichts tun.“ Gleichzeitig lehnte er Forderungen<br />
nach Wirtschaftssanktionen oder einem<br />
Ausschluss ab. „Wir sollten die Beziehungen<br />
zu Myanmar nicht abreißen lassen, sondern<br />
uns positiv engagieren.“ Ähnlich äußerten<br />
sich auch der ASEAN-Generalsekretär Ong<br />
Keng Yong. (BBC, 22.4.06; Irrawaddy, STI,<br />
21.4.06; WSJ, 26.3.06)<br />
Russland-Besuch Maung Ayes:<br />
Verbesserte Kooperation<br />
Der zweite Sekretär des Staatsrates für Frieden<br />
und Entwicklung (State Peace and Development<br />
Council, SPDC), Maung Aye, hat<br />
sich Anfang April zu einem viertägigen Besuch<br />
in Russland aufgehalten. Begleitet wurde<br />
Maung Aye von Außenminister Nyan<br />
Win. Bei dem ranghöchsten Besuch myanmarischer<br />
Politiker seit mehr als 40 Jahren<br />
wurden mehrere Kooperationsabkommen<br />
in den Bereichen Terrorbekämpfung, Wirtschaftsförderung<br />
und Drogenbekämpfung<br />
unterzeichnet. Maung Aye forderte die russische<br />
Wirtschaft dazu auf, verstärkt in Myanmar<br />
zu investieren. „Wir haben Gummi, Gas<br />
und Öl und bieten dadurch zahlreiche Möglichkeiten,<br />
mit russischen Unternehmen zu<br />
kooperieren.“<br />
Das russische Ölunternehmen Zarubezhneft<br />
unterzeichnete eine Absichtserklärung<br />
mit dem Energieministerium Myanmars,<br />
die ihnen die Rechte bei der Exploration<br />
von Öl- und Gasvorkommen einräumt.
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 99<br />
Russlands Premierminister Michael Fradkov<br />
sagte gegenüber der Presse, dass Russland<br />
seine Position im asiatisch-pazifischen Raum<br />
ausweiten wolle. Myanmar komme dabei<br />
eine wichtige Stellung zu. Russland hat im<br />
vergangenen Jahrzehnt eine wichtige Rolle<br />
bei der Modernisierung der Streitkräfte<br />
Myanmars gespielt. Außerdem gehört Russland<br />
(zusammen mit China) zu den wichtigsten<br />
internationalen Stützen des Landes.<br />
Erst Anfang des Jahres blockierten die beiden<br />
Staaten das Anliegen der USA, den Fall<br />
Myanmar vor dem Sicherheitsrat zu erörtern.<br />
(WSJ, 3.4.06; NLM, 3.4.06)<br />
Osttimor<br />
Marco Bünte<br />
UN-Bericht: Osttimor weiterhin<br />
ärmstes Land Asiens<br />
Vier Jahre nach Erlangung der staatlichen<br />
Unabhängigkeit bleibt Osttimor das mit Abstand<br />
ärmste Land Asiens. Trotz sozialer<br />
und politischer Errungenschaften und unerschlossener<br />
Öl- und Gasvorkommen steht<br />
dem Land nach Aussagen des UN-Entwicklungsprogramms<br />
weiterhin ein beschwerlicher<br />
Weg bevor. Der UN-Bericht Der Weg<br />
aus der Armut kommt zu dem Ergebnis,<br />
dass nach dem Abzug des UN-Personals die<br />
Wirtschaft des Landes weiter geschrumpft<br />
sei. Die Wirtschaftsindikatoren lägen weit<br />
hinter denen der Nachbarstaaten zurück.<br />
Die Hälfte der eine Million Einwohner hat<br />
kein sauberes Trinkwasser, die Bevölkerung<br />
wächst um fast 3 Prozent und damit noch<br />
schneller als auf den Philippinen. Die Lebenserwartung<br />
lag 2004 bei durchschnittlich<br />
55 Jahren und damit um fünfzehn Prozent<br />
niedriger als der asiatische Durchschnitt. 90<br />
von 1.000 Kindern sterben im ersten Lebensjahr.<br />
Die Situation habe sich in den letzten<br />
Jahren kaum verbessert, stellt der UN-Bericht<br />
fest. Für eine zukünftige Entwicklung<br />
sei jedoch Wachstum vonnöten. Ansätze<br />
hierfür seien in der Landwirtschaft gegeben,<br />
in der drei Viertel der arbeitenden Bevölkerung<br />
tätig sind. Insgesamt sind Investitionen<br />
von 40 Millionen Euro nötig, um ein<br />
Wirtschaftswachstum von fünf bis sieben<br />
Prozent erzielen zu können. Damit könne<br />
die Armut bis 2015 um ein Drittel gesenkt<br />
werden. Der UN-Bericht hält dies in Anbetracht<br />
der voraussichtlichen Einnahmen aus<br />
dem Handel mit Öl und Gas „technisch und<br />
finanziell“ für machbar. (WSJ, 8.3.06; SCMP,<br />
10.3.06)<br />
Philippinen<br />
Howard Loewen<br />
Autoritärer Rückfall: Staat übt<br />
Druck auf Presse aus<br />
Die bislang freieste Presselandschaft in Asien<br />
gelangt immer mehr unter staatlichen<br />
Druck, wobei dieser eher subtiler Art ist.<br />
So wurden zwar noch keine Journalisten<br />
inhaftiert und keine Zeitung verboten. Bislang<br />
stehen lediglich zwei Mitarbeiter der<br />
Tageszeitung The Tribune wegen Aufruhrs<br />
bzw. Rebellion unter Anklage. Es ist vielmehr<br />
die Unsicherheit, ob man beobachtet
100 <strong>Dokumentation</strong><br />
wird oder gar kurz vor einer Verhaftung<br />
steht, so Journalisten in Manila. Maria Ressa,<br />
Vizepräsidentin des Nachrichtensender<br />
ABS-CBS: „You don’t know what’s happening,<br />
but you feel they can move on you at<br />
any time... There is definitely fear and uncertainty...When<br />
government officials say,<br />
‘We have the power to shut you down, we<br />
have the power to look at you content’, it’s<br />
intimidation”. Die Folge sei Selbstzensur, so<br />
Ressa weiter. Der philippinische Staat weist<br />
den Vorwurf der bewusst lancierten Zensurmechanismen<br />
weit von sich und behauptet,<br />
dass es nicht die Presse sei, die einer Zensur<br />
unterworfen werde, sondern nur einige<br />
Journalisten, denen Gesetzesbrüche vorgeworfen<br />
würden. Der Leiter der philippinischen<br />
Nationalpolizei, Ignacio Bunye, sagte<br />
in diesem Zusammenhang, dass die Berichterstattung<br />
„bestimmten Standards“ zu gehorchen<br />
habe, die jedoch von der Regierung<br />
von Fall zu Fall bestimmt werden können.<br />
Genauer: „Action that hurt the Philippine<br />
state by obstructing governance including<br />
hindering the growth of the economy and<br />
sabotaging the people’s confidence in government<br />
and their faith in the future of this<br />
country“. Mit anderen Worten: Durch diese<br />
Aktionen wird die Funktionsfähigkeit einer<br />
der wichtigsten Grundpfeiler der philippinischen<br />
