Die Notwendigkeit der Entscheidung - Jesus spricht wieder vom
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Anskar-Kirche - Hauskreis Dortmund; Thema: <strong>Jesus</strong> Christus im Johannesevangelium<br />
Thema 24 : <strong>Die</strong> <strong>Notwendigkeit</strong> <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> – <strong>Jesus</strong> <strong>spricht</strong> wie<strong>der</strong> über<br />
den Glauben (Joh.12,37- 50)<br />
In unserem heutigen Text <strong>spricht</strong> <strong>Jesus</strong> ein trauriges Thema an: obwohl <strong>Jesus</strong> so viele Wun<strong>der</strong><br />
getan hat, gibt es Menschen, die nicht an <strong>Jesus</strong> glauben – und es sind viele, vielleicht sogar die<br />
meisten.<br />
Wie kommt das, wenn Gott will, dass alle Menschen glauben? „Denn er will, daß alle<br />
Menschen gerettet werden und seine Wahrheit erkennen.“ (vgl. 1.Tim. 2,4 nach <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen<br />
Übersetzung „Hoffnung für Alle)? Wenn er die Menschen so liebt, dass er seinen einzigen Sohn<br />
gesandt hat: „Denn Gott hat die Menschen so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn für sie<br />
hergab. Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> an ihn glaubt, wird nicht verlorengehen, son<strong>der</strong>n das ewige Leben haben.“<br />
(Joh. 3,16 nach „Hoffnung für Alle“)<br />
Johannes hat eine weitere tief gehende Antwort dafür – neben einigen an<strong>der</strong>en, die er in<br />
verschiedenen Texten vorher genannt hat und die er zum Teil in diesem Text wie<strong>der</strong>holt: "Gott hat<br />
ihre Augen geblendet und ihre Herzen verschlossen, so daß sie we<strong>der</strong> sehen noch verstehen,<br />
noch zu mir umkehren können, damit ich sie heile." (Vers 40 nach <strong>der</strong> Übersetzung „Hoffnung für<br />
Alle“) Das klingt beim ersten Hören ungerecht. Wie kann Gott dann Menschen „verurteilen“ und „in<br />
die Hölle werfen“, wenn er selbst das „zuläßt“ (o<strong>der</strong> nach diesem Text sogar „bewirkt“).<br />
Ist Gott etwa ungerecht? Hat <strong>der</strong> Mensch dann überhaupt noch einen „freien Willen“?<br />
Zur Beantwortung dieser Frage müssen wir ein wenig ausholen:<br />
Das Evangelium von Johannes ist im Gegensatz zu den Evangelien von Matthäus, Markus und<br />
Lukas, die im Aufbau sehr ähnlich sind, sehr beson<strong>der</strong>s. Johannes schrieb sein Evangelium<br />
wahrscheinlich als alter Mensch und wie<strong>der</strong>holte wohl nicht einfach die Geschichten, die die<br />
an<strong>der</strong>en drei Evangelien schon enthielten, son<strong>der</strong>n konzentrierte sich auf seiner Meinung nach<br />
zentrale Dinge, die er teilweise beson<strong>der</strong>s ausführlich erzählte, während er an<strong>der</strong>es in großer<br />
Freiheit wegließ, weil es wohl schon bekannt war. Auch die neutestamentlichen Briefe (z.B. <strong>der</strong><br />
Römerbrief des Paulus, <strong>der</strong> in Kapitel 9 sehr Wichtiges zu dieser Frage sagt) lagen schon vor.<br />
<strong>Die</strong> Schwierigkeit des Themas macht die Heranziehung weiterer Schriftstellen nötig und einen<br />
kurzen Abriß wichtiger Literaturbeiträge. Wir haben ja bisher we<strong>der</strong> explizit mit Kommentaren<br />
(Wort-für-Wort-Erklärungen zu jedem Bibelvers bzw. je<strong>der</strong> biblischen Schrift) noch mit<br />
Sekundärliteratur (themenbezogene Aufarbeitungen zu bestimmten Bibelstellen) gearbeitet und<br />
nur „aushilfsweise“ Textstellen aus den an<strong>der</strong>en Evangelien herangezogen, da es nicht zu<br />
„theologisch“ zugehen sollte, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Fokus vor allem auf <strong>der</strong> - zentralen - Person Jesu<br />
Christi liegen sollte.<br />
In <strong>der</strong> intensiven Beschäftigung mit dem heutigen Thema wird hoffentlich deutlich werden,<br />
dass:<br />
A) Gott nicht ungerecht ist, auch wenn nicht alle Menschen am Ende bei ihm sind:<br />
Schließlich hat keiner das Heil verdient, je<strong>der</strong> Gerettete bedeutet Gnade Gottes.<br />
B) Gott möchte wirklich, dass alle gerettet werden durch Glauben an <strong>Jesus</strong> Christus,<br />
weil er alle Menschen liebt und <strong>Jesus</strong> für alle Menschen gestorben ist.<br />
C) Gott macht den Menschen aber verantwortlich, wenn dieser nicht glaubt – und<br />
zingt ihn nicht „zu seinem Glück“, son<strong>der</strong>n läßt ihm die „Freiheit“. Es gibt aber ein<br />
zu spät“: Folge sind dann „Verstockung“ des Menschen und „Gericht“<br />
D) Zwar wird in diesem Leben eine <strong>Entscheidung</strong> verlangt <strong>vom</strong> Menschen, diese<br />
<strong>Entscheidung</strong> ist aber wie<strong>der</strong>um nur durch Gottes „Gnade“ (d.h. unverdiente<br />
Zuwendung und Hilfe) und das Wirken seines Heiligen Geistes möglich.
