12.01.2013 Aufrufe

UVR-Themen

UVR-Themen

UVR-Themen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

138 <strong>UVR</strong> 2009 Nr. 5 Groß/Hallermann/Lindgens, Neues zur elektronischen Rechnung<br />

<strong>UVR</strong>-<strong>Themen</strong><br />

Neues zur elektronischen Rechnung<br />

StB, CISA Stefan Groß, München *) / RA Dr. Nils Hallermann, München **) / Dipl. Finanzwirt Bernhard<br />

Lindgens, Bonn ***)<br />

Im selben Maße, wie sich der elektronische Rechnungsversand in der Praxis etabliert, entstehen neue Zweifelsfragen<br />

auf diesem verhältnismäßig jungen Rechtsgebiet. Dieser Beitrag stellt eine Fortsetzung zu dem <strong>UVR</strong>-<br />

Artikel „Elektronische Rechnungen im Lichte der Umsatzsteuer“ 1) dar und sucht dabei nach Antworten, um den<br />

betroffenen Unternehmen eine Hilfestellung bei der praktischen Umsetzung der elektronischen Rechnungsstellung<br />

zu geben. Dazu soll der aktuelle Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission zur Rechnungsstellung<br />

kritisch beleuchtet und die Praxistauglichkeit im Hinblick auf die elektronische Rechnungsvariante hinterfragt<br />

werden.<br />

Inhalt Seite<br />

I. Verifikation keine Voraussetzung für den Vorsteuerabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138<br />

II. EDI-Rechnungen künftig ohne Sammelrechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139<br />

III. Elektronisches Gutschriftverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139<br />

IV. „Roaming“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141<br />

V. Signaturgefälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143<br />

VI. Richtlinienvorschlag als wahrer Königsweg?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144<br />

VII. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144<br />

Literatur: Ahrens/Löser, Geplante Abschaffung der<br />

zusammenfassenden Rechnung bei elektronischer<br />

Übermittlung von Rechnungen im EDI-Verfahren, DB<br />

2008, 177; Bunjes/Geist, Umsatzsteuergesetz – Kommentar,<br />

München, 8. Aufl. 2005; Groß/Lindgens, Elektronische<br />

Rechnungen im Lichte der Umsatzsteuer,<br />

<strong>UVR</strong> 2008, 107; Münchener Kommentar, BGB, München,<br />

5. Aufl. 2007; Palandt, BGB, München, 68. Aufl.<br />

2009; Staudinger, BGB – Neubearbeitung, München<br />

2004.<br />

I. Verifikation keine Voraussetzung für den Vorsteuerabzug<br />

Die Vorgaben in Bezug auf den elektronischen Rechnungsversand<br />

sind in erster Linie durch das Umsatzsteuergesetz<br />

bzw. die Mehrwertsteuersystemrichtlinie<br />

(MwStSystRL) geprägt. Im Vordergrund steht dabei<br />

stets die Frage, ob die elektronische Rechnung den<br />

Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt.<br />

Allerdings werden in der Diskussion zur elektronischen<br />

Rechnung gelegentlich zwei voneinander getrennte<br />

Ebenen vermengt. Dies sind der Vorsteuerabzug<br />

auf der einen und die Prüfpflichten nach den<br />

GDPdU (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit<br />

digitaler Unterlagen) 2) auf der anderen Seite.<br />

Die Vorgaben für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug<br />

auf nationaler Ebene regelt § 15 UStG. Der Vorsteuerabzug<br />

gesetzlich geschuldeter Steuer (§ 15<br />

Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) setzt eine Rechnung auf der<br />

