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BEIHEFT ZUM BVM INBRIEF AUGUST 2012<br />

Kongress-Special<br />

Beiträge aus dem Wettbewerb zum Best Paper auf<br />

dem 47. Kongress der Deutschen <strong>Markt</strong>forschung


BEIHEFT ZUM BVM INBRIEF AUGUST 2012<br />

Kongress-Special<br />

Beiträge aus dem Wettbewerb zum Best Paper auf<br />

dem 47. Kongress der Deutschen <strong>Markt</strong>forschung


Inhalt Editorial<br />

Editorial 3<br />

Patricia Schulte-Moser und Christoph B. Melchers, ZweiEinheit<br />

Beziehungskrise? Zur (Kultur-)Psychologie des Vertrauens 4<br />

Best Paper 2012<br />

Heike Kindel und Uwe Munzinger, MUSIOL MUNZINGER<br />

SASSERATH<br />

Markenerleben. Die neue Leitwährung in Markenführung<br />

und Markenforschung im post-digitalen Zeitalter 8<br />

Christoph Prox, Icon Added Value<br />

Web 2.0 = Markenführung 2.0. Wird morgen alles anders? 12<br />

Nominiert für das Best Paper 2012<br />

Dr. Peter Pirner, Dr. Steffen Hermann und Susanne Klar,<br />

TNS Infratest<br />

TRI*M Digital Reputation Manager. Steuerung der<br />

Unternehmensreputation durch Verknüpfung von<br />

Social-Media-Monitoring, Stakeholder-Befragung und<br />

Digital Lifestyle Segmentierung 16<br />

Elske Ludewig, eResult<br />

Die Messung der Reputation. Entwicklung eines<br />

wissenschaftlich fundierten Fragebogens 20<br />

Thomas Utzinger, Google, Markus Saffer, GfK, und<br />

Jens Barczewski, nurago<br />

Crossmedia-Forschung. Ein innovatives Instrument der<br />

Werbe wirkungsforschung 24<br />

Best Paper 2012<br />

Dr. Maria Kreuzer und Dr. Sylvia von Wallpach,<br />

Leopold-Franzens-Universität Innsbruck<br />

Multi-Sensory Sculpting. Multisensorisches Markenwissen<br />

anhand dreidimensionaler Skulpturen 28<br />

Nominiert für das Best Paper 2012<br />

Dr. Nadine Hennigs und Dr. Steffen Schmidt,<br />

Leibniz Universität Hannover<br />

Neuroökonomische Marketingforschung. Bestimmung<br />

ganzheitlicher Markenwirkung anhand expliziter und<br />

impliziter Erhebungstechniken 32<br />

Ulrike Oberascher und Julia Roßteuscher, IFM Mannheim<br />

Verpackung – der Touchpoint zwischen Marke und Konsument.<br />

Implizite und explizite Reaktionen für den <strong>Markt</strong>erfolg 36<br />

Benjamin Rubenwolf, International University Network<br />

Intuition bei Entscheidungen. Zum rekognitiven Einfluss<br />

bei der Wahl von Markennamen durch Phonetik und<br />

Buchstabenhäufigkeit 40<br />

Frank Gehre und Horst Regenscheit, inviso<br />

QR-Code® Mobile Research. Ein innovativer Methodenansatz<br />

zukunftsorientierter <strong>Markt</strong>forschung 43<br />

Impressum 47<br />

Liebe Leserinnen<br />

und Leser,<br />

seit vielen Jahren schreibt der<br />

BVM etwa ein halbes Jahr,<br />

bevor der Kongress beginnt,<br />

einen Call for Papers aus. Das<br />

im Unterschied zu Fachtagungen<br />

oder Seminaren thematisch<br />

breiter und grundsätzlicher angelegte Top-<br />

Event der Branche lebt von der Vielfalt der Inhalte<br />

und methodischen Ansätze der Beiträge aus unterschiedlichen<br />

Bereichen moderner und zukunftsweisender<br />

<strong>Markt</strong>- und Sozialforschung.<br />

In jedem Jahr werden im Rahmen dieser Ausschreibung<br />

zahlreiche interessante Beiträge eingereicht.<br />

Die meisten von ihnen sind Beispiele für Best Practice:<br />

innovativ, kreativ und zugleich methodisch fundiert.<br />

Sie haben einen hohen Wert für die marktforscherische<br />

Praxis und die Zukunft der Profession.<br />

Leider hat das Programmkomitee in den vergangenen<br />

Jahren oft Beiträge ablehnen müssen, obwohl<br />

sie methodisch und inhaltlich anspruchsvoll und<br />

hochinteressant waren, weil der zeitliche Rahmen<br />

und die thematische Fokussierung des Kongresses<br />

Grenzen setzten.<br />

Deshalb hat der BVM-Vorstand entschieden, mit<br />

dem Call for Paper den Bewerbern zusätzliche<br />

Chancen zu schaffen, Aufmerksamkeit zu erreichen:<br />

zum einen mit der Möglichkeit, ihre Arbeit in einer<br />

Poster-Session vorzustellen, zum anderen mit der<br />

Publikation einer kurzen Zusammenfassung in diesem<br />

Kongress-Special. Ob die Bewerber im Rahmen<br />

des Call for Paper am Wettbewerb zum Best Paper<br />

teilnehmen wollten, konnten sie selbst entscheiden.<br />

Voraussetzung war, dass sie, wenn sie dies wünschten,<br />

vor dem Kongress ein Manuskript einreichen<br />

mussten. Eine Auswahl dieser Manuskripte ist hier<br />

abgedruckt.<br />

In der hier vorgelegten Sonderpublikation zum BVM<br />

inbrief kommen nicht nur die zwei Siegerteams und<br />

die Nominierten im Wettbewerb zum Best Paper,<br />

sondern auch andere Bewerber zu Wort, die methodisch<br />

und konzeptionell interessante Beiträge eingereicht<br />

hatten.<br />

Ihre<br />

Dr. Ulrike Schöneberg<br />

3<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

4<br />

Beziehungskrise?<br />

Patricia Schulte-Moser und Christoph B. Melchers, ZweiEinheit, Berlin, zur (Kultur-)Psychologie<br />

des Vertrauens<br />

Für gesunkenes Vertrauen, unter dem nicht nur Marken von Finanzdienstleistern zu leiden<br />

haben, werden die rezenten Krisen verantwortlich gemacht. Nach den Befunden der beiden<br />

Autoren läuft diese Entwicklung schon länger. Sie halten den Vertrauensverlust für ein Kulturphänomen:<br />

Die Kultur hat sich in eine Richtung entwickelt, die die Vorteile intakter Vertrauensverhältnisse<br />

aushöhlt.<br />

Überall ist von gesunkenem Vertrauen und Vertrauenskrisen<br />

die Rede. Als betroffen gelten Finanzdienstleister, der gegenseitige<br />

Umgang in Wirtschaft und Politik und Konsummarken.<br />

Nach unseren Befunden 1) haben Marken nicht erst seit der<br />

Krise von 2008 an Vertrauen eingebüßt. Die Entwicklung läuft<br />

länger.<br />

Verantwortungslose Banker werden für den Vertrauensverlust<br />

verantwortlich gemacht: Sie haben sich verzockt und uns<br />

hereingelegt. Die meisten Menschen neigen dazu, persönliche<br />

Finanznöte und Gefährdungsgefühle teuren Rettungsaktionen<br />

von Banken und ganzen Volkswirtschaften anzulasten.<br />

Beschuldigungen sind jedoch keine Erklärung. Zum Vertrauen<br />

gehören immer mindestens zwei.<br />

You can trust him like a friend: Social Media<br />

sind Ort massenhafter, völlig unverbindlicher<br />

Freundschaftsdeklarationen, die mit Vertrauen<br />

nichts zu tun haben. Es sei denn, die<br />

Beziehung bestand schon offline.<br />

Dies sei nur ein Hinweis auf den Rahmen, in dem die folgenden<br />

Ausführungen zu sehen sind. Die Diskussion über Vertrauen<br />

findet in einem Klima von Schuldzuweisungen statt,<br />

das nicht außen vor gelassen werden kann. Dieses Klima hat<br />

mit der Gegenwartskultur 2) zu tun, von der die Rede sein wird.<br />

Ungereimtheiten wecken das Interesse der Psychologen.<br />

Auch Gegenteiliges – zu viel gedankenloses Vertrauen – ist<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Patricia Schulte-Moser<br />

Head of Research, ZweiEinheit, Forschungsinstitut<br />

für <strong>Markt</strong>- und Kulturpsychologie, Berlin. Schulte-<br />

Moser arbeitete zuvor in Werbeagenturen, war<br />

dann selbstständige <strong>Markt</strong>forschungsberaterin<br />

und hatte Lehraufträge an der University of Management<br />

and Communication und der Business<br />

School Potsdam.<br />

zu beobachten. Trotz ihrer Widersprüchlichkeit und ständiger<br />

Änderungen genießen beispielsweise die Gesundheits- und<br />

Ernährungsratschläge in den Medien Vertrauen. Bestimmte<br />

Anbieter, glaubt man, seien billiger. Dem Fortschritt in Form<br />

der Smartphones wird vertraut. Für die Holperigkeiten der<br />

Nutzungsrealität gibt es blinde Flecken.<br />

Auch unsere Zunft der <strong>Markt</strong>- und Sozialforscher ist nicht<br />

frei von Vertrauensseligkeit. Man vertraut den Aussagen von<br />

Probanden und glaubt, man trüge Vertrauen mit sich herum<br />

wie eine Tafel Schokolade. Bei manchen ist dieser Vertrauens-<br />

Klotz brüchig geworden, bei anderen messbar angebraucht<br />

oder verschwunden. Diese Denkweise ist nicht sehr Vertrauen<br />

erweckend und viele vertrauen Umfragen nicht mehr.<br />

Wenn man mit tiefenpsychologischen Methoden untersucht,<br />

wie Vertrauensbeziehungen generell und bezogen auf Produkte<br />

und Marken funktionieren, erkennt man, dass Vertrauen<br />

etwas völlig anderes ist als ein Vorrat, der mehr oder weniger<br />

groß ist. Stattdessen stößt man auf regulierende Gefüge<br />

und spannungsvolle Verhältnisse. Wir stellen im Folgenden<br />

gemeinsame Befunde aus Studien 3) der letzten fünf Jahre zu<br />

diesem Thema dar, die auf die Kulturpsychologie des Vertrauens<br />

hin extrahiert sind.<br />

Vertrauen bedeutet gegenseitige Verpflichtung<br />

Zuerst einmal ist Vertrauen der Aufbau einer gegenseitigen<br />

Verpflichtung. Eine Beziehung, eine Leistungszusage – zwischen<br />

Menschen oder Menschen und Marken / Institutionen<br />

– soll durch Vertrauen befestigt und dauerhaft gemacht werden.<br />

Vertrauen beginnt damit, dass jemand seine Bereitschaft,<br />

zu vertrauen oder vertrauenswürdig zu sein, ausdrücklich er-<br />

Professor Dr. Christoph B. Melchers<br />

Head of Research, ZweiEinheit, Forschungsinstitut<br />

für <strong>Markt</strong>- und Kulturpsychologie, Berlin, gründete<br />

gemeinsam mit Patricia Schulte-Moser im Jahr<br />

2010 ZweiEinheit. Melchers lehrt Wirtschaftspsychologie<br />

an der Business School Potsdam (FH),<br />

zuvor war er geschäftsführender Gesellschafter<br />

des ifm Wirkungen + Strategien.


5<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

6<br />

klärt. Marken starten ihre Kundenbeziehungen mit solch einer<br />

Deklaration und wiederholen sie regelmäßig. Sie deklarieren<br />

ihre Vertrauenswürdigkeit, weil sie wollen, dass die Käufer ihnen<br />

ebenfalls vertrauensvoll begegnen. Wenn jemand erklärt,<br />

er wolle vertrauen und man könne ihm vertrauen, verpflichtet<br />

er den anderen, es ebenso zu halten. Man kann natürlich solche<br />

Deklarationen abgeben ohne die Absicht, sie einzuhalten.<br />

Beispiel:<br />

You can trust him like a friend: Social Media sind Ort massenhafter,<br />

völlig unverbindlicher Freundschaftsdeklarationen, die<br />

mit Vertrauen nichts zu tun haben. Es sei denn, die Beziehung<br />

bestand schon offline.<br />

Vertrauen ist eine Maßnahme der Vereinfachung<br />

und der Aufwandersparnis – allerdings<br />

um den Preis latenter Unsicherheit.<br />

Telefonprovider neigen zu viel Kleingedrucktem in ihrer Werbung.<br />

Damit nehmen sie die Bekundung von Vertrauen gleich<br />

wieder zurück. Das stört hier nicht sonderlich, weil viele Kunden<br />

ohnehin vorhaben, bei nächster Gelegenheit zum günstigeren<br />

Anbieter zu wechseln. Sie wollen nicht durch Vertrauen<br />

gebunden sein.<br />

Veränderungen bedrohen Vertrauensbeziehungen<br />

Vertrauensbeziehungen waren immer schon und sind vom<br />

Wandel bedroht. Veränderungen sind Feind der auf Dauer angelegten<br />

Vertrauensverhältnisse. Der Bruch des Vertrauens<br />

kann von beiden Seiten ausgehen – jederzeit. Jemand verliert<br />

das Interesse an einem Geschäft, weil ein besseres lockt. Wer<br />

die große Liebe fand, lernt jemand anderes kennen. Wer einer<br />

Marke vertraut, findet eine bessere. Als Kehrseite jeder Vertrauensbeziehung<br />

lauert Verrat. Vertrauen soll ein Bollwerk<br />

sein gegen die unausrottbare Macht der Veränderung. Der<br />

Gedanke an Verrat ist unterschwellig immer vorhanden. Weil<br />

Verrat übel ist, wird er oft tabuisiert und magisch zu bannen<br />

versucht: „Nicht daran denken”. Wird man Opfer solcher Wendungen,<br />

hat man guten Grund, sich kräftig zu beklagen.<br />

Man sollte meinen, gerade Finanzprodukte für die private<br />

Altersvorsorge seien vom Misstrauen gegenüber der Finanzbranche<br />

betroffen. Fühlen sich doch viele durch Überschussbeteiligungen<br />

weit unter den geweckten Erwartungen<br />

„verraten”. Doch wird von Personen, die sich aktuell mit Altersvorsorge<br />

befassen, wenig an der Vertrauenswürdigkeit<br />

der Versicherer gezweifelt. Bezweifelt wird, dass Altersvorsorge<br />

unter heutigen, sich ständig wandelnden Verhältnissen<br />

überhaupt machbar ist. Jedenfalls nicht mit den bekannten<br />

Versicherungsprodukten. Die sind dem Wandel nicht gewachsen.<br />

Von Anbietern erwartet man neue Produkte, die auch unter<br />

gestiegener Unabsehbarkeit ihr Versprechen halten.<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Bio-Foodprodukte sind trotz aller Siegel in hohem Maße Vertrauenssache<br />

und anfällig für Enttäuschungen. Zumal unklar<br />

definiert ist, was denn nun genau Öko ist. Viele Verwender<br />

sind jedoch an einer harten Definition gar nicht interessiert.<br />

Ein strenges Öko-Regime würden sie nicht durchhalten. Sie<br />

vertrauen ihrer eigenen Konsequenz bei der Öko-Verwendung<br />

wenig. Die Spielräume dessen, was Öko ist, halten viele Verwender<br />

paradoxerweise bei der Sache. Sie ersparen den ausdrücklichen<br />

Bruch des sich selbst gegebenen Versprechens,<br />

auf Öko umzusteigen.<br />

Vertrauen erfordert Bestätigung<br />

Weil Vertrauen von Natur aus eine kippelige Sache ist, muss<br />

man immer wieder Zeichen des Vertrauens geben und tut gut<br />

daran, auf solche zu achten. Für Vertrauen muss etwas getan<br />

werden. Es will unterhalten sein. So sollte man immer wieder<br />

deutlich machen: „Du kannst mir vertrauen. Ich bin mit unserer<br />

gemeinsamen Sache beschäftigt.” Aus solchen Zeichen<br />

besteht der Großteil der Markenpflege. Innovationen zeigen,<br />

dass eine Marke bestrebt ist, den Erwartungen der Kunden<br />

anhaltend zu genügen.<br />

Beispiele:<br />

Man schaut nach Zeichen vom Anderen und ist beunruhigt,<br />

wenn sie ausbleiben.<br />

Die Mineralölbranche gibt derzeit permanent Zeichen, man<br />

könne ihr keinesfalls vertrauen. Die Folgen für die Marken<br />

sind absehbar.<br />

Selbst hochseriöse große Automarken müssen durch großzügige<br />

Garantieversprechen erhärten, dass man ihnen vertrauen<br />

kann. Bei Automarken kommt hinzu, dass die Käufer ein Auto<br />

meist bis an die Schmerzgrenze rabattiert haben möchten. Sie<br />

machen sich nicht klar, dass sie damit die Glaubwürdigkeit von<br />

Vertrauensdeklarationen untergraben.<br />

Vertrauen dient der Vereinfachung<br />

Vertrauen ist eine Maßnahme der Vereinfachung und der<br />

Aufwandersparnis – allerdings um den Preis latenter Unsicherheit.<br />

Vertrauen erspart den Aufwand weitergehender<br />

Absicherungen. Die könnten in Form von hohem Informationsaufwand,<br />

ausgefeilten Verträgen kompliziert werden. Ist<br />

Vertrauen da, darf man mit bequemem Ablauf rechnen. Vertrauen<br />

ist eine Einrichtung der Kultur, die geeignet ist, das Leben<br />

angenehmer zu machen. Allerdings sollte man nicht zu<br />

viel Aufwand sparen. Gerne beklagen sich die, die es sich beim<br />

Vertrauen zu leicht gemacht haben.<br />

Eine wichtige Facette der Attraktivität von Social Media ist,<br />

Kontrolle bei Menschen auszuüben, denen man vertrauen<br />

möchte, oder sich zu versichern, dass sie auch nicht besser<br />

sind als man selbst. Eifrig spüren die User dem Wahrheitsgehalt<br />

von Selbstdarstellungen nach. Sie sind selbst interessiert,<br />

Daten anderer für eigene Zwecke zu nutzen. Vor diesem<br />

Hintergrund ist zu sehen, wenn Datenmissbrauch im Netz<br />

beklagt wird.


Vertrauen verspricht Vorteil und Belohnung<br />

Wer vertraut oder Vertrauen fordert, hat persönliche Vorteile<br />

im Sinn und erhält zudem die Gratifikation, an einer besseren<br />

Welt zu arbeiten. Man möchte einen geliebten Menschen sein<br />

Eigen nennen, mit Geld geholfen bekommen oder helfen, eine<br />

Ware sofort haben und später bezahlen. Vertrauen ist jedoch<br />

nicht nur egoistisch. Wer vertraut, gibt ein Beispiel, wie es in<br />

der Welt zugehen könnte, die dann besser wäre – was eine<br />

bedeutsame Belohnung für das Wagnis des Vertrauens sein<br />

kann. Die Vereinfachung des Lebens durch Vertrauen ist ein<br />

hohes Ideal. Ideale sind nicht die Wirklichkeit. Marken, die ihre<br />

Vertrauenswürdigkeit über lange Jahre erwiesen haben, sind<br />

etwas Kostbares.<br />

Beispiel:<br />

Durch Lifestyle-Positionierungen möchten Marken zeigen,<br />

dass sie mit ihren Angeboten an einer schöneren, genussvolleren,<br />

besseren Welt arbeiten. Seit Beginn der 90er Jahre<br />

ist der Eindruck entstanden, man zahle bei Lifestyle-Marken<br />

mangels substanzieller Leistung für Lifestyle-Blasen. Diesem<br />

Eindruck verdanken Handels- und Discountermarken ihren<br />

Aufstieg. Hier geht es um die pure Produktleistung. Man kauft<br />

nicht ein Flair oder eine Stimmung, sondern eine nachprüfbare<br />

Leistung.<br />

Wegen der Risiken des Vertrauens benötigt, wer vertraut,<br />

Nervenkraft und muss das Geschick haben, sich Hintertüren<br />

offenzuhalten. Gute Nerven sind vor allem beim Ausbleiben<br />

von Zeichen gefragt. Man sollte zu realistischen Urteilen fähig<br />

sein: Folge ich nur einem Marken-Hype, der durch Qualität<br />

nicht gerechtfertigt ist? Vertrauende treffen in der Regel Absicherungen<br />

für den Fall des Verrats. Ganz ohne Plan B lassen<br />

sich nur wenige Menschen auf pures Vertrauen ein. Handelsmarken<br />

sind der Plan B der Markenkäufer.<br />

Wer vertraut oder Vertrauen fordert, hat persönliche<br />

Vorteile im Sinn und erhält zudem<br />

die Gratifikation, an einer besseren Welt zu<br />

arbeiten.<br />

Vertrauen psychologisch und kulturell<br />

Psychologisch ist Vertrauen ein überpersonales seelisches<br />

System gegenseitiger Aneignung zwischen Personen oder<br />

Institutionen, zu denen auch die Marken gehören. Wenn es<br />

funktionieren soll, muss es bestimmten Bedingungen genügen.<br />

Das psychologische Vertrauens-Gefüge ist von Natur<br />

aus eine kippelige Angelegenheit. Jeder Beteiligte muss etwas<br />

dazutun und seinen Part erfüllen. Vertrauen hat mehrere<br />

Drehpunkte, an denen das Ganze kippen und scheitern kann.<br />

Zugleich aber ist Vertrauen bei aller Unvollkommenheit eine<br />

wohltuende kulturelle Errungenschaft, die allen Beteiligten<br />

das Leben erleichtert. Demgegenüber erscheint das aktuelle<br />

Begriffsverständnis als verfälschende Vereinfachung und wenig<br />

vertrauenerweckend. Wir folgen einem Idealisierungsbedürfnis<br />

und beschweren uns, dass die Welt nicht so ideal ist,<br />

wie wir es gerne hätten. Vertrauen ist von vorne herein nicht<br />

die lautere und moralisch einwandfreie Angelegenheit, als die<br />

es oft gilt.<br />

Von den kulturpsychologischen Hintergründen her muss man<br />

sagen, wir sind an der Wohltat funktionierender Vertrauensbeziehungen<br />

nicht so sehr interessiert. Mehr interessieren<br />

uns Chancen zum Wechseln – sei es im Spekulieren auf Maximalgewinn,<br />

Lebensabschnittspartnerschaften, dem Wechsel<br />

von Ernährungsstilen bis zum Markenswitch. Zugunsten der<br />

Flexibilität, immer wieder andere Verhältnisse eingehen zu<br />

können („Ein- und Auskuppeln”), hat sich Unlust am Dauerhaften<br />

und Konsequenten breitgemacht. Wir möchten zwar,<br />

dass man uns gegenüber das Vertrauen wahrt, sind jedoch<br />

selbst nicht bereit dazu. Die Kultur hat sich in eine Richtung<br />

entwickelt, die Vorteile intakter Vertrauensverhältnisse aushöhlt.<br />

Unsere aktuelle Wirtschaftskultur sehnt sich nach einer Restitution<br />

von Vertrauen. Nicht zufällig ist das Thema Nachhaltigkeit<br />

in den Vordergrund getreten.<br />

Marke als Vertrauensbeziehung<br />

Aus den Einsichten in das Funktionieren von Vertrauen ergeben<br />

sich Folgerungen, wie Marken sich in der aktuellen Situation<br />

verhalten sollten. Hier können nur allgemeine Hinweise gegeben<br />

werden. Die Bereitschaft zu einer Vertrauensbeziehung<br />

muss neu deklariert werden. Kontinuierlich müssen kommunikative<br />

und produktbezogene Zeichen gegeben werden, dass<br />

an der vertrauensvollen Beziehung zum Kunden anhaltend Interesse<br />

besteht. Die Vorteile einer stabilen Markenbeziehung<br />

sollten im Vordergrund stehen – nicht der Spaß am ständigen<br />

Ein- und Auskuppeln. Marken sollten glaubwürdig machen,<br />

dass sie und ihre Produkte wechselhaften Verhältnissen und<br />

Launen gewachsen sind. Mit einer vertrauensvollen Markenbeziehung<br />

lebt man bereits ein gesellschaftlich wichtiges Ideal.<br />

Mit einer Marke sollte ein substanzieller Vorteil verbunden<br />

sein und keine Lifestyle-Blase.<br />

Anmerkungen<br />

1) Befunde zu Produkten und Branchen beziehen sich auf tiefenpsychologisch<br />

ausgerichtete empirische Untersuchungen aus den Jahren<br />

2008 bis heute.<br />

2) Mit Kultur gemeint ist hier die regulierende Gesamtgestalt der Gegenwartskultur.<br />

3) Zitiert werden tiefen- und kulturpsychologische Untersuchungen<br />

von ZweiEinheit zu Marken und Produkten in den Bereichen Autos,<br />

Altersvorsorge, Biofood, Handelsmarken, Marken im 21. Jahrhundert,<br />

Smartphones, Social Media, Telekommunikationsanbieter,<br />

Zeitschriften uvam.<br />

7<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

8<br />

Best Paper 2012<br />

Markenerleben<br />

Heike Kindel und Uwe Munzinger zu einer neuen Leitwährung in Markenführung und Markenforschung<br />

im post-digitalen Zeitalter<br />

„Milka eröffnet Tempel der Versuchung”, Horizont, 21. März 2012<br />

Nach der „Bunten Schokowelt” von Ritter Sport, dem „Nivea Haus” in Berlin und Hamburg,<br />

Pop-up-Stores wie dem Schwarzkopf Store mit der „Lightbox by Karl Lagerfeld” oder Persil eröffnet<br />

nun auch Milka seine eigene dreidimensionale Markenerlebniswelt. Dies ist ein weiteres<br />

Beispiel für das „Aufrüsten” der Markenartikler im Kampf um die nicht alltäglichen, besonders<br />

attraktiven und intensiven Markenerlebnisse.<br />

Neben solchen eigens entwickelten Markenerlebniswelten<br />

wird der Point of Sale beziehungsweise der stationäre Handel<br />

zunehmend zum Ort der direkten Interaktion zwischen<br />

Mensch und Marke. Die Inszenierung von Einkaufs- und Erlebniswelten<br />

bietet einen Zusatznutzen in Form von Markengeschichten,<br />

Emotionen, Gemeinschaftsgefühl und Erlebnischarakter.<br />

Gleichzeitig wächst die Zahl der Interaktionen<br />

zwischen Menschen und Marke über digitale Kontaktpunkte<br />

rapide.<br />

Für Markenverantwortliche ist es elementar<br />

zu erfassen, welche analogen und digitalen<br />

Kontaktpunkte in welchem Maße das Erleben<br />

der eigenen Marke sowie der Marke der<br />

Wettbewerber bestimmen.<br />

Entscheidend ist aber nicht das einzelne Erlebnis, sondern<br />

die Summe aller positiven wie auch negativen, analogen oder<br />

digitalen, eigenen oder durch zweite Hand erfahrenen Begegnungen<br />

zwischen Mensch und Marke. Anders ausgedrückt:<br />

Das Markenerleben ist die Summe aller individuellen Markenerlebnisse.<br />

Die Mehrzahl der vielfältigsten Markenkontakte<br />

nehmen wir dabei nur flüchtig wahr und verarbeiten diese<br />

nicht explizit.<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Heike Kindel<br />

Manager Research & Intelligence, MUSIOL MUN-<br />

ZINGER SASSERATH, Berlin, betreut die strategischen<br />

Forschungsaktivitäten des Unternehmens.<br />

Kindel verfügt über langjährigeErfahrung in der<br />

strategischen Markenberatung und <strong>Markt</strong>forschung.<br />

Diese Vielzahl an bewussten und meist unbewussten, geplanten<br />

und auch unbeabsichtigten Erlebnissen prägt unser<br />

Bild von Marken und damit unsere Präferenzen. Letztendlich<br />

bestimmt das ganzheitliche Erleben von Marken unser Verhalten,<br />

nicht allein das rationale Verstehen jeder einzelnen<br />

Begegnung. Eine offensichtliche Herausforderung für die Markenführung<br />

ist es daher, besonders attraktive und intensive<br />

Markenerlebnisse zu schaffen sowie die Vielzahl der Markenbegegnungen<br />

im Sinne des gewünschten Markenerlebens widerspruchsfrei<br />

zu steuern.<br />

Die Relevanz von Markenerlebnissen für die Prägung von Einstellung<br />

und Verhalten der Menschen gegenüber Marken und<br />

die Differenzierung im Wettbewerb macht das Markenerleben<br />

zur neuen Leitwährung der Markenführung. Die Markenerleben-Perspektive<br />

erlaubt eine neuartige Sicht auf zentrale Aspekte<br />

der Markenführung und ist die Grundlage eines zeitgemäßen<br />

Denk-, Forschungs- und Steuerungssystems.<br />

Die Markenerleben-Perspektive impliziert dabei drei zentrale<br />

Aufgabenfelder:<br />

Das Messen des Markenerlebens und des Beitrags verschiedener<br />

Arten von Markenerlebnissen.<br />

Das Wissen, welche Rolle die verfügbaren Kanäle für die eigene<br />

Marke und das Markenerleben in der Kategorie spielen.<br />

Das Erlebbarmachen von Marken auf Basis von Messen<br />

und Wissen.<br />

Uwe Munzinger<br />

Geschäftsführer, MUSIOL MUNZINGER SASSE-<br />

RATH, Berlin, startete seine berufliche Laufbahn<br />

bei der GfK Gruppe im Bereich der internationalen<br />

Werbeforschung. Bei der BBDO Gruppe war er erster<br />

Geschäftsführer für Strategische Planung und<br />

Research für Europa, danach Geschäftsführer und<br />

Gesellschafter von icon Brand Navigation (heute:<br />

Icon Added Value) und ist Mitbegründer des Unternehmens<br />

Musiol Munzinger Sasserath in Berlin.