Anskar-Kirche - Hauskreis Dortmund; Thema: <strong>Jesus</strong> Christus im Johannesevangelium<br />
Zum Einstieg in das Thema eine kurze Übersicht verschiedener Meinungen bzw. Thesen,<br />
die so o<strong>der</strong> ähnlich in <strong>der</strong> Literatur vertreten werden und die sich um eine Lösung <strong>der</strong><br />
spannenden Frage nach <strong>der</strong> Errettung, nach <strong>der</strong> göttlichen Erwählung und dem<br />
freien Willen des Menschen, bemühen.<br />
Wo stimmst Du zu? Wo nicht?:<br />
1) Gott will zwar in seiner Liebe Leid, Tod, Ungerechtigkeit, Hölle keineswegs, aber er kann dem<br />
nicht wehren. (Antwort auf die Theodizee-Frage, warum Gott etwas zuläßt)<br />
2) Gott könnte in seiner Allmacht all´dies aus <strong>der</strong> Welt räumen, er will dies aber gar nicht, sonst<br />
wäre es nicht da. (an<strong>der</strong>e Antwort auf die Theodizee-Frage<br />
3.) Der Teufel ist für all´das allles verantwortlich, was schlecht ist wie Leid, Kriege, Hunger u.s.w.<br />
(weitere Antwort auf die Theodizee-Frage)<br />
4.) Gott hat den Menschen als sein Ebenbild geschafffen und nicht als Roboter. Indem er ihm<br />
einen freien Willen gab, damit er <strong>vom</strong> Menschen freiwillig geliebt werden wollte, mußte er auch<br />
einkalkulieren, dass <strong>der</strong> Mensch sich gegen ihn entscheiden kann. Wenn <strong>der</strong> Mensch „Nein“ zu<br />
Gottes Gnadenangebot in <strong>Jesus</strong> Christus sagt, wählt <strong>der</strong> Mensch definitiv die Hölle, sagt er „Ja“,<br />
wählt er die Gemeinschaft mit Gott im Himmel. Gott trauert um die Menschen, die in die Hölle<br />
gehen. (Antwort des „freien Willens“)<br />
5.) Aussage 4.) ist nicht ganz richtig. Gott wählt in Wahrheit die Menschen aus, die gerettet<br />
werden sollen. Bei den an<strong>der</strong>en weiß er im voraus, wie sie sich entscheiden werden. Folglich steht<br />
seit Beginn <strong>der</strong> Schöpfung fest, wer „gerettet“ und wer „verdammt“ wird. (Antwort <strong>der</strong> Erwählung<br />
o<strong>der</strong> „einseitigen Prädestination zum Heil“)<br />
6.) Weil Gott Gott ist, macht er sich nicht abhängig von einer menschlichen Entscheiung! Warum<br />
gehen Menschen „verloren“? Weil Gott es so will, er hat sie dafür gemacht. Darum kann <strong>Jesus</strong> nur<br />
für Menschen gestorben sein, die er erretten will. O<strong>der</strong> kannst Du Dir vorstellen, dass <strong>Jesus</strong> für<br />
Wesen gestorben sein sollte, die ewig in <strong>der</strong> Hölle sein werden? (Antwort <strong>der</strong> „doppelten<br />
Prädestination“; ab Satz 3: Ausbau)<br />
7.) Gott hat in Christus die Welt mit sich selbst versöhnt. <strong>Die</strong> Strafe liegt auf <strong>Jesus</strong>, damit wir<br />
Frieden mit Gott haben. <strong>Jesus</strong> ist für alle Menschen gestorben, sein Sieg am Kreuz reicht als<br />
Lösegeld für alle Menschen aus. Dadurch hat Gott geplant, dass einmal wie<strong>der</strong> alle Menschen bei<br />
ihm sei werden. Zeitliche Sünden können ja gar nicht ewig bestraft werden. Wie könnte sonst<br />
