12.01.2013 Aufrufe

Karl Hermann Frank : (1898 - 1946) ; politische Biographie

Karl Hermann Frank : (1898 - 1946) ; politische Biographie

Karl Hermann Frank : (1898 - 1946) ; politische Biographie

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

D GESCHICHTE UND LÄNDERKUNDE<br />

DA ALLGEMEINES; EPOCHEN<br />

DAK 20. Jahrhundert<br />

DAKC 1933 - 1945<br />

Personale Informationsmittel<br />

<strong>Karl</strong> <strong>Hermann</strong> FRANK<br />

12-4 <strong>Karl</strong> <strong>Hermann</strong> <strong>Frank</strong> : (<strong>1898</strong> - <strong>1946</strong>) ; <strong>politische</strong> <strong>Biographie</strong><br />

eines sudetendeutschen Nationalsozialisten / von René Küpper.<br />

- München : Oldenbourg, 2010. - VIII, 456 S. ; 24 cm. -<br />

(Veröffentlichungen des Collegium Carolinum ; 119). - Zugl.:<br />

Köln, Univ., Diss., 2009. - ISBN 978-3-486-59639-7 : EUR<br />

49.40<br />

[#1146]<br />

Die beiden Fotos auf dem Schutzumschlag erzählen schon (fast) die Geschichte:<br />

Links <strong>Karl</strong>-<strong>Hermann</strong> <strong>Frank</strong> in der Uniform eines SS-Gruppenführers,<br />

mit einigen wenigen Ehrenzeichen, einem Degen, Breeches und<br />

Schaftstiefeln, an einer Brüstung in der Pose dessen stehend, das man damals<br />

als „Herrenmensch“ bezeichnete; hinter ihm eine Entourage beleibter<br />

Partei- und Wehrmachtsangehöriger. Rechts: <strong>Frank</strong> in der gleichen Uniformjacke,<br />

ohne Rangabzeichen, eine unförmige Hose (Gefängniskleidung), die<br />

Hände vor dem Leib gefesselt, in Begleitung von drei Uniformierten, mutmaßlich<br />

auf dem Gang zur Hinrichtung.<br />

<strong>Karl</strong> <strong>Hermann</strong> <strong>Frank</strong>, <strong>1898</strong> in <strong>Karl</strong>sbad geboren, ohne besondere berufliche<br />

Ausbildung und Qualifikation und aus Gesundheitsgründen auch nicht für<br />

den Kriegsdienst tauglich, fand schließlich als Buchhändler eine berufliche<br />

Existenz, bis er Anfang 1934 als hauptamtlicher Funktionär (Werbe- und<br />

Organisationsleiter und Mitglied der Hauptabteilung) bei der im Oktober<br />

1933 als „Sammlung des Gesamten Sudetendeutschtums“ (Konrad Henlein,<br />

S. 51) gegründeten Sudentendeutschen Heimatfront (SHF) eine neue berufliche<br />

und vor allem <strong>politische</strong> Aufgabe fand. Seit Anfang der 1920er Jahre<br />

hatte er sich bereits in mehreren sudetendeutschen Parteien politisch betätigt.<br />

1935 änderte die SHF ihren Namen in Sudetendeutsche Partei (SdP),<br />

<strong>Frank</strong> wurde Mitglied ihrer Hauptabteilung sowie Leiter ihrer Werbe- und<br />

Propagandaabteilung. Bei den Wahlen zur tschechoslowakischen Nationalversammlung<br />

am 19. Mai 1935 erzielte die SdP beachtliche 44 Mandate,<br />

einer der Abgeordneten wurde <strong>Karl</strong>-<strong>Hermann</strong> <strong>Frank</strong> (gewählt im Wahlkreis<br />

VII, <strong>Karl</strong>sbad), der bis 1938 das Amt des Fraktionsführers der SdP innehatte<br />

und Mitglied des Ständigen Ausschusses der tschechoslowakischen Natio-


nalversammlung wurde, abgesehen von diversen Funktionen in der Partei<br />

selber, deren stellvertretender Vorsitzender er ab 1936 war.<br />

An der „Heim-ins-Reich“-Führung des Sudetenlandes im September/Oktober<br />

1938 war <strong>Frank</strong> aktiv beteiligt, unter anderem als stellvertretender<br />

Freikorpsführer des Sudetendeutschen Freikorps (SFK) in Bayreuth. Als<br />

zweiter Mann in der SdP nach Konrad Henlein wurde er im neuen Reichsgau<br />

Sudetenland Ende Oktober zunächst Stellvertreter des Reichskommissars<br />

für die sudetendeutschen Gebiete und nach seiner Übernahme in die<br />

NSDAP auch Stellvertretender Gauleiter des neuen Gaus Sudetenland der<br />

NSDAP. Zeitgleich trat er in die SS ein, in der er sogleich den Dienstrang<br />

eines SS-Brigadeführers erhielt. Nach der Zerschlagung der „Resttschechei“<br />

im März 1939 und der Bildung des Protektorats wechselte <strong>Frank</strong> als Staatssekretär<br />

beim Reichsprotektor für Böhmen und Mähren nach Prag (das Amt<br />

wurde dem früheren Diplomaten und Reichsminister des Auswärtigen Konstantin<br />