Messung des Markenerlebens<br />

Für Markenverantwortliche ist es elementar zu erfassen, welche<br />

analogen und digitalen Kontaktpunkte in welchem Maße<br />

das Erleben der eigenen Marke sowie der Marke der Wettbewerber<br />

bestimmen. Denn nur was man messen kann, kann<br />

man auch steuern. Bisherige Ansätze bewerten meist nur die<br />

Auswirkungen des Markenerlebens, wie Klickraten, Abverkäufe,<br />

Fanzahlen auf Facebook, Kaufabsichten, Empfehlungsbereitschaften<br />

etc.<br />

Alle diese Wirkungsmaße haben natürlich ihre Daseinsberechtigung,<br />

um die Performance einzelner Kanäle zu evaluieren.<br />

Aber sie geben keinen Aufschluss über Wirkungszu-<br />

sammenhänge und lassen keine Vergleiche zwischen Kanälen<br />

zu. Um eine Marke ganzheitlich steuern und die richtigen<br />

Marken-Investment-Entscheidungen treffen zu können, ist<br />

es aber notwendig, die einzelnen Kontaktpunkte nicht isoliert,<br />

sondern in ihrer Gesamtheit zu betrachten und ihren jeweiligen<br />

Beitrag zum Markenerleben als Steuerungskenngröße zu<br />

ermitteln. Dafür bedarf es einer einheitlichen Währung, die für<br />

jede Art von Markenerlebnis gilt und valide mit tatsächlichen<br />

<strong>Markt</strong>entwicklungen korrespondiert.<br />

Ein innovatives, empirisch fundiertes Markenerleben-Steuerungssystem<br />

ermöglicht es, jede Art von Begegnung zwischen<br />

Menschen und Marken – egal ob analog oder digital,<br />

9<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

10<br />

medial oder non-medial – in einer gemeinsamen „Währung”<br />

zu quantifizieren und in Bezug zu den Investments zu stellen.<br />

Diese Währung ist das Markenerleben der Menschen. Damit<br />

lässt sich in einer kontaktübergreifenden Währung aufzeigen,<br />

welche Kontakte maßgeblich das Markenerleben prägen<br />

und welchen Return einzelne Aktivitäten tatsächlich erzielen:<br />

Welchen Anteil am Markenerleben hat die TV-Kampagne im<br />

Vergleich zum Facebook-Auftritt, welchen Beitrag leistet der<br />

Online-Shop im Vergleich zur Empfehlung von Freunden oder<br />

Bekannten? Oder im Vergleich zu einem Bericht von Stiftung<br />

Warentest oder dem Sponsoring von Events?<br />

Konkretes Vorgehen<br />

Am Anfang des Prozesses steht die Definition der strategischen<br />

Markenplattform mit der Markenerleben-Dreiheit Inhalt,<br />

Signal, Kanal. An dem Punkt, an dem Mensch und Marke<br />

aufeinandertreffen, werden Informationen übermittelt, und<br />

zwar die Informationen einer Marke: Wofür steht eine Marke,<br />

welche Leistungen bietet sie, welchen Charakter hat sie und<br />

welche Signale machen eine Marke unverkennbar. An jedem<br />

Kontaktpunkt erlebt der Mensch über verschiedene Kanäle die<br />

spezifischen Inhalte und Signale einer Marke. Die Betrachtung<br />

und Bestimmung des Erlebens einer Marke geht daher über<br />

eine reine Kontaktpunktbetrachtung hinaus und führt immer<br />

über die Markenerleben-Dreiheit, die in einem empirischen<br />

Prozess abgebildet wird.<br />

Im Folgenden konzentrieren wir uns aus Gründen der Klarheit<br />

der Darstellung ausschließlich auf die Messung der Kanäle, die<br />

sozusagen als „Träger” für Inhalte und Signale funktionieren.<br />

Für diese Evaluation der Kanäle nutzen wir den von Integration<br />

(IntegrationTM-IMC) entwickelten MCA (Market Contact<br />

Audit)-Ansatz, den wir für unsere Zwecke spezifisch adaptiert<br />

bzw. weiterentwickelt haben.<br />

Die Betrachtung und Bestimmung des Erlebens<br />

einer Marke geht über eine reine<br />

Kontaktpunktbetrachtung hinaus und führt<br />

immer über die Markenerleben-Dreiheit, die in<br />

einem empirischen Prozess abgebildet wird.<br />

Wesentlich für die Steuerung des Markenerlebens ist das Verständnis<br />

der relevanten Kontaktpunkte in einer Kategorie und<br />

für die verschiedenen Zielgruppen. Jede Kategorie funktioniert<br />

hierbei nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten. Ist beim Autokauf<br />

die Probefahrt ausschlaggebend, ist bei der Anschaffung<br />

von Technik der Produkttest der wichtigste Kanal. Bei Tankstellen<br />

hingegen spielt der Sanitärbereich eine sehr wichtige<br />

Rolle. Für jede Kategorie ist es daher notwendig, die relevanten<br />

Kanäle zu identifizieren.<br />

In einer qualitativen Vorstufe, die zum einen aus Interviews<br />

mit Unternehmensvertretern und zum anderen aus Fokus-<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

gruppen mit relevanten Bezugsgruppen besteht, werden alle<br />

Kanäle, über die man eine Marke im Kontext der „Customer<br />

Journey” erleben oder mit ihr in Kontakt treten kann, erfasst<br />

und bezüglich ihrer Relevanz im Kaufentscheidungsprozess<br />

bewertet.<br />

Aus dieser Liste, die nicht selten 80 Kanäle und mehr enthält,<br />

werden die 36 relevantesten Kanäle ausgewählt und in einer<br />

quantitativen Online-Studie sowohl bezüglich ihrer Relevanz<br />

als auch ihrer Reichweite beziehungsweise ihrer Leistung in<br />

der Wahrnehmung der Marke evaluiert.<br />

Die Relevanz jedes Kanals wird mithilfe von drei Wirkdimensionen<br />

bestimmt: Information, Attraktivität und Überzeugungskraft.<br />

Dabei wird eine Fragetechnik benutzt, die nicht<br />

die postrationalen Einschätzungen erfasst, sondern auf einer<br />

für Befragte einfachen, aber ausgeklügelten Systematik<br />

(„Bauchgefühl”) beruht, die explizite und implizite Dimensionen<br />

berücksichtigt und das Erleben über die drei zentralen<br />

Wirkgrößen erfasst.<br />

Diese Wirkgrößen tragen auf unterschiedliche Weise zum<br />

Markenerleben bei, so dass die individuelle Leistungsfähigkeit<br />

der verschiedenen Kanäle bezüglich der kognitiven, affektiven<br />

und konativen Wirkweise durchaus stark variieren kann. Das<br />

Maß für die individuelle Relevanz eines Kanals ist der sogenannte<br />

Kanal-Relevanz-Faktor, der die Vergleichbarkeit aller<br />

Kanäle – egal ob medial oder non-medial, digital oder analog,<br />

direkt oder indirekt – gestattet. Ergebnis dieser Analyse ist ein<br />

Ranking aller Kanäle nach Wichtigkeit.<br />

Die Reichweite beziehungsweise Performance jeder Marke auf<br />

diesen Kanälen wird durch die Assoziationen einer Marke und<br />

deren Wettbewerber über jeden einzelnen Kanal quantifiziert.<br />

Ermittlung des Markenerlebens<br />

Zur Berechnung der Größe des Markenerlebens wird der<br />

Relevanz-Faktor eines Kanals mit dessen Reichweite beziehungsweise<br />

Wahrnehmungshäufigkeit kombiniert und in sogenannten<br />

Markenerlebnispunkten (MEP) ausgegeben. Die<br />

Markenerlebnispunkte über alle 36 Kanäle hinweg bilden die<br />

gesamte Größe des Markenerlebens einer Marke.<br />

Die Größe des Markenerlebens einer Marke entspricht dem<br />

psychologischen <strong>Markt</strong>anteil einer Marke in einer Kategorie<br />

und korreliert äußerst hoch (Ø r = 0.8 – 0.9) mit den realen<br />

<strong>Markt</strong>anteilen. Dieser Zusammenhang wurde mehrfach von<br />

unabhängigen Quellen (wie INSEAD oder der ARF) bestätigt<br />

und entspricht unseren eigenen Erfahrungen in Kategorien<br />

wie LEH, Mode, PKW, Technologie, Telekommunikation oder<br />

Energie.<br />

Für jeden Kanal und jede Kanalkategorie kann nun der Anteil<br />

am gesamten Markenerleben einer Marke ermittelt und in Bezug<br />

zu den Wettbewerbsmarken gestellt werden. Verfügt jede<br />

Kategorie über ihre spezifische Relevanz von Kanalkategorien,<br />

ist jedoch allen Kategorien gemein, dass zehn Kanäle bereits


50 Prozent des gesamten Markenerlebens einer Marke ausmachen.<br />

Effizienz der Kanäle<br />

Durch die Gegenüberstellung der erzielten Markenerlebnispunkte<br />

(MEP) und der getätigten Investitionen lassen sich<br />

präzise Input-/Output-Berechnungen anstellen, die die Effizienz<br />

und Effektivität jedes einzelnen Kanals bestimmen und<br />

den jeweiligen Return on Brand Investment analysieren. Diese<br />

ROBI-Berechnungen ermöglichen den sinnvollen Einsatz von<br />

Budgets und die gezielte Steuerung der Markenaktivitäten.<br />

Markenerleben maximieren<br />

Auf Basis der Erkenntnisse des Markenerleben-Steuerungssystems<br />

konnte z.B. Takko Fashion durch die gezielte Optimierung<br />

der wirkungsvollsten Kanäle in der Kategorie und die<br />

sinnvolle Verknüpfung von relevanten und reichweitenstarken<br />

Kanälen seinen Anteil am Markenerleben der Kategorie<br />

sowie seinen <strong>Markt</strong>anteil im <strong>Markt</strong> der Fashion Discounter<br />

deutlich steigern.<br />

Marken transmedial erlebbar machen<br />

Das Verständnis der Wirkungsweise einzelner Kanäle in einer<br />

Kategorie ist die Basis, um eine Marke erlebbar zu machen<br />

und effizient und effektiv zu steuern. Dabei spielt im digitalen<br />

Zeitalter insbesondere die transmediale Verknüpfung analoger<br />

und digitaler Kontaktpunkte eine zentrale Rolle.<br />

Was kompliziert klingt, ist in der Praxis manchmal ganz einfach.<br />

Nehmen wir ein triviales Produkt wie Suppe. Durch einen<br />

einfachen Link oder QR-Code auf der Packung beziehungsweise<br />

Dose öffnet sich dem Anwender eine virtuelle Welt zu<br />

einer kreativen Koch-Community, mit Rezepten, Kochkursen,<br />

Tipps, Anleitungen etc. Finden diese Anregungen ihren Weg<br />

aus dem Internet zurück in die heimische Küche, ist der Weg<br />

vom analogen Produkt in die virtuelle Welt und zurück in die<br />

Küche gelungen. Die Marke Progresso ist diesen Weg gegangen<br />

und hat mit „The Idea Pantry” einen Weg geschaffen, den<br />

Kunden einen Mehrwert zu bieten und damit das Markenerleben<br />

einer einfachen Suppe deutlich zu erweitern.<br />

Bei der Analyse des Markenerlebens in einer Kategorie geht<br />

es deshalb auch nicht ausschließlich um die Betrachtung und<br />

Bewertung einzelner Kanäle, sondern um die Identifikation<br />

von Möglichkeiten für geeignete Verknüpfungsstrategien, die<br />

impactstarke beziehungsweise intensive, aber reichweitenschwache<br />

Kanäle mit solchen mit schwächerem Impact, aber<br />

hoher Reichweite verknüpfen.<br />

Das folgende Praxisbeispiel einer besonders gelungenen Verknüpfung<br />

von (analogem) Impact und (digitaler) Reichweite,<br />

die Einführung des Mini „Countryman” in Schweden, soll<br />

dieses Prinzip illustrieren. In Stockholm hatte während der<br />

Launch-Aktion „Getaway” jeder die Möglichkeit, via iPhone<br />

und einer App den neuen Mini Countryman zu „jagen”. Quasi<br />

eine reale Jagd auf einen virtuellen Mini, um einen echten zu<br />

gewinnen. So funktionierte das Ganze: Mit Hilfe der App, wel-<br />

che die eigene Position mittels GPS ermittelte, musste man<br />

sich auf mindestens 50 Meter dem virtuellen Mini nähern und<br />

diesen dann „schnappen”. Dann hieß es wegzukommen und<br />

keinen anderen Teilnehmer mehr als 50 Meter an sich heranzulassen.<br />

Der am Ende erfolgreiche Jäger gewann schließlich<br />

einen echten Mini Countryman.<br />

Was kompliziert klingt, ist in der Praxis<br />

manchmal ganz einfach. Nehmen wir ein<br />

triviales Produkt wie Suppe. Durch einen einfachen<br />

Link oder QR-Code auf der Packung<br />

beziehungsweise Dose öffnet sich dem Anwender<br />

eine virtuelle Welt zu einer kreativen<br />

Koch-Community …<br />

Die Mechanik funktionierte folgendermaßen. Zunächst wurde<br />

ein Film auf YouTube gepostet, der die App erklärte. Dieser<br />

Film wurde in kurzer Zeit mehr als 100.000 Mal gesehen. Im<br />

Radio wurde in der Woche vor der Kampagne und während der<br />

Aktionswoche jeden Tag über die Aktion berichtet. Zusätzlich<br />

gab es eine Kooperation mit „Tejbz”, einem der erfolgreichsten<br />

und bekanntesten Gamer mit Hunderttausenden Follower,<br />

Liker und Abonnenten auf seinen Social Media-Präsenzen.<br />

Außerdem wurde traditionelle Radio- und Anzeigenwerbung<br />

geschaltet, um auf die Aktion aufmerksam zu machen.<br />

Die Resultate: Während der Aktionswoche nahmen 11.413<br />

Menschen vor Ort in Stockholm teil und hatten ein extrem intensives<br />

Markenerlebnis. Die durchschnittliche Spieldauer betrug<br />

über 5 Stunden pro Person. Hunderttausende Menschen<br />

aus mehr als 90 Ländern verfolgten die Aktion über die Webseite<br />

minigetawaystockholm.com und generierten somit eine<br />

globale Reichweite für das lokale Erlebnis. Die Verkäufe des<br />

Mini stiegen nach Unternehmensangaben im ersten Quartal<br />

nach der Aktion um 108 Prozent (Rekord in Schweden).<br />

Der Mini-Countryman-Launch ist ein schönes Beispiel, wie<br />

sich ein extrem intensives, analoges Erlebnis für eine begrenzte<br />

Zahl von Menschen mit reichweitenstarken digitalen Kanälen<br />

verknüpfen lässt und so globale Aufmerksamkeit erfährt.<br />

Fazit<br />

Das Markenerleben, verstanden als die Summe aller analogen<br />

und digitalen Begegnungen zwischen Mensch und Marke,<br />

wird im digitalen und postdigitalen Zeitalter die Leitwährung<br />

in der Markenführung sein. Gewinnen werden die Marken, die<br />

es verstehen, das Markenerleben präzise zu messen, kreativ<br />

und effektiv zu managen und letztendlich zu maximieren.<br />

Eine spannende Zukunft für Markenführung und Markenforschung.<br />

11<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

12<br />

Web 2.0 = Markenführung 2.0<br />

Christoph Prox, Icon Added Value, zur Frage, ob morgen alles anders wird<br />

Sind Sie lieber auf Xing oder auf Linked-in? Oder doch auf Facebook? Selbst wenn Sie den<br />

Netzwerken noch widerstehen, wann haben Sie zuletzt nach Rezensionen geschaut bei der<br />

Buchung einer Urlaubsreise, beim neuen Auto, der Stereoanlage, der Fotokamera oder dem<br />

Staubsauger? Vielleicht haben Sie mit alldem ja nach wie vor nichts zu tun, dann allerdings<br />

gehören Sie einer aussterbenden Spezies an.<br />

Täglich gehen auf Wordpress 50.000 Blogs online, Unternehmen<br />

wie Metro, Yello, Jack Wolfskin oder adidas haben 2011<br />

Corporate Blogs eröffnet. Und auch wenn der Börsengang von<br />

Facebook wohl nicht als der große Erfolg tituliert werden kann,<br />

den Mehrwert von Facebook für die europäische Wirtschaft<br />

taxierte Deloitte kürzlich mit 15,3 Mrd. Euro.<br />

Die Zeiten, da eine Marke einmal sauber<br />

durchdekliniert wurde und das umgesetzt<br />

wurde und dann alle paar Jahre ein Marken-<br />

Relaunch kam, sind für die meisten vorbei.<br />

Heute gilt: Always on. Das bedeutet, dass<br />

Marken keine statischen Gebilde mehr sind,<br />

sondern zu aktiven, pulsierenden Systemen<br />

werden sollten, die in Kontakt mit ihren Zielgruppen<br />

treten.<br />

Warum ist das alles für die Markenführung so relevant?<br />

Relevant ist das deswegen, weil diese Entwicklung gesellschaftliche<br />

Implikationen hat. Weil sich nicht nur die Medienlandschaft<br />

und die Technologie ändern, sondern mit ihr auch<br />

das Verhalten der Menschen und wie sie ihr Markenwissen<br />

erwerben. Die Art der Informationsaufnahme – das Kurze,<br />

Komprimierte, Gehetzte – ist zum allgemeinen Standard geworden.<br />

Die Geduld sinkt, die Bereitschaft, sich mit etwas in<br />

der Tiefe auseinanderzusetzen, ebenso. Gleichzeitig steigt die<br />

Reizschwelle, die überschritten werden muss, um überhaupt<br />

noch wahrgenommen zu werden. Bewertungen und Empfehlungen<br />

ersetzen die eigene Meinungsbildung, Marken verlieren<br />

in einzelnen Bereichen bereits die Hoheit über Qualitätsversprechen.<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Christoph Prox<br />

CEO und Mitglied des Global Management Board<br />

der Icon Added Value Group, Nürnberg, startete<br />

seine berufliche Karriere bei einer internationalen<br />

Unternehmensberatung. Seit 1994 ist er bei Icon<br />

Added Value in Nürnberg tätig.<br />

Inwiefern ändern Internet und die neuen Medien die Gesellschaft?<br />

Die sozialen Medien bieten das, was man eigentlich unter<br />

Kommunikation versteht, nämlich Austausch, Konversation.<br />

Sie entwickeln sich deswegen so rasant, weil sie die Bedürfnisse<br />

der Menschen nach sozialer Interaktion und Unterhaltung<br />

bedienen. Märkte werden daher immer stärker durch<br />

situativen Austausch geprägt. Vernetzung als neue Form der<br />

sozialen Ordnung. Urteilsbildung wird von einem individuellintuitiven<br />

zu einem statistischen sozialen Vorgang. Man<br />

wählt, was die besten Bewertungen bekommt.<br />

Das geht einher mit einem veränderten Bewusstseinszustand:<br />

Ein Strom aus Anreizen und Informationen, die uns<br />

wichtig sind. Ein persönlicher Informations- und Lebensfluss,<br />

der sich dynamisch verändert. Der Lese- und Verarbeitungsvorgang<br />

gleicht hier eher einem schnellen, intuitiven Scannen<br />

und Filtern von Informationen. Wobei der Strom interaktiv<br />

ist. Mit Posts, Kommentaren oder Klicks beeinflussen wir die<br />

Fließrichtung und -geschwindigkeit. In Zukunft wird das Netz<br />

recht genau wissen, was uns interessiert. Es wird den Strom<br />

intelligent mit personalisierten Informationen, Dokumenten,<br />

Terminen und Vorschlägen füttern. Beruflich wie privat. Dieser<br />

personalisierte Informationsstrom wird von überall aus<br />

zugänglich sein. Fast immer auf Standby, gewissermaßen „Always<br />

in”.<br />

Für was auch immer wir uns interessieren, die Informationsfülle<br />

wird es erlauben, sich endlos mit den „High-<br />

Involvement”-Themen zu beschäftigen. Da der Tag aber auch<br />

in Zukunft leider nur 24 Stunden haben wird, werden Zweite-<br />

Reihe-Themen leiden und alles andere genauso wenig Zeit<br />

abbekommen wie bisher. Das bedeutet aber umgekehrt, dass<br />

für diese Themen „mentale Abkürzungen”, die die Entscheidungsprozesse<br />

vereinfachen – und das sind Marken ja nun<br />

einmal –, relevant bleiben oder noch relevanter werden.<br />

Wissen wird als Erfolgsfaktor weniger wichtig. Somit wird<br />

sich auch das Erlernen von Informationen ändern. Es wird<br />

oberflächlicher, schneller, kürzer. Wie Mittelstraß schon in<br />

den 90ern prophezeit hat: Wir werden zu Informationsriesen<br />

und Wissenszwergen. Aktionismus und Herdentrieb ersetzen<br />

überlegtes Handeln.


13<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

14<br />

Soziale Medien. Die Antwort auf alles?<br />

Es gibt keine allgemeingültige Antwort auf die Relevanz der<br />

sozialen Medien für die Markenführung. Es ist tatsächlich von<br />

Kategorie zu Kategorie unterschiedlich. Nachvollziehbar, aber<br />

wenig hilfreich. Wir haben daher ein Systematisierungsraster<br />

erarbeitet, das zeigt, welches Potenzial soziale Medien aus<br />

dem Stand entwickeln können. Auf der Y-Achse der Abbildung<br />

1 ist Involvement, auf der X-Achse die Erklärungsbedürftigkeit<br />

abgebildet. Der Faktor Involvement: Das Web ist – im Gegensatz<br />

zum Fernsehen – ein Aktiv-Medium. Ich beschäftige mich<br />

mit den Themen, die mich interessieren. Den Rest blende ich<br />

aus. Der Faktor Erklärungsbedürftigkeit: Unabhängig vom Involvement<br />

gibt es Themen, bei denen ich mich auskenne oder<br />

die so simpel sind, dass ich sie auch ohne Hilfe verstehe. Und<br />

solche, wo es etwas komplizierter wird – technische Zusammenhänge,<br />

oder komplexere Dienstleistungen. Hier kann ein<br />

wenig Aufschlauen nicht schaden.<br />

Abbildung 1: Systematisierungsraster<br />

Selbst-<br />

erklärend<br />

Alkohol<br />

Parfüm<br />

Bekleidung &<br />

Accessoires<br />

Bio/Functional Food<br />

Food<br />

Non-Food-Konsumgüter<br />

High Involvement<br />

Low Involvement<br />

Erklärungs-<br />

bedürftig<br />

Hohe Bedeutung für die Markenführung haben die sozialen<br />

Medien im Feld „High Involvement / Erklärungsbedürftig”: Die<br />

Menschen interessieren sich für die Produkte und wünschen<br />

sich mehr Informationen. Im Feld „Low Involvement / Selbsterklärend”<br />

gibt es dieses Bedürfnis nur, wenn konkrete Entscheidungen<br />

anstehen. Schwierig wird es im Feld „Low Involvement<br />

/ Erklärungsbedürftig”: Die Produkte und ihre Absendermarken<br />

sind eher einfach und zusätzlich nicht besonders interessant.<br />

Die Produkte im Feld „High Involvement / Selbsterklärend”<br />

sind einfach, üben aber mehr Faszination und daher mehr Anziehungskraft<br />

aus. Zentral bleibt: Wer Menschen erreichen will,<br />

muss ihnen einen relevanten Nutzen bieten.<br />

Bei erklärungsbedürftigen Produkten kann der Absender mit<br />

geeigneten Serviceangeboten helfen. Ist das Involvement<br />

noch entsprechend hoch, bestehen hier tatsächlich Chancen<br />

für eine kontinuierliche Interaktion mit der Marke. Wenn<br />

dann der Bausparvertrag aber einmal abgeschlossen ist, der<br />

Stromtarif umgestellt oder das DSL-Netz läuft, ist es mit der<br />

Interaktion allerdings fürs Erste vorbei. Schwierig wird es,<br />

wenn wenig zu erklären oder zu helfen ist. Wenig Menschen<br />

interessieren sich ernsthaft für die Ingredienzien von Knäckebrot.<br />

Hier muss man auffallen, kreativ sein, häufig unterhalten<br />

– aber das bitte mit Bezug zum Markenversprechen.<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Automobil<br />

Computer<br />

Telko-Endgeräte<br />

Reisen<br />

Hobby<br />

Versicherungen<br />

Banken<br />

Energie<br />

Telko-Provider<br />

Vier konkrete Handlungsempfehlungen:<br />

1. Etablieren Sie ein Notfall-Team<br />

Auch wenn Sie nichts im Bereich soziale Medien unternehmen<br />

wollen, sollten Sie auf jeden Fall ein „Notfall-Team” etablieren.<br />

Denn auch das beliebteste Unternehmen kann in eine Web-<br />

Krise geraten. Und dann muss schnell und professionell gehandelt<br />

werden. Klassische hierarchische Abstimmungsprozesse<br />

funktionieren dann nicht mehr, weil die zu bearbeitende<br />

und beantwortende Flut an Meldungen die Kapazität von einzelnen<br />

oder einer PR-Abteilung bei weitem übersteigt. Und in<br />

Echtzeit reagiert werden muss.<br />

Wie schnell man in eine Krise geraten kann, in der man sich<br />

einen solchen Notfallplan wünscht, zeigt der neueste Fall um<br />

Hipp’s Instant-Tee für Kleinkinder, der sich statt als Durstlöscher<br />

für Kinder, wie eigentlich beworben, als Zuckerbombe<br />

und damit als nur gelegentlich zu verzehrende Süßigkeit entpuppte.<br />

Für das bis dato als vertrauenswürdig geltende Unternehmen<br />

war das ein handfester Skandal, für den es sogar<br />

den „Goldenen Windbeutel 2012” erhielt. Also: Wählen Sie geeignete<br />

Mitarbeiter aus und schulen Sie diese entsprechend.<br />

Und entwickeln Sie einen Notfallplan.<br />

2. Passen Sie Ihre Schlagzahl der neuen Welt an<br />

Markenführung wird agiler und dynamischer. Die Zeiten, da<br />

eine Marke einmal sauber durchdekliniert wurde, das umgesetzt<br />

wurde und dann alle paar Jahre ein Relaunch kam, sind<br />

für die meisten vorbei. Auch hier gilt: Always on. Das bedeutet,<br />

dass Marken keine statischen Gebilde mehr sind, sondern zu<br />

aktiven, pulsierenden Systemen werden sollten, die in Kontakt<br />

mit ihren Zielgruppen treten und mit diesen bestenfalls interagieren<br />

– die vor allem im High-Involvement-Bereich neue<br />

Impulse setzen müssen, um interessant und im Gespräch zu<br />

bleiben. Und im Low-Involvement-Bereich immer wieder aktualisieren<br />

müssen, um in den Köpfen zu bleiben. Das heißt<br />

auch, dass Marken interessant und facettenreich sein müssen,<br />

dass sie in der Lage sein müssen zu überraschen. Ein<br />

sehr enges Korsett ist dabei schädlich. Es geht in Zukunft weniger<br />

um rigide, detailliert durchdeklinierte „executional mandatories”<br />

als um Kohärenz.<br />

Die sozialen Medien bieten das, was man<br />

eigentlich unter Kommunikation versteht,<br />

nämlich Austausch, Konversation. Sie entwickeln<br />

sich deswegen so rasant, weil sie<br />

die Bedürfnisse der Menschen nach sozialer<br />

Interaktion und Unterhaltung bedienen.<br />

Aber werden Sie nicht zu Aktionisten. Es gilt, die Zügel noch<br />

selbst in der Hand zu halten und nicht zum Getriebenen zu<br />

werden. Desaster-Check und Trendmonitoring: Ja. Permanentes<br />

Feedback über die Beobachtung und Auswertung dieser<br />

Rund-um-die-Uhr-Kommunikation hält Sie aber von dem ab,<br />

was Sie eigentlich tun sollten.