Demokratie stark eingeschränkt. Eine<br />
Autoritarisierung des politischen Systems<br />
scheint bevorzustehen. (ST, 07.03.06; WSJ,<br />
07.03.06; IHT, 01.04.06)<br />
Präsidentin fordert<br />
Systemwechsel<br />
Präsidentin Arroyo hat die Oppositionsmehrheit<br />
im Senat aufgefordert, ihren Widerstand<br />
gegen eine Verfassungsänderung<br />
aufzugeben und damit den Weg zu einer<br />
Umwandlung des präsidialen in ein parlamentarisches<br />
Regierungssystem freizumachen.<br />
Sie argumentiert in diesem Zusammenhang,<br />
dass die Bürger hinter diesem institutionellen<br />
Neuanfang stünden und dass<br />
nur so die Grundlage für eine gute Regierungspolitik<br />
gelegt werden könne. Politische<br />
und gesellschaftliche Kräfte, die gegen<br />
diese Reformschritte agitierten, seien Manifestationen<br />
„zerstörerischer Politik, die<br />
das Land plagten“. Die politische und gesellschaftliche<br />
Opposition, die entgegen der<br />
Einschätzung Arroyos stetig wächst, vertritt<br />
den Standpunkt, dass die Präsidentin den<br />
Wechsel zum Parlamentarismus nur vorantreibe,<br />
um Amtsenthebungsverfahren zu vermeiden.<br />
Diese Kritik wurde bereits an Expräsident<br />
Ramos geübt, der während seiner<br />
Regierungszeit ebenfalls versucht hatte, parlamentarische<br />
Strukturen einzuführen. Einerseits<br />
zeigt dieser Reaktion, dass es eine<br />
kritische Öffentlichkeit gibt, die jedoch z.T.<br />
über mangelnde Weitsicht verfügt und somit<br />
einen rationalen Diskurs über das Für<br />
und Wider eines Regierungssystemwechsels<br />
kaum ermöglicht. (PDI, 05.05.06).<br />
Mai-Demonstrationen gegen<br />
Arroyo<br />
Tausende demonstrierten am 1. Mai in Metro<br />
Manila und anderen Städten der Philip-
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 101<br />
pinen gegen die Regierung Arroyo. Die Forderung<br />
nach Rücktritt stand jedoch gleichberechtigt<br />
neben den üblichen Themen wie<br />
soziale Gerechtigkeit und rechtliche Absicherung<br />
für Arbeitnehmer. Die Demonstrationen<br />
verliefen ruhig: Wenige Demonstranten<br />
trafen auf gut vorbereitete Polizeikräfte.<br />
Allein in Manila wurden 5.000 Polizisten<br />
und 2.000 Soldaten an strategisch wichtigen<br />
Punkten der Hauptstadt postiert, um<br />
eventuelle Unruhen kontrollieren zu können.<br />
Präsidentin Arroyo hatte im Vorfeld<br />
des 1. Mai wiederholt, dass sie gegebenenfalls<br />
nicht vor einer erneuten Erklärung des<br />
Ausnahmezustands zurückschrecken werde.<br />
(PDI, 01.05.06)<br />
Ausnahmezustand als Mittel<br />
der Politik?<br />
Aus Regierungskreisen ist seit der Beendigung<br />
des Ausnahmezustands am 3. März immer<br />
wieder zu vernehmen, dass man nicht<br />
davor zurückschrecken werde, ihn wieder<br />
auszurufen. Da mit dem Ausnahmezustand<br />
auch demokratische Rechte beschnitten werden,<br />
ist es von großer Bedeutung für die<br />
Stabilität der philippinischen Demokratie,<br />
diesen nur im äußersten Notfall, wie es Artikel<br />
2, Absatz 2; Art. 7, Abs. 18 und Art. 12,<br />
Abs. 17 der philippinischen Verfassung vorsehen,<br />
auszurufen. Um dies zu gewährleisten,<br />
kommt auf das Verfassungsgericht eine<br />
eminent wichtige Aufgabe zu: Es prüft nicht<br />
nur die Verfassungskonformität der Ausnahmezustandsproklamation<br />
Nr. 1017, sondern<br />
kann auch die willkürliche Verhängung des<br />
Ausnahmezustandes als Mittel der Politik<br />
in Zukunft verhindern helfen. Das Gericht<br />
könnte das Vertrauen in staatliche Institutionen<br />
erneuern helfen, das durch den Ausnahmezustand<br />
und durch die Einschüchterung<br />
der Presse arg gelitten hat. (WSJ, 05.03.06)<br />
Philippinen und Japan<br />
intensivieren<br />
Währungskooperation<br />
Am 4. Mai haben die Philippinen und Japan<br />
eine Vereinbarung getroffen, ihre bereits<br />
existierende Kooperation zwischen den<br />
jeweiligen Zentralbanken von 3 auf 6,5 Mrd.<br />
US$ zu erhöhen. Die bilaterale Swap-Vereinbarung<br />
dient dem Ziel, finanzielle Ressourcen<br />
bzw. Liquidität zu bündeln, um im Falle<br />
internationaler Spekulationen gegen die eigene<br />
Währung oder die des Vertragspartners<br />
durch entsprechende Stützungskäufe reagieren<br />
zu können. Das erneuerte Abkommen<br />
ermöglicht es Manila, bis zu 6 Mrd. US$<br />
von Japan zu erhalten, umgekehrt kann Japan<br />
500 Mio. US$ von der philippinischen<br />
Zentralbank erhalten.<br />
Auf regionaler Ebene wurde die Intensivierung<br />
der Währungskooperation zwischen<br />
den Zentralbanken von acht asiatischen<br />
Ländern (Japan, Thailand, Malaysia,<br />
Singapur, China, Korea, Indonesien, die<br />
Philippinen) insbesondere von der ASE-<br />
AN+3 vorangetrieben. Insgesamt stehen<br />
dem bilateralen Ressourcennetzwerk nun 75<br />
Mrd. US$ zur Verfügung. Bislang existieren<br />
16 solcher Übereinkünfte, die grundsätzlich<br />
als Reaktion auf die asiatische Finanzkrise<br />
im Jahre 1997 zu erklären sind. (Kyodo New<br />
Service, 04.05.06)
102 <strong>Dokumentation</strong><br />
Thailand<br />
Marco Bünte / Vanessa Biese<br />
Regierungskrise in Thailand:<br />
Parlamentswahlen, Sieg und<br />
Rücktritt Thaksins<br />
Nach der Auflösung des Parlaments Mitte<br />
März haben am 2. April die Wahlen<br />
zum Repräsentantenhaus stattgefunden. Die<br />
Wahlen fanden unter dem Eindruck des monatelangen<br />
Protestes der Demokratiebewegung<br />
in Bangkok, der Volksallianz für Demokratie,<br />
statt. Diese hatte von Anfang Februar<br />
bis in den April regelmäßig zwischen<br />
80.000 und 100.000 Menschen mobilisiert,<br />
die gegen die Herrschaft von Thailands Premierminister<br />
Thaksin demonstrierten. Sie<br />
warfen ihm Amtsmissbrauch und Vermischung<br />
wirtschaftlicher und politischer Interessen<br />
vor und forderten ihn zum Rücktritt<br />
auf. Die Wahlen am 2. April wurden<br />
von den Oppositionsparteien, der Demokratischen<br />
