Ein Heiliger mit Ketten Ein Heiliger mit Ketten - Rheinkiesel
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Königswinter<br />
Walburga<br />
Caroline Müller<br />
Vor einhundert Jahren verstarb am 7. November Wally Beckker<br />
in Frankfurt am Main. Ihren Bruder kennt in der Drachenfelsstadt<br />
jeder – Wolfgang Müller von Königswinter.<br />
Wer aber war Walburga Caroline Müller, die spätere verheiratete<br />
Wally Becker? Ihrem geschickten Taktieren ist die<br />
Gründung der Chemischen Fabrik Meister, Lucius & Co. in<br />
Frankfurt zu verdanken – eines Unternehmens, das ursprünglich<br />
Anilin und Anilinfarben produzierte, und das später<br />
als »Farbwerke Hoechst« Weltruhm erreichen sollte.<br />
Wally Becker (geb. Walburga Caroline Müller)<br />
14 • rheinkiesel November 2005<br />
Ihre Wiege stand in Königswinter,<br />
wo sie am 12. September<br />
1817 auf die Welt kam. Später in<br />
Bergheim, der Vater verdiente<br />
sein Geld jetzt als Kreisarzt, stieß<br />
der achtjährigen Wally ein folgenschwerer<br />
Unfall zu. Zwei<br />
wild umhertobende Hunde rissen<br />
das im Hof spielende Kind<br />
zu Boden. An der Stirn blutend<br />
blieb es besinnungslos liegen.<br />
Sechs Tage schwebte Wally in<br />
Lebensgefahr. Es blieb eine heftige<br />
und langwierige Augenentzündung<br />
und seit dieser Zeit<br />
eine schwache Sehkraft.<br />
In Düsseldorf besuchte Wally das<br />
»Institut für höhere Töchter« von<br />
Frau Schön. Die Eltern ließen<br />
ihr Klavier-Unterricht geben,<br />
dessen Leitung zuletzt Norbert<br />
Burgsmüller übernahm. Er war<br />
der Sohn von August Friedrich<br />
Burgsmüller, der als städtischer<br />
Musikdirektor in Düsseldorf als<br />
Hauptgründer der großen niederrheinischen<br />
Musikfeste gilt.<br />
In Bodendorf verbrachten die<br />
Kinder auf dem kleinen Müllerschen<br />
Weingut die Zeit der<br />
Weinlese. Anläßlich eines Besuches<br />
von Burg Rheineck zusammen<br />
<strong>mit</strong> Clementine und Amalie<br />
von Lasaulx sowie Wolfgang<br />
Müller lernte Wally den Maler<br />
Jacob Becker kennen. Der Klang<br />
seiner angenehmen Stimme prägte<br />
sich Wally Becker tief ein.<br />
In der Folgezeit trafen sich die<br />
beiden öfters. Zwar gab es noch<br />
einen zweiten Ehekandidaten,<br />
der förmlich um die Hand Wallys<br />
anhielt, aber letztlich gehörte<br />
ihr Herz Jacob Becker.<br />
Am 12. Mai 1838 läuteten für<br />
die beiden die Hochzeitsglokken.<br />
Zunächst wohnte das junge<br />
Paar in Düsseldorf. Der künstlerische<br />
Ruf Beckers nahm stetig<br />
zu. Für das familiäre Glück sorgten<br />
die Kinder Johanna und ein<br />
Jahr später Marie. Gerne nahm<br />
Jacob Becker 1841 den Ruf als<br />
Professor an der Kunstschule des<br />
Städelschen Institutes in Frankfurt<br />
am Main an. In Frankfurt<br />
erblickte die Tochter Max 1842<br />
das Licht der Welt.<br />
Politisch<br />
interessiert<br />
Mitte der 1845 Jahre durchlebte<br />
Wally Becker trotz des interessanten<br />
Lebens in Frankfurt einige<br />
Jahre nervlich angeschlagen.<br />
Die Kinder wuchsen privat unterrichtet<br />
auf.<br />
1848 brachte besonders in<br />
Frankfurt politische Aufregungen.<br />
Man verfolgte die Ereignisse<br />
<strong>mit</strong> Interesse. Wie viele Frauen<br />
war Wally Becker eine eifrige<br />
Anhängerin der Linken in der<br />
Paulskirche. Als aus allen deutschen<br />
Gauen die Volksvertreter<br />
für das Parlament nach Frankfurt<br />
strömten, kam als Abgeordneter<br />
von Düsseldorf auch<br />
der Bruder Wolfgang Müller<br />
hierher.<br />
Als der Sohn Hermann auf die<br />
Welt kam, gab es eine große<br />
Freude in der Familie – endlich<br />
ein Junge!<br />
Weihnachten 1858 erkrankte<br />
Wally Becker an einer Lungenentzündung.<br />
Auf den Arm der<br />
ältesten Tochter Johanna gestützt,<br />
machte sie in den ersten<br />
Tagen des Folgejahres den ersten<br />
Ausgang. Zwei Tage darauf war<br />
Johanna selbst an Typhus erkrankt.<br />
Wenig später starb Johanna,<br />
noch nicht einmal 20<br />
Jahre alt. Die Mutter war der<br />
Verzweiflung nahe. Frau von<br />
Bismarck half ihr den schweren<br />
Verlust zu tragen.<br />
Die beiden jugendlichen Töchter<br />
Marie und Max entwickelten<br />
sich prächtig. <strong>Ein</strong> Foto von Max<br />
stand als Werbung im Atelier des<br />
Fotografen Schäfer. <strong>Ein</strong>es Tages<br />
kam Dr. Eugen Lucius <strong>mit</strong> sei-