3. Hauchen Sie Ihrer Marke Leben ein<br />

Und damit wird ein vielfach vernachlässigtes und unterschätztes<br />

Thema immer wichtiger: Markenpersönlichkeit.<br />

Heute häufig als Appendix oder lästige Pflichtübung der Markenführung<br />

betrachtet, ergeben sich hier tatsächlich Chancen<br />

zur Differenzierung und Aktivierung. Allerdings nicht, wenn<br />

man es mit den üblichen Worthülsen wie „jung, dynamisch,<br />

weltoffen” oder „seriös, kundenorientiert, modern” versucht.<br />

Das ist nicht nur beliebig, es wird auch von zehn am Markenführungsprozess<br />

beteiligten Personen unterschiedlich verstanden<br />

werden. Beste Voraussetzungen also für eine stringente<br />

Umsetzung.<br />

Es geht auch anders. Eine Marke ist ein Produkt mit Persönlichkeit.<br />

Der Charakter ist die Klammer für die Markenidentität.<br />

Wenn er stimmig und spezifisch definiert ist, können Sie<br />

aus ihm einen großen Teil des Markenversprechens und auch<br />

der Signatur-Elemente ableiten. Wichtig ist, dass die Markenpersönlichkeit<br />

holistisch wird, dass Sie sich der Person quasi<br />

gegenüber sehen. Wenn Sie eine solche Markenpersönlichkeit<br />

aus Fleisch und Blut entwickelt haben, hat das gleich mehrere<br />

Vorteile: Sie wird tatsächlich weitgehend einheitlich gesehen<br />

und kann damit auch konsistent über Marketing-Mix-Elemente<br />

und Touchpoints umgesetzt werden – egal wer dafür<br />

verantwortlich ist. Auch kann sie viel leichter in die Zukunft<br />

geführt werden und sich weiterentwickeln. Wie Menschen<br />

eben auch.<br />

Wir arbeiten hier in der jüngsten Zeit verstärkt mit Archetypen.<br />

Kein neues Denkmodell, aber in seiner praktischen Anwendbarkeit<br />

deutlich optimiert. Das Grundmodell unterscheidet<br />

zwischen 12 Archetypen, wie dem Weisen, dem Entdecker, dem<br />

Magier oder dem Herrscher – was zur Entwicklung von Markenpersönlichkeiten<br />

zu undifferenziert wäre. Wenn Sie aber<br />

den primären und sekundären Archetyp einer Marke kombinieren,<br />

erhalten Sie 132 unterschiedliche Varianten – beileibe<br />

genug, um sehr spezifische Persönlichkeiten zu definieren.<br />

Damit das nicht zu abstrakt bleibt, zwei Beispiele. Zum einen<br />

Mini: Die Persönlichkeit ist hier am ehesten eine Kombination<br />

aus drei Archetypen: Rebell, Spaßvogel und Unschuldiger.<br />

Also ein wenig keck, schlagfertig, und immer gut drauf. Und<br />

jemand, dem man einfach nichts übel nehmen kann. In Kombination<br />

ergibt das so etwas wie den „charmanten Draufgänger”.<br />

Eine solche Marke kann keine Sänften bauen, auch keine<br />

Vernunftautos. Sondern Autos, die Spaß mit einer gewissen<br />

Coolness verbinden, bei denen ein „vernünftiges Maß an Unvernunft”<br />

eine Dosis Eskapismus aus dem Alltag garantiert.<br />

Das funktioniert auch in anderen Branchen, z.B. im Finanzdienstleistungsmarkt.<br />

Die Deutsche Bank ist in der Archetyp-<br />

Kombination so etwas wie Herrscher und Held. Held weniger<br />

in der Ausprägung des selbstlosen Feuerwehrmanns als des<br />

unerschrockenen Kämpfers. Daraus wird dann ein Feldherr:<br />

Staatsmännisch, autoritär, weltgewandt, leistungsorientiert<br />

bis zur Rücksichtslosigkeit, nach innen wie nach außen – in<br />

Deutschland stark über den ehemaligen CEO Ackermann definiert.<br />

Daraus lassen sich Versprechen wie „kühle Professio-<br />

nalität”, „Streben nach Exzellenz”, „für Menschen mit hohen<br />

Ansprüchen”, „Exklusivität” oder „Auswahl international führender<br />

Produkte” fast zwingend ableiten. Dazu ein – trotz des<br />

handgeschriebenen Leistungsversprechens „Leidenschaft” –<br />

eher kühler, souveräner, reduzierter Auftritt. In Summe macht<br />

sie das zu einer der wohl polarisierendsten Finanzdienstleister-Marken<br />

überhaupt. Für manche untragbar. Für andere alternativlos.<br />

4. Leben Sie Ihre Marke im Unternehmen<br />

Mit der Dynamisierung der Marke und dem Ansteigen der<br />

Touchpoints werden mehr und mehr Mitarbeiter mit der Außenwelt<br />

interagieren und somit zum Markenbotschafter. Damit<br />

das geschehen kann, muss allerdings die Markenidentität<br />

im Unternehmen zunächst verstanden und verinnerlicht werden.<br />

Warum? Wenn eine Marke ständig neue Impulse setzen<br />

soll, muss klar sein, wofür sie steht. Was zur Marke passt, und<br />

wo ihre Grenzen sind. Marke durfte nie komplex sein. Jetzt<br />

aber gibt es ein explizites Postulat nach Einfachheit.<br />

Mit der Dynamisierung der Marke und dem<br />

Ansteigen der Touchpoints werden mehr und<br />

mehr Mitarbeiter mit der Außenwelt interagieren<br />

und somit zum Markenbotschafter.<br />

Zum einen, weil die Welt sich so schnell dreht, dass für um<br />

die Ecke Gedachtes keine Zeit mehr ist. Zum anderen, weil die<br />

Marke vom Unternehmen als Ganzes verinnerlicht werden<br />

muss, nicht nur von Marketing und Vertrieb, und als Bestandteil<br />

der Unternehmenskultur internalisiert. Der Unterschied zu<br />

einem stärker monolithisch-statischen Markenverständnis<br />

ist, dass die Markenidentität eher als Korridor, denn als Punkt<br />

beschreibend verstanden werden muss. Das ist eine Evolution<br />

des Verständnisses von Markenidentität.<br />

Ein Beispiel – Dell hat aus schlechten Erfahrungen gelernt. Vor<br />

wenigen Jahren sind sie noch selbst an den Pranger gestellt<br />

worden, für zu passives, arrogant-ignorantes Verhalten. Inzwischen<br />

ist Dell zu einem der Vorreiter in der Nutzung der<br />

sozialen Medien geworden – und darin, wie man damit organisatorisch<br />

umgeht. Social Media Reps finden sich in der gesamten<br />

Organisation, von Marketing über Service bis zu HR.<br />

Mittlerweile gibt es eine fünfstellige Anzahl von Mitarbeitern,<br />

die Dell als Official Social Media Rep nach außen vertreten<br />

dürfen – dezentrale Markenführung par excellence.<br />

Fazit<br />

Nein, die neuen Medien sind nicht die Antwort auf alles. Aber<br />

sie haben die Welt, wie wir sie kennen, gehörig aufgewirbelt.<br />

Markenführung morgen wird tatsächlich mehr und anders<br />

sein müssen als Markenführung gestern. Eine ganze Reihe<br />

von Spielregeln ändert sich – wir dürfen gespannt sein, wer sie<br />

am schnellsten und besten lernt. Intelligente Forschung wird<br />

dabei sicherlich nicht schaden.<br />

15<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

16<br />

Nominiert für das Best Paper 2012<br />

TRI*M Digital Reputation Manager<br />

Dr. Peter Pirner, Dr. Steffen Hermann und Susanne Klar, TNS Infratest, zur Steuerung der<br />

Unternehmensreputation durch Verknüpfung von Social-Media-Monitoring, Stakeholder-<br />

Befragung und Digital Lifestyle Segmentierung<br />

Der TRI*M Digital Reputation Manager (TRI*M DRM) ist ein neuer Ansatz, um Unternehmen bei<br />

der Messung der Online-Reputation, der Bewertung ihres Einflusses auf die Unternehmensreputation<br />

und der anschließenden gezielten Kommunikation zu unterstützen. Dabei wird<br />

Social-Media-Monitoring mit einer klassischen TRI*M-Befragung bei Stakeholdern und mit der<br />

globalen Studie TNS Digital Life zum Internetverhalten verknüpft. 1)<br />

Noch nie konnten Stakeholder so schnell und so direkt Einfluss<br />

auf die Reputation von Unternehmen nehmen wie im<br />

heutigen Social-Media-Zeitalter: Über 800 Millionen Facebook-Nutzer<br />

weltweit, Millionen Facebook-Fans verschiedenster<br />

Unternehmen und Organisationen, 155 Millionen<br />

versendete Tweets (Twitter-Nachrichten) pro Tag, Milliarden<br />

von Beiträgen in Foren, Blogs und Chats. Die eigene Meinung<br />

über Unternehmen und Produkte zu veröffentlichten ist zum<br />

Massenphänomen geworden. Mit den entsprechenden Risiken<br />

und Nebenwirkungen, aber eben auch den Chancen müssen<br />

sich die Kommunikationsstrategen in Unternehmen und<br />

Agenturen auseinandersetzen.<br />

Die klassische soziodemografische Segmentierung<br />

von Zielgruppen reicht nicht aus,<br />

wenn auch digitale Kommunikationsstrategien<br />

abgeleitet werden sollen.<br />

Diese gefühlte Verlagerung der Meinungsmacht führte in vielen<br />

Unternehmen zunächst zu einer gewissen Hilflosigkeit.<br />

Manche ignorieren negative Äußerungen im Internet bis heute.<br />

Andere sind in einen „blinden” Aktionismus verfallen, sobald<br />

in Blogs, Chats, Foren oder sozialen Netzwerken negative<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Dr. Peter Pirner<br />

Global Director, TRI*M<br />

Centre, TNS Infratest,<br />

München arbeitet seit<br />

1998 bei TNS Infratest.<br />

Vor seiner Arbeit im Global<br />

TRI*M Center war er als<br />

Key Account Manager in<br />

der Finanzmarktforschung<br />

und als Business Area<br />

Manager in der Automobilmarktforschung<br />

tätig.<br />

Kommentare über sie geäußert wurden – dies, ohne die Relevanz<br />

der Beiträge für ihre Reputation wirklich einschätzen zu<br />

können.<br />

Wiederum andere messen bereits ihre Unternehmensreputation<br />

und deren wichtigste Treiber durch Befragung ihrer Stakeholder,<br />

beschränken sich aber auf die Offline-Welt. Damit<br />

ignorieren sie die potenziellen Einflüsse von online verbreiteten<br />

Themen auf die für sie wichtigen Stakeholdergruppen<br />

wie zum Beispiel aktuelle und potenzielle Kunden, Mitarbeiter,<br />

Shareholder, Lieferanten oder Vertriebspartner.<br />

Strategische Überlegungen zum (digitalen) Reputationsmanagement<br />

Die Unternehmensreputation ist eine zentrale Zielgröße der<br />

PR und Unternehmenskommunikation sowie ein zentraler<br />

Faktor in der Umsetzung von Wachstumsstrategien und hat<br />

daher große strategische Bedeutung.<br />

Wie eingangs dargestellt wird die Reputation eines Unternehmens<br />

zunehmend durch die veröffentlichte Meinung im<br />

Internet beeinflusst. Blogs, Tweets, Chats, Kommentare in<br />

Foren und in Social Networks wie Facebook gelten vielen PR-<br />

Abteilungen nach wie vor überwiegend als schwer kalkulierbare<br />

Risikofaktoren für die Unternehmensreputation. Hierbei<br />

ist jedoch zu berücksichtigen, dass die online geäußerten<br />

Dr. Steffen Hermann<br />

Director, Global TRI*M<br />

Centre, TNS Infratest,<br />

München startete seine<br />

Berufskarriere als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter<br />

an der Leipzig Graduate<br />

School of Management.<br />

Seit 2005 arbeitet er für<br />

TNS Infratest, ist internationaler<br />

TNS Experte für<br />

Reputationsforschung<br />

und verantwortet das<br />

Marketing der Stakeholder<br />

Management Practice.<br />

Susanne Klar<br />

Associate Director, Digital<br />

Centre Germany, TNS Infratest,<br />

Hamburg, ist seit 2000<br />

bei TNS Infratest tätig. Davor<br />

arbeitete sie bei Research<br />

International. Schwerpunkt<br />

ihrer Tätigkeit liegt in der<br />

Entwicklung digitaler Forschungsmethoden.


Meinungen nur einen Teil der Meinung der Stakeholder eines<br />

Unternehmens widerspiegeln. Ergebnisse der TNS Digital Life<br />

Studie 2011 zeigen, dass nur 31 Prozent der deutschen Onliner<br />

Kommentare zu Produkten oder Unternehmen im Internet<br />

posten. Die durch Social-Media-Monitoring für ein Unternehmen<br />

verfolgbare veröffentlichte Meinung im Internet repräsentiert<br />

also nur einen mehr oder weniger kleinen oder großen<br />

Teil der tatsächlichen Unternehmensreputation.<br />

Um Social Media systematisch in das Reputationsmanagement<br />

zu integrieren, sind zwei Dinge wichtig: Zunächst ist<br />

die tatsächliche Relevanz der diskutierten Themen für die<br />

relevanten Anspruchsgruppen zu erfassen. Daneben sind für<br />

die jeweiligen Zielgruppen effektive Kommunikationskanäle<br />

zur Vermittlung der Unternehmensbotschaften zu wählen.<br />

In diesem Kontext eröffnet die Erkenntnis, welche Themen<br />

und welche Plattformen im Internet tatsächlich Einfluss auf<br />

die Reputation eines Unternehmens bei ihren Zielgruppen<br />

haben und welches digitale Kommunikations- und Informationsverhalten<br />

diese auszeichnet, neue Möglichkeiten für die<br />

Unternehmenskommunikation. Diese Chancen durch die Integration<br />

verschiedener Datenquellen zur Schaffung einer soliden<br />

Informationsbasis zur Entscheidungsunterstützung zu<br />

nutzen, ist eine aktuelle Herausforderung des zeitgemäßen<br />

Reputationsmanagements.<br />

Zielsetzungen und methodische Umsetzung<br />

Um die oben skizzierte Problemstellung zu lösen, kombiniert<br />

der TRI*M Digital Reputation Manager die verschiedenen<br />

Quellen der öffentlichen Meinungsäußerung und -erfassung<br />

sowie die Möglichkeit einer aktiven Steuerung der Unternehmensreputation<br />

in drei Projektphasen: erstens in der Themenidentifizierung<br />

(Online-Reputation), zweitens in der The-<br />

menbewertung (Unternehmensreputation) und drittens im<br />

Kommunikations-Management der Stakeholdergruppen (Abbildung<br />

1).<br />

1. Themen und Online-Reputation identifizieren<br />

In dieser Phase geht es darum, die für ein Unternehmen relevanten<br />

Beiträge in Social Media zu finden und sie anhand der<br />

Häufigkeit der Nennungen und der Tonalität in den Beiträgen<br />

zu klassifizieren. Dies kann als eine Momentaufnahme der<br />

Online-Reputation geschehen. Es empfiehlt sich eine zumindest<br />

längerfristige oder idealerweise kontinuierliche Beobachtung<br />

der unternehmens- und markenrelevanten Internetbeiträge.<br />

Meinungsäußerungen in sozialen Medien werden durch<br />

diverse externe Einflüsse beeinflusst und gesteuert, zum<br />

Beispiel bei technischen Produkten durch das Weihnachtsgeschäft<br />

oder Einflüsse durch eine verstärkte Presseaktivität<br />

Abbildung 1: Die drei Schritte des TRI*M Digital Reputation Managers<br />

1. Onlinereputation und<br />

Themen identifizieren: 2. Themenrelevanz und Social<br />

Media-Impact bewerten:<br />

Social Media Monitoring<br />

TRI*M<br />

Corporate Reputation<br />

3. Stakeholder-<br />

kommunikation<br />

(digital) managen:<br />

TNS Digital Life<br />

TRI*M<br />

Digital<br />

Reputation<br />

Manager<br />

TRI*M Reputation Index<br />

TRI*M Reputation Grid<br />

17<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

18<br />

wie zum Beispiel einem Börsengang oder Kommunikation in<br />

Zusammenhang mit den Aktionärshauptversammlungen.<br />

Auch Offline-Werbekampagnen können sich auf die Online-<br />

Kommunikationsthemen auswirken.<br />

2. Reputationsrelevanz in den eigentlichen Zielgruppen<br />

bewerten<br />

Da nicht jeder seine Meinung im Internet veröffentlicht, folgt<br />

der Themenidentifizierung die systematische Analyse der Reputation<br />

bei den relevanten Stakeholdern beziehungsweise<br />

Zielgruppen. Hierzu werden die online gefundenen Themen<br />

systematisch in einen TRI*M Corporate Reputation-Fragebogen<br />

überführt. Über die Abfrage der Wichtigkeit verschiedener<br />

Themen und der Bewertung des Unternehmens auf den<br />

entsprechenden Dimensionen wird eine detaillierte Diagnose<br />

der Stärken und Schwächen durchgeführt und so der Handlungsbedarf<br />

zur Verbesserung der Reputation identifiziert und<br />

priorisiert. Daraus gewinnt ein Unternehmen die Erkenntnis,<br />

welche Themen im Internet die Unternehmensreputation tatsächlich<br />

beeinflussen. Hierfür ist eine nach den Regeln der<br />

Kunst gestaltete Befragung der gemäß ihrer Relevanz selektierten<br />

und definierten Zielgruppen der Unternehmenskommunikation<br />

nach wie vor unentbehrlich.<br />

3. (Digitale) Kommunikationsplanung in den Stakeholdergruppen<br />

Die klassische soziodemografische Segmentierung von Zielgruppen<br />

reicht nicht aus, wenn auch digitale Kommunikationsstrategien<br />

abgeleitet werden sollen. Die Zielgruppensegmentierung<br />

für das Reputationsmanagement im Web 2.0<br />

muss zeigen, wie das Online-Verhalten der für ein Unternehmen<br />

relevanten Stakeholder aussieht und welche Rolle die<br />

verschiedenen digitalen Kommunikationskanäle für deren<br />

Meinungsbildung spielen. TNS Infratest hat in der Digital Life<br />

Studie, der weltweit größten Studie zum Internet-Nutzungsverhalten,<br />

eine Segmentierung verschiedener Internetnutzergruppen<br />

entwickelt, die umfassende Informationen über die<br />

digitale Erreichbarkeit verschiedener Segmente liefert.<br />

Durch die integrierte Nutzung von drei speziellen<br />

Datengrundlagen – Social-Media-Screening,<br />

Reputationsbefragung und digitale Lifestyle-<br />

Segmentierung – kann das Corporate-Reputation-Management<br />

deutlich differenzierter<br />

unterstützt werden.<br />

Über einige zusätzliche Fragen, die sogenannten Golden<br />

Questions in dem Bewertungsinterview, kann jeder Teilnehmer<br />

einem digitalen Lebensstil (Segment) zugeordnet werden.<br />

Insgesamt gibt es sechs verschiedene digitale Lebensstile, die<br />

sich in ihrer Internetnutzung nach Nutzungsdauer und -tätigkeiten,<br />

aber auch nach ihren Einstellungen gegenüber der<br />

Internetnutzung unterscheiden. Auf Basis der Segmentinformationen<br />

lässt sich ableiten, welche Plattformen und Kommunikationsinhalte<br />

die jeweiligen Lebensstile gut ansprechen<br />

und damit empfehlenswert sind für den Einsatz in der Kommunikationsstrategie.<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Ergebnisse anhand einer Fallstudie aus dem Fast-Food-<br />

Bereich<br />

Im Rahmen einer Untersuchung zu einer Schnellrestaurantkette<br />

wurden ergänzend zu einem Social-Media-Screening<br />

von 600 Online-Interviews die tatsächlichen Reputationstreiber<br />

für dieses Unternehmen ermittelt. Die Social-Media-<br />

Analyse konnte in diesem Fall die Top-of-Mind-Themen im<br />

Ranking vieler Zielgruppen relativ gut abbilden – bei einer<br />

Übereinstimmung von 78 Prozent zur geäußerten Wichtigkeit<br />

in der Befragung. Aber erst die durch Befragung gestützte<br />

zielgruppenspezifische Analyse zeigte, dass in den einzelnen<br />

Zielgruppen, zum Beispiel bei Intensivnutzern, unregelmäßigen<br />

Nutzern oder bei Nichtkunden, die Reputation des Unternehmens<br />

jeweils signifikant unterschiedlich wahrgenommen<br />

wurde. Die Übereinstimmung zwischen Online-Sentiment und<br />

Bewertung in der Befragung betrug nur 44 Prozent.<br />

Die Reputation eines Unternehmens wird zunehmend<br />

durch die veröffentlichte Meinung im<br />

Internet beeinflusst. Blogs, Tweets, Chats, Kommentare<br />

in Foren und in Social Networks wie<br />

Facebook gelten vielen PR-Abteilungen nach<br />

wie vor überwiegend als schwer kalkulierbare<br />

Risikofaktoren für die Unternehmensreputation.<br />

So war das im Internet am häufigsten genannte Thema „Gesundes<br />

Essen” zwar auch bei allen untersuchten Teilgruppen<br />

ein Haupttreiber der Reputation, wurde aber von den Intensivnutzern<br />

deutlich positiver bewertet als von den Nichtkunden.<br />

Der Aspekt „Kampf gegen Übergewicht” dagegen wurde von<br />

allen ähnlich schlecht bewertet, spielte aber für die Ausprägung<br />

der Unternehmensreputation bei den Intensivnutzern<br />

nur eine untergeordnete Rolle.<br />

Ein weiteres Ergebnis der Studie zeigte, dass in unterschiedlichen<br />

Zielgruppen unterschiedliche digitale Lebensstile dominieren.<br />

Die Mehrheit der Intensivnutzer betrachtet als sogenannte<br />

Influencer das Internet als festen Bestandteil ihres<br />

Lebens, sie sind somit über die gesamte Klaviatur der digitalen<br />

Kanäle gut erreichbar. Entsprechend ist für diese Gruppe die<br />

Website, die über das Internet gesteuerten Aktionen und Online-Kundenbindungsprogramme<br />

von besonderer Bedeutung.<br />

Dies lässt sich über die Befragung auch verifizieren. Dagegen<br />

wird die Gruppe der Nichtkunden durch das digitale Lifestyle-<br />

Segment „Functionals” geprägt. Man sieht das Internet eher<br />

als notwendiges Mittel zum Zweck und nutzt es vor allem für<br />

E-Mail-Aktivitäten. Die Unternehmenskommunikation muss<br />

sich daher für die Ansprache dieser Gruppe überwiegend der<br />

klassischen Offline-Kanäle bedienen.<br />

1) Vgl. P. Pirner , S. Hermann (2011): Reputationsmanagement - Das Unternehmens-Image<br />

digital steuern, in: FTD Online, vom 18.07.2011, link: http://www.<br />

ftd.de/karriere-management/management/:reputationsmanagement-dasunternehmens-image-digital-steuern/60079303.html


19<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

20<br />

Die Messung der Reputation<br />

Elske Ludewig, eResult, zur Entwicklung eines wissenschaftlich fundierten Fragebogens<br />

Die Messung der Reputation von Unternehmen, Organisationen oder Personen ist die notwendige<br />

Voraussetzung, um sie positiv beeinflussen zu können. Im Folgenden soll ein neues Messinstrument<br />

vorgestellt werden, das als Online-Fragebogen bereits erfolgreich getestet wurde.<br />

Der Entwicklungsprozess basiert auf einer Kooperation mit der Leuphana Universität Lüneburg,<br />

insbesondere mit dem Promotionsstipendiaten Eric Horster, und wurde wissenschaftlich<br />

begründet, begleitet und dokumentiert. Der Beitrag gibt einen Einblick in einzelne Entstehungsphasen<br />

und veranschaulicht die Inhalte und Einsatzbereiche des Messinstruments.<br />

Seit Mitte der 1990er Jahre wächst das Interesse daran, die<br />

Wahrnehmung von Unternehmen, Organisationen und Personen<br />

messbar zu machen. Im Zuge der Verbreitung des Internets<br />

vervielfältigten sich die Informationswege. Nicht zuletzt<br />

durch die immer stärkere Vernetzung der Menschen untereinander<br />

stieg der Bedarf, die Informationen über die jeweiligen<br />

Reputationsträger zu sammeln, auszuwerten und effektiv zu<br />

nutzen.<br />

Vertrauen kann als etwas angesehen werden,<br />

was die Verlässlichkeit eines Unternehmens<br />

reflektiert und gleichzeitig die Bereitschaft,<br />

ein Risiko auf sich zu nehmen.<br />

Über das Konzept und die Bezeichnung „Reputation” herrscht<br />

in den verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen Uneinigkeit.<br />

Oft wird der Begriff mit dem der Unternehmensreputation<br />

gleichgesetzt. Er kann sich jedoch auch auf andere Objekte<br />

– beispielsweise Produkte eines Unternehmens – beziehen.<br />

Zusätzlich kann Reputation aus Sicht verschiedener Stakeholder,<br />

zu denen beispielsweise auch die Mitarbeiter des eigenen<br />

Unternehmens gehören, gemeint sein. Angewandt wird Reputation<br />

häufig auf bestimmte soziale Akteure wie Personen,<br />

Gruppen oder Organisationen. Dies ist insbesondere dann der<br />

Fall, wenn auch die Entstehung der Reputation nachvollzogen<br />

werden soll.<br />

Diese definitorischen Unterschiede sind grundsätzlich nicht<br />

verwunderlich, denn das Interesse an der Reputationsfor-<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Elske Ludewig<br />

M.A., Senior UX Consultant & Teamleitung qualitative<br />

Forschung, ist seit Ende 2007 bei eResult,<br />

Göttingen, als User Experience Consultant tätig.<br />

Sie studierte Soziologie, Psychologie und Informatik<br />

an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena.<br />

schung hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.<br />

So ist durch die gestiegene Zahl an Veröffentlichungen<br />

auch eine definitorische Vielfalt entstanden, die sich durch<br />

die Messung verschiedener Sachverhalte erklären lässt. Als<br />

Folge davon muss der Begriff der Reputation immer im Kontext<br />

verwendet werden. Sowohl der Reputationsträger als<br />

auch die zu untersuchenden Stakeholder müssen definiert<br />

werden.<br />

Inhalte und Definition von Reputation als Grundlage der<br />

Operationalisierung<br />

Um einen Fragebogen zur Messung von Online-Reputation<br />

zu entwickeln, sind also zunächst die Kunden im Internet als<br />

Stake holder und die Unternehmen, die im Internet präsent<br />

sind, als Reputationsträger zu benennen. Eine passende Definition,<br />

die sich auf die Reputation im Kontext des Internets sowie<br />

dessen Wirkung auf den (Online-)Kunden beziehen lässt,<br />

liefert Zimmer (2010):<br />

„Unter ‘Reputation‘ soll (…) das Wissen über die zentralen<br />

Eigenschaften und die Wahrnehmungen charakteristischer<br />

Merkmale einer sozialen Entität verstanden werden, über das<br />

(…) ein Individuum einer spezifischen Bezugsgruppe des Reputationsträgers<br />

in Gestalt eines Globalurteils verfügt.”<br />

Sodann können die verschiedenen Einfluss- oder Wirkfaktoren,<br />

die im Zusammenhang mit Reputation betrachtet werden<br />

müssen, fokussiert werden. Einen interessanten Ansatz<br />

verfolgte hier bereits Schwaiger (2004), der nicht nur das Ziel<br />

hatte, das Konstrukt „Reputation” zu operationalisieren. Zusätzlich<br />

identifizierte er die Einflüsse, die andere Konstrukte<br />

auf die Reputation haben. Schwaiger geht von der Einstellungsnähe<br />

des Konstrukts aus und integriert Kompetenz und<br />

Sympathie als kognitive beziehungsweise emotionale Komponenten.<br />

Die kognitive Kompetenzkomponente verweist auf<br />

das Wissen und die subjektive Wahrnehmung bei der rationalen<br />

Bewertung des Reputationsobjekts. Die affektive Sympathiekomponente<br />

drückt die subjektive Einschätzung des<br />

Unternehmens und dessen Tätigkeiten aus.