Partei, der Mahachon-Partei und der<br />
Chart Thai-Partei boykottiert. Da in Thailand<br />
Wahlpflicht herrscht, riefen die Oppositionsparteien<br />
die Wähler dazu auf, sich der<br />
Stimme zu enthalten und leere Stimmzettel<br />
abzugeben. Thaksin, der bei der ländlichen<br />
Bevölkerung immer noch über eine<br />
große Beliebtheit verfügt, machte den Ausgang<br />
der Wahl für den Verbleib im Amt abhängig.<br />
Die Wahl geriet damit zum Plebiszit<br />
für Thaksin.<br />
Die Wahlbeteiligung lag mit nur 60 Prozent<br />
niedriger als bei den Wahlen im Januar<br />
2005. Die Thai Rak Thai-Partei erhielt<br />
insgesamt 16 Millionen Stimmen. Dies wa-<br />
ren zwar nur rund 3 Millionen Stimmen<br />
weniger als im Januar 2005 und immerhin<br />
beträchtliche 56 Prozent der Stimmen. Die<br />
Zahl der Enthaltungen war allerdings mit<br />
rund 10 Millionen beträchtlich. Laut Angaben<br />
der Wahlkommission erhielt die Thai<br />
Rak Thai-Partei 459 Sitze. 38 Parlamentssitze<br />
konnten nicht besetzt werden, weil die<br />
Thai Rak Thai-Kandidaten nicht die notwendige<br />
Quote von 20 Prozent der Stimmen auf<br />
sich vereinen konnten. Die Wahlkreise dieser<br />
Kandidaten lagen allesamt (bis auf die<br />
Ausnahme Petchburi im Norden) in den südlichen<br />
Provinzen des Landes, der traditionellen<br />
Hochburg der demokratischen Partei. In<br />
Bangkok stimmten insgesamt mehr Wähler<br />
mit Enthaltung als für die Regierungspartei.<br />
Gleichwohl erreichte die Thai Rak Thai in<br />
jedem Wahlkreis der Hauptstadt mehr als<br />
die erforderlichen 20 Prozent der Stimmen<br />
und konnte damit auch in der Hauptstadt<br />
alle ihre Kandidaten ins nationale Parlament<br />
schicken.<br />
Das Ergebnis beendete die politische<br />
Krise des Königreichs nicht, sondern verschärfte<br />
sie weiter. Beide Lager erklärten<br />
sich zu Siegern. So erklärte Ministerpräsident<br />
Thaksin sich zum Sieger der Wahlen.<br />
Die Opposition bezweifelte eine absolute<br />
Mehrheit der Thai Rak Thai-Partei und verwies<br />
auf die hohe Anzahl von Enthaltungen.<br />
Der Vorsitzende der demokratischen Partei,<br />
Abhisit Vejjajiva nannte den Trend eine Warnung<br />
des Volkes an den Regierungschef.<br />
Zwei Tage nach der Wahl gab Thaksin<br />
seinen Rücktritt bekannt. Nach einer Audienz<br />
beim König, über die keine Details bekannt<br />
wurden, verkündete Thaksin seinen<br />
Rückzug vom Amt. Thaksin begründete den
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 103<br />
Schritt mit dem im Juni dieses Jahres anstehenden<br />
60-jährigen Thronjubiläum des Königs.<br />
Vizepremierminister Chidchai Vanasathidya<br />
wurde von Thaksin zum Übergangspremierminister<br />
ernannt. Thaksin selbst gab<br />
an, sich aus den Regierungsgeschäften zurückziehen<br />
zu wollen. Die Opposition begrüßte<br />
den Schritt. Gleichzeitig herrschte<br />
jedoch eine gewisse Skepsis auf Seiten der<br />
Opposition vor, ob Thaksin sich wirklich<br />
aus der Politik zurückziehen und nicht hinter<br />
den Kulissen weiter die Fäden spinnen<br />
wolle. Chidchai und Thaksin sind alte Bekannte,<br />
die zusammen ihre Ausbildung bei<br />
der Polizei absolvierten und gemeinsam in<br />
den USA studierten. Da Thaksin weiterhin<br />
Parteichef und Unterhausabgeordneter bleiben<br />
will, herrschte innerhalb der Opposition<br />
weiterhin Skepsis über die wahren Absichten<br />
des Premierministers vor.<br />
Die Nachwahlen, die für den 23. April<br />
angesetzt waren, änderten an den Ergebnissen<br />
nichts. In 14 Wahlkreisen konnten aufgrund<br />
der 20-Prozent-Hürde erneut keine<br />
Abgeordneten rechtskräftig gewählt werden.<br />
Die Nationale Wahlkommission setzte eine<br />
erneute Nachwahl an, die am 29. April<br />
stattfinden sollte. Die politische Krise nahm<br />
folglich auch nach der zweiten Runde der<br />
Wahlen kein Ende, da das Parlament auch<br />
nach zwei Wahldurchgängen nicht zusammentreten<br />
konnte.<br />
Angesichts der anhaltenden Krise und<br />
chaotischen innenpolitischen Lage griff der<br />
König ein. Er forderte die obersten Juristen<br />
des Landes auf, einzugreifen und eine Lösung<br />
aus der Verfassungskrise aufzuzeigen.<br />
Mit dem königlichen Machtwort forderte<br />
er die obersten Gerichte zum Handeln auf<br />
und warf ihnen vor, sich der zahlreichen Beschwerden<br />
nicht genügend angenommen zu<br />
haben. Weiterhin bezeichnete er die Wahlen<br />
als undemokratisch, da Bewerber ohne Gegenkandidaten<br />
angetreten waren und im Parlament<br />
lediglich eine Partei vertreten sei.<br />
Auch die Aufforderung der Opposition nach<br />
einem Eingreifen des Monarchen und nach<br />
Einsetzen eines Übergangspremierministers<br />
wies er als undemokratisch ab.<br />
Die Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofes<br />
trafen sich Anfang Mai, um über<br />
die Verfassungskrise zu beraten. Nach Angaben<br />
eines Sprechers des Obersten Gerichtshofes<br />
gibt es grundsätzlich zwei Lösungen<br />
des Problems: Das Richtergremium könnte<br />
entscheiden, dass das neue Unterhaus auch<br />
in unvollständiger Formation zusammentreten<br />
darf. Faktisch wäre dies aber ein Einparteienparlament.<br />
Angesichts der Anmerkungen<br />
des Königs zur Legitimität der Wahlen<br />
erscheint dies unwahrscheinlich. Der Sprecher<br />
des Gerichtshofes schloss auch nicht<br />
aus, die Ergebnisse der bisherigen Wahlen<br />
für ungültig zu erklären. Neuwahlen könnten<br />
so einen Ausweg aus der gegenwärtigen<br />
Regierungs- und Verfassungskrise bringen.<br />
Die Opposition hat bereits angekündigt, bei<br />
Ansetzung von Neuwahlen teilzunehmen.<br />
Vertreter der TRT-Partei wollen sich einer<br />
gerichtlichen Aufhebung der Wahlen widersetzen.<br />
Fraglich erscheint außerdem, wie<br />
sich Thaksin im Falle von Neuwahlen verhält.<br />
Nach seinem Rückzug verbrachte der<br />