Grundlage der § 14, § 14a UStG voraus, nicht weniger,<br />

aber auch nicht mehr. Im Hinblick auf den elektronischen<br />

Rechnungsversand erfordert dies eine Rechnung<br />

mit qualifizierter elektronischer Signatur (§ 14<br />

Abs. 3 Nr. 1 UStG) bzw. die Übermittlung von Rechnungen<br />

im sogenannten EDI-Verfahren (§ 14 Abs. 3<br />

Nr. 2 UStG).<br />

Strikt hiervon zu trennen sind u. E. die weiteren Vorgaben<br />

zur Aufbewahrung und Prüfbarkeit elektro-<br />

nisch übermittelter Rechnungen. Nach den GDPdU<br />

treffen den Rechnungsempfänger bestimmte Verifizierungs-<br />

bzw. Protokollierungspflichten, die jedoch<br />

grundsätzlich wenig mit seiner Berechtigung zum<br />

Vorsteuerabzug zu tun haben. Da § 15 UStG weder<br />

auf eine Verifikation noch auf eine sonst geartete<br />

Prüfung beim Rechnungsempfänger abstellt, müssen<br />

stets weitere Sachverhalte, wie etwa ein Verstoß gegen<br />

die Rechnungsvorgaben nach § 14 Abs. 4 UStG<br />

hinzutreten, um den Vorsteuerabzug begründet in<br />

Frage zu stellen. Zieht man den Vergleich zur Papierwelt,<br />

so wird diese Sichtweise deutlich:<br />

Versendet A eine Papierrechnung an B in einem verschlossenen<br />

Umschlag, so steht es dem Rechnungsempfänger<br />

bei Kenntnis des Rechnungsinhaltes frei,<br />

die daraus entstehende Vorsteuer zu beanspruchen.<br />

Einer Öffnung des Umschlages einschl. Rechnungsprüfung<br />

bedarf es insofern nicht. Tatsächlich kommt<br />

es lediglich darauf an, dass die materiell-rechtlichen<br />

Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen.<br />

Öffnet also der Leistungsempfänger den Umschlag<br />

(z. B. während einer steuerlichen Außenprüfung) erst<br />

nach einigen Jahren und liegt eine Rechnung i. S. d.<br />

§ 14 UStG vor, so stand damit auch dem Recht auf<br />

Vorsteuerabzug von Beginn an nichts entgegen. Genauso<br />

verhält es sich bei elektronisch übermittelten<br />

Rechnungen. Das UStG fordert an keiner Stelle eine<br />

Verifikation für den Vorsteuerabzug. Auch Art. 246<br />

Abs. 1 der MwStSystRL ist keine zwingende Verpflichtung<br />

zur Prüfung der qualifizierten elektroni-<br />

*) Steuerberater und CISA Stefan Groß ist Partner bei Peters,<br />

Schönberger & Partner in München.<br />

**) Dr. Nils Hallermann ist Rechtsanwalt und Diplom-Betriebswirt<br />

(BA) bei Peters, Schönberger & Partner in München.<br />

***)Dipl. Finanzwirt Bernhard Lindgens ist in der Betrugsbekämpfung<br />

beim Bundeszentralamt für Steuern in Bonn tätig.<br />

Der Beitrag wurde nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst.<br />

1) Groß/Lindgens, <strong>UVR</strong> 2008, 107.<br />

2) GDPdU v. 16. 7. 2001, BStBl I 2007, 415.


Groß/Hallermann/Lindgens, Neues zur elektronischen Rechnung <strong>UVR</strong> 2009 Nr. 5 139<br />