Zusätzlich wurde im Rahmen der Voranalyse das Konstrukt<br />

Vertrauen als Einflussfaktor von Reputation identifiziert. Vertrauen<br />

gilt als eines der wichtigsten Instrumente, um im Rahmen<br />

des Beziehungsmarketings Partnerschaften aufzubauen<br />

und zu festigen (Bauer, 2005). Zwei zentrale Gedanken des<br />

Vertrauensbegriffs konnten für das hier beschriebene Vorhaben<br />

identifiziert werden: Zum einen kann Vertrauen zu einem<br />

Gefühl der Sicherheit führen, da der Kunde durch seinen Glauben<br />

beziehungsweise seine Erwartung in die Vertrauenswürdigkeit<br />

des Leistungsanbieters von einer funktionierenden<br />

Austauschbeziehung ausgeht (Kroeber-Riel, 2008). Das Vertrauenskonstrukt<br />

spielt somit im Kontext der Risikoreduktion<br />

eine wichtige Rolle. Vertrauen führt gewissermaßen zu einer<br />

Erhöhung der individuellen Risikoschwelle. Denn Vertrauen<br />

impliziert auch stets die Möglichkeit der Enttäuschung.<br />

Vertrauen kann also in diesem Kontext als etwas angesehen<br />

werden, was die Verlässlichkeit eines Unternehmens reflektiert<br />

und gleichzeitig die Bereitschaft, ein Risiko auf sich zu<br />

nehmen (auch wenn das Risiko nicht zwangsläufig gegeben<br />

sein muss). Während also der (Online-)Kunde verschiede-<br />

Oft wird Reputation mit Unternehmensreputation<br />

gleichgesetzt. Er kann sich jedoch auch<br />

auf andere Objekte – beispielsweise Produkte<br />

eines Unternehmens – beziehen. Zusätzlich<br />

kann Reputation aus Sicht verschiedener<br />

Stake holder, zu denen beispielsweise auch<br />

die Mitarbeiter des eigenen Unternehmens<br />

gehören, gemeint sein.<br />

ne Strategien zur Reduktion des wahrgenommenen Risikos<br />

ausführen kann, kann das Unternehmen Signale aussenden,<br />

die Vertrauen fördern. Bei Internet-Anbietern wird ein hohes<br />

wahrgenommenes Risiko konstatiert, das auf den dem Medium<br />

Internet inhärenten Charakteristika gründet. Unpersönlichkeit,<br />

Abstraktheit und Virtualität bilden dabei wesentliche<br />

Hemmnisse, die einer Transaktion über den Vertriebskanal<br />

Internet im Wege stehen können (Sydow, 2000).<br />

21<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

22<br />

Reputation wirkt vor allem auf die Einstellung und das Vertrauen<br />

gegenüber dem Anbieter beziehungsweise Unternehmen,<br />

so die am Anfang der Fragebogen-Entwicklung<br />

formulierte These. Dem Einstellungskonstrukt wird in der<br />

Konsumentenforschung ein besonders hohes Forschungsinteresse<br />

entgegengebracht. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass<br />

häufig ein pauschaler Zusammenhang von Einstellung und<br />

anschließendem Kaufverhalten unterstellt wird.<br />

Abbildung 1: Ausschnitt des Fragebogens<br />

Abbildung 2: Strukturmodell Reputation (Horster, 2012)<br />

© eResult GmbH<br />

© eResult GmbH<br />

Das Messinstrument wurde im Kontext des<br />

Internets – genauer gesagt im Kontext des<br />

eTourism – entwickelt und geprüft. Sämtliche<br />

Stimuli hatten Bezug zu touristischen Produkten<br />

beziehungsweise Organisationen.<br />

Durch diese Hypothese wird das Einstellungskonstrukt in<br />

vielen Studien zu einem Gradmesser der Kaufentscheidung<br />

(Kroeber-Riel, 2008). Die Einstellung zu einem Produkt kann<br />

auf kognitiver, emotionaler und motivationaler Ebene verortet<br />

sein. Dementsprechend führt eine auf kognitiver Ebene positive<br />

Einstellung nicht zwingend zum Kauf, wenn auf motivationaler<br />

Ebene die Verhaltensbereitschaft fehlt (Musiol, 2009).<br />

Als Folge dessen wurde das Modell um die Kompetente Involvement<br />

erweitert. Folgt man der Argumentation von Krugman<br />

(1965), so kann unter Involvement die „Ich-Beteiligung,<br />

das innere Engagement, mit dem sich ein Individuum einem<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Sachverhalt oder einer Aufgabe widmet”, verstanden werden.<br />

Trommsdorff (2002) definiert den Begriff ähnlich, betont dabei<br />

jedoch den Informationsverarbeitungsprozess. Demnach ist<br />

Involvement der „Aktivierungsgrad beziehungsweise die Motivstärke<br />

zur objektgerichteten Informationssuche, -aufnahme,<br />

-verarbeitung und -speicherung”. Diese Betrachtung beschreibt<br />

einen weiteren Aspekt des Involvement-Konstrukts.<br />

Dabei hat die subjektiv empfundene Relevanz der Information<br />

Auswirkungen auf den Informationsverarbeitungsprozess.<br />

Zudem besteht eine Verbindung von Involvement und Aktivierung.<br />

Dabei korrelieren Involvement und Aktiviertheit in ihrer<br />

Ausprägung. Ist ein Konsument stark involviert, so ist er auch<br />

stark aktiviert. Er weist also eine hohe Bereitschaft auf, sich<br />

mit einem Objekt auseinanderzusetzen. Auf Basis dieser Definitionsansätze<br />

lässt sich das Involvement-Konstrukt als Grad<br />

der Ich-Beteiligung beziehungsweise des persönlichen Engagements<br />

umschreiben, welches eine Person aktiviert, sich für<br />

ein konsumierbares Produkt zu interessieren und einzusetzen.<br />

Zusammenfassend besteht das Zusammenhangsmodell<br />

demnach aus den Einflussfaktoren Glaubwürdigkeit, Sympathie<br />

und Kompetenz sowie den Wirkfaktoren Vertrauen,<br />

Kaufabsicht und Weiterempfehlungsabsicht. Involvement<br />

wiederum ist ein direkter Einflussfaktor auf die Wirkfaktoren,<br />

der unabhängig von der Reputation wirkt.<br />

Empirische Validierung und Optimierung des zugrundeliegenden<br />

Modells<br />

Das Modell wurde jedoch nicht ausschließlich theoretisch<br />

hergeleitet, sondern durch eine quantitative Untersuchung<br />

statistisch überprüft. In einem Expertenworkshop wurden<br />

für jedes Konstrukt vier bis fünf Items formuliert und in Pretests<br />

validiert. Die Untersuchung bestand dann aus einer Online-Befragung<br />

1) unter deutschen Internetnutzern. Durch die<br />

Anwendung der Pfadanalyse auf den erhobenen Datensatz<br />

(n=1.000) konnte das Modell geschärft und für das Anwendungsgebiet<br />

optimiert werden. Zudem wurde der Fragebogen<br />

in weiteren Erhebungen iterativ optimiert. Hierbei wurden beispielsweise<br />

Items mit wenig Erklärungskraft eliminiert.<br />

Im Fragebogen wurde durch die Verwendung von sogenannten<br />

Schiebereglern (0–100) ein metrisches Skalenniveau<br />

der Zustimmung erreicht. Dabei wurde zu Beginn stets eine<br />

Kontaktsituation hergestellt: Die Befragten sollten sich auf<br />

verschiedenen Internetseiten einige Minuten über ein bestimmtes<br />

Unternehmen beziehungsweise eine Organisation<br />

informieren. Durch eine Filterfrage konnten diejenigen identifiziert<br />

werden, die vor der Befragung schon andere Kontakte<br />

zum Reputationsträger hatten. Nach der Informationsphase<br />

folgte der eigentliche Fragebogen. Dieser bestand aus maximal<br />

30 Fragebogenseiten. Abbildung 1 zeigt exemplarisch die<br />

Darstellung einer Seite im Fragebogen.<br />

Ergebnis und Einsatzbereiche<br />

Das finale Modell lässt sich nun gemäß Abbildung 2 darstellen.<br />

Dabei stellen die Pfeilrichtungen die Wirkungsrichtungen<br />

dar. Die Stärke des Einflusses des jeweiligen Konstrukts ist<br />

jedoch nicht konstant: Je nach Stakeholder und Reputationsträger<br />

können individuelle Werte errechnet werden. Somit ist


es möglich, jeweils eine detaillierte Auswertung zu den fallspezifischen<br />

Zusammenhängen anzufertigen und individuelle<br />

Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen abzuleiten.<br />

Die Einsatzbereiche des Instruments lassen sich auf mehreren<br />

Dimensionen beschreiben: Zum einen kann Reputation im<br />

Längsschnitt betrachtet werden. Bei mehreren Erhebungen in<br />

regelmäßigen zeitlichen Abständen kann beispielsweise der<br />

Effekt von Marketing-Maßnahmen oder Ähnlichem messbar<br />

gemacht werden. In diesem Kontext kann also überprüft<br />

werden, ob die gewünschte Wirkung erzielt worden ist oder<br />

welche sonstigen Veränderungen sich in Bezug auf die Wahrnehmung<br />

des Reputationsträgers erkennen lassen.<br />

Bei entsprechender Stichprobe sind auch zielgruppenspezifische<br />

Aussagen möglich. Bei welcher Zielgruppe erzielt ein<br />

bestimmtes Key-Visual die beste Wirkung? Ist dies überhaupt<br />

die Kernzielgruppe? Welche Wortwahl oder Farbwelten wirken<br />

besonders vertrauenswürdig oder kompetent? Diese und andere<br />

Fragen unterstützen den Reputationsträger also dabei,<br />

seine Reputation zielgerichtet und nachhaltig beeinflussen zu<br />

können.<br />

Andererseits bietet das Instrument die Möglichkeit, differenzierte<br />

Aussagen in Bezug auf die verschiedenen Einflussfaktoren<br />

von Reputation zu treffen. Eine beispielhafte Fragestellung<br />

hierbei könnte lauten: Wird der Reputationsträger<br />

als kompetent, aber wenig sympathisch wahrgenommen?<br />

Daneben können Aussagen zur Stärke des Einflusses der<br />

Faktoren getroffen werden: Hat im Kontext Y für Zielgruppe<br />

Z die wahrgenommene Sympathie einen niedrigeren Einfluss<br />

auf die Reputation als die wahrgenommene Kompetenz? Es<br />

offenbaren sich also konkrete Ansatzpunkte für die Verbesserung<br />

der Reputation.<br />

Auch Wettbewerbsanalysen sind denkbar: Liegen genügend<br />

Referenzwerte vor, kann angegeben werden, ob ein Ergeb-<br />

Anmerkungen<br />

1) Zufallsstichprobe aus dem Online-Access-Panel Bonopolis (www.<br />

bonopolis.de).<br />

2) Bei der Auswahl der Testpersonen für die Pretests wurde darauf<br />

geachtet, dass diese sich hinsichtlich Alter, Geschlecht, Bildungsstand<br />

und Internetaffinität deutlich unterscheiden.<br />

Quellen<br />

Bauer, Hans H.; Neumann, Marcus M.; Huber, Frank (2005): Kaufverhaltensrelevante<br />

Effekte einer Vertrauensintermediation im elektronischen<br />

Handel. In: Der <strong>Markt</strong> 44 (1), S. 3–12.<br />

Horster, Eric (2012): Reputation und Reiseentscheidung im Internet.<br />

Dissertation an der Leuphana Universität Lüneburg.<br />

Kroeber-Riel, Werner; Weinberg, Peter; Gröppel-Klein, Andrea (2008):<br />

Konsumentenverhalten. Vahlens Handbücher der Wirtschafts- und<br />

Sozialwissenschaften. 9., verb. und erg. Aufl. München: Vahlen. Online<br />

verfügbar unter http://www.agi-imc.de/intelligentSEARCH.nsf/alldo<br />

cs/6DC3C4070F485448C12571250037111E/.<br />

Krugman, Herbert E. (1965): The impact of television advertising:<br />

learn ing without involvement. In: The public opinion quarterly: Oxford:<br />

Oxford Univ. Press, Vol. 29, No. 3 (1965), p. 349-356.<br />

nis eher „typisch” ist oder über beziehungsweise unter dem<br />

Durchschnitt der Wettbewerber liegt.<br />

Diskussion<br />

Das Messinstrument wurde im Kontext des Internets – genauer<br />

gesagt im Kontext des eTourism – entwickelt und geprüft.<br />

Sämtliche Stimuli hatten Bezug zu touristischen Produkten<br />

beziehungsweise Organisationen. Es ist bis dato nicht<br />

empirisch untersucht, ob sich das Modell außer im eTourism<br />

auch in anderen Zusammenhängen bewährt. Jedoch basieren<br />

sämtliche theoretische Vorüberlegungen auf kontextübergreifenden<br />

Aspekten.<br />

Auch bei der Entwicklung der Items für den Fragebogen wurden<br />

keine Einschränkungen bezüglich des Reputationsträgers<br />

oder der Stakeholder vorgenommen. Einzig der Kontext des<br />

Internets und damit die Beschränkung auf Online-Reputation<br />

wurden zugunsten der Eindeutigkeit und Genauigkeit des<br />

Messinstruments vorausgesetzt. Zudem waren an der Item-<br />

Sammlung mehrere erfahrene Praktiker beteiligt, die bereits<br />

Online-Fragebögen für viele verschiedene Branchen entwickeln<br />

haben. Diverse Fragebogen-Pretests (Prüfer & Rexroth,<br />

2000) gewährleisten eine für den typischen Internetnutzer 2)<br />

verständliche Sprache und selbsterklärende Gestaltung des<br />

Online-Fragebogens.<br />

Daher besteht Grund zur Annahme, dass das Messinstrument<br />

auch in anderen Zusammenhängen zuverlässige und aussagekräftige<br />

Ergebnisse liefert. Des Weiteren wurde der Prozess<br />

durch die Leuphana Universität Lüneburg begleitet, wo die<br />

Dissertation von Herrn Eric Horster (2012) zu diesem Thema<br />

angefertigt wurde. Die zweiseitige Betreuung – der wissenschaftliche<br />

Hintergrund der Universität sowie der praktische<br />

Hintergrund des Beratungs- und <strong>Markt</strong>forschungsunternehmens<br />

eResult – erwies sich insgesamt als sehr fruchtbar für<br />

den Entwicklungsprozess des Fragebogens und steht für eine<br />

interdisziplinäre Qualität.<br />

Musiol, Gerald; Kühling, Christiane (2009): Kundenbindung durch Bonusprogramme.<br />

Erfolgreiche Konzeption und Umsetzung. Berlin, Heidelberg:<br />

Springer Berlin Heidelberg (Springer-11775 /Dig. Serial]). Online<br />

verfügbar unter http://dx.doi.org/10.1007/978-3-540-87571-0.<br />

Prüfer, Peter & Rexroth, Margit (2000): Zwei-Phasen-Pretesting. ZU-<br />

MA-Arbeitsbericht 2000/08. Mannheim.<br />

Schwaiger, Manfred (2004): Components and Parameters of Corporate<br />

Reputation – An Empirical Study, Schmalenbachs Business Review,<br />

Band 56.<br />

Sydow, Jörg (2000): Vertrauen und Electronic Commerce – Vertrauen<br />

nicht nur in elektronische Netzwerke. In: Electronic commerce,<br />

S. 259–270.<br />

Trommsdorff, Volker (2002): Produktpositionierung. In: Handbuch Produktmanagement.<br />

Albers, S. und Herrmann, A. Wiesbaden. 2. Aufl.<br />

Zimmer, Dominic (2010): Der Multilevel-Charakter der Reputation<br />

von Unternehmen. Eine empirische Analyse der Krankenhaus- und<br />

Fachabteilungsreputation bei niedergelassenen Ärzten. Phillips-<br />

Univ., Dissertation Marburg 2009. 1. Aufl. Wiesbaden: Gabler.<br />

23<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

24<br />

Crossmedia-Forschung<br />

Thomas Utzinger, Google, Markus Saffer, GfK und Jens Barczewski, nurago, zu einem<br />

innovativen Instrument der Werbewirkungsforschung<br />

In Zeiten knapper Mediabudgets stellen Werbetreibende immer häufiger die Frage nach der<br />

optimalen Verteilung ihrer Werbegelder auf die immer größer werdende Zahl unterschiedlicher<br />

online und offline gebotenen „Experience-Points”. Neben der reinen Messbarkeit des Erfolgs<br />

pro Medium und der Platzierung spielt die ideale Kombination aller eingesetzten Kommunikationskanäle<br />

die entscheidende Rolle. Denn es geht in der Mediaplanung weniger um die Substitution<br />

einer Gattung durch eine andere, sondern vielmehr um die intelligente Verknüpfung der<br />

eingesetzten Kanäle.<br />

In dem im Folgenden dargestellten experimentellen Untersuchungsansatz<br />

haben wir uns exemplarisch auf die Mediengattungen<br />

TV und Online-Bewegbild, die sogenannten Prerolls,<br />

fokussiert. Unter Prerolls, die übrigens als Werbeform die<br />

höchste Wachstumsrate unter allen Online-Formaten haben,<br />

versteht man kurze Werbespots, die Online-Videoinhalten vorangestellt<br />

sind und direkt im Videoplayer ablaufen. Mit dieser<br />

Platzierung vor dem eigentlichen Inhalt des Onlinevideos erreichen<br />

sie die volle Aufmerksamkeit des Nutzers. Damit sind<br />

sie in hohem Maß mit TV-Spots vergleichbar, da bei beiden<br />

Werbeformen eine klare Trennung zwischen Werbemittel und<br />

Content gegeben ist.<br />

Die spezifische Gattungsqualität von Online gegenüber TV<br />

wurde in der Vergangenheit meist mit Hilfe klassischer CAPI-<br />

Mit Hilfe einer innovativen Methode – einem<br />

Experimentaldesign im Rahmen einer<br />

Livekampagne – war es möglich, das Zusammenspiel<br />

der Medien und ihre kombinierte<br />

Wirkung auf Marken-Metriken wie Werbeerinnerung<br />

und Markenbekanntheit unter<br />

realen Bedingungen zu erforschen.<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Thomas Utzinger<br />

Research Manager Google<br />

Deutschland, EU Market<br />

Insights Team von Google<br />

Germany, ist seit 2009 für<br />

die Forschung rund um<br />

das Thema Crossmedia<br />

bei Google zuständig<br />

Verfahren erforscht. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse<br />

konnten helfen, die relative Wirksamkeit von Online-Videowerbung<br />

in einem 1:1-Vergleich mit TV darzustellen.<br />

Das im Folgenden aufgezeigte Studiendesign und die daraus<br />

resultierenden Ergebnisse gehen einen entscheidenden<br />

Schritt weiter. Mit Hilfe einer innovativen Methode – einem<br />

Experimentaldesign im Rahmen einer Livekampagne – war es<br />

möglich, das Zusammenspiel der Medien und ihre kombinierte<br />

Wirkung auf Marken-Metriken wie Werbeerinnerung und<br />

Markenbekanntheit unter realen Bedingungen zu erforschen<br />

und daraus relevante Rückschlüsse für eine optimierte crossmediale<br />

Werbestrategie zu ziehen.<br />

1. Klassische Herangehensweise<br />

Im Rahmen von zwei Studien wurden zwölf Marken aus dem<br />

FMCG-Bereich auf Basis von 2.800 Interviews untersucht.<br />

Hierfür wurden relevante Zielgruppen rekrutiert, die neben<br />

TV auch das Internet und dabei auch Onlinevideoplattformen<br />

nutzen. Jeder Proband wurde zufällig einer Testgruppe<br />

zugeordnet, die Werbekontakt zum Beispiel „nur im TV”<br />

oder „nur online” hatte. Unabhängig von dieser Gruppenzuteilung<br />

mussten sich alle Probanden jeweils 20 Minuten TV<br />

und Online-Videos auf YouTube ansehen. Eine Kontrollgruppe<br />

nutzte ebenfalls diese beiden Medienformen. Sie sah aber<br />

Markus Saffer<br />

Research Manager, GfK SE,<br />

Division <strong>Markt</strong>forschung,<br />

Brand and Communication<br />

Research besitzt mehr als<br />

15 Jahre Erfahrung in der<br />

quantitativen und qualitativen<br />

<strong>Markt</strong>forschung. Seine<br />

zentralen Forschungsthemen<br />

sind Brand Equity,<br />

Werbeerfolgsmessung<br />

(Pre/Post Tests) und<br />

Digital Research.<br />

Jens Barczewski<br />

Managing Director Client<br />

Services Germany, nurago<br />

GmbH, Applied Research<br />

Technologies, besitzt als<br />

Diplomkaufmann mehr als<br />

10 Jahre Erfahrung in der<br />

qualitativen und quantitativen<br />

<strong>Markt</strong>forschung mit dem<br />

Schwerpunkt der digitalen<br />

Marken- und Kommunikationsforschung


lediglich Ersatz-Werbespots. Danach wurden alle Gruppen zu<br />

den klassischen „Brand Key Performance Indicators (KPIs)”<br />

befragt und die Antworten analysiert (Abbildung 1). Hierbei<br />

konnte nachgewiesen werden, das Prerolls auf YouTube gegenüber<br />

TV eine signifikante Verbesserung relevanter Brand<br />

KPIs erzeugen.<br />

2. Anforderung der Mediaverantwortlichen an den neuen<br />

Ansatz<br />

Warum waren die CAPI-Tests aus unserer Sicht nicht ausreichend?<br />

Nach Durchführung der Studien zeigt sich, dass wir<br />

zwar auf dem höchsten Niveau technischer und methodischer<br />

Machbarkeit für CAPI-Tests arbeiteten, trotzdem jedoch relevante<br />

Fragestellungen nicht beantworten konnten.<br />

Marketingentscheider und Mediaagenturen stellen an Crossmedia-Forschung<br />

weit höhere Anforderungen als der eben<br />

beschriebene Ansatz erfüllen kann. Ihnen geht es seit langem<br />

nicht mehr nur um die Fragestellung, ob TV- oder Online-Bewegtbild-Formate<br />

das bessere Medium sind. Vielmehr<br />

fordern sie einen optimalen Forschungsansatz ein, der in der<br />

Kombination einer Untersuchung der Wirkung von TV- und<br />

Online-Bewegtbild-Werbung liegt. Das Medium TV bleibt weiterhin<br />

das Leitmedium für reichweitenstarke Kampagnen. Alle<br />

anderen Mediengattungen bilden eine sinnvolle und kosteneffiziente<br />

Ergänzung. Online ist allerdings bereits heute ein<br />

fester Bestandteil von Crossmedia-Kampagnen. Zumal ein<br />

gewisser Anteil der Mediazielgruppe gar nicht oder nur sehr<br />

schwer über TV erreicht werden kann.<br />

An einen akzeptablen und modernen Ansatz stellen sich daher<br />

drei zentrale Anforderungen:<br />

Konzeption eines Crossmedia-Ansatzes, der die Synergien<br />

von Crossmedia in den Fokus der Forschung stellt.<br />

Aufzeigen von Brand-Impact-Entwicklungen bei höheren<br />

Kontaktfrequenzen, da diese der Kampagnenrealität besser<br />

gerecht werden.<br />

Untersuchung von Nutzungsverhalten von TV und Online<br />

unter „Real Life”-Bedingungen, um das abiotische Verhalten<br />

von Probanden im Teststudio zu umgehen.<br />

Die zentrale Fragestellung der durchgeführten Studien war es<br />

daher, die folgende Hypothese zu überprüfen:<br />

Effect (Online + TV) > Effect (TV + TV)<br />

Bei dem von uns in technischer und methodischer Hinsicht<br />

neu entwickelten Mess- und Befragungsansatz steht die realitätsnahe<br />

Ausspielung einer Simulation von fiktiven Werbekampagnen<br />

oder die Unterdrückung von realen Werbekam-<br />

Abbildung 1: Studiendesign eines „klassischen” Crossmedia-<br />

Studiotests<br />

1 2 3<br />

Rekrutierung der<br />

Zielgruppe<br />

Internetnutzer mit<br />

Bewegbild<br />

Affinität<br />

Aufteilung in<br />

medienspezifische<br />

Splits<br />

Sportsendung<br />

p g<br />

Unterhaltungssendung<br />

g g<br />

Wissenssendung<br />

PreRoll<br />

12 YouTube<br />

Content Videos<br />

Simulation der<br />

Werbemittel<br />

pagnen im Mittelpunkt. Der Untersuchungszeitraum umfasst<br />

dabei immer mindestens vier Wochen, damit die Panelisten<br />

genug Zeit hatten, genügend Werbekontakte für TV und/oder<br />

Online zu sammeln. Der jeweilige Werbemittelkontakt findet<br />

dabei immer innerhalb einer realen Online-Session der teilnehmenden<br />

Panelmitglieder statt.<br />

Mit dieser Herangehensweise ist es möglich, nach Werbeformat<br />

und Gattung eindeutig definierte Kontaktgruppen zu<br />

ermitteln. Das ist in klassischen Studienansätzen vorab nicht<br />

möglich, da im natürlichen Nutzungsverhalten eine Vermischung<br />

der Kontakte stattfindet.<br />

3. Grundlage ist ein starkes Panel<br />

nurago betreibt für die GfK ein personenbezogenes Panel, das<br />

GfK Connected Life Panel, mit konstant 10.000 Teilnehmern,<br />

die mit der LEOTrace® Add-On Technologie ausgestattet wurden.<br />

Das Panel wird zusammen mit dem Kooperationspartner<br />

Harris Interactive AG betrieben.<br />

Das Panel wurde nach den Standardkriterien Alter, Geschlecht,<br />

Haushaltsnettoeinkommen und Region repräsentativ aufge-<br />

TV<br />

2 Werbeblöcke<br />

+<br />

+<br />

TV<br />

2 Werbeblöcke<br />

PreRoll<br />

12 YouTube<br />

Content Videos<br />

4<br />

Finale Befragung<br />

zum<br />

Werbemittelumfeld<br />

und relevanten<br />

Brand KPIs<br />

Abbildung 2: Non-reaktive Elemente des GfK Connected Life Panel<br />

25<br />

BVM Kongress-Special August 2012


kungsindikatoren ins Verhältnis zu den Gross Rating Points<br />

(GRPs) gesetzt. Je höher der Wert ist, desto effizienter ist die<br />

Kampagne. Der Fokus liegt im vorliegenden Beitrag auf der<br />

gestützten Werbeerinnerung.<br />

Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse zeigen einen Ausschnitt<br />