Regierungschef seinen „Urlaub“ in zahlreichen<br />
politisch wichtigen Hauptstädten der<br />
Welt. (N, 27., 29.4.06; WSJ, 2., 23., 24.4.06;<br />
ST, 4., 10., 26., 27.4.06; FT, 27.4.06; HB,<br />
30.3.06; FAZ, 3.4.06, NZZ, 1.5.06)
104 <strong>Dokumentation</strong><br />
Senatswahlen<br />
Am 19. April haben die zweiten Senatswahlen<br />
nach Maßgaben der Verfassung von 1997<br />
stattgefunden. Die Verfassung von 1997 hat<br />
den Senat als neutrales und über den Parteien<br />
stehendes Gegengewicht zum Unterhaus<br />
konzipiert. Der Senat besitzt zwar kein Initiativrecht,<br />
sondern hat lediglich das Recht,<br />
Vorlagen zu prüfen, Minister abzusetzen sowie<br />
in gemeinsamer Sitzung mit dem Unterhaus<br />
die Verfassung zu ändern. Der Senat<br />
spielt allerdings eine wichtige Rolle bei der<br />
Besetzung der unabhängigen Institutionen<br />
wie der Wahlkommission, der Korruptionsbekämpfungsbehörde<br />
oder des Verfassungsgerichts.<br />
Diese weitreichenden Rechte machen<br />
den Senat zum einflussreichen Spieler<br />
im politischen System Thailands. Um die<br />
Unabhängigkeit der Kandidaten für die Senatswahlen<br />
zu sichern, legt die Verfassung<br />
fest, dass Kandidaten keiner politischen Partei<br />
angehören und auch keinen Wahlkampf<br />
führen dürfen.<br />
Insgesamt lag die Wahlbeteiligung in<br />
den 76 Provinzen bei über 60 Prozent. Offizielle<br />
Wahlergebnisse sind bislang noch<br />
nicht bekannt – laut inoffiziellen Ergebnissen<br />
der nationalen Wahlkommission sind<br />
weit über 100 Ehepartner und Familieangehörige<br />
von Parlamentsabgeordneten, Ministern<br />
und anderen Parteigrößen ins Oberhaus<br />
eingezogen. 95 von ihnen sind dem Lager<br />
von Thaksins Regierungspartei, der Thai<br />
Rak Thai, zuzuordnen, 22 der Demokratischen<br />
Partei, 19 weiteren kleineren Parteien.<br />
Folglich werden nur etwa 64 der 200 Senatoren<br />
– wie von der Verfassung eigentlich<br />
gefordert – wirklich unabhängig sein.<br />
Das Resultat spiegelt damit die innenpolitischen<br />
Kräfte weitaus besser wider als<br />
die von der Opposition blockierten Parlamentswahlen<br />
von Anfang April. Gleichzeitig<br />
reflektiert das Ergebnis die starke innenpolitische<br />
Polarisierung und macht deutlich,<br />
wie stark Thaksins Einfluss auf die Politik<br />
auch nach seinem Rücktritt sein wird. Einen<br />
Vorgeschmack auf die Debatten gab die Diskussion<br />
über die Wahl des Vorsitzenden des<br />
neuen Senats. Thai Rak Thai-Kreise schlugen<br />
Samak Sundaravej vor, der von den 18<br />
Senatoren Bangkoks die zweitmeisten Stimmen<br />
erhalten hatte. Für Reformer ist der<br />
ehemalige Gouverneur der Hauptstadt jedoch<br />
ein rotes Tuch. Der frühere Innenminister<br />
der Militärregierung wird weiterhin<br />
als Hauptverantwortlicher für den „Schwarzen<br />
Oktober“ von 1976 angesehen, als in<br />
Bangkok Hunderte von demonstrierenden<br />
Studenten von Streitkräften getötet wurden.<br />
Samak hat sich auch als Fürsprecher von<br />
Thaksin erwiesen. (N, 18., 19., 20., 21.4.06;<br />
ST, 14., 21.4.06; WSJ, 17., 19.4.06; TNA,<br />
13.4.06)<br />
Niederlage für Thaksin: Richter<br />
lässt Klage gegen<br />
Medienaktivistin fallen<br />
Am 15. März hat ein thailändisches Strafgericht<br />
Supinya Klangnarong, Generalsekretärin<br />
der Campaign for Popular Media Reform,<br />
und drei Geschäftsführer der Thai<br />
Post freigesprochen. Die Medienvertreter<br />
waren von Thaksins Unternehmen Shin<br />
Corporation mit einer Verleumdungsklage<br />
belegt worden, nachdem die Thai Post im<br />
Juli 2003 einen Artikel veröffentlicht hatte,
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 105<br />
indem Supinya behauptet hatte, dass die Gewinnsteigerung<br />
von Thaksins Unternehmen<br />
im Zusammenhang mit der Regierungstätigkeit<br />
Thaksins stehen würde. Supinya hatte<br />
in diesem Bericht darauf verwiesen, dass die<br />
Shin Corporation ihren Gewinn von 5 Milliarden<br />
Baht im Jahre 2001 auf 15 Milliarden<br />
Baht im Jahre 2002 gesteigert habe. Die Shin<br />
Corporation forderte in der Anklage einen<br />
Schadensersatz in Höhe von 400 Millionen<br />
Baht. Die Richter des Strafgerichts sahen es<br />
als erwiesen an, dass die Artikel nicht auf eine<br />
Schädigung des Artikels abzielten und die<br />
Aussagen Supinyas auf journalistischen Recherchen<br />
basierten. Anwälte der Shin CorporationhattensichindenletztenMonaten<br />
bereit erklärt, die Anklage fallen zu lassen,<br />
wenn sich Supinya öffentlich entschuldige.<br />
Supinya hatte dies Angebot abgelehnt. (ST,<br />
16.3.06; N, 16.3.06)<br />
Niederlage für Thaksin:<br />
Börsengang der Strombehörde<br />
EGAT gestoppt<br />
Die von der Regierung geplante Privatisierung<br />
der Strombehörde EGAT (Electricity<br />
Generating Authority of Thailand) ist<br />
vom Obersten Verwaltungsgerichtshof gestoppt<br />
worden. Das von Thaksin geplante<br />
Privatisierungsprojekt hatte bereits im Jahr<br />
2004 große Proteste in Bangkok ausgelöst.<br />
Die Gewerkschaften befürchteten eine Erhöhung<br />
der Strompreise und den Verlust von<br />
Arbeitsplätzen. Einige Funktionäre waren<br />
darüber hinaus besorgt, dass die Anteile des<br />
Unternehmens lediglich an Politiker und reiche<br />
Geschäftsleute verkauft und die Arbeiter<br />
und das einfache Volk leer ausgehen würden.<br />
Im Frühjahr 2005 wandelte Thaksin die<br />
EGAT in eine Publikumsgesellschaft um.<br />
Nachdem Verbraucherschützer dagegen Einspruch<br />
bei Gericht eingelegt hatten, legte ein<br />
Bangkoker Gericht eine Verfügung ein, die<br />
den Börsengang vorerst stoppte. Das Oberste<br />
Verwaltungsgericht stoppte nun den Börsengang<br />
endgültig. Das Urteil stellt die Privatisierung<br />
an sich nicht in Frage, sondern<br />
kritisiert die Vorgehensweise der Regierung.<br />
Das Oberste Verwaltungsgericht sieht im<br />