schen Signatur zu entnehmen. Er verlangt lediglich,<br />

dass die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit<br />

des Inhaltes sowie deren Lesbarkeit für die gesamte<br />

Dauer der Aufbewahrungsfrist gewährleistet<br />

sind. Dazu bleibt über eine erneute Verifikation auch<br />

Jahre nach der elektronischen Übermittlung der<br />

Nachweis der geforderten Authentizität und Integrität<br />

erhalten. Unabhängig davon sei dennoch jedem<br />

Unternehmer dringend angeraten, eine entsprechende<br />

Prüfung der elektronischen Signatur vorzunehmen,<br />

und sei es durch von ihm beauftragte Dritte,<br />

denn nur so kann er Rechnungsmängel erkennen<br />

und zeitnah eine Korrektur durch den Rechnungsaussteller<br />

verlangen.<br />

II. EDI-Rechnungen künftig ohne Sammelrechnungen<br />

Gem. § 14 Abs. 3 Nr. 2 UStG (Art. 233 Abs. 1 Buchst. b<br />

MwStSystRL) ist die Übermittlung von Rechnungen<br />

auch im so genannten EDI-Verfahren (Electronic Data<br />

Interchange) zulässig. Soweit der EDI-Datensatz seinerseits<br />

nach den Vorgaben des § 14 Abs. 3 Nr. 1 UStG<br />

qualifiziert elektronisch signiert ist, kommt u. E. § 14<br />

Abs. 3 Nr. 1 UStG zur Anwendung. 3) Die Anerkennung<br />

der im EDI-Verfahren übermittelten Rechnungen setzt<br />

voraus, dass ein Verfahren zum Einsatz kommt, welches<br />

die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit<br />

der Daten gewährleistet. Mit dem Gesetz zur Modernisierung<br />

und Entbürokratisierung des Steuerverfahrens,<br />

4) das zum 25. 12. 2008 in Kraft getreten ist, ist die<br />

bisherige Voraussetzung einer zusammenfassenden<br />

Rechnung (Sammelrechnung) in Papierform oder<br />

elektronischer Form entfallen. Damit geht der deutsche<br />

Gesetzgeber konform mit Art. 233 Abs. 1<br />

Buchst. b der MwStSystRL und verzichtet künftig auf<br />

die verschärfte Anforderung einer Sammelrechnung<br />

(Art. 233 Abs. 3 MwStSystRL). Unabhängig davon<br />

bleibt jedoch die gesetzliche Vorgabe zur Sicherstellung<br />

der Authentizität und Integrität unverändert<br />

bestehen. Da der Finanzverwaltung somit die Sammelrechnung<br />

als „sichtbarer“ Nachweis mit Kontrollfunktion<br />

verloren geht, ist davon auszugehen, dass die<br />

steuerliche Außenprüfung bei elektronischen Rechnungen,<br />

die per EDI übermittelt werden, künftig andere<br />

Nachweise einfordern wird. Nach ersten Aussagen<br />

der Finanzverwaltung steht zu vermuten, dass sich<br />

deren Prüfungen im EDI-Fall in Richtung Belegprüfung<br />

verschieben werden. Dies könnte sich dergestalt<br />

äußern, dass die Prüfer sich einzelne oder ausgewählte<br />

Rechnungen aus einer EDI-Nachricht am Bildschirm<br />

darstellen lassen und auf das Vorhandensein der vorgeschriebenen<br />

Rechnungsattribute (§ 14 Abs. 4 UStG)<br />

sowie das korrekte Verbuchen hin prüfen. Womöglich<br />

müssen hierfür auch vorhandene EDI-Konverter so erweitert<br />

werden, dass sie über die Erzeugung bildhaft<br />

darstellbarer Datensätze eine hinreichend verlässliche<br />

Prüfung erlauben. Inwieweit sich die Finanzverwaltung<br />

hingegen mit einer isolierten Prüfung des Verfahrens<br />

zufrieden geben wird, ist fraglich, gerade weil<br />

dies selbst für Fachleute nicht einfach umzusetzen ist.<br />

Unabhängig vom Wegfall der Sammelrechnung verlangt<br />

eine Anerkennung entsprechender Rechnungen,<br />

dass für den elektronischen Datenaustausch eine Vereinbarung<br />

nach Art. 2 der Empfehlung 94/820/EG der<br />

Kommission v. 19. 10. 1994 über die rechtlichen Aspekte<br />

des Datenaustauschs 5) besteht. Die hierauf ba-<br />

sierende Mustervereinbarung nebst Anhang enthält<br />

sowohl Sicherheitsverfahren zur Überprüfung des Ursprungs<br />

und der Integrität (Art. 6 der Empfehlung) als<br />

auch Verfahren zur Gewährleistung der Echtheit und<br />

Unversehrtheit der durch EDI übermittelten Daten.<br />

Daneben finden sich u. a. Ausführungen zum Umgang<br />

mit zurückgewiesenen EDI-Nachrichten, zur Protokollierungen,<br />

zur Aufzeichnung und Speicherung oder<br />

zur Reproduzierbarkeit entsprechender Nachrichten.<br />

Mangels eindeutiger inhaltlicher Anknüpfungspunkte<br />

kann die Empfehlung der Kommission freilich kaum<br />

zur Beurteilung der Frage herangezogen werden, ob<br />

das eingesetzte oder geplante EDI-Verfahren die umsatzsteuerlichen<br />

Anforderungen erfüllt. Zur Beseitigung<br />

dieser Rechtsunsicherheit dürften nicht wenige<br />

Unternehmen daher bestrebt sein, ihr individuelles<br />

EDI-Verfahren mit dem zuständigen Finanzamt abzustimmen.<br />

Eine solche Vorgehensweise setzt allerdings<br />

insbesondere voraus, dass die Finanzbehörden der<br />

Länder über entsprechend geschulte EDI-Fachleute<br />

verfügen. Zudem stünde ein hoher Kosten-, Zeit- und<br />

Verwaltungsaufwand zu befürchten. Als gangbare Alternative<br />

hat die Standardisierungsorganisation GS1<br />

Germany mit Fokus u. a. auf die Bereiche Konsumgüter,<br />

Gesundheitswesen, Logistik, Automotive und<br />

eGovernment den Entwurf einer auf der obigen Empfehlung<br />

der Kommission basierenden EDI-Mustervereinbarung<br />

über den elektronischen Datenaustausch<br />

zwischen Leistungserbringer und Leistungsempfänger<br />

entwickelt, die als praktische Anwendungshilfe für die<br />

deutsche Wirtschaft gedacht ist. 6) Letztlich sollte ein<br />

besonderes Augenmerk insbesondere auf eine aussagekräftige<br />

Verfahrensdokumentation auf der Grundlage<br />

der GoBS (Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter<br />

Buchführungssysteme des BMF) 7) gelegt<br />

werden, die auch die beschriebene Mustervereinbarung<br />

umfasst, in der die Sicherstellung der Authentizität<br />

und Integrität des eingesetzten EDI-Verfahrens<br />

vom Prüfer nachvollziehbar abgebildet ist.<br />

III. Elektronisches Gutschriftverfahren<br />

Insbesondere Industriezweige, welche regelmäßig im<br />

Gutschriftverfahren abrechnen, stellen vermehrt die<br />

Frage nach der Anerkennung der elektronischen<br />

Rechnungsvariante. Auf der Grundlage des BMF-<br />

Schreibens v. 29. 1. 2004 8) sind Gutschriften auf elektronischem<br />

Weg zulässig. Analog zur Papierrechnung<br />

verlangt dabei § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG (Art. 224<br />

Abs. 1 MwStSystRL) eine vorherige Vereinbarung,<br />

welche als privatrechtlicher Vertrag schriftlich,<br />

mündlich oder konkludent abgeschlossen werden<br />

kann. 9) Weiter fordert die Wirksamkeit einer auf<br />

elektronischem Weg übermittelten Gutschrift, dass<br />

diese dem leistenden Unternehmer auf der Grundlage<br />

des § 14 Abs. 2 Satz 4 UStG übermittelt worden<br />

ist und dieser bei Annahme gewöhnlicher Umstände<br />

3) Vgl. Groß/Lindgens, <strong>UVR</strong> 2008, 107, 111.<br />

4) SteuBAG v. 20. 12. 2008, BGBl. I 2008, 2850.<br />

5) ABl. EG 1994 Nr. L 338, 98.<br />

6) http://www.gs1-germany.de/content/standards/ebusiness/<br />

edipraxis/elektron_rechnungen/index_ger.html.<br />

7) BMF v. 7. 11. 1995, IV A 8 – S 0316 – 52/95, BStBl I 1995, 738.<br />

8) BMF v. 29. 1. 2004, IV B 7 – S 7280 – 19/04, BStBl I 2004, 258.<br />

9) BMF v. 29. 1. 2004, IV B 7 – S 7280 – 19/04, BStBl I 2004, 258,<br />

Rz. 5; Abschn. 184 Abs. 2 UStR.


140 <strong>UVR</strong> 2009 Nr. 5 Groß/Hallermann/Lindgens, Neues zur elektronischen Rechnung<br />

die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat. 10) Im Gegensatz<br />