einer Metaanalyse mehrerer identischer Untersuchungen<br />

über Kampagnen aus den Branchen FMCG, Mobilfunk,<br />

Entertainment, Automotive. Die Ergebnisse basieren auf<br />

15.102 Interviews<br />

Über alle Kampagen hinweg bewirkt TV als isoliertes Medium<br />

einen Zuwachs von 7 Prozent im Bereich der gestützten Werbeerinnerung.<br />

In der Kombination von TV- und Onlinevideo-Kampagnen-Kontakten<br />

steigt dieser auf 14 Prozent der gestützten<br />

Werbeerinnerung an. Wie nicht anders zu erwarten, steigt die<br />

gestützte Werbeerinnerung in Abhängigkeit der erreichten<br />

Werbemittel-Kontakte von TV und Online (Abbildung 3).<br />

Während die Gruppe, die lediglich TV-Werbung gesehen hatte,<br />

durchschnittlich 216 GRPs ausgesetzt war, waren dies in der<br />

Gruppe, die beiden Werbeformaten ausgesetzt waren, über<br />

beide Medien hinweg 360 GRPs. Setzt man nun die relative<br />

Häufigkeit der gestützten Werbeerinnerung ins Verhältnis zu<br />

den GRPs, zeigt sich, dass der crossmediale Kontakt eine um<br />

27 Prozent höhere Effizienz aufweist als der Mono-TV-Kontakt<br />

(Abbildung 4).<br />

Bei einer differenzierten Betrachtung nach Kontakthäufigkeiten<br />

ist zu erkennen, dass mit steigenden Kontaktdosen auch<br />

die Effizienz wächst. Das Effizienzoptimum liegt bei 5 bis 7<br />

Kontakten, danach sinkt die Effizienz, allerdings auf ein höheres<br />

Niveau als bei 3 bis 4 Kontakten.<br />

Online-Kampagnen haben häufig den Vorteil, im Hinblick auf<br />

ihre Kontakthäufigkeiten relativ exakt dosiert werden zu können.<br />

Die Frage ist, welche Kontaktdosis am effektivsten ist,<br />

wie hoch also das „Frequency Capping” angesetzt werden soll,<br />

gerade dann, wenn zugleich TV-Kampagnenkontakte innerhalb<br />

einer vierwöchigen Kampagne bestehen.<br />

Abbildung 5 zeigt einen stetigen Zuwachs in der gestützten<br />

Werbeerinnerung. Bei einem Frequency Capping von 8 Kontakten<br />

wurden bereits 84 Prozent der gesamten Erinnerungsleistung<br />

erreicht. Da der Zuwachs auf der nächsthöheren<br />

Stufe (12 Gesamtkontakte) nur noch relativ gering ist, kann<br />

dieser Punkt als optimal im Sinne eines Frequency Cappings<br />

betrachtet werden. Bei vier Wochen Kampagnenlaufzeit – wie<br />

im Test der Fall – und 8 Gesamtkontakten ergibt sich also die<br />

Empfehlung eines Frequency Caps von 2 Kontakten pro Woche<br />

für Onlinevideo im Zusammenspiel mit TV.<br />

7. Fazit<br />

Relevante Zielgruppen alleine über die Gattung TV zu erreichen<br />

wird immer schwieriger beziehungsweise kostenintensiver.<br />

Der Anteil von Personen, die kein TV mehr schauen, wächst<br />

auf niedrigem Niveau kontinuierlich an. Dagegen entwickelt<br />

sich Online als ein Massenmedium, dessen Nutzungsintensität<br />

sich über alle Zielgruppen hinweg wesentlich konstanter<br />

darstellt. Bei den Online-Display-Werbeformaten ist es vor<br />

allem das Bewegbildformat („Preroll”), auf das so gut wie alle<br />

Vermarkter ihre Hoffnung setzen.<br />

Mit dem hier vorgestellten neuartigen methodischen Ansatz<br />

konnten wir Ergebnisse der medienspezifischen Messung und<br />

Befragung von Marken-Impact der isolierten und kombinierten<br />

Medien TV und Online-Bewegbild aufzeigen. Die von uns<br />

formulierte Hypothese hat sich in nahezu allen relevanten<br />

Markenwerten bestätigt: Online-Bewegtbild ist eine relevante<br />

und effiziente Ergänzung zu TV im Rahmen der Bewegtbild-<br />

Strategie eines Unternehmens. Das Werbeformat Preroll auf<br />

YouTube hat über TV hinaus einen positiven Einfluss auf den<br />

Marken-Impact und erhöht die Kampagnen-Effizienz um 27<br />

Prozent im Bereich Werbeerinnerung.<br />

Durch die saubere und eindeutige Aufteilung<br />

der Teilgruppen können wir einen kampagnenspezifischen<br />

Impact der untersuchten<br />

Marke durch entsprechende Kommunikation<br />

im TV und/oder auf YouTube nachweisen, die<br />

andere Effekte ausschließt.<br />

Dazu zeigt sich, dass mit dem Einsatz des Mediums Online<br />

eine kosteneffiziente Erweiterung der Kampagnenreichweite<br />

in der Zielgruppe erreicht werden kann. Die inkrementelle<br />

Reichweite durch das Medium Online kann wesentlich günstiger<br />

eingekauft werden als bei einer alleinigen TV-Strategie.<br />

Auf Seiten der Mediaplanung legt unsere Forschung nahe, für<br />

eine crossmediale Kampagne ein OTS-Niveau (OTS: Opportunity<br />

to see) von insgesamt 5 bis 7 Kontakten anzustreben, da<br />

unter diesen Bedingungen die Wirkung einer Kampagne am<br />

effizientesten abgefangen wird. Online-Video sollte dabei bis<br />

zu 2 Kontakte pro Kampagnenwoche beisteuern, der Rest aus<br />

TV kommen.<br />

In Folgestudien gilt es, die Basis an Daten zu festigen und mit<br />

Detailanalysen weitere mediaspezifische Fragestellungen zu<br />

beantworten. Mit dem hier gewählten Ansatz konnten wir die<br />

methodischen Schwächen des Studiotests umgehen, um relevante<br />

Impulse für die Mediaplanung zu geben.<br />

8. Ausblick<br />

Mediaagenturen und Entscheider fordern zu Recht eine integrierte<br />

Betrachtungsweise zur Planung und Steuerung aller relevanten<br />

Mediengattungen. Diese Art der Studienanalyse ist<br />

ein erster Schritt in eine wirklich integrierte Konvergenzwährung,<br />

welche die Mediaplaner schon länger von der <strong>Markt</strong>forschung<br />

und den entsprechenden Gremien fordern.<br />

Das hier aufgezeigte Studienkonzept unterliegt keiner technischen<br />

Einschränkung im Hinblick auf die Art von Online-<br />

Display-Formaten wie Banner, Preroll, Wallpaper etc., solange<br />

diese eine feste Platzierung und genug Reichweite im Panel<br />

generieren. Die Simulationen von Paid Content in Social-Media-Netzwerken<br />

stellt eine weitere Stufe dar, um Branding-<br />

Effekte und deren Kombination mit Social-Media-Aktivitäten<br />

zu untersuchen.<br />

27<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

28<br />

Best Paper 2012<br />

Multi-Sensory Sculpting<br />

Dr. Maria Kreuzer und Dr. Sylvia von Wallpach, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, zur<br />

Erhebung multisensorischen Markenwissens anhand dreidimensionaler Skulpturen*<br />

Markentheoretiker betonen zunehmend die Bedeutung multisensorischer Markenerlebnisse<br />

für die Entwicklung multisensorischen Markenwissens. Die Abrufung multisensorischen Markenwissens<br />

bedarf einer Stimulation jener Sinne, die während des Markenerlebnisses beteiligt<br />

waren, sowie der Möglichkeit zu metaphorischem Ausdruck. Bestehende Erhebungsmethoden<br />

erfüllen diese Voraussetzungen nur begrenzt. Die von Kreuzer und von Wallpach vorgestellte<br />

Methode des Multi-Sensory Sculpting beschreibt ein Instrument, das diese Lücke schließt.<br />

Konsumenten erleben Marken auf unterschiedlichste Art<br />

und Weise – zum Beispiel über Produkte, den Point-of-Sale,<br />

Markenkommunikation, andere Markenverwender – in unterschiedlichen<br />

Situationen und mit allen Sinnen (Brakus et al.<br />

2009; Schmitt 1999). Markentheoretiker betonen zunehmend<br />

die Bedeutung dieser multisensorischen Markenerlebnisse<br />

für die Entwicklung multisensorischen Markenwissens (Christensen<br />

& Olson 2002; Keller 2009; Zaltman 1997).<br />

Um nichtbewusstes, multisensorisches<br />

Wissen abzurufen, müssen daher jene Sinne<br />

wieder stimuliert werden, die an der ursprünglichen<br />

Entstehung von Wissen während<br />

des Markenerlebnisses beteiligt waren.<br />

Psychologischen und neurologischen Erkenntnissen zufolge<br />

zeichnet sich dieses Wissen dadurch aus, dass es<br />

(a) auf einer nichtbewussten Ebene und in jener sensorischen<br />

Form gespeichert wird, in welcher der Konsument<br />

die Marke erlebt. Bilder werden zum Beispiel als visuelle<br />

Metaphern im Gedächtnis repräsentiert (Barsalou 1999;<br />

Damasio 1994).<br />

(b) über Metaphern zum Ausdruck kommt (Zaltman 1997).<br />

Um nichtbewusstes, multisensorisches Wissen abzurufen,<br />

müssen daher jene Sinne wieder stimuliert werden, die an der<br />

ursprünglichen Entstehung von Wissen während des Marken-<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Dr. Maria Kreuzer<br />

Projektleiterin, Institut für Marketing – Strategieberatung,<br />

und wissenschaftliche Mitarbeiterin,<br />

Institut für Strategisches Management, Marketing<br />

und Tourismus, Leopold-Franzens-Universität<br />

Innsbruck<br />

erlebnisses beteiligt waren (Barsalou 1999). Zudem muss der<br />

metaphorische Ausdruck dieses Wissens gefördert werden<br />

(Zaltman 1997).<br />

Markenmanager bemühen sich zunehmend um die Gestaltung<br />

multisensorischer Markenerlebnisse, die zu einem unverwechselbaren<br />

Bild der Marke im Gedächtnis des Konsumenten<br />

führen sollen. Lediglich die Markenwissenserhebung,<br />

welche eine wichtige Funktion des Marken-Monitorings darstellt,<br />

vernachlässigt es, dem multisensorischen Charakter<br />

des Markenwissens Rechnung zu tragen. Gängige Methoden<br />

zur Erhebung von Markenwissen – beispielsweise Skalierungsverfahren,<br />

freie Assoziationstechniken, narrative Interviews<br />

– zielen mehrheitlich auf bewusste, verbal gespeicherte<br />

Wissensinhalte ab (Woodside 2004).<br />

Nur wenige Methoden (zum Beispiel Collagetechniken, Zaltman<br />

Metaphor Elicitation Technique) setzen es sich zum Ziel,<br />

zu nichtbewusstem multisensorischem Wissen vorzudringen,<br />

indem sie den Konsumenten sinnlich stimulieren (Blümelhuber<br />

2004; Zaltman 1997). Diese Methoden beschränken sich<br />

aktuell aber vorwiegend auf die Stimulation des Sehsinns und<br />

vernachlässigen damit andere Sinne, die ebenfalls zu multisensorischem<br />

Markenwissen führen.<br />

Umfassende Einblicke in multisensorisches Markenwissen<br />

bleiben bislang verwehrt. Die Methode des Multi-Sensory<br />

Sculpting schließt diese Lücke, indem sie Konsumenten multisensorisch<br />

aktiviert und eine multisensorische, metaphorische<br />

Darstellung von Markenwissen ermöglicht.<br />

Dr. Sylvia von Wallpach<br />

Visiting Scholar, Copenhagen Business School,<br />

Dänemark, und Assistant Professor of Marketing,<br />

Institut für Strategisches Management, Marketing<br />

und Tourismus, Leopold-Franzens-Universität<br />

Innsbruck


Zur Methode des Multi-Sensory Sculpting (MSS)<br />

1. MSS Toolkit<br />

Multi-Sensory Sculpting arbeitet mit einem Toolkit, das aus<br />

einer breiten Auswahl multisensorischer abstrakter Materialien<br />

besteht (vgl. Sims & Doyle 1995). Diese Materialien dienen<br />

dazu, all jene Sinne zu stimulieren, die während des ursprünglichen<br />

Markenerlebnisses involviert waren. Die Materialien<br />

erlauben es dem Konsumenten, schwer verbalisierbares multisensorisches<br />

Wissen in der Form zum Ausdruck zu bringen,<br />

in der es im Gedächtnis gespeichert ist (Kosslyn 1995).<br />

Das Toolkit ist Resultat eines intensiven Brainstorming-<br />

Prozesses, in dem diverse Sinne wie Sehsinn, Gehörsinn, Geruchsinn,<br />

Geschmacksinn und Haptik mit Eigenschaften von<br />

tatsächlichen Objekten wie beispielsweise rot, schrill, fruchtig,<br />

hart, die Teil des Markenerlebnisses des Konsumenten sein<br />

können, in Verbindung gebracht wurden. Um die Kreativität<br />

der Konsumenten nicht einzuschränken, wurden bewusst<br />

abstrakte Materialien, zum Beispiel Holzsteine, Watte, Nahrungsmittel,<br />

Gerüche gewählt, die keine beziehungsweise<br />

möglichst wenig vordefinierte Bedeutung haben.<br />

Tabelle 1 zeigt einen Ausschnitt der im MSS Toolkit enthaltenen<br />

Materialien sowie deren Objekteigenschaften und von<br />

ihnen stimulierten Sinne. Der Vorteil des Toolkits besteht<br />

vorwiegend darin, dass allen Teilnehmern dieselben Materialien<br />

zur Verfügung stehen und damit die Vergleichbarkeit der<br />

Ergebnisse für einzelne Marken aber auch über verschiedene<br />

Marken hinweg gesteigert werden kann.<br />

Tabelle 1: Beispiele für Elemente des MSS Toolkit<br />

2. Datenerhebungsprozess<br />

Der Datenerhebungsprozess beginnt mit einer freien Explorationsphase,<br />

in der die Teilnehmer aufgefordert werden, die<br />

zur Verfügung stehenden Materialien mit allen Sinnen zu erkunden.<br />

Diese erlaubt es den Teilnehmern, sich mit den unterschiedlichen<br />

Materialien vertraut zu machen. Ziel der ersten<br />

Phase ist es, die Teilnehmer multisensorisch zu stimulieren<br />

und damit auf die eigentliche Konstruktionsaufgabe vorzubereiten.<br />

In einem zweiten Schritt erhalten die Teilnehmer dann die<br />

eigentliche Aufgabenstellung, die wie folgt lautet: „Bitte verwenden<br />

Sie die zur Verfügung stehenden Materialien, um eine<br />

Skulptur zu bauen, welche die Bedeutung der Marke x für Sie<br />

widerspiegelt”. Die Teilnehmer erhalten keine weiteren Anweisungen,<br />

welche Materialien sie verwenden sollen oder wie<br />

sie diese Materialien zu einer Skulptur vereinen sollen. Sie<br />

können so ihrer Kreativität freien Lauf lassen und intuitiv jene<br />

Materialien wählen, die ihrem Markenwissen am besten Ausdruck<br />

verleihen.<br />

29<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

30<br />

Um die Teilnehmer nicht unter Druck zu<br />

setzen, gibt es auch keine zeitliche Be-<br />

schränkung für die Erstellung der Skulptur.<br />

Das Ergebnis dieser ersten Phase<br />

ist eine Skulptur, welche die Bedeutung<br />

der Marke aus Sicht des Teilnehmers<br />

darstellt (siehe Abbildung 1 für<br />

ein Beispiel einer Skulptur, welche die<br />

Markenbedeutung einer österreichischen<br />

Luxusmarke verkörpert).<br />

Erste Anwendungen der Methode bei knapp<br />

150 Probanden und über 7 Marken aus unterschiedlichen<br />

Branchen (Bildungs-, Finanz- und Gesundheitswesen,<br />

Konsumgüterindustrie, Informationstechnologie, Tourismus)<br />

hinweg zeigen, dass die Aufgabenstellung für die Teilnehmer<br />

leicht verständlich und auch einfach durchführbar ist. Viele<br />

Teilnehmer betonten vor allem die Attraktivität des Spielcharakters,<br />

welcher der MSS-Methode innewohnt: „Das hat Spaß<br />

gemacht, wieder mal zu basteln” (Hugo, 35 Jahre).<br />

Im letzten Schritt der Datenerhebungsphase werden die entstandenen<br />

Markenskulpturen als multisensorische Stimuli<br />

für ein projektives narratives Interview verwendet (Heisley &<br />

Levy 1991). In Einzelinterviews bringt der Teilnehmer die Bedeutung<br />

einzelner Materialien sowie die Bedeutung der Gesamtskulptur<br />

nochmals verbal zum Ausdruck. Die während<br />

dieses Interviews generierten Metaphern, das heißt verbale<br />

Ausdrücke, die nicht in ihrer wörtlichen, sondern in einer übertragenen<br />

Bedeutung verwendet werden, bieten vertiefende<br />

Einblicke in das multisensorische Markenwissen des Teilnehmers<br />

(vgl. Johnson 2009; Lakoff & Johnson 1999).<br />

Abbildung 2: Embodied Brand Knowledge Map einer<br />

österreichischen Luxusmarke<br />

Cold Charisma 7 Light Reflection 9<br />

is associated with is associated with<br />

Ephemeral 10<br />

is associated with<br />

Fantasy World 34<br />

Fragility 14<br />

is cause of<br />

Softness 5<br />

contradicts Reality 10<br />

Tradition 13 Structure 9<br />

is part of<br />

Simplicity 5<br />

contradicts<br />

Opulence 12<br />

is associated with<br />

is associated with is associated with<br />

is associated with<br />

is associated with is associated with<br />

Core 29 Periphery 16<br />

is cause of<br />

Robustness 11<br />

Unnecessity 7<br />

Die Skulpturen werden schließlich fotografiert, die dazugehörigen<br />

verbalen Ausführungen auf Tonträger aufgezeichnet<br />

und anschließend wörtlich transkribiert. Der hier beschriebene<br />

Prozess ist für Marken verschiedenster Branchen sowie<br />

zur Erhebung des verkörperten Markenwissens diverser Interessensträger<br />

einer Marke wie zum Beispiel Konsumenten<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

oder MMitarbeiter<br />

anwendbar. Eine minimale Stich-<br />

prob probengröße von 15 bis 20 Probanden ist empfehlenswert<br />

feh (vgl. Zaltman 1997).<br />

3. Datenanalyse und -darstellung<br />

Der Fokus der Datenanalyse liegt auf den<br />

Bedeutungen, die über verbale Metaphern<br />

Abbildung 1: Exemplarische Markenskulptur<br />

einer österreichischen Luxusmarke<br />

sowie über multisensorische Materialien zum Ausdruck<br />

kommen. Die Datenanalyse involviert sowohl die teilnehmenden<br />

Probanden als auch die Forscher.<br />

In einem ersten Schritt explizieren die Teilnehmer die Bedeutung<br />

ihrer Skulpturen und bestätigen damit ihre eigenen Interpretationen<br />

mittels „confirmatory personal introspection”<br />

(Woodside 2004). Mindestens zwei Forscher wenden dann<br />

getrennt voneinander Prinzipien der hermeneutischen Textanalyse<br />

(Arnold & Fischer 1994; Thompson 1997) mit einem<br />

speziellen Fokus auf Metaphern auf die verbalen Ausführungen<br />

an. Die Metaphern werden zunächst gemäß der von Johnson<br />

(1987) vorgeschlagenen Typologie klassifiziert und dann<br />

auf ihre zugrundeliegende Bedeutung hin analysiert. Die verbalen<br />

Metaphern werden zudem konstant mit den multisensorischen<br />

Materialien in Verbindung gebracht, die die verbalen<br />

Ausführungen ursprünglich stimulierten.<br />

Der Datenerhebungsprozess beginnt mit<br />

einer freien Explorationsphase, in der die<br />

Teilnehmer aufgefordert werden, die zur<br />

Verfügung stehenden Materialien mit allen<br />

Sinnen zu erkunden.<br />

Die Forscher gleichen ihre individuellen Ergebnisse dann ab,<br />

um ein konsensuales Verständnis bezüglich der zentralen<br />

Markenbedeutungen der Teilnehmer zu generieren. Die Ergebnisse<br />

werden schließlich in die qualitative Analysesoftware<br />

ATLAS.ti eingespeist, die eine Aggregation und graphische<br />

Darstellung der Daten in einer sogenannten „Embodied<br />

Brand Knowledge Map” (EBKM) ermöglicht. Diese illustriert<br />

die am häufigsten auftretenden Markenbedeutungen über<br />

alle Probanden hinweg, Verbindungen zwischen diesen Bedeutungen<br />

sowie die Sinne, durch welche die Markenbedeutungen<br />

aktiviert wurden. Um in die EBKM aufgenommen zu<br />

werden, muss eine Bedeutung von mindestens einem Drittel<br />

der Befragten genannt werden (vgl. Zaltman & Coulter 1995).<br />

4. Exemplarische Embodied Brand Knowledge Map<br />

Die in Abbildung 2 dargestellte EBKM aggregiert die zentralen<br />

Markenbedeutungen von 15 Konsumenten – sechs Frauen<br />

und neun Männern – bezüglich einer international operierenden<br />

österreichischen Luxusmarke. Insgesamt wurden 21 Markenbedeutungen<br />

über alle Teilnehmer hinweg identifiziert.<br />

Durchschnittlich nannte jeder Teilnehmer 6 Bedeutungen


(Mehrfachnennungen waren möglich). Die den Bedeutungen<br />

beigestellte Zahl bringt zum Ausdruck, wie häufig eine Bedeutung<br />

genannt wurde.<br />

Die den Bedeutungen beigestellten Symbole indizieren, welche<br />

Sinne bei der Abrufung der Bedeutung über die Skulptur<br />

aktiviert wurden. Die Verbindungen zwischen einzelnen Bedeutungen<br />

veranschaulichen die aggregierten Markenassoziationsketten<br />

der Teilnehmer. Diese Verbindungen können<br />

assoziativer, kausaler, partizipativer oder kontradiktorischer<br />

Natur sein.<br />

Im Zentrum der EBKM steht die Dichotomie von „Fantasiewelt”<br />

und „Realität”, die die Bedeutung der Marke für die<br />

teilnehmenden Konsumenten stark charakterisiert. Diese<br />

zwei Bedeutungen bilden den Ausgangspunkt für mehrere<br />

Assoziationsketten, welche wiederum die Bedeutung dieser<br />

Konzepte speisen. Konsumenten nutzen zahlreiche verbale<br />

Metaphern wie „Träume”, „auf Wolken schweben”, „Winter<br />

Wonderland”, „Glitter und Bling Bling”, „Märchenland”, „eine<br />

weit entfernte Welt” sowie multisensorische Materialien –<br />

zum Beispiel Watte, Aluminiumfolie, Glitter, Schmucksteine<br />

und Kristalle in kalten Farben, Perlen, weiße Wachssteine –<br />

zur Untermauerung der Bedeutung „Fantasiewelt”. Fragilität<br />

und Vergänglichkeit werden stark mit Fantasiewelt in Verbindung<br />

gebracht.<br />

Die Bedeutung „Realität” wird hingegen durch verbale Metaphern<br />

wie „Alltäglichkeit”, „Natur” oder „wirkliches Leben”<br />

zum Ausdruck gebracht. Konsumenten nutzen natürliche, solide<br />

Materialien in Erdtönen, um dieser Bedeutung Ausdruck<br />

zu verleihen – zum Beispiel mit Materialien wie Baumrinde,<br />

Moos, Korken, Nüssen, Tannenzapfen, Steinen und Lego. Die<br />

Bedeutungen Tradition und Struktur stehen in enger Verbindung<br />

zu Realität.<br />

Abbildung 1 zeigt eine Markenskulptur, die diese Dichotomie<br />

klar zum Ausdruck bringt. Im Zentrum befindet sich das<br />

Wertvolle, Zerbrechliche, Surreale – dargestellt durch glänzende<br />

Edelsteine und Glitter. Dieser Kern ist umgeben von einer<br />

Schicht Watte sowie von einem Kranz aus Rosenblättern, die<br />

das wertvolle Innere von der harten Realität schützen sollen,<br />

die die Skulptur umgibt.<br />

Der Fokus der Datenanalyse liegt auf den<br />

Bedeutungen, die über verbale Metaphern<br />

sowie über multisensorische Materialien zum<br />

Ausdruck kommen.<br />

Innovationsgehalt und Praxistauglichkeit der Methode<br />

Die Methode des Multi-Sensory Sculpting stellt eine Innovation<br />

im Bereich der Markenwissenserhebung dar, da sie<br />

Forschern sowie Praktikern die Möglichkeit bietet, Zugriff zu<br />

multisensorischem Wissen verschiedener „Markeninteressensträger”<br />

zu gewinnen. Im Gegensatz zu bestehenden Erhebungsmethoden<br />

arbeitet MSS mit abstrakten Materialien,<br />

die jene Sinne stimulieren, welche an der ursprünglichen Wis-<br />

sensentstehung beteiligt waren. Die multisensorischen Markenskulpturen,<br />

die während des Prozesses entstehen, sind<br />

selbst Ausdruck von Markenwissen und dienen des Weiteren<br />

als Stimuli für eine darauf folgende verbale Markenwissenserhebung.<br />

Diesem methodischen Ansatz liegt die Annahme<br />

zugrunde, dass Probanden aufgrund der vorherigen multisensorischen<br />

Stimulation auf Wissensinhalte zugreifen können,<br />

die mit rein verbalen Verfahren nicht abrufbar wären.<br />

Die Bedeutung „Realität” wird hingegen<br />

durch verbale Metaphern wie „Alltäglichkeit”,<br />

„Natur” oder „wirkliches Leben” zum<br />

Ausdruck gebracht. Konsumenten nutzen<br />

natür liche, solide Materialien in Erdtönen, um<br />

dieser Bedeutung Ausdruck zu verleihen<br />

Die durch MSS erlangten vertiefenden Einblicke in multisensorisches<br />

Markenwissen sind von äußerster Relevanz für<br />

Markenmanager. Je nach Ziel der Studie kann das Markenmanagement,<br />

um Einblicke in das multisensorische Markenwissen<br />

von Individuen zu erlangen, MSS auf individueller Ebene<br />

anwenden. Es kann aber ebenso in Gruppen einsetzt werden,<br />

um Gruppendiskussion und gemeinsame Markenentwicklung<br />

zu forcieren.<br />

Ein Anwendungsgebiet für die Methode ist die Markenstrategieentwicklung.<br />

Mithilfe von MSS kann beispielsweise die<br />

vom Management intendierte Markenbedeutung erarbeitet<br />

werden. Die während eines Strategieworkshops entstandene<br />

Markenskulptur kann als starkes multisensorisches Symbol<br />

für die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse dienen.<br />

MSS kann des Weiteren im Markenmonitoring Einsatz finden.<br />

Markenmanager erhalten beispielsweise vertiefende Einblicke<br />

in das multisensorische Markenwissen ihrer Konsumenten<br />

sowie ein Verständnis der zugrundeliegenden multisensorischen<br />

Markenerfahrungen. Ein Vergleich des so erhobenen<br />

Markenwissens über mehrere Erhebungszeitpunkte hinweg<br />

kann Informationen bezüglich des Erfolges diverser operativer<br />

multisensorischer Marketingmaßnahmen liefern. Die so<br />

gewonnenen Ergebnisse können zudem zukünftigen Handlungsbedarf<br />

aufzeigen und als Basis für die Entwicklung konkreter<br />

operativer Markenführungsmaßnahmen dienen, wie<br />

zum Beispiel für die Gestaltung von Markenerlebnissen am<br />

POS.<br />

Referenzen zum Text sind auf Anfrage bei den Autorinnen<br />

erhältlich.<br />

*) Der Beitrag basiert auf der Publikation: von Wallpach, Sylvia; Kreuzer,<br />

Maria (forthcoming). Multi-sensory sculpting (MSS): Eliciting<br />

brand knowledge via multi-sensory metaphors. Journal of Business<br />

Research, Special Issue on Advancing Research Methods in Marketing.<br />

Für weitere Informationen besuchen Sie bitte: www.multisensorysculpting.com<br />