Vorgehen der Regierung schwere rechtliche<br />
und ordnungspolitische Mängel. Das Gericht<br />
stufte das Vorgehen der Regierung<br />
als „Machtmissbrauch“ ein. Es bemängelt<br />
insbesondere die Besetzung von ranghohen<br />
Stellen mit persönlichen Vertrauten. (FT,<br />
24.3.06; ST, 24., 25.3.06)<br />
Negative Auswirkungen der<br />
politischen Krise auf die<br />
Wirtschaft?<br />
Kurz nach der Rücktrittsankündigung von<br />
Thaksin Shinawatra kam es zu einem Anstieg<br />
des Aktienindizes auf ein Zweijahreshoch.<br />
Zugleich erreichte der Baht seinen<br />
höchsten Stand seit einem Jahr. Die Wirtschaft<br />
reagierte damit auf das mögliche Ende<br />
der politischen Krise, die die wirtschaftlichen<br />
Aussichten im letzten Quartal zunehmend<br />
eingetrübt habe. Nach Aussagen<br />
des thailändischen Handelsministers wirken<br />
sich momentan die politische Krise und die<br />
hohen Ölpreise negativ auf das thailändische<br />
Wirtschaftswachstum aus. Infolge der politischen<br />
Krise rechnen Beobachter für das laufende<br />
Jahr nur noch mit einem Zuwachs von<br />
3 bis 4 Prozent. Die Weltbank hatte zuvor
106 <strong>Dokumentation</strong><br />
eine deutlich optimistischere Einschätzung<br />
abgegeben und war von einem Wachstum<br />
von 5 Prozent ausgegangen.<br />
Im Laufe der anhaltenden Krise revidierte<br />
die Weltbank allerdings ihre Prognose<br />
nach unten, da sie von einem Rückgang der<br />
Binnennachfrage und der Investitionen ausgeht.<br />
Seit langem geplante Infrastrukturprojekte<br />
sind in letzter Zeit ins Stocken geraten.<br />
Insbesondere die zahlreichen Infrastrukturvorhaben<br />
wurden aufgeschoben. Auch<br />
das Vertrauen der thailändischen Konsumenten<br />
scheint durch die Krise gelitten zu haben.<br />
Nach Informationen der thailändischen<br />
Handelskammer sank der Zufriedenheitsindex<br />
der Verbraucher, der im Januar noch<br />
bei 87,1 gelegen hatte, auf 83,7. Auch die<br />
Tourismusbranche scheint die politische Krise<br />
zu spüren. Anfang April wurden einige<br />
Reisen nach Thailand abbestellt, insbesondere<br />
Fernreisende stornierten ihre Reisen.<br />
(N, 12., 13.4.06; ST, 2., 27.4.06; NfA, 6.4.06;<br />
FAZ, 10.4.06)<br />
Vietnam<br />
Oskar Weggel<br />
Das vietnamesische<br />
Bankensystem: Nach wie vor<br />
eine Schwachstelle im<br />
Turbobetrieb<br />
20 Jahre nach Reformbeginn präsentiert<br />
sich das vietnamesische Bankenwesen als ein<br />
zweigliedriges System, in dem der Staatsbank<br />
(Zentralbank) eine Steuerungsfunktion<br />
und den operativen Banken ein immer<br />
breiter werdendes Spektrum von Ausführungsaufgaben<br />
zukommen: Der Fächer der<br />
operativen Banken besteht gegenwärtig, d.h.<br />
Ende 2005, aus Inlands- und Auslandsbanken.<br />
Die Inlandsbanken umfassen Geschäftsbanken,<br />
Aktienbanken, Finanzierungsinstitute<br />
sowie Kreditgenossenschaften und Auslandsinstitute,<br />
d.h. Banken mit Filiallizenz,<br />
Banken mit Repräsentanzen und Joint-Venture-Banken.<br />
An erster Stelle sind hier die fünf staatlichen<br />
Geschäftsbanken zu nennen, die rund<br />
77% des Bankengesamtkapitals kontrollieren<br />
(bezogen auf das Jahr 2002) und die zu ihren<br />
Hauptkunden vor allem Staatsbetriebe,<br />
größere Privatbetriebe und teilweise auch<br />
landwirtschaftliche Betriebe zählen, die mit<br />
anderen Worten also den prima facie gewinnträchtigsten<br />
Kundenbereich abdecken.<br />
Hierbei handelt es sich um die Vietcombank<br />
(d.h. also die Außenhandelsbank), um die<br />
Incombank (Industrie- und Handelsbank),<br />
um die VBA (Bank für Landwirtschaft), um<br />
die VID Bank (Bank für Investitionen und<br />
Entwicklung) und um die Bank for Housing<br />
Development of Coo-Long-River-Delta<br />
– alle mit Sitz in Hanoi.<br />
Nimmt man die Kapitalhöhe als Ordnungskriterium,<br />
so folgen an zweiter Stelle<br />
die vier Joint-Venture-Banken und die 27<br />
ausländischen Banken mit Filiallizenz, die<br />
zusammen rund 12% des Kapitals kontrollieren.<br />
Die Joint-Venture-Banken wurden mit<br />
einer koreanischen, einer indonesischen, einer<br />
malaysischen und einer thailändischen<br />
Firma abgeschlossen und sind durchweg in<br />
Ho-Chi-Minh-Stadt angesiedelt. Auch die<br />
Mehrheit der ausländischen Filialbanken, sei<br />
es nun die ABN Amro, die Citibank, die
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 107<br />
Deutsche Bank oder die Thai Military Bank,<br />
befinden sich zum größten Teil in Ho-Chi-<br />
Minh-Stadt. Nur die ABN Amro, die Bank<br />
of America oder die Banque Nationale de<br />
Paris machen hier eine Ausnahme. Die Joint-<br />
Venture-Banken und die ausländischen Filialen<br />
bedienen in der Regel nur ausländische<br />
Kundschaft; dasselbe trifft für Banken mit<br />
bloßen Repräsentanzen zu, die eher Beratungs-<br />
und Vermittlungsdienste leisten, darunter<br />
die Berliner, die Dresdner und die<br />
BHF Bank. An dritter Stelle folgen die 37<br />
inländischen Joint-Venture-Banken, die sich<br />
selbst als Joint-Stock-Banks, d.h. als Aktienbanken,<br />
bezeichnen und im Wesentlichen<br />
Klein- und Mittelbetriebe des Privatsektors<br />
bedienen (27 Repräsentanzen). Zu nennen<br />
sind darüber hinaus Finanzierungsinstitute<br />
und Kreditgenossenschaften, darunter der<br />
Zentrale Volkskreditfonds mit 24 Filialen<br />
und 897 Kreditgenossenschaffen sowie fünf<br />
Finanzierungsbetriebe und acht Leasinggesellschaften<br />
(zum Aufbau des Bankensystems<br />
vgl. SOAa, 1996/3, S. 234-238; VER,<br />
Nr. 12/136 (2005), S. 20-28, 20). All diese Institute<br />
haben eine Residualfunktion, müssen<br />
sich in der Regel mit Klein- und Kleinstunternehmen<br />
als Kunden zufrieden geben,<br />
nicht zuletzt im bäuerlichen Bereich.<br />
Viele Jahre hindurch war der Bankenbereich<br />
die Achillesferse einer Wirtschaft,<br />
die seit Jahren um 7% p.a. raketenartig nach<br />