zu einer durch den leistenden Unternehmer<br />

ausgestellten Rechnung wechseln allerdings die<br />

Pflichten zwischen den Beteiligten. Im elektronischen<br />

Gutschriftsfall ist die Gutschrift nun durch den Leistungsempfänger<br />

mindestens mit einer qualifizierten<br />

elektronischen Signatur zu versehen. Genau hier<br />

sollte jedoch die Sinnhaftigkeit dieser Regelung hinterfragt<br />

werden. Der Rechnungsempfänger ist derjenige,<br />

der die Vorsteuer beim Finanzamt geltend<br />

macht und der beim klassischen Rechnungsversand<br />

(ohne Gutschrift) die Signatur des leistenden Unternehmers<br />

verifiziert. Folgt man den Vorgaben des<br />

BMF-Schreibens, so würde dies bedeuten, dass der<br />

Leistungsempfänger signiert und – um in den Genuss<br />

des Vorsteuerabzugs zu kommen – im Anschluss<br />

seine eigene Signatur verifiziert. Vor dem Hintergrund<br />

einer wirksamen Betrugsbekämpfung entbehrt<br />

diese „Selbstprüfung“ jeglicher Logik, umso mehr,<br />

wenn man bedenkt, dass Mängel bei der Verifikation<br />

u. E. isoliert nicht geeignet sind, den Vorsteuerabzug<br />

in Frage zu stellen (vgl. I.).<br />

Im Kontext der GDPdU muss darauf hingewiesen<br />

werden, dass das Recht der Finanzverwaltung auf<br />

Datenzugriff zum Jahreswechsel eine interessante<br />

Neuerung erfahren hat. Auf der Grundlage des § 146<br />

Abs. 2b AO soll es künftig im Ermessen der Finanzverwaltung<br />

liegen, bei Nichteinräumung des Rechts<br />

auf Datenzugriff ein Verzögerungsgeld von 2 500j<br />

bis 250 000j zu erheben. Während der neu hinzugefügte<br />

§ 146 Abs. 2a AO dem Steuerpflichtigen unter<br />

bestimmten Voraussetzungen das Recht einräumt,<br />

elektronische Bücher in einem anderen Mitgliedsstaat<br />

der Europäischen Union zu führen und aufzubewahren,<br />

holt der auf diese Vereinfachungsvorschrift<br />

folgende § 146 Abs. 2b AO zum fiskalischen<br />

Gegenschlag aus. Mit bis zu 250 000j sollen nicht<br />

nur Fälle einer unzulässigen Auslandsverlagerung,<br />

sondern darüber hinaus auch generelle Verstöße gegen<br />

§ 147 Abs. 6 AO – also gegen das Recht auf<br />

Datenzugriff – sanktioniert werden. Die betroffenen<br />

Unternehmen mögen sich zurecht fragen, welche<br />

10) Zeuner in Bunjes/Geist, 8. Aufl. 2005, § 14 UStG Rz. 22.


Groß/Hallermann/Lindgens, Neues zur elektronischen Rechnung <strong>UVR</strong> 2009 Nr. 5 141<br />