31<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

32<br />

Nominiert für das Best Paper 2012<br />

Neuroökonomische Marketingforschung<br />

Dr. Nadine Hennigs und Dr. Steffen Schmidt, Leibniz Universität Hannover zur Bestimmung<br />

ganzheitlicher Markenwirkung anhand expliziter und impliziter Erhebungstechniken<br />

Die Erkenntnis der Neuroökonomie, dass starke Marken ihre spezifische Anziehungskraft<br />

auf einer expliziten sowie impliziten Ebene entfalten, trifft mittlerweile auf eine breite Zustimmung.<br />

Erstaunlich hierbei ist, dass es trotzdem an einem ganzheitlichen Mess- und<br />

Steuerungskonzept mangelt, das beide Ebenen systematisch verknüpft und zur Entscheidungsfindung<br />

analysiert. Die Autoren thematisieren ein derartiges Konzept auf Basis neuroökonomischer<br />

Erkenntnisse theoretisch und konzeptionell und stellen die Ergebnisse einer<br />

Kausalanalyse vor.<br />

Der immaterielle Werttreiber „Marke” bildet nach wie vor ein<br />

relevantes und dominierendes Thema sowohl in der Marketingpraxis<br />

als auch der Marketingwissenschaft. Das hohe<br />

Interesse an dieser Thematik lässt sich in erster Linie durch<br />

den Erfolg starker Marken wie zum Beispiel Apple oder Coca-<br />

Cola begründen. Derartig starken Marken gelingt es scheinbar<br />

spielend, die Bestposition auf bestehenden Märkten über<br />

Jahrzehnte hinweg erfolgreich zu verteidigen oder sich auf<br />

neuen Märkten in kürzester Zeit zu etablieren.<br />

Das Geheimnis dieser Marken liegt in der besonderen<br />

Anziehungskraft, die sich im Gehirn<br />

der Kunden entfaltet. Dass dieser Erfolg nicht<br />

selbstverständlich ist, verdeutlicht die hohe<br />

Floprate bei der Einführung neuer Produkte.<br />

Das Geheimnis dieser Marken liegt in der besonderen Anziehungskraft,<br />

die sich im Gehirn der Kunden entfaltet. Dass<br />

dieser Erfolg nicht selbstverständlich ist, verdeutlicht die hohe<br />

Floprate bei der Einführung neuer Produkte: Je nach Quelle<br />

scheitern weltweit zwischen 40 und 90 Prozent aller Neuprodukteinführungen<br />

in den ersten zwölf Monaten. Und das,<br />

obwohl in der Regel im Vorfeld Ergebnisse aus der konventionellen<br />

<strong>Markt</strong>forschung auf einen Erfolg dieser Produkte nach<br />

<strong>Markt</strong>einführung hingedeutet haben. Ursächlich für das letztendliche<br />

Scheitern im <strong>Markt</strong> scheinen in der Regel ein mangelndes<br />

beziehungsweise nur oberflächliches Kundenverständnis<br />

und damit eine verfehlte Kundenansprache zu sein.<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Dr. Nadine Hennigs<br />

Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für<br />

Marketing und Management, Leibniz Universität<br />

Hannover, tätig in den Forschungsschwerpunkten<br />

Luxusmarketing, Markenmanagement, Methoden<br />

der Marketingforschung, Zielkundenmanagement,<br />

Finanzdienstleistungsmarketing<br />

Den Erkenntnissen der Neuroökonomie folgend läuft das Gros<br />

der menschlichen Wahrnehmungs- und Verhaltensprozesse<br />

automatisch beziehungsweise unbewusst ab. Klassische<br />

Erhebungstechniken, wie zum Beispiel die weit verbreiteten<br />

schriftlichen oder mündlichen Befragungen, sind nicht in der<br />

Lage, diese implizite Ebene (zusätzlich) zu erfassen.<br />

Ebenso erlauben es traditionelle Analysemethoden nicht, die<br />

komplexen Wirkungszusammenhänge zwischen Markenstärke,<br />

Markenwahrnehmung und Markenverhalten zur fundierten<br />

Unterstützung von Entscheidungen für das Markenmanagement<br />

kausalanalytisch zu bestimmen. Allerdings lässt sich<br />

eine Marke ohne eine verhaltenswissenschaftliche Messung<br />

und fundierte Analyse der Markenwirkung letzten Endes nur<br />

unzureichend und „auf kurze Sicht fliegen” beziehungsweise<br />

managen, aber nicht langfristig am <strong>Markt</strong> positionieren und<br />

halten.<br />

Forschungsfragen und -ziele<br />

Der konkrete Forschungsbedarf ergibt sich aus der Erkenntnis,<br />

dass die nachhaltige Kraft von Marken allein in den Köpfen<br />

der Kunden entfaltet wird. Vor dem Hintergrund der vorab<br />

skizzierten Aktualität der Themenrelevanz können dabei die<br />

folgenden Forschungslücken identifiziert werden:<br />

Theoretisch:<br />

Bisher existiert kein managementorientiertes Mess- und Steuerungskonzept,<br />

das eine explizite und implizite Markenwirkungsebene<br />

zur Identifikation und Optimierung von markenwertsteigernden<br />

Erfolgsfaktoren gleichzeitig berücksichtigt.<br />

Dr. Steffen Schmidt<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für<br />

Marketing und Management, Leibniz Universität<br />

Hannover, tätig in den Forschungsschwerpunkten<br />

Markenmanagement, Neuroökonomie, Usability,<br />

User Experience, Data Mining


Empirisch:<br />

Ebenso fehlt es bislang an einer ganzheitlichen Bestimmung<br />

der expliziten und impliziten Wirkungspotenziale einer Marke<br />

unter Anwendung leistungsstarker Kausalanalysen in Bezug<br />

auf die kundenseitige Markenwahrnehmung und das tatsächliche<br />

Markenwahlverhalten.<br />

Methodisch:<br />

Des Weiteren mangelt es an einem systematischen und zielgerichteten<br />

Einsatz von kausalanalytischen Analysetechniken<br />

(Ursache-Wirkungs-Prinzip) zur simultanen Auswertung von<br />

expliziten und impliziten Erhebungsdaten.<br />

Die primäre Zielsetzung des vorliegenden Beitrags besteht<br />

vor diesem Hintergrund darin, einen nachhaltigen Erkenntnisgewinn<br />

zur expliziten und impliziten Wirkung von Marken<br />

für die Marketingpraxis und -wissenschaft zu liefern. Hierzu<br />

sollen die wahrnehmungs- und verhaltensbestimmenden<br />

Wirkungsbereiche einer Marke eindeutig definiert, ein kombinierter<br />

Messinstrumenteneinsatz zur Erfassung der impliziten<br />

und expliziten Ebene konzipiert sowie die werttreibenden<br />

Wirkungsbereiche auf ausgewählte Key-Performance-Indikatoren<br />

des Marketings wie zum Beispiel Image, Vertrauen, Loyalität<br />

und Kaufabsicht empirisch ergründet werden.<br />

Mehrwert eines kombinierten Einsatzes von expliziten und<br />

impliziten Erhebungsverfahren<br />

Die wissenschaftliche und praktische Marketingforschung ist<br />

sich verstärkt der Limitationen traditioneller Erhebungstechniken<br />

bewusst. Gerade die jüngere Forschung zeigt, insbesondere<br />

auf dem Gebiet der Neurowissenschaften, dass die<br />

unbewussten, impliziten Vorgänge im menschlichen Gehirn<br />

die Entscheidung für oder gegen ein Produkt beziehungsweise<br />

eine Marke stark beeinflussen. Konventionelle Studien zu<br />

Konsumentscheidungen nutzen klassische Erhebungstechniken<br />

wie schriftliche Befragungen oder telefonische Interviews.<br />

Im Alltag auftretenden Herausforderungen der Marketingforschung<br />

bei der Datenerhebung wie soziale Erwünschtheit<br />

oder Introspektionsfähigkeit (zum Beispiel Erinnerungsleistung)<br />

können mit klassischen Methoden nicht hinreichend<br />

valide und reliabel begegnet werden.<br />

Daneben gibt es speziell in der wissenschaftlichen Forschung<br />

einen verstärkten Trend in Bezug auf den Einsatz von neuartigen<br />

Verfahren der Neurowissenschaften, die einen direkteren<br />

Zugang ermöglichen, um die besonders verhaltensrelevanten<br />

impliziten Hirnprozesse zu erfassen. Diese Verfahren setzen<br />

meist auf die Erfassung von Hirnaktivitäten – zum Beispiel via<br />

funktioneller Magnetresonanztomographie oder Elektroenzephalographie<br />

– beziehungsweise physiologischen Körperreaktionen<br />

wie zum Beispiel via Hautwiderstandsmessung oder<br />

Elektrokardiogramm.<br />

Abbildung 1: Prozesse der Informationsverarbeitung nach<br />

Camerer et al. (2005)<br />

Ein klarer Vorteil von neurowissenschaftlichen Erhebungsverfahren<br />

ist dabei auch der Zeitpunkt der Erhebung, gerade<br />

im Hinblick auf die Konsumentenreaktion bei der Darbietung<br />

von Marketingstimuli wie beispielsweise Printanzeigen, Werbespots,<br />

PR-Events etc. Während konventionelle explizite<br />

Methoden ihrer Anlage entsprechend nur eine asynchrone<br />

Erhebung erlauben, in der der Zeitpunkt des Marketingkontaktes<br />

vor dem Zeitpunkt der Erhebung der Konsumentenreaktion<br />

liegt, sind neurowissenschaftliche implizite Verfahren<br />

(meistens) zur synchronen Erhebung fähig. Der Zeitpunkt des<br />

Marketingkontaktes entspricht meist genau dem Zeitpunkt<br />

der Datenerhebung.<br />

Während explizite Methoden sich der Problematik<br />

stellen müssen, dass der Befragte<br />

willig und fähig ist, eine Antwort abzugeben,<br />

unterliegen implizite Verfahren insbesondere<br />

einem kulturellen Einfluss, wie zum Beispiel<br />

soziokulturell geprägten Vorurteilen.<br />

An dieser Stelle ist allerdings zu betonen, dass die alleinige<br />

Konzentration auf implizite Verfahren zu kurz greift und<br />

ebenso Gefahren aufweist. Während explizite Methoden sich<br />

der Problematik stellen müssen, dass der Befragte willig und<br />

fähig ist, eine Antwort abzugeben, unterliegen implizite Verfahren<br />

insbesondere einem kulturellen Einfluss, wie zum Beispiel<br />

soziokulturell geprägten Vorurteilen, die nicht notwen-<br />

33<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

34<br />

digerweise für das einzelne Individuum entscheidungs- und<br />

damit verhaltensrelevant sein müssen. Explizit-bewusste und<br />

implizit-unbewusste Markenbewertungen stellen also in ihrer<br />

Kombination unterschiedliche Facetten der Wahrnehmung<br />

und des Verhaltens auf Seiten der Konsumenten dar. Demnach<br />

ist auch ein integrierter Ansatz unabdingbar, der sowohl<br />

explizite als auch implizite Methoden einbezieht, um zum Beispiel<br />

die ganzheitlichen Entscheidungsprozesse von Kunden<br />

bei der Markenwahl im Detail zu verstehen und im Markenmanagement<br />

entsprechend berücksichtigen zu können.<br />

Herleitung des konzeptionellen Bezugsrahmens<br />

Aus kognitionswissenschaftlicher Sicht stellt jeder Mensch<br />

ein informationsverarbeitendes System dar. Ein modelltheoretischer<br />

Ansatz dieser Informationsverarbeitung stellt<br />

das Consumer Information Processing (CIP) dar. Etwas verknappt<br />

dargestellt beschreibt dieser Theorieansatz alle im<br />

Inneren ablaufenden Hirnaktivitäten, mit denen der Mensch<br />

beziehungsweise der Konsument als ein psychisches System<br />

Abbildung 2: Konzeptionelles Untersuchungsmodell<br />

Abbildung 3: Eingesetzte implizite Messmethoden –<br />

EEG und SC-IAT<br />

Abbildung 4: Empirisches Untersuchungsmodell<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Informationen (zum Beispiel Imageanzeigen) über seine Sinnessysteme<br />

aufnimmt, speichert und verarbeitet. Dabei gilt<br />

aufgrund unterschiedlicher expliziter und impliziter Informationsverarbeitungsrouten,<br />

dass nicht alle aufgenommenen,<br />

abgespeicherten und verarbeiteten Informationen stets verfügbar<br />

und zugänglich sind, aber dennoch entscheidungs- und<br />

verhaltensrelevant sein können. Aus Sicht des Markenmanagements<br />

bietet sich hierbei das Vier-Felder-Modell von CAME-<br />

RER / LOEWENSTEIN / PRELEC (2005) als strukturierter Mess-<br />

und Steuerungsansatz an, der in Abbildung 1 dargestellt ist.<br />

Diesem zweidimensionalen Modell zufolge lassen sich die<br />

Informationsverarbeitungsprozesse als explizit oder implizit<br />

und kognitiv oder affektiv einteilen, wodurch sich vier Verarbeitungsmodi<br />

ergeben: explizit-kognitiv, explizit-affektiv,<br />

implizit-kognitiv, implizit-affektiv. Explizit-kognitiver Ursache<br />

sind zum Beispiel reflektierte Einschätzungen oder Urteile,<br />

dagegen sind bewusst gewordene Gefühle wie Freude oder<br />

Sympathie explizit-affektiver Natur. Derweil basieren spontane<br />

Erinnerungen oder intuitives Wissen in erster Linie auf<br />

implizit-kognitiven Prozessen, Impulskäufe dagegen primär<br />

auf implizit-affektiven Prozessen. Diese vier Verarbeitungsmodi<br />

bestimmen in ihrer Gesamtheit wiederum die Markenwahrnehmung<br />

und das Markenverhalten. Abbildung 2 stellt<br />

den konzeptionellen Bezugsrahmen dar.<br />

Design der Studie<br />

Die Erfassung der Markenwahrnehmung erfolgte über eine<br />

schriftliche Befragung bezüglich des wahrgenommenen Markenimages<br />

und Markenvertrauens. Das Markenverhalten ist<br />

anhand einer schriftlichen Abfrage der Markenloyalität und<br />

zukünftigen Kaufabsicht erfasst worden. Sowohl zur Markenwahrnehmungs-<br />

als auch zur Markenverhaltensmessung<br />

wurde eine 5er-Rating-Skala eingesetzt (1 = stimme überhaupt<br />

nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu).<br />

Um das Ausmaß zu bestimmen, inwiefern welcher Verarbeitungsmodus<br />

die Markenwahrnehmung und das Markenverhalten<br />

beeinflusst, wurde jeder Verarbeitungsmodus separat<br />

erfasst und als einzelne latente Variable im Untersuchungsmodell<br />

abgebildet. Konkret ist zur Bestimmung der beiden<br />

expliziten Dimensionen eine schriftliche Befragung mit Hilfe<br />

von sieben-poligen semantischen Differenzialen eingesetzt<br />

worden, in der konkret die Glaubwürdigkeit (explizit-kognitiv)<br />

und die Einstellung (explizit-affektiv) bestimmt wurden. Die<br />

Erfassung der beiden impliziten Dimensionen erfolgte anhand<br />

einer Reaktionszeit- und einer Hirnstrommessung. Für die<br />

Reaktionszeitmessung kam ein Single Category Implicit Association<br />

Test (SC-IAT) zum Einsatz, mit dem Ziel, die implizitkognitive<br />

Ebene zu erfassen. Als Erhebungssoftware wurde<br />

Inquisit 3.04 von Millisecond Software eingesetzt. Die Hirnstrommessung<br />

ist mit einem Elektroenzephalogramm (EEG)<br />

bestimmt worden. Hierzu wurde das EEG-Headset EPOC von<br />

Emotiv verwendet, das 14 Elektroden umfasst. Konkret ging<br />

es bei der Hirnstrommessung um die Erfassung der mentalen<br />

Engagement- und Meditationsaktivierung, die von dem verwendeten<br />

EPOC Headset automatisch ausgegeben wird.<br />

Vorstudien zeigten, dass die beiden mentalen Aktivierungszustände<br />

eine links- beziehungsweise rechtsseitige Dominanz


des Vorderhirns anzeigen und stark mit der konsumentenseitigen<br />

Markenpräferenz und dem Markenbesitz korrelierten.<br />

Zur Synchronisierung der EEG-Daten mit den auf dem Bildschirm<br />

dargebotenen Markenlogos kam die Software i² Visualizer<br />

von eye square zum Einsatz. In Abbildung 3 sind beide<br />

implizite Messmethoden dargestellt.<br />

28 gesunde, rechtshändige Probanden (Geschlechterverhältnis:<br />

53,6 Prozent weiblich und 46,4 Prozent männlich) wurden<br />

im Sommer 2011 zur Durchführung der Studie rekrutiert. Jeder<br />

Studienteilnehmer hatte mit Volkswagen und Continental<br />

zwei Marken aus der Automotive-Branche zu bewerten. Die<br />

Studie setzte hierbei auf einem Vorher-Nachher-Design auf.<br />

Nachdem die Probanden beide Marken ein erstes Mal bewertet<br />

hatten, sahen sie sich PR-Event-Videos von beiden Marken<br />

an, um anschließend noch einmal eine Markenbewertung<br />

vorzunehmen. Damit ergaben sich zur anschließenden Datenauswertung<br />

insgesamt 112 Datenpunkte beziehungsweise<br />

Nettobewertungen (28*2*2). Die ganzheitliche und simultane<br />

Auswertung erfolgte unter Rückgriff auf das kausalanalytische<br />

Strukturgleichungsverfahren Partial Least Squares (PLS)<br />

und die Software SmartPLS 2.0.<br />

Alle expliziten und impliziten Messinstrumente erreichten<br />

zufriedenstellende Reliabilitäts- und Validitätswerte. Insbesondere<br />

die Split-Half-Reliabilitätswerte der SC-IAT- und der<br />

EEG-Messung überzeugten durch Reliabilitätskoeffizienten<br />

von über 0.6, was bereits als sehr gut für implizite Methoden<br />

interpretiert werden kann. In Abbildung 4 sind die Pfadkoeffizienten<br />

der PLS-Analyse abgetragen.<br />

Das aufgestellte Kausalmodell erzielt mit R²-Werten von über<br />

0.6 eine sehr gute Modellgüte. Die durchgeführte Studie kann<br />

hierbei eindeutig aufzeigen, dass die Wirkung einer Marke auf<br />

die Markenwahrnehmung und das Markenverhalten sowohl<br />

von einer expliziten als auch einer impliziten Ebene ausgeht.<br />

Die Markenwahrnehmung wiederum hat einen direkten Effekt<br />

auf das Markenverhalten. Als besonders interessant erweist<br />

sich das Ergebnis, dass beide kognitive Dimensionen auf direktem<br />

Wege (lediglich) die Markenwahrnehmung beeinflussen,<br />

während von beiden affektiven Dimensionen eine Wirkung<br />

sowohl auf die Markenwahrnehmung als auch auf das<br />

Markenverhalten ausgeübt wird.<br />

Im Detail geht in dieser Studie der stärkste direkte Effekt auf<br />

die Markenwahrnehmung von der explizit-affektiven Ebene<br />

aus, gefolgt von der explizit-kognitiven und der implizit-kognitiven<br />

Ebene. Der direkte Einfluss der implizit-affektiven<br />

Dimension auf die Markenwahrnehmung fällt zwar schwach<br />

aus, ist aber noch auf einem 90-Prozent-Niveau signifikant<br />

und im Rahmen einer explorativen Studie wie der vorliegenden<br />

durchaus akzeptabel. In Bezug auf das Markenverhalten<br />

geht ebenso von der explizit-affektiven Ebene die stärkste<br />

Wirkung aus. Im Vergleich fällt der direkte Einfluss der implizit-affektiven<br />

Wirkungsebene etwa halb so hoch aus. Er ist in<br />

diesem Fall aber auf dem 99-Prozent-Niveau hochsignifikant.<br />

Im Gegensatz hierzu konnte weder von der explizit-kognitiven<br />

noch der implizit-kognitiven Wirkungsdimension ein direkter<br />

Effekt auf das Markenverhalten bestimmt werden.<br />

Die Ergebnisse zeigen deutlich den ökonomischen Managementwert<br />

einer affektiven Markenwirkung auf der expliziten<br />

und impliziten Ebene für oder auf ein positives Kundenverhalten<br />

an. Gleichzeitig implizieren die Ergebnisse, dass kognitive<br />

Bewertungen beziehungsweise Argumentationen, egal<br />

ob expliziter oder impliziter Natur, sozusagen als notwendige<br />

Bedingungen fungieren, indem sie die Markenwahrnehmung<br />

stark mitprägen. Damit es letzten Endes aber zur Verhaltensrelevanz<br />

bei der Markenauswahlentscheidung kommt, bedarf<br />

es als hinreichende Bedingung in erster Linie einer affektiven<br />

Markenwirkung, wobei auch hier sowohl die explizite als auch<br />

die implizite Informationsverarbeitungsroute einen Einfluss<br />

ausüben.<br />

Mit der vorgestellten Messkombination einer<br />

neuroökonomisch fundierten Erhebung und<br />

Analyse der ganzheitlichen Markenwirkung<br />

kann die Effektivität und Effizienz der Markenführung<br />

auf objektiv analytischem Wege<br />

überprüft und sichergestellt werden, ohne<br />

subjektiv geführte Grabenkämpfe bestreiten<br />

zu müssen.<br />

Fazit und Ausblick<br />

Der Mehrwert eines kombinierten Methodeneinsatzes mit<br />

dem gleichzeitigen Einsatz von expliziten und impliziten Erhebungstechniken<br />

wird durch die Ergebnisse der durchgeführten<br />

Untersuchung klar aufgezeigt. Anhand dieser Studie wird<br />

vor allem der Glaubensstreit befriedet beziehungsweise die<br />

Beweggründe zumindest stark angezweifelt, aus einer primär<br />

ideologisch getriebenen Forschungsmotivation heraus entweder<br />

nur explizite oder implizite Erhebungstechniken isoliert<br />

einzusetzen.<br />

Mit der vorgestellten Messkombination einer neuroökonomisch<br />

fundierten Erhebung und Analyse der ganzheitlichen<br />

Markenwirkung kann die Effektivität und Effizienz der Markenführung<br />

auf objektiv analytischem Wege überprüft und<br />

sichergestellt werden, ohne subjektiv geführte Grabenkämpfe<br />

bestreiten zu müssen. Die skizzierte Demonstration der Leistungsfähigkeit<br />

eines kombinierten Einsatzes aus expliziten<br />

und impliziten Erhebungsmethoden bildet hierbei hoffentlich<br />

einen motivierenden Ausgangspunkt für weitere Studien.<br />

Entsprechend hoffen wir im Sinne von Gerald Zaltman, Harvard<br />

Business School, auf vielfältige Anreize für eine vertiefende<br />

Auseinandersetzung mit dieser Thematik im Bereich<br />

von Marketingforschung und Markenmanagement, gerade<br />

mit Blick auf leistungsstarke Alternativen zur Überwindung<br />

der Grenzen konventioneller Methoden:<br />

„The world has changed, but our methods for understanding<br />

consumers have not. We keep relying on familiar but ineffective<br />

research techniques and consequently misread consumers’<br />

actions and thoughts. The products we create based on those<br />

techniques, simply aren‘t connecting with consumers.”<br />

35<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

36<br />

Verpackung – der Touchpoint zwischen<br />

Marke und Konsument<br />

Ulrike Oberascher und Julia Roßteuscher, IFM MANNHEIM, zur Relevanz impliziter und<br />

expliziter Reaktionen für den <strong>Markt</strong>erfolg<br />

Verpackungen sind maßgeblich für Produkt- und Markenwahl von Konsumenten und spielen<br />

eine entscheidende Rolle für Absatzerfolg und Markenführung am Point of Sale. Deshalb<br />

werden neue Verpackungen auch regelmäßig Packungstests unterzogen, deren Prognosen<br />

sich allerdings oft als unzutreffend erweisen.<br />

Reaktionen von Konsumenten erfolgen nicht nur bewusst<br />

und reflektiert, sondern werden von impliziten (intuitiven)<br />

Prozessen gesteuert. Diese unbewussten Reaktionen können<br />

von Konsumenten nicht begründet werden, sind aber für<br />

den <strong>Markt</strong>erfolg von Produkten entscheidend. Die Autorinnen<br />

stellen einen Ansatz vor, der die Analyse expliziter und impliziter<br />

Reaktionen von Konsumenten kombiniert und dadurch<br />

zuverlässige und valide Prognosen für den Absatzerfolg möglich<br />

macht.<br />

Für die Wirkung der Verpackung am POS sind<br />

vor allem implizite Entscheidungsprozesse<br />

maßgeblich. Um die Komplexität der Kaufentscheidung<br />

zu reduzieren, entscheiden<br />

Konsumenten implizit (intuitiv) in wenigen<br />

Sekunden ohne nachzudenken.<br />

Da Konsumenten ihre Kaufentscheidung mehrheitlich erst am<br />

Point of Sale (POS) treffen, stellt die Verpackung einen zentralen<br />

Touchpoint zwischen Konsument und Marke dar. Auf dem<br />

deutschen <strong>Markt</strong> werden derzeit rund 50.000 Marken und<br />

deren Produkte angeboten. Experten schätzen, dass lediglich<br />

etwa 300 dieser Marken starke Marken sind. Bei diesen ist<br />

die Verpackung zuständig für die zweifelsfreie Erkennbarkeit<br />

der Marke im Wettbewerbsumfeld. Die Mehrheit sind „Märkchen”.<br />

Über deren Produktwahl entscheidet am POS allein die<br />

Attraktivität ihrer Verpackung.<br />

Neue Verpackungen werden regelmäßig Packungstests unterzogen,<br />

deren Prognosen sich allerdings oft als unzutreffend<br />

erweisen. Reaktionen von Konsumenten auf eine Verpackung<br />

werden von impliziten und expliziten Prozessen gesteuert.<br />

Es gibt vier Merkmale für Kaufentscheidungssituationen,<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Ulrike Oberascher<br />

