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Prof. Dr. Hartmut Rupp: "Bonhoeffer heute"

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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Hartmut</strong> <strong>Rupp</strong> Vortrag: „<strong>Bonhoeffer</strong> heute“ 26. Januar 2006<br />

3. Rückkehr nach Deutschland, Juni 1939 – die zweite Station<br />

Nach 1933 engagiert sich Dietrich <strong>Bonhoeffer</strong> in der Bekennenden Kirche. Aus dem genialen<br />

Theologen wird der engagierte Christ. Er sieht in dem rassischen Denken und der Anpassung<br />

der evangelischen Theologie an den Nationalsozialismus einen Abfall vom biblischen<br />

Glauben. Als die so genannten „Deutschen Christen“ 1935 verlangen, dass man das<br />

Alte Testament als Teil der Heiligen Schrift aufgeben soll, gehen auch vielen anderen die<br />

Augen auf. <strong>Bonhoeffer</strong> schafft es mit anderen, dass die Nazi-Christen nicht über alles<br />

bestimmen und sogar ein wenig zurückgedrängt werden.<br />

<strong>Bonhoeffer</strong> wird Leiter der Vikarsausbildung der Bekennenden Kirche in der Altpreußischen<br />

Union. Durch seine theologische Kritik verliert er seine Lehrbefugnis in Berlin. Als<br />

die Ausbildung verboten wird, arbeitet er illegal solange weiter, bis die Ausbildung ganz<br />

eingestellt werden muss. Je näher der Krieg rückt, desto näher rückt die Frage nach dem<br />

Wehrdienst. <strong>Bonhoeffer</strong> will jedoch kein Soldat werden. Das verbietet ihm sein christliches<br />

Gewissen, seine Orientierung an der Bergpredigt und seine Bindung an Jesus<br />

Christus. In seinem Buch „Nachfolge“ schreibt er zum Feindesliebesgebot: „Nicht nur<br />

dulden sollen wir das Böse und den Bösen ertragen, nicht nur Schlag nicht mit Widerschlag<br />

vergelten, sondern in herzlicher Liebe sollen wir unserem Feinde zugetan sein.“<br />

Man kann hinzufügen: so wie das auch Jesus getan hat. Das „Wir“, das sind diejenigen, die<br />

mit Ernst Christ sein wollen. Dazu zählt <strong>Bonhoeffer</strong> selbst und dafür will er die Vikare der<br />

Bekennenden Kirche gewinnen. Aus der bildungsbürgerlichen Distanz wird eine eindeutige<br />

Identifikation mit der Kirche Jesu Christi (nicht der empirischen Kirche) und eine konsequente<br />

Orientierung an der Bibel. Das kann man lernen: Wer für Gott ist und von Gott<br />

ergriffen ist, der ist gegen einen totalen Staat. Nichts in dieser Welt darf absoluten Gehorsam<br />

beanspruchen und schon gar nicht erhalten.<br />

Ein Weg, dem Wehrdienst zu entgehen, ist die Einladung seiner amerikanischen Freunde<br />

in New York Theologie zu lehren. <strong>Bonhoeffer</strong> spricht sicher englisch, kennt sich in den<br />

USA aus und gilt dort schon eine ganze Weile als außergewöhnlicher Theologe. Zur eigenen<br />

Überraschung darf <strong>Bonhoeffer</strong> ausreisen und kommt im Juni 1939 nach New York.<br />

Die Freunde, die genau wissen, was in Deutschland abläuft, versuchen sogleich den Lehrauftrag<br />

zu verlängern, so dass <strong>Bonhoeffer</strong> ganz in USA bleiben kann. Doch zu ihrer Überraschung<br />

und auch zu ihrer Enttäuschung entschließt sich <strong>Bonhoeffer</strong>, wieder zurück nach<br />

Deutschland zu fahren, gerade weil er weiß, dass es den Krieg geben wird. Letztendlich<br />

weiß er selbst nicht, warum er gehen muss. Er fragt sich selbst: „Ist es ein Zeichen von<br />

Unklarheit, innerer Unehrlichkeit oder ist es ein Zeichen, dass wir über unser Erkennen<br />

hinausgeführt werden – oder ist es beides?“ Selber findet er auf diese Frage keine Antwort.<br />

Er schreibt aber: „Gott weiß es“. In einem Brief an Reinhold Niebuhr, einem deutschstämmigen<br />

amerikanischen Theologieprofessor, mit dem er sehr verbunden ist, schreibt er<br />

am 21. Juni 1939:<br />

„Es war ein Fehler von mir, nach Amerika zu kommen. Ich muss diese schwierige Periode<br />

unserer nationalen Geschichte mit den Christen in Deutschland durchleben. Ich werde kein<br />

Recht haben, an der Wiederherstellung des christlichen Lebens nach dem Kriege in<br />

Deutschland mitzuwirken, wenn ich die Prüfungen dieser Zeit nicht mit meinem Volk<br />

teile... Die Christen in Deutschland stehen vor der fürchterlichen Alternative, entweder in<br />

die Niederlage ihrer Nation einzuwilligen, damit die christliche Zivilisation weiterleben<br />

kann, oder in den Sieg einzuwilligen und dabei unsere Zivilisation zu zerstören. Ich weiß,<br />

welche Alternativen ich zu wählen habe; aber ich kann diese Wahl nicht treffen, während<br />

ich mich in Sicherheit befinde.“<br />

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