Frhr. v. Neurath übertragen), am 28. April 1939 wurde er ferner zum<br />

Höheren SS- und Polizeiführer beim Reichsprotektor in Böhmen und Mähren<br />

(Prag) ernannt. Hiermit war er schon der mächtige Mann der deutschen<br />

Besatzungsverwaltung in Prag. „Während der weltläufige, scheinbar gemäßigte<br />

und konziliante [Reichsprotektor] von Neurath dem Ausland wie auch<br />

der Protektoratsregierung gegenüber die wahren Absichten der Besatzer für<br />

eine gewisse Zeit verschleiern sollte, verkörperte und verwirklichte der Radikale<br />

<strong>Frank</strong> eben diese.“ (S. 135 - 136). Es kam, wie Küpper treffend formuliert,<br />

„zu einer nicht uneffektiven Arbeitsteilung etwa nach dem Muster<br />

‚good cop - bad cop‘“ - Neurath „durch geringfügiges oder scheinbares Entgegenkommen“,<br />

<strong>Frank</strong> „durch rüdes, mit massiven Drohungen verbundenes<br />

Vorgehen“ (S. 137). So konnte <strong>Frank</strong> durchaus im Sinne der Parteilinie eine<br />

radikale, von Germanisierung und Antisemitismus geprägte Besatzungspolitik<br />

entwickeln.<br />

Eine Verschärfung der Besatzungspolitik erfolgte nach dem Amtsantritt von<br />

Reinhard Heydrich als stellvertretender Reichsprotektor am 27. September<br />

1941. Stelleninhaber von Neurath war offiziell „aus Altersgründen“ beurlaubt.<br />

Bemerkenswert ist, und das stellt Küpper deutlich heraus, daß die<br />

Weichenstellung in der Besatzungspolitik weniger auf Heydrich zurückzuführen<br />

ist, sondern in erster Linie auf <strong>Frank</strong>, der diesen „instrumentalisierte<br />

[…], um seine <strong>politische</strong>n Vorstellungen durchzusetzen bzw. Kritik an seiner<br />

Politik abzuwehren“ (S. 225). Nach dem Attentat auf Heydrich (27. Mai<br />

1942) wurde <strong>Frank</strong> zwar beauftragt, „bis zur Wiederherstellung des Obergruppenführers<br />

[Heydrich] die Geschäfte des Reichsprotektors zu führen“,<br />

jedoch bereits wenig später darüber informiert, daß die Führung der Geschäfte<br />

des stellvertretenden Reichsprotektors einem anderen SS-Führer<br />

übertragen werde, gemeint war Kurt Daluege, als Chef der Ordnungspolizei,<br />

SS-Oberstgruppenführer und Generaloberst der Polizei, einer der nominell<br />

höchstrangigen Polizeioffiziere. Dieser wurde nach dem Tod Heydrichs<br />

dann auch stellvertretender Reichsprotektor, wobei Hitler zu erkennen gab,<br />

daß Daluege nur vorübergehend im Protektorat amtieren werde, danach<br />

aber <strong>Frank</strong> „allein … zuständig und verantwortlich sein“ werde, schließlich<br />

sei er „der einzige und wirkliche Kenner des tschechischen Raumes und


Problemes und … unentbehrlich“. Die Stellung des eigentlichen Reichsprotektors<br />

sei nur der „Posten eines Pensionisten zur Beschließung seines Lebensabends“<br />

(S. 262). Die Rolle von Daluege in seiner gut einjährigen<br />

Amtszeit als stellvertretender Reichsprotektor wird widersprüchlich bewertet.<br />

Er war zwar umfassend informiert über die Repressionsmaßnahmen von<br />

Gestapo und SD, betonte auch bei seinem Abschied „ausdrücklich und<br />

prahlerisch seine aktive Rolle in der Protektoratspolitik, allerdings nicht ohne<br />

einen zutreffenden Hinweis auf <strong>Frank</strong>s zentrale Position“ (S. 265). Die<br />

Tschechen schienen bei Dalueges Amtsantritt zunächst erleichtert zu sein,<br />

daß nicht <strong>Frank</strong> das Heft in die Hand bekam.<br />

Die Stunde <strong>Frank</strong>s kam nach dem krankheitsbedingten Ausfall Dalueges im<br />

Sommer 1943. Die Stellung <strong>Frank</strong>s wurde aufgewertet, er wurde am 20.<br />