oben schießt. Es dauerte bis zum Erlass zweier<br />
grundlegender Bankgesetze am 1. Oktober<br />
1998, bis der Liberalisierungsgedanke<br />
umfassend Eingang in das Bankengeschehen<br />
gefunden hatte. Vor allem in fünf Bereichen<br />
wurde damals auf Flexibilität umgeschaltet,<br />
nämlich (1) beim Zinssatz, (2) beim Devisen-<br />
austausch, der seitdem von den Geschäftsbanken<br />
innerhalb bestimmter Bandbreiten<br />
vorgenommen werden darf, (3) bei der Geldwertsteuerung,<br />
die nur noch mit indirekten<br />
Instrumenten (d.h. durch Diskontsätze,<br />
Mindestreserven sowie Offen-Markt-Politik)<br />
gelenkt wird, (4) bei der Begleichung von<br />
Rechnungen mit Devisen und (5) beim Kreditwesen,<br />
das nicht mehr durch bestimmte<br />
Quoten eingeschränkt wird.<br />
Es erfolgte hier mit anderen Worten eine<br />
Anpassung an internationale Geschäftspraktiken,<br />
vor allem an die Steuerung mit hauptsächlich<br />
indirekten Mitteln. Durch die beiden<br />
Bankengesetze von 1998 sollten die<br />
bisher administrativen Methoden, wie sie<br />
noch aus der stalinistischen Planungspraxis<br />
stammten, durch marktwirtschaftliche<br />
Steuerungsmechanismen abgelöst werden.<br />
Trotz der Fortschritte, die seit 1998 erzielt<br />
werden konnten, gibt es aber immer<br />
noch fünf Bereiche, die weiterhin reformbedürftig<br />
sind: Erstens lässt der Umgang mit<br />
internationalen Finanzpraktiken (Finanztechnologien)<br />
nach wie vor zu wünschen<br />
übrig, zweitens ist das Bankenpersonal immer<br />
noch nicht umfassend genug ausgebildet<br />
und vor allem nicht genügend gewandt in<br />
Fremdsprachen. Drittens werden noch allzu<br />
viele Vorgänge in bar abgewickelt, und außerdem<br />
ist die Dollarisierung in Vietnam<br />
(mit nicht weniger als 23% i.J. 2003) wesentlich<br />
höher als in den Nachbarländern.<br />
Viertens erwirtschaften die vietnamesischen<br />
Banken zu wenig Eigenkapital und haben außerdem<br />
die Verteilermentalität aus der vorreformerischen<br />
Zeit beibehalten. Fünftens<br />
schieben sie nach wie vor faule Schuldenberge<br />
aus der Planwirtschaftsperiode vor sich
108 <strong>Dokumentation</strong><br />
her: Ende 2003 lag die Summe der faulen<br />
Kredite bei rund 16% aller Schulden und<br />
überstieg das erwirtschaftete Eigenkapital<br />
um nicht weniger als das Vierfache (VER,<br />
Nr. 1/125 (2005), S. 18). Sechstens aber lag<br />
der Anteil des Bankenkapitals am BIP in<br />
Vietnam in einem Jahr wie 2003 bei gerade<br />
einmal 74%, während es sich in Malaysia<br />
auf 193% und in Thailand auf 145% belief<br />
(ebenda, S. 21). Erfahrungsgemäß kann<br />
ein Land umso marktwirtschaftlicher agieren,<br />
je höher der Anteil des Bankenkapitals<br />
am BIP liegt. Vietnam besitzt also nach<br />
wie vor einen höchst staatswirtschaftlichen<br />
Anstrich. Nicht zuletzt aber werden, siebtens,<br />
Staatsbetriebe immer noch in fast jeder<br />
Hinsichtbevorzugt,vorallemvondenstaatlichen<br />
Geschäftsbanken (ebenda, S. 17-20).<br />
(Einen Gesamtüberblick zur Problematik<br />
liefert VER, Nr. 12/136 (2005), S. 20-28.)<br />
Zu den Hauptaufgaben der Reformfortführung<br />
gehört nach alledem die Schulung<br />
des Personals, der Rückgang der Barzahlungen<br />
und der Dollarisierung, die verbesserte<br />
Erwirtschaftung von Eigengewinnen, der<br />
Abbau fauler Kredite, die Erhöhung des Eigenkapitals<br />
und die bessere Bedienung des<br />
nichtstaatlichen Sektors der Wirtschaft.<br />
Nicht zuletzt aber wäre Vietnam gut beraten,<br />
im Interesse einer effizienteren Globalisierung<br />
ausländischen Finanzinstitutionen<br />
stärkere Mitwirkungsrechte einzuräumen.<br />
Im Zuge der Umsetzung des Bilateral Trade<br />
Agreements mit den USA, das im Dezember<br />
2001 in Kraft trat, sowie im Zeichen des bevorstehenden<br />
Beitritts zur WTO sind hier<br />
zwar die ersten praktischen Schritte getan<br />
worden, doch handelt es sich lediglich um<br />
ersteSchritteindiekorrekteRichtung:Am<br />
9. September 2005 gab die Staatsbank einen<br />
Erlass heraus, demzufolge ausländische Banken<br />
künftig zu 100% eigene Filialen in Vietnam<br />
errichten und geschäftlich operieren<br />
können (XNA, 9.9.05).<br />
Ferner soll längerfristig die Vietcombank,<br />
also die staatliche Außenhandelsbank,<br />
(XNA, 3.6.05, 24.9.05) kapitalisiert werden.<br />
Der ausländische Anteil darf allerdings<br />
30% der Kapitalanteile nicht überschreiten<br />
(XNA, 24.9.05; Beginn ab <strong>2006</strong>).<br />
Am 1. Juni 2005 genehmigte die Staatsbank<br />
ferner die Ausgabe zusätzlicher Aktien<br />
durch die Asia Commercial Bank (ACB), wobei<br />
im Hintergrund die Überlegung stand,<br />
dass die britische Standard Chartered Bank<br />
8,56% des Aktienkapitals der ACB erwerben<br />
solle. Die ACB war damit die erste vietnamesische<br />
Bank, die Anteile an der eigenen<br />
Substanz an ein ausländisches Geldinstitut<br />
verkaufte (XNA, 3.6.05).<br />
Bei der Asia Commercial Bank handelt<br />
es sich um die zweitgrößte Finanzgesellschaft<br />
Vietnams. Das größte Institut dieser<br />
Art, die Sacom Bank, wird bereits an der<br />
Börse in Ho-Chi-Minh-Stadt gehandelt.<br />
Mit Internationalisierungspraktiken dieses<br />
Kalibers könnte frischer Wind in die<br />
noch immer starren Strukturen des vietnamesischen<br />
Bankensystems gebracht werden.<br />
Dies hoffen vor allem internationale Finanzinstitutionen<br />
wie die Weltbank und der IWF,<br />
die bei der Umstrukturierung mit Rat und<br />
Tat (und mit Geldzuschüssen) zur Seite stehen<br />
(VNA, in BBC, 18.6.05). Die großen<br />
Richtwerte dabei sind Internationalisierung<br />
und weitere Deregulierung.<br />
Leittherapie für das so viele Jahre hindurch<br />
kränkelnde Bankensystem Vietnams
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 109<br />
ist – und bleibt – der Übergang von der direkten<br />