Sanktionshärten durch die Einführung des Verzögerungsgeldes<br />

zu erwarten sind. Zunächst ist festzustellen,<br />

dass es sich hierbei um einen bislang unbestimmten<br />

Rechtsbegriff handelt, welcher in der Praxis<br />

mit Leben zu füllen sein wird. Einen ersten Hinweis<br />

leistet erneut die Gesetzesbegründung, welche den<br />

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zum entscheidenden<br />

Maßstab erhebt und dem Betriebsprüfer insoweit<br />

eine unternehmensspezifische Sichtweise abverlangt.<br />

IV. „Roaming“<br />

In der Praxis wird im Rahmen des Prozess-Outsourcings<br />

zunehmend von der Möglichkeit Gebrauch gemacht,<br />

elektronische Rechnungen von spezialisierten<br />

Signatur-Dienstleistern ausstellen, signieren und an<br />

den Rechnungsempfänger versenden zu lassen (Outsourcing).<br />

Ergänzend zu Fragen der umsatzsteuerlichen<br />

Anerkennung verschiedener Betreibermodelle,<br />

11) rücken insbesondere Fallkonstellationen in<br />

das umsatzsteuerliche Interesse, bei welchen mehrere<br />

Signatur-Dienstleister interagieren (in der Praxis<br />

zunehmend – wenn auch in der Sache falsch – als<br />

„Roaming“ bezeichnet). Derartige Modelle kommen<br />

insbesondere dann zum Tragen, wenn sowohl der<br />

Rechnungsaussteller als auch der Rechnungsempfänger<br />

einen eigenen Signatur-Dienstleister einsetzen.<br />

Als Grundfall soll hierbei von einem Rechnungsaussteller<br />

A und einem Rechnungsempfänger B ausgegangen<br />

werden, die jeweils einen eigenen Signatur-<br />

Dienstleister DA bzw. DB einsetzen.<br />

Fall 1:<br />

Dienstleister DA signiert für Rechnungsaussteller A,<br />

Dienstleister DB verifiziert für Rechnungsempfänger B.<br />

In Fall 1 übergibt der Signatur-Dienstleister DA die<br />

elektronische Rechnung namens und im Auftrag des<br />

Rechnungsausstellers an DB. Der Signatur-Dienstleister<br />

DB nimmt seinerseits die elektronische Rechnung<br />

namens und im Auftrag des Rechnungsempfängers in<br />

Empfang. Die zivilrechtliche Anerkennung verlangt<br />

sowohl vom Rechnungsaussteller als auch vom Rechnungsempfänger<br />

einen Auftrag (Nutzungsvereinbarung)<br />

nebst Vollmacht mit dem jeweiligen Signatur-<br />

Dienstleister. 12) Im Ergebnis muss A seinen Signatur-<br />

Dienstleister DA beauftragen, sich mit B (vertreten<br />

durch DB) auf den elektronischen Rechnungsversand<br />

zu einigen, die Rechnung im Namen von A zu erstellen,<br />

zu signieren und im Namen von A an einen von<br />

B zu benennenden Signatur-Dienstleister (Empfänger)<br />

elektronisch zu übermitteln; für Handlungen gegenüber<br />

Außenstehenden (also gegenüber B) ist neben<br />

der Beauftragung auch eine Bevollmächtigung<br />

erforderlich. B wiederum muss den Signatur-Dienstleister<br />

DB beauftragen, die ihm von DA zugeleitete<br />

Rechnung in Empfang zu nehmen, zu verifizieren,<br />

ein Prüfprotokoll zu erstellen und dieses nebst Rechnung<br />

an B zu senden; für die Inempfangnahme (die<br />

gegenüber einem Außenstehenden – nämlich A –<br />

stattfindet) ist wiederum eine Vollmacht notwendig.<br />

Im Gegensatz zu den im Weiteren beschriebenen<br />

Fallvarianten werden die Signatur-Dienstleister jeweils<br />

nur für eine Seite tätig. Insbesondere nehmen<br />

sie kein Rechtsgeschäft oder geschäftsähnliche<br />

Handlung als Vertreter eines anderen mit oder gegenüber<br />

sich selbst als Vertreter eines Dritten vor, so<br />

dass kein Fall des § 181 BGB (Mehrvertretung, d. h.<br />

Vertretung von zwei Parteien gleichermaßen durch<br />

ein und denselben gemeinsamen Vertreter) vorliegt.<br />

Überdies ist ein vertragliches Verhältnis zwischen<br />

den Signatur-Dienstleistern selbst nicht erforderlich<br />

(es besteht lediglich ein vertragliches Verhältnis zwischen<br />

A und B, die jeweils ihre Erfüllungsgehilfen,<br />

nämlich DA und DB, einsetzen).<br />

Fall 2:<br />

Dienstleister DA signiert für Rechnungsaussteller A und<br />

verifiziert zugleich für Signatur-Dienstleister DB (beauftragt<br />

durch Rechnungsempfänger B).<br />

11) Vgl. dazu ausführlich Groß/Lindgens, <strong>UVR</strong> 2008, 107, 111.<br />

12) Zur Erkennbarkeit der Vertretungssituation vgl. Groß/Lindgens,<br />

<strong>UVR</strong> 2008, 107, 112.


142 <strong>UVR</strong> 2009 Nr. 5 Groß/Hallermann/Lindgens, Neues zur elektronischen Rechnung<br />