Diplom Psychologin, Projektleiterin für qualitative<br />

Forschungs projekte beim IFM MANNHEIM<br />

in denen implizite Prozesse dominieren: Low Involvement,<br />

Zeitdruck, hohe Komplexität und Informations-Overload. Bei<br />

hoch reflektierten Konsumenten beziehungsweise hohem Involvement<br />

dominieren hingegen explizite Prozesse (Friese et<br />

al. 2009). Für die Wirkung der Verpackung am POS sind vor<br />

allem implizite Entscheidungsprozesse maßgeblich. Um die<br />

Komplexität der Kaufentscheidung zu reduzieren, entscheiden<br />

Konsumenten implizit (intuitiv) in wenigen Sekunden ohne<br />

nachzudenken und können ihre Entscheidung daher nicht begründen.<br />

Immer wieder kommt es vor, dass sich Produkte trotz<br />

positiver Testergebnisse im klassischen Packungstest (explizit)<br />

als <strong>Markt</strong>flop erweisen. Die Vorhersagegenauigkeit solcher<br />

expliziter Messverfahren ist offensichtlich eingeschränkt.<br />

Mast / Zaltman 2005 stellen entsprechend fest, dass 80 Prozent<br />

der neuen Produkte, denen aufgrund von herkömmlichen<br />

expliziten Testverfahren <strong>Markt</strong>erfolg prognostiziert wurde,<br />

diese Erwartung im <strong>Markt</strong> leider nicht erfüllen konnten.<br />

Es ist davon auszugehen, dass die zuverlässige Prognose des<br />

<strong>Markt</strong>erfolges von Verpackungen eine kombinierte Analyse<br />

sowohl impliziter als auch expliziter Reaktionen erfordert.<br />

Dennoch werden implizite Messverfahren in der gängigen<br />

Marketingpraxis noch selten eingesetzt. Vor allem apparative<br />

Verfahren der Hirnforschung (fMRT) liefern zwar den physiologischen<br />

Nachweis für die Beteiligung impliziter Prozesse am<br />

Entscheidungsverhalten der Konsumenten, stoßen jedoch im<br />

<strong>Markt</strong>forschungsalltag an ihre Grenzen. Die Kosten sind hoch,<br />

die Datenanalyse aufwändig und die Stichprobe nicht repräsentativ.<br />

Die aktuelle Herausforderung für die psychologische <strong>Markt</strong>forschung<br />

besteht deshalb darin, valide und zuverlässige<br />

Methoden zu entwickeln, die implizite Reaktionen der Konsumenten<br />

auf Verpackungen aufdecken und die in der <strong>Markt</strong>forschungspraxis<br />

ökonomisch und effizient eingesetzt werden<br />

können.<br />

Julia Roßteuscher<br />

Diplom Psychologin, Junior-Projektleiterin für qualitative<br />

Forschungsprojekte beim IFM MANNHEIM


Forschungsprozess und Untersuchungsergebnisse<br />

Das IFM MANNHEIM hat in einem mehrstufigen Forschungsprozess<br />

einen praxistauglichen methodischen Ansatz entwickelt,<br />

der sowohl implizite als auch explizite Reaktionen auf<br />

Verpackungen kombiniert und zu validen und zuverlässigen<br />

Prognosen für ihren <strong>Markt</strong>erfolg führt. In allen Untersuchungsschritten<br />

wurden Produkte unterschiedlicher Warengruppen<br />

aus der Kategorie FMCG verwendet und potenziellen<br />

Konsumenten in ihrer handelsüblichen Verpackung zur Beurteilung<br />

präsentiert.<br />

Folgende Grundannahmen bestimmten das Vorgehen bei der<br />

Entwicklung des Untersuchungsansatzes:<br />

Implizite Entscheidungen zu Produkt- und Packungspräferenzen<br />

lassen sich über die Reaktionszeit bestimmen.<br />

Neuropsychologische Ergebnisse aus fMRT-Studien zeigen,<br />

dass implizite Reaktionen in einem Zeitfenster von 1<br />

bis 3 Sekunden erfolgen; Reaktionszeiten unter 3 Sekunden<br />

gelten entsprechend als Indikator für implizite Pro-<br />

zesse, Reaktionszeiten über 3 Sekunden als Indikator für<br />

explizite Prozesse (Pöppel, 2010).<br />

Tiefenpsychologische Hintergründe implizit getroffener<br />

Entscheidungen (Reaktionszeit < 3 sec) können durch projektive<br />

Verfahren und psychologische Experimente mit<br />

Bildassoziationen aufgedeckt werden.<br />

Explizite Produkt- und Packungspräferenzen können auf<br />

fünf validierten Dimensionen mit Hilfe einer Ratingskala<br />

abgebildet werden. Diese fünf expliziten Erfolgsfaktoren<br />

wurden in früheren Grundlagenstudien im IFM MANNHEIM<br />

ermittelt: persönliche Ansprache und Anmutung, Markensympathie,<br />

Produkt- und Markenpassung, Uniqueness sowie<br />

Funktionalität.<br />

Die psychologischen Erklärungen für die Richtung expliziter<br />

Entscheidungen (Akzeptanz oder Ablehnung) werden von<br />

psychologischen Explorationen geliefert.<br />

37<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

38<br />

Nachfolgend werden die einzelnen Stufen im Forschungsprozess<br />

skizziert.<br />

I. Stufe: Vergleich neurophysiologischer Befunde (fMRT) mit<br />

Reaktionszeitmessungen<br />

Ziel des ersten Untersuchungsschrittes war es, zu zeigen,<br />

dass reaktionszeitbasierte Messungen eine valide Erfassung<br />

impliziter Konsumentenreaktionen ermöglichen und somit<br />

eine praxistaugliche Alternative zu den komplexen apparativen<br />

Verfahren der Hirnforschung (fMRT) bieten.<br />

Zu diesem Zweck wurde mittels Reaktionszeitmessungen eine<br />

Vergleichsstudie zu einer fMRT-Studie von Stoll et al. (2008)<br />

durchgeführt. In dieser fMRT-Studie wurde die neuronale<br />

Aktivierung durch attraktive und unattraktive Verpackungen<br />

von Marken- und No-Name-Produkten unterschiedlicher Warengruppen<br />

untersucht. Die Bewertung der Verpackungen als<br />

eindeutig attraktiv beziehungsweise eindeutig nicht attraktiv<br />

wurde zuvor in einem Pretest festgestellt, Verpackungen mit<br />

indifferenten Bewertungen wurden aussortiert. Diese Verpackungen<br />

wurden insgesamt elf Probanden – sieben Männern<br />

und vier Frauen – im Kernspin präsentiert.<br />

Attraktive Verpackungen erzielten neuronale Aktivierungsmuster,<br />

wie sie auch bei First-Choice-Brands beziehungsweise<br />

sympathischen, emotional ansprechenden Stimuli zu beobachten<br />

sind. Umgekehrt zeigten unattraktive Verpackungen<br />

Aktivierungsmuster, die typisch sind für abstoßende Stimuli<br />

wie hässliche Bilder oder unfaire Angebote.<br />

a) Untersuchungsdesign<br />

Für die Vergleichsstudie des IFM MANNHEIM wurden Abbildungen<br />

der attraktiven und unattraktiven Testverpackungen<br />

aus der Studie von Stoll et al. einer Stichprobe von 65 Frauen<br />

und Männern einzeln am Computer präsentiert. Basis für die<br />

Quotenbildung der Stichprobe war die Stichprobenstruktur der<br />

fMRT-Studie (Verteilung Alter, Geschlecht).<br />

Am <strong>Markt</strong> erfolgreiche Produkte werden<br />

sowohl explizit als auch implizit positiv beurteilt.<br />

Bei am <strong>Markt</strong> weniger erfolgreichen<br />

Produkten hingegen unterscheiden sich die<br />

impliziten und expliziten Konsumentenreaktionen.<br />

Für die implizite Messung sollten die Probanden so rasch wie<br />

möglich, spontan und ohne nachzudenken urteilen, ob ihnen<br />

die jeweilige Verpackung attraktiv oder nicht attraktiv erscheint.<br />

Gemessen wurde die Reaktionszeit bis zur Abgabe einer<br />

positiven beziehungsweise negativen Bewertung, die per<br />

Tastendruck erfolgte.<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

b) Ergebnisse<br />

Die reaktionszeitbasierten Messungen impliziter Reaktionen<br />

konnten dieselben Produkt- und Packungspräferenzen vorhersagen<br />

wie die neurophysiologischen Messungen in der<br />

fMRT-Studie, im Vergleich dazu aber mit minimalem technischen<br />

Aufwand durchgeführt werden. Konfliktfreie implizite<br />

Urteile erfolgten in einem Zeitfenster von 0,5 bis 2 Sekunden,<br />

so dass für die weiteren Untersuchungsschritte 2 Sekunden<br />

als Grenzwert für implizite Reaktionen angemessen sind.<br />

II. Stufe:<br />

Prädiktive Validität impliziter und expliziter Einstellungen<br />

für den <strong>Markt</strong>erfolg von Verpackungen<br />

Im nächsten Schritt des Forschungsprozesses sollte die Relevanz<br />

impliziter und expliziter Einstellungen für eine zuverlässige<br />

Prognose des <strong>Markt</strong>erfolges von Verpackungen überprüft<br />

werden. Hierzu wurde eine kombinierte Analyse sowohl impliziter<br />

als auch expliziter Reaktionen von Konsumenten auf<br />

ausgewählte Verpackungen von am <strong>Markt</strong> erfolgreichen und<br />

weniger erfolgreichen Produkten vorgenommen.<br />

a) Untersuchungsdesign<br />

Der <strong>Markt</strong>erfolg der Produkte wurde anhand von Abverkaufszahlen<br />

der Handelskette dm-drogerie markt, die Kooperationspartner<br />

des IFM MANNHEIM ist, ermittelt. Unter Berücksichtigung<br />

eines vergleichbaren Preises wurden Produktpaare<br />

aus unterschiedlichen Kategorien wie zum Beispiel Körperpflege<br />

oder Süßwaren gebildet, jeweils bestehend aus einem<br />

Produkt mit über- und unterdurchschnittlichen Abverkaufszahlen<br />

bezogen auf die entsprechende Kategorie. Abbildungen<br />

der ausgewählten Produktverpackungen wurden einer<br />

Zufallsstichprobe von 50 Personen, hälftig Männern und Frauen,<br />

im Alter von 18 bis 50 Jahren einzeln am Computer präsentiert.<br />

Implizite Bewertungen wurden reaktionszeitbasiert,<br />

explizite Bewertungen auf fünf validierten Dimensionen (vgl.<br />

Grundannahmen) anhand klassischer Ratingskalen erfasst.<br />

b) Ergebnisse<br />

Am <strong>Markt</strong> erfolgreiche Produkte werden sowohl explizit als<br />

auch implizit positiv beurteilt. Bei am <strong>Markt</strong> weniger erfolgreichen<br />

Produkten hingegen unterscheiden sich die impliziten<br />

und expliziten Konsumentenreaktionen. So konnten Produkte<br />

identifiziert werden, die zwar explizit positiv, jedoch implizit<br />

eindeutig negativ bewertet werden, ebenso Produkte, die explizit<br />

negativ, aber implizit positiv bewertet wurden. Auf Basis<br />

dieser Ergebnisse wurde von IFM MANNHEIM ein Modell entwickelt,<br />

das durch die kombinierte Betrachtung der impliziten<br />

und expliziten Konsumentenreaktionen den <strong>Markt</strong>erfolg von<br />

Verpackungen zuverlässig prognostizieren kann (siehe Abbildung<br />

1).<br />

Identifiziert werden können:<br />

a. „Stars” (implizit und explizit positive Bewertung)<br />

b. „Potentials” (implizit positive, jedoch explizit negative Bewertung)


Abbildung 1: Prognosemodell<br />

c. „False Friends” (explizit positive, jedoch implizit negative<br />

Bewertung)<br />

d. „Loser” (implizit und explizit negative Bewertung)<br />

III. Stufe: Validierung des Prognosemodells<br />

Die Validierung dieses Modells erfolgte in einem dritten Untersuchungsschritt.<br />

Hierzu wurden dem IFM MANNHEIM<br />

Produktverpackungen renommierter Markenhersteller aus<br />

unterschiedlichen Kategorien – zum Beispiel Körper- und<br />

Zahnpflege – zur Verfügung gestellt, die vor der <strong>Markt</strong>einführung<br />

explizit positiv getestet wurden,<br />

deren Performance im <strong>Markt</strong> allerdings hinter den Erwartungen<br />

zurückblieb („False Friend”-Produkte)<br />

sowie solche, die sich erfolgreich im <strong>Markt</strong> behaupten<br />

konnten („Star”-Produkte).<br />

Falls Verpackungen implizit positiv, aber explizit<br />

negativ bewertet werden („Potentials”),<br />

können Optimierungsansätze für den Packungsauftritt<br />

durch Anwendung qualitativ<br />

psychologischer Explorationen entwickelt<br />

werden.<br />

a) Untersuchungsdesign<br />

Die Abbildungen der Verpackungen wurden einer Zufallsstichprobe<br />

von n=62 Frauen im Alter von 18 bis 50 Jahren<br />

präsentiert. Um Wechselwirkungen zwischen impliziten und<br />

expliziten Reaktionen auszuschließen, wurden implizite und<br />

explizite Messungen an unabhängigen Stichproben durchgeführt.<br />

Analog zu der vorangegangenen Untersuchung erfolg-<br />

te die implizite Bewertung reaktionszeitbasiert, die explizite<br />

Bewertung wurde auf fünf validierten Dimensionen anhand<br />

klassischer Ratingskalen erfasst (vgl. Grundannahmen).<br />

b) Ergebnisse<br />

Ein zentrales Ergebnis besteht darin, dass „False-Friend”-<br />

Produkte implizit abgelehnt werden. Die hohe Floprate von<br />

Produkten erklärt sich demnach durch das Phänomen der<br />

False Friends. Nur wenn sowohl implizite als auch explizite<br />

Urteile positiv ausfallen, bietet die Verpackung die Voraussetzung,<br />

ein „Star”-Produkt auf dem <strong>Markt</strong> zu werden.<br />

Fazit und Ausblick<br />

Der <strong>Markt</strong>erfolg von Verpackungen hängt von expliziten und<br />

impliziten Urteilen der Verbraucher ab. Nur wenn beide positiv<br />

ausfallen, ist der <strong>Markt</strong>erfolg sicher.<br />

Mit dem entwickelten Prognosemodell können die Grundlagen<br />

für sichere Marketing-Entscheidungen geschaffen werden.<br />

Zuverlässige Entscheidungen im Marketing erfordern vor<br />

allem die differenzierte Unterscheidung von „False Friends”<br />

und „Potentials”. Der psychologische Hintergrund implizit negativer<br />

Entscheidungen („False Friends”) kann durch tiefenpsychologische<br />

Methoden, beispielsweise projektive Bildassoziationsverfahren<br />

aufgedeckt werden.<br />

Falls Verpackungen implizit positiv, aber explizit negativ bewertet<br />

werden („Potentials”), können Optimierungsansätze<br />

für den Packungsauftritt durch Anwendung qualitativ psychologischer<br />

Explorationen entwickelt werden. Aus einem „Potential”<br />

kann so doch noch ein echter „Star” werden.<br />

Kaufentscheidungen von Konsumenten liegen komplexe psychologische<br />

Prozesse zugrunde. Die Verpackung spielt dabei<br />

eine entscheidende Rolle. Eine systematische Packungsentwicklung<br />

in mehreren Stufen, die unter anderem explizite und<br />

implizite Entscheidungsprozesse von Anfang an berücksichtigt,<br />

ist der sicherste Weg zu erfolgreichen Verpackungen.<br />

Quellen<br />

Friese, Malte / Hofmann, Wilhelm / Wänke, Michaela (2009): The impulsive<br />

consumer: Predicting consumer behavior with implicit reaction<br />

time measures. In: Wänke M. (Hrsg.): Frontiers in social psychology:<br />

Social psychology of consumer behavior. New York, S. 335–364.<br />

Mast, Fred W. / Zaltman, Gerald (2005): A Behavioural Window to the<br />

Mind of the Market. An Application of the Response-Time-Paradigm.<br />

In: Brain Research Bulletin, 67/5, S. 422–427.<br />

Pöppel, Ernst (2010): Neuronale Repräsentation von Marken: Eine Frage<br />

der Identität. In: Bruhn, M. / Köhler R. (Hrsg.): Wie Marken wirken.<br />

Impulse aus der Neuroökonomie für die Markenführung. Verlag Franz<br />

Vahlen München.<br />

Stoll, M. / Baecke, S. / Kenning, P. (2008): What they see is what they<br />

get? An fMRI-Study on neural correlates of attractive packaging. In:<br />

Journal of Consumer Behavior, 7/2008, S. 342-359.<br />

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BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

40<br />

Intuition bei Entscheidungen<br />

Benjamin Rubenwolf, International University Network, zum rekognitiven Einfluss bei der Wahl<br />

von Markennamen durch Phonetik und Buchstabenhäufigkeit.<br />

Können kleinste phonetische Einheiten wie Buchstaben oder Silben als Teil des Markennamens<br />

dazu führen, dass sich die Wahrnehmung oder gar die Präferenz für diesen erhöht?<br />

Zur Klärung dieser Frage führte der Autor zwei Studien durch. Er untersuchte real existierende<br />

und fiktiv generierte Markennamen. Dabei leitete ihn die Hypothese, dass bei zwei Namensalternativen<br />

diejenige gewählt wird, die entsprechend der im deutschen Sprachraum geltenden<br />

Häufigkeitstabellen einen höheren Buchstabenwert erzielt. Dies spräche dafür, dass Rezipienten<br />

bei unbekannten Marken – also beispielsweise bei neu eingeführten Produkten –<br />

diejenigen Marken präferieren, die eher bekannte Laute enthalten.<br />

Markennamen sind Wiedererkennungswerte, die Botschaften<br />

über das Produkt oder die Dienstleistung transportieren. Sie<br />

dienen der Differenzierung und lenken die Aufmerksamkeit<br />

des Konsumenten auf vordefinierte Werbebotschaften. Im<br />

Idealfall führt Markenbewusstsein, das die subjektive Gewissheit<br />

von Konsumenten über die Bedeutung einer Marke darstellt,<br />

zu einer abschließenden Kaufentscheidung.<br />

Zahlreiche Studien beschäftigen sich beispielsweise<br />

mit dem richtigen Einsatz von<br />

Licht, Farbe, Ton, Form und Testimonials, um<br />

der Marke einen wiedererkennbaren Charakter<br />

zu verleihen. So richtig und notwendig<br />

diese Maßnahmen auch sind, bleibt bei dieser<br />

Vorgehensweise in vielen Fällen unbeachtet,<br />

dass es sich beim Markennamen schlicht<br />

um eine Aneinanderkettung von Buchstaben<br />

handelt.<br />

Fragestellung<br />

Bevor ein Markenname jedoch tatsächlich in der Lage ist,<br />

eine Kaufentscheidung beziehungsweise Präferenz einer bestimmten<br />

Marke gegenüber einer Alternative zu beeinflussen,<br />

muss das „Markenbewusstsein” erst geschaffen werden. Dies<br />

gelingt in der Regel durch die Aufladung des Markennamens<br />

mit Attributen und Eigenschaften, die von den Konsumenten<br />

erwartet werden.<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Benjamin Rubenwolf<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter, International<br />

University Network IUN, Studium der Wirtschaftspsychologie,<br />

Fachhochschule Erding und LMU,<br />

München.<br />

Zahlreiche Studien beschäftigen sich beispielsweise mit dem<br />

richtigen Einsatz von Licht, Farbe, Ton, Form und Testimonials,<br />

um der Marke einen wiedererkennbaren Charakter zu verleihen.<br />

So richtig und notwendig diese Maßnahmen auch sind,<br />

bleibt bei dieser Vorgehensweise in vielen Fällen unbeachtet,<br />

dass es sich beim Markennamen schlicht um eine Aneinanderkettung<br />

von Buchstaben handelt. Daher soll diese Facette<br />

als zusätzliche Instanz zur Etablierung von Markennamen herangezogen<br />

werden.<br />

Buchstaben bilden entweder einzelne semantisch sinnbesetzte<br />

Worte oder stehen für Abkürzungen wortbildender<br />

Markennamen. In jedem Fall jedoch wird sich ein Markenname<br />

aus einem oder mehreren Vokalen und Konsonanten<br />

zusammensetzen. Obwohl die Wichtigkeit der richtigen Namensgebung<br />

für ein Produkt grundsätzlich bekannt ist, existieren<br />

zu den kleinsten Bestandteilen eines Markennamens<br />

kaum systematische Untersuchungen.<br />

Aus diesem Grund lautet die Kernfrage vorliegender Studie:<br />

Können kleinste phonetische Einheiten wie Buchstaben oder<br />

Silben als Teil des Markennamens dazu führen, dass sich die<br />

Wahrnehmung oder gar die Präferenz für einen Markennamen<br />

erhöht?<br />

Forschungshypothese<br />

Aufbauend auf rekognitionsheuristischen Schemata 1) (vgl.<br />

Gigerenzer, 2007), beruht der Ansatz auf der Hypothese, dass<br />

Markennamen, die häufig verwendete Buchstaben und Silben<br />

aus dem Sprachgebrauch beinhalten, eher gewählt werden als<br />

Markennamen, deren Buchstaben und Silben im Sprachgebrauch<br />

seltener vorkommen. Hatten Probanden die Wahl zwischen<br />

zwei Markennamen, die sich beispielsweise hinsichtlich<br />

der Buchstaben „e” und „u” (Sprachgebrauch e = 17,4 Prozent<br />

und u = 4,4 Prozent) unterschieden, wurde angenommen, dass<br />

die Wahl auf den Markennamen fällt, der den Vokal „e” enthält.<br />

Der Grund dieser Annahme liegt in der höheren Buchstabenhäufigkeit<br />

von „e” gegenüber „u”.


Grundlage der Buchstabenhäufigkeit sowie deren Verteilungsform<br />

bildet die von Beutelspacher (2009) berechnete<br />

Häufigkeitstabelle (Abbildung 1).<br />

Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass die Wahlpräferenz<br />

einer Alternative immer dann am höchsten ist, wenn der<br />

Buchstaben- oder Silbenhäufigkeitswert des Markennamens<br />

– bei gleicher Bekanntheit beider Alternativen – höher ist als<br />

bei der zur Verfügung stehenden Alternative mit geringeren<br />

Häufigkeitswerten. Es wird angenommen, dass phonetische<br />

Häufigkeitsausprägungen zusätzlich zum ursprünglich vom<br />

Marketing generierten Bekanntheitsgrad wirken und so die<br />

Entscheidungsfindung der Probanden beeinflusst. Untersucht<br />

wurden real existierende Namen, die bereits einen Bekanntheitsgrad<br />

besaßen, sowie Namen, die fiktiv generiert wurden.<br />

Fiktiv generierte Namen dienen der Überprüfung und Bestätigung<br />

rekognitiver Effekte. Hierfür wurden Buchstabenreihen<br />

ohne konkreten Inhalt gegenübergestellt und analysiert.<br />

Zwei Studien mit insgesamt N = 812 Probanden (463 weiblich)<br />

untersuchten den Einfluss der Rekognitionsheuristik<br />

durch Buchstaben- und Silbenhäufigkeit im Sprachgebrauch<br />

bezüglich der Markenpräferenz. Alle Teilnehmer hatten ihr<br />

achtzehntes Lebensjahr erreicht (M = 1970, SD = 8,880). Die<br />

Teilnehmer wurden über ein Mailingsystem in Bayern, Berlin,<br />

Hessen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen zum Onlinefragebogen<br />

eingeladen.<br />

Bei der Wahl zwischen zwei Alternativen mit<br />

ähnlichen Eigenschaften wird signifikant<br />

häufiger diejenige Alternative gewählt, die<br />

einen Namen mit hohen Silben- oder Buchstabenhäufigkeitswerten<br />

trägt.<br />

Die Häufigkeiten einzelner Buchstaben und Silben – entnommen<br />

aus gültigen Häufigkeitstabellen (vergleiche dazu<br />

Beutelspacher, 2009 und Trost, 2010) – variierten innerhalb<br />

der Markennamen jeweils von einer stark und einer schwach<br />

ausgeprägten Wahlalternative. Präferenzen beim Wahlverhalten<br />

wurden sowohl für real existierende Markennamen<br />

(N = 373) als auch für fiktiv generierte Namen (N = 439) beobachtet.<br />

Bei reellen Markennamen wurde zusätzlich darauf<br />

geachtet, wie sich der Bekanntheitsgrad auf den rekognitiven<br />

Effekt der Buchstaben- und Silbenhäufigkeit auswirkt. Um<br />

den in Deutschland geltenden Bekanntheitsgrad einer Marke<br />

darstellen zu können, wurde die SPIEGEL-Studie Outfit 6<br />

(2007) herangezogen. Hierbei wurde die Entscheidung „für”<br />

oder „gegen” eine Marke (z.B. Nike vs. Fila) hinsichtlich Be-<br />

Abbildung 1: Häufigkeiten von Buchstaben der deutschen Sprache<br />

(Beutelspacher, 2009)<br />

Abbildung 2: Faktische Unterschiede der Markennamen Nike und Fila<br />

kanntheitsgrad und Summenwert ihrer Buchstabenhäufigkeit<br />

unterschieden. Ausgewählte Marken 2) mit unterschiedlichem<br />

Bekanntheitsgrad wurden untersucht, um feststellen zu können,<br />

wie stark die Häufigkeitsausprägung von Buchstaben<br />

und Silben das Wahlverhalten tatsächlich beeinflussen. Dabei<br />

wurden die Wortpaare so ausgewählt, dass eine Alternative<br />

als Gesamtname bekannter war als die andere.<br />

Ergebnisse<br />

Rekognitionsheuristische Effekte der Buchstabenhäufigkeit<br />

beeinflussen das Wahlverhalten bei fiktiv generierten Markenkennamen<br />

signifikant (p < .021). Ebenfalls signifikant sind<br />

die Ergebnisse gemessen an der Silbenhäufigkeit (p < .018).<br />

Bei der Wahl zwischen zwei Alternativen mit ähnlichen Eigenschaften<br />

wird signifikant häufiger diejenige Alternative<br />

gewählt, die einen Namen mit hohen Silben- oder Buchstabenhäufigkeitswerten<br />

trägt.<br />

41<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

42<br />

Demnach wählen Teilnehmer signifikant eher Markennamen<br />

aus, die eine höhere Buchstaben- oder Silbenhäufigkeit aufweisen.<br />

Dies gilt sowohl für Markennamen, deren Bekanntheitsgrad<br />

gleich war, als auch für fiktiv generierte Marken.<br />

Wurde beispielsweise der Markenname „Nike” mit einem<br />

Häufigkeitswert von 35,94 Prozent und einem Bekanntheitsgrad<br />

von (75) gegenüber „Fila” mit einem Häufigkeitswert von<br />

19,16 Prozent und einem Bekanntheitsgrad von (78) gestellt,<br />

wurde signifikant die Alternative „Nike” gewählt (p < .001) (Abbildung<br />

2).<br />

Mit Hilfe der vorliegenden Forschungsergebnisse<br />

können neue Methoden entwickelt<br />

werden, um Markennamen zu generieren, die<br />

aufgrund ihrer Buchstaben- und Silbenhäufigkeit<br />

bevorzugt gewählt werden. Die Studie<br />

relativiert den zum Teil überdimensionierten<br />

Bedeutungsbegriff des Marketings.<br />

Fazit<br />

Wenn der gezeigte Bekanntheitsgrad den der Alternative<br />

wesentlich überschritt, erfolgte die Wahl nicht nach rekognitionsheuristischen<br />