zur indirekten Steuerung des Geldwesens<br />
durch die staatliche Zentralbank. Die<br />
Staatsbank zieht sich also auf Rahmenlenkung<br />
(oft mit Hilfe von Diskont-, Mindestreserve-<br />
und Offen-Markt-Politik) zurück,<br />
während auf der anderen Seite die einzelnen<br />
Kreditinstitute volle Verantwortung für die<br />
Vergabe, die Laufzeiten und die Zinssätze<br />
der von ihnen gewährten Darlehen erhalten.<br />
Es bedarf also keiner Zustimmung der<br />
Staatsbank mehr. Seit 1994 gibt es auch keine<br />
Kreditbeschränkungsquoten mehr.<br />
Deregulierung und Liberalisierung sollen<br />
sich aber nicht nur auf Kredite beziehen,<br />
sondern auch auf den Devisentausch. Auch<br />
hier sollen die einzelnen Banken innerhalb<br />
vorgegebener Schwankungsbreiten in eigener<br />
Verantwortung handeln dürfen.<br />
Während einerseits die Autonomie der<br />
einzelnen Banken im Vordergrund stehen<br />
soll, geht es andererseits um eine noch striktere<br />
Vereinheitlichung der Bankentechnologie<br />
in Richtung der international üblichen<br />
Praktiken.Nursokannesjazueinerwirklichen<br />
Integration Vietnams in den internationalen<br />
Wirtschaftskreislauf kommen. Dies ist<br />
vor allem im Hinblick auf den bevorstehenden<br />
Beitritt Vietnams zur WTO gar nicht<br />
hoch genug einzuschätzen.<br />
Was die Einstellung der einzelnen Banken<br />
anbelangt, so müssen sie nach wirtschaftlichen<br />
(Profit-)Kriterien arbeiten, sich<br />
also streng davor hüten, die alte Subventions-<br />
und Beziehungspraxis fortzusetzen und<br />
dabei vor allem Staatsbetriebe zu unterstützen.<br />
Integrationsfieber: Die<br />
APEC-Gipfelkonferenz findet<br />
<strong>2006</strong> in Hanoi statt<br />
Seit 1998 gehört Vietnam zur APEC und ist<br />
damit eines der 21 Mitglieder dieser Asian<br />
and Pacific Economic Cooperation, die über<br />
ein Drittel der Weltbevölkerung umfassen,<br />
fast 60% des Welt-BIP erzeugen und rund<br />
47% des Welthandels abwickeln. Aus zwei<br />
Gründen hat sich die Mitgliedschaft in der<br />
APEC für Vietnam als sinnvoll erwiesen.<br />
Politisch erhält das Land einen schnelleren<br />
Zugang zur internationalen Szene, nämlich<br />
bei den jährlichen Treffen der Minister<br />
für Handel und der Minister für auswärtige<br />
Angelegenheiten, vor allem aber bei den<br />
jährlichen Gipfelkonferenzen, die seit 1993<br />
stattfinden und deren 14. Konferenz nunmehr<br />
in Vietnam, nämlich vom 12. bis 19.<br />
November <strong>2006</strong> in Hanoi, stattfindet.<br />
Wirtschaftlich kommt Vietnam durch<br />
die APEC an mehr Technologie, an mehr Investitionskapital<br />
und an mehr Handelspartnerschaften<br />
heran, zumal zur APEC ja einige<br />
der weltweit führenden Volkswirtschaften<br />
gehören, darunter die USA, Japan, China<br />
und Kanada. Neben den politischen Ereignissen<br />
gibt es bei der APEC ja noch zahlreiche<br />
jährliche Treffen auf Geschäftsebene,<br />
sei es nun den APEC CEO Summit, die<br />
Investment Opportunities Fair, den APEC<br />
Business Advisors’ Council (ABAC) oder<br />
seien es andere Treffen, bei denen die Vietnamesen<br />
ihre Kunst des Netzwerkens üben<br />
können. Die bisherige Integration hat für Vietnams<br />
Volkswirtschaft zahlreiche Vorteile<br />
gebracht: Nach dem Stand vom Dezember<br />
2004 bspw. erhielt Vietnam nicht weniger als
110 <strong>Dokumentation</strong><br />
65,6% all seiner ausländischen Direktinvestitionen<br />
aus APEC-Ländern. Außerdem exportierte<br />
Vietnam dorthin 60% seiner Güter<br />
und bezog von dorther 80% seiner Importe.<br />
Vietnam hat sich seit Beginn seiner Mitgliedschaft<br />
als überaus aktives Mitglied erwiesen.<br />
Im Jahr 2003 bspw. initiierte es den<br />
APEC Supporting Fund for Micro Enterprises<br />
and Inter-APEC Investment Promotion.<br />
2003 organisierte es in Hanoi die APEC<br />
Week, mit deren Hilfe es vor allem Einblicke<br />
in Chancen und Probleme der vietnamesischen<br />
Wirtschaft gewähren wollte. 2005<br />
war es an der Durchführung eines Kongresses<br />
über SARS- und Vogelgrippe-Fragen beteiligt,<br />
und <strong>2006</strong> wird es, wie gesagt, den<br />
14. APEC-Gipfel ausrichten, der unter dem<br />
Motto ’Towards a Dynamic Community for<br />
Sustainable Development and Prosperity’<br />
steht.<br />
Bei der Konferenz im November <strong>2006</strong><br />
will Vietnam zum einen bestimmte Themen<br />
ausbreiten (E-Commerce, Zollfragen,<br />
Schutz geistigen Eigentums etc.) und gleichzeitig<br />
weiterhin Selbstdarstellung betreiben,<br />
um vor allem die wohlhabenden Länder<br />
noch stärker als bisher auf die SRV aufmerksam<br />
zu machen (XNA, 20.2.06; VNA, in<br />
BBC, 17.2.06). Vor allem im Zusammenhang<br />
mit der Konferenz soll der Austragungsort<br />
Hanoi Gelegenheit zur Selbstdarstellung<br />
erhalten: In den vergangenen fünf<br />
Jahren habe die vietnamesische Hauptstadt<br />
Exporte für 10 Mrd. US$ getätigt, habe ihr<br />
Exportwachstum Jahr für Jahr um durchschnittlich<br />
15,3% steigern können und treibe<br />
mittlerweile Handel mit 187 Ländern<br />
und Territorien. Zwischen 2001 und 2005<br />
seien die ausländischen Investitionen um<br />
73% auf nunmehr 2,58 Mrd. US$ angestiegen.<br />
Ende 2005 habe es in Hanoi 66 ODA-Projekte<br />
im Wert von 632 Mio. US$ gegeben,<br />
von denen 203 Mio. US$ nicht zurückzuzahlen<br />
seien und 429 Mio. US$ als weiche<br />
Kredite gewährt worden seien. Zu den<br />
ODA-Projekten gehörten die Wasserversorgung,<br />
das städtische Transportwesen, der<br />
Umweltschutz und die Ausbildung von Managern.<br />
Außerdem habe Vietnam in den vergangenen<br />
fünf Jahren nicht weniger als 4,5<br />
Millionen Touristen aus 160 Ländern begrüßen<br />
können – dies waren rund 30% aller<br />
nach Vietnam gekommenen ausländischen<br />
Touristen (VNA, in BBC, 17.2.06).<br />
Die APEC ist nur eine der multilateralen<br />