Entsprechend Fall 1 bedarf es aus zivilrechtlicher<br />

Sicht zunächst der dort aufgeführten Auftragsverhältnisse<br />

und Vollmachten zwischen dem Rechnungsaussteller<br />

A und dem Signatur-Dienstleister DA sowie<br />

zwischen dem Rechnungsempfänger B und dem Signatur-Dienstleister<br />

DB. Im Unterschied zum ersten<br />

Fall ist allerdings der Signatur-Dienstleister DA neben<br />

dem Signiervorgang zusätzlich mit der Verifikation<br />

betraut und übernimmt damit stellvertretend<br />

eine Aufgabe, die in den Aufgabenbereich von DB<br />

(der hierzu von B beauftragt wurde) fällt.<br />

Die zeitlich chronologische Abfolge stellt sich insoweit<br />

wie folgt dar:<br />

Die Besonderheit dieser Fallgestaltung liegt damit<br />

aufgrund des Ablaufes darin, dass sich die Übergabe<br />

und die Inempfangnahme der Rechnung in einer Person<br />

– nämlich DA – vollziehen; der „Rechnungsübergabepunkt“<br />

liegt also allein im Innenbereich von DA<br />

und nicht an der Schnittstelle von zwei Personen wie<br />

in Fall 1 (dort zwischen DA und DB). Damit ist bei<br />

dieser Fallkonstellation zivilrechtlich eine sog. Mehrvertretung<br />

(s. o.) gegeben: DA übergibt die Rechnung<br />

als Vertreter von A an (sich selbst nämlich) DA<br />

als Vertreter von DB, (dieser wiederum als Vertreter<br />

von) B. Danach wird die empfangene Rechnung<br />

durch DA verifiziert und (über DB) an B weitergeleitet.<br />

Folglich muss DA vom Verbot der Mehrvertretung<br />

(§ 181 BGB) explizit befreit werden, denn dieses<br />

bezieht sich nicht nur auf die Abgabe und den Empfang<br />

von Willenserklärungen (insbesondere beim<br />

Vertragsabschluss), sondern auch auf geschäftsähnliche<br />

Handlungen, hier die Übergabe der elektronischen<br />

Rechnung namens und im Auftrag von A sowie<br />

die Inempfangnahme derselben namens und im<br />

Auftrag von B. Anders ließe sich dies nur dann konstruieren,<br />

wenn DA die Rechnung an DB übermitteln<br />

würde („Rechnungsübergabepunkt“ an der Schnittstelle<br />

zwischen DA und DB) und DB dann in einem<br />

zweiten Schritt diese empfangene Rechnung wiederum<br />

an DA weiterleiten würde, der sie dann verifi-<br />

ziert. In diesem Fall würde DA tatsächlich nur im<br />

Innenbereich von DB tätig und es fänden keine geschäftsähnlichen<br />

Handlungen „innerhalb“ von DA<br />

statt.<br />

Für den wirksamen Empfang der qualifiziert signierten<br />

Rechnung durch DA muss DB diesen mit der<br />

Inempfangnahme der qualifiziert signierten Rechnung<br />

und der Verifikation derselben zivilrechtlich beauftragen.<br />

Darüber hinaus aber ist es auch erforderlich,<br />

dass DB im Namen von B den Signatur-<br />

Dienstleister DA dazu (unter-) bevollmächtigt, die<br />

qualifiziert signierte Rechnung namens und im Auftrag<br />

des B in Empfang zu nehmen. Da DA bei Übergabe<br />

(für A) und Inempfangnahme (für B) der Rechnung<br />

gleichzeitig A und B vertritt, muss er von A<br />

und DB (welcher hierbei in Vollmacht für B handelt)<br />

nicht nur bevollmächtigt, sondern wie dargestellt<br />

auch vom Verbot der Mehrvertretung befreit werden.<br />

Für die Erteilung einer Untervollmacht empfiehlt es<br />

sich, dass der Bevollmächtigte (DB) den Unterbevollmächtigten<br />

(DA) im Namen des Vertretenen (B) bevollmächtigt,<br />

so dass der Unterbevollmächtigte (DA)<br />

den ursprünglich Vertretenen (B) repräsentiert. 13)<br />

Hierzu muss der Hauptvertreter (DB) die Vollmacht<br />

im Namen des Vertretenen (B) erteilen, um die nach<br />

§ 164 BGB erforderliche Identität zwischen dem Vollmachtgeber<br />

und dem Vertretenen zu gewährleisten.<br />

14) DB muss also den Signatur-Dienstleister DA<br />

im Namen des B bevollmächtigen, so dass DA daraufhin<br />

im Namen des B (nicht: im Namen von DB<br />

als Vertreter von B) handeln kann. Da eine Untervollmacht<br />

an sich nicht weiter gehen kann als die zugrunde<br />

liegende Hauptvollmacht, 15) bedarf es hierfür<br />

auch für DB selbst der Befreiung vom Verbot der<br />

Mehrvertretung (§ 181 BGB) durch B. Darüber hinaus<br />

muss Dienstleister DB seitens B die Berechtigung<br />

eingeräumt werden, Untervollmachten an einen Dritten<br />

(DA) mit Wirkung gegenüber B erteilen zu dürfen.<br />

Wenngleich teilweise vertreten wird, dass sich<br />

die Berechtigung zur Erteilung von Untervollmachten<br />

bereits aus den Umständen ergeben kann, 16) ist es<br />

u. E. ratsam, die Berechtigung zur Erteilung von Untervollmachten<br />

explizit in die Vollmacht von B an<br />

Dienstleister DB aufzunehmen.<br />

Neben der zivilrechtlichen Sichtweise muss der Signatur-Dienstleister<br />

DA im Fall der Mehrvertretung<br />

(„Rechnungsübergabepunkt“ in seinem Innenbereich)<br />

eine hinreichende organisatorische und technische<br />

Sphärentrennung zwischen dem Signatur- und<br />

dem Verifikationsprozess bzw. aus rechtlicher Sicht<br />

zwischen der Übergabe der elektronischen Rechnung<br />

namens und im Auftrag des Rechnungsausstellers<br />

und der Inempfangnahme derselben namens und im<br />

Auftrag des Rechnungsempfängers gewährleisten. 17)<br />

Für Fall 2 lässt sich also zusammenfassend festhalten:<br />

Das Zivilrecht gestattet, dass der Signatur-Dienstleister<br />

DA eine elektronische Rechnung für den Rechnungsaus-<br />

13) Schilken in Staudinger, 2004, § 167 BGB Rz. 61; Schramm in<br />

Münchener Kommentar, 5. Aufl. 2006, § 167 BGB Rz. 94.<br />

14) Schilken in Staudinger, 2004, § 167 BGB Rz. 61.<br />

15) Heinrichs in Palandt, 68. Aufl. 2009, § 167 BGB Rz. 12.<br />

16) BayObLG, ZMR 2003, 283, 284; Schilken in Staudinger, 2004,<br />

§ 167 BGB Rz. 63; Schramm in Münchener Kommentar,<br />

5. Aufl. 2006, § 167 BGB Rz. 102.<br />

17) Vgl. dazu ausführlich Groß/Lindgens, <strong>UVR</strong> 2008, 107, 114.


Groß/Hallermann/Lindgens, Neues zur elektronischen Rechnung <strong>UVR</strong> 2009 Nr. 5 143<br />

steller A ausstellt, qualifiziert elektronisch signiert und<br />

versendet, diese daraufhin für den Rechnungsempfänger<br />

B empfängt und verifiziert und der Signatur-Dienstleister<br />

DB seinerseits die Rechnung nur noch an den<br />

Rechnungsempfänger B weiterleitet. Entscheidend für<br />

die rechtliche Anerkennung ist neben der organisatorischen<br />

und technischen Sphärentrennung bei DA die vertragliche<br />

Ausgestaltung. Über den Fall 1 hinaus bedarf<br />

es neben der Befreiung des Dienstleisters DA (sowohl<br />

durch A als auch durch DB) vom Verbot der Mehrvertretung<br />

(§ 181 BGB) einer expliziten Unterbevollmächtigung<br />

des Signatur-Dienstleisters DA durch den Signatur-Dienstleister<br />

DB. Ferner muss DB den Signatur-<br />

Dienstleister DA mit der Inempfangnahme der qualifiziert<br />

signierten Rechnung und der Verifikation derselben<br />

zivilrechtlich beauftragen. Schließlich muss Dienstleister<br />

DB namens und in Vollmacht des B Untervollmacht zur<br />

Inempfangnahme der Rechnung namens und im Auftrag<br />

des Rechnungsempfängers unter Befreiung vom Verbot<br />

der Mehrvertretung erteilen dürfen. Dabei empfiehlt es<br />

sich, die Berechtigung zur Unterbevollmächtigung des<br />

Dienstleisters DB (von B) mit der Möglichkeit einer Befreiung<br />

vom Verbot der Mehrvertretung gegenüber Dritten<br />

(hier DA) auszustatten.<br />

Fall 3:<br />

Dienstleister DA leitet die Rechnung nur weiter an Provider<br />

B, Dienstleister DB signiert für Rechnungsaussteller<br />

A, verifiziert für Rechnungsempfänger B und leitet an<br />

diesen weiter.<br />

Aus zivilrechtlicher Sicht ist Fall 3 entsprechend Fall 2<br />

zu würdigen, wobei die Grundsätze der Sphärentrennung<br />

und die Besonderheiten bei der Bevollmächtigung<br />

spiegelbildlich auf den Signatur-Dienstleister DB<br />

anzuwenden sind. Unabhängig von der rechtlichen<br />

Würdigung ist aus Prozesserwägungen Fall 2 der Vorzug<br />

zu geben, weil mit Fall 3 zur Erfüllung von Aufbewahrungsvorschriften<br />

ein höherer Aufwand verbunden<br />

ist; schließlich müssen die beim Signatur-<br />

Dienstleister DB generierten elektronischen Rechnungen<br />

zuletzt an den Signatur-Dienstleister DA rückübermittelt<br />

werden.<br />

V. Signaturgefälle<br />

Anders als das deutsche Umsatzsteuergesetz stellt die<br />

MwStSystRL (Art. 233 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL) lediglich<br />