Freude im Himmel sein, wenn ein Großteil <strong>der</strong> Menschen ewig bestraft werden würde? (Antwort<br />
<strong>der</strong> „Allversöhnungslehre“)<br />
8.) Wenn <strong>der</strong> Mensch wirklich gar nichts zu seiner Erlösung hinzutun könnte, müßte Gott ja<br />
zwangsnotwendig Menschen verdammen, die nichts dafür könnten, weil sie ja sündigen müssen<br />
und keine Möglichkeit <strong>der</strong> Errettung haben. Letztlich gingen sie verloren, weil Gott ihnen nicht hilft.<br />
(weitere Folgerung des „freien Willens“ bzw. des „Heilssynergismus“)<br />
9.) Wenn Gott alllein über Heil und Unheil des Menschen (unabhängig von dessen Verhalten)<br />
entscheidet, erübrigt sich ja die Evangelisation. <strong>Die</strong> Erwählten sind sowieso gerettet durch Jesu<br />
Opfertod, die Verlorenen gehen trotz Evangelisation verloren. Folglich ist Evangelisation<br />
überflüssig. Auch das Gebet (für sie) wäre sinnlos. (weitere)<br />
10.) Wenn Gottes Willen zwangsnotwendig geschieht, brauchen wir ja gar nicht mehr zu beten.<br />
Was ist das an<strong>der</strong>es als Fatalismus? (weitere Folgerung des „freien Willens“)
Anskar-Kirche - Hauskreis Dortmund; Thema: <strong>Jesus</strong> Christus im Johannesevangelium<br />
Alle Meinungen bzw. Thesen ziehen Bibelstellen heran, um ihre Sicht zu rechtfertigen. <strong>Die</strong> folgenden<br />
Modelle lasen sich systematisieren:<br />
A) Freier Wille des Menschen (Mensch entscheidend für das Heil o<strong>der</strong> Unheil)<br />
B) Vorherwissen Gottes (nicht Willen Gottes)<br />
C) Prädestinationslehre (Willen/Erwählung Gottes)<br />
- einseitig (zum Heil)<br />
- Erwählung Gottes zum Heil + menschliche Verantwortung („dimensionale Integration“)<br />
- doppelt (zum Heil und zum Unheil)<br />
D) „Allversöhnung“<br />
Doch wer hat recht? Dazu ein kurzer Ausflug in die Geschichte!<br />
[Anmerkung: Zum Teil haben sich die Theologen sehr viele – „zu viele“? – Gedanken gemacht. <strong>Die</strong> folgene<br />
Übersicht ist keine Wertung <strong>der</strong> Personen, es geht hier nur um ihre Stellung zur Aus-angsfrage nach <strong>der</strong><br />
Errettung. Zum Teil haben die Personen in an<strong>der</strong>en Fragen sehr richtig gelegen]<br />
1. <strong>Die</strong> Betonung des freien Willens durch die sogenannten „Pelagianer“<br />
2. Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Pelagianern durch Augustinus („doppelte Prädestination“):<br />
- das Heil sei kein „Angebot“, da <strong>der</strong> Mensch ohne Christus nicht frei sei, son<strong>der</strong>n verstrickt in Sünde<br />
- <strong>der</strong> Glaube würde denen gegeben, die Gott erwählt hat<br />
- wer erwählt ist, bleibt erwählt („Prädestination zum Heil“)<br />
- Gott rettet nicht alle, aber einige, obwohl es niemand verdient hätte<br />
- Es gibt aber auch Nicht-Erwählte („Prädestination zum Unheil“)<br />
- Gott wußte vorher, dass <strong>der</strong> Sündenfall und damit Leid, Tod, Ungerechtigkeit ... geschehen würden<br />
3. Kirche des Mittelalters:<br />
- Übername <strong>der</strong> „Prädestination zum Heil“<br />