August 1943 zum Deutschen Staatsminister für Böhmen und Mähren ernannt,<br />

seine nur noch nominelle Zuordnung zum Reichsprotektor 1 entfiel.<br />

Zugleich wurde <strong>Frank</strong> Chef des deutschen Vollzugsausschusses für Böhmen<br />

und Mähren. Kurz zuvor war er zum SS-Obergruppenführer mit der<br />

Berechtigung zum Tragen der Dienstgradabzeichen eines Generals der Polizei<br />

befördert worden. Ab Februar 1944 war er Höherer SS- und Polizeiführer<br />

für Böhmen und Mähren (Prag) und zugleich Höherer SS- und Polizeiführer<br />

im Gau Sudetenland, wenige Wochen später außerdem Führer des<br />

SS-Oberabschnitts Böhmen-Mähren. Somit war „<strong>Frank</strong>s Führungsstellung<br />

im staatlichen und polizeilichen Sektor nun festgeschrieben“ (S. 316) und<br />

weitgehend (trotz einiger Querschüsse etwa der Parteikanzlei Martin Bormanns)<br />

unangefochten. Er hielt unter den obwaltenden Umständen an einer<br />

Repressionspolitik fest und leistete so – „aus der Perspektive Hitlers und<br />

Himmlers – ganze Arbeit, weshalb er für seine erfolgreiche Protektoratspolitik<br />

sehr lange deren Unterstützung besaß“ (S. 407).<br />

Das Ende ist rasch erzählt: <strong>Frank</strong> begab sich am 8./9. Mai 1945 von Prag<br />

aus in amerikanische Gefangenschaft, wurde aber bereits am 7. August<br />

1945 wieder nach Prag überstellt. Ab dem 22. März <strong>1946</strong> fand vor dem Außerordentlichen<br />

Volksgerichtshof wegen Hochverrats der Prozeß gegen ihn<br />

statt, der mit einem Todesurteil endete. Das Urteil wurde am 22. Mai <strong>1946</strong><br />

im Beisein von 4000 Zuschauern öffentlich im Hof des Prager Gefängnisses<br />

Pankraz vollstreckt.<br />

Die verdienstvolle Arbeit von René Küpper 2 verdeutlicht, daß <strong>Karl</strong>-<strong>Hermann</strong><br />

<strong>Frank</strong> die treibende Kraft der deutschen Repressionspolitik gegenüber den<br />

Tschechen war und diese Politik nicht nur konzipierte, sondern auch an führender<br />

Stelle im Protektorat umsetzen konnte. Darüber hinaus ist die Arbeit<br />

die erste wissenschaftliche <strong>Biographie</strong>, die über ihn geschrieben wurde und<br />

vermittelt als solche bemerkenswerte Erkenntnisse über seinen (mit den<br />

äußeren Daten natürlich schon bekannten) Lebensweg, sowie über die Or-<br />

1 Das Amt des Reichsprotektors wurde einem „Pensionisten“, übertragen, dem<br />

zeitgleich aus seinem Amt geschiedenen bisherigen Reichsminister des Innern<br />

Wilhelm Frick; der Reichsprotektor war seiner Kompetenzen nahezu völlig entkleidet<br />

und fungierte nur noch „als Vertreter des Führers in dessen Eigenschaft als<br />

Staatsoberhaupt“.<br />

2 Inhaltsverzeichnis: http://d-nb.info/998985791/04


ganisations- und Machtstrukturen innerhalb der Regierung des Protektorats<br />

Böhmen und Mähren. Sie wurde auf einer breiten Quellenbasis von Akten<br />

deutscher und namentlich tschechischer Archive geschrieben und leistet<br />

einen wertvollen Beitrag zur Erforschung dieses Kapitels deutschtschechischer<br />

Geschichte. 3<br />

Joachim Lilla<br />

QUELLE<br />

Informationsmittel (IFB) : digitales Rezensionsorgan für Bibliothek und<br />

Wissenschaft<br />

http://ifb.bsz-bw.de/<br />

http://ifb.bsz-bw.de/bsz321936965rez-1.pdf<br />

3 Zur „Volkstumspolitk“ in den böhmischen Ländern ist derselben Schriftenreihe<br />

gerade der folgende Band erschienen: "Umvolkung, Umsiedlung, rassische<br />

Bestandsaufnahme" : NS-"Volkstumspolitik" in den böhmischen Ländern / von<br />

Detlef Brandes. - München : Oldenbourg, 2012. - VI, 309 S. : Kt. ; 24 cm. - (Collegium<br />

Carolinum : Veröffentlichungen des Collegium Carolinum ; 125).<br />

- ISBN 978-3-486-71242-1 : EUR 39.80. - „Die sehr häufig genannten Personen<br />

<strong>Karl</strong> <strong>Hermann</strong> <strong>Frank</strong> … und Konstantin von Neurath … sind nicht in das [Personen-]Register<br />

aufgenommen worden (S. 293). - Inhaltsverzeichnis: http://dnb.info/1018013024/04<br />

- Einschlägig ist natürlich auch: Die Verfolgung und Ermordung<br />

der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland<br />

1933 - 1945 / hrsg. im Auftr. des Bundesarchivs ... von Susanne Heim ... -<br />

München : Oldenbourg. - 25 cm. - Bis Bd. 2 hrsg. von Götz Aly [9665]. - Bd. 3.<br />

Deutsches Reich und Protektorat Böhmen und Mähren : September 1939 - September<br />

1941 / bearb. von Andrea Löw. - 2012. - 796 S. ; Kt. - ISBN 978-3-486-<br />

58524-7 : EUR 59.80. - Eine Rezension in IFB ist vorgesehen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!