das Erfordernis einer fortgeschrittenen elektronischen<br />

Signatur auf, eröffnet den Mitgliedsstaaten<br />

aber zugleich, optional zu verlangen, dass die fortgeschrittene<br />

elektronische Signatur auf einem qualifizierten<br />

Zertifikat beruht und mittels einer sicheren Signaturerstellungseinheit<br />

erstellt wird (Art. 233 Abs. 2<br />

MwStSystRL). Durch diese Vorgabe von Mindestanforderungen<br />

kommt es dazu, dass elektronische Rechnungen<br />

in den einzelnen Mitgliedsstaaten sehr heterogen<br />

behandelt werden, wie nachfolgende Liste ausgewählter<br />

Mitgliedsstaaten verdeutlicht:<br />

Land vorgeschriebene Signatur<br />

Belgien<br />

Dänemark<br />

Deutschland<br />

Frankreich<br />

Griechenland<br />

Irland<br />

Italien<br />

Luxemburg<br />

Niederlande<br />

Österreich<br />

Polen<br />

Portugal<br />

Spanien<br />

fortgeschrittene elektronische<br />

Signatur<br />

fortgeschrittene elektronische<br />

Signatur<br />

qualifizierte elektronische Signatur<br />

(seit 1. 1. 2008: 2 048 Bit und SHA256)<br />

fortgeschrittene elektronische<br />

Signatur<br />

für grenzüberschreitende Transaktionen:<br />

qualifizierte elektronische<br />

Signatur<br />

fortgeschrittene elektronische<br />

Signatur<br />

qualifizierte elektronische<br />

Signatur<br />

fortgeschrittene elektronische<br />

Signatur<br />

fortgeschrittene elektronische<br />

Signatur<br />

fortgeschrittene elektronische<br />

Signatur<br />

qualifizierte elektronische<br />

Signatur<br />

fortgeschrittene elektronische<br />

Signatur<br />

qualifizierte elektronische<br />

Signatur<br />

Tschechische qualifizierte elektronische<br />

Republik Signatur<br />

Ungarn<br />

fortgeschrittene elektronische<br />

Signatur<br />

Vereinigtes fortgeschrittene elektronische<br />

Königreich Signatur<br />

Es stellt sich in diesem Zusammenhang für Rechnungsaussteller<br />

und Signatur-Dienstleister gleichermaßen<br />

die Frage, inwieweit es bei Rechnungsstellungen<br />

innerhalb der EU jeweils einer Signaturkarte des<br />

jeweiligen Landes bedarf oder ob – etwa für eine<br />

Rechnung mit ausgewiesener französischer Umsatzsteuer<br />

– auch eine deutsche Signaturkarte/Signaturerstellungseinheit<br />

verwendet werden darf? Entschei-


144 <strong>UVR</strong> 2009 Nr. 5 Groß/Hallermann/Lindgens, Neues zur elektronischen Rechnung<br />

dende Bedeutung kommt hierbei § 23 der<br />

Signaturrichtlinie 1999/93/EG 18) zu, welcher zu ausländischen<br />

elektronischen Signaturen und Produkten<br />

für elektronische Signaturen Stellung nimmt. Demnach<br />

sind elektronische Signaturen, für die ein ausländisches<br />

qualifiziertes Zertifikat aus einem anderen<br />

Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder aus einem<br />

anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen<br />

Wirtschaftsraum vorliegt, qualifizierten<br />

elektronischen Signaturen gleichgestellt, soweit sie<br />

Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 1999/93/EG des Europäischen<br />