Schemata. In diesen Fällen wurde jeweils<br />

eine Alternative mit dem höheren Bekanntheitsgrad gewählt.<br />

In den vorgelegten Studien wurde ein statistisch signifikanter<br />

Einfluss kleinster phonetischer Einheiten – Buchstaben oder<br />

Anmerkungen<br />

1) Von Heuristiken kann gesprochen werden, wenn mittels eines geringen<br />

kognitiven Aufwands durch das Individuum ein größtmöglicher<br />

Nutzen entsteht. Heuristiken entlasten evolvierte Prozesse<br />

im Gehirn und dienen der schnellen, einfachen Entscheidungsfindung<br />

(vgl. Edelkamp & Schroedl, 2011). Nach Gigerenzer (2007) ist<br />

das Hauptmerkmal rekognitionsheuristischer Schemata darin zu<br />

sehen, dass gewählt wird, was bekannter ist, auch wenn keine expliziten<br />

Denkmuster in die Entscheidungsfindung einfließen. Die<br />

Entscheidung erfolgt intuitiv.<br />

2) Die vorderen Prozentwerte entsprechen der aufsummierten Buchstabenhäufigkeit,<br />

z.B. Nike (N 9,78 Prozent) + (i 7,55 Prozent) + (k<br />

1,21 Prozent) + (e 17,4 Prozent) = 35,94 Prozent Summe der Buchstabenhäufigkeit.<br />

Der Wert in Klammern entspricht dem Bekanntheitsgrad<br />

nach Böcker-Lüttke, R. Goedecke, C. Nagel, A. & Schnaars,<br />

D. (2007). Vergleiche finden nur innerhalb der gegenübergestellten<br />

Marken statt. 35,94 Nike (78) vs. 6,08 Joop (78); 39,6 Mustang (87) vs.<br />

59,31 Versace (67); 35,94 Nike (78) vs. 19,16 Fila (78); 47,41 Reebok<br />

(88) vs. 46,16 Esprit (88); 15,43 Brax (35) vs. 21,15 Zara (34); 41,34<br />

Lebek (7) vs. 19,49 Jobis (19); 28,64 Sand (7) vs. 25,45 Gant (11); 13,54<br />

Odlo (10) vs. 33,06 Etro (7); 33,06 Etro (7) vs. 25,45 Gant (11); 17,14<br />

Comma (23) vs. 32,03 Guess (19); 17,14 Comma (23) vs. 49,74 Verse<br />

(9); 43,51 Basler (44) vs. 42,97 Sisley (25); 43,51 Basler (44) vs. 49,36<br />

Hermes (24); 32,03 Kenzo (46) vs. 27,2 Kiton (12); 31,11 Samoon (6)<br />

vs. 36,85 Canali (6); 21,03 Gucci (39) vs. 25,89 Prada (29); 35,94 Nike<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Silben – bei der Wahl von Markennamen nachgewiesen. Dieser<br />

Sachverhalt kann einen weiteren Grundstein bei der Generierung<br />

neuer Markennamen legen.<br />

Intuitive Entscheidungsfindung bietet den Vorteil, dass diese<br />

unser Verhalten beeinflusst, ohne dabei auf evolvierte Prozesse<br />

des Gehirns zurückzugreifen. Damit eröffnet sich die<br />

Möglichkeit, Informationen oder Botschaften ohne bewusste<br />

Wahrnehmung im Gehirn zu platzieren, um ein gewünschtes<br />

Verhalten auszulösen.<br />

Mit Hilfe der vorliegenden Forschungsergebnisse können<br />

neue Methoden entwickelt werden, um Markennamen zu generieren,<br />

die aufgrund ihrer Buchstaben- und Silbenhäufigkeit<br />

bevorzugt gewählt werden. Die Studie relativiert den zum Teil<br />

überdimensionierten Bedeutungsbegriff des Marketings. Allerdings<br />

liefern die Ergebnisse auch einen Beleg dafür, dass<br />

Marketingmaßnahmen nicht zu ersetzen sind. Wie gezeigt<br />

werden konnte, hat der Bekanntheitsgrad ähnlich wie die<br />

Buchstabenhäufigkeit maßgeblichen Einfluss auf die Wahl<br />

von Alternativen.<br />

Primärer Nutzen findet sich demnach vor allem in der neu hinzugewonnenen<br />

Möglichkeit für das Marketing, Markennamen<br />

bereits vor allen Werbemaßnahmen einen Bekanntheitsgrad<br />

zu verleihen. Zudem wird dabei der prägende Charakter einer<br />

Marke gestärkt. Zwar gelten die vorliegenden Ergebnisse<br />

ausschließlich für den deutschsprachigen Raum, doch ist es<br />

durchaus sinnvoll, bei der Etablierung neuer Markennamen<br />

auch andere Sprachen in die rekognitionsheuristische Namensgebung<br />

mit einzubeziehen.<br />

(43) vs. 18,94 Boss (48); 38 Adidas (63) vs. 46,16 Esprit (50); 34,58 Alpina<br />

(34) vs. 45,83 Escada (33); 31,11 Oakley (11) vs. 47,41 Reebok (11); 40,98<br />

Exte (5) vs. 16,11 Dkny (17); 35,94 Nike (77) vs. 19,16 Fila (75); 18,94<br />

Boss (63) vs. 22,95 Geox (53); 36,7 Hess (13) vs. 26,03 Ecco (42); 38,73<br />

Arche (13) vs. 20,76 Lotto (15); 47,17 Pirelli (6) vs. 43,52 Tamaris (24);<br />

14,35 Lowa (10) vs. 14,71 Koil (5); 54,67 Cartie (39) vs. 56,62 Senator<br />

(21); 76,4 Staedtler (54) vs. 79,3 Schneider (48).<br />

Referenzen<br />

Beutelspacher, A. (2009): Kryptologie: Eine Einführung in die Wissenschaft<br />

vom Verschlüsseln, Verbergen und Verheimlichen. 9. Auflage<br />

(S. 10). Wiesbaden: Vieweg + Teubner.<br />

Böcker-Lüttke, R., Goedecke, C., Nagel, A., Schnaars, D. (2007): Outfit 6.<br />

SPIEGEL-Verlag. Zugriff am 12. März 2010 unter http://www.spiegel.<br />

de/deutsch/leistungswerte/studien/outfit/index.php.<br />

Edelkamp, S., Schroedl, S. (2011): Heuristic Search: Theory and Applications.<br />

1. Edition (pp. 3f). Waltham: Morgan Kaufmann Publishers.<br />

Gigerenzer, Gerd (2007): Gut Feelings: The intelligence of the unconscious.<br />

2. Edition (p. 24). München: Goldmann Verlag.<br />

Trost, S. (2010): Silbenhäufigkeit: Deutsch. Zugriff am 15. Februar 2010<br />

unter http://www.sttmedia.de/silbenhaeufigkeit-deutsch.


QR-Code® Mobile Research<br />

Frank Gehre und Horst Regenscheit, inviso, zu einem innovativen Methodenansatz der<br />

modernen <strong>Markt</strong>forschung<br />

Mit dem Aufkommen von Smartphones werden Quick-Response-Codes (QR-Codes) zunehmend<br />

im Marketing eingesetzt. Sie dienen der innovativen, zielgruppengerechten und interaktiven<br />

Kundenansprache. Gerade ihre einfache Anwendbarkeit bietet aber auch Potenziale<br />

in der mobilen <strong>Markt</strong>forschung. Die Autoren stellen eine vielfältig einsetzbare Methode vor.<br />

Der Quick-Response-Code (QR-Code) wurde 1994 vom Automobilzulieferer<br />

Denso Wave zur Produktionssteuerung beziehungsweise<br />

Teileverfolgung bei der KFZ-Produktion entwickelt<br />

und von Toyota eingesetzt. Mit dem stark steigenden<br />

Absatz von Smartphones und Tablet-PCs findet der QR-Code<br />

immer mehr Einsatzgebiete in Marketing und Kommunikation.<br />

Während QR-Codes in anderen Ländern schon länger und<br />

häufiger eingesetzt werden, begann deren Nutzung für das<br />

Marketing in Deutschland erst seit 2011 in nennenswerter<br />

Größenordnung.<br />

QR-Codes lassen sich in <strong>Markt</strong>forschung<br />

und Mobile Research in vielfältiger Art und<br />

Weise einsetzen. Dank ihres zunehmenden<br />

Bekanntheitsgrades und ihrer steigenden<br />

Akzeptanz bei den Usern werden sie im Rahmen<br />

von innovativen <strong>Markt</strong>forschungstools<br />

zunehmend an Bedeutung gewinnen.<br />

Die Methoden der klassischen <strong>Markt</strong>forschung stoßen zunehmend<br />

an ihre Grenzen. Unter anderem ist dies auf folgende<br />

Punkte zurückzuführen:<br />

rückläufige Teilnahmebereitschaft<br />

mangelnde Erreichbarkeit verschiedener Zielgruppen<br />

zeitliche Verzögerung zwischen Benutzung und Bewertung<br />

zeitaufwendige Durchführung<br />

steigender Kostendruck<br />

Frank Gehre<br />

Geschäftsführender Gesellschafter, INVISO –<br />

Gesellschaft für Kommunikations- und Marketingforschung,<br />

Hannover<br />

Diese Beobachtungen gaben uns das Motiv, den nachfolgenden<br />

Methodenansatz zu entwickeln.<br />

Entwicklung einer innovativen, in der <strong>Markt</strong>forschung einsetzbaren<br />

Methode<br />

Mit der Entscheidung, QR-Codes für die <strong>Markt</strong>forschung in<br />

einen Methodenansatz zu implementieren, war das Ziel verbunden,<br />

Entscheider in Unternehmen in die Lage zu versetzen,<br />

überall auf der Welt Ergebnisse und damit Informationen über<br />

einen Online-Link abzurufen, um besser auf Entscheidungsprozesse<br />

vorbereitet zu sein. Frei nach dem Motto: Informationen<br />

schaden nur demjenigen, der keine hat. Vorausgesetzt, es<br />

sind die richtigen Informationen von der richtigen Zielgruppe.<br />

Abbildung 1: Informationen schaden nur demjenigen, der keine hat<br />

Horst Regenscheit<br />

Research Director, INVISO – Gesellschaft für Kommunikations-<br />

und Marketingforschung, Hannover<br />

43<br />

BVM Kongress-Special August 2012


SPECIAL<br />

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Abbildung 2: Ablauf der Befragung<br />

Abbildung 3: Einsatzgebiete für QR-Codes<br />

QR-Codes tragen hauptsächlich zur Verschmelzung von Offline-<br />

und Online-Inhalten bei. Sie sind insbesondere dazu geeignet,<br />

die reale Welt, beispielsweise in Printmedien, mit der<br />

digitalen Welt im Internet zu verschmelzen. QR-Codes können<br />

sinnvoll immer dann angewendet werden, wenn zusätzliche<br />

Informationen transportiert oder beschafft werden sollen.<br />

Voraussetzung für einen sinnvollen Einsatz ist die Schaffung<br />

echter Mehrwerte für den Anwender, also über den bisherigen<br />

Status hinausgehende Informationen beziehungsweise einen<br />

echten Anreiz zur Teilnahme an einer Befragung über Incentive-<br />

und Bonussysteme.<br />

Einsatzgebiete von QR-Codes allgemein und in der <strong>Markt</strong>forschung<br />

QR-Codes dienen generell zur innovativen, zielgruppengerechten<br />

und interaktiven Kundenansprache, zur Kommunikation<br />

am Ort des Geschehens, zur Individualisierung von<br />

Massenansprachen, zur Minimierung von Kommunikations-<br />

BVM Kongress-Special August 2012<br />

Streuverlusten, zur Intensivierung der Kundenbindung, zur Integration<br />

von Kommunikationskanälen (Cross-Media / Multi<br />

Channel Marketing) und zur einfachen und kostengünstigen<br />

Informationsbeschaffung.<br />

Aktuell werden QR-Codes u.a. in folgenden Bereichen eingesetzt:<br />

in Markenkommunikation und Werbung: Plakate, Anzeigen,<br />

Produktpackungen, Promotionsmaterialien, Häuserwände<br />

und Gewinnspiele<br />

bei Zusatzinformationen auf und in Produktverpackungen:<br />

Rohstoffrückverfolgung, Bedienungsanleitung und Demovideos<br />

für das Online-Shopping: z.B. Tesco-E-Market in Korea,<br />

Budnikowski-Deutschland, PayPal<br />

bei der Rekrutierung von Probanden am direkten Kontaktpunkt:<br />

Erfassung von Daten über Interessenten, Kunden<br />

und Teilnehmern auf Messen und Veranstaltungen<br />

für Direct Response bei Directmailings: Erfassung von<br />

Nutzung und Usability<br />

in der Touristik- und Verkehrsbranche: Bahn- und Flugtickets,<br />

Reiseführer, Touristenguide, Reisevideos<br />

in Kunstausstellungen und Museen: Zusatzinformationen<br />

über Exponate<br />

in Social Media: Scannen von Informationen und Verbreitung<br />

in der eigenen Comunity<br />

für die Offline-Nutzung von Websites<br />

im Beschwerde-Management<br />

last, but not least: in <strong>Markt</strong>forschung und Mobile Research<br />

QR-Codes lassen sich in <strong>Markt</strong>forschung und Mobile Research<br />

in vielfältiger Art und Weise einsetzen. Dank ihres zunehmenden<br />

Bekanntheitsgrades und ihrer steigenden Akzeptanz bei<br />

den Usern werden sie im Rahmen von innovativen <strong>Markt</strong>forschungstools<br />

zunehmend an Bedeutung gewinnen.<br />

Auf Basis von QR-Codes lassen sich Befragungskonzepte entwickeln,<br />

die wesentlich zur Sicherung von Wettbewerbsvorteilen<br />

beitragen, indem sie dem Auftraggeber ein unmittelbares,<br />

zeitnahes, verlässliches, regelmäßiges und kostengünstiges<br />

Kundenfeedback verschaffen. Ferner sind sie in der Lage, einen<br />

maßgeblichen Beitrag im Zuge der unternehmerischen<br />

Informationsgewinnung zu leisten.<br />

Aus heutiger Sicht lassen sich die Einsatzgebiete in der <strong>Markt</strong>forschung<br />

wie folgt beschreiben:<br />

Bewertung von Images, Produkten und Dienstleistungen<br />

Messung der Wirkung von Marketingaktivitäten (POS-<br />

Aktionen, Promotion, Werbebeilagen)


Bewertung der Unternehmenskommunikation (trifft man<br />

mit der werblichen Ansprache die Kaufargumente des Verbrauchers?)<br />

Werbemittel- und Werbewirkungsforschung (Anzeigen,<br />

Plakate, Cover, Direct Mailings etc.)<br />

Reichweitenmessung von Werbeaktionen (Wurfsendungen,<br />

Handzettel, Produktbeilagen etc.)<br />

Untersuchungen am POS (am Regal oder Produkt, hinter<br />

der Kassenzone)<br />

Geschmackstest in der Nutzungssituation (z.B. Beurteilung<br />

von Nahrungsmitteln beim Frühstück, Usability bei<br />

der Anwendung)<br />

Packaging-Tests<br />

Messung der Kundenzufriedenheit<br />

Stimmungsbarometer zu Einstellungen und speziellen<br />

Themen<br />

Standortvergleiche bei Filialisten<br />

Onlineabstimmungen mittels QR-Voting<br />

Messebefragungen<br />

Ablauf einer QR-Code-Mobile Befragung<br />

Bei der Durchführung einer QR-Code-Mobile-Befragung wird<br />

der QR-Code mit einem auf dem Smartphone oder Tablet-PC<br />

vorinstallierten Barcodescanner eingelesen, welcher in der<br />

Regel aus einem App-Store kostenlos heruntergeladen werden<br />

kann. Das Abscannen der QR-Codes erfolgt beispielsweise<br />

von Zeitschriften, Plakaten oder Produktverpackungen. Die<br />

im QR-Code enthaltenen Informationen sorgen dafür, dass der<br />

Nutzer direkt auf eine webbasierte Befragung geführt wird.<br />

Das Befragungslayout wird dabei automatisch mit Hilfe einer<br />

Device-Detection an die Erfordernisse des vom Teilnehmer<br />

verwendeten Mediums angepasst. Die Anpassung erfolgt hinsichtlich<br />

der Bildschirmauflösung, des verwendeten Browsers<br />

und der Displaygröße. Das gesamte Layout des Fragebogens<br />

wird damit an die spezifischen Erfordernisse angepasst und<br />

auf den unterschiedlichen Endgeräten immer in gleicher Form<br />

dargestellt. Bei der Anpassung werden in erster Linie Betriebssysteme<br />

wie IOS und Android berücksichtigt. Damit kann<br />

der Hauptanteil der verwendeten Smartphones und Tablet-<br />

PCs für die Teilnahme an einer Befragung verwendet werden.<br />

Es besteht zudem die Möglichkeit, weitere Stimuli in den Fragebogen<br />

zu integrieren, beispielsweise Bilder oder Videos. Die<br />

Befragung selbst kann an jedem Ort stattfinden, an dem ein<br />

Onlinezugang vorhanden ist. Zur Durchführung der Befragung<br />

ist keine weitere vorinstallierte Applikation (App) notwendig,<br />

wodurch die einfache Handhabung und die Anwenderfreundlichkeit<br />

eindeutig unterstützt werden.<br />

Nutzen und Vorteile der Nutzung von QR-Codes in der<br />

<strong>Markt</strong>forschung<br />

Auf Basis von QR-Codes lassen sich Befragungskonzepte entwickeln,<br />

die wesentlich zur Sicherung von Wettbewerbsvorteilen<br />

beitragen, indem sie dem Auftraggeber ein unmittelbares,<br />

zeitnahes, verlässliches, regelmäßiges und kostengünstiges<br />

Kundenfeedback verschaffen.<br />

Sie sind insbesondere in Befragungssituationen geeignet, wo<br />

die klassische <strong>Markt</strong>forschung aufgrund hoher Kosten, einer<br />

meist zeitaufwendigen Umsetzung und der Schwierigkeit, gerade<br />

spezielle Zielgruppen zu erreichen, an ihre Grenzen stößt.<br />

Vor allem sind sie in der Lage, einen maßgeblichen Beitrag zu<br />

einer einfachen und kostengünstigen Informationsgewinnung<br />

bei speziellen und schwierig zu erreichenden Zielgruppen zu<br />

leisten. Hiermit sind z.B. Vielflieger, Vielfahrer und alle Personenkreise<br />

gemeint, die aufgrund ihrer beruflichen Situation<br />

keine Bereitschaft zeigen, an einer Befragung teilzunehmen,<br />

die an einen bestimmten Zeitpunkt gebunden ist.<br />

Der Hauptvorteil des Einsatzes von QR-Codes in der <strong>Markt</strong>forschung<br />

ist hauptsächlich die zeit- und personenunabhängige<br />

Durchführung von Befragungen. Diese können auch<br />

nach Geschäftsschluss zu jeder Tageszeit und ohne aufwendige<br />

Koordination von Interviewerstäben abgewickelt werden.<br />

Aufgrund ihrer einfachen und schnellen Anwendung sind QR-<br />

Codes in der Lage, eine kostengünstige Erfassung von großen<br />

Stichproben zu gewährleisten.<br />

Der Hauptvorteil des Einsatzes von QR-Codes<br />

in der <strong>Markt</strong>forschung ist die zeit- und<br />

personenunabhängige Durchführung von<br />

Befragungen.<br />

Ferner eignet sich die QR-Code-Befragung in besonderem<br />

Maße, die Erfolgsmessung von Marketingmaßnahmen jeder<br />

Art durchzuführen und dem Auftraggeber ein spontanes und<br />

unmittelbares Feedback des Kunden zu übermitteln.<br />

Beim Einsatz von QR-Codes am Point of Interest (POI) kann<br />

davon ausgegangen werden, dass der Kreis der Teilnehmer<br />

auf Personen beschränkt wird, die ein unmittelbares Interesse<br />

daran haben, sich an diesem Ort aufzuhalten und zum aktuellen<br />

Befragungsthema ihre Meinung kundzutun. Damit können<br />

Fehlzuordnungen von zielgruppenfremden Teilnehmern mini-<br />

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SPECIAL<br />

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miert und eine Stichprobe gebildet werden, die zum aktuellen<br />

Thema aussagekräftige Ergebnisse liefert.<br />

Ein weiterer maßgeblicher Vorteil besteht darüber hinaus in<br />

der Erhebung von Daten, die es ermöglichen, ein Stimmungs-<br />

beziehungsweise Bewertungsbarometer aufzubauen. Neben<br />

der Möglichkeit der Zeitraumanalyse bietet sich hier auch ein<br />

Vergleich von regionalen Beurteilungseinheiten an. Diese können<br />

Geschäfte beziehungsweise Filialen sein, aber auch Hotels,<br />

Restaurants, SB-Bereiche in Banken oder Einrichtungen<br />

jeglicher Art, die von Kunden oder potenziellen Kunden aufgesucht<br />

werden. Ebenfalls ist es möglich, einen Stab von Außendienstlern<br />

zu bewerten und optimal zu steuern.<br />

Der Ansatz ist universell anwendbar und<br />

aufgrund der Befragung am Point of Interest<br />

(POI) unmittelbar. Dieser Methodenansatz<br />

führt schnell und kostengünstig zu validen<br />

Ergebnissen.<br />

Ein Bewertungsbarometer könnte z.B. folgende Punkte beinhalten:<br />

Sauberkeit, Freundlichkeit, Kontaktaufnahme, Beratungskompetenz,<br />

Service, aktuelle Angebote etc. Bei einem<br />

entsprechend hohen Ergebnisaufkommen lassen sich ebenfalls<br />

Benchmarks aufbauen, die zur Etablierung von Best-<br />

Practise-Modellen beitragen können.<br />

Unter allen genannten Vorteilen steht immer die Möglichkeit<br />

für den Auftraggeber im Vordergrund, zu jeder Zeit und an<br />

jedem Ort – vorausgesetzt, es gibt eine Verbindung zum Internet<br />

–, via Live-Link über sein Smartphone oder Tablet-PC<br />

direkt auf die aktuellen Ergebnisse zuzugreifen. Der Auftraggeber<br />

ist damit in der Lage, seine Entscheidungen auf einer<br />

hochaktuellen und gesicherten Informationsbasis zu treffen.<br />

Grenzen von QR-Code-Befragungen<br />

Es liegt in der Natur der Sache, dass dort, wo es Vorteile gibt,<br />

auch Grenzen des Einsatzes bestehen. Begrenzende Faktoren<br />

sind in erster Linie<br />

der Befragungsumfang und<br />

das eingeschränkte Methodenspektrum<br />

Um die Quote der Abbrecher so gering wir möglich zu halten,<br />

sollte die Länge eines Interviews nicht mehr als drei Minuten<br />

Bearbeitungszeit erfordern. Die Fragestellungen sollten kurz,<br />

eindeutig und einfach zu beantworten sein. Die verwendeten<br />

Skalen sollten prägnant und übersichtlich sowie schnell er-<br />

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fassbar gestaltet sein. Es ist anzuraten, den Umfang von offenen<br />

Fragen sehr stark zu reglementieren. Ein bis maximal<br />

zwei offene Fragen erscheinen allerdings sinnvoll.<br />

Weitere begrenzende Punkte sind<br />

die momentane Dichte an Smartphones und<br />

die Motivation zur Teilnahme an einer Befragung<br />

Ohne jeden Zweifel wird die Verbreitung von Smartphones in<br />

der unmittelbaren Zukunft auch in den älteren Zielgruppen<br />

stark ansteigen, so dass diese Entwicklung sicherlich begünstigend<br />

den Einsatz von QR-Code-Befragungen begleiten wird.<br />

Die Motivation zur Teilnahme wird sich erhöhen lassen durch<br />

begleitende Maßnahmen des Auftraggebers und durch Incentiveanreize<br />

wie Bonusprogramme und Gewinnspiele beziehungsweise<br />

Verlosungen.<br />

Resümee<br />

Die Methode des QR-Code-basierten Mobile Research stellt<br />

einen crossmedialen, thematisch extrem breitbandigen Befragungsansatz<br />

dar, mit dem Zielgruppen unterschiedlichster Art<br />

zu einer Vielzahl von Themen mit großen Stichproben erreicht<br />

werden können. Der Ansatz ist universell anwendbar und aufgrund<br />

der Befragung am Point of Interest (POI) unmittelbar.<br />

Dieser Methodenansatz führt schnell und kostengünstig zu<br />

validen Ergebnissen. Die Praxiserprobung im Rahmen von<br />

aktuell durchgeführten Befragungen auf der Internationalen<br />

Grünen Woche in Berlin und der BIOFACH in Nürnberg haben<br />

dies in eindrucksvoller Form untermauert.<br />

Der Auftraggeber kann jederzeit auf die Befragungsergebnisse<br />

zugreifen und seine Entscheidungen auf Basis höchstaktueller<br />

Informationen treffen, ohne auf die final aufbereiteten<br />

Ergebnisse warten zu müssen.<br />

Macht man sich deutlich, dass sich hinter der Abkürzung QR<br />

die Worte Quick Response verbergen, so wird klar, dass diese<br />

beiden Wörter eher einen Dialog als einen Monolog implizieren.<br />

Quick Response wird in den einschlägigen Wörterbüchern<br />

mit „schnelle Antwort” beziehungsweise „schnelle Reaktion”<br />

übersetzt. Was liegt also näher, die Verwendung von Quick-<br />

Response-Codes mit allen Vorteilen und Grenzen für die<br />

<strong>Markt</strong>forschung nutzbar zu machen.<br />

Im Sinne des Dialogs zwischen Fragendem und Befragtem<br />

sind Quick-Response-Codes für den Einsatz in der <strong>Markt</strong>forschung<br />

prädestiniert. Damit würde die bisherige Praxis des<br />

Einsatzes von QR-Codes in Form von monologartiger Informationsverbreitung<br />

aufgebrochen. Der zunehmende Einsatz<br />

in der <strong>Markt</strong>forschung könnte darüber hinaus einen maßgeblichen<br />

Beitrag leisten, die bisherige Erfolgsstory der QR-Codes<br />

zu beschleunigen.


Programmkomitee Best Paper<br />

Dr. Michael Bartl, BVM-Vorstand<br />

Dr. Sven Dierks, BVM-Vorstand<br />

Dr. Frank Knapp, BVM-Vorsitzender<br />

Michael Pusler, BVM-Vorstand<br />

Dr. Ulrike Schöneberg, BVM-Vorstand<br />

Professor Dr. Raimund Wildner, stellvertretender BVM-Vorsitzender<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

BVM <strong>Berufsverband</strong><br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Markt</strong>- und<br />

Sozialforscher e.V.<br />

Friedrichstraße 187<br />

10117 Berlin<br />

Tel.: 030-4990 7420<br />

Fax: 030-4990 7421<br />

info@bvm.org<br />

www.bvm.org<br />

V.i.S.d.P.:<br />

BVM-Bundesvorstand<br />

Chefredaktion:<br />

Dr. Ulrike Schöneberg<br />

Assistenz und Koordination:<br />

Ulrike Großmann<br />

Sabine Steig<br />

Lektorat<br />

Dr. Gisela Hack-Molitor<br />

Gestaltung:<br />

Stephan Hasselbauer<br />

Design Büro, Fürth<br />

Bildmaterial:<br />

Jacob Cass,<br />

www.justcreativedesign.com<br />

Diverse Bildarchive<br />

Druck:<br />

Druckerei Seubert,<br />

Nürnberg<br />

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BVM Kongress-Special August 2012


BVM <strong>Berufsverband</strong><br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Markt</strong>- und<br />

Sozialforscher e.V.<br />

Friedrichstraße 187<br />

10117 Berlin<br />

Deutschland<br />

info@bvm.org<br />

www.bvm.org

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