Organisationen, denen sich Vietnam in<br />
den letzten Jahren angeschlossen hat. Außerdem<br />
ist es mittlerweile Mitglied in der<br />
ASEAN, im AFTA und bei der Ostasien-<br />
Gipfelkonferenz. Die WTO-Mitgliedschaft<br />
steht unmittelbar bevor – höchstwahrscheinlich<br />
noch im Jahre <strong>2006</strong>.<br />
Solide Beziehungen zu<br />
Russland<br />
Die Beziehungen Vietnams zu Russland, die<br />
bis auf das Jahr 1950 zurückgehen und vor allem<br />
während des Zweiten Indochina-Kriegs<br />
ihre Bewährungsprobe bestehen konnten,<br />
haben seit dem Ende des damaligen Krieges<br />
zwei Phasen – mit einer Zäsur i.J. 1991 –<br />
durchlaufen: Von 1975 bis 1991 begegneten<br />
sich die beiden Staaten als sozialistische Bruderländer,<br />
seit dem Ende der Sowjetunion<br />
aber begannen sie sich – nach einer längeren<br />
Pause – als ganz normale Länder die
<strong>Südostasien</strong> <strong>aktuell</strong> 3/<strong>2006</strong> 111<br />
Hände zu reichen. 1993 wurde ein Abkommen<br />
über die Prinzipien freundschaftlicher<br />
Beziehungen unterzeichnet, das an die Stelle<br />
des sozialistischen Kooperationsvertrags<br />
von 1975 trat. Gleichzeitig begannen erste<br />
Gespräche zur Umschuldung von Verbindlichkeiten.<br />
Bereits 1995 gab es 36 russisch-vietnamesische<br />
Investitionsprojekte mit einem<br />
Gesamtkapital von 160 Mio. US$, die sich<br />
auf Bereiche wie Fischfang und -verarbeitung,<br />
Nahrungsmittel, Leichtindustrie und<br />
Naturkautschuk sowie Chemikalien, vor allem<br />
aber auf Öl und Gas bezogen. Zum Symbol<br />
der neuen vietnamesisch-russischen Beziehungen<br />
wurde das 1991 vereinbarte VietsovPetro<br />
Joint Venture, das die Produktion<br />
bis zum Jahre 2000 bereits auf 53 Mio. t<br />
mit einem Wert von 7,9 Mrd. US$ bringen<br />
konnte.<br />
1998 schlossen beide Seiten Rahmenvereinbarungen<br />
für eine strategische Zusammenarbeit<br />
bis weit ins 21. Jahrhundert hinein.<br />
Zum Höhepunkt der bisherigen Entwicklungen<br />
aber wurde der Besuch des russischen<br />
Präsidenten Vladimir Putin im März<br />
2001, in dessen Verlauf die strategische Partnerschaft<br />
definitiv in Vertragsform gegossen<br />
wurde. Ebenso wurde mit Putins Besuch<br />
die Schuldenfrage letztendlich geregelt: Russland<br />
begnügte sich mit der Festlegung einer<br />
Gesamtschuld von gerade einmal 1,7 Mrd.<br />
US$ und räumte auch dafür noch großzügige<br />
Rückzahlungsmodalitäten ein (Näheres<br />
dazu SOAa, 2004/1, S. 36f.; zum Besuch Putins<br />
SOAa, 2001/3, S. 277ff.).<br />
Seit dem Putin-Besuch gaben sich Delegationen<br />
aus beiden Ländern gegenseitig<br />
die Klinke in die Hand. Im November 2005<br />
besuchte sogar eine Flottille von vier russischen<br />
Kriegsschiffen sechs Tage lang den<br />
Hafen von Danang – als Zeichen der Freundschaft,<br />
wie es hieß (VNA, in BBC, 27.11.05;<br />
WSJ, 27.11.05). Bei dem Besuch wurde u.a.<br />
daran erinnert, dass Moskau von 1979 bis<br />
2003 die Marinestation Cam Ranh in Zentralvietnam<br />
als Marine- und Flugbasis benutzt<br />
hatte. Zwar hätte Russland diese Tradition<br />
gerne fortgesetzt, verzichtete jedoch<br />
auf seine bisherigen Rechte, als die Vietnamesen<br />
sie mit Pachtforderungen konfrontierten<br />
(zur Rückgabe Cam Ranhs s. SOAa,<br />
2002/3, S. 231, 2001/3, S. 277ff.).<br />
Am 15./16. Februar <strong>2006</strong> besuchte der<br />
russische Ministerpräsident Michail Fradkov<br />
die SRV und diskutierte mit Spitzenpolitikern<br />
über politische, vor allem aber über<br />
wirtschaftliche Fragen. Russland sei weiterhin<br />
an der Zusammenarbeit mit Vietnam in<br />
den Bereichen Öl und Gas, Hydroenergie<br />
und beim Aufbau einer neuen KKW-Generation<br />
interessiert. Des Weiteren wolle es mit<br />
Vietnam im Satellitenbereich zusammenarbeiten.<br />
Beide Seiten seien jahrzehntelang „durch<br />
starke ideologische Bande“ miteinander vereinigt<br />
gewesen, hätten aber nach 1991 eine<br />
Zeitlang keinen richtigen Kontakt mehr<br />
zueinander finden können. Dies habe sich<br />
in den vergangenen Jahren, vor allem aber<br />
durch den Besuch Putins im Jahre 2001,<br />
grundlegend geändert.<br />
Beide Seiten stünden zueinander in einem<br />
Verhältnis „strategischer Partnerschaft“,<br />
die so weit gehe, dass Vietnam mittlerweile<br />
versuche, Russland auch für einen Beitritt<br />
zur Ostasien-Gipfelkonferenz zu gewinnen.
112 <strong>Dokumentation</strong><br />
Gegenwärtig liegt das Volumen des beiderseitigen<br />
Handelsaustausches bei rund 1<br />
Mrd. US$; bei den Investitionen habe sich<br />
Russland an 20. Stelle unter den ausländischen<br />
Investoren eingereiht, und zwar mit<br />
47 Projekten im Wert von rund 280 Mio.<br />
US$. Damit ist das Potenzial allerdings nach<br />
beiderseitiger Auffassung noch bei weitem<br />
nicht ausgeschöpft. Vielmehr wolle man versuchen,<br />
in den kommenden Jahren die Summe<br />
zu verdreifachen (ITAR-TASS, in BBC,<br />
16.2.06; VNA, in BBC, 16.2.06).<br />
Umgekehrt hat Präsident Putin, als er<br />
im März <strong>2006</strong> die Präsidentschaft in der<br />
G-8-Vereinigung übernahm, diesen Club der<br />
acht reichsten Industrieländer stärker für<br />
Entwicklungsanliegen Vietnams zu interessieren<br />
versucht (VNA, in BBC, 6.3.06).<br />
Beim Besuch Fradkovs wurden zwei Abkommen,<br />
nämlich über Ausbildung und<br />
über Drogenbekämpfung, abgeschlossen.<br />
Russland versorgt Vietnam nicht nur<br />
mit technischen Hilfeleistungen und mit Industrieprodukten,<br />
sondern auch mit Militärgütern<br />
und liefert u.a. Flugzeuge vom Typ<br />
Sukhoi (Interfax-AVN, in BBC, 19.7.04).<br />
Die Hauptachse im beiderseitigen Verhältnis<br />
hat sich, wie diese Aufzählung zeigt,<br />
grundlegend verschoben, und zwar von sozialistischer<br />
Kooperation hin zu einem möglichst<br />
gewinnmaximierenden Austausch.