- Ablehnung <strong>der</strong> „doppelten Prädestination“ Augustins<br />
- grundsätzlicher Heilswille Gottes für jeden, Nichterwählung aufgrund von „Vorherwissen Gottes“, wie<br />
<strong>der</strong> Mensch auf sein Heilsangebot reagiert „Heilssynergismus“<br />
4. Reformatoren<br />
- Verneinung des „Heilssynergismus“ (<strong>der</strong> Mensch wirke bei <strong>der</strong> Errettung mit Gott zusammen)<br />
- Zwingli: Betonung <strong>der</strong> Allmacht Gottes; auch das Böse hat seinen Existenzgrund<br />
- Calvin: Allmacht und Willen Gottes + Rechtfertigung des Sün<strong>der</strong>s aus Gnade, Wahl in Christus<br />
- Luther: „Vom unfreien Willen“ (gegen Erasmus von Rotterdams „Vom freien Willen“), vertrat<br />
mit Augustin „doppelte Prädestination“, aber auch Verantwortung des Menschen, „Heilsgewißheit“<br />
- Gott weiß nicht nur die <strong>Entscheidung</strong> des Menschen, er bewirkt sie<br />
- letzte Konsequenz aus scheinbaren Wi<strong>der</strong>sprüchen: Unterscheidung des „deus revelatus“ (in <strong>Jesus</strong><br />
„offenbarer“ Gott, <strong>der</strong> alle Menschen retten will“) und des „deus absconditus“ (<strong>der</strong> verborgene Gott<br />
will den Tod des Sün<strong>der</strong>s). <strong>Die</strong>s wie<strong>der</strong>holte Luther allerdings nie, wi<strong>der</strong>rief es aber auch nicht.<br />
5. Altreformierte (Calvin, Zwingli) Theologen:<br />
- meistens „doppelte Prädestination“, aber auch „Prädestination zum Heil“<br />
6. Altlutherische Theologen:<br />
- keine Übernahme <strong>der</strong> „doppelten Prädestination“<br />
- we<strong>der</strong> „Heilssynergismus“ bzw. „freier Wille“ noch „doppelte Prädestination“, son<strong>der</strong>n „dimensionale<br />
Integration“ von Erwählung Gottes zum Heil und voller Verantwortlichkeit des Menschen für seine<br />
<strong>Entscheidung</strong><br />
7. Lutherische Orthodoxie:<br />
- Unterscheidung des „voluntas antecedens“: universaler Heilswille Gottes durch Glauben an Christus<br />
und des „voluntas consequens“: <strong>Entscheidung</strong> Gottes durch „Vorherwissen“<br />
8. Karl Barth (reformiert):<br />
- „Allversöhnung“ durch Christus, „<strong>der</strong> alles wie<strong>der</strong>bringt“. „Nur <strong>Jesus</strong> wird abgelehnt“, kein Mensch.<br />
<strong>Die</strong> z.T. gegenläufige Aspekte betonenden Bibelstellen lassen sich wohl am besten mit dem Modell<br />
<strong>der</strong> „dimensionalen Integration‘‘ (s.o.) verbinden, auch wenn dieses schwer zu verste-<br />
hen ist. Es liegt also an Gottes Gnade in <strong>Jesus</strong> Christus, wenn Menschen errettet werden -- dennoch<br />
macht Gott den Menschen verantwortlich und will eine <strong>Entscheidung</strong> und ein Leben im Glauben, in<br />
Gemeinschaft mit <strong>Jesus</strong> danach. So betont auch Johannes einerseits sehr die „Heilsgewißheit‘‘ <strong>der</strong><br />
Gläubigen (z.B. Joh. 10,28-29), allerdings weist er auch eindringlich auf die Möglichkeit des<br />
Verlustes des Heils (z.B. Joh. 15,6) hin.