Parlaments und des Rates vom 13. 12. 1999 über<br />

gemeinschaftliche Rahmenbedingungen für elektronische<br />

Signaturen 19) in der jeweils geltenden Fassung<br />

entsprechen. Deshalb müssen m. E. alle Mitgliedsstaaten<br />

solche Signaturen anerkennen. Konsequent zu<br />

Ende gedacht, bedarf es insoweit auch keiner länderspezifischen<br />

Signaturkarten.<br />

VI. Richtlinienvorschlag als wahrer Königsweg?<br />

Die Europäische Kommission hat am 29. 1. 2009 einen<br />

Richtlinienvorschlag angenommen, mit dem die Mehrwertsteuerrichtlinie<br />

2006/112/EG in Bezug auf die Regelung<br />

für die Rechnungsstellung geändert werden<br />

soll. 20) Ausgehend von der Zielsetzung, die Mehrwertsteuer-Vorschriften<br />

für die Rechnungsstellung zu vereinfachen,<br />

zu modernisieren und zu harmonisieren,<br />

sollen Papierrechnungen und Rechnungen in elektronischer<br />

Form künftig gleich behandelt werden. Hierzu<br />

sollen die bisherigen Vorgaben, wonach die elektronische<br />

Rechnungsübermittlung entweder einer elektronischen<br />

Signatur oder eines sog. EDI-Verfahrens bedarf,<br />

entfallen. So einfach und möglicherweise<br />

verlockend dieser Vorschlag klingt, so ist selbst bei<br />

größtem Optimismus mit keiner Änderung vor 2013 zu<br />

rechnen, bedarf es doch der Zustimmung aller Mitgliedsstaaten<br />

der EU. Vor dem Hintergrund des massiven<br />

Umsatzsteuerbetruges ist es aus nationalen Erwägungen<br />

dazu kaum vorstellbar, dass der deutsche<br />

Steuergesetzgeber auf die bislang geforderten Sicherheitsmerkmale<br />

gänzlich verzichten wird.<br />

Unabhängig davon stellt sich die Frage, welche Folgerungen<br />

sich hieraus für die Praxis ergeben. Die qualifizierte<br />

elektronische Signatur befindet sich im elektronischen<br />

Rechts- und Geschäftsverkehr unverkennbar auf<br />

dem Vormarsch. Die Entwicklung des Signaturverfahrens<br />

zum Standard bei der elektronischen Übermittlung<br />

vertraulicher Dokumente und Daten wird dazu beitragen,<br />

dass sich auch das Thema Rechnungsstellung künftig<br />

im Gesamtkontext lösen lässt. Bedenkt man, dass die<br />

Unternehmen bereits heute danach streben, ihre Prozesse<br />

unter Beachtung der derzeit geltenden Rechtslage<br />

zu optimieren, stellt sich weiter die berechtigte Frage, ob<br />

das Vertrauen in den elektronischen Rechtsverkehr dadurch<br />

gefördert wird, indem man eine bis 2013 voraussichtlich<br />

etablierte Authentifizierungskultur isoliert für<br />

Zwecke der Umsatzsteuer abmildert, verbunden mit der<br />

Gefahr, dass hierdurch die im Wirtschaftsleben unverzichtbare<br />

Integrität und Authentizität konterkariert<br />

würde. Auch hier ist ein Vergleich hilfreich: Die Beförderung<br />

von Papierrechnungen erfolgt seit je her auf eine als<br />

sicher geltende und akzeptierte Art und Weise, dem<br />

Postweg, abgesichert durch das Briefgeheimnis. Plädiert<br />

man für einen offenen Versand reiner Textverarbeitungsdokumente<br />

oder PDF-Dateien, so könnte man<br />

beim Postweg gleichermaßen auf den Briefumschlag<br />

verzichten. Es ergibt sich von selbst, dass es wohl kaum<br />

im Interesse der Unternehmen ist, sensible Preis- oder<br />

Kundeninformationen ungesichert elektronisch zu versenden.<br />

Im Ergebnis ist u. E. davon auszugehen, dass unabhängig<br />

von den Erfolgsaussichten des Richtlinienvorschlages<br />

im Wirtschaftsleben stets ein Mindestmaß an<br />

Sicherheit gefordert sein wird. Hier ist die qualifizierte<br />

elektronische Signatur eine Möglichkeit, diesem Anspruch<br />

auch über 2013 hinweg gerecht zu werden. Die<br />

EU-Mitgliedstaaten wären hingegen schlecht beraten,<br />

wenn sie sich lediglich auf eine abstrakte und allgemein<br />

gehaltene Vorgabe zur Sicherheit im elektronischen<br />

Rechtsversand verständigen könnten. Damit würde<br />

nicht nur die dringend geforderte Standardisierung des<br />

elektronischen Rechnungsversandes in weite Ferne rücken,<br />

vielmehr würde wohl auch ein Basar an Möglichkeiten<br />

und Missinterpretationen eröffnet. Dies gilt umso<br />

mehr, als bereits heute die lediglich unterschiedlichen<br />

Signaturstufen innerhalb Europas (vgl. Punkt V.) den<br />

grenzüberschreitenden elektronischen Rechnungsversand<br />

hemmen. Blickt man kritisch hinter die Kulissen des<br />

Richtlinienvorschlages, könnte der propagierte Königsweg<br />

so schnell zum Stolperpfad werden.<br />

VII. Fazit<br />

Unternehmen, die nach Optimierungs- und Kosteneinsparpotenzialen<br />

suchen, werden immer häufiger beim<br />

elektronischen Rechnungsversand fündig. Die steuerlichen<br />

und rechtlichen Herausforderungen bedürfen dabei<br />

einer besonderen Sorgfalt und stellen sich als interdisziplinäre<br />

Aufgabenstellungen für Steuer-, Rechtsund<br />

IT-Experten dar. Im europäischen Kontext sind einheitliche<br />

länderübergreifende Vorgaben gefordert, die<br />

es den Unternehmen ermöglichen, einfach, standardisiert<br />

und rechtssicher von den Vorteilen des elektronischen<br />

Rechnungsaustausches zu profitieren. Der medienwirksame<br />

Vorstoß der EU-Kommission lässt nicht nur<br />

viele Fragen unbeantwortet, sondern darüber hinaus<br />

auch keine unmittelbaren Impulse für den elektronischen<br />

Rechnungsversand erwarten. Im Gegenteil, aktuell<br />

notwendige Investitionen werden hinterfragt und<br />

Einsparpotenziale, die sich heute durch den elektronischen<br />

Rechnungsversand erzielen ließen, könnten möglicherweise<br />

erhofften Vereinfachungen des Jahres 2013<br />

zum Opfer fallen. Viel wichtiger erscheint es dagegen,<br />

bestehende Anachronismen wie etwa die Vorgaben zu<br />

Telefax-Rechnungen oder elektronischen Gutschriften<br />

zu beseitigen und damit dem Thema eine unmittelbare<br />

Attraktivität zu verleihen.<br />

18) ABl. EG 2000 Nr. L 13.<br />

19) ABl. EG 2000 Nr. L 13, 2.<br />

20) http://europa.eu/rapid/<br />

pressReleasesAction.do?reference=IP/09/132&<br />

format=HTML&aged=0&language=de&guiLanguage=de.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!