Anskar-Kirche - Hauskreis Dortmund; Thema: <strong>Jesus</strong> Christus im Johannesevangelium<br />
Literaturzitate zum Thema „freier Wille“<br />
„Wenn man mich also nach meiner Ansicht fragt, so gestehe ich, daß ich über die vielen<br />
verschiedenen, aus dem Altertum überlieferten Lehren <strong>vom</strong> freien Willen noch keine feste<br />
Meinung habe, es sei denn die, daß es überhaupt ein Vermögen des freien Willens gibt“.<br />
(Erasmus von Rotterdam, „Vom freien Willen“, S.12, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht,<br />
Göttingen 1988)<br />
„Wie <strong>der</strong> Mensch, bevor er zum Menschen geschaffen wird, nichts tut o<strong>der</strong> versucht,<br />
wodurch er ein Geschöpf wird ..., son<strong>der</strong>n [es] allein durch den Willen <strong>der</strong> allmächtigen<br />
Kraft und Güte Gottes geschieht, <strong>der</strong> uns ohne uns schafft und erhält, aber nicht in uns<br />
ohne uns wirkt, die er uns gerade dazu geschaffen und erhalten hat, daß er in uns wirke,<br />
und wir mit ihm zusammenwirken ...- so sagen wir des weiteren: Der Mensch, bevor er zu<br />
einem neuen Geschöpf des Reiches des Geistes erneuert wird, tut nichts, versucht nichts,<br />
wodurch er sich zu dieser Erneuerung und diesem Reich bereite ... Aber was wird von da<br />
aus dem freien Willen zugeschrieben? Ja, was wird ihm übrig gelassen als nichts und<br />
abermals nichts?“<br />
(Luther, „Vom unfreien Willen“, S.298/299, in: Luther Deutsch, die Werke Martin Luthers<br />
in neuer Auswahl für die Gegenwart, Bd.3 „Der neue Glaube“, Hrsg. v. Kurt Aland,<br />
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1983)<br />
„Denn das ist ein allzu prächtiges, umfassendes und inhaltsreiches Wort: ´freier Wille`,<br />
von welchem das Volk ... glaubt, daß damit jene Kraft bezeichnet werde, welche sich frei<br />
nach beiden Seiten wenden kann und we<strong>der</strong> irgend jemand weichen muß noch<br />
unterworfen ist. Wenn es jedoch wüßte, daß es sich ganz an<strong>der</strong>s verhält, und daß es ein<br />
ganz winziges Etwas, kaum wie ein Fünklein bedeutet, und daß auch das für sich allein<br />
ganz unwirksam ist, dem Teufel gefangen und dienstbar, so wäre es verwun<strong>der</strong>lich, wenn<br />
sie uns [Theologen, die <strong>vom</strong> „freien Willen“ reden] nicht als so große Spötter und Betrüger<br />
steingten“ (dto., S.198/199)<br />
„Wenn wir nun überhaupt dieses Wort (freier Wille) nicht aufgeben wollen, was am<br />
sichersten und frömmsten wäre, sollten wir lehren ...: daß dem Menschen ein freier Wille<br />
nicht in bezug auf die Dinge eingeräumt sei, die höher sind als er, son<strong>der</strong>n nur in bezug<br />
auf das, was so viel niedriger ist als er, d.h. daß er weiß, er habe in bezug auf seine<br />
zeitlichen Geldmittel und Besitztümer das Recht, etwas nach freiem Ermessen zu<br />
gebrauchen, zu tun, zu lassen ... . Im übrigen hat er gegenüber Gott o<strong>der</strong> in den Dingen,<br />
welche Seligkeit o<strong>der</strong> Verdammnis angehen, keinen freien Willen, son<strong>der</strong>n ist gefangen,<br />
unterworfen, verknechtet – entwe<strong>der</strong> dem Willen Gottes o<strong>der</strong> dem Willen des Satans.“<br />
(dto., S.200)<br />
„Hier muß Gott ehrfürchtig verehrt werden, <strong>der</strong> denen überaus gütig ist, die er als ganz<br />
Unwürdige rechtfertigt und selig macht. Und es muß jedenfalls ganz seiner göttlichen<br />
Weisheit anheimgestellt werden, auf daß er für gerecht gehalten wird, wo er uns<br />
ungerecht zu sein scheint. Denn wenn seine Gerechtigkeit <strong>der</strong>art wäre, daß sie nach<br />
menschlichem Fassungsvermögen als gerecht beurteilt werden könnte, so wäre sie<br />
überhaupt nicht göttlich und würde sich in nichts von <strong>der</strong> menschlichen Gerechtigkeit<br />
unterscheiden.“ (dto., S.328)<br />
„Wir wirken, aber unser Wirken ist ein Mitwirken mit Gottes Wirken, denn seine Gnade<br />
kommt uns zuvor.“ (Augustinus Aurelius (354 - 430), Bischof von Hippo, Philosoph,<br />
Kirchenvater und Heiliger) „Dich, o Herr, kann nur verlieren, wer dich verläßt.“ (dto.)